CASE STUDY 08 <strong>Linde</strong> knowhow 1/03 REIFE LEISTUNG Wie mit <strong>Linde</strong> <strong>Gas</strong> aus alten Reifen neue Straßen werden TEXT_JORGE DE SOUSA, ANWENDUNGSTECHNIK, LINDE SOGÁS, PORTUGAL
In Portugal fallen jährlich rund 52.000 Tonnen Altreifen an. „Reibungsloser Betrieb erfordert zuverlässige und preisgünstige <strong>Gas</strong>lieferungen. Sobald wir rund um die Uhr arbeiten, darf es keine Lieferunterbrechungen geben.“ Vasco Pampulim Haben Sie sich schon einmal gefragt, wo Ihre abgefahrenen Autoreifen jetzt sein könnten? Nun, möglicherweise fahren Sie gerade darüber. Die portugiesische Recyclingfirma Recipneu suchte eine wirkungsvolle Methode, die gigantisch wachsenden Altreifenstapel zu entsorgen. Mit Hilfe von <strong>Linde</strong> <strong>Gas</strong> fand man einen intelligenten Weg, um dieses Umweltproblem ökologisch sinnvoll und zugleich profitabel zu lösen. Mehr als nur eine Geschäftsidee Allein in Portugal fallen jährlich 52.000 Tonnen Altreifen an – Tendenz steigend. Die Entsorgung stellt eine gewaltige Herausforderung dar. Mülldeponien sind meist schon überfüllt. Einfach draußen herumliegen lassen kann man die unansehnlichen Reifenstapel auch nicht – das verbietet sich schon wegen der Brandgefahr. Und wer will schon Berge von Altreifen in seiner Nachbarschaft? Verfeuern hingegen wäre bedenklich für Umwelt und Gesundheit. Vasco Pampulim, Gründer und kreativer Motor von Recipneu, ging das Problem von einer völlig anderen Seite an. Als Chemiker und Spezialist für Polymere forschte er nach einer Möglichkeit, Gummiabfall in nützliche Produkte umzuwandeln und damit auch noch Geld zu verdienen. „Gummi ist ein äußerst vielseitiger Wertstoff. Ich war mir sicher, dass es dafür zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten gibt – eine schonende Verarbeitung vorausgesetzt – bei der die Materialeigenschaften erhalten bleiben,“ erläutert Pampulim. Er entwarf 1996 einen Geschäftsplan, sicherte die Finanzierung und bekam von den portugiesischen Straßenverkehrsbehörden 1998 freie Fahrt. 2000 wurden die technischen Anlagen in Sines errichtet, und 2001 nahm Recipneu den Betrieb auf. 1999 gründete Pampulim zusammen mit zwei Kollegen die Schwesterfirma Recipav, die als führender Spezialist für Gummiasphalt die Bauindustrie beliefert. Der Kreislauf schließt sich Pampulims Idee ist genial einfach – gemeinsam mit Recipav schließt Recipneu den Gummikreislauf: Aus alten Reifen wird neuer Asphalt. Statt den Gummi bei Umgebungstemperatur zu zerkleinern, wählte man ein kryogenes Verfahren. <strong>Linde</strong> <strong>Gas</strong> sollte hierfür den Flüssigstickstoff liefern sowie die technische Betreuung und den Kundendienst bereitstellen. „Die beim herkömmlichen Zerkleinern unter Normaltemperatur verwendeten Elektromotoren, Klingen und Mahlwerke bewirken eine enorme Hitze und damit auch den chemisch bedingten Zerfall der Polymerketten“, so Pampulim. „Genau das aber wollten wir vermeiden. In Machbarkeitsuntersuchungen versprach das Kaltzerkleinern, selbst bei Berücksichtigung der Zusatzkosten für den Flüssigstickstoff, einen immensen Wettbewerbsvorteil – und obendrein merkliche Kostenvorteile sowohl beim Betrieb als auch bei der Entsorgung. Hinzu kam das beträchtliche Marktpotenzial für Gummiasphalt.“ Das Kaltzerkleinern eignet sich gut für Kunststoffe, elastische und hitzeempfindliche Materialien, insbesondere wenn sehr kleine Teilchengrößen gefordert sind. Die Vorteile: geringere Zerkleinerungskosten, kleinere Partikel und keine hitzebedingte Verschlechterung der Materialqualität. Da Gummi bei großer Kälte brüchig wird, benötigt das Kaltzerkleinern weniger Ener- 1/03 <strong>Linde</strong> knowhow 09