Corporate Governance im industriellen Mittelstand

BDI-Mittelstandspanel II/2007
Statement Peter Englisch, Partner,
Ernst & Young AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft
aus Anlass der Pressekonferenz am 3. Dezember 2007
Statement zu den Befragungsergebnissen zum Thema
„Corporate Governance im industriellen Mittelstand“
Unter dem Begriff „Corporate Governance“ werden seit einigen Jahren
verschiedene Fragen der Unternehmensführung intensiv diskutiert. Parallel
dazu hat die Bundesregierung den Weg der Selbstregulierung beschritten,
um Corporate Governance als Ordnungsprinzip einer guten
Unternehmensführung zum Durchbruch zu verhelfen. Der Deutsche
Corporate Governance Kodex (DCGK), der im Februar 2002 in Kraft trat,
enthält Leitlinien, anhand derer Unternehmen ihre Corporate Governance-Strukturen
entwickeln und umsetzen sollten. Dabei will der DCGK
nicht nur kapitalmarktnotierten, sondern auch anderen Unternehmen einen
Orientierungsrahmen für eine verantwortungsvolle Unternehmensleitung
bieten.
Das aktuelle BDI-Mittelstandspanel untersucht die Bedeutung einer Corporate
Governance für den industriellen Mittelstand. Die Ergebnisse zeigen,
dass die befragten Unternehmen einer Corporate Governance für
den Mittelstand offen gegenüber stehen. Fast 60% messen ihr eine sehr
hohe bzw. hohe Bedeutung bei – unabhängig von der Unternehmensgröße.
Dabei ist das Urteil von Familienunternehmen durchweg zurückhaltender,
d.h. weniger positiv, als bei managementgeführten Unternehmen.
Auch zwischen Erfolgsunternehmen und weniger erfolgreichen
Unternehmen lassen sich interessanterweise Unterschiede in der Beurteilung
erkennen: Während Erfolgsunternehmen einer Corporate Governance
für den Mittelstand tendenziell eine hohe Bedeutung beimessen,
hat sie für die weniger erfolgreichen Unternehmen allenfalls nur einen
mittleren Stellenwert.

Auch wenn die Mehrheit der Unternehmen die qualifizierte Kontrolle der
Unternehmensführung als wichtig erachtet, zeigt sich in der Umsetzung,
dass der industrielle Mittelstand insgesamt kein allzu großes Interesse
an der Einsetzung von Gremien, z. B. eines Beirats, hat. Nur knapp 18%
aller befragten Unternehmen verfügen über ein externes Aufsichts- bzw.
Kontrollgremium. Eine Ausnahme bilden allerdings die größeren Industrieunternehmen:
Mehr als 78% aller Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten
haben ein Kontrollgremium institutionalisiert. Im Umkehrschluss
heißt das: Je kleiner ein Unternehmen, desto geringer der Anteil
derjenigen, die die Mitwirkung eines Kontrollgremiums in Anspruch
nehmen. Hier besteht unserer Meinung nach eine große Chance für das
Management kleinerer und mittlerer Unternehmen: Durch die Installation
eines beratenden Gremiums können sich die Unternehmen dauerhaft
externen Sachverstand sichern, der unterstützend an der Unternehmenspolitik
mitwirkt und z. B. hilft, strategische Entscheidungen einzuleiten
und deren Erfolg zu kontrollieren. Die Hauptaufgaben der Kontrollgremien
variieren natürlich auch mit dem Unternehmenstyp. Die Befragung
zeigt, dass Gremien in Familienunternehmen signifikant häufiger
die Aufgabe haben, die Unternehmensziele (mit) festzulegen, die personelle
Kontinuität in der Geschäftsführung zu sichern, Mitarbeiterinteressen
zu vertreten und das Netzwerk zu erweitern. Bei managementgeführten
Unternehmen hingegen besteht ihre Aufgabe hauptsächlich in
der Kontrolle und Beratung der Geschäftsführung sowie in der Sicherstellung
von Eigentümerinteressen.
Die Quintessenz: Viele Grundfragen der Corporate Governance machen
vor Rechtsformen nicht Halt. Deshalb sind hohe Standards in der Unternehmensführung
und –kontrolle auch für den industriellen Mittelstand
von entscheidender Bedeutung. Wir meinen, dass gerade die kleinen
und mittleren Unternehmen dieses Potenzial bisher viel zu wenig bzw.
gar nicht nutzen. Hier sind die Eigentümer dieser Unternehmen gefragt,
Corporate Governance nicht lediglich als Aufwand zu betrachten, sondern
diese – mit Unterstützung durch externe Gremien - für die Unternehmen
optimal umzusetzen mit dem Ziel, Risiken zu minimieren, die
Reputation der Gesellschaft zu schützen und dauerhaft zu einer positiven
Unternehmensentwicklung beizutragen.
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