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Krisenmanagement mit der Jugendgruppe - JDAV Bayern

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Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema<br />

Notfallk Notfallkompetenz Notfallk ompetenz – – <strong>Krisenmanagement</strong><br />

<strong>Krisenmanagement</strong><br />

<strong>Jugendgruppe</strong> – Tourenplanung<br />

– Ausflug – Unfall …,<br />

ein abruptes Ende, an das keiner von<br />

uns Jugendleitern wirklich denken<br />

mag. Dennoch hat <strong>der</strong> DAV und auch<br />

die <strong>JDAV</strong> in den vergangenen Jahren<br />

dieses Thema sehr intensiv betrachtet<br />

und den verschiedensten Verantwortungsbereichen<br />

<strong>der</strong> Ehrenamtlichen<br />

angepasst.<br />

Beson<strong>der</strong>s im Bereich <strong>der</strong> Jugendarbeit<br />

sind Unfälle <strong>mit</strong> vielen weiteren<br />

Faktoren, außer <strong>der</strong> un<strong>mit</strong>telbaren<br />

„Ersten Hilfe“, verbunden.<br />

Grundlegend ist es für alle verantwortlichen<br />

Leiter wichtig, über ein fundiertes<br />

Erste-Hilfe-Wissen zu verfügen.<br />

Hier solltet Ihr darauf achten, dieses<br />

Wissen immer wie<strong>der</strong> aufzufrischen,<br />

um in Notfallsituationen die wichtigsten<br />

Handgriffe parat zu haben. Oftmals<br />

beginnt die Aufarbeitung und<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> einem <strong>der</strong>art<br />

unvorhergesehen Ereignis aber erst ab<br />

dem Zeitpunkt, wo weitere Behandlung<br />

und Abtransport durch die professionelle<br />

Rettung erfolgt.<br />

Plötzlich stürmt das eigene Gewissen,<br />

Standardfragen von Polizisten, die<br />

Sorge um die „restliche“ Gruppe, die<br />

Ungewissheit über den weiteren Verlauf<br />

und und und auf Euch ein! Derart<br />

viele, einzeln zu betrachtende Themen,<br />

dass es kein Problem ist, jeden<br />

Punkt für sich zu erläutern.<br />

An dieser Stelle könnten wir nun die<br />

nächsten drei <strong>Bayern</strong>-News-Ausgaben<br />

<strong>mit</strong> den unterschiedlichsten Themenfel<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> einzelnen Bereiche füllen.<br />

Da dies den Rahmen unserer Redaktion<br />

sprengen würde, wir dieses Thema<br />

aber trotzdem aufgreifen, behandeln<br />

und unseren Informationsbeitrag<br />

dazu leisten wollen, haben wir einen<br />

an<strong>der</strong>en Weg gewählt:<br />

Zwei Jungendleiter haben uns geschil<strong>der</strong>t,<br />

wie es denn so ist, wenn<br />

genau das Ereignis eintritt!<br />

In einem langen, interessanten Interview<br />

durften wir erfahren, wie es sich<br />

in Wirklichkeit abspielen kann, wie<br />

persönliche Eindrücke verarbeitet<br />

werden und was die Situation einem<br />

abverlangt. Aus einer <strong>der</strong>artigen Schil<strong>der</strong>ung,<br />

lässt sich die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Frage schon von selbst beantworten,<br />

o<strong>der</strong> hilft in ähnlichen Situationen<br />

richtig zu reagieren. Denn nicht zuletzt<br />

for<strong>der</strong>n Unfallsituationen als Verantwortlicher<br />

ein umfangreiches Management<br />

und eigenes Leistungsverhalten.<br />

Für Einige sind genau diese Darstellungen<br />

des Erlebten <strong>der</strong> Einstieg, sich<br />

<strong>mit</strong> <strong>der</strong>art komplexen und unangenehmen<br />

Themen zu befassen. Oft hilft es,<br />

sich eine Situation im Kopf vorzustellen<br />

und ein persönliches Reaktionsmuster<br />

auszuarbeiten.<br />

Im folgenden Interview findet Ihr<br />

an den entsprechenden Stellen<br />

auch das Grundrüstzeug, um im<br />

Fall des Falles an wichtige, helfende<br />

Unterstützung von Außen<br />

zu gelangen.<br />

Wer sich noch intensiver <strong>mit</strong> dem<br />

Thema befassen will, den darf ich an<br />

dieser Stelle auf weitere Informationsquellen<br />

verweisen, die Euch das<br />

fundierte Wissen über Notfallkompetenz<br />

und <strong>Krisenmanagement</strong><br />

ver<strong>mit</strong>teln. Allen voran, für die <strong>JDAV</strong><br />

das ZUM-THEMA-Heft Notfallkompetenz<br />

und <strong>Krisenmanagement</strong><br />

von Pit Rohwed<strong>der</strong> vom September<br />

2004. Weiter geht es über die<br />

jährlichen Jungendleiterfortbildungen,<br />

die zum festen Bestandteil des<br />

Schulungsprogramms geworden sind<br />

(Erste Hilfe Basiskurs, Outdoor und<br />

<strong>Krisenmanagement</strong>). Darüber hinaus<br />

gibt es viel Literatur zu diesem Thema.<br />

Nicht zu vergessen, dass fast alle<br />

Sektionen des Deutschen Alpenvereins<br />

über ein eigenes <strong>Krisenmanagement</strong><br />

verfügen. Wichtig ist es,<br />

dass beson<strong>der</strong>s Ihr als Jungendleiter<br />

hier über Anlaufstellen Bescheid wisst.<br />

Also vielleicht auch ein Thema, das in<br />

<strong>der</strong> nächsten Jungendleitersitzung <strong>mit</strong><br />

dem Jugendreferenten zu diskutieren<br />

ist!<br />

Wir bedanken uns bei den beiden Jugendleitern<br />

sowie bei Pit Rohwed<strong>der</strong> und Manfred<br />

Huber für die Unterstützung bei <strong>der</strong><br />

Erstellung <strong>der</strong> folgenden Beiträge und bei<br />

Roland Stadler für die Bil<strong>der</strong>.<br />

Franz Knarr<br />

<strong>Krisenmanagement</strong> <strong>Krisenmanagement</strong> <strong>Krisenmanagement</strong> <strong>mit</strong> <strong>mit</strong><br />

<strong>mit</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Jugendgruppe</strong><br />

<strong>Jugendgruppe</strong><br />

<strong>Bayern</strong>-News-Gespräch <strong>mit</strong> Peter<br />

und Heidi<br />

BN: Peter und Heidi, Ihr hattet in Eurer<br />

Kin<strong>der</strong>gruppe einen ernsten Unfall.<br />

Könnt Ihr berichten, was genau passiert<br />

ist?<br />

Peter und Heidi: Die Gruppe wurde<br />

im letzten Herbst gegründet. Als<br />

es im Januar endlich Schnee gab,<br />

wollten wir das gleich ausnützen<br />

und waren für ein Wochenende<br />

zum Schlittenfahren auf einer Hütte.<br />

Da ist dann am ersten Tag kurz<br />

vor <strong>der</strong> Rückkehr zum Mittagessen<br />

in die Hütte ein Kind <strong>mit</strong> dem<br />

Schlitten <strong>mit</strong> hoher Geschwindigkeit<br />

gegen einen Baum gefahren.<br />

BN: Wie habt Ihr Euch da gefühlt?<br />

Peter und Heidi: Im Augenblick des<br />

Unfalls haben wir nicht weiter darüber<br />

nachgedacht. Es war ein komisches<br />

Gefühl, aber zuerst haben<br />

wir auch noch nicht überrissen, was<br />

da passiert ist.<br />

4 5<br />

Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema


Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema<br />

Peter: Zuerst sah es ja auch nicht so<br />

schlimm aus. Ich bin gleich hingerannt,<br />

um nach dem Kind zu sehen.<br />

Als ich mich umdrehte, hatte<br />

Heidi ihr Handy schon in <strong>der</strong> Hand<br />

und wir setzten einen Notruf ab.<br />

Heidi: ...die Entscheidung für einen<br />

Notruf fiel in Sekundenbruchteilen,<br />

ohne groß nachzudenken.<br />

Verhalten erhalten am am Unfallor Unfallort Unfallor<br />

• Abgesicherte Bergung und<br />

Erstversorgung <strong>der</strong> verunglückten<br />

Person(en)<br />

• Einleitung <strong>der</strong> organisierten<br />

Rettung:<br />

Europäischer Notruf: 112<br />

O<strong>der</strong> Rettungsleitstelle:<br />

D: 19222<br />

(<strong>mit</strong> Ortsvorwahl<br />

Kempten: 0831<br />

Weilheim: 08811<br />

Traunstein: 08611)<br />

A: 140<br />

CH: 1414<br />

I: 118<br />

• DAV-Notfall-Hotline verständigen:<br />

nur für Leiter/innen von<br />

(J)DAV-Veranstaltungen<br />

24 h erreichbar<br />

siehe DAV-Notfallkarte (immer<br />

<strong>mit</strong>nehmen!)<br />

• Unbedingt für Rückrufe erreichbar<br />

bleiben<br />

• Verunglückte Person(en)<br />

transportfähig machen<br />

• Unfall dokumentieren<br />

BN: Ihr hattet also einen Automatismus<br />

für schnelle und klare Reaktionen verinnerlicht?<br />

Peter und Heidi: Ja, wir haben uns<br />

vorher schon oft Gedanken gemacht,<br />

wie sowas abläuft, in unserer<br />

<strong>Jugendgruppe</strong>, bei Übungen<br />

und in Schulungen.<br />

Heidi: Da wir viele Jugendleiter zur<br />

Verfügung hatten, haben wir gleich<br />

Aufgaben verteilt: Jemand kümmerte<br />

sich um die Gruppe und<br />

brachte sie gleich ein Stück weg, ich<br />

konnte mich auf den Notruf konzentrieren<br />

und drei kümmerten<br />

sich um den Verletzten, vor allem<br />

Peter blieb ständig bei ihm...<br />

Peter:Das ging alles sehr schnell, es<br />

ist fast wie im Erste-Hilfe-Kurs abgelaufen:<br />

Notfallmaterial war gleich<br />

da, ich habe <strong>mit</strong> dem Verletzten geredet,<br />

ihn wach gehalten. Beim<br />

Bodycheck habe ich versucht, herauszufinden,<br />

ob er noch weitere<br />

Verletzungen hat, die auf den ersten<br />

Blick nicht sichtbar waren, ihn<br />

abgetastet, Bewegungen kontrolliert...<br />

Dann kam auch schon bald<br />

die Bergwacht.<br />

Heidi: Außer warm halten war nicht<br />

viel Erste Hilfe nötig. Die Berg-<br />

wacht konnte <strong>mit</strong> dem Auto bis<br />

zur Unfallstelle hinfahren.<br />

BN: Wie war das <strong>mit</strong> dem Notruf?<br />

Heidi: 112 sollte man besser nicht anrufen.<br />

Das zieht einen ganzen Rattenschwanz<br />

nach sich <strong>mit</strong> Alarmierung<br />

<strong>der</strong> Polizei... Besser die<br />

Rettungsleitstelle (siehe Infokasten)<br />

direkt anrufen.<br />

Peter: Die Verletzung sah ja zuerst<br />

nicht so schlimm aus. Die Bergwacht<br />

veranlasste einen Transport<br />

ins Krankenhaus, dafür kam dann<br />

noch <strong>der</strong> Notarzt und ein Krankenwagen.<br />

Die Bergwacht hat nur<br />

den Transport bis zur Straße gemacht,<br />

ich bin <strong>mit</strong>gefahren. Der<br />

Notarzt hat dann unbedingt die<br />

Anschrift des Verletzten gebraucht.<br />

Die hatte ich nicht bei<br />

mir, deshalb musste ich zurück in<br />

die Hütte.<br />

Heidi und Peter: Für uns war das<br />

schlimm, den Verletzten allein zu<br />

lassen.<br />

BN: Was hat denn Eure Gruppe in dieser<br />

Zeit gemacht?<br />

Heidi: Die haben wir nach dem Eintreffen<br />

<strong>der</strong> Bergwacht in die Hütte<br />

geschickt. Wir wussten ja, dass<br />

sie gut betreut war, da wir fünf<br />

Jugendleiter waren. Die Gruppe<br />

hat von <strong>der</strong> ganzen Situation wenig<br />

<strong>mit</strong>bekommen.<br />

Verhalten erhalten gegenüber<br />

gegenüber<br />

Gruppe<br />

Gruppe<br />

• Ruhe bewahren<br />

• Gruppe zusammenhalten und<br />

einbeziehen, Aufgaben delegieren<br />

• Gruppe möglichst abschotten<br />

in einem eigenen Raum, Hinterzimmer,<br />

...<br />

• Gruppe darauf hinweisen,<br />

dass möglichst keine Telefongespräche<br />

geführt werden. Vor<br />

allem sollen keine Todesnachrichten<br />

weitergegeben werden.<br />

(Die Angehörigen <strong>der</strong> Unfallgruppe<br />

werden vom DAV verständigt.)<br />

• Gruppe unbedingt von <strong>der</strong><br />

Presse abschirmen<br />

Peter: Als wir wie<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Hütte<br />

zurück waren, wurde <strong>der</strong> Verletzte<br />

im Krankenwagen behandelt. Es<br />

hieß, dass es Komplikationen gab<br />

und ein Hubschrauber wurde alarmiert.<br />

Wir haben nicht mehr ganz<br />

durchgeblickt, haben auch keine genauen<br />

Informationen bekommen.<br />

BN: Wie ging es Euch da?<br />

Heidi: Es war ja noch viel zu tun, z.B.<br />

hat die Polizei Fragen gestellt.<br />

Trotzdem gab es da Momente <strong>der</strong><br />

Ruhe und da fühlt man sich dann<br />

schon beschissen...<br />

Peter: Ich war froh, dass Heidi sich um<br />

die Polizei kümmerte. Der Heli kam<br />

recht schnell, aber die Behandlung<br />

im Krankenwagen hat noch ewig<br />

6 7<br />

Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema


Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema<br />

Heidi: Das ist wohl nicht<br />

selbstverständlich, dass eine<br />

Begleitperson <strong>mit</strong>fliegen kann. Die<br />

Entscheidung, wer von uns beiden<br />

Heidi: Vielleicht hab ich auch ein wenig<br />

zur Sache gesagt, in dem Moment<br />

denkt man nicht nach. Aber<br />

die haben auch nicht nachgebohrt<br />

<strong>mit</strong>fliegt, war aber schnell getrof- BN: Zurück zum DAV: Habt Ihr die<br />

fen. Peter hat ihn ja die ganze Zeit Notfall-Hotline angerufen?<br />

betreut. Da wir wussten, dass die<br />

Gruppe gut versorgt ist, war es<br />

selbstverständlich, dass wir für den<br />

Verletzten da sind, ihn begleiten...<br />

Peter: Nein. Im Krankenhaus hat mir<br />

<strong>der</strong> Heli-Notarzt, <strong>der</strong> auch Fachübungsleiter<br />

im DAV ist, geraten,<br />

die Notfall-Hotline anzurufen und<br />

BN: Habt Ihr den Kriseninterventionsdienst mir Unterstützung durch das<br />

des DAV eingeschaltet?<br />

Kriseninterventionsteam zu holen.<br />

Heidi und Peter: Das kam erst spä- Heidi: Der hat halt gesehen, dass Peter,<br />

wurde auch nicht von uns einter Unterstützung braucht.<br />

freundlich, haben uns nichts gesagt.<br />

Das war ungut, wir haben uns<br />

allein gefühlt, standen halt da...<br />

geschaltet.<br />

BN: Wollte die Polizei auch Aussagen zur<br />

Sache o<strong>der</strong> nur persönliche Angaben von<br />

Peter:Er hat sich wirklich toll gekümmert,<br />

das muss auch ihm sehr nah<br />

gegangen sein. Er hat dann für<br />

Peter: Es gab wenig Chancen auf<br />

Euch?<br />

mich angerufen und hat mir auch<br />

Kontakt. Wir standen da, ab und<br />

seine Telefonnummer gegeben.<br />

gedauert. Wir bekamen keine Infos,<br />

wussten nicht, was los ist. Heidi war<br />

weg und ich war zeitweilig ganz alleine,<br />

fühlte mich hilflos. Langsam<br />

wird einem da klar: Es ist etwas<br />

schlimmes passiert...<br />

BN: Habt Ihr Euch von den Ärzten und<br />

<strong>der</strong> Bergwacht vernachlässigt gefühlt?<br />

Heidi: Ja, schon...<br />

Peter: Die Polizei fand ich relativ unfreundlich.<br />

BN: Gab es Unterstellungen o<strong>der</strong> Schuldzuweisungen?<br />

Heidi: Nicht direkt, aber es war nicht<br />

so ein tolles Gefühl. Die von <strong>der</strong><br />

Bergwacht waren am nettesten. Der<br />

Notarzt und die Besatzung des<br />

Krankenwagens waren relativ un-<br />

zu sagte <strong>der</strong> Arzt etwas wie: wir<br />

sollten uns keine Gedanken machen.<br />

So Sprüche halt. Ich glaube,<br />

<strong>der</strong> wusste selber nicht genau, wie<br />

er sich verhalten soll.<br />

BN: Wussten die Rettungskräfte, dass es<br />

sich um eine <strong>Jugendgruppe</strong> handelt?<br />

Heidi: Der Polizei hab ich das erzählt,<br />

die Ärzte wussten es wohl nicht.<br />

Peter: Der Verletzte wurde dann in<br />

den Hubschrauber eingeladen. Ich<br />

wollte ihn unbedingt begleiten.<br />

Dazu musste ich den Piloten und<br />

den begleitenden Arzt fragen. Beide<br />

stimmten zu, trotzdem hatte ich<br />

das Gefühl, dass ich um das Mitfliegen<br />

kämpfen musste. Ich habe<br />

gesagt, dass ich ihn nicht allein lassen,<br />

auf jeden Fall <strong>mit</strong>fliegen<br />

möchte.<br />

V VVerhalten<br />

VV<br />

erhalten gegenüber<br />

gegenüber<br />

PP<br />

Polizei P Polizei<br />

olizei<br />

• Ihr seid verpflichtet, Angaben<br />

zu Euren Personalien,<br />

Gruppenstärke und Veranstalter<br />

zu machen.<br />

• Weitere Fragen nur beantworten,<br />

soweit sie zum Ablauf<br />

und zur Klärung <strong>der</strong> Situation<br />

notwendig sind.<br />

• Keinesfalls Aussagen und<br />

Wertungen zum Unfallhergang<br />

und zur Schuldfrage<br />

machen (Recht auf Aussageverweigerung).<br />

• Solche Aussagen erst später<br />

und nach Absprache <strong>mit</strong> einem<br />

Rechtsbeistand machen.<br />

• Erstaussagen bleiben auch<br />

nach Wi<strong>der</strong>ruf als Beweis<strong>mit</strong>tel<br />

existent!<br />

Später kam dann eine Frau vom<br />

Kriseninterventionsteam<br />

BN: Was konkret hat <strong>der</strong> DAV für Euch<br />

getan?<br />

Peter: Ob die Frau vom KIT vom<br />

DAV geschickt wurde o<strong>der</strong> von<br />

dem Arzt direkt gerufen wurde,<br />

wissen wir nicht. Sie hat mich jedenfalls<br />

psychologisch sehr gut<br />

betreut.<br />

Heidi: Sie hat uns auch gute Tipps<br />

zum Umgang <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Gruppe gegeben<br />

uns geraten, auf jeden Fall<br />

in <strong>der</strong> Gruppe darüber zu reden.<br />

BN: Wie ist es im Krankenhaus weitergegangen?<br />

Peter: Das war keine schöne Zeit. Ich<br />

hatte ja zuerst keinen Ansprechpartner,<br />

saß allein in <strong>der</strong> Notaufnahme<br />

und hab nichts <strong>mit</strong>bekommen.<br />

8 9<br />

Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema


Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema<br />

DAV-Krisenstab<br />

-Krisenstab<br />

• Wird über DAV-Notfall-<br />

Hotline aktiviert (siehe DAV-<br />

Notfallkarte, die Ihr immer<br />

dabei haben solltet!)<br />

• Setzt sich schnellst möglich<br />

<strong>mit</strong> dem/r Gruppenleiter/in<br />

in Verbindung und entscheidet<br />

über die weiteren Schritte<br />

• Informiert ggf. die Verantwortlichen<br />

in <strong>der</strong> Sektion und<br />

die Angehörigen <strong>der</strong><br />

•<br />

Gruppen<strong>mit</strong>glie<strong>der</strong><br />

Organisiert bei Bedarf in Zusammenarbeit<br />

<strong>mit</strong> dem<br />

Kriseninterventionsteam des<br />

DAV<br />

• Psychologische Betreuung<br />

<strong>der</strong> Gruppe am Unfallort<br />

und <strong>der</strong> Angehörigen zu<br />

Hause<br />

• Rechtsberatung /<br />

Rechtsbeistand<br />

• Sachverständige /<br />

Gutachter<br />

• DAV-Verantwortlichen für<br />

Öffentlichkeits- und<br />

Pressearbeit vor Ort<br />

• Rücktransport u.v.m.<br />

(Quelle: DAV-Notfall-Karte)<br />

BN: Wussten die Leute im Krankenhaus,<br />

dass Du dazugehörst?<br />

Peter: Ja. Aber besser wurde es erst<br />

später, als die Frau vom KIT da<br />

war. Die hat <strong>mit</strong> mir geredet und<br />

ganz viel nachgefragt, was ich gesehen<br />

habe und so. Hat mir auch<br />

gesagt, was noch auf mich zukommen<br />

könnte, z.B. Schlafprobleme.<br />

Sie hat uns auch geraten, <strong>mit</strong> <strong>der</strong><br />

Gruppe über das Geschehene zu<br />

reden. Das hab ich dann gleich <strong>der</strong><br />

Heidi gesagt. Und sie hat uns empfohlen,<br />

die Eltern <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />

schriftlich zu informieren.<br />

BN: Wer hat die Eltern des Verletzten informiert?<br />

Peter: Das Krankenhaus.<br />

Heidi: Das haben wir versäumt, haben<br />

uns später dafür entschuldigt.<br />

Peter: Die Frau vom KIT wollte <strong>mit</strong><br />

mir zusammen die Eltern benachrichtigen,<br />

aber da wussten sie es<br />

schon. Die Eltern haben wir auch<br />

am ersten Tag nicht mehr gesehen,<br />

weil sie an einer an<strong>der</strong>en Stelle gewartet<br />

haben.<br />

Heidi: Ich habe später <strong>mit</strong> ihnen telefoniert.<br />

Peter: Die Frau vom KIT war da wirklich<br />

eine große Hilfe für uns, hat<br />

mir vieles genau erklärt und mich<br />

dann auch nach Hause gefahren.<br />

BN: Wie haben denn die Eltern reagiert?<br />

Heidi und Peter: Total gut und verständnisvoll.<br />

Die haben erst gefragt,<br />

wie es uns geht. Und uns keine<br />

Vorwürfe gemacht, was ja eigentlich<br />

verständlich wäre, aber für<br />

uns die Situation sicher verschlimmert<br />

hätte. Da waren wir schon<br />

sehr erleichtert.<br />

Peter: Ich hab die Eltern am nächsten<br />

Tag im Krankenhaus getroffen und<br />

<strong>mit</strong> ihnen geredet. Der Vater meinte,<br />

dass wir Jugendleiter gute und<br />

wichtige Arbeit <strong>mit</strong> den Kin<strong>der</strong>n<br />

machen, dass er hofft, dass wir<br />

weiter machen und auch das Kind<br />

weiter in <strong>der</strong> Gruppe dabei ist.<br />

Nach dem Unfall hat mich das<br />

schon etwas verwun<strong>der</strong>t.<br />

BN: Was war denn für Euch hilfreich bei<br />

<strong>der</strong> Verarbeitung des Geschehenen?<br />

Heidi und Peter: Dass vom Notruf<br />

bis zum Elternkontakt alles so super<br />

gelaufen ist. Wir haben oft die<br />

Rückmeldung bekommen, dass wir<br />

alles richtig gemacht haben. Die im<br />

Krankenhaus meinten, dass wir<br />

erste-Hilfe-mäßig nichts besser<br />

machen könnten. Und vor allem<br />

die positive Reaktion <strong>der</strong> Eltern<br />

sorgte für eine gewisse Entspannung.<br />

Peter: Die ersten 2-3 Tage nach dem<br />

Unfall waren die schlimmsten...<br />

Heidi: Ich hab ja nicht alles so nah<br />

<strong>mit</strong>gekriegt, da ging es mir sicher<br />

besser als dem Peter. Der hat 5<br />

Stunden im Krankenhaus zugebracht.<br />

In den nächsten Tagen haben<br />

wir viel <strong>mit</strong>einan<strong>der</strong> telefoniert,<br />

uns getroffen, <strong>mit</strong>einan<strong>der</strong> geredet.<br />

Das hat gut geholfen...<br />

BN: Und die Betreuung vom KIT?<br />

Peter: Das war eine große Hilfe. Ich<br />

konnte darüber reden, sie hat mich<br />

vorbereitet, was noch auf mich zukommen<br />

könnte und weitere Hilfe<br />

angeboten. Die Gespräche waren<br />

– anfangs zumindest – jedes Mal<br />

eine Erleichterung, nach längerer<br />

Zeit aber anstrengend, weil man<br />

immer wie<strong>der</strong> in das Geschehen<br />

zurück versetzt wird. Ich glaube,<br />

dass ich das jetzt mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

verarbeitet habe, bin aber auch<br />

ängstlicher geworden...<br />

Heidi: Das stimmt, vor allem auf<br />

Tour. Die erste Tour danach hatte<br />

ich einfach Schiss. Ist aber gut gelaufen<br />

und danach hatte ich keine<br />

Probleme mehr. Aber die erste<br />

Tour war wahnsinnig wichtig. Meine<br />

Qualifikation als Jugendleiter<br />

stand ja nicht in Frage, aber<br />

unterbewusst...<br />

Peter: Die schlimmste Zeit ist, wenn<br />

die Anspannung wegfällt...<br />

Heidi: Als nach <strong>der</strong> Tour die Gruppe<br />

weg war, bin ich in ein richtiges<br />

Loch gefallen...<br />

BN: Wie hat die Gruppe reagiert?<br />

Heidi: Eigentlich wollte ich nicht <strong>mit</strong><br />

<strong>der</strong> Gruppe darüber reden, das war<br />

eine richtige Abwehrhaltung. Aber<br />

als Peter angerufen hat, war ich<br />

zwar erst immer noch ablehnend,<br />

habe das Geschehene dann doch<br />

abends auf <strong>der</strong> Hütte angesprochen.<br />

Die Gruppe hat nicht viel<br />

<strong>mit</strong>gekriegt, es war aber dann doch<br />

für mich und die Kin<strong>der</strong> total gut,<br />

darüber zu reden und Wahrnehmungen<br />

auszutauschen. Die Frau<br />

vom KIT hat angeboten, dass auch<br />

die Kin<strong>der</strong> bei ihr anrufen können.<br />

10 11<br />

Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema


Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema<br />

Betreuung Betreuung <strong>der</strong><br />

<strong>der</strong><br />

Gruppe Gruppe nach<br />

nach<br />

schweren schweren Unfällen<br />

Unfällen<br />

• Zeit und Raum geben, um<br />

das Erlebte aufzuarbeiten<br />

(Ruhe, geschützter Rahmen)<br />

• Erlebnisse, Gefühle, Ängste<br />

in Worte fassen, aber Achtung:<br />

in extrem belastenden<br />

und emotionalen Situationen<br />

kann es schnell passieren,<br />

dass Ihr als Gruppenleiter/in<br />

überfor<strong>der</strong>t seid<br />

und die Emotionen kaum<br />

noch auffangen könnt. In<br />

diesem Fall unbedingt:<br />

• Unterstützung holen (z.B.<br />

beim Kriseninterventionsteam<br />

des DAV bzw. <strong>der</strong><br />

Bergwacht,...); dort gibt es<br />

speziell für diese Fälle geschulte<br />

und kompetente<br />

Personen, die Euch in einer<br />

schwierigen Situation gut<br />

unterstützen können.<br />

BN: Habt Ihr darüber nachgedacht, die<br />

Tour abzubrechen?<br />

Heidi: Darüber haben wir uns schon<br />

Gedanken gemacht, wollten es aber<br />

erst auch nicht ganz wahrhaben.<br />

Da die Betreuung <strong>der</strong> Gruppe gewährleistet<br />

war und die Kin<strong>der</strong> bleiben<br />

wollten, haben wir die Tour zu<br />

Ende geführt. Ich glaube, da gibt<br />

es kein falsch und richtig. Im Nach-<br />

hinein betrachtet wäre ein Abbruch<br />

<strong>der</strong> Tour für uns Jugendleiter vielleicht<br />

besser gewesen, weil es uns<br />

nicht gut dabei gegangen ist. Für<br />

die Kin<strong>der</strong> wäre es egal gewesen.<br />

Das war dann sicher nicht die beste<br />

Tour, weil die Motivation nicht<br />

mehr da war. Wir haben auch am<br />

ersten Abend unseren Jugendreferenten<br />

informiert. Der hat die<br />

Entscheidung über einen Abbruch<br />

uns überlassen.<br />

Peter: Am Ende <strong>der</strong> Tour haben die<br />

Eltern <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> von uns eine<br />

schriftliche Information bekommen,<br />

dass wir einen Unfall hatten<br />

<strong>mit</strong> Telefonnummern für Nachfragen<br />

und Hinweis auf das KIT. Die<br />

Frau vom KIT hat uns das empfohlen<br />

und war auch total wichtig,<br />

da die Eltern zum Teil aus <strong>der</strong> Zeitung<br />

o<strong>der</strong> im Radio von dem Unfall<br />

erfahren hatten. Die Eltern haben<br />

uns sehr viel Verständnis entgegen<br />

gebracht.<br />

BN: Wie hat Eure Sektion reagiert?<br />

Heidi: Die Sektion hat sich auf solche<br />

Fälle vorbereitet, uns gut betreut<br />

und unterstützt. Sie haben uns<br />

noch am Wochenende signalisiert,<br />

dass sie sich kümmern. Das war<br />

sehr wichtig für uns. Sie haben uns<br />

um einen Unfallbericht gebeten.<br />

Das Aufschreiben hat auch viel<br />

geholfen.<br />

BN: Gibt es etwas, das Ihr nächstes<br />

Mal an<strong>der</strong>s machen würdet? Habt<br />

Ihr noch Empfehlungen für an<strong>der</strong>e<br />

Jugendleiter?<br />

Heidi und Peter: Nicht die 112 son<strong>der</strong>n<br />

die örtliche Rettungsleitstelle<br />

anrufen. Die DAV-Notfall-Hotline<br />

(Infokasten) würden wir in jedem<br />

Fall sofort danach anrufen, da es<br />

eine wichtige Hilfe für einen sel-<br />

Verhalten erhalten erhalten gegenüber<br />

gegenüber<br />

Presse resse<br />

Um die Pressearbeit kümmert<br />

sich <strong>der</strong> Krisenstab des DAV.<br />

Dennoch kann es vorkommen,<br />

dass die Presse vor dem Krisenstab<br />

vor Ort ist.<br />

• Nichts abstreiten: „Ja, wir hatten<br />

einen Unfall...“<br />

• Den Fragenden das Gefühl<br />

ver<strong>mit</strong>teln, dass man nicht<br />

„mauert“, dass Fragen ernst<br />

genommen werden<br />

• Um Verständnis werben:<br />

emotionaler Druck, Betreuung<br />

<strong>der</strong> eigenen Gruppe<br />

• Verweis auf den Krisenstab<br />

und dessen Ansprechpartner/in<br />

für die Presse („Wir<br />

geben gerne alle Informationen,<br />

bitte haben Sie jedoch<br />

Verständnis, dass wir zum jetzigen<br />

Zeitpunkt noch nichts<br />

genaueres sagen können, wir<br />

halten Sie auf dem Laufenden...“)<br />

ber ist. Daran denkt man zuerst<br />

nicht.Wichtig ist es, sich viel Zeit<br />

zum <strong>mit</strong>einan<strong>der</strong> Reden zu nehmen<br />

und nicht auszuweichen. Und<br />

relativ schnell wie<strong>der</strong> auf Tour gehen.<br />

Peter: Das wollte ich zuerst nicht, aber<br />

meine Mutter hat gemeint, ich soll<br />

mich da<strong>mit</strong> auseinan<strong>der</strong>setzen.<br />

Dann bin ich wie<strong>der</strong> <strong>mit</strong>gefahren<br />

und denke, dass es sehr gut war.<br />

Es war gleich wie<strong>der</strong> eine Schlittentour...<br />

Heidi: Die Eltern des Betroffenen<br />

sollte man nicht <strong>mit</strong> Besuchen<br />

überfor<strong>der</strong>n. Die brauchen auch<br />

Zeit und Ruhe, um das Geschehene<br />

zu verarbeiten. Da muss man<br />

aufpassen und eigene Bedürfnisse<br />

zurückstecken.<br />

BN: Heidi und Peter, wir danken Euch für<br />

das Gespräch.<br />

12 13<br />

Schwerpunktthema<br />

Schwerpunktthema

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