71_LVT_LIV_2018
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Grußwort<br />
7<br />
Dirk Bollwerk<br />
Liebe Gäste des rheinland-pfälzischen<br />
Landesverbandstags,<br />
der Landesverband Rheinland-Pfalz hat<br />
mit Trier eine äußerst geschichtsträchtige<br />
Stadt für ihren Landesverbandtag ausgesucht.<br />
Nicht nur, dass sie den Titel als<br />
älteste Stadt Deutschlands beansprucht,<br />
sie ist auch stolz auf zahlreiche römische<br />
Baudenkmäler wie die Porta Nigra und den<br />
Dom mit der Liebfrauenkirche. Auch Dachdecker<br />
spielten schon früh eine Rolle.<br />
Hennekin von Yrtzich als der erste namentlich<br />
bekannte Dachdecker aus Trier schloss<br />
bereits 1333 mit der Kirche St. Gangolf<br />
einen Vertrag ab und alle Trierer Zünfte<br />
beschlossen im selben Jahrhundert, ihre<br />
Mitglieder bei Streitigkeiten zu unterstützen.<br />
Und so ist es bis heute geblieben.<br />
Nicht nur in Trier oder Rheinland-Pfalz,<br />
sondern bundesweit stehen Dachdecker<br />
füreinander ein. Viele sind stolz auf die<br />
Dachdeckerfamilie, auf ihr Handwerk, im<br />
wahrsten Sinne des Wortes. Viele haben<br />
aber auch Angst vor den aktuellen Veränderungen:<br />
Sie sehen die zunehmende<br />
Digitalisierung als Gefahr, leiden jetzt zum<br />
Teil schon unter dem Fachkräftemangel<br />
und sorgen sich um ihre Altersversorgung.<br />
Diese Ängste versteht der ZVDH sehr gut.<br />
Daher nehmen wir uns auch genau dieser<br />
Themen an.<br />
Lenkungskreis Digitalisierung<br />
Vor über einem Jahr gegründet, haben wir<br />
uns im Lenkungskreis Digitalisierung mit<br />
Vertretern aus Handel, Industrie,<br />
Wissenschaft und dem Dachdeckerhandwerk<br />
zusammengetan, um praxisgerechte<br />
Lösungen für Dachdeckerbetriebe zu finden.<br />
Und zwar solche, die den Betrieb in<br />
der alltäglichen Arbeit unterstützen, ihm<br />
Zeit und Kosten sparen. Um nicht am tatsächlichen<br />
Bedarf vorbeizuplanen, haben<br />
wir eine Online-Umfrage erstellt, um zu<br />
Präsident des Zentralverbands des<br />
Deutschen Dachdeckerhandwerks –<br />
Fachverband Dach-, Wand- und<br />
Abdichtungstechnik e.V.<br />
Quelle: ZVDH<br />
Grußwort<br />
ermitteln, was bereits im Einsatz ist und<br />
was der durchschnittliche Dachdeckerbetrieb<br />
mit rund fünf Mitarbeitern benötigt.<br />
Rund 500 Betriebe nahmen teil und zeigten<br />
damit ihr Interesse. Viele setzen bereits<br />
Online-Bestellsysteme, digitale Kundenund<br />
Bauakten, aber auch Drohnen ein.<br />
Hemmnisse sind fehlende durchgängige<br />
Lösungen, lückenhafter Breitbandausbau<br />
und auch mangelndes Wissen über digitale<br />
Angebote. Wir haben daraus gelernt:<br />
Aufklärung tut not und Lösungen sind<br />
gefragt, die überschaubar, bezahlbar und<br />
sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette<br />
orientieren. Wichtig war uns im<br />
Lenkungskreis aber auch, die Angst zu nehmen,<br />
dass Industrie, Handel und Handwerk<br />
nicht gemeinsam an einem Strang<br />
ziehen. Daher stand ganz am Anfang unserer<br />
Arbeit die „Gemeinsame Erklärung der<br />
Partner aus Industrie, Handel und Handwerk<br />
in der Bedachungsbranche zur Digitalisierung“,<br />
mit der sich die Unterzeichner<br />
zum dreistufigen Vertriebsweg bekennen<br />
und sich verpflichten, gemeinsam die Digitalisierung<br />
voranzutreiben. Denn nur wenn<br />
alle mitwirken, kann eine durchgängige<br />
Lösung entstehen.<br />
Fachkräftemangel und<br />
Nachwuchssorgen<br />
Die Sorge um den Nachwuchs treibt das<br />
Dachdeckerhandwerk schon lange um und<br />
Besserung ist kaum in Sicht. Obwohl wir<br />
im ersten Lehrjahr einen leichten Zuwachs<br />
an Auszubildenden im Dachdeckerhandwerk<br />
verzeichnen konnten, verlieren wir<br />
leider wieder viele in den folgenden Lehrjahren.<br />
Die Gründe sind unterschiedlich:<br />
Mangelnde Motivation, falsche Vorstellung<br />
vom Beruf, aber leider auch oft<br />
eine nicht ausreichende Ausbildung im<br />
Betrieb. Hier müssen wir verstärkt ansetzen<br />
und die Betriebe noch mehr als bisher<br />
in ihrer Arbeit als Ausbilder unterstützen.<br />
Doch das ist immer nur ein Teil des Gan-<br />
zen, auch ein selbstkritisches Hinterfragen<br />
der Betriebe ist notwendig. Der ZVDH hat<br />
bereits im letzten Jahr mit einer großangelegten<br />
Medienkampagne begonnen, den<br />
Dachdeckerberuf mit all seinen Facetten<br />
ins Bewusstsein der Schüler, aber auch der<br />
Eltern und Lehrer zu bringen. In zahlreichen<br />
Artikeln, die bundesweit in der Regionalpresse<br />
erschienen sind, haben wir über<br />
zehn Millionen Leser erreicht. Durch die<br />
Aktion mit der Jugendzeitschrift BRAVO auf<br />
WhatsApp, Snapchat und Instagram haben<br />
sich 500.000 Jugendliche zwischen 14 und<br />
17unsere Filme und Fotos rund um den<br />
Dachdeckerberuf angeschaut.<br />
Absolutes Highlight waren dabei die<br />
Stories der Jugendbotschafter auf der<br />
DACH+HOLZ International in Köln.<br />
Ein besonderer Dank gebührt an dieser<br />
Stelle der Aktion DACH, ein Zusammenschluss<br />
der Mitgliedsbetriebe des Deutschen<br />
Dachdeckerhandwerks mit Unternehmen<br />
der Bedachungsindustrie und des<br />
Fachhandels, die die notwendigen Finanzmittel<br />
für diese umfangreichen Marketingmaßnahmen<br />
zur Verfügung stellt.<br />
Altersversorgung<br />
Auch das Thema der Versorgung im Alter<br />
beschäftigt die Dachdecker. Die Initiativen<br />
in der Politik sind gut, etwa die Neuregelungen<br />
zur Betriebsrente, um diese attraktiver<br />
zu machen. Aber die Flexirente setzt mit<br />
60 Jahren für Dachdecker deutlich zu spät<br />
an. Wir brauchen Lösungen, die der Realität<br />
auf den Baustellen Rechnung tragen.<br />
Viele Mitarbeiter sind ab Mitte 50 den körperlichen<br />
Belastungen nicht mehr gewachsen.<br />
Doch es sind gute Leute mit viel Erfahrung.<br />
Die Chefs kennen sie lange und<br />
vertrauen ihnen. Gerade in Zeiten des<br />
demografischen Wandels, aber auch im<br />
Sinne der Attraktivität des Berufsbildes,<br />
müssen wir Modelle entwickeln, die einen<br />
stufenweisen Weg in die Rente statt<br />
Hartz IV ermöglichen. Das nützt allen Beteiligten.<br />
Beim ZVDH beschäftigt sich der<br />
Fachausschuss für Betriebswirtschaft und<br />
Unternehmensführung mit dieser Thematik<br />
und erarbeitet eine ZVDH-Unternehmer-Info<br />
mit dem Titel „Betriebliche Altersversorgung<br />
im Dachdeckerhandwerk“.<br />
In der Hoffnung, dass wir alle noch viele<br />
Jahre, in einem guten konjunkturellen<br />
Umfeld und bei guter Gesundheit im Dachdeckerhandwerk<br />
arbeiten können, wünsche<br />
ich von Herzen einen anregenden<br />
Landesverbandstag!<br />
Ihr Dirk Bollwerk<br />
<strong>71</strong>. Landesverbandstag des Dachdeckerhandwerks | Trier