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Fraenkische-Nacht-Juli-2018-Alles

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musiktipps<br />

eric clapton<br />

Life In 12 Bars<br />

Universal Music UMC<br />

zeal & Ardor<br />

Stranger Fruit<br />

MVKA<br />

Der Dokumentarfilm „Life In 12 Bars“ (seit<br />

29. Juni als DVD, Blu-ray und VoD erhältlich)<br />

entstand unter der Regie der Oscar-Gewinnerin<br />

Lili Fini Zanuck („Miss Daisy und ihr Chauffeur“)<br />

und zeichnet ein persönliches Bild<br />

des legendären Gitarristen, der 18 Grammy<br />

Awards gewonnen und kürzlich sein 23. Studioalbum<br />

„I Still Do“ veröffentlicht hat. Jetzt<br />

ist dazu der ersehnte Soundtrack erschienen!<br />

In den Versionen als Doppel-CD, Download<br />

und als 4 LP Package gibt es unter dem Motto<br />

„A Genius Amplified“ auf 32 Titeln einen<br />

Streifzug durch die Geschichte des Blues,<br />

Beat, Pop und Rock, exemplarisch am Genie<br />

Eric Clapton und seinen Bands aufgezeigt. Der<br />

musikalische Bilderbogen reicht von den Sixties<br />

bis heute mit den Yardbirds, John Mayall<br />

& The Bluesbreakers, Cream, The Beatles feat.<br />

George Harrison („While My Guitar Gently<br />

Weeps“), Blind Faith, Delany & Bonnie, Derek<br />

& The Dominos (“Layla”) und Eric Clapton<br />

Solo. Darunter befinden sich auch fünf<br />

bisher unveröffentlichte Songs, Alternativ-<br />

Versionen bekannter Klassiker des inzwischen<br />

72-Jährigen, so wie einige Live-Aufnahmen<br />

mit einer 17 Min. Version von „Spoonful“<br />

mit Cream. Great! Helmut Ölschlegel<br />

Und wieder mal glaubte man, dass in der<br />

Rockmusik schon alles dagewesen war, als<br />

2016 der Übersong „Devil Is Fine“ um die<br />

Ecke kroch. Wie auf einer Baumwollplantage<br />

schlugen Ketten den Takt für Manuel<br />

Gagneux‘s berstende Soulstimme, während<br />

die bedeutungsschwangeren Klavierakkorde<br />

langsam von aufwogenden Tremolo-Gitarren<br />

ertränkt wurden. Der Rest des gleichnamigen<br />

Albums schmiedete diese unheilige Allianz<br />

aus Southern Soul und Black Metal mit Gekreische<br />

und Blast Beats neben Banjos und<br />

Call & Response-Versen sogar noch konsequenter<br />

weiter, verlor sich auf die Distanz aber<br />

etwas in seiner Experimentierwut. „Stranger<br />

Fruit“ muss nun auf den Aha-Effekt des Debüts<br />

verzichten, besinnt sich dafür aber ganz<br />

auf dessen Stärken: Gagneux kann es stimmlich<br />

mittlerweile mit einem ganzen Gospelchor<br />

aufnehmen und erweitert das innovative<br />

Genre-Blending um catchy Blues-Rock, ohne<br />

den musikalischen und inhaltlichen Härtegrad<br />

zu reduzieren. Seine in apokalytische Metaphorik<br />

gehüllten Leidensgeschichten aus der<br />

Zeit der Sklaverei dienen gleichzeitig auch als<br />

erschreckend zeitgemäße Parabeln über die<br />

USA nach Charlottesville. Maximilian Beer<br />

die fantastischen vier<br />

Captain Fantastic<br />

Sony Music<br />

laura carbone<br />

Empty Sea<br />

Duchess Box Records<br />

„Wir sind zusammen groß, Wir sind zusammen<br />

alt, Komm lass ‚n bisschen noch<br />

zusammen bleiben“ – ob sie damit Clueso<br />

meinen oder ihre Fans ist im Grunde ganz<br />

egal, denn es zählt nur eins: Die Fantastischen<br />

Vier sind wieder da! Und hört<br />

man in ihr neues Album „Captain Fantastic“<br />

rein, hat man das Gefühl, sie wären<br />

nie weg gewesen. Tatsächlich gibt es die<br />

Fantas schon seit Ende der 1980er Jahre.<br />

Damals haben sie den deutschen Hip Hop<br />

quasi erfunden. Songs wie „Die da?!“, „Sie<br />

ist weg“, „Der Picknicker“ oder „MfG“ sind<br />

legendär. Auch im aktuellen Album finden<br />

sich wieder fantastische Wortspiele (der<br />

ein oder andere Leser mag bemerkt haben,<br />

dass das gerade ein Wortspiel war)<br />

und der typische Fanta-Sound. Dennoch<br />

sind die Fantas älter geworden und das<br />

zeigt sich in der stärkeren Ernsthaftigkeit<br />

ihrer Stücke. So zeigen sich die Fantastischen<br />

Vier auffällig politisch. Als hätten<br />

sie geahnt, dass spätestens nach dem<br />

Echo-Eklat von Kollegah und Farid Bang<br />

dringend eine Stimme der Vernunft in der<br />

deutschen Hip Hop Szene gefunden werden<br />

muss.<br />

Sabine Mahler<br />

Glaubt man der Entstehungsgeschichte von<br />

„Empty Sea“, diente ein Märchen der Gebrüder<br />

Grimm als Inspirationsquelle. Darin wird ein<br />

Mädchen von der bösen Stiefmutter gezwungen,<br />

einen Teich mit einem löchrigen Löffel zu<br />

leeren. Ähnlich gefühlt haben soll sich Laura<br />

Carbone, in einem früheren Leben Sängerin<br />

der Mannheimer Electro-Punk-Band Deine<br />

Jugend, bei der Arbeit an ihrem zweiten Soloalbum.<br />

Geplagt von einer Schreibblockade und<br />

Selbstzweifeln zog sich die zierliche Deutsch-<br />

Italienerin nach Los Angeles zurück, um künstlerisch<br />

wieder in die Spur zu finden. Das Ringen<br />

um Kreativität ist diesem kleinen Meisterwerk<br />

nicht anzumerken. Ob hypnotischer Psycho<br />

Blues („Cellophane Skin“), kratzbürstiger Noise<br />

Rock („Crisis“), düster-dramatische Balladen<br />

(„Empty Sea“), atmosphärischer Dream Pop<br />

(„Tangerine Tree“) oder morbider Country Noir<br />

(„Lullaby“) – mit traumwandlerischer Sicherheit<br />

steckt die 31-jährige Wahlberlinerin ihr<br />

musikalisches Terrain ab, erinnert bisweilen<br />

an Kolleginnen wie PJ Harvey, Chelsea Wolfe,<br />

Warpaint oder Hope Sandoval und bleibt dabei<br />

doch stets sie selbst. Wäre Carbone eine<br />

Märchenfigur, sie würde wohl auch mit einer<br />

Gabel die Sahara ausschaufeln. Uli Digmayer<br />

KURZ &GUT<br />

Das Set-Up ließ jetzt nicht unbedingt ein Karnevals-Album<br />

als Ergebnis vermuten: Für „Brushes<br />

With Happiness“, das mittlerweile 17. Studioalbum<br />

in 15 Jahren Bandgeschichte, wollte sich das britische<br />

Trio The Wave Pictures mal auf all das konzentrieren,<br />

was in der Welt und im Privaten nicht<br />

so ganz funktioniert. Produktionsbedingungen:<br />

Neun im Grundsatz skeptische Texte, eine düstere<br />

<strong>Nacht</strong> im Studio, einen fokussierten Blick auf den<br />

inneren Kreis des Quintenzirkels mit den Mollparallelen<br />

und eine ganze Menge Alkohol und<br />

THC. Dass man als Zuhörer am Ende so einer grau<br />

melierten Tortur doch nicht ganz hoffnungslos<br />

dasteht, ist wahrscheinlich einzig und alleine der<br />

musikalischen Begabung der drei Engländer geschuldet,<br />

selbst aus dem Tiefsten Derpriloch noch<br />

einen gewaltig mitswingenden Beat zu basteln.<br />

Shake it off, würde Taylor Swift sagen. cro<br />

Die aktuellen Granden in den reaktionären Bewegungen<br />

in Bayern, den USA und dem Rest der Welt<br />

unterstreichen ihre Autorität ja gerne durch primär<br />

sichtbare archetypisch männliche Merkmale. Körperliche<br />

Größe, tiefe Stimmen, lange Krawatten.<br />

Ben Caplan kann das nur ein müdes Lächeln abringen.<br />

Kein Bart ist länger als der des eindrucksvollen<br />

Kanadiers und keine Stimme männlicher. Und<br />

wenn man wirklich zuhört, weiß man auch, keine ist<br />

erwachsener: In seinem jüngsten Album „Old Stock“<br />

liefert Caplan ein anrührendes Stück Musikerzählung<br />

einer Migrantengeschichte aus dem letzten<br />

Jahrhundert seiner Heimat, die so aktuell ist, wie<br />

es nur sein kann. Der Entfremdung zwischen den<br />

Menschen, wie sie uns gerade versucht wird zu lehren,<br />

setzt er musikalisch mitreißend den naturgebundenen<br />

Wunsch nach Nähe entgegen. Und alle<br />

Menschen wollen Kuscheln zu Caplan. cro<br />

DJ-Toplist > <strong>Juli</strong><br />

Steve Reich-Ranicki<br />

1. Société Étrange - Coke<br />

2. Crack Cloud - Graph of Desire<br />

3. Dame Area - Dicevi a me<br />

4. YOR - I‘m a Boy<br />

5. Neo Boys - Nothing to fear<br />

6. De Klumb - Do your Diet<br />

7. No Waves - Oyster<br />

8. Lassie – Zegway Cop<br />

9 . Exploded View - Lost Illusions<br />

10. Zad Kokar - La Pire Denrée du Monde<br />

34 www.fraenkische-nacht.de

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