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Inhalt Vorwort - Arbeitsgemeinschaft Anwaltsnotariat

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10 <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>Anwaltsnotariat</strong> 1/2001 MN<br />

9 Der Notar soll die Beteiligten über die rechtliche<br />

Tragweite des Geschäfts belehren: Wir<br />

haben vorstehend schon gesehen, wie sich diese<br />

Aufgabe mit den anderen Aufgaben überschneiden.<br />

Gleichwohl soll diese Aufgabe noch einmal<br />

besonders behandelt werden.<br />

Diesen Satz liest jeder Notar zunächst nur, um e<br />

contrario zu schließen, dass über die wirtschaftlichen<br />

Folgen nicht zu belehren sei32 . Ist schon die Abgrenzung<br />

zwischen rechtlichen Folgen und wirtschaftlichen<br />

Folgen nicht immer leicht33 , so wird diese Krücke immer<br />

schwächer je mehr der Notar nach dem Willen<br />

der Beteiligten gefragt, den Sachverhalt geklärt und<br />

dabei erfahren hat, was die Beteiligten wirtschaftlich<br />

wollen; wenn er dann die ungeeignete rechtliche Konstruktion<br />

wählt, bewegt er sich in dem Bereich, in dem<br />

er seine Pflichten zu erfüllen hat.<br />

Sodann liest er ihn in der sicheren Überzeugung,<br />

dass über die steuerrechtlichen Folgen nicht zu<br />

belehren sei 34 . Zunächst ist dieser Lesart entgegenzuhalten:<br />

Beruht die üblicherweise negative und<br />

kostenträchtige steuerliche Folge darauf, dass der<br />

Notar nicht den Willen der Beteiligten erforscht und<br />

den Sachverhalt erfragt hat, so hat der Notar seine<br />

Urkundstätigkeit unvollständig erbracht, ohne dass es<br />

des Rekurses darauf bedarf, dass er über die rechtliche<br />

Tragweite nicht belehrt hat 35 .<br />

Schließlich wird immer wieder von dem nicht belehrungsbedürftigen<br />

Beteiligten geschrieben36 ; es sei<br />

noch einmal betont, dass es hier nicht in erster Linie<br />

um Haftungsfragen geht, sondern um die im Gesetz<br />

angelegte Rolle des Notars: im Gesetz heißt es nicht<br />

¹Der Notar hat die Beteiligten über die rechtliche<br />

Tragweite zu belehren, wenn sie der Belehrung bedürfenª.<br />

Dass im Haftungsprozess der Beteiligte vortragen<br />

muss, er habe keine Kenntnis gehabt, beruht<br />

auf Grundsätzen des Schadensersatzrechts, hat aber<br />

nichts damit zu tun, was der Notar grundsätzlich zu<br />

tun hat. Er darf von der Belehrung nur absehen,<br />

wenn er sich vergewissert hat, dass die Beteiligten<br />

bereits die gebotene Kenntnis haben.<br />

Sobald Beteiligte mit Vertragsentwürfen kommen,<br />

vergessen manche Notare ihre Belehrungspflicht in<br />

der Annahme, sie würden die Beteiligten brüskieren.<br />

Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Entwürfe handelt,<br />

die von Rechtsanwälten gefertigt worden sind.<br />

Man erzählt sich, dass bestimmte Rechtsanwälte sich<br />

weigern, mit einem Entwurf zu einem Notar zu gehen,<br />

der dann auch noch Fragen stelle37 . Wir wollen diese<br />

Position an folgendem Beispiel auf die Probe stellen:<br />

Zu einem Notar kommen, begleitet von je einem<br />

Rechtsanwalt, die Eheleute, um einen Scheidungsfolgenvertrag<br />

abzuschließen. Der Notar gewinnt die<br />

Überzeugung, dass ein Ehepartner auf enorme<br />

Ansprüche aus Versorgungsausgleich verzichtet, und<br />

zwar aus einem berufsständischen Versorgungswerk<br />

einerseits und einer betrieblichen Altersversorgung<br />

andererseits. Für den Notar ist nicht ersichtlich, dass<br />

es für den Unterhaltsverzicht 38 , den Verzicht auf Zugewinnausgleich<br />

und den Ausschluss des Versorgungsausgleich<br />

irgendwelche Gegenleistung gibt. Auf<br />

die wegen § 39 Abs. 3 KostO gebotene Frage nach<br />

dem Vermögen der Ehegatten erklären beide, nur einer<br />

habe Vermögen, und das in Höhe von 1 Mio DM.<br />

Zunächst neigt der Notar zu der Annahme, jeder<br />

der Beteiligten sei durch seinen Rechtsanwalt hinreichend<br />

geschützt und belehrt worden, alles sei zwischen<br />

Rechtsanwälten ausgehandelt. Der Notar hält<br />

die Beteiligten für nicht belehrungsbedürftig. Damit<br />

unterliegt er einem gefährlichen Gedankenfehler. Der<br />

Aspekt der Belehrungsbedürftigkeit betrifft nur die<br />

dritte Pflicht aus § 17 BUrkG; die Belehrungsbedürftigkeit<br />

hat nichts zu tun mit<br />

9 Erforschung des wahren Willens<br />

9 Klärung des Sachverhalts<br />

9 Klare Niederschrift dessen, was die Beteiligten wollen.<br />

Deshalb hilft es nicht weiter, wenn die Beteiligten<br />

nicht der Belehrung über die rechtliche Tragweite bedürfen.<br />

Die anderen Pflichten des Notars bleiben davon<br />

unberührt.<br />

Wird der Notar der oben beschriebenen Auffassung<br />

auch dann noch sein, wenn die Ansprüche der<br />

Ehefrau gegen ihren Rechtsanwalt nach § 51b BRAO<br />

verjährt sind, bevor sie merkt, was diese Regelung für<br />

ihr Alter bedeutet; dann steht der RA nicht mehr als<br />

anderweitige Ersatzmöglichkeit 39 zur Verfügung ¼ sozusagen<br />

entfällt der Schutzschild für den Notar.<br />

32 Vgl. aber dazu die Formulierung bei Erman-Schmidt Rdnr. 2 zu § 17<br />

BurkG ¹Der Notar ... hat sich einen Überblick darüber zu verschaffen,<br />

was die Parteien wirtschaftlich wollenª.<br />

33 Vgl. die gegensätzlichen Entscheidungen von OLG Celle ZfS 1985, 19<br />

einerseits und BGH NJW-RR 1992, 92 andererseits zur Abgrenzung von<br />

Wahrnehmung rechtlicher und wirtschaftlicher Interessen bei § 1 ARB1975.<br />

34 Vgl. zu den Folgen unterbliebener notarieller Belehrung über steuerrechtliche<br />

Folgen Wagner DStR 1995, 807; Erman-Schmidt Rdnr. 7 zu<br />

§ 17 BurkG hält diese Abgrenzung für wenig überzeugend.<br />

35 Zu dieser Frage hat der BGH mit Urteil vom 13.6.1995 (IX ZR 203/94)<br />

entschieden, dass der Notar angesichts eines ihm bekannten Erwerbs<br />

durch die Verkäufer vor weniger als 2 Jahren diese nicht nach der Höhe<br />

des früheren Kaufpreises fragen müsse; wenn er dann nicht erkenne,<br />

dass der jetzige Kaufpreis höher sei, habe er keinen Anlass einen danach<br />

zu fragen und so erst den Sachverhalt zu ermitteln, aufgrund dessen<br />

ein Hinweis auf die Spekulationssteuer geboten wäre. In dieser Entscheidung<br />

taucht der bereits beim RG erwähnte Hinweis auf, es handele<br />

sich bei der Steuer um eine gesetzliche Folge und auf solche sei nicht<br />

hinzuweisen.<br />

36 Vgl. dazu Haug, Die Amtshaftung des Notars Rdnr. 446 ff. zur Frage der<br />

Belehrungsbedürftigkeit.<br />

37 Die Gerüchte gehen soweit, dass gesagt wird, der verstehe nichts von<br />

der Sache und bringe durch seine Fragen nur Verwirrung.<br />

38 Es sei kein Fall, in dem der Verzicht sittenwidrig wäre.<br />

39 Zur Auswirkung der Verjährung des anderweitigen Ersatzanspruchs auf<br />

die subsidiäre Haftung vgl. BGH BB 1992, 950; jedenfalls, wenn der Anspruchsteller<br />

schuldlos den anderweitigen Anspruch verjähren lies.

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