Rindaktuell 02/2012 - LKV Mecklenburg-Vorpommern eV
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� Carl Andreas<br />
Julius Bolle<br />
Historische Persönlichkeiten<br />
Carl Bolle<br />
„Bimmel-Bolle“ und die Milchmädchenrechnung<br />
Im Gedächtnis geblieben<br />
ist Carl Bolle vor allem<br />
durch seine Meierei,<br />
die den Milchhandel<br />
Berlins über Jahrzehnte<br />
beherrschte.<br />
Die uniformierten<br />
Milchverkäufer mit<br />
ihren Handglocken<br />
(daher der Spitzname<br />
„Bimmel-Bolle“)<br />
und den frechen Sprüchen<br />
prägten das Stadtbild<br />
um die Jahrhundertwende.<br />
Dabei ist die Liste der erfolgreichen<br />
Unternehmungen Bolles<br />
viel länger, wenngleich die meisten<br />
davon nach seinem Tod in Vergessenheit<br />
gerieten.<br />
Geboren wurde Carl (Andreas Julius)<br />
Bolle am 1. September 1832 in<br />
Milow bei Rathenow (Brandenburg)<br />
als sechstes Kind eines Holz- und<br />
Steinhändlers. Schon früh verloren<br />
die Kinder ihre Eltern und waren<br />
mehr oder weniger auf sich gestellt.<br />
Nach dem Besuch der Dorfschule<br />
ging Carl Bolle an das Gymnasium<br />
in Brandenburg (Brandenburg).<br />
Er brach die Schule jedoch<br />
ab und begann eine Maurerlehre<br />
in Rathenow. 1850 legte er die<br />
Meisterprüfung ab und ging zu-<br />
� Prägten das Berliner Stadtbild: Bolle-Verkaufswagen<br />
nächst auf Wanderschaft, die ihn<br />
bis nach Budapest (damals Österreich)<br />
führte.<br />
Als er schwer erkrankte, musste er<br />
in die Heimat zurückkehren, wo ihn<br />
seine Schwester gesund pflegte.<br />
Unter dem Eindruck dieser Erfahrung<br />
wurde Bolle gläubiger Christ<br />
und begann eine Ausbildung zum<br />
Missionar, die er aber nach zwei<br />
Jahren abbrach. Trotzdem unterstützte<br />
er Zeit seines Lebens weiterhin<br />
die Missionsarbeit in Afrika<br />
und finanzierte als erfolgreicher<br />
Unternehmer später mehrere Missionsstationen.<br />
1860 heiratete Carl Bolle Sophie<br />
Maltner. Mit geerbtem und geliehenem<br />
Geld gründete er ein Baugeschäft.<br />
Er kaufte Grundstücke<br />
am Berliner Landwehrkanal und<br />
zog auf ihnen Mietskasernen hoch.<br />
Wie noch oft in seinem weiteren Leben<br />
bewies er das richtige Gespür<br />
für erfolgreiche Unternehmungen,<br />
denn der Bedarf an Wohnraum in<br />
der rasant wachsenden Großstadt<br />
war gewaltig.<br />
Daneben betrieb er einen Handel<br />
mit Natureis, das er im Winter aus<br />
dem Landwehrkanal und der Rummelsburger<br />
Bucht holen ließ. 1872<br />
gründete Bolle die Norddeutsche<br />
Eiswerke AG, in die er alle seine<br />
Eiswerke einbrachte. 1896 errichtete<br />
er eine Kunsteisfabrik und das<br />
erste Hochkühlhaus Berlins, zugleich<br />
eines der ersten in Europa.<br />
Erst 1995 wurde der Betrieb dort<br />
endgültig eingestellt.<br />
Trotz glänzender Geschäfte stand<br />
Bolle in den 1870er Jahren fast vor<br />
dem Ruin. Beim Zusammenbruch<br />
seiner Hausbank verlor er sein gesamtes<br />
Vermögen in Höhe von zwei<br />
Millionen Mark. Zum Vergleich: ein<br />
Maurer verdiente in dieser Zeit nur<br />
etwa 50 Pfennig pro Stunde.<br />
Carl Bolle fing noch einmal von<br />
vorn an. Da es im Baugeschäft kriselte,<br />
verlegte er sich auf den gewinnversprechendenLebensmittelhandel.<br />
Wieder einmal bewies<br />
er Pioniergeist, schuf mit seiner<br />
Seefisch-Handelsgesellschaft den<br />
ersten Seefischhandel im Binnenland.<br />
Als weitere Standbeine legte<br />
er Baumschulen und Obstplantagen<br />
an und baute eine Konservenfabrik.<br />
Rückblickend war dies<br />
eine gute Entscheidung, denn den<br />
an sich gut laufenden Fischhandel<br />
musste Bolle später wieder aufgeben<br />
als es zu einem Skandal wegen<br />
des Verkaufs von nicht mehr<br />
frischem Fisch kam.<br />
1879 errichtete er eine Molkerei<br />
mit Milchausschank auf seinem<br />
Grundstück am Lützowufer. Die<br />
Milch stammte von den 30 Kühen,<br />
die er ursprünglich zur Düngergewinnung<br />
für seine Baumschulen<br />
angeschafft hatte. Bald überstieg<br />
die Nachfrage die Kapazitäten.<br />
Daraufhin investierte Carl Bolle in<br />
Zentrifugen, Verkaufswagen, Glocken<br />
und Personal. 1881 nahm die<br />
„Provincial-Meierei C. Bolle“ mit<br />
drei Verkaufswagen ihre Arbeit<br />
auf, bis 1910 sollten es 250 Pferdegespanne<br />
werden. Die Milch lieferten<br />
nun auch Bauern aus einem<br />
Umkreis von 200 km. Durch die<br />
großzügige Vergabe von Krediten<br />
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