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Lagerungspraxis beatmeter Patienten - Kardiologie Dresden

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<strong>Lagerungspraxis</strong><br />

<strong>beatmeter</strong> <strong>Patienten</strong><br />

Ein Leitfaden für die Kitteltasche


Autoren<br />

Kerstin Steiding, Stationsleitung<br />

Kerstin Schäfer, Krankenschwester<br />

Innere Medizin/<strong>Kardiologie</strong> und Intensivmedizin<br />

Herzzentrum <strong>Dresden</strong>, Universitätsklinik<br />

an der Technischen Universität <strong>Dresden</strong><br />

Wissenschaftliche Unterstützung und kritische Durchsicht<br />

des Manuskriptes<br />

Univ.-Prof. Dr. med. Ruth H. Strasser<br />

Innere Medizin/<strong>Kardiologie</strong> und Intensivmedizin<br />

Technische Universität <strong>Dresden</strong><br />

Ärztliche Direktorin des<br />

Herzzentrum <strong>Dresden</strong>, Universitätsklinik<br />

Fetscher Str. 76 • 01307 <strong>Dresden</strong><br />

Tel.: 0351 450-1701 • Fax: 0351 450-1702<br />

http//:www.<strong>Kardiologie</strong><strong>Dresden</strong>.de<br />

E-Mail: Ruth.Strasser@mailbox.tu-dresden.de<br />

Erklärung zu Interessenkonflikte<br />

Es bestehen keinerlei Interessenkonflikte. Von Seiten der Industrie<br />

wurde kein Einfluss auf den Inhalt der Darstellung vorgenommen.<br />

In der bildlichen Darstellung wurden die Bettensysteme der Firma<br />

ArjoHuntleigh GmbH abgebildet.<br />

Mit freundlicher Unterstützung für den Druck von<br />

ArjoHuntleigh GmbH, Peter-Sander-Str. 10, 55252 Mainz-Kastel


1<br />

Vorwort<br />

Liebe MitarbeiterInnen, liebe Kolleginnen und<br />

Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,<br />

randomisierte Studien haben gezeigt, dass die<br />

Lagerung von beatmeten <strong>Patienten</strong> eine entscheidende<br />

Rolle in der Betreuung dieser gefährdeten <strong>Patienten</strong> in<br />

der Intensivmedizin spielt. Gleichmäßige Belüftung<br />

und Durchblutung der Lunge während der Beatmung<br />

aber auch Prävention vor Haut- und peripheren<br />

Kapillardurchblutungsstörungen sind Ziele einer<br />

effizienten Lagerungstechnik. Zum Glück stehen<br />

uns dazu heute auch technische Hilfsmittel zur Verfügung, die ein solches<br />

Management Mitarbeiter schonend verwirklichen lassen.<br />

Mit unserem Kitteltaschenheft möchten wir Grundlagen und Durchführung<br />

praxisnah erklären und Spielraum für eigene Beobachtungen und<br />

Entwicklungen lassen. Viel Freude beim Lesen und Anwenden unseres<br />

Kitteltaschenheftes.<br />

Für Anregungen sind wir dankbar, für Rückfragen stehen wir gerne zur<br />

Verfügung.<br />

Ihre<br />

Ärztliche Direktorin<br />

Herzzentrum <strong>Dresden</strong>, Universitätsklinik<br />

an der Technischen Universität <strong>Dresden</strong><br />

Lehrstuhl Innere Medizin und <strong>Kardiologie</strong><br />

Technische Universität <strong>Dresden</strong>


3<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung......................................................................................................... 4<br />

2 Physiologische und pathophysiologische Grundlagen<br />

2.1 Physiologie der Lunge ................................................................................... 4<br />

2.2 Pathophysiologie ............................................................................................. 8<br />

3 Einfluss der maschinellen Ventilation<br />

3.1 Ventilation ........................................................................................................11<br />

3.2 Diffusion ............................................................................................................13<br />

3.3 Perfusion ...........................................................................................................13<br />

4 Lagerung des beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

4.1 Lagerungsarten und Richtlinien zur speziellen Anwendung ........14<br />

4.2 Algorithmus zur Entscheidungsfindung ...............................................16<br />

5 Praxis der KLRT<br />

5.1 Technische Ausstattung ..............................................................................21<br />

5.2 Positionierung des <strong>Patienten</strong> ....................................................................21<br />

5.3 Spezielle Maßnahmen während der KLRT ............................................22<br />

5.3.1 Perkussionstherapie zur Sekretmobilisierung ..............................22<br />

5.3.2 Pulsation .....................................................................................................23<br />

5.3.3 Anwendung des Bauchlagerungskits gemäß dem stationsinternen<br />

Standard zur Bauchlagerung ............................................23<br />

5.4 Überwachung während der KLRT ...........................................................25<br />

5.5 Pflegestandards .............................................................................................27<br />

5.6 Anwendungsrichtlinien der KLRT bei <strong>Patienten</strong> im Weaning .......27<br />

5.7 Beendigungskriterien der KLRT................................................................28<br />

6 Eigene Daten – retrospektive Analyse, prospektive Studie .........29<br />

6.1 restrospektive Analyse .................................................................................29<br />

6.2 prosepektive Studie ......................................................................................30<br />

7 Glossar ............................................................................................................32<br />

8 Abkürzungen ................................................................................................33<br />

9 Literatur ..........................................................................................................34


Physiologische und pathophysiologische Grundlagen<br />

1 Einleitung<br />

Die Lagerung von Intensivpatienten stellt einen wichtigen Aspekt im Behandlungsregime<br />

bei diesen schwerkranken <strong>Patienten</strong> dar. Unter anderem<br />

profitieren Beatmungspatienten sowohl bezogen auf die Inzidenz von Dekubitalulcerationen<br />

als auch auf die pulmonale Situation von einer individuell<br />

ausgewählten Lagerungstechnik unter Beachtung auf das jeweilige<br />

Krankheitsbild und die Krankheitsschwere des <strong>Patienten</strong>. Dabei begünstigt<br />

Immobilität die Entstehung pulmonaler Komplikationen und beeinflusst den<br />

Krankheitsverlauf negativ (längere ITS- und KH-Aufenthalte, höhere Beatmungszeiten,<br />

erhöhte Komplikationsraten).<br />

Teilweise gibt es Unsicherheiten, welche Lagerung für den jeweiligen <strong>Patienten</strong><br />

optimal zum Einsatz kommen soll. Dies betrifft sowohl die Auswahl<br />

in prophylaktischer als auch in therapeutischer Hinsicht. Vor allem die kinetische<br />

Therapie mit der KLRT in ihrer prophylaktischen und therapeutischen<br />

Anwendung wird sehr zögerlich und vielleicht nicht immer strukturiert eingesetzt.<br />

Ziel dieses Heftes ist, die verschiedenen Lagerungsmöglichkeiten vorzustellen.<br />

Zudem soll es einen Beitrag zur optimalen Auswahl und Durchführung<br />

der jeweiligen Lagerungsmethoden liefern.<br />

2 Physiologische und pathophysiologische Grundlagen<br />

2.1 Physiologie der Lunge<br />

Die Funktionen der Lunge sind:<br />

(a) Ventilation mit Distribution – Belüftung der Lunge durch In-<br />

und Exspiration mit Verteilung der eingeatmeten Gase in der Lunge<br />

(b) Diffusion – Gasaustausch zwischen Alveole und Lungenkapillare<br />

durch das bestehende Partialdruckgefälle<br />

(c) Perfusion – Durchblutung der belüfteten Lungenbezirke<br />

4


Physiologische und pathophysiologische Grundlagen<br />

(a) Ventilation<br />

Die proximalen Luftwege (anatomischer Totraum) dienen der Zuleitung und<br />

Verteilung der Atemluft. Sie erfüllen dabei die Funktion der Anwärmung,<br />

Anfeuchtung und Reinigung der Atemluft. Dabei werden die in der Atemluft<br />

enthaltenen größeren Partikel bereits im Nasen-Rachen-Raum gefiltert<br />

und über Schutzreflexe (Husten, Niesen) aus den Luftwegen entfernt.<br />

Kleinere Partikel werden über das Flimmerepithel nach oben transportiert<br />

und als Sekret abgehustet.<br />

Die physiologische Atemgasklimatisierung dient der Selbstreinigung der<br />

Lunge über das Sekret. Die Sekretmobilisation ist ein aktiver Vorgang, der<br />

durch die Atemhilfsmuskulatur realisiert wird. Diese physiologischen Funktionen<br />

werden bei der maschinellen Ventilation ausgeschaltet.<br />

In den oberen Luftwegen befinden sich zudem Zellen der spezifischen Infektabwehr<br />

(bronchusassoziiertes lymphatisches System), die den Schutzmechanismus<br />

der Lunge verstärken.<br />

Die Atemmechanik wird durch die Aktivität der Atemmuskeln bestimmt.<br />

Des Weiteren wird die Atemtiefe durch die Elastizität des Thorax, der Knochen,<br />

Muskeln und Bindegewebe definiert.<br />

Die Lunge selbst ist ebenfalls elastisch. Passive Strukturelemente der Lunge<br />

wie elastische Fasern, Oberflächenkräfte der Alveolen und Verankerung der<br />

Alveole innerhalb des Lungengewebes bestimmen die Dehnbarkeit der Lunge<br />

(Compliance -C-).<br />

Klinische Bedeutung: Bei vielen Lungenerkrankungen (z.B. Pneumonie, Lungenödem, Fibrose)<br />

ist das Lungengewebe nicht mehr so elastisch. Dadurch folgt die Lunge nur schwer der Vergrößerung<br />

des knöchernen Thorax und die Compliance ist vermindert.<br />

Der Normwert für die Compliance beträgt 50 – 70 ml / cm H2O.<br />

Eine Überdehnung der Lunge wird durch die Oberflächenspannung<br />

(Elastance) verhindert. Die Oberflächenspannung der Lunge wird durch<br />

Oberflächenkräfte in den Alveolen und durch einen Film oberflächenaktiver<br />

Substanzen (Surfactant) aufrechterhalten.<br />

5


Physiologische und pathophysiologische Grundlagen<br />

Resistance bezeichnet den Strömungswiderstand -R-, der abhängig ist vom<br />

Durchmesser des Lungenvolumens und der Viskosität des Gases. Bei Verlegung<br />

des Tubus mit Sekret vermindert sich die Gasdurchtrittsöffnung, woraus<br />

bei konstantem Flow ein sehr großer Druckanstieg resultiert. Aber auch<br />

durch den Tubus selbst wird die Resistance der Lunge vergrößert. Der Strömungswiderstand<br />

wird definiert durch das Verhältnis von Druck und Volumen.<br />

Der Normwert für die Resistance bei intubierten <strong>Patienten</strong> wird mit ca.<br />

10 cm H2O/l/s angegeben.<br />

Störungen der Atemmechanik<br />

Bei restriktiven Ventilationsstörungen ist die Ausdehnung von Lunge und Thorax eingeschränkt.<br />

Die Compliance, die Vitalkapazität und der Atemgrenzwert nehmen ab.<br />

Obstruktive Ventilationsstörungen sind durch die Einengung der leitenden Atemwege bedingt.<br />

Die Resistance ist erhöht, die Sekunden-Kapazität und der Atemgrenzwert sind erniedrigt, d.h.<br />

die dynamischen Ventilationsgrößen sind vermindert.<br />

(b) Diffusion<br />

Der Gasaustausch findet durch Diffusion mittels Druckunterschiede von<br />

Sauerstoff und Kohlendioxyd über die alveokapilläre Membran statt. Der<br />

Diffusionsstrom durch die Alveolarmembran erfolgt durch die Differenz der<br />

Partialdrücke zwischen Alveolargas und Lungenkapillarblut. Alveolen, die<br />

nicht am Gasaustausch teilnehmen, werden als alveolärer Totraum bezeichnet.<br />

Ursachen dafür sind eine Nichtdurchblutung der Alveole, eine verdickte<br />

Alveolarwand oder eine starke Vergrößerung der Alveolen. Die Diffusionskapazität<br />

bezeichnet die Sauerstoffmenge, die ins Blut übertritt. Sie ist von der<br />

Gesamtaustauschfläche und der Permeabilität abhängig.<br />

(c) Perfusion<br />

Während die Weite der Lungengefäße durch den niedrigen Blutdruck im<br />

Lungenkreislauf und durch den Pleuradruck bestimmt wird, hängt der Widerstand<br />

der gesamten Lungenstrombahn von passiven Faktoren ab. Unter<br />

passiven Faktoren sind beispielsweise eine alveolöre Hypoxie und/oder Veränderung<br />

der Körperposition zu verstehen. Die Perfusion ist nicht gleichmäßig<br />

über die Lunge in den drei Abschnitten Lungenspitze (dorsal), mittlere<br />

Zone (medial) und oberer Lungenabschnitt (basal) verteilt. Die Durchblutung<br />

nimmt vom basal nach dorsal hin ab.<br />

6


Ventilation und Perfusion<br />

Die Ventilation der Lunge variiert in Abhängigkeit von der Schwerkraft,<br />

d.h. im Stehen werden die basalen, im Liegen die dorsalen Lungenareale<br />

belüftet. Ebenfalls der Schwerkraft folgend werden die abhängigen<br />

Lungenareale auch besser perfundiert. Als alveolärer Totraum werden<br />

die Bereiche bezeichnet, in denen die Alveolen zwar belüftet aber nicht<br />

durchblutet sind. Dabei bezeichnet der Shunt das venöse Blut, das ohne<br />

Oxygenierung ins arterielle System gelangt. Das heißt: In Lungengebieten,<br />

die gut durchblutet, aber schlecht belüftet sind, fließt das Blut durch die<br />

Lungenkapillaren, ohne das es ausreichend mit O2 aufgesättigt wurde. Folge<br />

eines solchen Ventilations-Perfusions-Missverhältnisses ist, das ein Teil des<br />

Blutes vom rechten Herzen durch die Lunge zum linken Herzen fließt, ohne<br />

das es ausreichend mit O2 aufgesättigt wurde. Dieses Phänomen wird als<br />

Rechts-Links-Shunt (physiologisch 3–5% des HZV) bezeichnet.<br />

Oxygenierungsindex (OI)<br />

Als Marker zur Oxygenierung dient bei beatmeten <strong>Patienten</strong> der OI. Dieser<br />

bestimmt die Fähigkeit der Lunge, das Blut mit Sauerstoff aufzusättigen. Der<br />

OI ergibt sich aus dem Quotienten des arteriellen Sauerstoffpartialdruckes<br />

(mmHg) und der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration.<br />

Normwert ≥ 450 – 500 mmHg<br />

Physiologische und pathophysiologische Grundlagen<br />

Das Ventilations-Perfusionsverhältnis ist der Quotient<br />

aus der alveolären Belüftung (V) und der Durchblutung<br />

des Lungengewebes (Q = HZV).<br />

V 4l/min<br />

= = 0,8<br />

Q 5l/min<br />

OI =<br />

PaO2(kPa) x 7,5<br />

FiO2<br />

7


Physiologische und pathophysiologische Grundlagen<br />

Bei Störungen des Gasaustausches, die in einer Verringerung der alveolären<br />

Ventilation und/oder Lungenperfusion begründet sind (z. B. Lungenödem,<br />

Dys-/Atelektasen, akutes Lungenversagen oder Lungenembolie), kann der<br />

OI Werte von < 150 mmHg annehmen.<br />

√ ALI OI< 300 mmHg<br />

√ ARDS OI< 200 mmHg<br />

√ Ein OI < 100mmHg ist auf Dauer mit dem Leben nicht vereinbar.<br />

Zur Einschätzung der pulmonalen Situation wird der OI zu jeder BGA berechnet.<br />

Dazu existiert auf unserer ITS diese standardisierte Vorgehensweise, wobei<br />

der zeitliche Aufwand zur Berechnung unerheblich ist.<br />

2.2 Pathophysiologie<br />

Da dieses Heft den Endpunkt auf die Auswahl der optimalen Lagerungsart für<br />

bestimmte beatmete <strong>Patienten</strong> legt, wird im folgenden Kapitel das Hauptaugenmerk<br />

auf pathophysiologische Mechanismen, die aufgrund der maschinellen<br />

Beatmung an sich und deren Folgeerscheinungen wie Immobilität,<br />

Umgehung des physiologischen Atemweges usw. entstehen, gelegt.<br />

Auch werden patientenspezifische Gegebenheiten diskutiert, die jenseits<br />

vorbestehender Lungenerkrankungen während der maschinellen Ventilation<br />

Probleme bereiten.<br />

8


Pathophysiologische<br />

Ebene<br />

<strong>Patienten</strong>spezifisch<br />

Körperposition<br />

Ventilations- und Distributionsstörungen<br />

Diffusionsstörungen<br />

Perfusionsstörungen<br />

Ursache Wirkung<br />

Alter Natürlicher Elastizitätsverlust der Lunge im Alter<br />

Konstitution<br />

Liegen<br />

Immobilität<br />

COPD<br />

Schock<br />

Massentransfusionen<br />

(1,5 facher Ersatz körpereigenen<br />

Blutvolumens<br />

innerhalb 24 Stunden)<br />

Lungenkontusion<br />

Aspiration<br />

Pneumonie<br />

Inhalationstrauma<br />

(thermisch/toxisch)<br />

Lungenembolie<br />

Physiologische und pathophysiologische Grundlagen<br />

Bei Adipositas Zwerchfellhochstand und<br />

verminderte Thoraxcompliance<br />

Zwerchfellhochstand<br />

Entdehnung der Lungen durch Schwerkrafteinfluss, vor<br />

allem im dorsalen Bereich<br />

lagebedingte Minderbelüftung einiger Lungenareale<br />

Sekretverhalt<br />

Krankheitsbedingt<br />

Fibriotische Veränderungen des Lungenparenchyms<br />

Exspiratorische Atemstrombehinderung<br />

(Resistance ↑)<br />

Entzündungsreaktion in Alveolen -<br />

Lungenödem (capillary leak syndrom)<br />

TRALI: Entwicklung eines Lungenödems durch<br />

Wanderung von Granulozyten in den interstitiellen<br />

Raum<br />

Interstitielles und intraalveoläres Ödem mit<br />

Mikroatelektasen<br />

Abnahme der FRC<br />

Erheblicher funktioneller Rechts-Links-Shunt ↑<br />

Hypoxie (OI ↓)<br />

Durch Säuregehalt des Mageninhalts abszedierende<br />

Pneumonien mit großen Atelektasen<br />

Entzündung der Alveolen mit<br />

Atelektasenbildung<br />

Schädigung der Bronchien, Bronchiolen und der<br />

Alveolen<br />

Toxisches Lungenödem<br />

(interstitiell und alveolär)<br />

Nekrosen und/oder Stauungspneumonie durch<br />

Gewebshypoxie des betroffenen Lungenareals<br />

9<br />

In Folge Entwicklung eines ALI/ARDS


Primär<br />

Sekundär<br />

Physiologische und pathophysiologische Grundlagen<br />

Beatmungsdauer<br />

Druck<br />

Volumen<br />

Beatmungsassoziiert<br />

10<br />

Schwächung der Atemmuskulatur, Sekretverhalt,<br />

Atelektasenbildung, Infiltrate, Minderbelüftung<br />

durch unphysiologische Druckverhältnisse,<br />

Mikroaspiration, nosokomiale Pneumonie<br />

Barotrauma: durch hohen Beatmungsdruck<br />

direkte Schädigung der Alveolen, Möglichkeit<br />

eines Einrisses der Lungenmembran →<br />

interstitielles Emphysem, Hautemphysem,<br />

Pneumothorax, bronchopleurale Fistel<br />

Volutrauma (Überblähung der Lungen durch<br />

zu großes Volumen) durch Scherkräfte zwischen<br />

Alveole und Kapillare → siehe auch Barotrauma<br />

Immobilität Minderbelüftung dorsaler Areale, Atelektasen<br />

Umgehung der physiologischen<br />

Luftwege<br />

Erhöhung des Totraumes<br />

Fehlende Atemgasklimatisierung<br />

Mikroaspiration<br />

Ausschalten der natürlichen Keimbarriere<br />

Die maschinelle Beatmung samt ihrer Folgeerscheinungen greift auf verschiedenen<br />

Ebenen in die physiologische Atmung ein, die die folgenden Grafiken<br />

nochmals verdeutlichen sollen:


3 Einfluss der maschinellen Ventilation<br />

3.1 Ventilation<br />

Druck und Volumen<br />

Aus der Sedierung des <strong>Patienten</strong> und dessen dadurch eingeschränkter Lagerungsfähigkeit<br />

aber auch aus der maschinellen Ventilation selbst resultieren<br />

veränderte Druck- und Volumenverhältnisse an der Lunge, die in der<br />

folgenden Grafik deutlich werden.<br />

Veränderung der<br />

Druckverhältnisse<br />

Einpressen der<br />

Atemluft durch Tubus<br />

Schädigung des<br />

Lungengewebes<br />

durch Überdehnung<br />

und Scherkräfte<br />

Einfluss der maschinellen Ventilation<br />

Veränderung der<br />

Körperposition<br />

vorwiegend in die<br />

Horizontale<br />

11<br />

Passive Atemarbeit<br />

durch die Maschine<br />

Immobilität Passive Zirkulation<br />

Verkleinerung der<br />

Atemfläche durch<br />

Lungenentdehnung<br />

Verschlechterte<br />

Belüftung der dorsalen<br />

Lungenabschnitte<br />

Entstehung von<br />

Atelektasen<br />

Rückbildung der<br />

Atemmuskulatur


Atemweg<br />

Auch durch die Umgehung des physiologischen Atemweges entstehen Probleme,<br />

die sich auf das bereits bestehende Krankheitsbild auswirken und die<br />

Entstehung von Komplikationen bedingen.<br />

Ausschaltung der<br />

oberen Luftwege für<br />

Erwärmung und<br />

Befeuchtung<br />

Verringerung oder<br />

Aufhebung der<br />

Zilienbeweglichkeit<br />

Verminderung der<br />

Sekretproduktion<br />

Erhöhte Viskosität des<br />

Bronchialsekrets<br />

Einfluss der maschinellen Ventilation<br />

Umgehung von Mund-<br />

Nasen-Rachen-Raum<br />

Sekretretention<br />

Ausschaltung des<br />

Hustenreflexes<br />

Atelektasenbildung<br />

12<br />

Aufhebung des physiologischen<br />

Glottisschlusses<br />

Ausschaltung des<br />

Schluckreflexes<br />

Ausschaltung<br />

der natürlichen<br />

Keimbarriere<br />

Translokation von Bakterien,<br />

Mikroaspiration (Cuff,<br />

Magensonde)<br />

Pneumonie


3.2 Diffusion<br />

Durch die veränderten Druck- und Volumenverhältnisse während der maschinellen<br />

Ventilation wird auch die Diffusion beeinträchtigt. Es kommt zur<br />

3.3 Perfusion<br />

Einfluss der maschinellen Ventilation<br />

Inaktivierung von Surfactant<br />

Kollabierung von Alveolen<br />

Bildung von Atelektasen<br />

Zunahme des Rechts-Links-Shunts<br />

Der pulmonale Gasaustausch ist nicht nur durch Ventilation und Diffusion,<br />

sondern auch durch die Perfusion der Lunge bestimmt.<br />

<strong>Patienten</strong>lage Unphysiologische thorakale<br />

Druckverhältnisse<br />

Unterschiedliche Compliance der Lungenareale →<br />

schlechtere Ventilation in gestörten Bereichen<br />

Bildung eines Rechts-Links-Shunts<br />

Kompensatorische hypoxische pulmonale Vasokonstriktion<br />

Erhöhung des alveolären Totraumes<br />

Verschlechterung des Ventilations-Perfusions-<br />

Verhältnisses = verminderter OI<br />

13


4 Lagerung des beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

4.1 Lagerungsarten und Richtlinien zur speziellen Anwendung<br />

In der Anwendung werden prophylaktische und therapeutische Lagerungstechniken unterschieden, die je nach klinischem Bild sowie<br />

Krankheitsschwere strukturiert umgesetzt werden.<br />

Lagerung des beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

Prophylaktisch Therapeutisch<br />

Bauchlagerung<br />

KLRT KLRT 130°Lagerung<br />

30 – 45° Oberkörper-Hochlagerung<br />

Seitenlagerung<br />

Lagerungsarten<br />

Hoher personaler Aufwand<br />

Häufige Komplikationen<br />

(Gesichtsödeme, Dekubiti im<br />

Gesichts-, Becken-, Kniebereich,<br />

Beatmungsprobleme durch<br />

Husten und Pressen, Katheterund<br />

Tubusdislokationen)<br />

Ungünstiger Zugang zum<br />

<strong>Patienten</strong><br />

Bei Respondern schnelle Besserung<br />

des OI<br />

Geringer personaler Aufwand<br />

Vermeintlich teuer (lediglich Kosten für<br />

das Bett betrachtet)<br />

für <strong>Patienten</strong> schonender im Vergleich<br />

zur manuellen Lagerung<br />

Einfach,<br />

geringer personaler<br />

Aufwand<br />

Einfach,<br />

geringer<br />

personaler<br />

Aufwand<br />

Vor- und<br />

Nachteile des<br />

Handlings<br />

14<br />

• Verbesserung des pulmonalen<br />

Gasaustausches<br />

• Minimierung des Lungenschadens<br />

• Eröffnung dorsobasaler<br />

Minderbelüftungen und<br />

Atelektasen<br />

• Sekretmobilisation<br />

• Zunahme des alveolären<br />

Rekruitments – Zunahme<br />

der FRC – Abnahme des<br />

intrapulmonalen Rechts-Links-<br />

Shunts – Verbesserung der<br />

Oxygenierung<br />

• Verbesserung<br />

der pulmonalen<br />

Situation<br />

• Sekretmobilisation<br />

• Reduktion des<br />

EVLW<br />

• Reduktion der<br />

Ventilations-<br />

Perfusions-Missverhältnisse<br />

• Auflösung von<br />

Atelektasen<br />

• Vermeidung<br />

pulmonaler<br />

Komplikationen<br />

(Sekretstau,<br />

Atelektasen,<br />

Pneumonie)<br />

• im Vergleich zur<br />

intermittierenden<br />

2-stündlichen Seitenumlagerung<br />

höhere Sekretmobilisation<br />

Gravitationsbedingt:<br />

• Vermeidung von<br />

gastro-ösophagealem<br />

Reflux<br />

und pulmonaler<br />

Aspiration<br />

• Senkung des ICP<br />

• Verbesserung<br />

des pulmonalen<br />

Gasaustausches<br />

(Änderung der<br />

Zwerchfellposition)<br />

• Dekubitusprophylaxe<br />

• Verhinderung<br />

pulmonaler<br />

Komplikationen<br />

• Verbesserung<br />

der Oxygenierung<br />

bei intermittierender,<br />

2-stündlicher<br />

Seitenumlagerung<br />

Ziele und<br />

Wirkungen


Prophylaktisch Therapeutisch<br />

Bauchlagerung<br />

KLRT KLRT 130°Lagerung<br />

30 – 45° Oberkörper-Hochlagerung<br />

Seitenlagerung<br />

Lagerungsarten<br />

Positive Effekte auf Oxygenierung und<br />

Pneumonieinzidenz bei Drehwinkel >40°<br />

Reduktion der Behandlungszeiten<br />

(Beatmung, KH- und ITS-Aufenthalt)<br />

solange es nicht wieder zu einer<br />

Verschlechterung es Gasaustausches<br />

kommt, jedoch nicht<br />

länger als 12 h<br />

Bauchlagerung mit speziellem<br />

Zubehör für TriaDyne II und<br />

TriaDyne Proventa-Betten werden<br />

unter Punkt 5.3 erläutert<br />

Kontinuierliche Drehung des <strong>Patienten</strong><br />

um seine Längsachse in motorbetriebenem<br />

Bett<br />

Positive Effekte auf Oxygenierung und<br />

Pneumonieinzidenz bei Drehwinkel >40°<br />

Klassische<br />

Sitzposition oder<br />

Anti-Trendelenburglagerung<br />

Oberkörper mindestens<br />

30° höher<br />

als Körperstamm<br />

Technik Eine Körperhälfte<br />

wird<br />

bis zu einem<br />

Winkel von 90°<br />

angehoben.<br />

Zeitliche Intervalle<br />

beachten!<br />

Lagerung des beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

15<br />

SHT mit Hirndruckproblematik<br />

Instabile Wirbelsäule, instabile<br />

Hämodynamik<br />

Offenes Sternum, offenes<br />

Abdomen<br />

Instabile Wirbelsäule, zervikale<br />

Extensionen<br />

Akutes Schocksyndrom (relative KI)<br />

Ausnahme RotoRest KLRT bei <strong>Patienten</strong><br />

mit Halo-Fixateur oder Halo-Body Jacket<br />

möglich<br />

Instabile<br />

Wirbelsäule<br />

Kontraindikationen<br />

Max. <strong>Patienten</strong>gewicht:<br />

TriaDyne II > 136 kg<br />

TriaDyne<br />

Proventa > 159 kg (inkl.Zubehör)<br />

RotoRest > 150 kg (inkl. Zubehör)


48 h stabil<br />

In<br />

Kombinat<br />

Bauchlagerung<br />

ion<br />

Lagerung des beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

300 -<br />


ungstherapie<br />

PaO2 / FiO2 < 100 ALI /ARDS PaO2 / FiO > 2 – 100<br />

llschaft<br />

NEIN<br />

Kontraindikation<br />

Bauchlage<br />

JA<br />

� Instabile Wirbelsäule<br />

� Schweres Gesichtstrauma<br />

JA<br />

� Akute zerebrale Läsion<br />

� Akutes Schocksyndrom<br />

� Offenes Abdomen<br />

� Bedrohliche Herzrhythmusstörungen<br />

180°<br />

Bauchlage*<br />

12 h<br />

JA NEIN<br />

ICP erhöht<br />

Entscheidungsbaum<br />

KLRT*<br />

24 h<br />

KLRT*<br />

24 h<br />

40–62°<br />

40–62°<br />

62° 62°<br />

100<br />

JA<br />

JA<br />

Komplikationen<br />

PaO2 PaO2 < 100 ><br />

FiO NEIN<br />

–<br />

2<br />

FiO2 Lagerung des beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

Gasaustausch<br />

verbessert<br />

JA<br />

Rückenlage*<br />

max. 6 h<br />

JA<br />

Gasaustausch<br />

verbessert<br />

17<br />

30–45°<br />

NEIN<br />

NEIN<br />

KLRT*<br />

24 h<br />

JA<br />

Gasaustausch<br />

verbessert<br />

KLRT*<br />

24 h<br />

40–62°<br />

40–62°<br />

62° 62°<br />

NEIN<br />

Gasaustausch<br />

verbessert<br />

JA 180°<br />

JA<br />

Bauchlage*<br />

12 h<br />

Gasaustausch<br />

verbessert<br />

Wiederholung<br />

bis Gasaustausch<br />

stabil<br />

NEIN<br />

NEIN<br />

NEIN<br />

40–62°<br />

KLRT*<br />

24 h<br />

Rückenlage*<br />

max. 6 h<br />

Gasaustausch<br />

stabil?<br />

30–45°<br />

KLRT*<br />

24 h<br />

40–62°<br />

62° 62°<br />

Wiederholung<br />

bis Gasaustausch<br />

stabil<br />

NEIN<br />

30–45°<br />

Oberkörperhochlage<br />

JA<br />

Wiederholung<br />

bis Gasaustausch<br />

stabil<br />

Gasaustausch<br />

stabil?<br />

JA<br />

Gasaustausch<br />

stabil? JA<br />

NEIN<br />

30–45°


Lagerung des beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

Die konventionelle Wechsellagerung <strong>beatmeter</strong> <strong>Patienten</strong> beinhaltet<br />

dabei folgende Schwerpunkte:<br />

• Regelmäßige Umlagerung – 1 bis 2 stündlich, bei Bedarf auch in kürzeren<br />

Abständen.<br />

Regelung der Blutumverteilung im Lungenkreislauf<br />

Herabsetzung von Haut- und Muskelspannungen<br />

• Mikrolagerung in kurzen Zeitintervallen bei immobilen <strong>Patienten</strong><br />

vornehmen<br />

• Realisieren der Lagewechsel bei immobilen <strong>Patienten</strong> immer mit 2<br />

Pflegekräften zur:<br />

• <strong>Patienten</strong>sicherheit<br />

• Entlastung der Durchführenden<br />

• Vermeidung von Reibe- und Scherkräften<br />

• Ellenbogen-, Fersen- und Knöchelfreilage (Gelenke weich unterpolstern)<br />

• Hochlagerung der Extremitäten (mittels geeigneter Lagerungshilfen) zur:<br />

• Verbesserung des venösen Rückstroms zum Herzen<br />

• Vermeidung/Reduktion von Ödemen (Lymphdrainage)<br />

• Cave: arterielle Verschlusskrankheit<br />

• Wechsellagerung unter Berücksichtigung kinästhetischer Prinzipien:<br />

• Drehen im Schulter- und Beckenbereich (Körpermassen)<br />

• Zug an Arm und Bein vermeiden (Cave: Luxationsgefahr)<br />

• Vermeidung von Missempfinden und Schmerzen des <strong>Patienten</strong><br />

• Grundsätzlich bei beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

30-45° Oberkörperhochlagerung<br />

• Optimierung der basalen Lungenbelüftung<br />

• Inspiration ist in flacher Rückenlagerung<br />

erschwert (Druck der Bauchblase auf das<br />

Diaphragma)<br />

• Minimierung von Mikroaspiration und<br />

nachgewiesene Senkung von beatmungsassoziierten Pneumonien<br />

• Verbesserung des Sekretabflusses<br />

• Reduktion der Stauung<br />

• Hochlagerung des Skrotum zur Verhinderung einer Orchitis<br />

• Haut-Auf-Haut-Lagerung vermeiden Cave: Mazerationen der Haut durch<br />

Bildung feuchter Kammern<br />

• Sicherstellen von Zugentlastung und Freiliegen aller Zu- und Ableitungen<br />

18


• Engmaschige Überwachung sämtlicher Vitalparameter, Thorax-<br />

bewegung, Hautfarbe, Mimik und Gestik und evtl. auftretender<br />

Schmerzreize<br />

• <strong>Patienten</strong> ab hohem Dekubitusrisiko zur Prophylaxe und/oder<br />

Behandlung von bestehenden Druckulcera auf Luftstrom-Therapie-<br />

systeme lagern<br />

In Rückenlage:<br />

Lagerung des beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

• Unterarme auf Herzniveau anbeugen, Arme beiderseits mit Kissen unter-<br />

lagern, um die Dehnung der Rippen zu unterstützen, überhöhte Lage-<br />

rung der Arme über Herzniveau bei Handrücken- u. Unterarmödemen<br />

• Hinterhaupt weich abpolstern (Cave: große Druckstellengefahr)<br />

• Kontrakturprophylaxe der Hände (Handgelenke leicht überstrecken, mit<br />

dem Handrücken nach oben; in die Hände eine gut gepolsterte weiche<br />

Rolle legen)<br />

• Leichte Beugung der Kniegelenke → Schonung des Tibiakopfes<br />

• Kontrakturprophylaxe der Füße (auf physiologische Fußstellung achten)<br />

sowie Weichlagerung der Fußsohlen und Fersen-Freilagerung<br />

• <strong>Patienten</strong> mindestens zwei- bis dreimal am Tag in die sitzende Position<br />

(Herzbettposition) befördern zur:<br />

• Drainierung der oberen Lunge<br />

• Druckminimierung der Eingeweide auf das Diaphragma<br />

• Veränderung des Blickfeldes und Verbesserung der<br />

Umgebungswahrnehmung.<br />

19


Lagerung des beatmeten <strong>Patienten</strong><br />

Da die Techniken der konventionellen Wechsellagerung hinreichend bekannt<br />

sind, möchten wir lediglich auf die Besonderheiten der KT auf der Basis<br />

unserer entwickelten Pflegestandards eingehen. Dass Antidekubitus-Matratzensysteme<br />

bei beatmeten <strong>Patienten</strong> zur Prophylaxe frühzeitig in Einsatz<br />

kommen sollten, versteht sich von selbst.<br />

Zur KT stehen von verschiedenen Firmen spezielle Bettensysteme zur Verfügung.<br />

In diesem Heft werden lediglich die Bettensysteme der Firma Arjo-<br />

Huntleigh GmbH vorgestellt, da diese ausschließlich in unserem Haus zum<br />

Einsatz gelangen.<br />

20


5 Praxis der KLRT<br />

5.1 Technische Ausstattung<br />

RotoRest<br />

TriaDyne Proventa<br />

0-62°<br />

0-45°<br />

Drehwinkel<br />

Einzelne Zugangsöffnungen, über die der<br />

Patient dorsal mit Pflegemaßnahmen<br />

versorgt werden kann<br />

Perkussionstherapie (Sekretmobilisation)<br />

Pulsation (verbesserte Durchblutung, Förderung<br />

des Lymphflusses)<br />

GoreTex Bezug (Verhinderung von Hautmazerationen<br />

durch hohe Wasserdampfdurchlässigkeit und<br />

kontinuierlichen Luftstrom; antibakterielle Barriere)<br />

Bauchlagerungskit<br />

Spezielle Funktionen<br />

Maximales <strong>Patienten</strong>gewicht: 150 kg<br />

Einsatz für polytraumatisierte <strong>Patienten</strong> geeignet,<br />

da stabile Matratzenauflage (Schaumstoff)<br />

→ Nachteil: ↑ Dekubitusgefahr<br />

Maximales <strong>Patienten</strong>gewicht: 159 kg<br />

Wirbelsäulengesunde <strong>Patienten</strong> (keine<br />

polytraumatisierten <strong>Patienten</strong>)<br />

<strong>Patienten</strong>anforderungen<br />

21<br />

5.2 Positionierung des <strong>Patienten</strong><br />

Praxis der KLRT<br />

RotoRest<br />

TriaDyne Proventa<br />

Schaumstoff<br />

Low Air Loss Therapie (niedriger Auflagedruck;<br />

ermöglicht Einsinken in Matratze, passt sich Auflagestellen<br />

an)<br />

Auflagefläche<br />

Arm-, Bein- und Kopfpolster zur rutschfesten<br />

Lagerung<br />

Zusatzpolster


Praxis des KLRT<br />

5.3 Spezielle Maßnahmen während der KLRT im<br />

TriaDyne II und TriaDyne Proventa<br />

5.3.1 Perkussionstherapie zur Sekretmobilisierung<br />

Ziel ist es, durch rhythmische Klopfmassage während der In- und Exspirationsphase<br />

Sekret zu lösen. Durch Ausnutzen der Gravitation unter KLRT wird<br />

das Sekret in die Stammbronchien und in die Trachea transportiert und<br />

kann dort effektiv abgesaugt werden.<br />

Die Perkussionstherapie wird nach Bedarf durchgeführt, nach Möglichkeit<br />

mehrmals pro Schicht.<br />

Indikationen Kontraindikationen<br />

Sekretmobilisierung bei<br />

• Pneumonie (-gefahr)<br />

• ALI<br />

• ARDS<br />

relative<br />

• instabiler Thorax<br />

• frische Hauttransplantate<br />

Zähes Bronchialsekret Flüssiges Bronchialsekret<br />

langsame Perkussion<br />

Einstellungen:<br />

Frequenz: 4-6 Impulse/s<br />

Intensität: Maximal<br />

Dauer: 5-10min<br />

Lockerung des<br />

Sekretes<br />

Hochtransport des<br />

Sekretes<br />

Lagerung:<br />

- Flach- oder nur geringe OK↑-Lagerung<br />

- leichte Trendelenburg-Lagerung unterstützt Sekretabfluss<br />

- Rotation muss nicht unterbrochen werden<br />

- Seitenlagerung: betroffene Seite oben lagern<br />

Absaugen des mobilisierten<br />

Bronchialsekretes<br />

22<br />

absolute<br />

• Herzrhythmusstörungen<br />

• instabile Hämodynamik<br />

• Multiple Rippenfrakturen<br />

• Persistierende intrakraniale Hypertonie<br />

• Bronchospasmus<br />

• Postoperativ nach herzchirurgischen<br />

Eingriffen<br />

schnelle Perkussion<br />

Einstellungen:<br />

Frequenz: 14-16<br />

Impulse/s<br />

Intensität: Maximal<br />

Dauer: 5-10min<br />

Bei flüssigem Sekret<br />

kann auf die<br />

langsame Perkussion<br />

verzichtet werden.


5.3.2 Pulsation zur Förderung des venösen Abflusses<br />

Die Intensität und Zyklusdauer der Pulsationstherapie dem Einzelfall entsprechend<br />

anpassen.<br />

Wirkungen:<br />

1. Haut:<br />

• Dekubitusprophylaxe<br />

• Vestibuläre basale Stimulation<br />

• Förderung des Lymphabflusses<br />

2. Thromboseprophylaxe:<br />

• Verbesserung des venösen Rückflusses<br />

5.3.3 Anwendung des Bauchlagerungskits gemäß dem stations-<br />

internen Standard zur Bauchlagerung<br />

Für die Therapiesysteme TriaDyne II und TriaDyne Proventa steht ein spezielles<br />

BL-Kit zur Verfügung. Das Kit besteht aus:<br />

23<br />

Praxis der KLRT<br />

• Lagerungsring für optimale Positionierung des Kopfes<br />

• 2 Low-Air-Loss Kissen zur Unterstützung von Thorax und Hüfte<br />

• Lagerungslaken<br />

• Schlauchset für Thorax- und Beckenkissen<br />

Bei adipösen <strong>Patienten</strong> kann der<br />

Kissendruck verstärkt werden,<br />

um eine Freilagerung des<br />

Abdomen zu realisieren.


Praxis des KLRT<br />

Algorithmus:<br />

2) Vorbereitung der Bauchlage<br />

• Körper-, Haut- und Augenpflege in Rückenlage durchführen<br />

• Geschlossenes Absaugsystem erforderlich, um PEEP-, FiO2- und<br />

Tidalvolumenverlust zu vermeiden<br />

• tiefe Sedierung<br />

• EKG-Monitoring vom Thorax entfernen<br />

3) Durchführung<br />

• FiO2 auf 1,0 stellen<br />

• Patient auf eine Seite des Bettes positionieren und Thorax- und<br />

Beckenpolster anbringen<br />

• Kopfteil entlüften<br />

• Patient umdrehen, Oberkörper und Becken auf Polster weich<br />

lagern<br />

• Gesicht des Patient zeigt nach unten und wird in eine spezielle<br />

Kopfhalterung implementiert (u-geformtes Gelkissen)<br />

• weiche, achsengerechte und gerade Kopflagerung vornehmen –<br />

Cave: ICP<br />

Stirn- und Wangenbereich liegen auf dem Kopfpolster<br />

Augenpartie liegt frei<br />

Cave: in Kopfseitenlage kann es zu einem gestörtem Lymphabfluss<br />

(Ödem), schlechtere Perfusion bei Stenosierungen der a.<br />

carotis kommen<br />

4) Kontrolle<br />

• Sicherstellen von Zugentlastung und Freiliegen aller Zu- und<br />

Ableitungen<br />

• EKG-Überwachung spiegelverkehrt aufkleben (Rücken)<br />

• Beine im Unterschenkelbereich leicht angewinkelt, Zehen frei<br />

lagern<br />

• Arme nicht über Thoraxniveau<br />

• Auskultation auf seitengleiche Belüftung<br />

• Cuff-Kontrolle p-peak-angepasst<br />

• BGA-Kontrolle<br />

• Vitalfunktionen<br />

24


5) Grundsätzliche Richtlinien<br />

• BL erst ab einem OI < 100 indiziert – ein frühzeitiger Einsatz der<br />

KT mittels KLRT ist der BL vorzuziehen<br />

• Im HZD wird die BL prinzipiell im Spezialbett in Kombination<br />

mit KLRT in Rückenlage durchgeführt. Dabei ist während der<br />

Bauchlage eine KLRT kontraindiziert.<br />

• Die Dauer der Bauchlage erfolgt, solange ein Rekruitment<br />

stattfindet, jedoch nicht länger als 12 Stunden.<br />

5.4 Überwachung während der KLRT<br />

Vitalparameter<br />

Kontinuierliche Überwachung der hämodynamischen Parameter (art. Blutdruck,<br />

HF, SaO2 ), da sich die Parameter während der KLRT schnell verändern<br />

können.<br />

In Linksseitenlage beobachten wir oft Blutdruck-Schwankungen vermutlich<br />

wegen fehlender Vorlast.<br />

Optimaler Kissenfülldruck<br />

Nach Implementierung des <strong>Patienten</strong> ins TriaDyne II und TriaDyne Proventa<br />

ist Größe und Gewicht des <strong>Patienten</strong> einzugeben, um optimalen Kissenfülldruck<br />

zu erreichen. Eventuell muss eine manuelle Anpassung der Kissenfülldrücke<br />

zum Beispiel bei unproportionierten Pat. erfolgen. Tägliches<br />

Wiegen des <strong>Patienten</strong> ist Voraussetzung.<br />

Lage des <strong>Patienten</strong><br />

Kopf auf dem Kopfstützkissen und Schultern oben zwischen dem zweiten<br />

und dem dritten Kissen positionieren. Eventuell sind zusätzliche seitliche<br />

Polster mittels weicher Handtuchrollen im Kopfbereich nötig, um ein sichere<br />

Kopfposition während der Rotation zu gewährleisten. Bitte beachten, dass<br />

die KLRT bei einer Oberkörperhochlage von mehr als 35° nicht möglich ist.<br />

Arme in den Armstützen positionieren und dabei einen Abstand von 2,5 cm<br />

zur Achsel einhalten, um einen Druck auf Blutgefäße und Armplexus zu vermeiden.<br />

Bei Ödembildung ist eine Hochlagerung der Arme über Körperniveau<br />

indiziert.<br />

Beinstützen in Kniehöhe anbringen.<br />

25<br />

Praxis der KLRT


Praxis des KLRT<br />

Zu- und Ableitungen<br />

Die Befestigung des Beatmungssystem niemals am vormontierten Arm<br />

vornehmen – Extubationsgefahr in CPR-Position, sondern mittels Klettverschlüssen<br />

an den Kopfpolstern.<br />

Sämtliche Zugänge wie ZVK, Pulmonaliskatheter, HSM-Sonden, Ernährungssonden<br />

etc. müssen mittels Klettverschlüssen an den Kopfpolstern zugentlastend<br />

gesichert werden Leitungen ggf. verlängern.<br />

BVK, Drainagen, IAB-Katheter zugentlastend fixieren, um Dislokationen zu<br />

vermeiden. EKG-Überwachung, SaO2-Kabel zugentlastend und sicher am<br />

Armpolster befestigen.<br />

Kriterien zur Reduktion oder Pausierung der Therapieoptionen<br />

Hämodynamische Instabilitäten, die nur in der KLRT beobachtet werden<br />

√ Reduktion des Rotationswinkels bis zur Toleranz CAVE: stdl. Überprüfung<br />

auf Veränderungen zur Stabilität<br />

√ und 2 stdl. Versuch der Handlungs-/Spektrumserweiterung bis auf das<br />

maximale Maß (45° Drehung)<br />

Stopp bei: rezidivierenden, rhythmogenen, vital bedrohten Ereignissen<br />

< 12 h unter KLRT/Perkussion<br />

Perkussionsstopp bei pulmonaler Blutung und/oder für 12h nach Lyse<br />

Therapiestopp für sämtliche operative Eingriffe für 12–24h – nach ärztl. RS<br />

Therapiestart von KLRT/Perkussion<br />

Probleme, Komplikationen und Fehlermanagement<br />

Extubationsgefahr → ungenügende Fixierung des Schlauchsystems/<br />

Tubus<br />

→ zu wacher/unruhiger Patient<br />

Katheterdislokation/ → ungenügende bzw. nicht zugentlastende<br />

abgeknickte Lumina Fixierung der Zu- und Ableitungen<br />

→ Wirkungsverlust der Medikamente durch<br />

abgeknickte oder dislozierte Leitungen<br />

Dekubitalulcera → falscher Kissenfülldruck, falsche Gewichtsangabe<br />

→ feuchte Kammern durch Verwendung falscher<br />

Pflegemittel<br />

Grundsätzlich sind keine Öle zur Hautpflege auf Gore® Medical Fabric Bezug bei Luftstrom-Therapie-Matratzen<br />

zu verwenden, da diese die Poren verschließen. Hautlotion kann angewendet<br />

werden. Auch Hospitex-Laken oder luftundurchlässige Unterlagen sind zu vermeiden, um den<br />

kontinuierlichen Luftstrom zu realisieren und feuchte Kammern zu meiden.<br />

26


5.5 Pflegestandards<br />

Im HZD wurden aus der Praxis Standards zur Lagerungs- und Beatmungstherapie<br />

entwickelt, die eine sichere, qualitätsgerechte Pflege gewährleisten<br />

sollen.<br />

• „Lagerung des Intensivpatienten“<br />

• „Bestimmung des Oxygenierungsindex“<br />

• „Endotracheale Absaugung“<br />

• „Anwendungsrichtlinien zur KLRT“<br />

• „Perkussionsrichtlinien“<br />

• „Bauchlagerung“<br />

5.6 Anwendungsrichtlinien der KLRT bei <strong>Patienten</strong> im<br />

Weaning:<br />

• Grundsätzlich ist der Patient von allen durchzuführenden Maßnahmen<br />

in Kenntnis zu setzen und basale Stimulation anzuwenden.<br />

• Häufige Präsenz bei <strong>Patienten</strong> im Weaning unter guter Zusprache<br />

und Beruhigung und fortlaufender Erläuterung aller Maßnahmen<br />

Zeitnahe wiederholte Überprüfung und Hinterfragung der eingestellten<br />

Optionen und eventuelle optimale Therapieausschöpfung<br />

Patient wach und toleriert KLRT Patient unruhig / inadäquat<br />

Weiterführen der KLRT nach Klinik Pausenzeiten verlängern<br />

Rotationswinkel der <strong>Patienten</strong>toleranz<br />

anpassen<br />

Nach Sekretverhalten ist die Perkussion häufig auszunutzen<br />

vor<br />

KLRT<br />

27<br />

Praxis der KLRT<br />

nach<br />

KLRT


Praxis des KLRT<br />

5.7 Beendigungskriterien der KLRT<br />

Optimierte pulmonale Verhältnisse<br />

• FiO2 Bedarf < 30%<br />

• stabiler OI > 350 mmHg über 24 h<br />

• PEEP < 8 mmHg<br />

• deeskaliertes Beatmungsregime<br />

• keine Infiltrate in der Röntgenaufnahme<br />

• keine auffälligen mikrobiologischen Befunde in BAL oder TS<br />

• nach Extubation<br />

• wache <strong>Patienten</strong>, die die KLRT nicht tolerieren und von der Perkussion<br />

nicht mehr profitieren<br />

• Non-Responder nach mehrtägiger erfolgloser KLRT ohne Besserung der<br />

klinischen Parameter in Übereinstimmung zum Prozedere und Outcome<br />

Die tägliche Anwendung der Einsatz- und Beendigungskriterien ist für die<br />

KLRT bei der Visite von der zuständigen Pflegekraft und den behandelnden<br />

Arzt vorzunehmen.<br />

28


6 Eigene Daten – 1. retrospektive Analyse und 2. zur<br />

prospektive Studie<br />

6.1 Retrospektive Analyse<br />

Hintergrund: Verlängerte Immobilisation und maschinelle Beatmung sind<br />

Risikofaktoren für die Entwicklung von Pneumonien und Dekubitalulzerationen<br />

bei kritisch kranken <strong>Patienten</strong> mit kardiogenem Schock. Das Auftreten<br />

von Pneumonien verlängert die Beatmungszeit und damit die Krankenhausverweildauer.<br />

Der Stellenwert der kinetischen Therapie (KT) zur Verhinderung<br />

dieser Komplikationen bei kardiogenem Schock war ungeklärt. Ziel der<br />

Untersuchung war ein Vergleich der KT mit herkömmlicher Lagerung (KO).<br />

Methode: Von 08/01 bis 06/04 wurden 133 <strong>Patienten</strong> im kardiogenem<br />

Schock unter mechanischer Beatmung mit einem Oxygenierungsindex (OI)<br />

48h eingeschlossen. 68 Pat wurden in KT und<br />

65 in KO erfasst. Untersucht wurde das Auftreten von Dekubitalulzerationen,<br />

die nosokomiale Pneumonierate, die Beatmungszeit sowie der Intensiv- und<br />

Klinikaufenthalt<br />

Resultate: Die kinetische Therapie mit dem TriaDyne II Bett führt zu einer<br />

12fachen Erhöhung der Lagerungen des <strong>Patienten</strong>.<br />

Die Inzidenzrate der Pneumonien in der KT wurde um 60% signifikant gesenkt.<br />

Vergleichsweise stark wurden die Dekubialulcera in der KT um die Hälfte<br />

gesenkt. Zusätzlich, zu diesen Ergebnissen, wurde die Erkrankungsrate an<br />

beatmungspflichtigen Pneumonien auf der gesamten Intensivstation evaluiert.<br />

Sie basiert hauptsächlich auf mikrobiologischen Funden. Der Gebrauch<br />

des KT-Standards, der für die Studie entworfen wurde, welches alle <strong>Patienten</strong><br />

mit kardiogenem Schock auch nach der Studie bekommen hatten, führte zu<br />

einer gesamten Reduktion der beatmungsabhängigen Pneumonien um 40%.<br />

Von 12,5 Fällen pro 1000 Tage Beatmungstherapie im Jahr 2001 und 2002 auf<br />

7,5 Fälle in den ersten 2 Monaten von 2004, trotz der konstanten Anzahl von<br />

19–20 Tagen Beatmungszeit pro 100 <strong>Patienten</strong>tagen. Beatmungen konnten<br />

in der KT um 4,5 Tage reduziert werden. In dieser Konsequenz waren in der<br />

KT die Intensivaufenthalte um 7 Tage minimiert und die Krankenhausverweildauern<br />

wurden um 7,5 Tage gesenkt.<br />

29<br />

Eigene Dateien


KOSTEN<br />

Eigene Dateien<br />

Kinetische Therapie wurde im Mittel appliziert: 8,5 Tage<br />

Preis des Therapiesystems: ca. 110 €/Tag<br />

Somit zusätzliche Kosten zur üblichen Therapie: = ca. 1000 €/Patient<br />

Hiermit wurde der Aufenthalt auf<br />

Intensivstation verkürzt um – 7 Tage<br />

Die KT beeinflusste nicht die Mortalitätsrate. Die insgesamt hohe Mortalität<br />

unterstreicht die Schwere der Erkrankung. Im Ein-Jahres-Überleben konnte<br />

keine signifikant bessere Überlebensrate beobachtet werden<br />

6.2 Prosepktive Studie zur KT<br />

Hintergrund: Die Ursachen für die Entwicklung von Pneumonien und Dekubitalulcerationen<br />

bei kritisch kranken <strong>Patienten</strong> (Pat) mit kardiogenem<br />

Schock (KS) sind hinreichend bekannt. Bei Traumapatienten konnte durch<br />

die Nutzung der kinetischen Therapie (KT), definiert als kontinuierliche laterale<br />

Rotation der <strong>Patienten</strong> mittels spezifischer Lagerungsbetten, eine signifikante<br />

Reduktion dieser Komplikationen erzielt werden. Der Stellenwert<br />

der KT zur Verhinderung von Dekubitalulcera und Pneumonien bei internistischen<br />

<strong>Patienten</strong> wird kontrovers diskutiert. Bei <strong>Patienten</strong> mit KS wiesen retrospektive<br />

Daten auf positive Effekte der KT hin. Ziel einer unserer aktuellen<br />

monozentrischen Studie war, den Einfluss der KT auf das Auftreten von Pneumonien,<br />

Dekubitalulcera und das Überleben von <strong>Patienten</strong> mit KS prospektiv<br />

und randomisiert zu untersuchen.<br />

30


Methode: Von 12/07 bis 02/09 wurden konsekutive <strong>Patienten</strong> mit KS unter<br />

maschineller Beatmung mit einem Oxygenierungsindex (OI; Pa02/FiO2)24h nach Beginn der Beatmung eingeschlossen. Die <strong>Patienten</strong><br />

wurden randomisiert in KT und Standardtherapie (KO). KT erfolgte mit einer<br />

kontinuierlichen axialen Rotation von 45° und 2–4-stündlicher Perkussionstherapie<br />

für 10–20 Minuten zur Sekretolyse (TriaDyne/Proventa Bett,<br />

ArjoHuntleigh, USA). KO erfolgte mit manueller Lagerung möglichst alle 2–4<br />

Stunden. Untersucht wurden das Auftreten von Dekubitalulcerationen, die<br />

nosokomiale Pneumonierate, die Dauer der Beatmungszeit, der Intensiv- und<br />

Klinikaufenthalt sowie die Mortalitätsrate. Die prospektive Fallzahlschätzung<br />

ergab die Notwendigkeit, 89 <strong>Patienten</strong> in die Studie einzuschließen. Die Studie<br />

wurde von der Ethikkommission der TU <strong>Dresden</strong> genehmigt.<br />

Fazit: Das Ein-Jahres-Überleben war mit 61% in KT signifikant höher als in<br />

der Standardgruppe 40%. Dieses Ergebnis zeigte sich vergleichbar nach Ausschluss<br />

der vor Studieneinschluss reanimierten <strong>Patienten</strong> aus der Analyse.<br />

Der strukturierte, frühzeitige Einsatz von KT bei <strong>Patienten</strong> mit KS reduziert<br />

das Auftreten von beatmungsassoziierten Pneumonien und von Dekubitalulcera.<br />

In dieser Analyse zeigte sich weiterhin ein verbessertes Ein-Jahres-<br />

Überleben bei den mit KT behandelten <strong>Patienten</strong>. Der Einsatz der KT sollte<br />

daher bei <strong>Patienten</strong> mit KS und voraussichtlich längerer Notwendigkeit der<br />

respiratorischen Unterstützung erwogen werden.<br />

31<br />

Eigene Dateien


7 Glossar<br />

Abszedierend – einschmelzend, einen Abszess bildend<br />

Atelektasen – flüssigkeitsgefüllte Alveolen,<br />

basal – oben<br />

Compliance – Dehnbarkeit der Lunge<br />

Capillary-Leak-Syndrom – erhöhte Durchlässigkeit der<br />

Kapillargefäße<br />

Dorsal – unten, zum Rücken gehörig<br />

Hypoxie – O2Mangelversorgung<br />

Inzidenz – Entstehung<br />

Low-Airloss-Therapie – Weichlagerung mit Luftstromtherapie<br />

Nosokomial – im KH (> 48h) enstanden<br />

p-peak – inspiratorischer Spitzendruck<br />

Rekruitment – verstärkte Durchblutung von vorher<br />

gering durchbluteten Kapillaren<br />

Resistance – Widerstand in den Atemwegen, der<br />

während der In- und Exspiration<br />

überwunden werden muss<br />

Nonresponder – auf die Therapie nicht ansprechend<br />

Vestibuläre basale Stimulation – basale Stimulation von Hohlräumen<br />

Weaning – Entwöhnung<br />

32


8 Abkürzungen<br />

ALI – acute lung injury (akute Lungenentzündung)<br />

ARDS – acute respiratory distress syndrome (akutes Lugenversagen)<br />

art. – arteriell<br />

BAL – bronchial-alveoläre Lavage<br />

BGA – Blutgasanalyse<br />

BL – Bauchlagerung<br />

BVK – Blasenverweilkatheter<br />

COPD – chronical obstructive pulmonary disease (chronisch<br />

obstruktive Lungenerkrankung)<br />

CPR – Cardio-Pulmonale Reanimation<br />

EKG – Elektrokardioogramm<br />

EVLW – extra vaskuläres Lungenwasser<br />

FRC – Funktionale Residual-Kapazität<br />

HF – Herzfrequenz<br />

HSM – Herzschrittmacher<br />

HZD – Herzzentrum <strong>Dresden</strong><br />

HZV – Herz-Zeit-Volumen<br />

IAB – intraaortaler Ballon<br />

ICP – intra-cranieller-Pressure (intrakranieller Druck)<br />

ITS – Intensivstation<br />

KH – Krankenhaus<br />

KI – Kontraindikation<br />

KLRT – Kontinuierlich-Laterale-Rotationstherapie<br />

KT – Kinetische Therapie<br />

OI – Oxygenierungsindex<br />

OK – Oberkörper<br />

Pat. – Patient<br />

PEEP – positiv end expiratory pressure<br />

RR – Riva Rocci<br />

RS – Rücksprache<br />

SHT – Schädel-Hirn-Trauma<br />

TRALI – transfusion acute lung injury<br />

TS – Trachealsekret<br />

ZVK – zentraler Venenkatheter<br />

33


9 Literatur<br />

Bültmann, M.; Pappert, D.: Lagerung beim beatmeten <strong>Patienten</strong>. In: Eckert,<br />

Forst, Burchardi: Intensivmedizin. 17. Ergänzungslieferung 2/06, IV – 7.<br />

Grundlagen der Anästhesiologie und Intensivmedizin für Fachpflegepersonal;<br />

Band 1: Anatomie und klinische Physiologie; K. Taeger, G. Rödig; U.<br />

Finsterer; 3. vollst. überarb. Aufl. 1994.<br />

Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin<br />

(DGAI): Lagerungstherapie zur Prophylaxe oder Therapie von pulmonalen<br />

Funktionsstörungen. In: Anästh Intensivmed 2008;49, S. 1-S. 24.<br />

Marino, L. P.: Das ICU-Buch. Praktische Intensivmedizin. Deutsche Bearbeitung<br />

von Kai Taeger. 2. Auflage. München, Wien, Baltimore 1999.<br />

Simonis, G.; Steiding, K.; Schaefer, K.; Rauwolf, T.; Strasser, R.H.: A prospective,<br />

randomized trial of continuous lateral rotation („kinetic therapy“) in patients<br />

with cardiogenic shock. Clinical Research in Cardiology 2012;<br />

Oczenski, W.; Firtgerald, R. D.: Klinische Stellenwert von Rekruitmentmanövern<br />

bei <strong>Patienten</strong> mit akutm Lungenversagen. In: Eckert, Forst, Burchardi:<br />

Intensivmedizin. 18. Ergänzungslieferung 5/06, IV – 21.<br />

von Rüdiger Gay (Herausgeber), Astried Rothenburger (Herausgeber),<br />

Rainer Klinke (Herausgeber), Stefan Silbernagl (Herausgeber): Lehrbuch der<br />

Physiologie<br />

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Kontakte<br />

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Name Telefon<br />

Autoren und Ansprechpartner in der<br />

Klinik Innere Medizin und <strong>Kardiologie</strong><br />

Univ.-Prof. Dr. med. Ruth H. Strasser Kerstin Steiding, Stationsleitung<br />

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