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musiktipps<br />
eric clapton<br />
Life In 12 Bars<br />
Universal Music UMC<br />
zeal & Ardor<br />
Stranger Fruit<br />
MVKA<br />
Der Dokumentarfilm „Life In 12 Bars“ (seit<br />
29. Juni als DVD, Blu-ray und VoD erhältlich)<br />
entstand unter der Regie der Oscar-Gewinnerin<br />
Lili Fini Zanuck („Miss Daisy und ihr Chauffeur“)<br />
und zeichnet ein persönliches Bild<br />
des legendären Gitarristen, der 18 Grammy<br />
Awards gewonnen und kürzlich sein 23. Studioalbum<br />
„I Still Do“ veröffentlicht hat. Jetzt<br />
ist dazu der ersehnte Soundtrack erschienen!<br />
In den Versionen als Doppel-CD, Download<br />
und als 4 LP Package gibt es unter dem Motto<br />
„A Genius Amplified“ auf 32 Titeln einen<br />
Streifzug durch die Geschichte des Blues,<br />
Beat, Pop und Rock, exemplarisch am Genie<br />
Eric Clapton und seinen Bands aufgezeigt. Der<br />
musikalische Bilderbogen reicht von den Sixties<br />
bis heute mit den Yardbirds, John Mayall<br />
& The Bluesbreakers, Cream, The Beatles feat.<br />
George Harrison („While My Guitar Gently<br />
Weeps“), Blind Faith, Delany & Bonnie, Derek<br />
& The Dominos (“Layla”) und Eric Clapton<br />
Solo. Darunter befinden sich auch fünf<br />
bisher unveröffentlichte Songs, Alternativ-<br />
Versionen bekannter Klassiker des inzwischen<br />
72-Jährigen, so wie einige Live-Aufnahmen<br />
mit einer 17 Min. Version von „Spoonful“<br />
mit Cream. Great! Helmut Ölschlegel<br />
Und wieder mal glaubte man, dass in der<br />
Rockmusik schon alles dagewesen war, als<br />
2016 der Übersong „Devil Is Fine“ um die<br />
Ecke kroch. Wie auf einer Baumwollplantage<br />
schlugen Ketten den Takt für Manuel<br />
Gagneux‘s berstende Soulstimme, während<br />
die bedeutungsschwangeren Klavierakkorde<br />
langsam von aufwogenden Tremolo-Gitarren<br />
ertränkt wurden. Der Rest des gleichnamigen<br />
Albums schmiedete diese unheilige Allianz<br />
aus Southern Soul und Black Metal mit Gekreische<br />
und Blast Beats neben Banjos und<br />
Call & Response-Versen sogar noch konsequenter<br />
weiter, verlor sich auf die Distanz aber<br />
etwas in seiner Experimentierwut. „Stranger<br />
Fruit“ muss nun auf den Aha-Effekt des Debüts<br />
verzichten, besinnt sich dafür aber ganz<br />
auf dessen Stärken: Gagneux kann es stimmlich<br />
mittlerweile mit einem ganzen Gospelchor<br />
aufnehmen und erweitert das innovative<br />
Genre-Blending um catchy Blues-Rock, ohne<br />
den musikalischen und inhaltlichen Härtegrad<br />
zu reduzieren. Seine in apokalytische Metaphorik<br />
gehüllten Leidensgeschichten aus der<br />
Zeit der Sklaverei dienen gleichzeitig auch als<br />
erschreckend zeitgemäße Parabeln über die<br />
USA nach Charlottesville. Maximilian Beer<br />
die fantastischen vier<br />
Captain Fantastic<br />
Sony Music<br />
laura carbone<br />
Empty Sea<br />
Duchess Box Records<br />
„Wir sind zusammen groß, Wir sind zusammen<br />
alt, Komm lass ‚n bisschen noch<br />
zusammen bleiben“ – ob sie damit Clueso<br />
meinen oder ihre Fans ist im Grunde ganz<br />
egal, denn es zählt nur eins: Die Fantastischen<br />
Vier sind wieder da! Und hört<br />
man in ihr neues Album „Captain Fantastic“<br />
rein, hat man das Gefühl, sie wären<br />
nie weg gewesen. Tatsächlich gibt es die<br />
Fantas schon seit Ende der 1980er Jahre.<br />
Damals haben sie den deutschen Hip Hop<br />
quasi erfunden. Songs wie „Die da?!“, „Sie<br />
ist weg“, „Der Picknicker“ oder „MfG“ sind<br />
legendär. Auch im aktuellen Album finden<br />
sich wieder fantastische Wortspiele (der<br />
ein oder andere Leser mag bemerkt haben,<br />
dass das gerade ein Wortspiel war)<br />
und der typische Fanta-Sound. Dennoch<br />
sind die Fantas älter geworden und das<br />
zeigt sich in der stärkeren Ernsthaftigkeit<br />
ihrer Stücke. So zeigen sich die Fantastischen<br />
Vier auffällig politisch. Als hätten<br />
sie geahnt, dass spätestens nach dem<br />
Echo-Eklat von Kollegah und Farid Bang<br />
dringend eine Stimme der Vernunft in der<br />
deutschen Hip Hop Szene gefunden werden<br />
muss.<br />
Sabine Mahler<br />
Glaubt man der Entstehungsgeschichte von<br />
„Empty Sea“, diente ein Märchen der Gebrüder<br />
Grimm als Inspirationsquelle. Darin wird ein<br />
Mädchen von der bösen Stiefmutter gezwungen,<br />
einen Teich mit einem löchrigen Löffel zu<br />
leeren. Ähnlich gefühlt haben soll sich Laura<br />
Carbone, in einem früheren Leben Sängerin<br />
der Mannheimer Electro-Punk-Band Deine<br />
Jugend, bei der Arbeit an ihrem zweiten Soloalbum.<br />
Geplagt von einer Schreibblockade und<br />
Selbstzweifeln zog sich die zierliche Deutsch-<br />
Italienerin nach Los Angeles zurück, um künstlerisch<br />
wieder in die Spur zu finden. Das Ringen<br />
um Kreativität ist diesem kleinen Meisterwerk<br />
nicht anzumerken. Ob hypnotischer Psycho<br />
Blues („Cellophane Skin“), kratzbürstiger Noise<br />
Rock („Crisis“), düster-dramatische Balladen<br />
(„Empty Sea“), atmosphärischer Dream Pop<br />
(„Tangerine Tree“) oder morbider Country Noir<br />
(„Lullaby“) – mit traumwandlerischer Sicherheit<br />
steckt die 31-jährige Wahlberlinerin ihr<br />
musikalisches Terrain ab, erinnert bisweilen<br />
an Kolleginnen wie PJ Harvey, Chelsea Wolfe,<br />
Warpaint oder Hope Sandoval und bleibt dabei<br />
doch stets sie selbst. Wäre Carbone eine<br />
Märchenfigur, sie würde wohl auch mit einer<br />
Gabel die Sahara ausschaufeln. Uli Digmayer<br />
KURZ &GUT<br />
Das Set-Up ließ jetzt nicht unbedingt ein Karnevals-Album<br />
als Ergebnis vermuten: Für „Brushes<br />
With Happiness“, das mittlerweile 17. Studioalbum<br />
in 15 Jahren Bandgeschichte, wollte sich das britische<br />
Trio The Wave Pictures mal auf all das konzentrieren,<br />
was in der Welt und im Privaten nicht<br />
so ganz funktioniert. Produktionsbedingungen:<br />
Neun im Grundsatz skeptische Texte, eine düstere<br />
<strong>Nacht</strong> im Studio, einen fokussierten Blick auf den<br />
inneren Kreis des Quintenzirkels mit den Mollparallelen<br />
und eine ganze Menge Alkohol und<br />
THC. Dass man als Zuhörer am Ende so einer grau<br />
melierten Tortur doch nicht ganz hoffnungslos<br />
dasteht, ist wahrscheinlich einzig und alleine der<br />
musikalischen Begabung der drei Engländer geschuldet,<br />
selbst aus dem Tiefsten Derpriloch noch<br />
einen gewaltig mitswingenden Beat zu basteln.<br />
Shake it off, würde Taylor Swift sagen. cro<br />
Die aktuellen Granden in den reaktionären Bewegungen<br />
in Bayern, den USA und dem Rest der Welt<br />
unterstreichen ihre Autorität ja gerne durch primär<br />
sichtbare archetypisch männliche Merkmale. Körperliche<br />
Größe, tiefe Stimmen, lange Krawatten.<br />
Ben Caplan kann das nur ein müdes Lächeln abringen.<br />
Kein Bart ist länger als der des eindrucksvollen<br />
Kanadiers und keine Stimme männlicher. Und<br />
wenn man wirklich zuhört, weiß man auch, keine ist<br />
erwachsener: In seinem jüngsten Album „Old Stock“<br />
liefert Caplan ein anrührendes Stück Musikerzählung<br />
einer Migrantengeschichte aus dem letzten<br />
Jahrhundert seiner Heimat, die so aktuell ist, wie<br />
es nur sein kann. Der Entfremdung zwischen den<br />
Menschen, wie sie uns gerade versucht wird zu lehren,<br />
setzt er musikalisch mitreißend den naturgebundenen<br />
Wunsch nach Nähe entgegen. Und alle<br />
Menschen wollen Kuscheln zu Caplan. cro<br />
DJ-Toplist > <strong>Juli</strong><br />
Steve Reich-Ranicki<br />
1. Société Étrange - Coke<br />
2. Crack Cloud - Graph of Desire<br />
3. Dame Area - Dicevi a me<br />
4. YOR - I‘m a Boy<br />
5. Neo Boys - Nothing to fear<br />
6. De Klumb - Do your Diet<br />
7. No Waves - Oyster<br />
8. Lassie – Zegway Cop<br />
9 . Exploded View - Lost Illusions<br />
10. Zad Kokar - La Pire Denrée du Monde<br />
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