KFV - Jahrbuch
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Gefahrgut<br />
AMMONIAKAUSTRITT WIRD ZUM GROSSSCHADENSEREIGNIS<br />
Am Dienstag, den 27. Juni 2023, wurde die TENA products<br />
GmbH in Sammarei, Markt Ortenburg – KBM Bereich 3.2,<br />
zum Schauplatz eines Großschadensereignisses. Ursächlich<br />
waren fehlerhafte Reparaturarbeiten an einem Ammoniaktank,<br />
die zu einem unkontrollierten Austritt des giftigen Gases<br />
führten. Die Freiwillige Feuerwehr Parschalling wurde<br />
um 13:00 Uhr alarmiert, nachdem ABC THL Bio/Chemie und<br />
„THL Chemie Austritt im Gebäude“ als Einsatzstichwörter gemeldet<br />
wurden.<br />
Die TENA products GmbH, ein Hersteller von Haustiernahrung<br />
mit etwa 50 Mitarbeitern, befand sich im Betriebsgebäude<br />
in Sammarei. Die örtlich zuständige Feuerwehr Parschalling<br />
unter 1. Kdt. Georg Mayerhofer übernahm zunächst<br />
die Einsatzleitung. Der Einsatzort grenzte an die Nachbargemeinde<br />
Haarbach, und die nächste Feuerwehr, die FF Rainding,<br />
ist in unmittelbarer Nähe.<br />
Die Situation wurde durch den sonnigen Tag mit Temperaturen<br />
um die 23 °C und einem leichten Nordwestwind verschärft.<br />
Durch fehlerhafte Reparaturarbeiten an einem Ammoniaktank<br />
mit etwa 800 kg des giftigen, farblosen Gases<br />
trat dieses unkontrolliert aus. Eine beschädigte Leitung von<br />
etwa 50 mm Durchmesser führte dazu, dass das Ammoniak<br />
in den Keller strömte.<br />
Die Evakuierung der Mitarbeiter und Gäste begann sofort.<br />
Die Rettungsdienste übernahmen die Erstversorgung und<br />
Betreuung auf einem Sammelplatz. Der örtliche Kreisbrandinspektor,<br />
Johann Walch, und die Fach-KBMs Sebastian<br />
Mayer und Christian Schneider besprachen mit dem örtlichen<br />
Einsatzleiter, Georg Mayerhofer, das Schadensausmaß<br />
und die weiteren Maßnahmen.<br />
Ein erster Einsatzabschnitt Gefahrgut unter Leitung von<br />
Fach-KBM Sebastian Mayer wurde gebildet. Unter umluftunabhängigem<br />
Atemschutz und in Chemiekalienschutzanzügen<br />
begannen die Einsatzkräfte mit dem Innenangriff. Die<br />
CSA-Einheiten Bad Griesbach und FF Stadt Passau sowie die<br />
Dekon der FF Ortenburg unterstützten den Einsatz.<br />
Da Abdichtungsversuche scheiterten und die defekte Leitung<br />
nicht geschlossen werden konnte, entschied der örtliche<br />
Einsatzleiter Johann Walch, den Artikel 15 des Bayerischen<br />
Katastrophenschutzgesetzes anzuwenden. Die FüGK<br />
setzte Walch als ÖEL ein, und der örtlich zuständige Kreisbrandmeister<br />
Stefan Drasch übernahm die Fachdienstleitung<br />
Feuerwehr.<br />
Messungen im Umkreis von 500 und 1000 m wurden durchgeführt.<br />
Die umliegenden Häuser wurden evakuiert und<br />
50 Personen im Gerätehaus der FF Rainding betreut. Acht<br />
Personen wurden verletzt und ins Krankenhaus gebracht.<br />
Ein Bürgertelefon wurde eingerichtet, und weitere Bevölkerungswarnungen<br />
erfolgten.<br />
Trotz intensiver Bemühungen zur Abdichtung des Tanks entschied<br />
die ÖEL in einer Lagebesprechung, den Ammoniaktank<br />
kontrolliert abfließen zu lassen. Das Niederschlagen<br />
und Verdünnen mit Wasser wurde fortgesetzt.<br />
Durch den massiven Austritt von Ammoniak und Windstille<br />
stiegen die Messwerte im Außenbereich vorübergehend an.<br />
Überdrucklüfter und Wasserwerfer wurden eingesetzt, um<br />
die Situation zu stabilisieren. Der Tank war gegen 01:00 Uhr<br />
entleert, und um 02:30 Uhr endete vorläufig der Einsatz.<br />
Messungen am folgenden Tag ergaben keine erhöhten Werte,<br />
und die Einsatzstelle konnte um 09:30 Uhr dem Betreiber<br />
übergeben werden. Ein außergewöhnlicher Gefahrguteinsatz<br />
im Landkreis Passau zeigte die Effektivität von vier Gefahrgutzügen.<br />
Die gut koordinierte Zusammenarbeit, regelmäßige<br />
Lagebesprechungen und die Entscheidung für den<br />
ÖEL Einsatz nach Art. 15 bewährten sich. Allen Einsatzkräften<br />
gilt unser großer Dank.<br />
FEUERWEHRJAHRBUCH 2023 45