Praxis - BFW
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FranK PerZl, bernhard Maier Und daGMar Walter<br />
Klimawandel, Naturgefahren und Schutzwald<br />
Im Zusammenhang mit dem<br />
Klima wandel werden auch eine<br />
Zunahme von alpinen Naturgefahren<br />
und eine Änderung der<br />
Schutzwirkung des Waldes diskutiert.<br />
Grundsätzlich ist bei der Behandlung<br />
dieser Frage zwischen<br />
dem bisher beobachteten Trend<br />
und den möglichen, zukünftigen<br />
Folgen eines Klimawandels zu unterscheiden<br />
(ONERC 2008, Perzl &<br />
Walter 2012).<br />
Aussagen zu den Folgen des Klimawandels<br />
in Bezug auf die Häufigkeit<br />
und Intensität von Naturgefahrenereignissen<br />
sind umso zuverlässiger,<br />
je mehr die Ergebnisse von<br />
theoretischen Überlegungen und<br />
Modellrechnungen mit dem bisher<br />
beobachteten Trend übereinstimmen<br />
(Perzl & Walter 2012). Durch<br />
die Handlungen des Menschen sind<br />
diese Trends aber verzerrt. Die in-<br />
homogene und lückenhafte Doku-<br />
mentation von Naturgefahren und<br />
des Waldzustands schränken ebenfalls<br />
zuverlässige Aussagen ein. Daher<br />
sind Rückschlüsse auf den Einfluss<br />
des Klimas mit großen Unsicherheiten<br />
behaftet.<br />
Auch die Beurteilung der Schutzwirkung<br />
des Waldes vor Naturgefahren<br />
ist noch nicht mit hoher Sicherheit<br />
möglich. Erstmals wurden 1995 in<br />
der Schweizer „Wegleitung - Minimale<br />
Pflegemassnahmen für Wälder<br />
mit Schutzfunktion“ zusammenfassend<br />
Kriterien zur Beurteilung der<br />
Schutzwirkung des Waldes veröffentlicht.<br />
Diese Richtlinie wurde<br />
2005 neu herausgegeben („NaiS“,<br />
Frehner et al. 2005). Weitere Richtlinien<br />
folgten, wie etwa das Schweizer<br />
„Sturmschadens-Handbuch“<br />
(BUWAL 2000 und BAFU 2008), die<br />
französische Richtlinie „Guide des<br />
Sylvicultures de Montagne“ (GSM,<br />
Gauquelin & Courbaud 2006) und<br />
die ISDW-Merkblätter (Initiative<br />
Schutz durch Wald, BMLFUW 2008)<br />
in Österreich. Diese Richtlinien sind<br />
nach verschiedenen Konzepten auf-<br />
Foto: Perzl, 2009<br />
abbildung 1: Steinschlag-Schutzwald. durch die erwärmung ist eine erhöhte<br />
Steinschlagaktivität zu erwarten<br />
gebaut und unterscheiden sich im<br />
Detail erheblich (Perzl 2012a). Noch<br />
weitgehend ungeklärt sind z. B. die<br />
erforderliche Stammzahl zur Verhinderung<br />
von Lawinen in Laubholz-,<br />
Lärchen- und Nadel-Laubholz-<br />
Mischbeständen bei extremen<br />
Schneeverhältnissen (Abbildung 2)<br />
sowie der Einfluss des Waldes auf<br />
die Größe der Lawinen (Perzl<br />
2012b). In NaiS wird derzeit die Beurteilung<br />
der Schutzwirkung des<br />
Waldes gegen Steinschlag überarbeitet<br />
(Dorren, zit. aus Maier 2011).<br />
Solche Richtlinien können am Besten<br />
auf der Basis flächendeckender<br />
Modellierung potenzieller Naturgefahren-Prozesse<br />
eingesetzt werden.<br />
Trends meteorologischer<br />
Ursachen für Naturgefahren<br />
Ein Anstieg der Lufttemperatur ist<br />
ein gesicherter genereller klimati-<br />
scher Trend. Eine daraus resultierende<br />
Zunahme von meteorologischen<br />
Extremereignissen und in der<br />
Folge von Naturgefahren ist jedoch<br />
fraglich und nicht gesichert (Böhm<br />
2008 und 2012). Es gibt keinen eindeutigen<br />
Trend. Die oft kleinräumigen<br />
Effekte können nicht zufriedenstellend<br />
modelliert werden.<br />
Schneelawinen<br />
Bisher konnte keine Veränderung<br />
der natürlichen Lawinenaktivität<br />
festgestellt werden (Laternser &<br />
Scheebeli 2002, Eckert 2009). Es<br />
gab jedoch in den letzten Jahrzehnten<br />
überall in den Alpen einen starken<br />
Rückgang von Ereignissen mit<br />
Personen- und Sachschäden auf<br />
Siedlungs- und Verkehrsflächen, und<br />
es wurden auch bei sehr gefährlichen<br />
Schneeverhältnissen nur wenige<br />
Schadenslawinen direkt aus<br />
24 <strong>BFW</strong>-<strong>Praxis</strong>information Nr. 30 - 2012<br />
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