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Parfümstoffe in kosmetischen Mitteln und ihre Bedeutung für - Herwe

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4.3.3 Kontakturtikaria<br />

Die Kontakturtikaria ist e<strong>in</strong>e Sofortreaktion der Haut, die auf e<strong>in</strong>e Ig-E-vermittelte (Typ-1-Allergie, Soforttyp) oder e<strong>in</strong>e nichtallergische<br />

Histam<strong>in</strong>freisetzung zurückzuführen ist. Bei Kontakturtikaria gegen Duftstoffe liegt üblicherweise der nichtallergische<br />

Mechanismus vor. Hier s<strong>in</strong>d als Auslöser u.a. Perubalsam, Zimtaldehyd, Zimtsäure, Zimtsäurec<strong>in</strong>namylester, Benzoesäurebenzylester<br />

<strong>und</strong> Benzylalkohol bekannt 28 . Bei Allergietestungen mit dem Fragrance-Mix könnten falsch positive Ergebnisse teilweise<br />

durch solche nichtallergischen Reaktionen mit Zimtsäurederivaten bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong>.<br />

4.3.4 Irritative Dermatitis<br />

Als <strong>Parfümstoffe</strong> mit irritativer Wirkung gelten vor allem Aldehyde, Phenole <strong>und</strong> Phthalsäureester. Allerd<strong>in</strong>gs f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der<br />

Literatur kaum gut dokumentierte Beispiele mit kl<strong>in</strong>isch nachgewiesener Relevanz. So wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall Citral (<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Detergens mit Zitronenduft) als Ursache e<strong>in</strong>er irritativen Dermatitis beschrieben 80 . Auch wenn teilweise behauptet wird, daß<br />

Primärirritationen der Haut durch Produkte mit hohem Parfümanteil, v.a. Deodorants recht häufig s<strong>in</strong>d, liegen hierzu ke<strong>in</strong>e kl<strong>in</strong>ischen<br />

Daten oder Untersuchungen vor. Bei Deodorantien kommen <strong>in</strong> jedem Fall auch andere Inhaltsstoffe, z.B. Alkohol, als<br />

Auslöser <strong>in</strong> Betracht 28 .<br />

4.3.5 Systemisch toxische Wirkungen<br />

E<strong>in</strong> bekanntes Beispiel ist das Moschusambrette, e<strong>in</strong> Vertreter der synthetischen Nitromoschusverb<strong>in</strong>dungen, das wegen se<strong>in</strong>er<br />

neurotoxischen, mutagenen <strong>und</strong> photosensibilisierenden Wirkung <strong>in</strong> der EU seit 1995 verboten ist (RL 95/34 EG 1995 81 ). Außerdem<br />

steht es im Verdacht, krebserregend zu se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> zusätzliches Problem der Nitromoschusriechstoffe stellt <strong>ihre</strong> gute kutane<br />

Resorbierbarkeit, <strong>ihre</strong> außerordentliche chemische Persistenz <strong>und</strong> damit <strong>ihre</strong> ausgeprägte Bioakkumulation dar; die Stoffe s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

tierischen Lebensmitteln <strong>und</strong> <strong>in</strong> Muttermilch zu f<strong>in</strong>den (vgl. 82 ).<br />

4.4 Rechtliche Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> <strong>in</strong>dustrielle Selbstkontrolle<br />

4.4.1 Rechtliche Bestimmungen <strong>für</strong> Riechstoffe <strong>in</strong> Kosmetikprodukten<br />

Das Lebensmittel- <strong>und</strong> Bedarfsgegenständegesetz oder LMBG 83 ist <strong>in</strong> Deutschland die rechtliche Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> den Schutz des<br />

Verbrauchers im Umgang mit Kosmetischen <strong>Mitteln</strong>. In diesem Gesetz ist festgeschrieben, daß von <strong>kosmetischen</strong> <strong>Mitteln</strong> weder<br />

e<strong>in</strong>e Gefahr <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heit ausgehen, noch daß der Verbraucher durch irreführende Angaben oder Bezeichnungen getäuscht<br />

werden darf (§§ 24 <strong>und</strong> 27 LMBG). Auf den Ermächtigungen des LMBG basiert die Kosmetik-Verordnung 84 . Sie stellt gleichzeitig<br />

die Umsetzung der EG-Richtl<strong>in</strong>ie Kosmetische Mittel 76/768 EWG von 1976 85 dar. Die Kosmetik-Verordnung ergänzt das LMBG<br />

<strong>und</strong> fordert e<strong>in</strong>en dokumentierten Nachweis der Sicherheit kosmetischer Mittel <strong>für</strong> die menschliche Ges<strong>und</strong>heit, der u.a. chemische<br />

<strong>und</strong> mikrobiologische Spezifikationen der Ausgangsstoffe <strong>und</strong> des Endprodukts be<strong>in</strong>haltet (§5b Kosmetik-VO).<br />

Zusätzlich enthält die Kosmetik-VO e<strong>in</strong>e Liste von verbotenen oder nur e<strong>in</strong>geschränkt zugelassenen Inhaltsstoffen. In diesem Zusammenhang<br />

ist auch die Verwendung bestimmter Parfümkomponenten reglementiert (z.B. Furocumar<strong>in</strong>- <strong>und</strong> Safrolgehalte etherischer<br />

Öle, Nr. 358 <strong>und</strong> 360 Anlage, 1 zu §1 Kosmetik-VO). Andere Stoffe wie Lorbeeröl (Nr. 359, Anlage 1 zu §1 Kosmetik-VO) <strong>und</strong> Moschus<br />

Ambrette (Nr. 414, Anlage 1 zu §1 Kosmetik-VO) s<strong>in</strong>d aufgr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>r toxischen Wirkungen vollständig verboten (vgl. auch 4.3).<br />

Über die <strong>in</strong> der Kosmetik-VO verbotenen Substanzen h<strong>in</strong>aus ist über Mechanismen der <strong>in</strong>dustriellen Selbstkontrolle die Verwendung<br />

zahlreicher weiterer Verb<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>geschränkt oder untersagt (siehe 4.4.3). Die Kennzeichnung von Bestandteilen kosmetischer<br />

Mittel erfolgt laut Kosmetik - VO - gemäß Beschluß der europäischen Kommission 96/335 EG 86 - unter Verwendung<br />

<strong>ihre</strong>r INCI-Bezeichnungen (INCI = International Nomenclature of Cosmetic Ingredients). Duftstoffe werden dabei allgeme<strong>in</strong> unter<br />

der Sammelbezeichnung „Parfum“ deklariert. Anfang 2005 wird durch Umsetzung der 7. Änderungsrichtl<strong>in</strong>ie zur EU-<br />

Kosmetikrichtl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> nationales Recht 98 die Kosmetikverordnung bezüglich der Deklarationspflicht ergänzt. Nach dieser Ergänzung<br />

müssen 26 explizit aufgeführte Duftstoffe - dabei alle Stoffe des Fragrance-Mix - bei Überschreiten e<strong>in</strong>er Konzentration von<br />

0,001% (Leave-on-Produkte) bzw. 0,01% (R<strong>in</strong>se-off-Produkte) im Endprodukt zusätzlich deklariert werden. Die Stoffe s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

Tabelle 9 aufgeführt.<br />

Tabelle 9: nach der 7. Änderungsrichtl<strong>in</strong>ie zur EU-Kosmetikrichtl<strong>in</strong>ie deklarationspflichtige<br />

Duftstoffe<br />

1 Amylc<strong>in</strong>namal<br />

2 Benzylalkohol<br />

3 C<strong>in</strong>namylalkohol<br />

4 Citral<br />

5 Eugenol<br />

6 Hydroxycitronellal<br />

7 Isoeugenol<br />

8 Amylc<strong>in</strong>namylalkohol<br />

9 Benzylsalicylat<br />

10 C<strong>in</strong>namal<br />

11 Cumar<strong>in</strong><br />

12 Geraniol<br />

13 Hydroxy-Methylpentylcyclohexencarboxaldehyd<br />

4.4.2 Neue Duftstoffe<br />

Die E<strong>in</strong>führung neuer synthetischer Duftstoffe ist durch das Chemikaliengesetz (ChemG) 87 geregelt. Der Zweck dieses Gesetzes ist<br />

es, Mensch <strong>und</strong> Umwelt vor schädlichen E<strong>in</strong>wirkungen gefährlicher Stoffe <strong>und</strong> Zubereitungen zu schützen. Das Inverkehrbr<strong>in</strong>gen<br />

neuer Stoffe ist nach dem ChemG generell anmeldepflichtig, sofern e<strong>in</strong>e Menge von 10 kg jährlich pro Hersteller im Europäischen<br />

Wirtschaftsraum überschritten wird (Stoffe, die zu Forschungs- <strong>und</strong> Wissenschaftszwecken hergestellt werden, s<strong>in</strong>d gesondert<br />

geregelt). Hierzu ist e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>prüfung, d.h. Nachweise verschiedener chemisch-toxikologischer Prüfungen erforderlich. Dies<br />

be<strong>in</strong>haltet u.a. die Prüfung der akuten Toxizität (LD 50), Anhaltspunkte <strong>für</strong> krebserzeugende (cancerogene), erbgutverändernde<br />

(mutagene) oder fortpflanzungsgefährdende (teratogene) Eigenschaften, reizende oder ätzende Eigenschaften, sensibilisierende<br />

Eigenschaften, subakute Toxizität, Abbaubarkeit <strong>und</strong> Toxizität gegenüber Wasserorganismen. Weitere <strong>und</strong> strengere<br />

Zusatzprüfungen s<strong>in</strong>d erforderlich, wenn die <strong>in</strong> Verkehr gebrachte Menge des Stoffes 100 t jährlich (oder 500 t <strong>in</strong>sgesamt) bzw.<br />

1000 t jährlich (oder 5000 t <strong>in</strong>sgesamt) übersteigt.<br />

4.4.3 Industrielle Selbstkontrolle<br />

14 Anisylalkohol<br />

15 Benzylc<strong>in</strong>namat<br />

16 Farnesol<br />

17 2-(4-tert-Butylbenzyl)propionaldehyd<br />

18 L<strong>in</strong>alool<br />

19 Benzylbenzoat<br />

20 Citronellol<br />

21 Hexylc<strong>in</strong>namaldehyd<br />

22 D-Limonen<br />

23 Methylhept<strong>in</strong>carbonat<br />

24 3-Methyl-4-(2,6,6-trimethyl-2-cyclohexen-1-yl)-3-buten-2-on<br />

25 Eichenmoos- <strong>und</strong> Baummoosextrakt<br />

26 Baummoosextrakt<br />

Die deutsche Riechstoff<strong>in</strong>dustrie ist größtenteils im „Verband deutscher Riechstoffhersteller“ (VDRH) organisiert, der im Jahre<br />

1954 als „Verband deutscher Riechstoff-Fabriken“ gegründet wurde. Der VDRH hat gegenwärtig 20 Mitglieder <strong>und</strong> gehört auf<br />

EU-Ebene der „European Fragrance and Flavour Organization“ (EFFA) an. Weiterh<strong>in</strong> ist der VDRH Mitglied der „International<br />

Fragrance Association“ (IFRA) <strong>und</strong> unterwirft sich damit - auch im juristischen S<strong>in</strong>ne - deren Guidel<strong>in</strong>es <strong>und</strong> Regeln. Dies ist sehr<br />

wichtig, da das Konzept der Selbstregulierung <strong>für</strong> alle Mitglieder der IFRA gilt <strong>und</strong> damit die K<strong>und</strong>en der <strong>in</strong> der VDRH zusammengefaßten<br />

Riechstoffhersteller auf IFRA-Konformität vertrauen können 88 .<br />

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