für Gesundheitsförderung - Kongress Armut und Gesundheit
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Qualität <strong>und</strong> Wirksamkeit / Ges<strong>und</strong>heitspolitik<br />
systematischer Überblick über die gesamte<br />
verfügbare Evidenz nicht mehr möglich, es gibt<br />
aber einzelne Reviews, aus denen kostensparende<br />
<strong>und</strong> hoch kosteneffektive Maßnahmen<br />
hervorgehen. Maciosek et al. (2006) nennen<br />
mit der ASS-Prophylaxe bei erhöhtem Risiko<br />
<strong>für</strong> kardiovaskuläre Ereignisse, Impfungen im<br />
Kindesalter <strong>und</strong> Unterstützung bei der Nikotinentwöhnung<br />
drei hoch effektive <strong>und</strong> kostensparende<br />
Interventionen. Allein die Masern-<br />
Mumps-Röteln-Impfung in zwei Dosen kann<br />
bei einer Geburtskohorte von 3,8 Mio. Kindern<br />
die Krankheitskosten um 7,6 Mrd. US-Dollar<br />
reduzieren (Hinman et al., 2004). Daneben gibt<br />
es Interventionen, die zwar nicht als kostensparend<br />
klassifiziert werden können, aber<br />
hoch kosteneffektiv sind. Maciosek et al.<br />
(2006) nennen hier verschiedene Screenings,<br />
u.a. auch ein Screening auf Alkohol-Missbrauch,<br />
verb<strong>und</strong>en mit einer Beratung zur Entwöhnung.<br />
Kostensparende <strong>und</strong> hoch kosteneffektive<br />
Maßnahmen haben durch ihre Fürsprecher<br />
gute Implementationschancen in der regelmäßigen<br />
Versorgung. Schwieriger ist es <strong>für</strong> Interventionen,<br />
die zwar kosteneffektiv sind, bei<br />
denen die Kosten pro Effekteinheit aber „im<br />
üblichen Rahmen“ liegen, bei denen keine Evidenz<br />
zur Kosteneffektivität vorliegt oder<br />
methodische Schwächen dazu führen, dass der<br />
Nutzen nicht gänzlich erfasst wird. Schwappach<br />
et al. (2007) verweisen darauf, dass es im<br />
Vergleich zur klinischen Prävention weniger<br />
Evidenz zu ges<strong>und</strong>heitsfördernden Maßnahmen<br />
gibt, so dass diese im Verdacht stehen,<br />
das Kriterium „value for money“ nicht zu erfüllen.<br />
Maciosek et al. nennen Beratung zur<br />
Unfallvermeidung bei Kleinkindern als Beispiel<br />
<strong>für</strong> eine kosteneffektive Intervention im Grenzbereich:<br />
Die Kosten <strong>für</strong> gewonnene qualitätsadjustierte<br />
Lebensjahre entsprechen den<br />
Kosten, die von Entscheidungsträgern in der<br />
Regel als akzeptabel angesehen werden, die<br />
Maßnahme fällt aber – ggf. auch aufgr<strong>und</strong><br />
nicht vollständig erfasster sozialer Effekte –<br />
nicht als hoch kosteneffektiv auf, wodurch ihre<br />
Chance auf Implementation schwindet.<br />
Am Ende bleibt festzuhalten, dass der doppelte<br />
Standard nur durch eine doppelte Bringschuld<br />
überw<strong>und</strong>en werden kann: Auf der<br />
einen Seite stehen die Entscheidungsträger in<br />
der Pflicht, kostensparende <strong>und</strong> kosteneffektive<br />
Interventionen umzusetzen, was auch die<br />
Bereitstellung der finanziellen Mittel beinhaltet.<br />
Auf der anderen Seite müssen aber die<br />
Lücken in der Evidenz mit Studien zur Kosteneffektivität<br />
von Prävention <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />
gefüllt werden, denn nur so können<br />
Fehlallokationen von knappen Ressourcen, die<br />
einem Verzicht auf Ges<strong>und</strong>heitsgewinn gleichkommen,<br />
vermieden werden.<br />
Tina Salomon, Universität Bremen<br />
Informationen zur verwendeten Literatur können<br />
über die Autorin bezogen werden.<br />
Ges<strong>und</strong>heitspolitik<br />
Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 1_12<br />
Das Ende der Projektitis! / Weltges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
Aufstand<br />
Das Ende der Projektitis!<br />
Ressortübergreifende Zusammenarbeit in den Handlungsfeldern<br />
„Ges<strong>und</strong>e Ernährung“ <strong>und</strong> „Mehr Bewegung“:<br />
Die interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) „NRW IN FORM“<br />
Die Folgen von Bewegungsmangel <strong>und</strong> unausgewogener<br />
Ernährung sind vielfach dokumentiert<br />
<strong>und</strong> ein Handlungsbedarf in Bereichen von<br />
<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>, Prävention <strong>und</strong> Versorgungsstrukturen<br />
ist dadurch begründet. Da die<br />
Förderung von mehr Bewegung <strong>und</strong> von ges<strong>und</strong>er<br />
Ernährung die Arbeit <strong>und</strong> Ziele mehrerer<br />
Ministerien betreffen <strong>und</strong> die Themen als<br />
Querschnittaufgabe anzusehen sind, kooperieren<br />
in Nordrhein-Westfalen sechs Ministerien<br />
<strong>und</strong> die Staatskanzlei seit Jahren eng in Bereichen,<br />
die diese Handlungsfelder berühren.<br />
Interministerielle Arbeitsgruppen gibt es b<strong>und</strong>esweit<br />
zu unterschiedlichen Themen. Wichtiger<br />
Meilenstein <strong>für</strong> eine auf Nachhaltigkeit<br />
ausgerichtete Arbeit der IMAG „NRW IN FORM“<br />
war ein Kabinettsbeschluss 2010, der die Arbeit<br />
der IMAG ausdrücklich legitimiert <strong>und</strong> verstärkte<br />
Bemühungen einfordert, um Prinzipien<br />
von ges<strong>und</strong>er Ernährung <strong>und</strong> mehr Bewegung<br />
stärker im Bewusstsein der Bevölkerung zu<br />
verankern.<br />
Mit der IMAG wurde eine funktionstüchtige Arbeitsstruktur<br />
geschaffen. Mitglieder sind Fachebenen<br />
der Ministerien. Zwischen ihnen wechselt<br />
jährlich die Federführung <strong>für</strong> die IMAG-Leitung.<br />
Die Einrichtung einer Geschäftsstelle im<br />
Landeszentrum <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit sichert organisatorische<br />
Abläufe, Kommunikation <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Das „Zentrum <strong>für</strong> Bewegungsförderung“<br />
<strong>und</strong> die „Vernetzungsstelle<br />
Schulverpflegung“ in Nordrhein-Westfalen unterstützen<br />
die Arbeit der IMAG. Als Kooperationspartner<br />
konnten Krankenkassen <strong>und</strong> die<br />
Unfallkasse NRW in ihrer Rolle als Trägerorganisationen<br />
des „Landesprogramms Bildung<br />
<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit“ gewonnen werden.<br />
In der IMAG „NRW IN FORM“ wird nicht nur<br />
über Vernetzung gesprochen, sondern auch<br />
vernetzt gearbeitet. Zunächst wurden von der<br />
IMAG alle vorhandenen Aktivitäten der Landesregierung<br />
in den Bereichen Bewegung <strong>und</strong> Ernährung<br />
zusammengetragen <strong>und</strong> in einer stetig<br />
aktualisierten <strong>und</strong> öffentlich zugänglichen<br />
Übersicht zusammengestellt. Dadurch wird einerseits<br />
Transparenz hergestellt, andererseits<br />
bieten die dort beschriebenen Maßnahmen<br />
Orientierung hinsichtlich Bedarf <strong>und</strong> Angebot<br />
<strong>für</strong> alle an der Thematik Interessierten. Anschließend<br />
wurde ein einheitliches Förderverfahren<br />
mit klar formulierten Kriterien vereinbart.<br />
Die beteiligten Ministerien stellen mindestens<br />
je 20.000 Euro p.a. <strong>für</strong> die Förderung<br />
von kommunalen Projekten zur Verfügung. Die<br />
IMAG „NRW IN FORM“ übernimmt die Schirmherrschaft<br />
von besonders herausragenden Projekten<br />
<strong>und</strong> Veranstaltungen <strong>und</strong> repräsentiert<br />
dadurch die Beteiligung der Landesregierung.<br />
Die Arbeit <strong>und</strong> die Zielsetzungen der IMAG werden<br />
proaktiv kommuniziert. Da<strong>für</strong> wurden unterschiedliche<br />
Medien (Flyer mit Kernbotschaften,<br />
Lesezeichen mit Adressangaben <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften)<br />
entwickelt, die zusammen<br />
mit dem „Gemüse-Fahrrad“ bei entsprechenden<br />
Veranstaltungen eingesetzt werden.<br />
Besonders wichtig <strong>für</strong> die erfolgreiche Umsetzung<br />
der IMAG-Strategie ist der Dialog zwischen<br />
der Ebene der Ministerien <strong>und</strong> der vor<br />
Ort handelnden Akteure. Zu diesem Zweck<br />
wurde ein neues Veranstaltungsformat konzipiert.<br />
Die Federführung <strong>für</strong> die Durchführung<br />
dieser regionalen Fachkonferenzen „NRW Bewegt<br />
IN FORM“ hat das Ministerium <strong>für</strong> Familie,<br />
Kinder, Jugend, Kultur <strong>und</strong> Sport (MFKJKS)<br />
in Nordrhein-Westfalen übernommen: Jeweils