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für Gesundheitsförderung - Kongress Armut und Gesundheit

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Patienteninteressen<br />

einem schlechteren HIV-Schutzverhalten beiträgt.<br />

Gesamtgesellschaftlich behindert Stigma<br />

adäquate gesellschaftliche Reaktionen auf<br />

die HIV-Epidemie, wie sich zum Beispiel aktuell<br />

an der international zu beobachtenden Kriminalisierung<br />

der HIV-Transmission zeigt.<br />

In den folgenden Beiträgen wurden drei Initiativen<br />

vorgestellt, die im deutschen Feld besondere<br />

Beachtung verdienen. Sie verfolgen dabei<br />

alle das Ziel, HIV-bezogene Stigmatisierung<br />

<strong>und</strong> Diskriminierung abzubauen <strong>und</strong> nähern<br />

sich diesem auf ganz unterschiedliche Weisen.<br />

Allen drei Projekten ist die gr<strong>und</strong>legende Herangehensweise<br />

gemein, die Auseinandersetzung<br />

über HIV-bezogene Stigmatisierung nicht<br />

ohne Menschen mit HIV zu führen.<br />

Im Jahr 2005 initiierten verschiedene internationale<br />

HIV-Selbsthilfe-Netzwerke zusammen<br />

mit dem Programm der Vereinten Nationen zu<br />

HIV <strong>und</strong> Aids (UNAIDS) den PLHIV Stigma Index.<br />

Der Index verbindet Forschung zu HIV-bezogener<br />

Stigmatisierung mit der Förderung der<br />

Selbstorganisation von HIV-Positiven. Dies geschieht<br />

anhand des Ansatzes der Peer-Forschung.<br />

Das heißt: HIV-Positive werden ausgebildet,<br />

um die Daten zu erlebter Stigmatisierung<br />

im Rahmen von strukturierten Interviews<br />

selbst zu dokumentieren. Carolin Vierneisel<br />

(Deutsche AIDS-Hilfe) stellte das im August<br />

2011 unter dem Namen positive stimmen angelaufene<br />

Projekt vor, in dem mit Unterstützung<br />

der Deutschen AIDS-Hilfe der PLHIV Stigma Index<br />

auch in Deutschland realisiert wird. Die Ergebnisse,<br />

die <strong>für</strong> August 2012 erwartet werden,<br />

dienen der Interessenvertretung von Men-<br />

Neutralität <strong>und</strong> Unabhängigkeit?<br />

Expert/innen diskutierten Interessenkonflikte <strong>und</strong> Abhängigkeiten<br />

im Feld der ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Selbsthilfe<br />

Heute pflegen nicht alle, aber viele Selbsthilfegruppen<br />

<strong>und</strong> -organisationen mehr oder weniger<br />

enge Verbindungen zur pharmazeutischen<br />

Industrie, zu Medizinprodukteherstellern <strong>und</strong>/<br />

oder zu anderen Wirtschaftsunternehmen. Vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> chronischer Finanznöte in der<br />

Selbsthilfe sind die Versuchungen groß, die<br />

Kasse über Sponsoringmittel von Pharmaunternehmen<br />

<strong>und</strong> Medizinprodukteherstellern<br />

aufzubessern, um besonders gute Dienstleistungen<br />

anzubieten, Fachkongresse zu besuchen,<br />

den Internetauftritt der Organisation zu<br />

verbessern oder Schulungen <strong>für</strong> Gruppenleiter<br />

schen mit HIV <strong>und</strong> sollen zudem aufzeigen, an<br />

welchen Stellen die Selbstorganisation von<br />

HIV-Positiven weiter gefördert werden kann.<br />

Die Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU der<br />

Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) ist die erste b<strong>und</strong>esweite<br />

Kampagne zur Prävention von HIV<br />

<strong>und</strong> anderen STIs, die sich ausschließlich an<br />

schwule, bisexuelle <strong>und</strong> andere Männer, die<br />

Sex mit Männern haben (MSM), richtet. Dr.<br />

Dirk Sander (Deutsche AIDS-Hilfe) zeigte, wie<br />

<strong>und</strong> warum diese Kampagne Strategien zur<br />

Entstigmatisierung HIV-positiver MSM einen<br />

zentralen Stellenwert einräumt. Die Kampagne<br />

setzt auf den Einsatz HIV-positiver Rollenmodelle,<br />

um damit einseitige Bilder vom Leben<br />

mit HIV zu korrigieren. Damit wendet sie sich<br />

explizit gegen Ansätze, die – vermeintlich im<br />

Dienste der Prävention – stigmatisierende Bilder<br />

<strong>und</strong> Berichte verwenden <strong>und</strong> festigen in<br />

der Annahme, Angst vor HIV könne präventive<br />

Effekte haben. Die Ergebnisse der Evaluation<br />

dieser Kampagne zeigen, dass die gewählten<br />

Strategien erfolgreich sind.<br />

Der Welt-Aids-Tag wurde 1988 von der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation<br />

(WHO) ins Leben gerufen.<br />

Die B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Aufklärung (BZgA) nutzt diesen Tag seither, um<br />

über ihre Kampagnenarbeit <strong>für</strong> ein solidarisches<br />

Miteinander in der Gesellschaft zu werben.<br />

Michael Eckert (BZgA) stellte die aktuelle,<br />

nationale Kampagne Positiv zusammen leben.<br />

Aber sicher! vor, die erstmals mit der Porträtierung<br />

von realen Menschen mit HIV arbeitet, um<br />

damit die große Vielfalt des Lebens mit HIV<br />

aufzuzeigen. Diese Porträtierungen, die über<br />

zu finanzieren. Für David Klemperer von der<br />

Hochschule Regensburg steht außer Frage,<br />

dass mit der Kooperation von Selbsthilfe <strong>und</strong><br />

Industrie Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen einhergehen,<br />

die die Unabhängigkeit der Selbsthilfe<br />

bedrohen, deren Ansehen <strong>und</strong> Akzeptanz schaden.<br />

Die Selbsthilfe solle sich stets bewusst<br />

sein, die Industrie würde nicht aus Selbstlosigkeit<br />

handeln, sondern bestimmte unternehmerische<br />

Ziele verfolgen.<br />

In dem Workshop „Neutralität <strong>und</strong> Unabhängigkeit?<br />

Interessenkonflikte <strong>und</strong> Abhängigkei-<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 1_12<br />

Großflächenplakate, Kino- <strong>und</strong> TV-Spots sowie<br />

eine starke Internetpräsenz an die Öffentlichkeit<br />

getragen werden, sollen Menschen anregen,<br />

sich mit dem Thema persönlich auseinanderzusetzen.<br />

Diese Auseinandersetzung soll<br />

letztendlich dazu beitragen, dass HIV-Positive<br />

weniger mit Ausgrenzung <strong>und</strong> Diskriminierung<br />

in der Mehrheitsgesellschaft konfrontiert werden<br />

<strong>und</strong> ein Klima der Solidarität entsteht.<br />

Auch 30 Jahre nach dem ersten Auftreten von<br />

HIV <strong>und</strong> Aids stellen Stigmatisierung <strong>und</strong> Diskriminierung<br />

immer noch große Einschränkungen<br />

sowohl <strong>für</strong> Menschen mit HIV als auch <strong>für</strong><br />

Präventionserfolge dar. Eine andauernde, aktualisierte<br />

Auseinandersetzung auf allen Ebenen<br />

ist daher unerlässlich. Deren Kern bilden<br />

neben weiterer wissenschaftlicher Auseinandersetzung<br />

vordringlich die Teilhabe <strong>und</strong> der<br />

Einbezug von Menschen mit HIV, in alle Entscheidungen,<br />

die sie betreffen – sei es in Politik,<br />

Prävention oder Forschung. Dieser Ansatz<br />

darf jedoch nicht allein auf den Umgang mit<br />

HIV beschränkt werden. Auch andere Erkrankungen<br />

werden mehr oder weniger stark stigmatisiert.<br />

Auch hier gilt es, unter Partizipation<br />

der Betroffenen angemessene Strategien zu<br />

entwickeln, um die Stigmatisierung abzubauen.<br />

Weiterführende Infos:<br />

www.positive-stimmen.de<br />

www.iwwit.de<br />

www.welt-aids-tag.de<br />

Jochen Drewes, Freie Universität Berlin <strong>und</strong><br />

Carolin Vierneisel, Deutsche AIDS-Hilfe<br />

ten im Feld der ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Selbsthilfe“<br />

auf dem 17. <strong>Kongress</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

wurden verschiedene Motive deutlich,<br />

warum Pharmaunternehmen Selbsthilfeorganisationen<br />

<strong>und</strong> -gruppen sponsern:<br />

n In Deutschland sei das Image der pharmazeutischen<br />

Industrie seit Jahren auf „Wulff-<br />

Niveau“. Eine Unterstützung der Selbsthilfe<br />

trage zur Imageförderung bei ihren zentralen<br />

K<strong>und</strong>en, den chronisch Kranken <strong>und</strong><br />

behinderten Menschen bei, <strong>und</strong> sei zudem<br />

wesentlich preiswerter als millionenschwere<br />

Imagekampagnen der Industrieverbände.<br />

n Bislang dürfe <strong>für</strong> verschreibungspflichtige<br />

Arzneimittel nur in Fachkreisen geworben<br />

werden. Es liege daher nahe, sich seine<br />

„K<strong>und</strong>schaft“ über teilweise sehr subtile<br />

Strategien der Einflussnahme auf Selbsthil-

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