Auditive Phonetik
Auditive Phonetik
Auditive Phonetik
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„Einführung in die deutsche<br />
Sprachwissenschaft“ (V)<br />
<strong>Phonetik</strong>
1) Was ist ein Laut?<br />
2) Teildisziplinen der <strong>Phonetik</strong><br />
Gliederung<br />
3) Artikulationsorgane und deren Funktion<br />
4) Klassifikation der Konsonanten<br />
5) Klassifikation der Vokale<br />
6) Phonetische Transkription
Was ist ein Laut?<br />
der Sommer<br />
<br />
[d] [e:] [�] [z] [O] [m] [�]<br />
- in der als [e:] > aber: Rest [E], Woche [@]<br />
Was ist ein Laut?<br />
Ein Laut - mehrere Buchstaben(kombinationen):<br />
Kunst<br />
Lack<br />
Ochse<br />
Café<br />
[k] Akkordeon<br />
Queue<br />
Akquise<br />
weg<br />
Brigg<br />
[kv] Quiz<br />
[ks] Hexe
Was ist ein Laut?<br />
Eine Buchstabenkombination - mehrere Laute:<br />
[C] Milch<br />
[x] Dach<br />
[k] Ochse<br />
[S] Chance<br />
[t�S] Chips<br />
Kunst - Kind<br />
[k i ] : k weiter vorne gesprochen<br />
[k u ] : k weiter hinten gesprochen<br />
Kind - Künstler<br />
[k i ] : k mit gespreizten Lippen gesprochen<br />
[k y ] : k mit gerundeten Lippen gesprochen<br />
= „Koartikulation“
Was ist ein Laut?<br />
Laute sind keine vorgegebenen Einheiten, sondern Ergebnisse von<br />
Analyseprozessen.<br />
Differenzierung von Lauten aus dem Kontinuum des Sprechens:<br />
[kInt] � [k] [I] [n] [t]<br />
Abstraktion:<br />
... von koartikulativen Aussprachevarianten: [k i ], [k u ], [k y ] � [k]<br />
... von paraverbalen Phänomenen wie Stimmhöhe, Lautstärke, Sprechtempo,<br />
Stimmdruck<br />
... von zufällig die Lautbildung beeinflussenden Faktoren wie Erkältung,<br />
individuelle Stimmqualität, Raumakustik usw.
Teildisziplinen der <strong>Phonetik</strong><br />
Wie lassen sich Laute und Lautäußerungen sprachwissenschaftlich<br />
beschreiben?<br />
Beschreibung der<br />
Lautproduktion:<br />
Artikulatorische<br />
<strong>Phonetik</strong><br />
[zamakEn<br />
zOmanOna<br />
ki:l] ?<br />
Beschreibung des<br />
Schallereignisses:<br />
Akustische<br />
<strong>Phonetik</strong><br />
Hä?<br />
Beschreibung der<br />
Lauterkennung:<br />
<strong>Auditive</strong><br />
<strong>Phonetik</strong>
Teildisziplinen der <strong>Phonetik</strong><br />
Beschreibung des Schallereignisses: Akustische <strong>Phonetik</strong><br />
- physikalische Beschreibung der Eigenschaften von Lauten als<br />
Schallwellen, z.B.<br />
- Frequenz: Anzahl der Schwingungen pro Sekunde (bestimmt die<br />
Tonhöhe)<br />
- Schwingungsweite (bestimmt die Lautstärke)<br />
- Tondauer<br />
Beschreibung der Lauterkennung: <strong>Auditive</strong> <strong>Phonetik</strong><br />
- physiologische Beschreibung der Verarbeitung der akustischen<br />
Information im Ohr<br />
- wahrnehmungspsychologische Beschreibung der Weiterverarbeitung<br />
der Information im Gehirn
Teildisziplinen der <strong>Phonetik</strong><br />
Beschreibung der Lautproduktion: Artikulatorische <strong>Phonetik</strong><br />
- Beschreibung der Produktion von Lauten als biomechanischen<br />
Vorgang im Kehlkopf, Rachen, Mund- und Nasenraum<br />
Artikulation = zur Bildung von Sprachlauten intentional gesteuerte<br />
und koordinierte, kontinuierliche Bewegungen ohne natürliche<br />
Einschnitte
Erzeugung des Luftstroms<br />
Artikulationsorgane und ihre Funktion<br />
Exspiratorische Lautbildung (beim Ausatmen) > im Deutschen üblich<br />
Inspiratorische Lautbildung (beim Einatmen) > im Deutschen unüblich<br />
(inspiratorisches „ja“ als markierte Variante mit oft zusätzlicher<br />
kommunikativer Funktion)<br />
Lautbildung ohne Nutzung des Luftstroms: z.B. sog. Schnalzlaute<br />
> in einigen südafrikanischen Sprachen, nicht im Deutschen
Lautbildung im Kehlkopf<br />
Artikulationsorgane und ihre Funktion<br />
Kehldeckel<br />
Stimmlippen<br />
(Innenseite:<br />
Stimmbänder)<br />
Glottis<br />
Stimmbänder:<br />
Innenseiten der Stimmlippen<br />
(beweglich)<br />
Glottis (Stimmritze):<br />
variabler Raum zwischen<br />
den Stimmlippen<br />
Luftröhre<br />
Lunge<br />
Nach: Prof. Dr. Karl Heinz Wagner (Bremen).<br />
http://www.fb10.uni-bremen.de/linguistik/khwagner/phonetik/default.htm
Lautbildung im Kehlkopf<br />
Artikulationsorgane und ihre Funktion<br />
Reibung ausströmender Luft an den Stimmbändern: Hauchlaut [h]<br />
Schließung und plötzliche Öffnung der Glottis: [?]<br />
(= Glottisschlag oder glottaler Verschlusslaut)<br />
Bsp.: Spiegelei Ziegelei<br />
[�Spi:g@l?aI] [t�si:g@�laI]<br />
Behauchung von Konsonanten (Aspiration) durch langsame Schließung<br />
der Glottis:<br />
Bsp.: aspirierte Konsonanten [p h ] [t h ] [k h ]<br />
- meist nicht vor anderen Konsonanten wie in Raps, Trost, krank<br />
- regional z.T. schwach ausgeprägt, z.B. österr. Peter mit<br />
unbehauchtem [p] und [t]<br />
- letztlich irrelevant für die Lauterkennung, daher meist nicht<br />
wiedergegeben
Lautbildung im Kehlkopf<br />
Artikulationsorgane und ihre Funktion<br />
Periodische Schwingungen der Stimmlippen durch ausströmende Luft:<br />
Stimmbildung (Phonation)<br />
Bei stimmlosen Konsonanten: Entweichen der Luft ohne Widerstand<br />
Bsp.: Punk Bank<br />
Tank Dank<br />
Kunst Gunst<br />
reißen reisen<br />
[p, t, k, s]: stimmlos [b, d, g, z]: stimmhaft<br />
Probe: Ohren zuhalten!
Nasenhöhle<br />
Nasale Konsonanten:<br />
[m, n, N]<br />
Mundhöhle<br />
� Alle anderen<br />
Konsonanten sind<br />
nicht-nasal.<br />
Artikulationsorgane und ihre Funktion<br />
Nach: Prof. Dr. Karl Heinz Wagner (Bremen).<br />
http://www.fb10.uni-bremen.de/linguistik/khwagner/phonetik/default.htm
Zähne<br />
(Dentes)<br />
Oberlippe<br />
(Labies)<br />
Passive<br />
Artikulatoren<br />
Artikulationsorgane und ihre Funktion<br />
Zahndamm<br />
(Alveolen, Pl.)<br />
harter Gaumen<br />
(Palatum)<br />
weicher Gaumen<br />
(Velum)<br />
Zäpfchen<br />
(Uvula)<br />
Rachenwand<br />
(Pharynx)<br />
Kehlkopf<br />
(Larynx)<br />
Nach: Prof. Dr. Karl Heinz Wagner (Bremen).<br />
http://www.fb10.uni-bremen.de/linguistik/khwagner/phonetik/default.htm
Aktive<br />
Artikulatoren<br />
Artikulationsorgane und ihre Funktion<br />
Unterlippe<br />
Zungenspitze<br />
vorderer<br />
Zungenrücken<br />
Zungenblatt<br />
Stimmlippen<br />
(Glottis)<br />
hinterer<br />
Zungenrücken<br />
Nach: Prof. Dr. Karl Heinz Wagner (Bremen).<br />
http://www.fb10.uni-bremen.de/linguistik/khwagner/phonetik/default.htm
Konsonanten vs. Vokale:<br />
Klassifikation der Konsonanten<br />
- Vokale: Luftstrom tritt ungehindert aus<br />
- Konsonanten: Luftstrom muss Hindernisse überwinden<br />
Einteilung der Konsonanten nach den beteiligten Artikulationsorganen:<br />
- Labiale (auch: Bilabiale, Lippenlaute): [p, b, m]<br />
- Labiodentale (Lippen-Zahnlaute): [f, v, p�f]<br />
- Dentale/Alveolare (Zahn-/Zahndammlaute): [t, d, t�s, s, z, n, l, r]<br />
- Palatoalveolare (Lippen-Zahnlaute): [S, Z]<br />
- Palatale (Vordergaumenlaute): [C, j]<br />
- Velare (Hintergaumenlaute): [k, g, x, N]<br />
- Uvulare (Zäpfchenlaute): [R: Reibe-r, �: Zäpfchen-r]<br />
- Glottale: [h, ?]
Klassifikation der Konsonanten<br />
Einteilung der Konsonanten nach der Artikulationsart:<br />
- Plosive (Verschlusslaute): [p, b, t, d, k, g, ?]<br />
- Frikative=Spiranten (Reibelaute): [f, v, s, z, S, Z, C, j, x, R: Reibe-r, h]<br />
- Nasale (Nasenlaute): [m, n, N]<br />
- Laterale: [l]<br />
- Vibranten (Vibrationslaute): [r: Zungen-r, �: Zäpfchen-r]<br />
- Affrikaten: [p�f, t�s]
Kreuzklassifikation der Konsonanten<br />
Plosive Frikative=<br />
Spiranten<br />
Labiale [p, b] [m]<br />
Labiodentale<br />
Dentale/<br />
Alveolare<br />
Palatoalveolare<br />
Nasale Laterale Vibranten Affrikaten<br />
[f, v] [p�f]<br />
[t, d] [s, z]<br />
[S, Z]<br />
[n] [l] [r]<br />
Zungen-r<br />
Palatale [C, j]<br />
Velare [k, g] [x] [N]<br />
Uvulare [R]<br />
Reibe-r<br />
Glottale [?] [h]<br />
[�]<br />
Zäpfchen-r<br />
[t�s]
Klassifikation der Vokale<br />
- Luftstrom tritt bei Vokalen immer ungehindert aus.<br />
- Vokale sind immer stimmhaft.<br />
Einteilung der Vokale nach anderen Kriterien:<br />
1) Lage des Zungenrückens in der vertikalen Dimension<br />
(Öffnungsgrad): hoch - mittel - tief<br />
= geschlossen - mittel - offen<br />
2) Lage des Zungenrückens in der horizontalen Dimension:<br />
vorn - zentral - hinten<br />
3) Lippenformung: ungerundet - gerundet<br />
4) Quantität: lang - kurz<br />
5) Stellung des Gaumensegels: nasal - nicht-nasal<br />
> relevant bei frz. Lehnwörtern: Chance [ã:], Teint [E�:]
i:<br />
Klassifikation der einfachen Vokale<br />
e:<br />
E:<br />
y: IY<br />
�:<br />
E<br />
�<br />
a<br />
@<br />
�<br />
a:<br />
u:<br />
o:<br />
hoch<br />
mittel<br />
tief<br />
Nach: Prof. Dr. Karl Heinz Wagner (Bremen).<br />
http://www.fb10.uni-bremen.de/linguistik/khwagner/phonetik/default.htm<br />
U<br />
O
i:<br />
Klassifikation der einfachen Vokale<br />
vorne zentral hinten<br />
e:<br />
E:<br />
y: IY<br />
�:<br />
E<br />
�<br />
a<br />
@<br />
�<br />
a:<br />
u:<br />
o:<br />
hoch<br />
mittel<br />
tief<br />
Nach: Prof. Dr. Karl Heinz Wagner (Bremen).<br />
http://www.fb10.uni-bremen.de/linguistik/khwagner/phonetik/default.htm<br />
U<br />
O
i:<br />
gerundete<br />
Vokale<br />
Klassifikation der einfachen Vokale<br />
vorne zentral hinten<br />
e:<br />
E:<br />
y:<br />
I<br />
Y<br />
�:<br />
E<br />
�<br />
a<br />
@<br />
�<br />
a:<br />
u:<br />
o:<br />
hoch<br />
mittel<br />
tief<br />
Nach: Prof. Dr. Karl Heinz Wagner (Bremen).<br />
http://www.fb10.uni-bremen.de/linguistik/khwagner/phonetik/default.htm<br />
U<br />
O
i:<br />
Klassifikation der einfachen Vokale<br />
vorne zentral hinten<br />
e:<br />
Schwa-Laute<br />
(Murmelvokale)<br />
(hebr. šəwa =<br />
Name für das<br />
unbetonte e)<br />
E:<br />
y: IY<br />
�:<br />
E<br />
�<br />
a<br />
@<br />
�<br />
a:<br />
U<br />
u:<br />
o:<br />
Nach: Prof. Dr. Karl Heinz Wagner (Bremen).<br />
http://www.fb10.uni-bremen.de/linguistik/khwagner/phonetik/default.htm<br />
O<br />
hoch<br />
mittel<br />
tief
Klassifikation der Diphthonge<br />
Diphthonge = kombinierte Laute, die mit gleitender Zungenstellung<br />
ineinander übergehen<br />
Kein Diphthong:<br />
[aO] in Chaos!<br />
I<br />
Y<br />
a�I<br />
a�U<br />
U<br />
O�Y<br />
Nach: Prof. Dr. Karl Heinz Wagner (Bremen).<br />
http://www.fb10.uni-bremen.de/linguistik/khwagner/phonetik/default.htm
Transkription vs. Schreibung<br />
Phonetische Transkription<br />
Beispiel: Schreibung<br />
s c h r e i b u n g<br />
[S] [R] [a�I] [b] [U] [N]<br />
Prinzip der Transkription: ein Laut = ein Symbol
Phonetische Transkription<br />
Internationales Phonetisches Alphabet (IPA oder API)<br />
Erstmals 1886 entwickelt. Vereinfachte Version für die deutsche Sprache:<br />
Vokalismus<br />
Betonte Vokale Unbetonte Vokale<br />
[I] RIs 'Riß' [i:] Ri:z@ 'Riese' [i] vi�ta:l 'vital'<br />
[E] bEt 'Bett' [e:] be:t 'Beet' [e] me�ta:n 'Methan'<br />
[E:] bE:t@n 'bäten'<br />
[O] pOst 'Post' [o:] po:z@ 'Pose' [o] mo�Ra:l 'Moral'<br />
[�]h�l@ 'Hölle' [�:] h�:l@ 'Höhle' [�] �ko�no:m 'Ökonom'<br />
[U] mUt� 'Mutter' [u:] mu:t 'Mut' [u] ku�lant 'kulant'<br />
[Y] hYt@ 'Hütte' [y:] hy:t@ 'Hüte' [y] t�sy�klo:p 'Zyklop'<br />
[a] ban 'Bann' [a:] ba:n 'Bahn'
Phonetische Transkription<br />
[�] = Betonungszeichen (steht immer vor der betonten Silbe)<br />
[:] = Längenzeichen (steht immer nach dem Zeichen für den langen<br />
Vokal)<br />
[ � ] = Zeichen für verbundene Aussprache zweier Vokale (Diphthong)<br />
oder Konsonanten (Affrikata)<br />
Faustregel: Kurzvokale = offen Langvokale = geschlossen<br />
Bsp.: [I] RIs 'Riß' [i:] Ri:z@ 'Riese'<br />
Ausnahmen:<br />
- unbetonte Vokale in Lehnwörtern: z.B. [i] vi�ta:l 'vital'<br />
- [E:] (= lang und offen) wie in [bE:t@n] 'bäten'<br />
> auch in Dialekten: nd. [O:v@nt] 'Abend'
Phonetische Transkription<br />
Diphthonge<br />
[a�I] ha�Is 'heiß' [a�U] ha�Us 'Haus' [O�Y] hO�Yz� 'Häuser'<br />
Schwa-Laute<br />
[@] h�:l@ 'Höhle', ta:g@n 'tagen' [�] mUt� 'Mutter', u:� 'Uhr'<br />
Konsonantismus<br />
[p] tRa:p 'Trab' [b] tRa:b@n 'traben'<br />
[t] kInt 'Kind' [d] kInd� 'Kinder'<br />
[k] ta:k 'Tag' [g] ta:g@n 'tagen'<br />
[f] fal 'Fall' [v] val 'Wall'<br />
[s] Ra�Is@n 'reißen' [z] Ra�Iz@n 'reisen'<br />
[S] S�:n 'schön' [Z] Ze�ni: 'Genie'
[R] Ra�Iz@<br />
[r] ra�Iz@ 'Reise'<br />
[�] �a�Iz@<br />
Phonetische Transkription<br />
Konsonantismus<br />
[m] maxt 'Macht' [n] naxt 'Nacht' [N] laN 'lang'<br />
[l] la�Iz@ 'leise'<br />
[x] zax@ 'Sache' [C] zIC@l 'Sichel'<br />
[h] hYt@ 'Hütte' [j] ja: 'ja'<br />
[?] ?amt 'Amt', b@�?amt� 'Beamter'<br />
(Glottisschlag)<br />
Affrikaten<br />
[p�f] p�fa:l 'Pfahl' [t�s] t�so:n@ 'Zone'<br />
[t�S] mat�S 'Matsch' [d�Z] d�Zi:ns 'Jeans'