Programmheft | Wachauer Festival-Nächte 2018
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Werkeinführung<br />
70 Jahre Israel<br />
Anlässlich der Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen des Staates Israel<br />
widmet das Jugendsinfonieorchester Leipzig den heutigen Konzertabend der<br />
deutsch-israelischen Freundschaft, welche das Orchester im Jahr 2016 bereits<br />
auf eine Konzertreise nach Israel führte, die den jungen Musikerinnen und Musikern<br />
in besonderer Erinnerung geblieben ist. Das Konzert eröffnen wird zunächst<br />
Franz Schuberts (1797‒1828) „unvollendete“ Sinfonie in h-Moll, die Teil<br />
des diesjährigen Repertoires auf der Sommerreise des Jugendsinfonieorchesters<br />
in das Dreiländereck zwischen Österreich, Italien und Slowenien war.<br />
Seit der Wiederentdeckung der „Unvollendeten“<br />
im Jahre 1865, nachdem das Werk gut 40 Jahre<br />
unbeachtet im Besitz des Schubertfreundes Anselm<br />
Hüttenbrenner gelegen hatte, ist die Sinfonie bis heute<br />
ein vieldiskutiertes Thema innerhalb der Musikwelt. Oft<br />
steht dabei die Frage im Raum, ob die Sinfonie ihren<br />
Beinamen zu Recht oder zu Unrecht trägt. Vielfach<br />
wird die These vertreten, Schubert allein habe mit<br />
seinen beiden Sätzen Allegro moderato und Andante<br />
con moto alles ausgedrückt, worauf es ihm ankam,<br />
weshalb weitere Sätze schlicht überflüssig gewesen<br />
seien. Tatsächlich scheint der Siegeszug der zweisätzigen<br />
Fassung durch die weltweiten Konzertsäle<br />
diese Annahme zu bestätigen, allerdings gibt es daran<br />
ebenso berechtigte Zweifel. Denn als Schubert 1822<br />
die Arbeit an der Sinfonie aus bisher unbekannten<br />
Gründen abbrach, lagen neben den beiden ersten<br />
Sätzen, die vollständig von ihm in Partitur gesetzt<br />
wurden, Fragmente zu einem dritten Satz vor. Es ist<br />
daher davon auszugehen, dass Schubert ursprünglich<br />
eine vier Sätze umfassende Sinfonie plante, deren<br />
Form somit der zeitgenössischen Konvention entsprochen<br />
hätte, genau wie Schuberts übrige Sinfonien, die allesamt<br />
viersätzig gearbeitet sind. In der Vergangenheit gab<br />
es deshalb wiederholt Versuche zur Vervollständigung<br />
der „Unvollendeten“, allerdings konnte sich bisher<br />
keine dieser Fassungen fest im Konzertrepertoire<br />
etablieren. Doch egal, wie Schubert sie ursprünglich<br />
konzipiert haben mag, beschritt er mit der Sinfonie<br />
in h-Moll neue Wege. Waren seine früheren Sinfonien<br />
noch weitestgehend von einem heiteren Charakter<br />
geprägt, so lässt die „Unvollendete“ all die jugendliche<br />
Unbeschwertheit der vorangegangenen Werke hinter<br />
sich und die dramatischen Konflikte, die auch biografisch<br />
geprägt gewesen sein mögen, treten deutlich zu Tage.<br />
Das Grabmotiv der tiefen Streicher am Beginn des<br />
ersten Satzes kündigt bereits Unheilvolles an und wird<br />
von ruhelosen Sechzehntelbewegungen der Violinen<br />
gefolgt, über denen sich schließlich das Hauptthema<br />
der Exposition in den Oboen und Klarinetten entfaltet.<br />
In diesen spannungsreichen Ablauf tritt nun unerwartet<br />
das Seitenthema, eine zarte Ländlermelodie, deren<br />
8 Donnerstag, 16. August <strong>2018</strong> // 20 Uhr