Inhalt Vorwort - Arbeitsgemeinschaft Anwaltsnotariat
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4 <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>Anwaltsnotariat</strong> 1/2001 MN<br />
1. Schutz und Warnfunktion: Eine Gruppe von<br />
Normen verlangt die Urkundsform, um die Beteiligten<br />
zu schützen. Schutzzweck verbunden mit Warnungsfunktion<br />
(vor Übereilung) und Beratung durch den<br />
betreuenden Notar stehen im Vordergrund bei:<br />
9 § 311 BGB Verträgen über gegenwärtiges Vermögen<br />
9 § 313 BGB Grundstücksverträgen<br />
9 § 1410 BGB Eheverträgen ¼ hier verstärkt durch die<br />
Pflicht zur Anwesenheit beider Vertragsparteien ¼<br />
9 seien es Güterrechtsvereinbarungen<br />
9 oder Regelungen betreffend den Zugewinnausgleich<br />
9 § 1587o BGB vertraglichem Ausschluss des Versorgungsausgleichs<br />
¼ hier verstärkt durch die Möglichkeit<br />
diesen Ausschluss dadurch auszuhebeln, dass<br />
binnen Jahresfrist ein Ehegatte beantragt, die Ehe<br />
zu scheiden<br />
9 § 1934d BGB Verträge über den vorzeitigen<br />
Erbausgleich des nichtehelichen Kindes<br />
9 § 2348 BGB Erbverzichtserklärungen, bei denen<br />
auch die Annahme zu notarieller Urkunde erklärt<br />
werden muss.<br />
Dass die Schutzfunktion unvollständig ausgestaltet<br />
ist7 , zeigen folgende Beispiele:<br />
9 Vertragsabschluß mit einem oder mehreren vollmachtlosen<br />
Vertreter, so dass der eigentliche Vertragspartner<br />
gar nicht belehrt wird, sondern nur<br />
der Vertreter<br />
9 insbesondere unterlaufen wird der Schutzzweck,<br />
wenn der Verkäufer für den Käufer als vollmachtloser<br />
Vertreter erscheint; (Die Frage, ob es den<br />
Dienstpflichten des Notars entspricht, wenn der<br />
Notar diesen Weg ohne besonderen Grund beschreitet,<br />
ist auf dem Hintergrund des § 17 Abs. 2a<br />
BurkG besonders kritisch zu betrachten 8 .)<br />
9 formlos wirksam ist die Genehmigung, die der bei<br />
der Beurkundung Abwesende erteilt; soweit seine<br />
Unterschrift beglaubigt wird, dient dies nur dem<br />
Identitätsnachweis gegenüber einer Behörde oder<br />
dem Grundbuchamt oder Handelsregister, nicht<br />
aber der Wirksamkeit der Erklärung<br />
9 Heilung durch Auflassung und Eintragung mindern<br />
natürlich auch den Zweck der Norm und nehmen<br />
ihr ¼ wenn auch aus gutem Grund ¼ einen Teil<br />
ihrer Effektivität;<br />
9 durch den allerdings nur in seltenen Fällen zugelassenen<br />
Einwand des Rechtsmissbrauchs gegenüber<br />
demjenigen, der sich auf den Formmangel beruft9 ;<br />
9 ¼ eingeschränkt ¼ durch die die Form der notariellen<br />
Beurkundung ersetzende Form der gerichtlichen<br />
Protokollierung; ohne dass sichergestellt ist,<br />
dass im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens eine<br />
Partei nicht übervorteilt wird; allerdings fordert<br />
jedes gerichtliche Verfahren gleichsam jede Partei<br />
auf, sich anwaltlichen Rates zu bedienen.<br />
Wenn es darum geht, die Aufgaben des Notars zu<br />
beurteilen, ist nicht von dem eingeschränkt erreichbaren<br />
Schutzzweck der Normen auszugehen sondern<br />
von der Aufgabenstellung, die sich ergäbe, wenn es<br />
diese Einschränkungen nicht gäbe. Niemand wird<br />
generell die Belehrungspflichten des Notars reduzieren<br />
wollen, indem er nachweist, dass in einzelnen<br />
gesetzestechnisch ermöglichten Fällen die Vertragsbeteiligten<br />
selbst gar nicht belehrt werden. Gerade<br />
§ 17 Abs. 2a BurkG fordert hier neues Nachdenken.<br />
2. Klarstellung und Sicherheit des Rechtsverkehrs:<br />
In anderen Fällen dient die Formvorschrift<br />
dazu sicherzustellen, dass der Wille des Erklärenden<br />
klargestellt wird; dass dazu der Erklärende über die<br />
rechtliche Tragweite beraten wird; dass die Echtheit<br />
der Urkunde über das Erklärte gesichert wird; dass<br />
Beweis erbracht werden kann, wer zu welcher Zeit<br />
welche Erklärung abgegeben hat. Solche Fälle sind:<br />
9 § 2231 Nr. 1 BGB Errichtung eines Testaments, das<br />
auch ohne notarielle Begleitung errichtet werden<br />
kann;<br />
9 § 2276 BGB Abschluss eines Erbvertrages, an dem<br />
alle Beteiligten unmittelbar ¼ äußerstenfalls vertreten<br />
durch eine andere Person ¼ mitwirken müssen;<br />
9 § 2282 BGB Anfechtung des Erbvertrages;<br />
9 § 2296 BGB Rücktritt vom Erbvertrag;<br />
9 § 2371 BGB Erbschaftsverkauf;<br />
9 § 2 Abs. 2 GmbHG Gründung einer GmbH;<br />
9 § 15 Abs. 3, 4 Abtretung von GmbH-Anteilen.<br />
3. Beweisfunktion: Beweiskraft der notariellen<br />
Urkunde spielt in folgenden Normen eine Rolle, z. B.:<br />
9 § 415 ZPO 10<br />
9 § 1377 BGB i. V. m. § 1035 BGB Verzeichnis des<br />
Anfangsvermögens 11<br />
9 § 1418 BGB i. V. m. § 1412 BGB Begründung und<br />
Nachweis von Vorbehaltsgut<br />
9 § 2002 BGB Aufnahme eines Nachlassinventars 12<br />
9 § 2314 Abs.1BGB Aufnahme des Nachlassbestandes<br />
7 BGH NJW 1994, 1344 ff. (Timesharing-Entscheidung).<br />
8 BayObLG JurBüro 1994, 234: die Rechtswirksamkeit des Verfahrens<br />
stünde der Feststellung nicht entgegen, das Verfahren sei dienstordnungswidrig;<br />
m. w. N.<br />
9 Es fällt aber schwer einen Fall zu konstruieren, in dem der Schutzbedürftige<br />
sich nicht auf die Formvorschrift berufen kann.<br />
10 Vgl. dazu BGH NJW 1994, 2768 (Timesharing-Entscheidung).<br />
11 Mit der Folge, dass ggf. das Endvermögen als Zugewinn vermutet wird,<br />
wenn das Anfangsvermögen nicht anderweitig bewiesen werden kann.<br />
12 Mit gewissem haftungsrechtlichen Schutz.