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Wildpark-West Herbst 2018

Heimatzeitschrift von Bürgern für Bürger in Wildpark-West und Umgebung gemacht.

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Hallo Nachbarn!<br />

Einige von Ihnen werden jetzt überrascht sein:<br />

Eine eigene Familienzeitung nur für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>?<br />

Wir müssen zugeben, auch wir<br />

hätten es nicht für möglich und auch<br />

nicht für nötig gehalten, dass es einmal<br />

so etwas gibt. Ein von Bürgern<br />

für Bürger gemachtes identitätsstiftendes<br />

Blatt.<br />

Andere wiederum werden sagen:<br />

Es ist höchste Zeit, dass wir mal etwas<br />

Eigenes haben. Eine Zeitschrift<br />

für die ganze Familie, mit Beiträgen,<br />

die uns <strong>Wildpark</strong>er betreffen, ob jung<br />

oder alt, eingesessene oder zugezogene.<br />

Beiträge, die schön und die<br />

ehrlich, die unterhaltsam, informativ,<br />

aber auch kritisch sind. Beiträge,<br />

die kein Blatt vor den Mund nehmen,<br />

wenn es ums Gemeinwohl geht und<br />

eine Zeitschrift, die auch andere Meinungen<br />

als die eigenen gelten lässt<br />

und diese auch abdruckt. Eine Zeitschrift<br />

eben für uns.<br />

Was dürfen Sie erwarten? Nichts.<br />

Denn alle, die an der Erstausgabe<br />

der Zeitschrift mitwirkten, taten dies<br />

ehrenamtlich. Keine Honorare, keine<br />

Zuschüsse. Nur etwas Engagement<br />

und die Leidenschaft Gutes zu bewirken.<br />

Wenn man nur will, kann man<br />

wirklich Berge versetzen. Der Blick<br />

eines jeden von uns auf ein Problem<br />

ist umso schärfer, je mehr er selbst<br />

davon betroffen ist!<br />

Doch wo viele Leute mitwirken,<br />

gibt es außer viel Fachverstand natürlich<br />

auch viele Meinungen. Deshalb<br />

hat jede Rubrik ihren Experten.<br />

Jemand, der auf seinem Gebiet Sachverstand,<br />

Erfahrung oder – im Idealfall<br />

– beides davon hat …<br />

Also nur Mut, jede Idee und jeder<br />

spitze Bleistift ist willkommen.<br />

Liebe Geltower, Fercher und Caputher!<br />

Liebe Werderaner und Randpotsdamer!<br />

Auch für Sie ist diese Zeitschrift<br />

gemacht. In ihr erfahren Sie Wissenswertes<br />

über unsere kleine, vor den<br />

Toren Potsdams gelegene idyllische<br />

Waldsiedlung und ihre wunderschöne<br />

Umgebung. Lohnt sich ein Ausflug<br />

am Wochenende mit den Rädern<br />

hierher? Gibt es hier denn was zu erleben,<br />

außer ein paar alten Kiefern,<br />

viel Wasser und der wirklichen Ruhe<br />

eines staatlich anerkannten Erholungsortes?<br />

Seien Sie neugierig,<br />

wir sind es auch.<br />

ULLRICH TIETZE & CARSTEN SICORA<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> 3


12 AUF DURCHREISE<br />

Rote Gaukler unter Eichen<br />

16 PORTRÄT<br />

Ein kleines Paradies<br />

20 PORTRÄT<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />

mein <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

24 REPORTAGE<br />

Das Geschäft mit der Angst<br />

38 KOMMENTAR<br />

Tickende Zeitbombe?<br />

38 REPORTAGE<br />

Birkengrund ohne Birken?<br />

42 REPORTAGE<br />

Pack die Badehose ein<br />

46 KOMMENTAR<br />

Das geht uns alle an<br />

48 DAS BESONDERE BILD<br />

Ereignis Blutmond<br />

58 REPORTAGE<br />

Manches lässt einen<br />

nachdenklich zurück<br />

64 WIESE GALLIN<br />

Historische Alleen in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> Teil 1<br />

76 WIESE GALLIN<br />

Die Siedlung brennt<br />

80 ESSAY<br />

Es rauscht im Blätterwald<br />

INH<br />

8 PORTRÄT<br />

„Tu was, dann wird dir besser“<br />

Ein Leben für die Jugend<br />

Professor Dr. Lothar Klingberg war nicht nur Lehrer<br />

und Erziehungswissenschaftler, er war vor allem<br />

Humanist und Didaktiker.<br />

32 REPORTAGE<br />

Trinkwasser aus dem Schmutzgebiet<br />

Seit nunmehr sechs Jahren bemüht sich eine<br />

kleine Gruppe engagierter Einwohner ein<br />

örtliches Problem zu lösen, das große<br />

Schäden verursachen kann.<br />

50<br />

10 + 1 FRAGE<br />

FÜR DIE ZUKUNFT<br />

Kerstin Hoppe und<br />

Michael Holstein<br />

stellen sich der Wahl<br />

Bald ist Bürgermeisterwahl in der<br />

Gemeinde Schwielowsee:<br />

Wer ist die beste Wahl?


72<br />

ALT<br />

WIESE GALLIN<br />

Lauter Obstbäume<br />

und viele Kinder<br />

Das Schulhaus am Anger war eigentlich nur<br />

ein kleines Holzhaus, welches 1947 einem<br />

Brand zum Opfer gefallen ist. Ein historischer<br />

Bericht über den Schulweg nach Geltow.<br />

84 ARCHITEKTUR<br />

Doppelt schön<br />

und alemannisch<br />

Kommt man von Potsdam aus über<br />

den Fuchsweg in den Ort, fällt einem<br />

rechter Hand ein süddeutsch<br />

anmutendes Haus in den Blick.<br />

Und es gibt noch ein zweites davon ...<br />

92 REPORTAGE<br />

Bootswerft mit Tradition<br />

Vor 92 Jahren entstand der Werftbetrieb auf dem Gallin,<br />

dem heutigen <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Die Bootswerft Görrissen<br />

besteht länger als die Siedlung selber.<br />

96 REPORTAGE<br />

Fledermäuse in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

100 FABELHAFT<br />

Welch hartes Fuchsleben<br />

102 GARTENFREUND<br />

Der muss sich durchsetzen,<br />

er sucht das Licht<br />

106 GARTENFREUND<br />

Gemüsegarten auf dem Dach?<br />

108 GARTENFREUND<br />

Pflanzen – Freunde fürs Leben<br />

110 SILVA HORTULANUS<br />

Hier wächst doch nüscht<br />

112 AUSGELÖFFELT<br />

Spiel mit wilden Früchten<br />

114 MEDICUS SILVAM<br />

Bewegt Euch, ... aber richtig!<br />

116 NATURFREUND<br />

Ein reiches Leben<br />

118 NACHGEDACHT<br />

Pfarrer Tobias Ziemann<br />

120 Zwischen den Buchdeckeln<br />

122 Rätselspaß<br />

124 Schachecke<br />

125 Impressum<br />

127 Leserbriefe und Kleinanzeigen<br />

130 EPILOG<br />

Auf ein Wort


Ein Leben für die Jugend: Professor Dr. Lothar Klingberg war nicht nur Lehrer und<br />

Erziehungswissenschaftler, er war vor allem Humanist und hat zudem der Nachwelt<br />

als bleibendes Vermächtnis sein wissenschaftliches Werk als Didaktiker hinterlassen<br />

„Tu was, dann wird dir besser“<br />

VON CARSTEN SICORA<br />

Foto: Murak<br />

Als sich am 17. Juli 1999 ein<br />

unüberschaubarer Trauerzug<br />

von der Geltower Dorfkirche<br />

zum unweit gelegenen<br />

Friedhof in Bewegung setzte,<br />

wussten nur wenige Einheimische,<br />

dass hier ein großer Gelehrter zu Grabe<br />

getragen wurde.<br />

Lothar Klingberg war nicht nur<br />

Lehrer und Erziehungswissenschaftler,<br />

wie es Prof. Dr. Ernst Cloer aus Hildesheim<br />

in seiner Trauerrede vor den<br />

vielen angereisten Wissenschaftlern<br />

betonte, er war vor allem Humanist<br />

und hat zudem der Nachwelt als<br />

bleibendes Vermächtnis sein wissenschaftliches<br />

Werk als Didaktiker hinterlassen.<br />

Fast ein Dutzend Bücher schrieb<br />

der schon zu Lebzeiten berühmte<br />

Wissenschaftler, wobei sein Hauptwerk<br />

„Dialektische Didaktik“ in viele<br />

Sprachen, so u.a. ins Japanische<br />

übersetzt wurde. Ungezählt sind<br />

seine Veröffentlichungen zu verschiedenen<br />

Themen der Pädagogik.<br />

Das brachte ihm zu DDR-Zeiten zwar<br />

keine Reichtümer, dafür aber manch<br />

Nachfrage und auch gewisse berufliche<br />

Freiheiten ein.<br />

Große Achtung der Fachwelt<br />

Prof. Klingberg hat sich intensiv<br />

mit dem Widerspruch von Führung<br />

und Selbstständigkeit im Unterrichtsprozess<br />

auseinandergesetzt.<br />

Die „Wahrnehmung des dialektischen<br />

Verhältnisses von Lehrer und<br />

Schülertätigkeit in einem didaktisch<br />

Auf seinen Lehrsätzen<br />

basiert das moderne<br />

Bildungssystem<br />

inszenierten Vermittlungs- und Aneignungsprozess<br />

war seiner Meinung<br />

nach die Grundlage jeder dialektisch<br />

orientierten Didaktik“. Für ihn beruhte<br />

der dialektische Widerspruch zwischen<br />

Führung und Selbsttätigkeit<br />

auf der widersprüchlichen Einheit<br />

von Lehren und Lernen.<br />

Ein Widerspruch, der immer wieder<br />

aufs Neue gelöst werden muss.<br />

Diese heute immer noch anerkannte<br />

Meinung sowie seine Studie<br />

„Lernen, Lehren, Unterricht – Über<br />

den Eigensinn des Didaktischen“<br />

(1997) brachte ihm große Achtung in<br />

der Fachwelt ein. Auf seinen Lehrsätzen<br />

basiert das moderne Bildungssystem,<br />

ein System, das zum Ende<br />

der 1980er Jahre in Skandinavien<br />

übernommen und heute (wieder)entdeckt<br />

wird. Die Verbindung von Unterricht<br />

mit produktiver Arbeit nach<br />

dem Prinzip der polytechnischen<br />

Bildung und Erziehung hielt er für die<br />

größte Leistung des sozialistischen<br />

Bildungssystems. Dennoch setzte<br />

der überzeugte Marxist sich zum<br />

Ende seines Lebens kritisch mit der<br />

Schule in der DDR auseinander und<br />

stellte rückwirkend bedauernd fest,<br />

dass deren an sich positive Öffnung<br />

zu mehr Lebensnähe sehr in einen<br />

vordergründigen Gegenwartsbezug<br />

und in vorschnelle Bejahung des Politischen<br />

ausartete. In seinen Ansichten<br />

über die Kommunikationsformen<br />

des Unterrichtsprozesses sowie über<br />

den Einfluss der materiellen Basis der<br />

Schulraumgestaltung auf die didaktische<br />

Bewusstseinsförderung war er<br />

seiner Zeit weit voraus.<br />

Lothar Klingberg wurde am 11.Januar<br />

1926 in Rosenberg (Oberschlesien)<br />

geboren. Nach traumatischen<br />

Kriegserlebnissen, die ihn sein ganzes<br />

Leben begleiteten (er erlebte als<br />

junger Mann eine Scheinhinrichtung<br />

durch Partisanenverbände) studierte<br />

er nach 1945 in Leipzig Geschichte,<br />

Philosophie, Pädagogik und Musik<br />

unter anderen bei Hans Mayer und<br />

Ernst Bloch. Seine Dissertation zum<br />

Thema „Strukturprobleme der Unterrichtsstunde“<br />

verteidigte er 1956 an<br />

der „Karl-Marx-Universität“. 1965 ereilte<br />

ihn der Ruf auf den Lehrstuhl für<br />

Systematische Pädagogik und Allgemeine<br />

Didaktik an die Pädagogische<br />

Hochschule Potsdam.<br />

Zusammen mit seiner Frau Renate<br />

lebte Prof. Klingberg lange Jahre in<br />

der geräumigen Wohnung der Fasanerie<br />

Geschwister-Scholl-Straße im<br />

Park Sanssouci. Ein Ort, der offensichtlich<br />

nicht nur auf Pädagogen und<br />

Wissenschaftler inspirierend wirkt,<br />

denn auch der große Dirigent Wilhelm<br />

Furtwängler lebte lange Zeit,<br />

als er den Berliner Symphonikern vor-<br />

Die Stele auf dem Friedhof in<br />

Geltow erinnert noch heute an<br />

seine Berufung: „Er war Lehrer“<br />

Foto: Jim Kent<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> PORTRÄT 9


stand, in den historischen Mauern.<br />

In <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> besaß das Ehepaar<br />

Klingberg einen kleinen, damals ortstypischen<br />

Bungalow, in dem es Entspannung<br />

vom Alltag suchte oder er<br />

sich in der Ruhe der Waldsiedlung<br />

seinen pädagogischen Studien widmen<br />

konnte. Die beiden Jungs Lars<br />

(Musikwissenschaftler) und Daniel<br />

(Physiker) wuchsen hier auf, wandten<br />

sich aber Mitte der achtziger Jahre<br />

von ihrer Heimat ab – ein Fakt, der<br />

dem Ehepaar sehr zu schaffen machte.<br />

Der Tod des großen Gelehrten<br />

kam überraschend: An einem wunderschönen<br />

Sommertag erlitt der<br />

73jährige einen Schlaganfall, von<br />

dem er sich nicht wieder erholen sollte.<br />

Drei Tage später, am 8. Juli 1999<br />

verstarb er.<br />

Seine Frau, die viele Jahre als<br />

Kunstlehrerin an der Potsdamer<br />

Volkshochschule lehrte, zog dann<br />

ganz in die Waldsiedlung, wo sie<br />

noch heute lebt.<br />

An seinem Grab auf dem Friedhof<br />

in Geltow erinnert noch heute die<br />

Stele aus italienischem Travertin an<br />

seine Berufung: „Er war Lehrer“.<br />

Lebensweisheit von Lothar Klingberg<br />

AUSWAHL SEINER WERKE<br />

„Lehre und Lernen –<br />

Inhalt und Methode“<br />

Carl-von-Ossietzky-<br />

Universität<br />

Oldenburg, 1995<br />

„Lehrende und<br />

Lernende im Unterricht“<br />

Verlag Volk und Wissen<br />

Berlin, 1990<br />

„Überlegungen zur Dialektik von Lehrer<br />

und Schülertätigkeit im Unterricht der<br />

sozialistischen Schule“ Pädagogische<br />

Hochschule „Karl Liebknecht“ Potsdam,<br />

1987<br />

„Zu Fragen der Unterrichtsmethode in<br />

der sozialistischen Schule unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Abiturstufe“<br />

Pädagogische Hochschule „Karl Liebknecht“<br />

Potsdam, 1987<br />

„Problemy teorii<br />

obucenija“<br />

„Pedagogika“<br />

Moskva, 1984<br />

„Unterrichtsprozeß<br />

und didaktische<br />

Fragestellung“<br />

Verlag Volk und Wissen<br />

Berlin, 1982<br />

„Einführung in die<br />

allgemeine Didaktik“<br />

Verlag Volk und Wissen<br />

Berlin, 1972<br />

„Zu Erfahrungen und<br />

Problemen des Unterrichts<br />

in der Abiturstufe“<br />

Verlag Volk und Wissen<br />

Berlin, 1975<br />

„Abriß der allgemeinen<br />

Didaktik“<br />

Verlag Volk und Wissen<br />

Berlin, 1965<br />

Das wissenschaftliche Werk von Prof.<br />

Dr. Lothar Klingberg bewahrt heute<br />

das Archiv der Bibliothek für Bildungspolitische<br />

Forschung des Deutschen<br />

Instituts für Internationale Pädagogische<br />

Forschung in Berlin auf.<br />

KONTAKT<br />

Archivleiterin<br />

Dr. Bettina Irina Reimers<br />

Warschauer Str. 34–38, 10243 Berlin<br />

Telefon: 030 293360–2<br />

E-Mail: reimers@dipf.de<br />

Pädagogik: Erziehungswissenschaft<br />

Didaktik: Lehre vom Lehren<br />

und Lernen<br />

Dialektik: Erforschung der Wahrheit<br />

durch Aufweisung und Überwindung<br />

von Widersprüchen<br />

Humanismus: Denken und<br />

Handeln im Bewußtsein der<br />

Würde des Menschen<br />

Philosophie: Streben nach Erkenntnis<br />

des Zusammenhanges<br />

der Dinge in der Welt<br />

Die Zeitschrift „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />

verlost zwei Exemplare<br />

von Prof. Dr. Lothar Klingbergs Werk<br />

„Unterrichtsprozeß und didaktische<br />

Fragestellung“.<br />

Beantworten Sie folgende Frage:<br />

Wie nannte man in der DDR das<br />

ab der 8. Schulklasse obligatorische<br />

Unterrichtsfach, in welchem<br />

die Jugendlichen durch das Erlernen<br />

von praktischen Fähigkeiten<br />

an einem Wochentag in die<br />

sozialistischen Produktionsverhältnisse<br />

eingeführt wurden?<br />

Schreiben sie an:<br />

redaktion@wildpark-west.de<br />

Einsendeschluss ist der<br />

31. Dezember <strong>2018</strong><br />

10 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> 11


12 AUF DURCHREISE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


In seinen letzten Lebensjahren schlug Siegfried Singer sein Ferien-Domizil in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> auf, hier fand er Inspiration und fühlte sich wohl. Er schrieb, zeichnete<br />

und ließ sich von der Natur und der Stille der Siedlung künstlerisch anregen<br />

Rote Gaukler unter Eichen<br />

VON JANA FELLENBERG<br />

Siegfried Singer sucht man<br />

vergeblich in den Weiten der<br />

digitalen Welt – und doch hat<br />

er Spuren hinterlassen. Spuren<br />

in Ton und auf Papier, die unverwechselbar<br />

seine Handschrift tragen.<br />

Und das kann man wirklich wörtlich<br />

nehmen; er hatte Hände, die von<br />

hartem Schaffen geformt nur schwer<br />

mit seinen Werken in Verbindung zu<br />

bringen sind, Arbeiterhände.<br />

Singer wurde am 12. März 1931<br />

zusammen mit seinem Zwillingsbruder<br />

Gerhard in Dresden geboren,<br />

besuchte dort ab 1937 die Volkshochschule<br />

und ab August 1942 die<br />

Oberschule. Er bezeichnete diese<br />

Zeit später selbst als sehr prägend, da<br />

er dort eine fachlich und künstlerisch<br />

exzellente Ausbildung erhielt, eine<br />

Ausbildung die in damaliger Zeit nur<br />

ausgewählten Knaben zukam. Seine<br />

Jugend schützte ihn vor der leidvollen<br />

Erfahrung, in den letzten Kriegstagen<br />

noch eingezogen zu werden;<br />

nicht jedoch davor, den Bombenhagel<br />

am 13. Februar 1945 auf die Elbestadt<br />

zu erleben. Siegfried, der außer<br />

seinem Zwillingsbruder noch eine<br />

Schwester und einen jüngeren Bruder<br />

hatte, war gerade mit ihnen und der<br />

Mutter von der Abendveranstaltung<br />

im Circus Sarasani unterwegs zurück<br />

in die Dürerstraße, als sie in die erste<br />

Bomberwelle gerieten. Wer die Berichte<br />

über diese Nacht gelesen hat<br />

weiß, was die Menschen dort erlitten.<br />

Die Singers überlebten, jedoch war<br />

die elterliche Wohnung inzwischen<br />

ausgebombt. Die Mutter flüchtete<br />

mit den vier Kindern zu Verwandten<br />

ins Sudetenland, dort wurden sie<br />

aber Ende Mai 1945 wieder ausgewiesen<br />

und kehrten in ihre zerstörte<br />

Heimatstadt zurück.<br />

Siegfried Singer beim Zeichnen an<br />

seinem Schreibtisch. Foto: Privat<br />

Die Schulen waren Trümmerhaufen,<br />

die Not war überall groß. Undenkbar<br />

die Oberschulausbildung in<br />

der begonnenen Form fortzusetzen,<br />

die Stadt musste wieder aufgebaut<br />

werden. Schon im <strong>Herbst</strong> erlernte<br />

er den Beruf eines Maurers und legte<br />

1948 die Gesellenprüfung ab. In<br />

dieser Zeit entdeckte er wohl seine<br />

künstlerische Ader, und probierte<br />

sich vor allem im Zeichnen. Mehrere<br />

Quellen berichten, dass Singer sich<br />

besonders für Bühnengestaltung interessierte<br />

– ein Traum, der aber erst<br />

einmal der Realität der Nachkriegszeit<br />

weichen musste. Gemeinsam<br />

mit einem vom FDGB zusammengestellten<br />

Jugendaktiv arbeitete er auf<br />

„Wanderschaft durch Mecklenburg“<br />

beim Bau von Neubauernhöfen (Befehl<br />

209) in Watzkendorf (1948), Flatow<br />

und Blankensee (1949), war auch<br />

bei der Errichtung der Werner-Seelenbinder-Halle<br />

in Berlin und dem<br />

Stahl- und Walzwerk Brandenburg<br />

dabei.<br />

Stetige Weiterentwicklung<br />

Wie man seinen schriftlichen Aufzeichnungen<br />

entnehmen kann, bedeutete<br />

ihm die Arbeit und auch die<br />

stetige Weiterentwicklung sehr viel.<br />

Auch wenn er anfangs wohl viel lieber<br />

Kunst studiert hätte, konnte er 1950<br />

ein Studium an der Baufachschule<br />

Brandenburg beginnen, welches<br />

er 1954 als Bauingenieur abschloss.<br />

Später lehrte er selbst in Glauchau<br />

Links: Selbstbildnis (1998)<br />

Rechts: Sein Feriendomizil,<br />

Haus im Fuchsweg 11a (1998)<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> AUF DURCHREISE 13


ÜBER DIE ARBEIT<br />

Ich hatte kürzlich einen Gast,<br />

sein Leben schien nur Jammer,<br />

Arbeit war ihm nur Qual und Last,<br />

täglich ein echter Hammer.<br />

Hat er wohl einmal schon bedacht<br />

wie`s ohne Arbeit wäre,<br />

wenn sich ganz plötzlich über Nacht<br />

alles einfach umkehre?<br />

Auf Arbeit schimpft man nur so lang,<br />

wie man noch welche hatte,<br />

erst dann erhält sie ihren Rang,<br />

steht täglich zur Debatte.<br />

Dann ist oft jedes Mittel recht,<br />

nur etwas tun! Nicht warten!<br />

Die Arbeit war gar nicht so schlecht,<br />

nun sitz` ich hier im Garten.<br />

Vergessen die Bequemlichkeit,<br />

erwachen ohne Wecker,<br />

am Frühstückstisch schon Heiterkeit,<br />

Brötchen ganz frisch vom Bäcker.<br />

und arbeitete seit Mitte der fünfziger<br />

Jahre bei der Wasserwirtschaft<br />

in seiner Geburtsstadt. Einem Abstecher<br />

nach Magdeburg, wo er Gastvorlesungen<br />

an der dortigen Ingenieurhochschule<br />

hielt, folgten zahlreiche<br />

fachliche Qualifikationen. Seit 1983<br />

arbeitete er im Forschungszentrum<br />

Wassertechnik der Elbestadt, leitete<br />

dort verschiedene Experimentalvorhaben<br />

und wurde 1989 Leiter Versuchswesen.<br />

Für viele seiner Altersgefährten<br />

kam nun mit der Wende<br />

das Aus, Singer jedoch fand berufliche<br />

Erfüllung in einem Baubüro für<br />

Planung und Bauleitung von Wasserversorgungsanlagen,<br />

noch lange<br />

über das Rentenalter hinaus! Leben<br />

bedeutete ihm immer auch Lernen.<br />

Deshalb freute es ihn besonders, als<br />

Harlekin<br />

roter Ton, um 1999<br />

Höhe 15 cm<br />

dies im reifen Alter von fast siebzig<br />

Jahren, auch Anerkennung in Form<br />

eines Diplom-Ingenieur (FH) fand.<br />

Spätphase seines Schaffens<br />

Erst in den 1990er Jahren besann<br />

er sich wieder auf seine „künstlerische<br />

Ader“, der Beginn der Spätphase<br />

seines Schaffens. Auf seinen<br />

vielen Reisen, die familiäre Situation<br />

erlaubte dies nun, fertigte er zahlreiche<br />

Aquarelle und Zeichnungen an.<br />

Zum Modellieren von Ton kam er<br />

zwar spät, hatte aber unglaubliches<br />

Geschick. Seine liebenswerten Figuren<br />

fertigte er zu Hause, ehe er sie<br />

– mit großem logistischen Aufwand<br />

und immer der Angst im Nacken, sie<br />

könnten beim Transport zerstört werden<br />

– mit nach <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> nahm.<br />

Gaukler mit Quetschkomode<br />

roter Ton, um 1999<br />

Höhe ca. 15 cm<br />

Mir hat die Arbeit Spaß gemacht,<br />

über die vielen Jahre,<br />

hat manch` Erkenntnis mir gebracht<br />

und nicht nur graue Haare.<br />

Nicht was der Mensch ist,<br />

was er tut – das bleibt<br />

ihm unverloren<br />

sein Eigentum, nur dieses Gut<br />

hat Achtung stets geboren.<br />

So sehe ich halt diese Welt,<br />

urteile und entscheide.<br />

Natürlich freute mich auch`s Geld!<br />

Sonst wär` ich nämlich pleite …<br />

Siegfried Singer, 1999<br />

14 AUF DURCHREISE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Dort wurden sie zweimal gebrannt<br />

und strahlen nun große Güte und<br />

menschliche Wärme aus.<br />

Sein Ferien-Domizil schlug er dabei<br />

immer in der historisch bedeutsamen<br />

Villa im Fuchsweg 11a auf, hier<br />

fand Singer Inspiration und fühlte<br />

sich wohl. Dem Haus und seiner Bewohnerin<br />

schuf er mit seiner Zeichnung<br />

eine bleibende Erinnerung.<br />

In der Waldsiedlung verbrachte<br />

er die letzten Sommer seines Lebens,<br />

schrieb, zeichnete und ließ sich von<br />

der Natur und der Stille des kleinen<br />

Ortes künstlerisch anregen. Regelmäßig<br />

unternahm er Spaziergänge,<br />

besuchte die Potsdamer Schlösser<br />

und Gärten oder fuhr ganz einfach<br />

mit dem Ruderboot auf der Havel. Im<br />

Winter 2001/2002 erkrankte Singer<br />

plötzlich und verstarb am 30. April<br />

2002 in Dresden. Sein Zwillingsbruder<br />

Gerhard sowie seine Tochter und<br />

sein Sohn leben noch heute in Dresden.<br />

Autorin Jana Fellenberg, 1967 in<br />

Potsdam geboren,<br />

Dipl. Informatikerin,<br />

verheiratet, lebt seit ihrer<br />

Kindheit in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

FAHRT UND ANKUNFT<br />

Die Seele baumelt so dahin,<br />

Musik ist mein Begleiter.<br />

Nur kurz ein Blick, wo ich wohl bin<br />

und weiter geht es, weiter.<br />

Der Weg, der überall markiert.<br />

Mein „Skoda“ kennt die Strecke.<br />

Das Ziel ward ihm ja „eingraviert“,<br />

vom Tor an Deiner Hecke.<br />

Ich bin nun fast an meinem Ziel,<br />

was wird mich wohl erwarten?<br />

Warum nur dies` Gedankenspiel?<br />

Wie stehen meine Karten?<br />

…<br />

Hexe<br />

roter Ton, um 1999<br />

Höhe 15 cm<br />

Laß den Gefühlen freien Lauf<br />

und auch dem Lauf der Worte.<br />

Ich freue mich doch schon so drauf!<br />

Weit öffne Deine Pforte!<br />

Steh ich dann wieder vor der Tür,<br />

schau in zwei liebe Augen.<br />

Was fühl ich da, was sag ich bloß?<br />

Fast will ich`s gar nicht glauben.<br />

Dann wird es laut, da wo mein Herz,<br />

dann jubelt meine Seele.<br />

Der Puls geht hoch auf hundert Hertz,<br />

ganz eng wird sie, die Kehle.<br />

…<br />

Ich trat ins Haus, zu ging die Tür.<br />

Schluß jetzt; nun kommen Pflichten.<br />

Kein Wort darüber ich verlier`,<br />

– jetzt hör ich auf zu dichten.<br />

Siegfried Singer, 1998<br />

Fotos: Jim Kent<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> AUF DURCHREISE 15


Seit 1956 ist Matthias Fannrich mit <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> verbunden. Keine Ferien,<br />

die er nicht bei seiner Großmutter verbracht hat. Heute engagiert er<br />

sich in der Kommunalpolitik und ist Gemeindevertreter.<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, mein <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

VON MATTHIAS FANNRICH<br />

Gemeinde Schwielowsee<br />

besteht aus den<br />

Ortsteilen Caputh, Ferch<br />

„Die<br />

und Geltow. Zum Ortsteil<br />

Geltow gehört der bewohnte Gemeindeteil<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.“<br />

So steht es in der Hauptsatzung<br />

unserer Gemeinde im §1 (2) vom<br />

24. Juni 2014. Das klingt natürlich<br />

sehr spröde. Viel besser trifft es eine<br />

Überschrift im Internetauftritt unserer<br />

Gemeinde die lautet: „Leben, wo<br />

andere Urlaub machen!“. Genau –<br />

Wassersport, Wandern, Laufen, Radfahren<br />

oder im Liegestuhl liegend<br />

die Natur genießen. Und um das alles<br />

genießen zu können müssen wir es<br />

auch bewahren, wir müssen pfleglich<br />

mit unserer Natur umgehen hier und<br />

überall.<br />

Als Carsten Sicora mir das Projekt<br />

dieser Heimatzeitschrift vorstellte,<br />

habe ich nicht schlecht gestaunt, was<br />

für Initiativen es alles gibt und gerne<br />

zugesagt, diesen Artikel zu schreiben<br />

– eine kommunalpolitische Sicht auf<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und unsere Gemeinde.<br />

Ein großer Vertrauensvorschuss<br />

Bei der letzten Kommunalwahl<br />

2014 habe ich mich für das Bürgerbündnis<br />

Schwielowsee aufstellen<br />

lassen und wurde in den Ortsbeirat<br />

und auch in die Gemeindevertretung<br />

gewählt. Ein großer Vertrauensvorschuss<br />

der Wähler, mit dem man nicht<br />

leichtfertig umgehen darf. Im Ortsbeirat<br />

von Geltow und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

sind wir neun gewählte Ortsbeiratsmitglieder<br />

und in der Gemeindevertretung<br />

für Schwielowsee sind wir 22<br />

gewählte Vertreter. Dazu kommen<br />

dann noch 22 sachkundige Einwohner<br />

ohne Stimmrecht, aber mit Sachverstand.<br />

Und wie sieht das kommunalpolitische<br />

Jahr in Schwielowsee<br />

aus? In fünf Sitzungsfolgen pro Jahr<br />

trifft sich erst der Ortsbeirat zur Anhörung,<br />

danach die vier Ausschüsse<br />

(KSA - Ausschuss für Kultur, Schulen,<br />

Soziales und Sport, IEA – Ausschuss<br />

für Infrastrukturentwicklung, FWA<br />

– Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft<br />

und der Hauptausschuss) und<br />

zum Schluss die Gemeindevertretung<br />

und hier wird entschieden. So kommen<br />

bei mir mindestens 20 Sitzungen<br />

zusammen mit den zusätzlichen<br />

Treffen zur Vor- und Nachbereitung,<br />

zur Abstimmung in der Fraktion und<br />

zur Information über die zu entscheidenden<br />

Themen. Und was sind die<br />

Zutaten für eine gute kommunalpolitische<br />

Arbeit? Sachkenntnis, Augenmaß,<br />

Umsicht, Zukunftsvision und<br />

Verantwortungsbewusstsein, aber<br />

auch Beharrlichkeit, Geduld und natürlich<br />

ein offenes Ohr für jeden der<br />

das Gespräch sucht.<br />

„Leben,<br />

wo andere<br />

Urlaub machen!“<br />

Matthias Fannrich<br />

In unserer Kommunalpolitik in<br />

der Gemeinde Schwielowsee werden<br />

natürlich auch alle Entscheidungen<br />

über Mehrheiten erreicht und die<br />

bilden sich sehr unterschiedlich und<br />

über Fraktionen hinaus. Im Gegensatz<br />

zur großen Politik haben wir<br />

keine Bühne auf der wir lautstark<br />

und wortgewaltig uns in Szene setzen<br />

müssen, sondern wir können mit<br />

angemessenem Ton diskutieren und<br />

dann die Entscheidungen treffen, die<br />

bei manchen Themen nicht im Sinne<br />

aller Bürger unserer Gemeinde sind.<br />

Tagesordnungspunkt<br />

Bürgeranfragen<br />

Eine bewährte und sinnvolle Einrichtung<br />

ist der in fast allen öffentlichen<br />

Sitzungen stattfindende Tagesordnungspunkt<br />

Bürgeranfragen, bei<br />

dem zu den Tagesordnungspunkten<br />

das zum Ausdruck gebracht werden<br />

kann, was die Betroffenen umtreibt.<br />

Wenn dieses Betroffen sein organisiert<br />

wird, können Bürgerinitiativen<br />

entstehen, die eine starke Stimme<br />

haben und mit Engagement ihr Interesse<br />

und Ziel zum Ausdruck bringen.<br />

Für das Neue Forum in<br />

die Gemeindevertretung<br />

Am 6. Mai 1990 wurde ich bei der<br />

ersten freien Kommunalwahl in der<br />

DDR für das Neue Forum in die Gemeindevertretung<br />

von Geltow und<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> gewählt. Albrecht<br />

Herrmann war der Bürgermeister und<br />

wir haben gemeinsam schnell lernen<br />

müssen, wie Demokratie funktioniert<br />

und in welcher Reihenfolge was anzupacken<br />

ist. Da war der Umbau der<br />

Gemeindeverwaltung, die Klärung<br />

von Eigentumsfragen, die Schaffung<br />

einer Infrastruktur z.B. für das Abwasser<br />

und Gas, ein Flurordnungsverfahren,<br />

der Flächennutzungsplan und<br />

eine Gestaltungssatzung für unseren<br />

Ort. Aber auch ganz banale Tagesprobleme<br />

waren zu behandeln, was wird<br />

zum Beispiel aus dem Fährbetrieb<br />

nach Werder Inselstadt.<br />

2002, nach zwei weiteren Legislaturperioden<br />

in denen dann Horst Geßwein<br />

der Bürgermeister war, zog ich<br />

mich aus der kommunalpolitischen<br />

Arbeit zurück. Am 1. Januar 2003<br />

wurde die Gemeinde Schwielowsee<br />

aus den drei Gemeinden Geltow,<br />

Caputh und Ferch gebildet.<br />

Seit 1956 bin ich mit <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

verbunden. Keine Ferien,<br />

Foto: Privat<br />

16 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Matthias Fannrich wohnt in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

und ist leidenschaftlicher Radfahrer


„Für Wunder muss man beten,<br />

für Veränderung muss man arbeiten.“<br />

Matthias Fannrich<br />

die ich nicht bei meiner Großmutter<br />

Luise Silwedel verbracht habe und<br />

fast jedes Wochenende auf dem elterlichen<br />

Wochenendgrundstück.<br />

Hier habe ich dann 1982 zusammen<br />

mit meiner Frau Annette ein Haus gebaut<br />

und eine Familie gegründet und<br />

hier sind unsere drei Kinder Theresa,<br />

Justus und Johanna groß geworden.<br />

In <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sind wir zu Hause.<br />

Ein sibirisches Sprichwort sagt:<br />

„Nicht wo du die Bäume kennst, wo<br />

die Bäume dich kennen, ist deine<br />

Heimat.“ Viele Wohnhäuser sind in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> entstanden und werden<br />

auch zukünftig entstehen. Da<br />

steht der eine oder andere Baum im<br />

Weg und muss fallen. Unser aller Interesse<br />

und die Pflicht jeder Familie,<br />

jedes Einwohners muss es sein Ersatz<br />

zu schaffen, junge Bäume zu pflanzen<br />

und zu pflegen und so <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

als Waldsiedlung in der Gemeinde<br />

Schwielowsee zu bewahren.<br />

Weder reibungslos<br />

noch geräuschfrei<br />

Das was in der Kommunalpolitik<br />

entschieden wird muss die Verwaltung<br />

der Gemeinde umsetzen. Neben<br />

allen Pflichtaufgaben sind auch viele<br />

freiwillige Leistungen zu erledigen.<br />

Eine kleine Aufzählung soll die Themenvielfalt<br />

verdeutlichen: Schulen<br />

und Kindereinrichtungen und die Betreuung<br />

der Kinder in allen fünf Einrichtungen,<br />

Feuerwehr mit den drei<br />

Wehrstandorten, bauliche Entwicklung<br />

über den Flächennutzungsplan<br />

und Baupläne, Entwicklung von Gewerbestandorten,<br />

Vereinsleben und<br />

Senioren in unserer Gemeinde, Kultur<br />

und Tourismus und Straßenbau, Straßeninstandsetzung,<br />

Schulwegsicherung<br />

und Beleuchtung und noch vieles<br />

mehr. Die Zusammenarbeit von<br />

Kommunalpolitik und Verwaltung ist<br />

weder reibungslos noch geräuschfrei.<br />

Der Kontakt zu den einzelnen Verwaltungsmitarbeitern<br />

ist problemlos<br />

und der Umgang miteinander ist sehr<br />

gut und freundlich. Es ist der Weg von<br />

der politischen Entscheidung bis zur<br />

Erledigung aller damit im Zusammenhang<br />

stehenden Aufgaben der steinig<br />

ist und auf dem wir uns gemeinsam<br />

die eine oder andere Brüsche geholt<br />

haben, holen werden und wo auch<br />

Fehler gemacht werden. Fehler sind<br />

verzeihlich, ihre Wiederholung nicht.<br />

Information, Transparenz und Offenheit<br />

müssen bei diesem Miteinander<br />

von Politik und Verwaltung besser<br />

praktiziert werden.<br />

Wir sind ein Gemeinwesen<br />

Mit meiner Wahl zum Gemeindevertreter<br />

wurde mir durch die anderen<br />

gewählten Gemeindevertreter die<br />

Aufgabe übertragen, im Ausschuss<br />

für Finanzen und Wirtschaft den Vorsitz<br />

zu übernehmen. Hier bereiten<br />

sieben Gemeindevertreter und sieben<br />

sachkundige Einwohner gemeinsam<br />

mit der Fachbereichsleiterin Frau<br />

Lietz alle finanziellen Entscheidungen<br />

für die Gemeindevertretung vor.<br />

An erster Stelle ist das der Jahreshaushalt.<br />

<strong>2018</strong> stehen uns ca. 22 Millionen<br />

Euro zur Verfügung, mit denen<br />

sorgsam umzugehen ist. Das klingt<br />

zwar viel, ist aber für die Erfüllung<br />

aller Aufgaben sehr wenig. Fördermittel<br />

werden bei vielen Aufgaben<br />

dringend gebraucht und auch Anliegerbeiträge<br />

müssen erhoben werden<br />

wo umlagefähige Bauten entstanden<br />

sind. Besonders wichtig ist auch das<br />

bürgerschaftliche Engagement wie<br />

zum Beispiel beim Klettergerüst an<br />

der Badestelle in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Da<br />

waren nicht nur fleißige Hände erforderlich,<br />

sondern auch die eine oder<br />

andere kleine und große Spende um<br />

genau dieses Klettergerüst auch bauen<br />

zu können.<br />

Ich kann nur jede <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>lerin<br />

und jeden <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>ler<br />

dazu auffordern, sich an diesem gemeinschaftlichen<br />

Zusammenleben<br />

zu beteiligen und einen Beitrag zu<br />

leisten. Wir sind ein Gemeinwesen<br />

und wollen es als Gemeinwohl erleben.<br />

Weihnachtsmarkt, Pfingstkonzert,<br />

Volkssolidarität, Frühjahrsputz,<br />

Osterfeuer, Heimatfest, Baumpatenschaft,<br />

Pflege des Bürgerclubgeländes,<br />

Mitarbeit im <strong>Wildpark</strong> Verein<br />

oder in der Bürgerinitiative „Waldsiedlung<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“ sind eine<br />

Auswahl von Möglichkeiten mitzumachen<br />

und dabei zu sein.<br />

Ich wünsche uns allen einen<br />

schönen Restsommer mit<br />

Landregen in der Nacht und<br />

Sonnenschein am Tag<br />

und grüße herzlich<br />

Matthias Fannrich<br />

Autor Matthias Fannrich, 1956<br />

in Berlin geboren, lebt seit seiner<br />

Kindheit in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Dipl. Ing. für technische Verkehrskybernetik,<br />

verheiratet,<br />

drei Kinder.<br />

Mitglied des Ortsbeirates<br />

Geltow und der Gemeindevertretung<br />

Schwielowsee.<br />

18 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


„Clara! Auf der Welle lang, den Ellebogen mit hoch nehmen, schöööön weit<br />

vorn Wasser fassen!“ Konzentriert steuert Katrin Wagner-Augustin das kleine<br />

Motorboot neben der Juniorengruppe und gibt per Megaphon ihre Anweisung.<br />

Ein kleines Paradies<br />

VON CARSTEN SICORA<br />

Sie hat alles im Blick und verfolgt<br />

jede Bewegung ihrer<br />

Schützlinge mit der Stoppuhr<br />

in der Hand. Kein Fehler entgeht<br />

ihr.<br />

Die Sonne meint es auch heute<br />

morgen wieder viel zu gut mit den<br />

Sportlern, das bisschen Wind haben<br />

die jungen Olympiahoffnungen nun<br />

im Rücken. „Maurice, 38, gut so!“<br />

Die Jungs in den Einer-Canadiers,<br />

mit breiten Schultern und kräftigen<br />

Oberarmen wahrhafte Modellathleten,<br />

sowie das blonde sympathische<br />

Mädchen im Kajak nehmen den letzten<br />

Kilometer ihrer morgendlichen<br />

Trainingsrunde in Angriff, als es geschieht:<br />

„Fabien! Ruhiger werden!<br />

Halt das Boot stabil!“ Doch der 18jährige,<br />

gerade von der Junioren-Weltmeisterschaft<br />

im rumänischen Pitesti<br />

mit zwei Bronzemedaillen im Gepäck<br />

zurückgekehrt und eher auf der<br />

Sprintstrecke zuhause sowie sein ein<br />

Jahr jüngerer Trainingskamerad Maurice,<br />

der sich wohl noch etwas quälen<br />

muss, um bei der im nächsten Jahr<br />

stattfindenden Europameisterschaft<br />

dabei sein zu dürfen, haben keine<br />

Chance. Die Bugwelle des am Anleger<br />

des Kongresshotels rücksichtslos<br />

ablegenden Wassertaxis trifft die<br />

dicht versetzt fahrenden Boote auf<br />

ihrer Steuerbordseite. Keine Chance<br />

mehr zu reagieren, die Paddel berühren<br />

sich und die beiden Jungs gehen<br />

kopfüber baden. Rettung von Schiffbrüchigen<br />

ist im Taxifahrplan nicht<br />

vorgesehen, doch Katrin Wagner-Augustin,<br />

hat die Situation schon vorausgesehen.<br />

In wenigen Sekunden<br />

bringt der 20 PS starke Außenborder<br />

das Boot der Trainerin zur „Unglücksstelle“.<br />

Ironie oder Zufall, dass am<br />

Heck die blau gelb gestreifte Signalflagge<br />

„Golf“ weht? „Keine Sorge! Die<br />

Jungs schwimmen wie die Fische und<br />

es passiert gar nicht so selten, dass<br />

sie in der Havel landen. In diesem<br />

Sommer ist das Wasser ja wirklich<br />

schön warm. Im Winter bei -8°C sieht<br />

das schon anders aus. Ohne Neopren<br />

heißt es da schnell wieder aus dem<br />

Wasser kommen.“<br />

„Besonders den<br />

neuen Häuslebauern<br />

muss man - bevor<br />

gebaut wird! - sagen,<br />

wie wichtig die<br />

Bäume, wie wichtig<br />

eine intakte Natur<br />

für uns alle ist.“<br />

Katrin Wagner-Augustin<br />

Wunderschöne Natur und Tierwelt<br />

Die junge Frau mit der Sonnenbrille<br />

weiß, wovon sie spricht. In<br />

Kanukreisen ist die vierfache Olympiasiegerin<br />

und zehnfache Weltmeisterin<br />

eine Legende. Seit 2004<br />

lebt sie zusammen mit ihrer Familie<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. „Für mich stand<br />

schon immer fest, dass dies mal mein<br />

Zuhause wird, zumal auch meine<br />

Schwester eine Zeitlang dort wohnte.<br />

Vom Wasser aus hat mich die Gegend<br />

eh fasziniert, da ich oft auf der<br />

Regattastrecke vor Werder gefahren<br />

bin. Das kannte ich alles schon. Die<br />

wunderschöne Natur und die Tierwelt,<br />

versteckt im Schilf am Ufer, hat<br />

es mir schon früher angetan. Fast alle<br />

Kanuten lieben die Natur.“<br />

Ihr Vater war Ozier, die Familie<br />

lebte in Potsdam in der Geschwister-Scholl-Straße.<br />

Oft ist sie zusammen<br />

mit ihren älteren Geschwistern<br />

und den Eltern mit den Rädern durch<br />

den <strong>Wildpark</strong> in die Waldsiedlung<br />

gefahren. Entgegen ihrem sonstigen<br />

Naturell, das eher von einer gewissen<br />

preußischen Ungezwungenheit<br />

dominiert wird, gerät sie regelrecht<br />

ins Schwärmen: „Es ist wie ein kleines<br />

Paradies und ich hoffe sehr, dass es<br />

dies auch noch lange bleibt! Ich finde<br />

es ganz gut, dass sich so viele Bürger<br />

hier im Ort für die Waldsiedlung<br />

einsetzen. Die Sache mit den vielen<br />

gefällten Bäumen hat auch mich sehr<br />

nachdenklich gemacht und mit dem<br />

Wissen von heute sehe ich vieles mit<br />

anderen Augen. Besonders den neuen<br />

Häuslebauern muss man - bevor<br />

gebaut wird! - sagen, wie wichtig die<br />

Bäume, wie wichtig eine intakte Natur<br />

für uns alle ist.“<br />

Zusammen mit ihrer Familie und<br />

den zwei Katzen lebt sie nun unter<br />

den alten Kiefern unweit der Havel<br />

und fühlt sich rundherum wohl. Auch<br />

ihre Eltern wohnen am Siedlungsrand.<br />

„Lars, meinen Ehemann, lernte<br />

ich 1998 im Olympiastützpunkt am<br />

Luftschiffhafen kennen“, erinnert<br />

sich die Sportsoldatin. „Es war wohl<br />

eher Sympathie auf den zweiten Blick.<br />

Erst flogen sportlich die Fetzen – die<br />

Liebe kam später. Er war gerade als<br />

frischgebackener Juniorenweltmeister<br />

zu uns gestoßen, doch konnte er<br />

mich mit solch einem Titel natürlich<br />

kaum beeindrucken. Die hier trainierten,<br />

waren alle gut drauf“, verrät sie<br />

lachend. „Die Olympischen Spiele in<br />

Atlanta 1996 hatte ich als 19jährige<br />

verpasst, war nur im Anschlusskader<br />

und bereitete mich schon auf Sydney<br />

2000 vor. Zu diesem Zeitpunkt hatte<br />

Lars bereits das Paddel aus der Hand<br />

gelegt und ein Studium als Betriebswirt<br />

in Angriff genommen. Um gute<br />

Leistungen als Sportler abliefern zu<br />

können und um vielleicht später ein-<br />

Foto: Lars Augustin<br />

20 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Gartenarbeit mit Flöckchen,<br />

Katrin Wagner-Augustin in<br />

ihrem kleinen Paradies.


LIEBLINGSMUSIK<br />

Deutsch-Pop<br />

LIEBLINGSESSEN<br />

Gemischter Salat<br />

HOBBYS<br />

„Wenn ich mal mehr Zeit habe,<br />

dann möchte ich ein paar Bienenvölker<br />

haben und ,<strong>Wildpark</strong>er<br />

Honig‘ produzieren.“<br />

LEBENSMOTTO<br />

VOLLE KRAFT VORAUS!<br />

Sevilla, März 2012<br />

mal eine Familie zu gründen, braucht<br />

man auch Sicherheiten.“ Diese Sicherheit<br />

fand sie in der Sportfördergruppe<br />

der Bundeswehr sowohl in<br />

ihrer aktiven Zeit als Athletin, wie<br />

auch jetzt als Trainerin. Dabei wollte<br />

sie damals nur mit dabei sein und begleitete<br />

ihre Schwester deshalb mehr<br />

aus Spaß an der Sache zum Training<br />

in die traditionsreiche Sportstätte<br />

am Luftschiffhafen. „Kurioserweise<br />

fuhr ich das kurze Stück aber immer<br />

mit der Bahn, nie mit dem Rad“, erinnert<br />

sie sich. „Irgendwann wurde<br />

es dann aber mal konkret, ich wurde<br />

in die Sportschule aufgenommen,<br />

konnte aber zu Hause schlafen.“ 1995<br />

dann der Durchbruch: Bei den nationalen<br />

Ausscheidungen ualifizierte<br />

sie sich zur Junioren-Weltmeisterschaft<br />

im tschechischen Racice, von<br />

wo sie gleich mit Titelehren wiederkam.<br />

„Das war noch in der Zeit meiner<br />

Ausbildung zur Arzthelferin“,<br />

berichtet sie. „Eigentlich wollte ich<br />

technische Zeichnerin oder Lehrerin<br />

werden, aber nach einem Praktikum<br />

in einer Arztpraxis hatte ich es mir<br />

doch anders überlegt. Heute, hier auf<br />

dem Wasser, kann ich den Jungs und<br />

Mädels aber etwas von dem zurückgeben,<br />

was ich damals selbst als junge<br />

Sportlerin erhielt. Die Arbeit als<br />

Trainerin macht mir deshalb wirklich<br />

richtigen Spaß, auch wenn sich die<br />

Arbeitszeiten durch das Vormittagsund<br />

Nachmittagstraining nicht sehr<br />

familienfreundlich gestalten, aber<br />

das liegt in der Natur der Sache.“ Seit<br />

Fotos: Lars Augustin<br />

2011 gehört Fußballfan Emil, der gerade<br />

beim hiesigen Verein in Geltow<br />

seinen ersten Spielerpass erhalten<br />

hat, mit zur Familie, 2015 kam dann<br />

noch Amelie hinzu. Zum Glück helfen<br />

beide Großelternpaare, wenn Not<br />

am Mann ist, sonst wäre die Aufgabe<br />

nur schwer zu bewältigen. Auch weil<br />

Katrin immer noch oft unterwegs<br />

ist. Wenn Emil früh in den Schulbus<br />

steigt, bleibt nur noch eine Viertelstunde<br />

bis zum Trainingsbeginn, da<br />

darf nichts dazwischen kommen. Ihr<br />

Trainervorbild Rolf-Dieter Amend war<br />

in dieser Hinsicht sehr streng. „Kam<br />

ich zu spät zum Trainingsbeginn, war<br />

die Gruppe schon auf dem Wasser<br />

und man konnte nur noch hinterherschauen.<br />

Da fehlt mir vielleicht noch<br />

etwas die Strenge bei meiner ersten<br />

eigenen Trainingsgruppe. Ich habe<br />

viel bei ihm gelernt und halte deshalb<br />

auch an Bewährtem fest“, erzählt sie<br />

weiter. „Bei den Jungs, die teilweise<br />

schon Autogrammpost beantworten<br />

müssen, zählt aber Leistung noch<br />

etwas und man muss sie eigentlich<br />

kaum motivieren.“ Im Kraftraum<br />

hängt das Signet von „Tokio 2020“<br />

groß an der Wand, das scheint Motivation<br />

genug. „Die Bedingungen<br />

im Olympiastützpunkt sind optimal.<br />

Dr. Klaus Weber, der auch in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

beheimatet ist, hat in<br />

vielen Jahren der Forschung einen<br />

Strömungskanal für uns Sportler mitentwickelt,<br />

der einen unschätzbaren<br />

Nutzen für das Training mit sich<br />

bringt. Eigentlich richtet sich hier alles<br />

an den Olympischen Spielen aus.<br />

Hast Du dort Erfolg, hast Du alles<br />

richtig gemacht!“ Trotzdem zitterten<br />

ihr als Juniorenweltmeisterin im Jahr<br />

1997 die Knie, als sie zum ersten Mal<br />

mit Birgit Fischer zusammen ins Boot<br />

stieg und gleich zum Weltmeistertitel<br />

fuhr. „Schon drei Jahre später hatte<br />

ich die Qualifikation für die Olympischen<br />

Spiele in Sydney geschafft<br />

und konnte mit meinem großen Idol<br />

Birgit Fischer 2x Gold aus dem Wasser<br />

ziehen, im Zweier-Kajak über 500<br />

Meter und im Vierer über 500 Meter.<br />

Wenn alles gut läuft, kann man den<br />

Sport lange auf hohem Niveau betreiben.<br />

Man ist viel an der frischen Luft<br />

und auch deshalb hatte ich wohl nie<br />

gesundheitliche Probleme, nur mit<br />

den Verspannungen im Rücken muss<br />

man ein wenig aufpassen und ihnen<br />

konzentriert entgegen wirken.“<br />

Alles ist wie eine große Familie<br />

Heute teilt sie ihr Büro im Luftschiffhafen<br />

mit Lutz Altepost, der wie<br />

sie 2008 in Peking eine Bronzemedaille<br />

errang. Für Katrin gab es dann<br />

noch im K4 auf ihrer Lieblingsdistanz<br />

Gold obendrauf und die verpflichtende<br />

Ehre die deutsche Fahne bei<br />

der Abschlusskundgebung ins Stadionrund<br />

zu tragen. „Nicht nur daran,<br />

auch an die Regattastrecke von Peking<br />

und die von Sydney bei meiner<br />

ersten Olympiade erinnere ich mich<br />

sehr gern. Große Tribünen – man ist<br />

sehr nah an den Zuschauern! Doch<br />

auch die Strecke in Duisburg, wo ich<br />

22 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


meine letzte erfolgreiche WM fuhr,<br />

ist sehr schön. Die im ungarischen<br />

Szeged gefiel mir am besten. Die<br />

Ungarn sind überhaupt ‚kanuverrückt‘.<br />

Zuschauer und Sportler sind<br />

nah beieinander, alles ist wie eine<br />

große Familie. Auch heute noch übernachten<br />

die jungen Kanuten bei den<br />

Meisterschaften oft in Zelten an den<br />

Regattastrecken. Das bringt vielerlei<br />

Vorteile, vor allem sind die Wege zu<br />

den Wettkampfstätten kurz.“ Nach<br />

London 2012 beendete die gebürtige<br />

Brandenburgerin im Folgejahr<br />

nach 18 Jahren Leistungssport ihre<br />

Karriere. Im Anschluss an ihr Trainerdiplom<br />

an der Trainerakademie des<br />

DOSB in Köln gibt sie nun ihr Wissen<br />

an die junge Generation weiter.<br />

Namenlose gestreifte Pink Lady<br />

Maurice und Fabien, die Opfer des<br />

indisponierten Wassertaxichauffeurs<br />

nehmen ihr unfreiwilliges Bad mit<br />

Humor, das Wasser des Templiner<br />

Sees ist mit 26°C noch immer ungewöhnlich<br />

warm. Mit der Hilfe der<br />

Trainerin werden Paddel, Knieschale<br />

und ein abtreibendes Boot wieder<br />

eingesammelt, ehe sich die beiden<br />

wieder über die wacklige Bordwand<br />

des Begleitbootes hieven. Clara hat<br />

zu diesem Zeitpunkt längst die imaginäre<br />

Ziellinie am Olympiastützpunkt<br />

durchfahren: Etwas über 50:40<br />

Minuten benötigte sie für die 10 Km<br />

lange Strecke. Später beim Putzen<br />

der Bootsrümpfe erfolgt eine erste<br />

Auswertung. „Das ist schon nicht<br />

schlecht. Clara hat super Noten beim<br />

Abi gemacht, absolviert gerade ihr<br />

,Freiwilliges Soziales Jahr‘ und muss<br />

sich nun erst einmal durchbeißen.<br />

Das kann weh tun, aber ihr ist der unbedingte<br />

Wille anzumerken.“<br />

Unübersehbar liegt derweil ihre<br />

namenlose gestreifte Pink Lady,<br />

sauber aufgebockt zwischen den<br />

anderen Booten. Ein Geschenk ihres<br />

Ausrüsters und tägliche Motivation<br />

für den Nachwuchs. Der Aufkleber<br />

‚Zagreb 2012‘ ist nicht nur für sie<br />

die Erinnerung, wie schwer solch ein<br />

Durchbeißen sein kann …<br />

Katrin Wagner-Augustin, vierfache<br />

Olympiasiegerin im Kanurennsport,<br />

gewann 60 Medaillen bei Olympischen<br />

Spielen, Welt- und Europameisterschaften,<br />

davon 31x Gold,<br />

zählt zu den erfolgreichsten<br />

deutschen Sportlern überhaupt.<br />

Hohe staatliche Auszeichnungen:<br />

Goldenes Lorbeerblatt 2012,<br />

Brandenburgs Sportlerin des Jahres<br />

2006, 2008, Verdienstorden<br />

des Landes Brandenburg <strong>2018</strong><br />

usw. Bambi- Preisträgerin 2004,<br />

verheiratet, zwei Kinder,<br />

arbeitet heute als Trainerin im<br />

Olympia-Stützpunkt Potsdam.


„Die Baum-Mafia geht um“, betitelte am 10. März <strong>2018</strong> eine Werderaner Wochenzeitung<br />

ihren Beitrag über <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und löste dabei kontroverse Diskussionen auch in<br />

den Teilen der Einwohnerschaft aus, die sich nur wenige Tage vorher in einer<br />

Bürgerinitiative begonnen hatten zu organisieren.<br />

Das Geschäft mit der Angst<br />

VON CARSTEN SICORA<br />

Die Redakteurin spielte in ihrem<br />

aufwändig und sorgfältig<br />

recherchierten Beitrag<br />

offensichtlich auf das unseriöse<br />

Gebaren einzelner Firmen und<br />

ihrer Helfer an, die in den Monaten<br />

zuvor in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ganze Arbeit<br />

geleistet hatten. Wer will ihnen das<br />

schon verübeln, mit Holz kann man<br />

viel Geld verdienen …<br />

Vom Stolz der historischen Villensiedlung,<br />

der märkischen Kiefer,<br />

ist wahrlich nicht mehr viel geblieben.<br />

Breite Schneisen durchziehen<br />

heute den Ort und haben den einst<br />

zusammenhängenden, sich gegenseitig<br />

schützenden Baumbestand<br />

weit auseinandergerissen. Zerzaust<br />

vom Sturm, aber besonders von den<br />

Kettensägen schwer gezeichnet, ist<br />

dabei vor allem der östliche Teil der<br />

Waldsiedlung in Mitleidenschaft gezogen<br />

worden.<br />

Ein Baumkontrolleur<br />

ist kein Gutachter<br />

Ja, ja die Stürme! Nach solch gewaltigen<br />

Naturereignissen, wie sie<br />

auch schon 1972 und 2007 zu verzeichnen<br />

waren, lässt sich gutes<br />

Geld mit der Angst verdienen. Das<br />

mag moralisch bedenklich sein – ungesetzlich<br />

ist es aber nicht – wenn<br />

die bestehenden Bestimmungen<br />

des Naturschutzgesetzes oder der<br />

Baumschutzsatzung eingehalten<br />

werden. Und genau da liegt der<br />

Hase im Pfeffer! Während die Versicherungen<br />

nach Stürmen zahlreiche<br />

Neuabschlüsse verzeichnen,<br />

bei den Baumfällfirmen Goldgräberstimmung<br />

herrscht und die Preise<br />

für ihre Serviceleistungen ins Uferlose<br />

steigen, hat es der Baumschutz<br />

noch schwerer als sonst, bestätigt<br />

auch Baumgutachter Mario Zeidler.<br />

„Heftige Stürme richten natürlich<br />

immer wieder schwere Schäden<br />

an. Äste und Kronenteile brechen<br />

ab oder sogar ganze Bäume stürzen<br />

um. Die Angst vor materiellen oder<br />

menschlichen Schäden ist groß und<br />

berechtigt. Somit ist es auch nicht<br />

verwunderlich, dass nach Sturmereignissen<br />

die Baumfällungen stark<br />

zunehmen. Doch in der Regel kippen<br />

gesunde Bäume nicht einfach so um.<br />

Das geht oft mit vorherigen Baumschädigungen<br />

oder -krankheiten einher.<br />

Ein Baumgutachter kann deshalb<br />

in vielen Fällen mögliche Gefahren<br />

frühzeitig erkennen und abwenden.“<br />

Doch hat nicht auch die Gemeindeverwaltung<br />

Fachleute und einen<br />

Baumkontrolleur, der sich für den Erhalt<br />

der Großbäume wie z.B. Kiefern,<br />

Eichen und Fichten einsetzen sollte,<br />

wie es die Baumschutzsatzung vorschreibt?<br />

„Für eine Baumschau auf<br />

dem Grundstück um den gesamten<br />

Baumbestand zu beurteilen hat die<br />

Gemeinde keine Kapazität, die Eigentümer<br />

sollten sich an Sachverständige<br />

oder fachlich geschulte Personen<br />

wenden, die die Bäume einschätzen,<br />

um dann für einzelne Bäume entsprechende<br />

Anträge zu stellen. Wir<br />

reagieren auf Fällanträge bzw. Anträge<br />

zum Einkürzen oder auch um bei<br />

einzelnen Bäumen die Standsicherheit<br />

zu prüfen“, schreibt die Fachbereichsleiterin<br />

Bauangelegenheiten,<br />

Planung und Naturschutz Anke<br />

Simon in ihrer Antwort am 20. März<br />

<strong>2018</strong> auf die Anfrage eines Bürgers.<br />

Ein Baumkontrolleur ist kein Gutachter,<br />

seine fachliche Qualifikation deshalb<br />

nicht mit der eines Gutachters<br />

gleichzusetzen, wie es dem hohen<br />

Schutzgrad der Bäume angemessen<br />

wäre. Während ein Sachverständiger<br />

einen Baum fachmännisch mittels<br />

verschiedener Verfahren beurteilen<br />

CHRONIK<br />

Bürgerinitiative<br />

„Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />

DEZEMBER 2017<br />

Die Bürgermeisterin wird von den<br />

Vorgängen in der Waldsiedlung in<br />

Kenntnis gesetzt, Anzeige u.a. wegen<br />

illegaler Baumfällung und Verdacht<br />

der Amtsanmaßung gestellt.<br />

FEBRUAR <strong>2018</strong><br />

Anzeige durch Bürger gegen die<br />

Gemeindeverwaltung Schwielowsee<br />

bei der Unteren Naturschutzbehörde,<br />

Verdacht ordnungswidrigen und möglicherweise<br />

strafrechtlichen Handelns.<br />

Exemplarische Musterbaumschau der<br />

UNB und der Gemeindeverwaltung:<br />

Mehrere Fällanträge werden<br />

abgelehnt, Artenschutz findet erstmals<br />

Berücksichtigung.<br />

Bürgermeisterin erklärt: „Es gibt<br />

nichts zu beanstanden.“<br />

Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam<br />

zum Eilantrag „Aussetzung der<br />

Fällbescheide zwecks rechtlicher<br />

Überprüfung“ scheitert an Antragsbefugnis<br />

von Privatpersonen,<br />

Urteilsbegründung: Die Baumschutzsatzung<br />

dient dem Schutz öffentlicher<br />

Interessen, nämlich dem Schutz der<br />

Bäume.<br />

24 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


kann und seine erstellten Gutachten<br />

zudem von Versicherungen anerkannt<br />

und als gesetzlich empfohlene<br />

Baumschau akzeptiert werden, ist<br />

beim Baumkontrolleur der Gemeindeverwaltung<br />

eine andere Arbeitsweise<br />

angesagt. Nur die zahlreichen,<br />

mit roten Punkten aufgesprühten<br />

Fällmarkierungen geben einen Anhaltspunkt,<br />

dass er wirklich vor Ort<br />

gewesen sein könnte.<br />

Und wieso führt er Baumschauen<br />

durch, wenn gerade das die Fachbereichsleiterin<br />

ausgeschlossen hat?<br />

Hat die Bürgermeisterin ihre Verwaltung<br />

nicht mehr im Griff? Oder wie<br />

soll man es sonst verstehen, dass<br />

Frau Hoppe, die selbst zahlreiche<br />

Fällbescheide der Baustelle Helma<br />

unterschrieben hat, in Ferch auf der<br />

letzten Gemeindevertretersitzung<br />

den anwesenden Vertretern der<br />

Bürgerinitiative ehrlichen Herzens<br />

zusicherte, dass alle gesetzlichen<br />

Vorgaben vollumfänglich umgesetzt<br />

werden?<br />

Hauptsache, der<br />

Haushaltsplan stimmt<br />

Wie kann es sein, dass die Bürgermeisterin<br />

vor dem großformatigen<br />

Foto einer vertrockneten Nachpflanzung<br />

steht und sagt: „Es ist alles in<br />

Ordnung“ ...<br />

Ist das Realitätsverlust? Oder ist<br />

es die menschlich verständliche Absicht<br />

der Bürgermeisterin, fehlerhafte<br />

Entscheidungen der Gemeindeverwaltung<br />

zu decken? Da half es<br />

alles nichts, dass die 24-köpfige Abordnung<br />

aus der Waldsiedlung, Fotos<br />

vom Fuchsweg hoch hielt, neun kleine<br />

Bäume, die mit verkahlten Kronen<br />

bereits ein Jahr nach ihrer Neupflanzung<br />

2015 vom zuständigen Fachbereich<br />

der Gemeindeverwaltung<br />

ihrem Schicksal überlassen wurden.<br />

Das Geld ist durch die Vertragsfirma<br />

eingestrichen, alles andere macht<br />

nur Mühe. Hauptsache, der Haushaltsplan<br />

stimmt. Dumm nur, dass es<br />

da mündige Einwohner gibt, die nicht<br />

akzeptieren, wie mit ihren Steuergeldern<br />

umgegangen wird. Einwohner,<br />

die das ständige Schönreden<br />

satt haben und einfach selber anpacken.<br />

Die Bäume nachpflanzen, sie<br />

mit Dreiböcken und Gießringen versehen<br />

und wochenlang in der großen<br />

Hitze mit dem eigenen Traktor – sehr<br />

zur Freude der Kinder übrigens – täglich<br />

1.000 Liter gießen.<br />

Wer deckt hier wen? Und wieso<br />

werden der Bürgerinitiative örtlich<br />

geschwärzte und unvollständige Aktenvorgänge<br />

ausgehändigt? Ist das<br />

wirklich nur Schlamperei? Warum<br />

bleibt die sogenannte „Kladde“, das<br />

Buch über alle Baumfällungen in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, unter Verschluss und<br />

warum weigert sich die Verwaltung<br />

zu unterschreiben, dass alle Akten<br />

vorgelegt wurden?<br />

„Zurückweisen möchte ich den<br />

Vorwurf, dass ich den Vertretern der<br />

Bürgerinitiative Akteneinsicht verwehre“,<br />

erklärte Frau Hoppe in ihrer<br />

Antwort auf den Offenen Brief der<br />

Bürgerinitiative Ende April <strong>2018</strong>.<br />

Nein, natürlich hat sie das nicht.<br />

Ihre Leiterin des Fachbereichs Bauen<br />

hat es nur in ihrem Namen abgelehnt.<br />

Erst als die Bürgerinitiative, mit sanftem<br />

demokratischen Druck und einem<br />

Anwalt an ihrer Seite darauf bestand,<br />

war es dann möglich. Übrigens, noch<br />

längst keine Selbstverständlichkeit:<br />

Die übergeordnete Stelle, die Untere<br />

Naturschutzbehörde des Landkreises<br />

Potsdam-Mittelmark, sieht<br />

diese Selbstvertändlichkeit eines<br />

demokratischen Wissensprozesses<br />

für sie nicht zutreffend an und<br />

schweigt.<br />

Liegt also vielleicht die Bürgerinitiative<br />

mit ihren Ansichten dane-<br />

„Seien Sie versichert, dass [...] mir persönlich der Schutz der Bäume<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ein großes Anliegen ist. Nach meiner Kenntnis<br />

halten die verantwortlichen Mitarbeiter des Fachbereichs Bauen,<br />

Ordnung und Sicherheit die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen,<br />

insbesondere die Bestimmungen der Baumschutzsatzung der<br />

Gemeinde ein und setzen diese vollumfänglich um.“<br />

Kerstin Hoppe, Bürgermeisterin (25. April <strong>2018</strong>)<br />

NABU Brandenburg legt mit aufschiebender<br />

Wirkung Widerspruch<br />

auf alle erteilten Fällbescheide<br />

ein, Akteneinsicht in Fällbescheide<br />

(11/2017–2/<strong>2018</strong>)<br />

MÄRZ <strong>2018</strong><br />

Bürgerinitiative gegründet, Einwohnerversammlung,<br />

die Öffentlichkeit wird<br />

informiert.<br />

APRIL <strong>2018</strong><br />

Ökologischer Zustandsbericht <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

wird veröffentlicht.<br />

Bilanz: 40% des geschützten Baumbestandes<br />

seit 2000 sind vernichtet<br />

worden. Beginn Nachpflanzaktion<br />

„Rettet die Waldsiedlung“ <strong>2018</strong>–2033<br />

unter Schirmherrschaft des NABU<br />

Brandenburg, u.a. Unterstützung <strong>Wildpark</strong><br />

e.V. und Heimatverein Geltow im<br />

Rahmen eines Bürgerfestes.<br />

NABU Brandenburg konkretisiert<br />

Widersprüche auf 21 Fällbescheide.<br />

MAI <strong>2018</strong><br />

Nach erfolgter Ablehnung durch<br />

Gemeindeverwaltung wird<br />

Bürgerinitiative Akteneinsicht<br />

(10/2016–5/<strong>2018</strong>) nach Umweltinformationsgesetz<br />

zugestanden.<br />

Mehrere Aktenvorgänge werden<br />

»<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 25


„Gewöhnen Sie sich daran, in absehbarer Zeit<br />

wird es keine Waldsiedlung mehr geben!“<br />

Anke Simon, Fachbereichsleiterin (27. Februar <strong>2018</strong>)<br />

ben? Sind die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung<br />

nur fachlich oder<br />

vom Umfang ihrer Arbeit her überfordert?<br />

Doch nun ist belegbar, dass<br />

es unwesentlich war, wie viel oder ob<br />

überhaupt Bäume gemäß der Baumschutzsatzung<br />

zur Fällung beantragt<br />

worden sind.<br />

Baumschauprotokoll? Lichtbild?<br />

Lageskizze? Fehlanzeige!<br />

Kein Mensch wird später mehr<br />

feststellen können, ob der gefällte<br />

Baum der tatsächlich auserwählte<br />

Kandidat für die Kettensäge gewesen<br />

ist oder der daneben. In den seltensten<br />

Fällen ist der Vorgang später<br />

nachvollziehbar, Missbrauch ist<br />

Tür und Tor geöffnet. Die Aktenlage<br />

sei „desaströs“ und die Arbeitsweise<br />

„hemdsärmlig“. So bezeichnete der<br />

Vorsitzende des Naturschutzbundes<br />

Brandenburg Friedhelm Schmitz-<br />

Jersch seine Eindrücke, als er in die<br />

erteilten Fällbescheide seit 1. Oktober<br />

2017 Einblick genommen hatte.<br />

Der NABU Brandenburg hat umgehend<br />

reagiert: Nachdem er auf alle<br />

nach dem 1. November 2017 erteilten<br />

Fällbescheide der Gemeindeverwaltung<br />

für den Gemeindeteil <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

bereits im Februar <strong>2018</strong><br />

Widerspruch einlegte, konkretisierte<br />

er dieses Verfahren mit aufschiebender<br />

Wirkung auf 21 konkrete und<br />

eklatante Fälle. Pikant dabei, dass<br />

die Gemeindeverwaltung die vom<br />

Widerspruch betroffenen Bürger erst<br />

viel zu spät oder gar nicht informierte<br />

und Bürger, die ihre Nachbarn vom<br />

Widerspruchsverfahren des Naturschutzbundes<br />

in Kenntnis setzen<br />

wollten telefonisch aufforderten,<br />

dies zu unterlassen. Die Skepsis gegen<br />

die Praxis der Fachabteilung ist<br />

durchaus angebracht, sieht man sich<br />

die Bilanz der letzten Jahre an.<br />

Seit 1961 war der fachkundige<br />

Einwohner Manfred Uhlemann in<br />

der Waldsiedlung für die Begutachtung<br />

von zur Fällung beantragten<br />

Bäumen auf Grundlage eines Ehrenamtes<br />

tätig. Dass er sich dabei an die<br />

seit Oktober 1994 in Kraft getretene<br />

Satzung zum Schutz von Bäumen,<br />

Hecken und Sträuchern der Gemeinde<br />

Geltow hielt – dem Vorläufer der<br />

2011er Baumschutzsatzung der Gemeinde<br />

Schwielowsee – daran können<br />

sich die wenigsten noch erinnern.<br />

Schon damals waren die die Märkische<br />

Landschaft so prägenden Bäume<br />

wie die Kiefern, zum geschützten<br />

Landschaftsteil erklärt worden. Die<br />

damalige Verordnung umfasste zudem<br />

schon Bäume mit einem Stammumfang<br />

von mindestens 20 Zentimetern,<br />

war also viel strenger als die<br />

heutige Baumschutzsatzung, die erst<br />

einen Baum ab 60 Zentimetern zum<br />

geschützten Landschaftsteil erklärt.<br />

„Der Bürger ist der Täter!“<br />

2011 legte Uhlemann nach gut 50<br />

Jahren aus Altersgründen sein Amt<br />

nieder, nicht ohne der Bürgermeisterin<br />

noch ein paar mahnende und gutgemeinte<br />

Worte mit auf dem Weg zu<br />

geben:<br />

„Ich empfehle jedoch den verantwortlichen<br />

Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung<br />

ihr Augenmerk darauf<br />

zu richten, dass der Bestand an Großgehölzen<br />

erhalten bleibt oder nach<br />

Möglichkeit durch Auflagen vermehrt<br />

wird.“<br />

Doch der damals 75jährige irrte,<br />

wenn er davon ausging, dass es nicht<br />

mehr so viele Anträge auf Baumeinschläge<br />

auf Grund der nur noch wenigen<br />

unbebauten Grundstücke geben<br />

würde. Nun ging es erst richtig los!<br />

„Der Bürger ist der Täter!“, mutmaßte<br />

ein unbedarftes Ortsbeiratsmitglied<br />

in Geltow noch im Februar während<br />

einer öffentlichen Sitzung des Gremiums<br />

und schob damit dem Antragsteller<br />

den Schwarzen Peter zu. Ohne<br />

Antrag keine Genehmigung. Sollte<br />

man meinen. Hier haben diejenigen<br />

versagt, die für die Umsetzung der<br />

Baumschutzsatzung verantwortlich<br />

sind. Die jeden Fall als Ausnahme<br />

eines Verbotes begreifen und dafür<br />

zu sorgen haben, „dass der Bestand<br />

an Bäumen zur Sicherung des Naturhaushalts<br />

und zur Belebung, Gliederung<br />

und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes<br />

zu erhalten, zu pflegen<br />

und zu entwickeln ist“. Wie kann es<br />

sein, dass innerhalb einer kurzen<br />

Zeitspanne fast die Hälfte der unter<br />

zurückgehalten, Aktenlage unvollständig,<br />

Örtlichkeiten geschwärzt.<br />

Beschluss der Gemeindevertretung<br />

zur rückhaltlosen Aufklärung über<br />

die Vorgänge in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sowie<br />

Nachpflanzungen auch im Ort selbst.<br />

Bürgermeisterin bittet Bürgerinitiative<br />

um Mithilfe und Lösungsvorschläge.<br />

JUNI <strong>2018</strong><br />

Bürgerinitiative fordert die Bürgermeisterin<br />

auf, erteilte Fällbescheide<br />

auszusetzen, um sie auf Rechtmäßigkeit<br />

zu überprüfen. Die<br />

Bürgermeisterin lehnt dies ab: „Dazu<br />

gebe es keine Veranlassung.“<br />

JULI <strong>2018</strong><br />

Frist Antrag Akteneinsicht bei<br />

der Unteren Naturschutzbehörde<br />

verstreicht, Antrag sei an zuständige<br />

Fachbehörde weitergeleitet. Behörde<br />

ist weiterhin untätig in Sachen<br />

Anzeige vom Februar. Nachfrage<br />

ergebnislos.<br />

AUGUST <strong>2018</strong><br />

NABU Brandenburg erhebt Untätigkeitsklage<br />

gegen Gemeinde<br />

Schwielowsee.<br />

Bürgerinitiative bittet die<br />

26 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Foto: Carsten Sicora<br />

5. Oktober 2017: Das Sturmtief Xavier mit Orkanböen bis zu 126 km/h trifft <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> mit voller Kraft und beschädigt<br />

auch dieses Wochenendhaus aus den 1930er Jahren. Viele Grundstücke und Wohnhäuser im Ort waren vom Sturm<br />

betroffen.<br />

Schutz stehenden Bäume verschwunden<br />

und die notwendigen Nachpflanzungen<br />

weder entsprechend<br />

der Baumschutzsatzung angeordnet<br />

noch kontrolliert worden sind?<br />

Geschwärzte und<br />

unvollständige Akten<br />

Ist es wirklich so, dass hier aktiv<br />

Baumvernichtung betrieben wird?<br />

Unvorstellbar?<br />

Das nächste mögliche Siedlungsprojekt<br />

Schweizer Straße Nord – größer<br />

als das gerade entstehende am<br />

gewesenen historischen Schafstall<br />

– ist schon vorangefragt und steht<br />

in der Bauleitplanung der Gemeinde<br />

mit der Priorität „mittel“ mit einer<br />

Zeitangabe bis 2020/21 ziemlich weit<br />

oben. Die Fakten sprechen ihre eigene<br />

Sprache.<br />

„Zurückweisen möchte<br />

ich den Vorwurf,<br />

dass ich den Vertretern<br />

der Bürgerinitiative<br />

Akteneinsicht verwehre.“<br />

Kerstin Hoppe, Bürgermeisterin<br />

(25. April <strong>2018</strong>)<br />

Dramatischer Baumschwund<br />

Eine Baumerhebung, in wesentlichen<br />

Teilen vom Autor über einen<br />

Zeitraum von fast 18 Jahren mit erstellt,<br />

zeigt den dramatischen Baumschwund<br />

im südöstlichen Teil der<br />

Waldsiedlung sehr anschaulich. In<br />

der Argumentationskette der den<br />

Ortsteil verwaltenden Behörde ist<br />

dabei immer wieder zu hören, dass<br />

die Bäume – und hier insbesondere<br />

die Kiefern und Birken – ihr Lebensalter<br />

erreicht, krank oder nicht mehr<br />

standsicher genug sind und deshalb<br />

gefällt werden müssen. Innerhalb des<br />

Gehölzsachverständigen-Verbandes<br />

haben sich auf Bitte der Bürgerinitiative<br />

mehrere Baumsachverständige<br />

Bürgermeisterin und den Ortsbeirat<br />

Geltow um Unterstützung, damit<br />

der Gemeindeteil auch offiziell den<br />

Ortsbeinamen „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />

führen darf.<br />

Bürgerinitiative bittet zuständigen<br />

Minister in der Sache Erhalt der<br />

Waldsiedlung um Hilfe und zu veranlassen,<br />

die erteilten Fällbescheide<br />

zu überprüfen. Bürgerinitiative stellt<br />

auf Pressekonferenz die Auswertung<br />

ihrer Akteneinsicht vor und fordert die<br />

Bürgermeisterin auf, Konsequenzen<br />

daraus zu ziehen. Die Bürgerinitiative<br />

stellt Lösungsvorschlag bei zukünftig<br />

beantragten Baumentnahmen<br />

sowie ihr Nachpflanzprogramm vor.<br />

Sie kritisiert weitere großflächige<br />

Siedlungspläne, ohne ein von den<br />

Bürgern mitgetragenes Konzept.<br />

SEPTEMBER <strong>2018</strong><br />

Die halbjährlich erscheinende Heimatzeitschrift<br />

für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und<br />

Umgebung wird herausgegeben.<br />

Die Bürgerinitiative lädt zur<br />

Einwohnerversammlung und zum<br />

Runden Tisch am 21. September <strong>2018</strong><br />

um 19:30 Uhr im Bürgerclub<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ein.<br />

•••<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 27


ereit erklärt, im Bedarfsfall Gutachten<br />

zu erstellen um genau das zu klären.<br />

Ein gutes Dutzend Bürger hat das<br />

Angebot der Bürgerinitiative genutzt<br />

und sich in den letzten Monaten<br />

fachlich beraten lassen. So konnten<br />

u.a. auch Bäume, die von Mitarbeitern<br />

der Gemeindeverwaltung schon<br />

zur Fällung beschieden wurden, noch<br />

einmal von einem unabhängigen<br />

Gutachter überprüft werden. Das<br />

Ergebnis überraschte uns nicht: Von<br />

den neun betreffenden Bäumen waren<br />

es nur zwei, deren Zeit auf Grund<br />

von verringerter Stand- und Bruchsicherheit<br />

abgelaufen war. Allerdings<br />

wurde festgestellt, dass der Reststamm<br />

der einen Kiefer auf Grund<br />

einer Fledermaushöhlung bis auf<br />

neun Metern Höhe zu erhalten ist, da<br />

die Tiere zu den streng geschützten<br />

Arten gezählt werden. Auch in einem<br />

anderen Fall ist bekannt geworden,<br />

dass der Antragsteller auf eine vorhandene<br />

mögliche Fledermaushöhlung<br />

hinwies und ohne Probleme die<br />

Fällgenehmigung bekam … Auf den<br />

Umstand hingewiesen, dass das Vernichten<br />

von Lebensstätten streng geschützter<br />

Arten ein Straftatbestand<br />

sein kann, antwortete die Fachbereichsleiterin<br />

Bauen, Ordnung und<br />

Sicherheit Kerstin Murin, dass sich in<br />

der etwas später erteilten Baugenehmigung<br />

ein Hinweis zum Artenschutz<br />

befinde. Somit wäre eine Fällung<br />

des Baumes im Falle von Hinweisen<br />

auf streng geschützte Arten ausgeschlossen<br />

gewesen. Aber hatte nicht<br />

der Antragsteller extra auf eine solche<br />

Höhlung hingewiesen? Wer oder<br />

ob überhaupt jemand von der Gemeindeverwaltung<br />

vor Ort war, lässt<br />

sich mangels Protokollierung heute<br />

nicht mehr feststellen. Auf solche<br />

Fragen gibt es nur Antworten, die am<br />

Kern der Frage vorbeigehen. Ohne<br />

Baum kein Kläger, alle Spuren sind<br />

verwischt. Als nach zwei Monaten die<br />

Bürgerinitiative endlich in die Fällbescheide<br />

schauen konnte, bot sich den<br />

sechs Vertretern an beiden Tagen ein<br />

unglaubliches Bild:<br />

Geschwärzte und unvollständige<br />

Akten, fehlende Anträge und unglaubliche<br />

Zahlen, die belegen, dass<br />

die hohe Zahl von Fällungen nicht<br />

vom Bürger ausging, sondern offensichtlich<br />

vom Baumkontrolleur selbst.<br />

Jedenfalls lassen das die vor Ort gefundenen<br />

Notizen vermuten, bei<br />

denen die Bäume lediglich als Strichliste<br />

vermerkt worden sind. Auf den<br />

Anträgen der Bürger wurden nachträglich<br />

noch Anmerkungen gemacht,<br />

oder Zahlen geändert. Signiert wurden<br />

diese Angaben nicht, weswegen<br />

es schwer fällt festzustellen, von<br />

wem die zusätzlichen Angaben auf<br />

dem amtlichen Schreiben eigentlich<br />

stammen.<br />

„Das Geld der<br />

geleisteten<br />

Ersatzzahlungen<br />

der Bürger wird<br />

selbstverständlich<br />

zweckgebunden<br />

eingesetzt.“<br />

Kerstin Murin, Fachbereichsleiterin<br />

Bauen, Ordnung Sicherheit<br />

(4. Juli <strong>2018</strong>)<br />

Die Bürgerinitiative hat die Gemeindevertreter<br />

herzlich eingeladen,<br />

sich selbst ein Bild von den vorgefundenen<br />

Akten zu machen. Zudem<br />

sind die Fraktionen der Gemeindevertretung<br />

gebeten, sich mit an den<br />

‚Runden Tisch‘ der Bürgerinitiative<br />

zu setzen. Vertreter der Fraktionen<br />

sowie die beiden parteilosen Gemeindevertreter<br />

sollen dabei mithelfen,<br />

nach akzeptablen Lösungen<br />

zu suchen, um die bestehenden Bestimmungen<br />

von Baumschutzsatzung,<br />

Textbebauungsplan und Naturschutzgesetz<br />

umzusetzen. So wie<br />

bisher kann es nicht weitergehen.<br />

Der Baumsachverständige Mario<br />

Zeidler hat der Bitte der Bürgerinitiative<br />

entsprochen, sowohl die Gemeinde<br />

Schwielowsee als auch die<br />

Bürgerinitiative zu unterstützen. Für<br />

den Übergangszeitraum von sechs<br />

Monaten will er die Anträge der<br />

Bürger im Zusammenhang mit der<br />

Baumschutzsatzung der Gemeinde<br />

Schwielowsee fachlich begleiten.<br />

Nun liegt es an der Bürgermeisterin<br />

und den Gemeindevertretern diesen<br />

Vorschlag zu überdenken.<br />

Da die Zeit drängt und die nächste<br />

„Fällsaison“ schon vor der Tür<br />

steht, hat die Bürgerinitiative zudem<br />

Minister Vogelsänger aufgefordert,<br />

Möglichkeiten zu finden, die noch<br />

bestehenden Fällbescheide einer<br />

rechtlichen Überprüfung zu unterziehen,<br />

da wir davon ausgehen, dass<br />

diese Fällbescheide – ab 1. Oktober<br />

<strong>2018</strong> umsetzbar – nicht den Bestimmungen<br />

der Baumschutzsatzung entsprechen.<br />

Die Bürgermeisterin hatte der Forderung<br />

der Bürgerinitiative um Aussetzung<br />

der Fällbescheide, zwecks<br />

rechtlicher Überprüfung und einer<br />

event. Neubewertung nicht entsprochen.<br />

Nach Ansicht der Bürgerinitiative<br />

entspricht diese Forderung aber<br />

genau dem Beschluss der Gemeindevertretung<br />

vom 9. Mai <strong>2018</strong>, wonach<br />

Verstöße gegen Gesetze und die<br />

Baumschutzsatzung rückhaltlos aufzuklären<br />

sind.<br />

Klage des NABU<br />

Der Naturschutzbund Brandenburg<br />

hat am 23. August <strong>2018</strong> Klage<br />

gegen die Gemeinde Schwielowsee<br />

wegen Untätigkeit eingereicht und<br />

dies auf der gemeinsamen Pressekonferenz<br />

mit der Bürgerinitiative<br />

bekannt gegeben.<br />

Bürgermeisterin Hoppe erklärte<br />

dazu in einer Stellungnahme der PNN<br />

vom 24. August <strong>2018</strong>, dass dem NABU<br />

mehrfach Akteneinsicht in sämtliche<br />

Verwaltungsvorgänge gewährt worden<br />

sei. Auch der Widerspruch würde<br />

selbstverständlich überprüft. Die<br />

Untätigkeitsklage durch den NABU<br />

könne sie nicht nachvollziehen, da<br />

der Naturschutzbund jederzeit bei<br />

der Gemeindeverwaltung hätte<br />

nachfragen können, wann mit einer<br />

Entscheidung zu rechnen sei.<br />

Der NABU-Landesvorsitzende erklärte<br />

dazu, dass diese Aussage nicht<br />

der Wahrheit entspricht. Der Anwalt<br />

des NABU hat bereits am 27. Juni<br />

<strong>2018</strong> die Gemeinde angeschrieben<br />

und um Stellungnahme zum Stand<br />

der Bearbeitung des Widerspruchs<br />

gegen die Baumfällgenehmigungen<br />

gebeten. Ausdrücklich hat er darauf<br />

hingewiesen, dass Untätigkeitsklage<br />

erhoben werden kann. Dieses Schrei-<br />

28 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Foto: Jim Kent<br />

Seit Juli <strong>2018</strong> nahezu täglich bewässerten<br />

die Einwohner bei der anhaltenden Trockenheit<br />

die jungen Straßenbäume. Eine Runde<br />

durch den Ort dauerte 1,5 Stunden, bei der 58<br />

Bäume mit 1.000 Liter Wasser versorgt wurden.<br />

Ohne Oldtimer-Traktor Normag (Baujahr 1952) und<br />

der technischen Unterstützung der Firma Egon Fürst aus<br />

Geltow wäre es nicht möglich gewesen und brachte zudem<br />

den Kindern auch noch großen Ferienspaß.<br />

ben ist unbeantwortet geblieben,<br />

auch sonst hat die Gemeinde nicht<br />

reagiert. Das Schreiben vom 27. Juni<br />

<strong>2018</strong> liegt der Redaktion vor.<br />

Bei der Begründung der Beschlussvorlage<br />

zur Nachbewilligung<br />

von Haushaltsmitteln für Kontrollen<br />

an Straßenbäumen erklärte die zuständige<br />

Fachbereichsleiterin Kerstin<br />

Murin auf Nachfrage der Gemeindevertreterin<br />

Dr. Winnie Berlin und der<br />

Bürgerinitiative, dass „selbstverständlich“<br />

eine öffentliche Ausschreibung<br />

erfolge. Doch noch bevor die<br />

Gemeindevertretung der Vorlage zustimmte<br />

stellte sich heraus, dass der<br />

Auftrag bereits vergeben und nicht<br />

öffentlich ausgeschrieben worden<br />

war. Trotz Nachfrage der Bürgerintiative<br />

und des stellv. Ortsvorstehers<br />

Jörg Steinbach, erklärte die Bürgermeisterin<br />

auf der Ortsbeiratssitzung<br />

am 20. August <strong>2018</strong>, dass sie den<br />

Namen der betreffenden Firma nicht<br />

nennen könne, die den Zuschlag erhalten<br />

habe. Warum eigentlich nicht?<br />

Frau Hoppe erklärte in einem Zeitungsbeitrag<br />

vom 28. Februar <strong>2018</strong><br />

„dass es nichts zu verstecken gäbe“.<br />

Sieht also so die zugesicherte Transparenz<br />

aus? Wer hat den Auftrag bekommen?<br />

Wie sagte das Mitglied der<br />

Gemeindevertretung Ralf Ellguth<br />

auf einer Sitzung am 20. Juni <strong>2018</strong><br />

im Zusammenhang mit Beschau und<br />

gleichzeitiger Durchführung von<br />

Pflege- und Fällarbeiten: „Was bleibt,<br />

ist ein Geschmäckle ...“<br />

Autor Carsten Sicora, geboren<br />

1967 in Dresden, verheiratet, lebt<br />

seit 1989 in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

Einladung zur Einwohnerversammlung<br />

und zum Runden Tisch<br />

„Erhalt der Waldsiedlung<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“:<br />

Die Bürgermeisterin, die Gemeindevertreter,<br />

der Ortsvorsteher, der<br />

Ortsbeirat von Geltow sowie der<br />

Fachbereich Naturschutz der<br />

Gemeinde Schwielowsee sind<br />

eingeladen zu einer Informationsveranstaltung<br />

der Bürgerinitiative in den<br />

Bürgerclub, Zum Birkengrund 7a in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Freitag, 21. September <strong>2018</strong><br />

um 19:30 Uhr<br />

Die Veranstaltung ist öffentlich.<br />

Interessierte Einwohner der<br />

Waldsiedlung sind als Zuhörer<br />

gerne eingeladen.<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 29


Aus der Erklärung der Bürgerinitiative „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“ vom 23. August <strong>2018</strong> zur Auswertung der<br />

Akteneinsicht in Zusammenhang mit erteilten Fällbescheiden seit Oktober 2016:<br />

Die zahlreichen, das zusammenhängende<br />

Ökosystem der<br />

geschützten Waldsiedlung<br />

gefährdenden Baumfällungen,<br />

besonders in den Jahren 2016 bis<br />

<strong>2018</strong> sind nach Ansicht der Bürgerinitiative<br />

und nach gründlicher<br />

Analyse aller vorliegenden Daten auf<br />

vier Ursachen zurückzuführen:<br />

1. Dem völligen Versagen<br />

der Fachbehörde der<br />

Gemeindeverwaltung, die Baumschutzsatzung<br />

umzusetzen.<br />

2. Den Bauvorhaben im Ort mit<br />

z.T. völligem Kahlschlag (Baustelle<br />

HELMA, Schweizer<br />

Str. oder Amselweg).<br />

3. Der Vorgehensweise des von<br />

der Gemeindeverwaltung eingesetzten<br />

Baumkontrolleurs.<br />

4. Dem zweifelhaften Vorgehen<br />

einzelner Baumfällfirmen.<br />

Bei über 560 Bäumen in einem Zeitraum<br />

von weniger als zwei Jahren (dies<br />

entspricht mehr als 10% des Gesamtbaumbestandes)<br />

müssen wir davon<br />

ausgehen, dass Teile der Waldsiedlung<br />

regelrecht abgeschlachtet wurden.<br />

Und: Es ist kein Ende abzusehen – es ist<br />

damit zu rechnen, dass eine sehr große<br />

Anzahl von beschiedenen Fällanträgen<br />

noch bestehen, die ab 1. Oktober <strong>2018</strong><br />

umgesetzt werden könnten, da sie<br />

über diesen Zeitraum hinaus Gültigkeit<br />

haben. Zudem ist in der Bauleitplanung<br />

der Gemeinde ein 1,3 ha<br />

großes Siedlungsprojekt „Schweizer<br />

Straße Nord“ mit der Priorität bis<br />

2020/21 aufgenommen worden, wo<br />

ein großer und unbedingt schützenswerter<br />

Baumbestand im direkten<br />

Umfeld in Gefahr ist. Diese Fläche<br />

ist größer als die Siedlungsfläche am<br />

Markt.<br />

Zur Auswertung der Akteneinsicht:<br />

Durch mangelnde Aktenführung<br />

und fehlende Protokollierung<br />

sowie geschwärzte Örtlichkeiten<br />

ist eine nachträgliche Überprüfung<br />

der erteilten Fällbescheide sehr<br />

erschwert bis fast unmöglich<br />

gemacht und damit einer demokratischen<br />

Kontrolle – Sinn einer<br />

Akteneinsicht – jede Grundlage entzogen<br />

worden.<br />

Von einer Umsetzung gesetzlicher<br />

Bestimmungen bei Fällanträgen kann<br />

überhaupt keine Rede sein.<br />

Zudem wurden mehrere Aktenvorgänge,<br />

Unterlagen und wesentliche<br />

Niederschriften, so genannte<br />

Kladden, zurückgehalten. Die<br />

vorgelegte Aktenlage entspricht<br />

zudem offensichtlich nicht der<br />

Originalaktenlage.<br />

Mehrere Akten und Schreiben<br />

von Bürgern belegen, dass die<br />

begutachtende Firma zugleich die<br />

fällausführende Firma ist. Über die<br />

Art der Begutachtung von ganzen<br />

Grundstücken durch den Baumkontrolleur,<br />

gibt es zudem ein<br />

Schriftstück der leitenden Fachbereichsleiterin,<br />

die diese Form der<br />

Baumschau ausschließt.<br />

Das Ordnungsamt der Gemeindeverwaltung<br />

ist bereits im Dezember<br />

2017 von der Vorgehensweise<br />

einzelner Baumfällfirmen in Kenntnis<br />

gesetzt worden (Anzeige illegaler<br />

Baumfällungen, Verdacht der Amtsanmaßung).<br />

Da davon ausgegangen<br />

werden musste, dass diesen<br />

Anzeigen durch die Gemeindeverwaltung<br />

nicht nachgegangen wurde,<br />

sowie die Fällungen völlig außer<br />

Kontrolle gerieten, wurde die Untere<br />

Naturschutzbehörde im Februar per<br />

Anzeige (Verdacht Amtsanmaßung,<br />

Verdacht illegaler Baumfällung,<br />

Verstoß von Mitarbeitern gegen die<br />

Baumschutzsatzung usw.) in Kenntnis<br />

gesetzt und sie gebeten, die Vorgänge<br />

zu überprüfen und ggf. auch<br />

strafrechtliche Schritte veranlassen<br />

zu lassen. Außer einer exemplarisch<br />

erfolgten Muster-Baumschau, auf<br />

die sich die Bürgermeisterin immer<br />

wieder bezieht und bei der auch<br />

Bäume zur Fällung abgelehnt wurden<br />

und auf artenschutzrechtliche<br />

Bestimmungen eingegangen worden<br />

ist, erfolgte aber außer einer Eingangsbestätigung<br />

keine Reaktion der<br />

Kontrollbehörde.<br />

AUSWERTUNG AKTENEINSICHT<br />

Baumentnahmen <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, Zeitraum Oktober 2016 – April <strong>2018</strong><br />

Von 143 eingesehenen Aktenvorgängen waren<br />

0 als korrekt im Sinne der Baumschutzsatzung<br />

einzustufen<br />

Fehlerhafte (mehrfach verwendete) oder kein<br />

Aktenzeichen der Bescheide: 39<br />

Von 143 Bescheiden:<br />

Verstöße wurden wie folgt festgestellt: 143<br />

(2 Bescheide enthielten vernachlässigbare<br />

Formfehler, jedoch ebenfalls kein Baumschauprotokoll.)<br />

Davon gravierende Verstöße Fällbescheid: 113<br />

Davon gravierende Verstöße Nachpflanzungen:<br />

137<br />

135 der 143 Vorgänge hätten wegen<br />

fehlender Voraussetzung überhaupt nicht<br />

bearbeitet werden dürfen, da:<br />

Kein Antrag vorlag: 38<br />

Da ein Antrag auf Begutachtung, nicht jedoch<br />

auf Fällung vorlag: 7<br />

Kein Lichtbild vorlag: 108<br />

Kein Lageplan vorlag: 99<br />

Kein Stammumfang vorlag: 106<br />

Kein Kronenradius vorlag: 122<br />

135 Anträgen hätte nicht stattgegeben werden<br />

dürfen, da die Voraussetzungen nach § 6 Abs.1<br />

BSchS nicht vorlagen: 135<br />

Die Antragsgründe offensichtlich nicht mit den<br />

angegebenen Fällgründen übereinstimmten:<br />

43<br />

Erhebliche Zweifel an den Gründen für die<br />

Genehmigung vorliegen (pauschale Begründungen):<br />

107<br />

In keinem Fall war durch das Vorhandensein<br />

eines an die FLL-Richtlinien angelehntes Protokoll<br />

einer Baumschau nachgewiesen, dass<br />

überhaupt eine Baumschau stattgefunden hat.<br />

In keinem Fall wurde ein Vitalitätszustandsoder<br />

Standsicherheitsgutachten nach §6 (1)<br />

verlangt.<br />

30 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


• In einem Fall lag ein Gutachten vor, jedoch<br />

ist nicht ersichtlich, ob das Gutachten dem<br />

Zweck der Antragstellung oder Überprüfung<br />

des Antrages diente. (si-pr. 80 Nr. 94).<br />

• Ein Bürger hat seinen Antrag von sich aus<br />

mit einem externen Gutachten begründet<br />

(si-pr./S.135).<br />

Es besteht die Vermutung, dass auf den Antragsformularen<br />

der Bürger handschriftliche<br />

Veränderungen bzw. Ergänzungen durchgeführt<br />

wurden, die nicht der schriftlichen<br />

Antragstellung entsprachen.<br />

Anzahl und Art von Bäumen wurden geändert,<br />

z.T. wurden Strichlisten über die Anzahl der<br />

zu fällenden Bäume geführt, wobei nicht ersichtlich<br />

ist, wer diese Ergänzungen eingefügt<br />

hat, oder ob die Vermerke vom Bürger selbst<br />

stammen. Die Vermerke sind nicht signiert.<br />

In 132 Fällen wurde gegen §7 BSchS (Ersatzpflanzungen,<br />

Ausgleichszahlungen) verstoßen.<br />

Zu wenig Nachpflanzungen angeordnet:<br />

132 Bescheide<br />

Falsche Art der Nachpflanzungen:<br />

130 Bescheide<br />

Angezeigte Nachpflanzungen durch Bürger: 5<br />

Nachweis über kontrollierte Nachpflanzungen<br />

durch Gemeindeverwaltung: 0<br />

Unbegründete/nicht nachvollziehbare Ersatzzahlungen:<br />

25<br />

Fällbescheide wurden erteilt: 132<br />

Fällbescheide wurden abgelehnt: 8<br />

(5x seit dem 19.2.18, 1x betraf Straßenbaum<br />

Nr. G1118 zusätzlich 2x si vom 22.9.2017)<br />

Fällbescheide erweitert in die Vegetationsperiode:<br />

10<br />

Fällbescheide aus Gründen von Bautätigkeit:<br />

30 Bescheide (181 Bäume)<br />

Fällbescheide aus anderen Gründen: 102<br />

Verdacht des Verstoßes gegen Artenschutzrechtliche<br />

Bestimmungen: 8<br />

(z.B.Fledermaushöhlungen)<br />

Ersatzzahlungen wurden angeordnet: 28<br />

Summe Ersatzzahlungen: 11.050 €<br />

Gebühren: 128 Vorgänge<br />

Summe Gebühren: 6530,50 €<br />

4 Vorgang ohne Gebühr (si-pr vom 18.10.16,<br />

1x ohne Aktenzeichen vom 14.11.17,<br />

1x ohne Aktenzeichen vom 09.10.17,<br />

si-pr/S.179 vom 31.8.17)<br />

Bekannte Fäll-Vorgänge ohne Akte: 6<br />

(2 x Großer Querweg, 2x An der Kirche,<br />

1 x Kronenkappung), 3x Amselweg)<br />

Fehlend angeordnete Nachpflanzungen:<br />

326 standortgerechte Nadelbäume<br />

95 standortgerechte Laubbäume (§7 (2) 2.<br />

a, b)<br />

Gesamt: 421<br />

(höhere Anzahl bedingt sich aus Ersatzzahlungen)<br />

Fällgenehmigungen wurden erteilt über:<br />

368 Bäume<br />

Kiefern: 242, Birken: 35, Robinien: 28, Fichten:<br />

13, Ahorn: 11, Pappeln: 9, Tannen: 8, Eichen: 5,<br />

Kastanien: 4, Douglasien: 3, Lärchen: 3, Thuja,<br />

Linden und Erlen: je 2, Weide: 1<br />

Von Bürgern angezeigte Baumstürze durch<br />

Sturm: 13 (Kiefer 10, Fichte 3)<br />

Weitere bekannt gewordene Baumstürze Sturm:<br />

29 (27 Kiefern, 2 Pappeln)<br />

Geschätzt ca. 45<br />

Bekannt gewordene Baumstürze öffentl. Raum:<br />

8 (5 Birken, 2 Pappeln, 1 Eiche)<br />

Unfall Abfallwirtschaft (Nachtrag Juni <strong>2018</strong>;<br />

Kastanien Amselweg): 2<br />

Baumentnahmen durch Fällung öffentl. Raum:<br />

unbekannt, geschätzt: 20<br />

Vertrocknete Nachpflanzungen Fuchsweg,<br />

Eichen: 2<br />

Baumentnahmen Bauvorhaben Schweizer Str.:<br />

unbekannt, geschätzt: 120<br />

Gesamtbaumentnahmen <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

Oktober 2016 – April <strong>2018</strong><br />

(mit Nachtrag Juni <strong>2018</strong>): 562


Seit nunmehr sechs Jahren bemüht sich eine kleine Gruppe engagierter Einwohner<br />

ein örtliches Problem zu lösen, das große Schäden verursachen kann.<br />

Die Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow bietet Richter Abfallrecycling die Stirn.<br />

Trinkwasser aus dem Schmutzgebiet<br />

VON GUNTER JUNG<br />

Seit Juni 2012 ist Geltow staatlich<br />

anerkannter Erholungsort.<br />

Mit dieser Ausweisung<br />

erhofften sich die Bürger<br />

auch Verbesserungen für die Wohnqualität<br />

des Ortsteils. Nördlich der<br />

Ortslage liegt das Betriebsgelände<br />

des Abfallbetriebs Richter Recycling.<br />

Der Betrieb hat sich seit 1990 auf der<br />

Fläche eines ehemaligen Kuhstalls<br />

entwickelt. Wohnbebauung schließt<br />

sich direkt südlich an das Betriebsgelände<br />

an, im Übrigen ist es vollständig<br />

umschlossen vom Landschaftsschutzgebiet<br />

„Potsdamer Wald- und<br />

Havelseengebiet“.<br />

Das Landschaftsschutzgebiet soll<br />

die Schönheit und Einmaligkeit der<br />

Landschaft bewahren.<br />

Die Gründung der<br />

Interessengemeinschaft<br />

Im Laufe der Zeit ist die Belastung<br />

der Anwohner durch Richter Recycling<br />

durch den Lärm und den Gestank<br />

vom Betriebsgelände immer stärker<br />

angewachsen. Der Standort ist für die<br />

Groß-Lkws nur über eine lange Zufahrt<br />

mit erheblichen Auswirkungen<br />

auf den Erholungsstandort und die<br />

Nachbarschaft zu erreichen. Bereits<br />

im Februar 2012 wurden an einem<br />

Arbeitstag auf der Straße „Am Pappeltor“<br />

von insgesamt 483 Kfz-Bewegungen<br />

allein 78 Lkws zum und vom<br />

Standort Richter Recycling gezählt<br />

(Schalltechnische Untersuchung LG<br />

Argus vom 27.02.2012). Dann wurde<br />

bekannt, dass die Betriebszeiten von<br />

Die behördliche<br />

Genehmigung<br />

für die Nutzung<br />

dieser Fläche<br />

ist Ende 2005<br />

ausgelaufen<br />

Richter Recycling auf Betreiben der<br />

Firma von 18 auf 22 Uhr verlängert<br />

und auch sonnabends von 7 bis 14<br />

Uhr gestattet wurde. Diese Verschärfung<br />

der Situation hat die Bürgerinnen<br />

und Bürger auf die Barrikaden<br />

getrieben. Als dann im Entwurf des<br />

neuen Flächennutzungsplans (FNP)<br />

im Norden Geltows ein Industriegebiet<br />

eingeplant war, gründete sich<br />

die „Interessengemeinschaft Erholungsort<br />

Geltow“ (IEG). Sie will erreichen,<br />

dass die Belastungen durch<br />

den Abfallbetrieb verringert werden<br />

und der Betrieb die rechtlichen Vorschriften<br />

und die Auflagen der behördlichen<br />

Genehmigungen einhält.<br />

Der Abfallbetrieb ist auch ein Hemmnis<br />

für die weitere Entwicklung des<br />

Ortsteils. Wohnflächen können in der<br />

Nähe dieses industriellen Standortes<br />

nicht entwickelt werden. Inzwischen<br />

hat Richter Recycling allerdings seinen<br />

Betriebssitz nach Potsdam verlegt,<br />

bei ungeklärter Lage des Standorts<br />

Geltow.<br />

Foto: Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow<br />

CHRONIK<br />

Aktionen der<br />

„Interessengemeinschaft<br />

Erholungsort Geltow“<br />

30. MÄRZ 2012<br />

560 Unterschriften besorgter<br />

Geltower Bürger wurden von<br />

der „Interessengemeinschaft<br />

Erholungsort Geltow“ der stellvertretenden<br />

Bürgermeisterin, Frau<br />

Lietz, im Beisein der Bauamtsleiterin,<br />

Frau Murin, übergeben.<br />

In dieser Unterschriftenaktion<br />

machten die unterzeichnenden Bürger<br />

zum Entwurf des Flächennutzungsplan<br />

(FNP) Schwielowsee deutlich:<br />

- Ablehnung der Ausweisung<br />

einer gewerblichen Baufläche in<br />

Geltow (verlängerte <strong>Wildpark</strong>straße)<br />

zugunsten der Firma<br />

Richter Recycling GmbH;<br />

- Ablehnung einer Ausgliederung<br />

von Flächen aus dem LSG „Potsdamer<br />

Wald- und Havelseengebiet<br />

als Containerstellplatz<br />

Sonderbaufläche), als auch Flächen<br />

zugunsten des Betriebsstandortes.<br />

1. MAI 2012<br />

Ausweitung als Trinkwasserschutzzone<br />

IIIB des Wasserwerks Potsdam<br />

<strong>Wildpark</strong> bis in den Raum Geltow.<br />

10. SEPTEMBER 2012<br />

In der Stellungnahme der Gemeinde,<br />

unter Aktenzeichen BIM 2012- G-022<br />

Bauaufsicht Reg. Nr. 015-Ä00/12,<br />

zum neuen Änderungsantrag der<br />

Richter Recycling GmbH, unter der<br />

32 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Eine Aufnahme vom 29. Juli <strong>2018</strong> zeigt deutlich die<br />

offenen Abfallberge in der Trinkwasserschutzzone<br />

Rubrik 12. Schutzgebiete, blieb die<br />

Frage nach dem Wasserschutzgebiet<br />

unbeachtet. Folglich erhielt die<br />

Genehmigungsbehörde, LUGV (heute<br />

LfU), von der Gemeinde Schwielowsee<br />

keine sachgerechte Information. Auch<br />

deshalb entstand u. a. ein vornehmlicher<br />

Genehmigungsbescheid ohne<br />

die besonderen Bedürfnisse einer<br />

Wasserschutzzone. Abfälle aller<br />

Art dürfen aber in der Anlage einer<br />

Wasserschutzzone nicht offen lagern.<br />

Das Eindringen von Niederschlagswasser<br />

in Abfälle muss auf alle Fälle<br />

verhindert werden, damit es nicht zu<br />

Ausschwemmungen von trinkwassergefährdenden<br />

Substanzen kommt.<br />

Obwohl das Trinkwasser in Geltow<br />

und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> direkt betroffen<br />

ist, verhält sich die Verwaltung der<br />

Gemeinde Schwielowsee in Sachen<br />

Wasserschutzzone weiterhin passiv .<br />

Die untere Wasserbehörde des Landkreises<br />

Potsdam-Mittelmark (uWB-PM)<br />

hat bis heute kein wirksames<br />

Konzept zur Schmutzwasserentsorgung.<br />

Folglich wird gebilligt,<br />

dass – wie bei den letzten beiden<br />

Niederschlägen (Juni/Juli <strong>2018</strong>) in<br />

Geltow – Schmutzwassermengen in<br />

der Größenordnung von 170.000<br />

m³ in das Grundwasser der Trinkwasserzone<br />

gelangen. Weiterhin hat<br />

der Betreiber Möglichkeiten zur Entsorgung<br />

im Verborgenen geschaffen.<br />

26. MÄRZ 2014<br />

Landgericht Potsdam: Klage von<br />

Anliegern aus dem Kreis der IEG.<br />

Der Betreiber Richter Recycling<br />

GmbH darf Privatland nicht mehr<br />

als Zufahrt nutzen. Im Verlauf<br />

»<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 33


15 Stunden nach dem Niederschlag von ca. 60 l/m am Abend des 1. Juni <strong>2018</strong> steht die Betriebsäche nördlich der<br />

alten Arbeitshalle unter Schmutzwasser. Die Aufnahme entstand am 2. Juni <strong>2018</strong> gegen 11 Uhr.<br />

Foto: Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow<br />

Außerdem nutzt Richter Recycling<br />

circa 300 Meter westlich des<br />

Betriebsgeländes eine circa 3,5 Hektar<br />

große Fläche als Container-Umschlagplatz.<br />

Die behördliche Genehmigung<br />

für die Nutzung dieser<br />

Fläche ist Ende 2005 ausgelaufen.<br />

Seit diesem Zeitpunkt – seit mehr als<br />

12 Jahren – nutzt Richter Recycling<br />

diese große Fläche ohne behördliche<br />

Zulassung und damit rechtswidrig.<br />

Die Brandschutzdienststelle<br />

hat reagiert:<br />

Die Holzhaufen liegen<br />

nicht mehr unmittelbar<br />

am Waldrand.<br />

Ob das im Brandfall<br />

ausreichend ist, darf<br />

bezweifelt werden<br />

Die Betriebserweiterung<br />

Im Jahr 2012 beantragte Richter<br />

Recycling beim Landesumweltamt<br />

eine erhebliche Erhöhung der jährlichen<br />

Umschlagmenge aller Abfälle.<br />

Zuvor hatte die Interessengemeinschaft<br />

die Gemeindevertreter eingeladen,<br />

sich die Situation vor Ort anzusehen.<br />

Die Bürgermeisterin hatte<br />

diese Einladung nicht wahrgenommen.<br />

Vor Ort haben alle Gemeindevertreter<br />

erklärt, dass der Betrieb<br />

zwar Bestandsschutz besitze, er sich<br />

aber an die gesetzlichen Bestimmungen<br />

zu halten habe. Die Verschmutzung<br />

des angrenzenden <strong>Wildpark</strong>s<br />

durch verwehte Abfälle müsse aufhören,<br />

die Belastung der Anwohner<br />

durch Lärm und Gestank reduziert<br />

werden. Auf keinen Fall, erklärten<br />

die Gemeindevertreter, würden sie<br />

einer Betriebserweiterung zustimmen.<br />

Bald darauf erläuterte der Geschäftsführer<br />

der Firma Richter in<br />

einer Sondersitzung des Ortsbeirates<br />

Geltow in Ferch am 28.08.2012, dass<br />

eine Erhöhung der jährlichen Umschlagmenge<br />

von 55.000 Tonnen auf<br />

90.000 Tonnen beantragt sei. Trotz<br />

aller vorherigen Erklärungen hat die<br />

Mehrheit des Ortsbeirates dieser immensen<br />

Ausweitung unter geringen<br />

Auflagen zugestimmt. Erst später<br />

stellte sich heraus, dass die jährliche<br />

Umschlagmenge „nur“ auf 69.000<br />

Tonnen erhöht werden soll. Im Laufe<br />

des weiteren Verfahrens hat die Interessengemeinschaft<br />

zahlreiche fachlich<br />

begründete Einwände erhoben<br />

dieser Klage hatte die Gemeinde<br />

Schwielowsee eilends einen<br />

sogenannten Städtebaulichen Vertrag<br />

am 24.04.2013 zum Beschluss<br />

aufgelegt, der die Überbauung dieser<br />

privaten Flächen ausräumen sollte.<br />

Im Ergebnis entstand die heutige<br />

Beton-Buckel-Piste als Polterstrecke<br />

und Feinstaubproduzent beim<br />

Überfahren mit Lkw-Containern.<br />

15. OKTOBER 2014<br />

Erwirkung einer Ordnungsver-<br />

ügung nach 20 Abs.1 und 2<br />

BImSchG beim LUGV. Beräumung<br />

des jahrelang illegal als Betriebsfläche<br />

genutzten Flurstücks 2<br />

Flur 5 Geltow samt Umsetzung<br />

von Sicherungsmaßnahmen.<br />

08. DEZEMBER 2014<br />

Von der IEG initiierte Brandverhütungsschau.<br />

Ergebnis nach<br />

vielen Blockaden der Bauaufsicht<br />

Potsdam-Mittelmark:<br />

Die abschließende Errichtung<br />

von zwei Löschwasserbrunnen<br />

auf dem Betriebsgelände.<br />

20. JULI 2015<br />

Forderung der IEG an LUGV, dem<br />

heutigen LfU, nach Konformität des<br />

Betriebsstandorts Richter Recycling<br />

GmbH mit der damals maßgeblichen<br />

BImSchG-Genehmigung 2009.<br />

18. DEZEMBER 2015<br />

An diesem Tag wurde von der<br />

Gemeindevertretung Schwielowsee<br />

die Beton-Buckel-Piste und weiter bis<br />

zur <strong>Wildpark</strong>straße die Straße „An<br />

der Feldflur öffentlich gewidmet. Bis<br />

heute ist das Ergebnis lückenhaft<br />

34 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


CONTAINER<br />

USCHLAG<br />

PLATZ<br />

AN DER FELDFLUR<br />

WILDPARK<br />

AM PAPPELTOR<br />

RICHTER<br />

RECYCLING<br />

WOHNBEBAUUNG<br />

ZUFAHRT RECYCLINGBETRIEB<br />

WOHNBEBAUUNG<br />

WOHNBEBAUUNG<br />

lastikmüll, Verwehungen im <strong>Wildpark</strong>,<br />

Aufnahme vom 29. Juli <strong>2018</strong><br />

Foto: Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow<br />

Lageplan von Geltow Nord:<br />

Wohnbebauung, Recclingbetrieb und <strong>Wildpark</strong><br />

Grafik: Ralph Berek<br />

und Gespräche geführt. Dennoch<br />

erteilte das Landesumweltamt die<br />

immissionsschutzrechtliche Genehmigung<br />

zur beantragten Erweiterung<br />

der Anlage und damit zur Ausweitung<br />

der Belastung für die gesamte Nachbarschaft<br />

und das Erholungsgebiet.<br />

Gefahr für das Grundwasser<br />

Das Betriebsgelände von Richter<br />

Recycling liegt im Trinkwasserschutzgebiet<br />

des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong>,<br />

das auch Geltow und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

mit Trinkwasser versorgt. Nach der<br />

Rechtsverordnung ist die Behandlung<br />

von Abfällen im Trinkwasserschutzgebiet<br />

verboten. Dennoch<br />

wurde für die erhebliche Betriebsausweitung<br />

eine Ausnahmegenehmigung<br />

als Sofortvollzug erteilt. Gegen<br />

den immissionsschutzrechtlichen Bescheid<br />

zur Betriebserweiterung und<br />

Damals war es auch<br />

noch leichter,<br />

im Havelboten<br />

kritische Leserbriefe<br />

zu veröffentlichen<br />

die wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung<br />

hat der Wasserversorger<br />

Energie und Wasser Potsdam (EWP),<br />

der Betreiber des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong>,<br />

Klage beim Verwaltungsgericht<br />

erhoben. Der Wasserversorger befürchtet,<br />

dass das Grundwasser durch<br />

den Abfallbetrieb gefährdet ist. Mit<br />

zahlreichen Fotos über die unhaltbaren<br />

Zustände auf dem Betriebsgelände,<br />

etwa über die offene Lagerung<br />

stark verschmutzter Abfälle auf offenem<br />

Boden, hat die Interessengemeinschaft<br />

den Wasserversorger informiert.<br />

Über die Klage von EWP hat<br />

das Verwaltungsgericht noch nicht<br />

entschieden.<br />

ffentlichkeit informieren<br />

Über den Einsatz der Interessengemeinschaft<br />

wurde mehrfach in den<br />

Lokalzeitungen berichtet. Damals war<br />

es auch noch leichter, im Havelboten<br />

kritische Leserbriefe zu veröffentlichen.<br />

Dabei ging es um die unzumutbaren<br />

Auswirkungen durch Lärm<br />

und Gestank, die unzulässige Ausdehnung<br />

des Betriebs in das Landschaftsschutzgebiet,<br />

die Inanspruchnahme<br />

fremder Grundflächen durch<br />

Richter Recycling, die unzulässige<br />

Nutzung großer und lärmintensiver<br />

weil das Verbindungsstück zwischen<br />

Beton-Buckel-Piste und <strong>Wildpark</strong>straße<br />

nicht existiert. Laut Verwaltung<br />

Schwielowsee hindert ein grünes<br />

Schild „Abwasser“ mitten auf der<br />

Fläche die Trassierung. Die beiden<br />

Teilabschnitte der Straße „An der<br />

Feldflur bleiben somit Sackgassen.<br />

Das Teilstück Beton-Buckel-Piste ist<br />

arbeitstäglich Privatstraße der Richter<br />

Recycling GmbH. Ein Begegnungsverkehr<br />

mit Pkw, Radfahrern, Fußgängern,<br />

Reitern usw. wäre wegen des dort<br />

herrschenden Schwerlastverkehrs<br />

und der Nutzbreite von weniger als<br />

, m lebensgeährlich. rotzdem<br />

beharrt die Verwaltung Schwielowsee<br />

au der öffentlichen Widmung dieser<br />

Fahrstrecke. Symbolhaft für einen<br />

staatlich anerkannten Erholungsort.<br />

04. JULI 2016<br />

Erwirkung einer Ordnungsverfügung<br />

nach §20 Abs.1 und<br />

2 BimSchG, als Ergebnis der<br />

Forderung IEG vom 20.7.15:<br />

Mit Feststellung einer Überschreitung<br />

der zulässigen Lagerkapazität der<br />

Abfälle um das 3,7fache und mit<br />

Untersagung der Lagerung in nicht<br />

dafür genehmigten Bereichen des<br />

Anlagengrundstücks, Beräumung von<br />

Abfällen in einzelnen Bereichen, Festlegung<br />

von betrieblichen Maßnahmen.<br />

Das Eingeständnis des Versagens<br />

der Überwachung von damals<br />

LUGV-RW2 und heute LfU T26 ist<br />

für eine Überwachungsbehörde<br />

negativ beispielhaft und gleichzeitig<br />

für uns als IEG Ansporn.<br />

»<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 35


Sortieranlagen, die unzureichenden<br />

Möglichkeiten einer Brandbekämpfung,<br />

die völlig ungenügende Ableitung<br />

verunreinigten Regenwassers –<br />

um einige der wichtigsten Punkte zu<br />

nennen. Unablässig hat die Interessengemeinschaft<br />

eingefordert, dass<br />

Gemeinde, Landkreis und Landesumweltamt<br />

gegen Rechtsverstöße von<br />

Richter Recycling vorgehen.<br />

Container-Umschlagplatz:<br />

Endlich wird gehandelt<br />

Weil die Fläche Bestandteil des<br />

Landschaftsschutzgebietes ist, wurde<br />

der Container-Umschlagplatz immer<br />

wieder nur befristet genehmigt.<br />

Die letzte befristete Genehmigung<br />

des Container-Umschlagplatzes wurde<br />

ausdrücklich damit begründet,<br />

dass Richter Recycling noch einmal<br />

Zeit für die Erschließung eines anderen<br />

Standortes eingeräumt werden<br />

soll. Diese Möglichkeit hat die Firma<br />

nicht genutzt. Ende 2005 lief auch<br />

diese befristete Genehmigung aus.<br />

Seitdem nutzt Richter Recycling das<br />

circa 35.000 Quadratmeter große<br />

Gelände rechtswidrig. Die Fläche<br />

liegt nicht nur im Landschaftsschutzgebiet,<br />

sondern auch im Trinkwasserschutzgebiet<br />

und ist im Flächennutzungsplan<br />

der Gemeinde als<br />

Grünfläche ausgewiesen.<br />

Bisher hat die Bauaufsicht des<br />

Landkreises nur zögerlich und halbherzig<br />

gehandelt, um den rechtswidrigen<br />

Zustand zu beenden. Die Interessengemeinschaft<br />

hat sich deshalb<br />

2016 an den Petitionsausschuss des<br />

Landtages Brandenburg gewandt.<br />

Nachdem die Parlamentarier zweimal<br />

nur unbefriedigende Stellungnahmen<br />

des Landkreises erhalten<br />

hatten, schaltete sich der Petitionsausschuss<br />

das Bauministeriums des<br />

Landes als Aufsichtsbehörde ein. Das<br />

Ministerium hat den Landkreis offensichtlich<br />

zum Tätigwerden gezwungen.<br />

Richter Recycling hat nunmehr<br />

eine Ordnungsverfügung erhalten,<br />

den Container-Umschlagplatz bis<br />

November dieses Jahres zu räumen.<br />

Zugleich wurde die sofortige Vollziehung<br />

des Bescheides angeordnet, so<br />

dass Rechtsmittel von Richter Recycling<br />

keine aufschiebende Wirkung<br />

haben.<br />

Viele Jahre Engagement<br />

Sechs Jahre ist die „Interessengemeinschaft<br />

Erholungsort Geltow“<br />

jetzt schon aktiv. Sie wollte erreichen,<br />

dass die Betriebsweise von Richter<br />

Recycling mit den Wohnbedürfnissen<br />

einigermaßen vereinbar gemacht<br />

wird. Außerdem soll der rechtswidrigen<br />

Nutzung des Container-Umschlagplatzes<br />

ein Ende gemacht werden.<br />

Bei Gemeinde, Landkreis und<br />

Landesumweltamt wurde immer wieder<br />

Akteneinsicht genommen. Viele<br />

Beschwerden und Eingaben wurden<br />

gemacht, um die Behörden zum<br />

Handeln zu bringen. Zahlreiche Umweltverstöße<br />

haben die Bürger den<br />

Behörden angezeigt. Die Behörden<br />

haben zum Teil reagiert und Richter<br />

Recycling Grenzen aufgezeigt. Wer<br />

weiß, wie sich der Betrieb sonst entwickelt<br />

hätte. Dieses Engagement ist<br />

auch künftig erforderlich. Die Nutzung<br />

des Container-Umschlagplatzes<br />

muss in diesem Jahr beendet werden.<br />

Ohne den ausdauernden Einsatz der<br />

Interessengemeinschaft würde der<br />

rechtlose Zustand wohl ohne Ende<br />

andauern. Die Interessengemeinschaft<br />

erwartet vom Landkreis, dass<br />

er nunmehr konsequent für eine Räumung<br />

des Container-Umschlagplatzes<br />

sorgt.<br />

Umgeräumt<br />

Die Brandschutzdienststelle Potsdam-Mittelmark<br />

hat inzwischen reagiert:<br />

Die Holzhaufen liegen jetzt<br />

nicht mehr unmittelbar am Waldrand.<br />

Ob das im Brandfall allerdings ausreichend<br />

ist, um ein Übergreifen eines<br />

Feuers auf den Schäfereiberg und damit<br />

auf den <strong>Wildpark</strong> zu verhindern,<br />

darf bezweifelt werden.<br />

Autor Gunter Jung, Naturwissenschaftler<br />

und Dipl.-Physiker,<br />

Jahrgang 1937, lebt seit 2000 in<br />

Geltow. Er ist einer der Mitstreiter<br />

der Interessengemeinschaft<br />

Erholungsort Geltow.<br />

21. NOVEBER 2016<br />

Amtsgericht Potsdam, Folge<br />

der Anzeigen der IEG bei der<br />

Staatsanwaltschaft Potsdam:<br />

Geschäftsführer und Betriebsleiter<br />

der Richter Recycling GmbH<br />

in Geltow werden zu einer hohen<br />

fünfstelligen Geldstrafe verurteilt.<br />

Die beiden hatten zuvor gestanden,<br />

auf dem Betriebsgelände in Geltow<br />

unerlaubt Anlagen betrieben<br />

und den Betriebsstandort ohne<br />

Genehmigung vergrößert zu haben.<br />

14. DEZEMBER 2016<br />

Die modifizierte Stellplatzsatzung<br />

der Gemeine Schwielowsee wird<br />

beschlossen. Neue wie alte Satzung<br />

erfordern in Bezug auf das Betriebsgelände<br />

Richter Recycling GmbH,<br />

Geltow je nach BImSchG (2009<br />

alt / 2016 neu) zwischen 38/68<br />

gesicherte Kfz-Stellplätze. Diese<br />

gesicherten Stellplätze (ungehindertes<br />

An- und Abfahren) existieren nicht.<br />

Geparkt wird von Arbeitnehmern<br />

und dem Zuliefererverkehr wild<br />

auf dem Außengelände um den<br />

Betriebsstandort (private Ackerflächen<br />

und Forst otsdam). Au<br />

Nachfrage bei der Verwaltung<br />

Schwielowsee kommt gleichermaßen<br />

eine Stellplatzablöse gegenüber<br />

dem Betreiber nicht in Frage.<br />

30. MÄRZ 2017<br />

Kreistagsbeschluss Potsdam-<br />

Mittelmark: Der Landrat möge die<br />

Fortsetzung des beim Verwaltungsgericht<br />

Potsdam ruhenden Verfahrens<br />

in Sachen Baugenehmigung<br />

36 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Nach Angaben der „Interessengemeinschaft<br />

Erholungsort Geltow“<br />

gibt es noch immer kein<br />

Schmutzwasser-Auffangbecken.<br />

Jedoch hat die zuständige Brandschutzdienststelle<br />

Potsdam-Mittelmark<br />

reagiert: Die Holzhaufen<br />

liegen jetzt nicht mehr unmittelbar<br />

am Waldrand. Ob das im Brandfall<br />

allerdings ausreichend ist,<br />

um ein Übergreifen eines Feuers<br />

auf den Schäfereiberg und damit<br />

auf den <strong>Wildpark</strong> zu verhindern,<br />

darf bezweifelt werden.<br />

Aus der Antragsbegründung der<br />

Energie und Wasser otsdam GmbH<br />

gegen das Land Brandenburg vom<br />

12. September 2017 in der Verwaltungsstreitsache<br />

VG1 L1/17 vom<br />

24. Juli 2017, die der Redaktion vorliegt,<br />

geht u.a. hervor:<br />

Der Antragsteller hält es für<br />

unumgänglich, dass die Kammer<br />

eine Entscheidung trifft. Ansonsten<br />

würde die Gefahr bestehen, dass<br />

im Einzugsgebiet des Wasserwerks<br />

Potsdam-<strong>Wildpark</strong> das Grundwasser<br />

gefährdet wird. Das Wasserwerk<br />

Potsdam-<strong>Wildpark</strong> versorgt die Potsdamer<br />

Innenstadt, die Brandenburger<br />

Vorstadt, Potsdam-<strong>West</strong>, Eiche,<br />

Golm, Geltow, Teile von Bornim und<br />

Bornstedt, das Bornstedter Feld und<br />

die Berliner Vorstadt mit Wasser.<br />

Durch den Vollzug der Änderungsgenehmigung<br />

drohen irreparable<br />

Schäden für die Trinkwasserversorgung<br />

des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong>.<br />

§ 326 StGB Umweltgefährdende<br />

Abfallbeseitigung:<br />

Wer unbefugt Abfälle, die nach Art,<br />

Beschaffenheit oder Menge geeignet<br />

sind, nachhaltig ein Gewässer,<br />

die Luft oder den Boden zu verunreinigen<br />

oder sonst nachteilig<br />

zu verändern oder außerhalb einer<br />

dafür zugelassenen Anlage oder<br />

unter wesentlicher Abweichung<br />

von einem vorgeschriebenen oder<br />

zugelassenen Verfahren behandelt,<br />

lagert, ablässt oder sonst beseitigt,<br />

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf<br />

Jahren oder Geldstrafe bestraft.<br />

Energie und Wasser otsdam, der<br />

Betreiber des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong><br />

schrieb auf unsere Anfrage:<br />

„Es gibt derzeit keine Erkenntnisse,<br />

die auf eine Verunreinigung<br />

des Trinkwassers im Bereich der<br />

Betriebsanlage der Firma Richter<br />

Recycling hindeuten. Allerdings ist<br />

die Energie und Wasser Potsdam<br />

GmbH (EWP) grundsätzlich sehr<br />

aufmerksam bei Aktivitäten in Trinkwasserschutzzonen.<br />

Daher hat die<br />

EWP auch von der Möglichkeit der<br />

Stellungnahmen gegenüber dem<br />

Landesamt für Umwelt Gebrauch<br />

gemacht und wird alle zur Verfügung<br />

stehenden Rechtsmittel für die<br />

Wahrung der Trinkwasserqualität des<br />

Wasserwerkes <strong>Wildpark</strong> ausnutzen.<br />

Aus Gründen des laufenden Verfahrens<br />

äußern wir uns hierzu nicht.<br />

Bürger können ihr Trinkwasser<br />

grundsätzlich bei jedem zugelassenen<br />

Labor auf ihre Kosten untersuchen<br />

lassen, das ist aber nicht erforderlich,<br />

da wir die rgebnisse veröffentlichen,<br />

wozu wir verpflichtet sind.<br />

Die Grundwasserqualität und somit<br />

das Trinkwasser aus dem Wasserwerk<br />

<strong>Wildpark</strong> ist nicht zu beanstanden.<br />

Es werden alle Anforderungen der<br />

Trinkwasserverordnung eingehalten<br />

und die Parameter deutlich unterschritten.<br />

Die Ergebnisse sind im<br />

nternet transparent veröffentlicht.<br />

Wie gut ist unser Trinkwasser aus<br />

dem Wasserwerk <strong>Wildpark</strong> wirklich<br />

Die Redaktion „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />

wollte es genau wissen<br />

und gab bei einem unabhängigen<br />

Labor eine Trinkwasser-Analse in<br />

Auftrag:<br />

Das Ergebnis der entnommenen<br />

Probe aus <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, welches<br />

der Redaktion vorliegt, wurde auf<br />

Grundlage der Trinkwasser-Verordnung<br />

auf die Eignung für<br />

den menschlichen Genuss<br />

beziehungsweise Gebrauch<br />

geprüft. Die Konzentrationen<br />

der bestimmten Elemente liegen<br />

deutlich unter den Grenzwerten<br />

der Trinkwasser-Verordnung.<br />

Damit ist das untersuchte Wasser<br />

bezogen auf die untersuchten<br />

Parameter als Trinkwasser verwendbar.<br />

Dieses Ergebnis deckt sich<br />

mit den Angaben der Energie und<br />

Wasser Potsdam, dem Betreiber<br />

des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong>.<br />

Container-Umschlagplatz beantragen.<br />

Unter fortgesetzt drückender Betriebsamkeit<br />

der IEG im Verlauf von<br />

Einwohnerfragestunden der Kreistagssitzungen<br />

ab 08.12.2016 wurde am<br />

14. MAI <strong>2018</strong><br />

vom Landrat der IEG endlich<br />

schriftlich die Wiederaufnahme<br />

des Verfahrens sowie die<br />

Nutzungsuntersagung des<br />

Container-Umschlagplatzes per<br />

Sofortvollzug zum 25.11.<strong>2018</strong> erklärt.<br />

26. JULI 2017<br />

Einreichung einer Petition beim<br />

Brandenburgischen Landtag in<br />

Sachen Container-Umschlagplatz.<br />

In deren Folge erhält Richter<br />

Recycling eine Ordnungsverfügung,<br />

den Container-Umschlagplatz bis<br />

November <strong>2018</strong> zu räumen. Zugleich<br />

wurde die sofortige Vollziehung<br />

des Bescheides angeordnet, so dass<br />

Rechtsmittel von Richter Recycling<br />

keine aufschiebende Wirkung haben.<br />

17. JULI <strong>2018</strong><br />

Aus den Reihen der IEG wird<br />

Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft<br />

Potsdam gestellt.<br />

27. JULI <strong>2018</strong><br />

Staatsanwaltschaft Potsdam bestätigt<br />

Strafanzeige gegen den Geschäftsführer<br />

Richter Recycling GmbH wegen<br />

§ 326 StGB Vorsätzlicher unerlaubter<br />

Umgang mit gefährlichen Abfällen.<br />

•••<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 37


KOMMENTAR<br />

Tickende Zeitbombe?<br />

Grau und trist sind im Birkengrund die breiten Gehwegbereiche.<br />

In diesem heißen Sommer wird diesen Weg keiner freiwillig<br />

für einen Spaziergang genutzt haben. Anwohner initiierten nun<br />

die neue Initiative „Birken für den Birkengrund“.<br />

Birkengrund<br />

ohne Birken?<br />

VON CARSTEN SICORA<br />

Fachleute rechnen damit, dass die<br />

durch Einschwemmung ins Grundwasser<br />

gelangten Schadstoffe der<br />

Recyclinganlage mehrere Jahre<br />

benötigen, ehe sie die Brunnen des<br />

Wasserwerks <strong>Wildpark</strong> erreichen.<br />

Sechs lange Jahre dokumentieren die<br />

Bürger der „Interessengemeinschaft<br />

Erholungsort Geltow“ die Zustände<br />

auf dem Abfallhof. Sind erst einmal<br />

Schadstoffe ins Grundwasser gelangt,<br />

ist der Prozess irreparabel und unser<br />

aller Trinkwasser ist in Gefahr.<br />

Der Betreiber des Wasserwerks<br />

befürchtet, dass das Grundwasser durch<br />

die Abfallanlage gefährdet wird und hat<br />

deshalb Klagen gegen den Bescheid zur<br />

Betriebserweiterung und den erteilten<br />

Ausnahmegenehmigungen eingereicht.<br />

Dies sollte uns hellhörig werden lassen.<br />

Nun hat auch die Staatsanwaltschaft<br />

am 27. Juli <strong>2018</strong> bestätigt, dass<br />

gegen die Betreiber Anzeige wegen<br />

vorsätzlich unerlaubtem Umgang<br />

mit gefährlichen Abfällen vorliegt.<br />

Ob es das unkontrolliert versickernde<br />

Schmutzwasser in einem Trinkwasserschutzgebiet<br />

ist oder der<br />

vorsätzlich unerlaubte Umgang mit<br />

wassergefährdenden Abfällen: die<br />

Liste der möglichen Verstöße ist lang.<br />

Das Betreiben einer solchen Anlage<br />

mitten im Trinkwasserschutzgebiet<br />

mit den durch die Bürger aufgedeckten<br />

Mängeln ist unverantwortlich.<br />

Warum wird hier die Gefährdung<br />

unserer aller Gesundheit billigend<br />

durch politisches Untätigsein<br />

in Kauf genommen?<br />

Wann endlich handelt die Verwaltungsspitze<br />

der Gemeinde Schwielowsee<br />

zu unser aller Wohl und nimmt die<br />

zuständigen Behörden in die flicht<br />

VON TATJANA GERBER<br />

Vor nunmehr fast 50 Jahren<br />

wurden auf einem unbebauten<br />

Birkenwaldstück<br />

unseres Ortes zwanzig<br />

gleichartige Wohnhäuser errichtet.<br />

Gebaut wurden sie von sogenannten<br />

Bausoldaten, den Wehrdienstverweigerern<br />

in der DDR, im Auftrag<br />

der NVA für führende Oziere<br />

der Geltower Kaserne. Daher nannte<br />

man den Birkengrund im Ort einfach<br />

„Armeesiedlung“. Der Logik der Zeit<br />

folgend, wurden identische Grundstücke<br />

gestaltet und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

So könnte es einmal im Birkengrund aussehen.<br />

erhielt am Birkengrund die bis heute<br />

einzigen Bürgersteige. Jeder Grundstückseigentümer<br />

erhielt als Auflage<br />

die Verpflichtung fünf neue Bäume<br />

zu pflanzen. Die großen stattlichen<br />

Fichten sind also Anfang der siebziger<br />

Jahre gepflanzt worden.<br />

Die Siedlung in der Siedlung ist<br />

auch noch heute augenscheinlich,<br />

auch wenn viele Erstbewohner und<br />

Neuzuzügler dem ursprünglich eintönig<br />

grauen Gesamtcharakter eine<br />

charmante und individuelle Note gegeben<br />

haben.<br />

38 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Dichte Kiefernbestände<br />

säumten einst den Birkengrund.<br />

Aufnahme um 1980.<br />

Foto: Privat<br />

Schattenspendende Bäume<br />

Grau und trist sind im Birkengrund<br />

hingegen die breiten öffentlichen<br />

Gehwegbereiche geblieben. Weder<br />

Strauch noch Baum lässt die Straßen<br />

und Wege schattiger, kühler oder<br />

bunter werden.<br />

In diesem besonders heißen Sommer<br />

wird diesen Weg keiner freiwillig<br />

für einen Spaziergang genutzt haben.<br />

Ein Großteil der Bewohnerinnen und<br />

Bewohner wünscht sich schattenspendende<br />

Bäume für ihre Wege<br />

und unterstützt deshalb die neue Initiative<br />

„Birken für den Birkengrund“.<br />

Früher hat die Gemeinde auf Forderungen<br />

zur Baumpflanzung im öffentlichen<br />

Bereich in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> immer<br />

abwehrend mit der Begründung<br />

reagiert, dass es dafür eigentlich gar<br />

keinen Platz gäbe.<br />

Doch was wäre besser dafür geeignet,<br />

als der völlig baumfreie Birkengrund?<br />

Aber einfach und schnell<br />

umzusetzen, ist das trotzdem nicht.<br />

Immerhin war die Gemeindeverwaltung<br />

inzwischen zu einem Vor-Ort-<br />

Termin mit der Bürgerinitiative bereit,<br />

um sich die Örtlichkeit anzuschauen.<br />

Aktuell haben Suchschachtungen<br />

stattgefunden, damit die Elektro-<br />

oder Gasleitungen nicht mit den<br />

Wurzeln der neuen Bäume in Konflikt<br />

geraten.<br />

Doch der Anfang ist gemacht.<br />

Birken für den Birkengrund<br />

ist eine Initiative von<br />

Anwohnern des Birkengrunds.<br />

Die Einwohner sammelten Anfang<br />

Juni <strong>2018</strong> Unterschriften und wandten<br />

sich an die Bürgerinitiative und<br />

Foto: Jim Kent, Ralph Berek/Fotomontage<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 39


Der Birkengrund noch ohne Birken in seinem heutigen ustand.<br />

Foto: Jim Kent<br />

Früher hat die Gemeinde auf Forderungen zur Baumpflanzung im<br />

öffentlichen Bereich in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> immer abwehrend mit der<br />

Begründung reagiert, dass es dafür eigentlich gar keinen Platz gäbe.<br />

die Bürgermeisterin Frau Hoppe mit<br />

der Bitte, sie dabei zu unterstützen,<br />

ihren kleinen Siedlungsteil zu begrünen.<br />

Die Anwohner erklärten sich zudem<br />

bereit, Baumpatenschaften für<br />

die 14 geplanten Neupflanzungen zu<br />

übernehmen, um vor allen in den ersten<br />

Jahren, das problemlose Anwachsen<br />

der Bäume zu erleichtern. Es gab<br />

auch Anwohner, die keine oder andere<br />

Baumpflanzungen wie Rot- oder<br />

Weißdorn wünschten.<br />

Antrag auf Bewilligung<br />

Die Bürgerinitiative stellte bei der<br />

Gemeindeverwaltung für die Anwohner<br />

des Birkengrundes den Antrag<br />

auf Bewilligung.<br />

Sie erklärte sich zudem bereit, die<br />

neuen jungen Birken mit zu finanzieren<br />

und den Einwohnern im Rahmen<br />

Tiefbauingenieur Ullrich Tietze beim<br />

Aufma am Birkengrund<br />

Foto: Jim Kent<br />

eines Subbotniks bei der Neupflanzung<br />

zu helfen.<br />

Die Bürgermeisterin begrüßte am<br />

4. Juli <strong>2018</strong> die Initiative der Einwohner<br />

und sicherte zu, dass die Verwaltung<br />

eine Prüfung der unterirdischen<br />

Gas-, Elektro- und Wasserleitungen<br />

veranlassen werde.<br />

anzungen durchaus möglich<br />

Aus dem der Redaktion vorliegenden<br />

Schreiben des Betreibers der<br />

„NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg<br />

mbh&Co. KG“ vom 1. August<br />

<strong>2018</strong> geht unter anderm hervor, dass<br />

unter Beachtung von Sicherungsmaßnahmen<br />

und in Abstimmung mit<br />

der NBB durch geeignete Schutzmaßnahmen<br />

(PVC-Baumschutzplatte)<br />

Pflanzungen durchaus möglich<br />

sind, wobei ein Mindestabstand von<br />

40 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Aktuell haben Suchschachtungen stattgefunden,<br />

damit die Elektro- oder Gasleitungen nicht mit<br />

den Wurzeln der neuen Bäume in Konflikt geraten.<br />

1,5 Metern angestrebt werden sollte.<br />

Bei Unterschreitung dieses Mindestabstandes<br />

von der Rohraußenkante<br />

und den Stromkabeln zu den<br />

Stammachsen, sind nur flach wurzelnde<br />

Bäume einzupflanzen, wobei<br />

gesichert werden muss, dass<br />

beim Herstellen der Pflanzgrube der<br />

senkrechte Abstand zwischen Sohle<br />

Pflanzgrube und Oberkante Leitung/<br />

Kabel mindestens 30 Zentimeter betragen<br />

muss.<br />

Autorin Tatjana Gerber, geboren<br />

1972 in Leipzig, ist Diplom-Politikwissenschaftlerin.<br />

Sie ist verheiratet<br />

und hat zwei Kinder.<br />

Lebt seit 1990 mit Unterbrechungen<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

Subbotnik am 29. September <strong>2018</strong><br />

Sollte die Verwaltung der Gemeinde Schwielowsee die Initiative der Anwohner im Rahmen der<br />

Nachpflanzaktion „Rettet die Waldsiedlung <strong>2018</strong>–20 genehmigen können, rut die Bürgerinitiative<br />

alle Einwohner am 29. September <strong>2018</strong> um 9:30 Uhr zu einem Subbotnik im Birkengrund auf.<br />

Näheres entnehmen Sie bitte der Website www.bi-baumerhalt-wpw.de oder rufen sie an: 01577 6830971.


Mit viel Energie gegen das Allgemeinwohl ist nun schon seit vier Jahren<br />

der Havelzugang gesperrt. Für viele ist der Havelzugang mit der Badestelle<br />

mit ganz besonderen persönlichen Erinnerungen verbunden.<br />

Pack die Badehose ein<br />

VON NORBERT KUNZ<br />

Ob bei Gesprächen zwischen Nachbarn, im Angelverein <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> oder beim Treffen der<br />

Volkssolidarität im Bürgerclub – immer wieder ist der gesperrte Havelzugang Gesprächsthema<br />

und löst Unverständnis oder Empörung aus. Nach vier Jahren Sperrung verstehen die meisten<br />

Bürger nicht, warum die ffnung des Weges nicht schon längst durchgesetzt wurde. Schlielich<br />

müssen sich doch – davon ist dann immer wieder Rede – wir alle an Recht und Gesetz halten.<br />

Doch der Reihe nach<br />

Warum ist dieser Havelzugang<br />

überhaupt so<br />

bedeutsam? Er gehört<br />

zur langen Geschichte<br />

von Geltow, dem ältesten Ortsteil<br />

von Schwielowsee, der in diesem<br />

Jahr seinen 1025. Geburtstag feiert.<br />

Bis zum Bau der Baumgartenbrücke<br />

waren hier eine Fährstation und regelmäßiger<br />

Fährbetrieb nach Werder<br />

(Havel). Im alten Fährhaus gab es ein<br />

beliebtes Restaurant. Später nach<br />

dem Bau der Baumgartenbrücke blieben<br />

die Allee und Badestelle übrig.<br />

Bis heute steht der Havelzugang für<br />

eine einzigartige Naturlandschaft<br />

mit ihren Einblicken auf die Havel als<br />

prägendem Fluss.<br />

Für viele löst der Havelzugang mit<br />

der Badestelle ganz besondere persönliche<br />

Erinnerungen aus. Die einen<br />

denken zurück an ihre Kindheit und<br />

an sonnige Badetage mit ihren Eltern.<br />

Andere erinnern sich an ein Picknick<br />

mit Freunden. Und wiederum andere<br />

wissen noch allzu gut, dass man<br />

dort früher bei einer Radtour einen<br />

willkommenen Zwischenstopp zum<br />

Baden einlegen konnte.<br />

Einen atemberaubenden<br />

Blick auf die Havel<br />

Was aber alle vereint und was<br />

diesen Ort in dieser Region so einzigartig<br />

macht, ist die mächtige von<br />

alten Kastanien umsäumte Allee, die<br />

erst unten am Ufer einen atemberaubenden<br />

Blick auf die Havel und die<br />

Halbinsel Werder eröffnet. Alle, die<br />

hier einmal waren, wissen: Dieser Ort<br />

ist ein Geheimtipp, den man gern mit<br />

anderen teilt.<br />

Obwohl sie bei allen<br />

Gerichtsverfahren<br />

verloren haben,<br />

wurden die Sperren<br />

nicht beseitigt.<br />

Ganz anders sehen das die Besitzer<br />

des Alten Fährhauses, seit sie das<br />

Mittelstück des Weges und größere<br />

angrenzende Waldflächen gekauft<br />

haben. Sie sperrten im Jahr 2014 den<br />

Weg nach beiden Seiten ab, nutzen<br />

ihn fortan zusammen mit dem Uferbereich<br />

als privaten Badestrand und<br />

verwenden seitdem viel Energie darauf,<br />

die Öffentlichkeit fernzuhalten.<br />

Obwohl sie in der Sache bei allen<br />

Gerichtsverfahren und auch in letzter<br />

Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht<br />

verloren haben, wurden die<br />

Sperren nicht beseitigt. Im Gegenteil.<br />

Zuletzt errichtete ein Pächter des<br />

Eigentümers im Jahr 2016 mitten auf<br />

dem Weg einen Schafstall für Moorschnucken,<br />

umrahmt von einem Maschendrahtzaun.<br />

Schließlich breitet<br />

sich der Wolf immer mehr in Brandenburg<br />

aus …<br />

Doch das Oberverwaltungsgericht<br />

Berlin-Brandenburg sah das in seinem<br />

Beschluss am 19. Februar <strong>2018</strong><br />

anders:<br />

„Es stehe außer Frage, dass mit<br />

dem Zaun, der Holzbarriere, der<br />

Hecke und den Schildern ein<br />

naturschutzrechtlicher ingriff im<br />

Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG<br />

vorgenommen worden sei, und<br />

dass ein Verstoß gegen § 4 Abs.<br />

2 LSG-VO vorliege. Alle Maßnahmen<br />

hätten eine Veränderung<br />

der Nutzung zum lnhalt, die im<br />

Landschaftsschutzgebiet ‚Potsdamer<br />

Wald- und Havelseengebiet‘<br />

und in der Uferzone des<br />

als Biotop (Erlen-Eschenwald)<br />

kartierten FFH-Gebietes ‚Mittlere<br />

Havel-Ergänzung‘ unzulässig sei.“<br />

Warum ist der Weg nicht<br />

schon längst wieder frei?<br />

Fest steht: Die Gerichtsbeschlüsse<br />

in den vergangenen Jahren waren<br />

eindeutig. Das Betretungsrecht in<br />

der freien Landschaft muss beachtet<br />

werden. Eingriffe in die Natur sind<br />

nicht erlaubt.<br />

Fotos: Norbert Kunz (unten), Archiv M. v. Klinski-Wetzel (oben)<br />

42 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Historische Postkarte, um 1930<br />

Trotz Gerichtsurteil behindert ein auf dem Weg<br />

gebauter Stall den freien Zugang zum Badestrand.


Es scheint, dass der Einfluss<br />

des Eigentümers weit in die Politik<br />

der Gemeinde Schwielowsee reicht.<br />

Aber es mangelt offensichtlich<br />

am Willen der Verwaltung des Landkreises,<br />

die Gerichtsbeschlüsse zeitnah<br />

umzusetzen. Und es mangelt an<br />

politischem Willen in der Gemeinde,<br />

hier nicht nur tatenlos zuzuschauen,<br />

sondern Druck zu machen und dem<br />

Allgemeinwohl Vorrang zu geben.<br />

Die Bürgermeisterin von Schwielowsee,<br />

Kerstin Hoppe, zeigt seit<br />

Jahren kaum Ambitionen, den rechtmäßigen<br />

Zustand schnellstmöglich<br />

wiederherzustellen. Klare öffentliche<br />

Aussagen von ihr gegen die Sperrung<br />

wird man wohl vergeblich suchen.<br />

Schon kurz nach der Sperrung äußerte<br />

sie gegenüber einer Zeitung, dass<br />

es sich ihrer Meinung nach bei der<br />

Sperrung des Weges um eine Privatangelegenheit<br />

handele.<br />

Es scheint, dass der Einfluss des<br />

Eigentümers weit in die Politik der<br />

Gemeinde Schwielowsee reicht. Er<br />

selbst hatte bei der Kommunalwahl<br />

2014 für die CDU kandidiert. Nach<br />

der Sperrung soll seine Anwaltskanzlei<br />

noch zu den Sponsoren des<br />

Caputher Fährfestes gezählt haben.<br />

Und in den vergangenen Jahren soll<br />

er als gern gesehener Referent bei<br />

gemeindlichen Weiterbildungsmaßnahmen<br />

aufgetreten sein.<br />

Im heißen Sommer <strong>2018</strong> versperrt<br />

nach wie vor der Moorschnucken-Stall<br />

den unbeschwerten Zugang<br />

zur Havel. Bei einigen Bürgern<br />

macht sich inzwischen Resignation<br />

breit. Aber das letzte Wort ist noch<br />

nicht gesprochen. Empfohlen werden<br />

kann nur, weiter Druck zu machen<br />

und den aktuellen Zustand nicht einfach<br />

hinzunehmen. Auch wenn das<br />

ohne die tatkräftige politische Unterstützung<br />

der eigenen Bürgermeisterin<br />

sein muss.<br />

Anmerkung der Redaktion<br />

Auf Nachfrage räumte Frau Hoppe<br />

ein, dass in den vergangenen fünf<br />

Jahren tatsächlich sporadische<br />

geschäftliche Kontakte zwischen<br />

der Gemeinde und der Kanzlei<br />

MD bestanden haben. Diese beschränkten<br />

sich auf die Teilnahme<br />

an Weiterbildungsmaßnahmen,<br />

wo u.a. Herr Dr. Mestwerdt als<br />

Referent auftrat. Aktuell bestehen<br />

nach Aussage von Frau Hoppe<br />

keine geschäftlichen oder vertraglichen<br />

Verbindungen der Gemeinde<br />

Schwielowsee zur Kanzlei MD<br />

oder zu Rechtsanwalt Mestwerdt.<br />

Autor Norbert Kunz, verheiratet,<br />

Dipl.-Politikwissenschaftler,<br />

Jahrgang 1971, lebt seit 2012 mit<br />

seiner Familie in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

44 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Im Ortsteil Geltow setzen sich viele Menschen für bessere<br />

Lebensbedingungen und den Schutz der Natur ein.<br />

Anlass für das Bürgerengagement sind meist Missstände<br />

und das unbefriedigende Handeln von Verwaltungen<br />

und gewählten Gremien.<br />

Das geht uns alle an<br />

Trinkwasser<br />

Der „Interessengemeinschaft Erholungsort<br />

Geltow“ (IEG) geht es um<br />

die Auswirkungen des Betriebes der<br />

Recclingfirma Richter, dessen Betriebsgelände<br />

und der ungenehmigte<br />

Container-Umschlagplatz sowohl im<br />

Landschaftsschutzgebiet als auch im<br />

Trinkwasserschutzgebiet liegen. Seit<br />

mehr als 6 Jahren ist die IEG aktiv.<br />

Sie will erreichen, dass Firma Richter<br />

Recycling sich an Recht und Gesetz<br />

hält, die behördlichen Auflagen<br />

einhält und der Abfallbetrieb nicht<br />

immer mehr ausgeweitet wird. Die<br />

bisherigen Erfolge beruhen auf zahlreichen<br />

Schreiben, Akteneinsichten<br />

bei Behörden und weiteren nitiativen.<br />

Mitglieder der IEG nehmen auch regelmäßig<br />

an den Sitzungen des Ortsbeirates<br />

Geltow, der Gemeindevertretung<br />

und der Fachausschüsse teil.<br />

Offener Uferzugang<br />

Der historische Weg neben der<br />

„Villa Maurus“ zum Ufer der Havel ist<br />

vom igentümer des benachbarten<br />

Villengrundstücks, dem ein eil des<br />

Weges gehört, gesperrt worden. Dies<br />

widerspricht dem Naturschutzgesetz,<br />

das die freie Zugänglichkeit der Natur<br />

und der Gewässer gewährleistet. Der<br />

Ortsbeirat Geltow hatte die Verwaltung<br />

augeordert mitzuhelen,<br />

VON RIEDHEL SCHITJERSCH<br />

dass der Weg wieder in voller Breite<br />

geöffnet wird. Stattdessen hatte die<br />

Bürgermeisterin kurze Zeit später die<br />

eiterin des Bauamtes angewiesen,<br />

beim andkreis zu beantragen, dass<br />

ein Trampelpfad in der Nähe als Alternative<br />

zu diesem Weg genutzt werden<br />

kann. Das hätte den dauerhaften<br />

Ausschluss der Öffentlichkeit von der<br />

Nutzung des historischen Weges und<br />

des dem Staat gehörenden erabschnittes<br />

bedeutet. Dieses Vorgehen<br />

hatte glücklicherweise keinen rolg.<br />

Der andkreis hat die Freimachung<br />

des Weges angeordnet. Das Oberverwaltungsgericht<br />

hat die sofortige<br />

Vollziehung dieser Anordnung bestätigt.<br />

mmer wieder haben Bürger<br />

aus <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> den Landrat<br />

und reistagsabgeordnete bedrängt,<br />

haben an Sitzungen des Kreistages<br />

und der Ausschüsse teilgenommen,<br />

damit der Landkreis tatsächlich<br />

handelt. Sonst wäre die Sache möglicherweise<br />

im Sande verlaufen.<br />

Erhalt der Waldsiedlung<br />

Besonders beachtlich ist der<br />

insatz der Bürgerinitiative „Waldsiedlung<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“. Diese<br />

will den „natürlichen harme und<br />

typischen Charakter des Ortsteils<br />

erhalten. Das ist nur zu schaffen,<br />

wenn die Vorgehensweise der Gemeindeverwaltung<br />

sich ändert und<br />

die Vorgaben der Baumschutzsatzung<br />

eingehalten werden. Erst im<br />

onat ärz <strong>2018</strong> gegründet, hat<br />

diese schon über 120 nterstützer<br />

und eine Vielzahl von Aktivitäten<br />

gestartet. Die Herausgabe der vorliegenden<br />

Zeitschrit gehört dazu.<br />

Bewahrung der Natur<br />

Auch die Erfolge des NABU –<br />

Naturschutzbund Deutschland<br />

beruhen auf dem Engagement der<br />

Bürgerinnen und Bürger. Allein in<br />

Brandenburg unterstützen mehr<br />

als 16.000 Mitglieder den Einsatz<br />

ür Natur und mwelt. Alle Bürger<br />

und olitiker sprechen sich ür den<br />

Schutz der Natur aus, aber wenn<br />

es konkret wird, ällt der Schutz<br />

der natürlichen ebensgrundlagen<br />

häufig unter den isch. Deshalb ist<br />

der NABU anerkannter Naturschutzverband.<br />

Er ist an naturschutzrelevanten<br />

Verfahren zu beteiligen und<br />

kann Widerspruch und lage erheben,<br />

damit Recht und Gesetz zugunsten<br />

der Natur eingehalten werden.<br />

Mit vielfältigen Aktionen setzt sich<br />

der NAB ür den Schutz geährdeter<br />

iere und flanzen ein, ür eine<br />

naturverträgliche andwirtschat,<br />

ür den Schutz der Gewässer, um<br />

wichtige Bereiche zu nennen. Auch<br />

der Schutz der Alleen und Bäume ist<br />

ür uns ein wichtiges Anliegen. Vor<br />

kurzem wurde mit dem Landesbetrieb<br />

Straßenwesen vereinbart, dass der<br />

NAB über alle ermine von Baumschauen<br />

an Bundes – und Landestraßen<br />

inormiert wird, damit sich<br />

fachkundige Mitglieder an diesen<br />

erminen beteiligen können. Daür<br />

bietet der NABU seinen Mitgliedern<br />

eine achliche Fortbildung an. Auch<br />

hier kommt es darau an, dass<br />

Bürgerinnen und Bürger sich ehrenamtlich<br />

und mit Nachdruck ür die<br />

Gemeinwohlbelange einsetzen.<br />

Der Vorsitzende des<br />

NABU Brandenburg<br />

Friedhelm Schmitz-ersch,<br />

studierter urist, geboren 1,<br />

verheiratet, hat einen Sohn<br />

und lebt in Geltow, wo er<br />

Mitglied des Ortsbeirates ist.<br />

46 KOENTAR WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


DAS BESONDERE BILD


Ereignis Blutmond:<br />

Am 27. Juli <strong>2018</strong> war die<br />

längste Mondfinsternis<br />

dieses Jahrhunderts - und<br />

das bei sternenklarem<br />

Himmel in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Foto: Jim Kent


10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT<br />

Kerstin Hoppe und<br />

stellen sich<br />

Am 30. September <strong>2018</strong> ist Bürgermeisterwahl<br />

in der Gemeinde Schwielowsee:<br />

Wer ist die beste Wahl an der<br />

Spitze des Rathauses für die<br />

nächsten acht Jahre?


Michael Holstein<br />

der Wahl


KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />

Ein Großteil der Einwohner reagiert befremdet oder entsetzt über die dichte, ortsuntypische Bebauung<br />

nahe des Marktplatzes durch einen Investor entgegen dem Textbebauungsplan und ohne Einbeziehung<br />

der Einwohner. Wie stehen Sie zu diesem Bauvorhaben? Entspricht es aus Ihrer Sicht dem Charakter von<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>? Würden Sie weitere in dieser Art in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> befürworten?<br />

Kerstin Hoppe: Der in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> geltende Textbebauungsplan<br />

ist im Jahre 2004 aufgrund der Anregung einer<br />

Bürgerinitiative entstanden. Die Gemeindevertretung der<br />

Gemeinde Schwielowsee hat diese Anregung unterstützt.<br />

Dieser Textbebauungsplan regelt die zukünftige bauliche<br />

Entwicklung in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Kein Bauvorhaben kann<br />

genehmigt werden, wenn es den Festsetzungen des Textbebauungsplans<br />

widerspricht. So verhält es sich auch<br />

bei der von Ihnen angesprochenen Bebauung nahe des<br />

Marktplatzes. Sie entspricht den Vorgaben dieses Textbebauungsplans.<br />

Dabei liegt es in der Natur der Sache,<br />

dass nicht jeder mit jedem Bauvorhaben einverstanden ist.<br />

Soweit diese sich jedoch in dem von der Gemeinde vorgegebenen<br />

baulichen Rahmen hält, hat der Grundstückseigentümer<br />

– wie jeder anderer Grundstückseigentümer<br />

auch – das Recht, das Bauvorhaben entsprechend seinen<br />

gestalterischen Vorstellungen zu verwirklichen. Zusätzlich<br />

erfolgt im Infrastrukturausschuss der Gemeindevertretung<br />

Schwielowsee jedoch zu jedem Bauvorhaben ein<br />

intensiver Abstimmungsprozess, in dem versucht wird,<br />

die Interessen der Bauherren mit den Interessen der Gemeinde<br />

in Übereinstimmung zu bringen. Dabei steht der<br />

Waldcharakter von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> immer im Vordergrund.<br />

Bei der überwiegenden Anzahl von Bauvorhaben in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

konnte dieser letztlich auch in Abstimmung mit<br />

den Bauherren berücksichtigt werden.<br />

Michael Holstein: Das Bauvorhaben fällt sofort auf, sobald<br />

man durch die Waldsiedlung läuft. Ich empfinde diese<br />

Baustelle als untypisch für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und habe<br />

mich sofort gefragt, wie die Einwohner dazu stehen. Ich<br />

werde die Bürgerinnen und Bürger bei Planungsvorhaben<br />

frühzeitig mit einbinden. Neue Bauvorhaben und infrastrukturelle<br />

Anpassung müssen meiner Meinung nach,<br />

immer zum Wohle der Gemeinde und unter Berücksichtigung<br />

des ortstypischen Charakters erfolgen. Die Beteiligung<br />

und die Meinungen der Anwohner und Einwohner<br />

finde ich wichtig. Es muss rechtzeitig und offen kommuniziert<br />

werden. Ganz klar, weitere Bauvorhaben in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

werden gemeinsam rechtzeitig diskutiert.<br />

ie auf den ffentlichen aherkehr angewiesenen inwhner emnden die Busanbindung in Wildark-<strong>West</strong> weiterhin<br />

als unzureichend. Sonntags verkehren gar keine Busse in der Waldsiedlung. Wie soll die Mobilität<br />

der oft auch alten Einwohner verbessert werden?<br />

Kerstin Hoppe: Es ist mir bekannt, dass viele Einwohner in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> auf den Bus angewiesen sind, denn es gibt<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> keinen Supermarkt, keine Ärzte und keinen<br />

Geldautomaten. Nach vielen Gesprächen mit den Verkehrsbetrieben<br />

und dem Landkreis ist es 2017 gelungen,<br />

bereits eine große Verbesserung zu erreichen. Somit verkehrt<br />

ab Dezember 2017 von Montag bis Freitag von 5:00<br />

bis 23:00 Uhr stündlich ein Bus der Linie 610 nach Potsdam.<br />

Dies ist auf das Engagement der Gemeinde Schwielowsee,<br />

der Busgesellschaft regiobus und des Landkreises<br />

Potsdam-Mittelmark zurückzuführen. Ich habe nie aufgehört,<br />

mich persönlich für einen dichteren Takt der Busverbindung<br />

nach Geltow und nach Potsdam einzusetzen.<br />

Wenn auch an den Wochenenden und speziell am Sonntag<br />

ein entsprechender Verkehrsbedarf in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

nachgewiesen werden kann, haben wir auch hier die Chance,<br />

für Verbesserungen zu sorgen. Ich werde mich auch zukünftig<br />

zusammen mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark<br />

dafür einsetzen, dass sich das Angebot von regiobus diesbezüglich<br />

verbessert.<br />

Michael Holstein: Eines meiner Themen ist der öffentliche<br />

Nahverkehr. Auch die kleineren Ortschaften müssen<br />

erreichbar sein. Intensive Gespräche mit den Nachbargemeinden<br />

und der Landeshauptstadt, sowie mit den<br />

ÖPNV Unternehmen müssen geführt werden. Für die besonderen<br />

Bedarfe in Schwielowsee möchte ich für die<br />

Senioren, die Ehrenamtlichen, den Vereinen und Eltern<br />

einen gemeindeeigenen Minibus mit 8 Plätzen zur Verfügung<br />

stellen. Am Wochenende könnten ehrenamtliche<br />

Fahrer eingesetzt werden. Andere Gemeinden und Städte<br />

machen das auch sehr gut. Ich werde dafür eintreten,<br />

dass dies auch in Schwielowsee umgesetzt wird. Weiterhin<br />

habe ich vor, die Nachbarschaftshilfe zu entwickeln<br />

und zu fördern und sichere Wege zu gewährleisten. Das<br />

zusammen erhöht auch die Mobilität innerhalb der Gemeinde.<br />

52 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />

Zahlreiche Einwohner der Waldsiedlung machen sich wegen der Hitzewelle dieses Sommers großes Sorgen,<br />

dass im Falle eines Großfeuers – wie es vor kurzem die Waldsiedlung Fichtenwalde oder vor Jahren<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> selbst betraf – keine ausreichenden vorbeugenden Maßnahmen zum Schutz der Ortschaft<br />

und ihrer inwhner ergriffen werden knnen. Auch in diesem ahr hat es r einigen Wchen r der<br />

Ortschaft einen Großbrand mit Heuballen gegeben. Wie kann im Falle einer solchen Katastrophe schnell<br />

gehandelt werden Wie wllen Sie sicherstellen, dass den Brgern im alle durch andere aturgewalten<br />

verursachte Schäden wie z.B. durch Starkregen oder Sturm geholfen werden kann?<br />

Kerstin Hoppe: Im Falle eines Großbrands in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

sind – wie für das gesamte Gemeindegebiet – entsprechende<br />

Vorbereitungen durch die Freiwillige Feuerwehr<br />

Schwielowsee getroffen worden. Weiterhin ist unsere Gefahren-<br />

und Risikoanalyse überarbeitet worden, die auch<br />

derartige Fälle berücksichtigt. Der Ausrüstungsstand der<br />

Freiwilligen Feuerwehr Schwielowsee wird ständig verbessert.<br />

So wird derzeit für die Freiwillige Feuerwehr Schwielowsee<br />

ein neues Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug für<br />

ca. 380.000,00 EUR angeschafft. Selbstverständlich kann<br />

die Freiwillige Feuerwehr Schwielowsee im Falle einer Katastrophe<br />

auch auf die Freiwilligen Feuerwehren des Umkreises<br />

bzw. auf die entsprechenden technischen Mittel<br />

des Landkreises Potsdam-Mittelmark und auch des Landes<br />

Brandenburg zurückgreifen. Dies ist zum Beispiel bei dem<br />

von Ihnen angesprochenen Waldbrand, der die Waldsiedlung<br />

Fichtenwalde betroffen hat, so geschehen. Dort haben<br />

sich die entsprechenden Einsatzplanungen bewährt.<br />

Die Zusammenarbeit der einzelnen Feuerwehren hat bestens<br />

geklappt.<br />

Wie in der Vergangenheit bereits öfters geschehen, unterstützt<br />

die Freiwillige Feuerwehr Schwielowsee ihre Bürger<br />

selbstverständlich auch bei durch anderen Naturgewalten<br />

verursachten Schäden. Auch hierfür gab es nicht zuletzt im<br />

letzten Jahr mehrere Beispiele.<br />

Michael Holstein: Der aktuelle große Waldbrand bei<br />

Fichtenwalde hat gezeigt, dass wir in der Region mit Freiwilligen<br />

Feuerwehren und Berufsfeuerwehren gut aufgestellt<br />

sind. Die Koordination und die Einsatzbereitschaft<br />

waren hervorragend. Das muss erhalten und gefördert<br />

werden. Mein Dank gilt allen, die sich bei der Bekämpfung<br />

des Waldbrandes eingesetzt haben. Schutzkonzepte und<br />

präventive Maßnahmen – auch direkt in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> –<br />

müssen ggf. neu betrachtet und angepasst werden. Hier<br />

setze ich auch auf die Einwohner und werde deren Anregungen<br />

und Hinweise gerne aufnehmen. Das Thema „Sicherheit“<br />

liegt mir am Herzen. Hier bringe ich eine Menge<br />

an beruflicher Erfahrung mit. Entschädigungen infolge<br />

von Naturgewalten sind von Fall zu Fall unterschiedlich<br />

zu bewerten. Das sind Fragen, die wir gemeinsam klären<br />

müssen. Viele Versicherungen beinhalten diese Schäden.<br />

Ich werde mir das Thema genau anschauen und dazu als<br />

Bürgermeister auch antworten.<br />

Ob beim Umbau von Bushaltestellen oder Ausbau von Straßenlaternen – viele interessierte Einwohner<br />

kritisieren fehlende frühzeitige Informationen und die mangelnde Transparenz von Verwaltungshandeln.<br />

Wie wllen Sie die ransarenz erbessern, um die Brger an der ntscheidungsndung zu beteiligen und<br />

bestmögliche Lösungen zu erreichen?<br />

Kerstin Hoppe: Fehlende frühzeitige Information und mangelnde<br />

Transparenz kann ich gerade bei den von Ihnen angesprochenen<br />

Baumaßnahmen nicht feststellen. Bei Straßenbaumaßnahmen<br />

findet nicht nur eine frühzeitige Beteiligung<br />

der betroffenen Anlieger im Rahmen einer entsprechenden<br />

Einwohnerversammlung statt sondern die Bürger können<br />

immer Ihre Fragen direkt im zuständigen Fachbereich stellen<br />

und erhalten umgehend Antworten. Viele Bürger haben<br />

in all den Jahren davon regen Gebrauch gemacht. In den<br />

Anliegerversammlungen werden sämtliche Informationen<br />

zur Baumaßnahme vorgestellt; die Bürger können ihre<br />

Vorstellungen für jede Baumaßnahme einbringen. Diese<br />

werden selbstverständlich bei der Entscheidungsfindung,<br />

wie die Baumaßnahme letztlich verwirklicht werden soll,<br />

berücksichtigt. Für weitere Vorschläge, wie in diesen sensiblen<br />

Angelegenheiten die Bürgerbeteiligung verbessert<br />

werden kann, bin ich selbstverständlich offen. Ergänzen<br />

Michael Holstein: Meine Kommunalpolitik wird einen<br />

offenen, transparenten und gemeinschaftlichen Weg<br />

aufzeigen. Frühzeitige Information, Möglichkeiten der<br />

Bürgerbeteiligung und die Einbindung von Einwohnern<br />

werde ich umsetzen. Gemeinsame Entscheidungen zum<br />

Wohl der Gemeinde und die Gründe, weshalb manches<br />

nicht umgesetzt werden kann, müssen immer in einem<br />

offenen Dialog mit allen geschehen. Fragen von Einwohnern,<br />

werden sachlich, ehrlich, verständlich und nachvollziehbar<br />

beantwortet. Ich möchte Vertrauen aufbauen,<br />

immer ein offenes Ohr haben und die Gemeinschaft<br />

in der Gemeinde stärken. Ein gutes Miteinander unter der<br />

Einbeziehung aller Menschen, die hier leben, ist mein<br />

Ziel.<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT 53


KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />

möchte ich noch, dass wir durch die Einführung unseres<br />

Ratsinformationssystems vonBeginn an allen Bürgerinnen<br />

und Bürgern die Möglichkeit geben, sich intensiv mit den<br />

Beschlussvorlagen und Informationsvorlagen auseinandersetzen<br />

zu können.<br />

ngagierte Brger bemngeln die fehlende Brgernhe der erwaltung. icht nur rumlich. Was schlagen<br />

Sie konkret vor, damit es einen direkten Draht zwischen der Bürgermeisterin/dem Bürgermeister und<br />

den Bürgern gibt, um bestehende Probleme schnell und unbürokratisch zu lösen?<br />

Kerstin Hoppe: Eine fehlende Bürgernähe der Verwaltung<br />

kann ich so nicht feststellen. Den „direkten Draht“<br />

zwischen der Bürgermeisterin und den Bürgern gibt es<br />

seit Beginn meiner Amtszeit. Jeder Bürger der Gemeinde<br />

Schwielowsee kann mich jederzeit mit seinem Anliegen<br />

ansprechen. Hiervon wird auch regelmäßig – nicht nur<br />

während der Dienststunden im Rathaus – Gebrauch gemacht.<br />

Vielfach werde ich zu jeder Tageszeit in den einzelnen<br />

Ortsteilen, sei es beim wöchentlichen Einkauf oder bei<br />

anderen Gelegenheiten, von Bürgern angesprochen und<br />

mit ihrem Anliegen vertraut gemacht. Ich kümmere mich<br />

sofort um diese Probleme. Jeder Bürger bekommt innerhalb<br />

kürzester Zeit eine Antwort und in der Regel werden<br />

die Anliegen schnell und unbürokratisch gelöst. Selbstverständlich<br />

kann es vorkommen, dass ein Bürger einmal mit<br />

der Antwort eines Verwaltungsmitarbeiters und mit der<br />

Dauer der Bearbeitung seines Anliegens nicht zufrieden<br />

ist. Auch in diesen Fällen kann er sich selbstverständlich<br />

immer selbst an mich wenden und es werden umgehend<br />

Termine vereinbart. Sprechtage, nur an bestimmten Tagen<br />

und Uhrzeiten, werde ich auch zukünftig nicht durchführen,<br />

sondern werde weiterhin immer für die Belange der Bürger<br />

offen sein, wo auch immer ich in den Ortsteilen unterwegs<br />

bin, zuhören und mich kümmern.<br />

Michael Holstein: In meinem ersten Interview hatte ich<br />

bereits meine Absicht erklärt, sofort nach einer erfolgreichen<br />

Wahl, regelmäßige Bürgersprechstunden in allen<br />

Ortsteilen einzurichten. Auch in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> werde<br />

ich wiederkehrend vor Ort sein, um für alle Bürgerinnen<br />

und Bürgern direkt und ohne Umwege Ansprechpartner<br />

zu sein. Wenn kurze und schnelle Lösungswege möglich<br />

sind, werden wir diese gehen.<br />

Die Bürgerinitiative versucht seit März diesen Jahres, das Problem der übermäßig hohen Anzahl von<br />

Baumfllungen und den gleichzeitig fehlenden achsetzungen zu lsen. ahlreiche inwhner befrchten,<br />

dass die Waldsiedlung durch das Unterlaufen von gesetzlichen Bestimmungen, wie z.B. der<br />

Baumschutzsatzung der emeinde Schwielwsee, dem rtstreben einzelner Baumfllrmen gefert wird. Wie<br />

beurteilen Sie das Anliegen der Bürgerinitiative und was wollen Sie konkret unternehmen, um die von<br />

ihr gestellten Forderungen nach Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen umzusetzen?<br />

Kerstin Hoppe: Jedes bürgerschaftliche Engagement in<br />

der Gemeinde Schwielowsee ist willkommen. Dies gilt<br />

selbstverständlich auch für die Bürgerinitiative „Waldsiedlung<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“. Es gibt keinen Gegensatz zwischen<br />

dem Verwaltungshandeln und den Zielen der Bürgerinitiative<br />

„Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“. Die Bestimmungen<br />

der Baumschutzsatzung der Gemeinde Schwielowsee sind<br />

selbstverständlich durch die Verwaltung umzusetzen und<br />

werden auch entsprechend umgesetzt. Für jeden gefällten<br />

Baum sind entsprechende Ersatzpflanzungen vorzunehmen.<br />

Diese werden durch den Fachbereich Bauen, Ordnung und<br />

Sicherheit auch kontrolliert. Bäume dürfen in der Gemeinde<br />

Schwielowsee – so auch in der Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> –<br />

nur unter ganz engen Voraussetzungen, etwa wenn sie nicht<br />

Michael Holstein: Seit vielen Jahren ist das Thema „Compliance“<br />

oder Rechtssicherheit eine wichtige Aufgabe in<br />

meinem Beruf. Auch als Bürgermeister werde ich dafür<br />

sorgen, dass gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen<br />

und Gesetze strikt eingehalten werden und für alle<br />

gelten. Werden mir Abweichungen bekannt, werde ich<br />

konsequent handeln. Mit einem unvoreingenommenen<br />

Blick werde ich vieles in der Gemeinde anders und neu<br />

betrachten und mir eine eigene Meinung bilden. Gemeinsam<br />

werden wir gut vorankommen.<br />

54 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />

mehr standsicher sind, gefällt werden. Dies wird einzelfallbezogen<br />

auch durch den Fachbereich geprüft. Die Behauptung,<br />

dass bei der Erteilung von Baumfällgenehmigungen<br />

dem Profitstreben einzelner Baumfällfirmen Rechnung getragen<br />

wird, ist vor diesem Hintergrund unzutreffend.<br />

ie Brgerinitiatie ist der einung, dass der rhalt der mwelt und der schnende mgang mit der atur<br />

und der Tierwelt unabdingbar für den Erhalt an Lebensqualität der Einwohner nicht nur von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ist.<br />

Unterstützen Sie den Vorschlag, einen selbstständigen Fachbereich Umwelt, losgelöst vom Bauamt, in<br />

der Gemeindeverwaltung Schwielowsee einzusetzen?<br />

Kerstin Hoppe: Ich habe mit Unterstützung der Gemeindevertretung<br />

Schwielowsee eine Organisationsuntersuchung<br />

inklusive Personalbedarfsbemessung für die Verwaltung<br />

der Gemeinde Schwielowsee veranlasst. Das Ziel dieser<br />

Organisationsuntersuchung ist es, festzustellen, ob die<br />

derzeitige Personalausstattung den immer höheren Anforderungen<br />

an eine öffentliche kommunale Verwaltung<br />

gerecht wird. Weiterhin sollen die Aufgabenzuordnungen<br />

in den einzelnen Fachbereichen untersucht werden. Das<br />

Ergebnis dieser Untersuchung wird im 1. Quartal 2019 vorliegen<br />

und im Vorfeld in den Gremien diskutiert. Sollte diese<br />

Untersuchung zu dem Ergebnis kommen, dass die Einrichtung<br />

eines Fachbereichs Umwelt sinnvoll ist, werde ich<br />

mich diesem Gedanken sicherlich nicht verschließen.<br />

Michael Holstein: Ich finde diesen Vorschlag sehr gut<br />

und werde die Machbarkeit prüfen. Der Erhalt unserer<br />

Schätze - dazu gehören neben der Kultur auch die Natur,<br />

Umwelt, die Seenlandschaft und der Baumbestand - ist<br />

sehr wichtig. Wir müssen auch an unsere Kinder und Enkelkinder<br />

denken und unser schönes Schwielowsee für<br />

spätere Generationen erhalten. Ich lade gern Bürgerinnen<br />

und Bürger zur Diskussion und Mitarbeit ein.<br />

ie Brger der Waldsiedlung haben r drei naten eine achanzaktin ettet die Waldsiedlung<br />

ins eben gerufen, die unter der Schirmherrschaft des AB steht. Wie lautet hr nzet<br />

zum Erhalt des Waldcharakters von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>? Könnten Sie sich vorstellen, die historischen<br />

Alleen in der Waldsiedlung wieder neu zu beanzen<br />

Kerstin Hoppe: Selbstverständlich soll der Waldcharakter<br />

der Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> erhalten bleiben. Nicht<br />

umsonst handelt es sich ja um eine Waldsiedlung. Die Baumschutzsatzung<br />

der Gemeinde Schwielowsee bietet bereits<br />

einen guten Rahmen hierfür, da grundsätzlich jeder Baum<br />

geschützt ist. Selbstverständlich kann ich mir vorstellen, die<br />

historischen Alleen in der Waldsiedlung wieder neu zu bepflanzen.<br />

Hierfür hat die Gemeindevertretung der Gemeinde<br />

Schwielowsee auch im aktuellen Haushalt entsprechende<br />

Mittel zur Verfügung gestellt. Eine derartige Pflanzaktion<br />

muss jedoch gut vorbereitet werden. Insbesondere muss sie<br />

mit den Grundstückseigentümern der an die historischen<br />

Alleen anliegenden Grundstücke und den Medienträgern<br />

abgestimmt werden. Hieran wird durch meinen Fachbereich<br />

Bauen, Ordnung und Sicherheit bereits gearbeitet.<br />

Michael Holstein: Mein erster Besuch als Bürgermeisterkandidat<br />

war in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bei einer Baumpflanzaktion.<br />

Ich bin sehr beeindruckt vom Engagement vieler<br />

Bürgerinnen und Bürger in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Den Wunsch<br />

zum Erhalt der Waldsiedlung kann ich sehr gut nachvollziehen<br />

und werde mich immer für die berechtigten Interessen<br />

der Bevölkerung einsetzen. In <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

können wir gemeinsam an einem Konzept für die Zukunft<br />

arbeiten. Wo Nachpflanzaktionen sinnvoll erscheinen,<br />

sollten diese auch umgesetzt werden.<br />

Gestatten Sie ein paar persönliche Fragen: Wann waren Sie das letzte Mal in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>?*<br />

Kerstin Hoppe: Das letzte Mal in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> war ich<br />

am letzten Wochenende. Ich besuche <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> öfter<br />

im Rahmen meiner wochenendlichen Fahrradausflüge und<br />

mach mir dabei gleich einen persönlichen Eindruck von der<br />

Situation in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Michael Holstein: Am 30. Juli habe ich meine Wahlplakate<br />

selbst in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> angebracht. Meine nächsten<br />

fest geplanten Termine sind am 23. August zur Pressekonferenz<br />

und am 18. September um 19:00 Uhr im Bürgerclub,<br />

eine von vier Vorstellungsrunden in der Gemeinde<br />

nach den Sommerferien. Vorher bin ich bestimmt<br />

auch noch mehrmals in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT 55


KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />

Haben Sie Orte in der Waldsiedlung, an denen Sie sich besonders gerne aufhalten?<br />

Kerstin Hoppe: Spontan fällt mit hier der Weihnachtsmarkt<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ein, den ich jedes Jahr besuche. Dieser<br />

Weihnachtsmarkt gefällt mit aufgrund seiner besonderen<br />

Atmosphäre sehr gut.<br />

Michael Holstein: Ich war schon oft in der Anglerklause<br />

und habe einige Freunde in ihren Gärten in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

besucht. Die Vielfalt und die unterschiedlichen<br />

Reize in allen Ortsteilen von Schwielowsee finde<br />

ich beeindruckend und fühle mich überall sehr wohl.<br />

Zusatzfrage: Welche Frage würden Sie gerne gestellt bekommen und wie lautet darauf Ihre Antwort?<br />

Seit wann sind Sie in Schwielowsee zu Hause?<br />

Seit 25 Jahren.<br />

Warum möchten Sie Bürgermeister für Schwielowsee<br />

werden obwohl Sie nicht von hier sind und warum ziehen<br />

Sie nicht in einen Ortsteil von Schwielowsee?<br />

Michael Holstein: Ich lebe seit über 20 Jahren in der<br />

Region südwestlich von Berlin, erst in Werder und nun<br />

in Beelitz. Diese Region ist meine Heimat, hier fühle ich<br />

mich zuhause und mir ist wichtig was um mich herum<br />

passiert. Meine Arbeit - dazu gehören neben meinem Beruf<br />

auch alle Aktivitäten und ehrenamtliche Aufgaben -<br />

für die ich mich einsetze, haben wiederkehrende Ziele:<br />

Lebensqualität für die Menschen in meiner Umgebung,<br />

zu fördern, zu verbessern und zu erhalten. Ich denke als<br />

Bürgermeister ist das elementar, um eine Gemeinde in<br />

die Zukunft zu entwickeln und zu begleiten. Das Gemeinsame,<br />

die Lebensqualität, die Förderung von Kindern, Jugendlichen,<br />

Senioren und allen Hilfesuchenden muss im<br />

Fokus stehen. Lebensqualität beinhaltet für mich auch<br />

Mobilität und eine funktionierende Infrastruktur mit einem<br />

guten Angebot durch ansässige Gewerbetreibende.<br />

In direkter Nachbarschaft zu meinem Wohnort Beelitz<br />

und durch meine Leidenschaft für diese Region, möchte<br />

ich meine Erfahrungen für alle einbringen, dazulernen<br />

und eine gute, bürgernahe und ehrliche Kommunalpolitik<br />

machen. Mit meiner Familie lebe ich seit 2005 in Schäpe,<br />

einem kleinen Dorf bei Beelitz. Meine Schwiegereltern<br />

wohnen mit uns und meine beiden Söhne (9+12) besuchen<br />

Schulen in Beelitz. Unser älterer Sohn wechselt auf<br />

das Gymnasium. Seit vielen Jahren arbeiten meine Frau<br />

und ich in Berlin. Ein gutes und engagiertes Arbeiten ist<br />

auch dann möglich, wenn man nicht am Ort der Arbeit<br />

lebt. Erreichbar bin ich immer. Als ich erfahren habe, das<br />

Schwielowsee einen neuen Bürgermeister sucht, konnte<br />

ich mir sehr gut vorstellen diese herausfordernde Aufgabe<br />

anzunehmen und freue mich darauf.<br />

Vielen Dank für Ihre Fragen.<br />

Ich freue mich auf die gemeinsame Zukunft.<br />

Herzlichst ihr<br />

Michael Holstein<br />

* Die Redaktion fragte die beiden Kandidaten am 1. August <strong>2018</strong>. Die Antworten erfolgten am 6. bzw. 7. August <strong>2018</strong>.<br />

56 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Ein Weg aus rötlichen hart gebrannten Klinkern, der wie eine Linie<br />

zu einer immer größer werdenden Lichtung führt. 150 Meter entlang<br />

an Ehrenhainen zum Ort der Stille - zum Wald der Erinnerung<br />

Manches lässt einen nachdenklich zurück<br />

VON CARSTEN SICORA<br />

Nur ab und an dringen Geräusche<br />

der nahen Straße<br />

unweit der Waldsiedlung<br />

durch das dichte Grün am<br />

Wegesrand. Die Hitze der letzten<br />

Wochen flimmert noch immer über<br />

dem Weg, der sich am alten Oziersheim<br />

entlang nach oben zieht. Eine<br />

Fichte, mit über dreißig Metern ungewöhnlich<br />

hoch, hält einsam Wacht.<br />

Das Holz der drei mächtigen Eichen,<br />

einst stolze Wahrzeichen der neugebauten<br />

Fliegerschule und vom<br />

letzten <strong>Herbst</strong>sturm mit unbändig<br />

wütender Wucht niedergestreckt,<br />

ist längst beräumt. Auch alte, unverwüstlich<br />

scheinende Bäume sind<br />

vergänglich. Ich halte kurz inne und<br />

schaue hinüber zum Feld. Niemand<br />

ist unsterblich. Ich befinde mich an<br />

einem Ort voller Geschichte. Noch<br />

nicht so alt scheinend, um sie aufzuschreiben,<br />

doch alt genug um zu vergessen.<br />

Die blank gewichsten Schnürstiefel<br />

neben mir passieren die Stelle,<br />

an der man beim Bau der Kaserne am<br />

12. März 1937 einen mittelalterlichen<br />

Skelettfund vermeldete.<br />

Auch heute muss wieder eines<br />

der alten Gebäude Platz für Neues<br />

machen. Leben heißt auch Veränderung.<br />

Wurden damals gar Reste einer<br />

mittelalterlichen Siedlung gefunden?<br />

Ein Ort ritueller Bestattung? Ausschließen<br />

lässt es sich nicht, zumal<br />

im Zuge weiterer Bautätigkeiten 1941<br />

hier ein ganzes Brandgräberfeld ausgegraben<br />

wurde*. Wir wenden uns<br />

in einem Bogen nach Südost, immer<br />

bergan. Die Abendsonne hat ein wenig<br />

ihrer Kraft eingebüßt und scheint<br />

durch die Wipfel der alten Bäume.<br />

Lange Schatten stehen über uns.<br />

Die Luft ist heiß, es riecht nach<br />

Kiefernwald. Wir erreichen den Eingangsbereich<br />

der Erinnerungsstätte.<br />

Ein Gang mit beidseitig angebrachten<br />

Lichttafeln, die der Information<br />

dienen und die das Einsatzgebiet<br />

verzeichnen, in welchem die Soldaten,<br />

legitimiert durch den Deutschen<br />

Bundestag, deutsche Interessen in<br />

der Ferne verteidigten. Junge Männer,<br />

aber auch erfahrene Oziere,<br />

von denen sich für einen kurzen, aber<br />

alles entscheidenden Augenblick das<br />

Lebensglück abwendete. Lebensglück,<br />

das damit auch ihren Familien<br />

entrissen wurde. Kinder, die nun<br />

ohne ihre Väter groß werden müssen.<br />

Die Truppe kümmert sich um ihre Ab-<br />

Seelischen Schmerz kann man<br />

kaum greifen und einen Vater und<br />

geliebten Partner nicht ersetzen<br />

Die Namen der getöteten Soldaten sind in erhabenen<br />

bronzenen Buchstabentafeln verewigt.<br />

Fundstelle Geltow 1111, nach linski-Wetzel: <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> a.d. avel, 2. Aufl. S. 0 ff<br />

Fotos: Carsten Sicora<br />

58 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Ort der Stille


Informationstafel im Eingangsbereich, im Hintergrund Stelen Prizren und Rajlovac<br />

Ist Zweifel am militärischen Sinn nur im Angesicht<br />

des Verlustes und des Schmerzes erlaubt?<br />

sicherung, das war nicht immer so.<br />

Seelischen Schmerz kann man kaum<br />

greifen und einen Vater und geliebten<br />

Partner nicht ersetzen. Hier nicht<br />

und da nicht. Wie viele Kinder auf der<br />

Welt wohl ohne ihren Vater groß werden<br />

müssen?<br />

Sieben Stelen, sieben Orte<br />

Der Weg besteht nun aus rötlichen<br />

hart gebrannten Klinkern, der<br />

wie eine Linie zu einer immer größer<br />

werdenden Lichtung führt. 150 Meter<br />

entlang an Ehrenhainen zum Ort<br />

der Stille. Ehrenhaine, die ursprünglich<br />

am Einsatzort aufgebaut waren,<br />

wurden in mühevoller Arbeit und mit<br />

nicht unerheblichem Aufwand detailgetreu<br />

wiederhergestellt.<br />

Prizren, Rajlovac, Mazar-e Sharif,<br />

Kunduz, Kabul, OP-North, Feyzabad,<br />

Kosovo, Bosnien- Herzegowina,<br />

Afghanistan. An den sieben Stelen,<br />

eine jede steht für den Ort des Einsatzes,<br />

sind die Namen der getöteten<br />

Soldaten in erhabenen bronzenen<br />

Buchstabentafeln verewigt, dazu<br />

Geburts- und Sterbejahr. Ab und an<br />

haben Kameraden aus der gleichen<br />

Einheit neben den Tafeln einen letzten<br />

Gruß in Form eines Abzeichens<br />

oder einer Plakette angebracht. Gemeinsam<br />

Erlebtes schweißt zusammen.<br />

Der Ehrenhain des OP-North in<br />

Afghanistan z.B. wurde detailgetreu<br />

auf einer kleinen Anhöhe wieder aufgebaut,<br />

die einen Blick über die gesamte<br />

Anlage gestattet. Auch 5.000<br />

Kilometer fern der Heimat befand<br />

er sich auf einem zentralen Hügel<br />

auf der mittleren Ebene des Lagers.<br />

An einigen Bäumen sind Gedanken<br />

von Familienangehörigen auf einem<br />

Schild vermerkt; manches lässt einen<br />

nachdenklich zurück. Ist Zweifel am<br />

60 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Gedenkstein Feyzabad, Afghanistan<br />

militärischen Sinn nur im Angesicht<br />

des Verlustes und des Schmerzes erlaubt?<br />

Die ursprüngliche Idee einen<br />

Erinnerungswald anzulegen, hatte die<br />

Mutter einer während einer Übung in<br />

der Nordsee ertrunkenen Oziersanwärterin.<br />

Auch Unfälle gehören<br />

zum Soldatenalltag. Am Ort der Stille<br />

bildet ein mächtiges bronzefarbenes<br />

Eisernes Kreuz den finalen Schlusspunkt.<br />

Bänke laden zum Gebet oder<br />

zur Andacht ein, die letzten Sonnenstrahlen<br />

brechen sich im Licht von<br />

Glas. Es sind viele, derer hier gedacht<br />

werden soll. Zu viel.<br />

In den Auslandseinsätzen der<br />

Bundeswehr sind bisher mehr als<br />

einhundert Soldaten und eine Soldatin<br />

ums Leben gekommen. In den<br />

Einsätzen auf dem Balkan und in<br />

Afghanistan sind im Gedenken an<br />

ihre Kameraden Ehrenhaine vor Ort<br />

entstanden. Die im Wald der Erinnerung<br />

zurückgeführten Ehrenhaine<br />

ermöglichen es den Hinterbliebenen,<br />

ihrer Angehörigen, Freunde<br />

oder Kameraden zu gedenken. Im<br />

November 2014 wurde die 4.500<br />

Quadratmeter große Gedenkstätte<br />

eingeweiht. Sie ist eingebettet in<br />

den gewachsenen Baumbestand<br />

der Henning-von-Tresckow-Kaserne<br />

vor den Toren von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Nach Anmeldung kann im Paßaustauschverfahren<br />

die Gedenkstätte<br />

besucht werden.<br />

Besucher- und Betreuungsorganisation<br />

„Wald der Erinnerung“<br />

Henning-von-Tresckow-Kaserne<br />

14548 Schwielowsee<br />

Werderscher Damm 21–29<br />

Telefon: 03327 50 38 73<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 61


Das Vorwerk Gallin, das heutige <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />

war über vier Alleen mit prächtigem Baumbestand erreichbar.<br />

Wir stellen sie vor.<br />

Historische Alleen in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

1. TEIL: KASTANIENALLEE (AMSELWEG)<br />

VON ARIANNA VON KLINSKIWETEL


Der Entstehungsgeschichte der Kastanienallee im heutigen Gemeindeteil <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

soll in diesem Beitrag nachgegangen werden. Dazu ist es sicher interessant, aus der<br />

Entwicklung der Siedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bzw. aus der Geschichte des Gallin einige<br />

Informationen voranzustellen.<br />

Die Landschaft um das vormalige Vorwerk Gallin<br />

wurde seit dem Jahr 1686 durch die hier angesiedelten<br />

Schweizer Kolonisten landwirtschaftlich<br />

nutzbar gemacht. Es waren ursprünglich drei<br />

Bauernhäuser für sie errichtet worden, die man als „Vorwerk<br />

Gallin“ bezeichnete. Diesen Dreiseithof erreichte man<br />

zu damaliger Zeit über einen Weg aus Richtung Golm, den<br />

der König später als „Königspromenade“ („Waidmannspromenade“)<br />

mit vier Reihen Eichen als Allee ausgestalten<br />

ließ. Außerdem führte ein Weg, der später als Eichenallee<br />

bepflanzt wurde, in Richtung Bornstedt und zum Kleinen<br />

Entenfang See.<br />

Amselweg <strong>2018</strong>, in Höhe Nr. 25<br />

Foto: M.v.Klinski-Wetzel


In diesen Kastanien liegt offensichtlich schon vor dem<br />

Ende des 19. Jahrhunderts die Ursprungsidee, eine reine<br />

Allee mit Kastanien in Richtung Havel folgen zu lassen<br />

1711<br />

Im Jahr 1711 kam auf der bis dahin<br />

offenen Ostseite der Vorwerksanlage<br />

ein sogenanntes Garten- oder Hirtenhaus<br />

hinzu, so daß man von einem<br />

Vierseithof sprechen kann. In der Zeit<br />

von 1686 bis zum Jahr 1864 diente<br />

der Gallin zahlreichen Pächtern als<br />

Ackerland für Gemüse, Getreide, für<br />

Obstanbau und Weinbau. Auch als<br />

Weide für Vieh und als Wiese für das<br />

Winterfutter wurde die Landschaft<br />

des Gallin genutzt.<br />

1877<br />

Das Königshaus der Hohenzollern<br />

erwarb im Jahr 1864 den Gallin als<br />

Privatbesitz und überließ diesen ‚Königl.<br />

Gutsbezirk Gallin‘ bis zum Jahr<br />

1877 einem Pächter. Nachdem das<br />

Kronprinzenpaar Friedrich III. (*1831,<br />

†1888) und seine englische Gemahlin<br />

Victoria (*1840, †1901) ab dem Jahr<br />

1867 das Krongut Bornstedt landwirtschaftlich<br />

nutzte und sie feststellen<br />

mußten, daß sie zu wenig Flächen für<br />

ihre Anbaupläne hatten, erhielten sie<br />

ab dem Jahr 1877 den Gallin hinzu,<br />

der nun als Teil des ‚Krongutes Bornstädt-Gallin‘<br />

bezeichnet wurde.<br />

Ein Plan für Gallin<br />

Der Hofgärtner Hermann Sello<br />

(*1800 in Caputh, †1876 in Potsdam),<br />

Sproß aus der preußischen Hofgärtner-Dynastie<br />

Sello, wurde bereits im<br />

Jahr 1872 vom königlichen Hof damit<br />

beauftragt, einen Plan (Abb. Seite 43<br />

oben) zu entwerfen, wie der Gallin für<br />

den Anbau von Obst und Gemüse im<br />

Sinne eines „Regelmäßigen Gutsgartens“<br />

vom Kronprinzenpaar bewirtschaftet<br />

werden könnte. Das Projekt<br />

‚Gutsgarten‘ wurde jedoch nicht ausgeführt.<br />

Statt dessen sollte das Gebiet<br />

um den Gallin dann als Erweiterung<br />

des ‚Jagdgebietes <strong>Wildpark</strong>‘ bis<br />

zur Havel ausgestaltet werden. Über<br />

die Hintergründe dieser Umwidmung<br />

kann nur spekuliert werden.<br />

1879<br />

Das Anlegen kleiner Seen mit<br />

Hilfe von Kanälen, die die Trockenle-<br />

v.l.n.r. Amselweg <strong>2018</strong> in Höhe Nr. 15, Amselweg 2006 mit Blick vom Marktplatz und Kastanienallee (Heute Amselweg)<br />

1931 mit Blick vom Marktplatz (<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>-Buch, Abb. 47)<br />

Die Kastanienallee (der heutige Amselweg) verläuft vom<br />

Marktplatz beginnend von südwestlicher in nordöstlicher<br />

Richtung und endet am Ortsausgang am Wassergraben.<br />

Die Allee ist 0,5 Kilometer lang und hat insgesamt 89<br />

Bäume. Davon im vorderen Teil 42 über 100jährige<br />

astanien. 2 unge astanien befinden sich vorwiegend<br />

im hinteren Teil der Allee. 13 sehr alte Eichen und eine<br />

junge Eiche stehen zudem hinter dem Wegkreuz An der<br />

Kirche/Schulweg/Hirschweg. Drei alte Buchen, davon<br />

eine zweistämmige und eine dreistämmige sowie zwei<br />

junge Buchen, eine Traubenkirsche, zwei Birken eng aneinander<br />

stehend sowie zwei Ulmen komplettieren den<br />

Bestand. Vor dem Wegkreuz haben Einwohner in den<br />

Jahren 2010–<strong>2018</strong> junge Kastanien nachgesetzt, auch<br />

die Gemeinde Schwielowsee ließ in diesem Bereich im<br />

Mai <strong>2018</strong> vier junge Bäume setzen.<br />

Fotos: M.v.Klinski-Wetzel<br />

66 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Amselweg 1960, Blick vom Marktplatz


Der neu entstehende Kiefernwald, etwa ab<br />

dem Jahr 1885, sollte offensichtlich mit Hilfe von<br />

Alleen und verschiedenen Laubbaumarealen<br />

parkähnlich gestaltet werden<br />

gung weiterer Gebiete auf dem Gallin<br />

erforderlich machen würde, wurde<br />

wohl als zu langwierig und zeitraubend<br />

angesehen. Zudem konnte das<br />

Königshaus im Jahr 1879 nördlich<br />

des Entenfangs und nördlich der<br />

Eisenbahnlinie Potsdam-Magdeburg<br />

etliche Morgen hinzukaufen. Somit<br />

eröffnete sich eher die Möglichkeit,<br />

das größer gewordene Gelände dem<br />

‚Jagdgebiet <strong>Wildpark</strong>‘ anzuschließen,<br />

das nun bis zum Ufer der Havel mit<br />

vormaligem Vorwerk Gallin reichen<br />

würde. Politische Affären und Todesfälle<br />

in der Königsfamilie bedrückten<br />

das Kronprinzenpaar in diesen<br />

Jahren. Sie ließen ihre Pläne für den<br />

Gallin fallen. In den folgenden Jahren<br />

bis zum Jahr 1910 gab es kaum<br />

noch Nachrichten über den königlichen<br />

Privatbesitz Gallin, der mit Hilfe<br />

von Sperren und Schildern auf den<br />

Wegen jedem Fremden das Betreten<br />

des Privatwaldes untersagte. Nur die<br />

weiteren Zukäufe von Gelände in<br />

den Jahren 1890 und 1904 konnten<br />

notiert werden, so daß man feststellen<br />

kann, daß der Gallin bis zum Jahr<br />

1905 von 327 auf 664 Morgen angewachsen<br />

war.<br />

1885<br />

Der neu entstehende Kiefernwald,<br />

etwa ab dem Jahr 1885, sollte offensichtlich<br />

mit Hilfe von Alleen und<br />

verschiedenen Laubbaumarealen<br />

parkähnlich gestaltet werden. Im Besonderen<br />

wurde das Augenmerk auf<br />

die Verbindung vom Bornstedter Gut<br />

zum Entenfang-Etablissement und<br />

von dort aus auf zwei landschaftlich<br />

attraktiv ausgestaltete Alleen zum<br />

Ufer an der Havel gelegt. Diese Wege<br />

bzw. Alleen benutzten noch bis zum<br />

Jahr 1934 die Jagdgesellschaften<br />

des vormaligen Königshauses, als<br />

der Forstaufseher und Waldbeläufer<br />

Georg Palecki mit seiner Familie im<br />

vormaligen Vorwerk Gallin wohnte.<br />

Palecki hinterließ zahlreiche schöne<br />

Fotos aus den Jahren 1931 und 1933<br />

von den Wegen und dem Wald der ab<br />

1933 entstehenden Villensiedlung<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Wo und wann konnte nun der<br />

Entstehungszeitpunkt für eine Kastanienallee<br />

gefunden werden? In<br />

der „Gutsgartenzeichnung“ von Hermann<br />

Sello aus dem Jahr 1872 ist<br />

bereits die erste Andeutung eines,<br />

mit Bäumen bepflanzten Weges vom<br />

Kienwerder (auch Kienhorst genannt,<br />

nördlich des Kleinen Entenfang Sees<br />

gelegen) in Richtung Havel zu entdecken.<br />

Als Luftlinie verlängert weist<br />

diese Wegrichtung hin zum Vorwerk<br />

Gallin an der Havel. Die in der Zeichnung<br />

geplanten Baumpflanzungen<br />

haben wohl auch tatsächlich ab dem<br />

Jahr 1885 stattgefunden. Wenn man<br />

die Bäume des Amselweges nach<br />

der Kreuzung Amselweg/Schulweg/<br />

Hirschweg in Richtung <strong>Wildpark</strong> aufmerksam<br />

betrachtet, sind zahlreiche<br />

Baumriesen zu finden, mehrere beachtlich<br />

hohe Kastanien neben riesigen<br />

Eichen. In diesen Kastanien liegt<br />

offensichtlich schon vor dem Ende<br />

des 19. Jahrhunderts die Ursprungsidee,<br />

eine mehr oder weniger reine<br />

Allee mit Kastanien in Richtung Havel<br />

folgen zu lassen.<br />

Schon ab 1876 gelangte man<br />

vom Entenfängerhaus durch eine mit<br />

Eichen bestandene Allee zum Kleinen<br />

Entenfang See und weiter durch<br />

eine ebenfalls mit Eichen bestandene<br />

Allee zum Kienwerder (Kienhorst),<br />

auf dem ein mit Eichen bestandener<br />

68 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Karte 1872, Hermann Sello, <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>-Buch, Bild Nr. III


HORTUS EXPERIENCES<br />

Um den charakteristischen Anblick einer schönen<br />

historischen Allee zu erhalten, sind inzwischen viele<br />

Bürger unserer Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bemüht<br />

Nachbars<br />

Katzen<br />

… gehören irgendwie dazu.<br />

Mal auf der Suche nach Streicheleinheiten,<br />

mal einfach<br />

nur auf der Durchreise bei der<br />

Kontrolle des Reviers, sind sie<br />

mittlerweile liebgewonnener<br />

Bestandteil meines Gartens.<br />

Beim stummen Zwiegespräch<br />

auf der Gartenbank höre ich<br />

zwar hin und wieder etwas<br />

Unzufriedenheit über die Versorgung<br />

am heimischen Futterplatz<br />

heraus, aber das muss das<br />

Katerlein schon mit Frauchen<br />

ausmachen. Dafür bin ich nicht<br />

zuständig. Aus eigener Erfahrung<br />

weiß ich, dass das kulinarische<br />

Zufriedenstellen einer Katze eine<br />

große Herausforderung ist.<br />

Hin und wieder kommt die<br />

kleine Getigerte von Müllers<br />

vorbei und platziert sich dekorativ<br />

auf dem Pfosten des Gartenzauns.<br />

Mit einem wackelnden<br />

Grashalm durch die Luft gewedelt<br />

und schon sind wir zwei<br />

in simple Spielerei vertieft.<br />

Total relaxed rekelt sich Nachbars<br />

Fellknäuel auf dem Rasen.<br />

Und kaum ruft Frauchen zu Tisch,<br />

ist es auch schon wieder weg. Bis<br />

zum nächsten heimlichen reffen.<br />

Wegestern angelegt worden war. Einige<br />

wenige Rieseneichen sind dort<br />

am Wegestern noch zu bewundern.<br />

1947<br />

Die Kastanienallee, die ab 1947<br />

den Namen ‚Amselweg‘ trägt, sollte<br />

dann die kürzeste Verbindung zwischen<br />

dem Wegestern auf dem Kienwerder<br />

und dem Vorwerk Gallin werden.<br />

Der Zeitpunkt der Bepflanzung<br />

des restlichen Weges zur Havel mit<br />

Kastanien bis zum vormaligen Vorwerk<br />

Gallin fand jedoch erst etwa im<br />

Jahr 1916 statt.<br />

Autorin Marianna von Klinski-Wetzel<br />

wurde 1939 geboren und verbrachte<br />

ihre Kindheit und Jugend bis 1957<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Nach der<br />

Grundschule in Geltow und der<br />

Oberschule in Potsdam,<br />

Abitur und Studium in<br />

Berlin-Charlottenburg. War als<br />

Lehrerin für Kunst und Werken tätig.<br />

Seit 2002 wieder in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

zu Hause. Sie ist verheiratet<br />

mit Prof. Peter Wetzel,<br />

das Ehepaar hat drei Kinder.<br />

Mehr als 100 Jahre alt<br />

Es wurde bereits um 1905 der<br />

‚Weg von Bornstädt nach dem Vorwerk‘<br />

zwischen dem Entenfänger-Etablissement<br />

und dem Vorwerk<br />

Gallin mit Eichen als Allee bepflanzt.<br />

Auf der seit dem Jahr 1903 zweimal<br />

ergänzten Karte zum Gallin finden<br />

sich also zwei Alleen, die vom<br />

<strong>Wildpark</strong> bis zur Havel führen – die<br />

ältere vom Entenfängerhaus bis zum<br />

Gallin und die jüngere vom Kienwerder<br />

bzw. Wegestern (älteren <strong>Wildpark</strong>ern<br />

auch als Fliederweg bekannt)<br />

bis zum Gallin an der Havel.<br />

Die Kastanien sind mit mehr als<br />

100 Jahren heute teilweise in keinem<br />

guten Zustand. Um den charakteristischen<br />

Anblick einer schönen<br />

historischen Allee zu erhalten, sind<br />

inzwischen viele Bürger unserer<br />

Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bemüht.<br />

Ihr zusammen mit<br />

Gerhard Mieth verfasstes<br />

Buch „<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

an der<br />

Havel – Die Geschichte<br />

der Wiese Gallin“<br />

(2007) wurde ein Bestseller.<br />

Weiter erschienen<br />

von ihr: „Ritter Sloteko<br />

und seine Reisen<br />

mit dem askanischen<br />

Hof“ (2017)<br />

„Zur alten Geschichte<br />

von Werder a. d. Havel<br />

vom Jahr 1317 bis<br />

zum Jahr 1740“ (2016)<br />

„Zur Geschichte<br />

des Schwielowsees<br />

und der drei Orte<br />

Caputh, Ferch und<br />

Geltow“ (2015)<br />

70 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


DUMM GELAUFEN<br />

Dieser Unfall ist eigentlich<br />

ein „Fall“ der Unmöglichkeit.<br />

Doch er kam trotzdem<br />

vor – auf dem Amselweg.<br />

„Achtung,<br />

Baum fällt!“<br />

Nur zwei Tage nachdem die jungen<br />

Kastanien auf dem Amselweg in<br />

einer gemeinsamen Aktion durch die<br />

Einwohner mit Dreibock und Gießring<br />

versehen worden sind, rammte<br />

am 24. Juli <strong>2018</strong> ein Fahrzeug der<br />

Müllabfuhr eine mehr als 100 Jahre<br />

alte Kastanie so schwer, dass diese<br />

dabei umstürzte. Im Fallen beschädigte<br />

sie eine weitere junge Kastanie,<br />

so dass diese gekappt werden<br />

musste. Wie konnte das geschehen?<br />

Ein auf der Straße abgestelltes<br />

Baufahrzeug vor dem Grundstück<br />

Baumfällung einmal anders. Unachtsamkeit oder Hitzestress? Schade um den<br />

alten Baum. Die olgen des usammenstoes waren niederschmetternd.<br />

Nr. 13 ließ den Müllwagen der<br />

Abfallwirtschaft einen größeren<br />

Schlenker fahren. Was gut gedacht,<br />

war schlecht gemacht: Der große<br />

Kofferaufbau des LKWs geriet mit<br />

einer Ecke in die Krone der Kastanie.<br />

Warum der Fahrer dies nicht<br />

bemerkte, weiterfuhr und so den<br />

alten Baum zum Umstürzen brachte<br />

ist nicht bekannt. Verletzt wurde<br />

niemand. Die Polizei nahm den<br />

Unfall auf und es bleibt zu hoffen,<br />

dass im <strong>Herbst</strong> entsprechender<br />

Ersatz nachgepflanzt wird.


Nachdem bereits im <strong>Herbst</strong> 1945 der Schulbetrieb in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> in einer<br />

Baracke auf dem Schulweg wieder aufgenommen worden war, wurden am<br />

1. September 1946 die Kinder eingeschult, die zu diesem Zeitpunkt 6 Jahre alt waren<br />

Lauter Obstbäume und viele Kinder<br />

VON EVELYN UHLEMANN<br />

Mein Spielkamerad und<br />

Nachbarjunge Wolfram<br />

war im Februar bereits 6<br />

Jahre alt geworden und<br />

durfte deshalb zur Schule gehen. Ich,<br />

die ihn gerne begleiten wollte, war<br />

aber noch zu jung, da ich erst im Dezember<br />

6 Jahre alt wurde. Meine Mutter<br />

packte mir trotzdem eine Stullentasche<br />

und ich ging mit Wolfram zur<br />

Schule. So ging das Tag für Tag. Jeden<br />

Morgen liefen wir über den Marktplatz<br />

die enge Straße entlang.<br />

Ein kleines Holzhaus<br />

Die Lehrerin, Frau Hellbach, nahm<br />

mich auf und ich folgte aufmerksam<br />

dem Unterricht. Frau Hellbach war<br />

nett und sehr freundlich. Zu Schulbeginn<br />

bekam ich auch eine kleine<br />

Schultüte, die bis oben hin mit Pflaumen<br />

gefüllt war.<br />

Im Dezember 1946, nachdem ich<br />

meinen 6. Geburtstag gefeiert hatte,<br />

Am Möhrenfeld<br />

machten wir<br />

Halt und zogen<br />

uns einen<br />

Mittagsimbiss<br />

kam die Bestätigung vom Schulamt,<br />

dass ich weiterhin die Klasse besuchen<br />

durfte.<br />

Das Schulhaus war eigentlich nur<br />

ein kleines Holzhaus mit zwei Räumen<br />

an der Havelpromenade/Am<br />

Anger, ganz in der Nähe des Havelufers<br />

gelegen. Im folgenden Schuljahr<br />

muss es einem Brand zum Opfer gefallen<br />

sein.<br />

Die Lehrerin Erika Frank geb. Schmidt<br />

zusammen mit ihrer 4. Klasse, die<br />

damals 64 Schüler umfasste. Die<br />

Aufnahme entstand um 1951 auf dem<br />

Schulhof der Bergschule Geltow, der<br />

ehemaligen Villa Schlieper.<br />

Foto: Archiv Uhlemann<br />

72 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Die junge Lehrerin, Frl. Lachenwitz,<br />

1942, im Garten Amselweg 13<br />

Foto: Archiv von Klinski-Wetzel<br />

Unten:<br />

Buswendeschleife am Marktplatz,<br />

Sommer 1960<br />

Foto: Marianna von Klinski-Wetzel<br />

Die Kinder aus <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

mussten fortan die Schule in Geltow<br />

besuchen. Der Schulbesuch erfolgte<br />

in der Regel zu Fuß, gelegentlich auch<br />

mit einem Pferdewagen. Der Pferdewagen<br />

kam vom nahegelegenen Hof<br />

Gallin, wo der Kutscher seine Milchkannen<br />

holte. Am Nachmittag liefen<br />

wir oft in kleinen Gruppen über die<br />

Geltower Felder und Wiesen nach<br />

Hause. Damals wurde noch intensiv<br />

Landwirtschaft betrieben. Die Felder<br />

waren voller Blumen, Gemüse, Kohl<br />

und Radieschen. Auch standen da lauter<br />

Obstbäume. Am Möhrenfeld machten<br />

wir Halt und zogen uns einen Mittagsimbiss.<br />

Ein Schulbus nur für Kinder<br />

Einige von uns hatten bald ein<br />

Fahrrad und so fuhren wir gemeinsam<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> WIESE GALLIN 73


Foto: Carsten Sicora<br />

Das reetgedeckte Holzhaus unter den alten knorrigen Kiefern zählt mit zu den prägenden Häusern<br />

der Waldgemeinde. Es wurde in den dreißiger Jahren er- und in den fünfziger Jahren in seiner heutigen<br />

Form ausgebaut. Von Nummer 30–46 bestand die Straße Am Ufer damals aus reetgedeckten Häusern.<br />

Der Schulleiter hatte Bezugsscheine für Schuhe,<br />

die besonders bedürftigen Kindern zugeteilt wurden<br />

mit den Rädern zur Schule. Irgendwann<br />

wurde ein Schulbus eingesetzt.<br />

Nur für die Kinder. Früh fuhr er uns hinüber<br />

und zum Mittag wieder zurück.<br />

Die größeren Kinder halfen den kleinen<br />

beim Einsteigen. Im Winter sind<br />

wir manchmal über das Eis zur Schule<br />

gelaufen. Damals waren die Wiesen<br />

an der Havel noch oft überschwemmt<br />

und gefroren. Teilweise hatten wir<br />

Klammerschlittschuhe, eine Konstruktion,<br />

die an den Schuhen befestigt<br />

wurde. Wir nannten sie „Hackenreißer“.<br />

Weil beim schnellen Laufen<br />

die Krallen der Schlittschuhe die Hacken<br />

von den Schuhen abrissen. Der<br />

Schulleiter hatte Bezugsscheine für<br />

Schuhe, die besonders bedürftigen<br />

Kindern zugeteilt wurden. Das Laufen<br />

übers Eis dauerte natürlich viel<br />

länger und wir hatten manchmal nasse<br />

Füße oder Hosen, wenn wir eingebrochen<br />

waren. So eine einfache<br />

Strecke konnte ein bis zwei Stunden<br />

dauern. Es war nie langweilig und immer<br />

etwas abenteuerlich. Der Unterricht<br />

verlief abwechslungsreich, interessant<br />

und lehrreich.<br />

So ging es bis zur 8. Klasse in Geltow,<br />

danach besuchten einige von uns,<br />

auch ich, die Oberschule in Potsdam.<br />

Durch meine „verfrühte“ Einschulung<br />

war ich bis zum Abitur immer die<br />

Jüngste in der Klasse! Die Klassen der<br />

Geltower Schule bestanden damals<br />

noch aus bis zu 40 Schülern. Die Kinder<br />

waren bei weitem nicht so selbstbewusst<br />

wie heute, eher brav.<br />

Die Autorin, Evelyn Uhlemann,<br />

geborene Oelschläger, Jahrgang<br />

1940, Medizinisch-Technische<br />

Assistentin, lebt seit ihrer<br />

Kindheit im Haus der Eltern<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

74 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


WILDARKWEST 1942 BIS 1945<br />

Die Zwergschule<br />

VON ARIANNA VON KLINSKIWETEL<br />

1. Schultag, September 1942: Die Schulkinder von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>: Bild links: Rosalinde, José, Oda und Adelheid (v.l.n.r.)<br />

und Bild rechts: Maria, Brigitte, Elisabeth und Helmut (v.l.n.r.), im Hintergrund jeweils Frl. Lachenwitz<br />

Foto: Archiv von Klinski-Wetzel<br />

Im Wohnhaus Eichenallee (heute Fuchsweg) Nr. 37 lebte<br />

eine junge Familie, deren Zwillinge Maria und Elisabeth<br />

im Jahr 1942 schulpflichtig wurden. Die Familie<br />

hatte ein kleines Pflegekind im Haus, das jüdischen<br />

Glaubens war. Auch dieses kleine Mädchen wurde schulpflichtig.<br />

Aber es gab das Problem, daß man das Kind in<br />

Potsdam in der Schule nicht anmelden konnte. So haben<br />

mehrere Eltern in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sich zusammengetan,<br />

für ihre einzuschulenden Kinder eine Zwergschule zu<br />

gründen. Das waren die Eltern eines kleinen Mädchens<br />

aus dem Haus Gallin, zwei kleine Mädchen aus einem<br />

Haus Am Markt, zwei kleine Mädchen aus der Kastanienallee<br />

(heute Amselweg) und ein kleiner Junge aus dem Weg<br />

Am Teich. Die junge Lehrerin, Frl. Lachenwitz (geb. 1921<br />

in Thüringen), hinterließ aus ihrer Zeit in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

einige Fotos, die sie der Autorin des Buches über <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />

zusammen mit der Erzählung über die damalige<br />

Zeit übergeben hat.


Der Sommer des Jahres 1949 brachte mit über 30 Grad und wochenlang<br />

kaum Regen eine Dürre. Wenige Meter von der Schweizer Straße entfernt<br />

begann an einem heißen Sonnentag, vermutlich Ende Juli, das Feuer.<br />

Die Siedlung brennt<br />

VON ARIANNA VON KLINSKIWETEL<br />

Die Monate Juni und Juli<br />

des Jahres 1948 waren mit<br />

Temperaturen um 30 bis<br />

32 Grad Celsius schon sehr<br />

heiß gewesen. Aber einige kräftige<br />

Niederschläge sorgten zum Glück<br />

dafür, dass keine Dürre entstehen<br />

konnte. Der Sommer des Jahres 1949<br />

dagegen brachte vom 10. bis zum<br />

17. Juli gut 31 Grad Celsius und es<br />

gab wochenlang kaum Regen. Die<br />

Potsdamer Wetteraufzeichnung registrierte<br />

allein für den Juli 1949<br />

mindestens 227 Sonnenstunden.<br />

Das Feuer begann<br />

Meine Erinnerungen und die<br />

meines Bruders Hans Georg an den<br />

Sommer 1949, als die Waldfläche<br />

am Schulweg brannte, sind unvergessen<br />

geblieben. Das Feuer begann<br />

an einem heißen Sonnentag, vermutlich<br />

Ende Juli, wenige Meter von der<br />

Schweizer Straße entfernt. Es reichte<br />

nördlich des gesamten Schulweges<br />

entlang bis zu den heutigen 20iger<br />

Hausnummern. Wir hörten in der<br />

Hitze des Nachmittags plötzlich die<br />

Sirenen heulen, die in Kriegszeiten<br />

vor den Bombern mit der tödlichen<br />

Fracht gewarnt hatten und die nur<br />

vier Jahre zuvor die Katastrophe ankündigten.<br />

Die Sirenen waren immer<br />

noch für uns Kinder der unvergessliche<br />

Schrecken.<br />

Der Geruch des trockenen hohen,<br />

nun brennenden Grases, der brennenden<br />

Büsche von Brombeeren und<br />

Himbeeren, des brennenden Unterholzes,<br />

der kleinen Kiefern und Birken,<br />

der vielen Kienäpfel – dieser Geruch<br />

hat sich eingeprägt.<br />

Groe Angst und Verzweiung<br />

Mein Bruder und ich wohnten<br />

mit drei weiteren Geschwistern und<br />

unseren Eltern zu dieser Zeit in zwei<br />

hölzernen Behelfsheimen im Amselweg<br />

Nr. 10 und Nr. 12. Unsere Häuschen<br />

lagen ganz in der Nähe des Feuers<br />

im Schulweg. Nur der Schulweg,<br />

ein schmaler Sandweg zu dieser Zeit,<br />

und der unbebaute Waldstreifen, der<br />

an unsere Grundstücke angrenzte,<br />

trennten uns von dem Waldbrand.<br />

Ich sehe in der Erinnerung die hohen<br />

Flammen aus dem Gras aufschießen<br />

und sich bei leichtem <strong>West</strong>wind in<br />

Richtung der russischen Kuhweiden<br />

durch den Wald fressen. Mit Eimern<br />

und Schläuchen strömten die<br />

Menschen aus der Siedlung herbei,<br />

und sie schlugen mit Laubästen in<br />

die Flammen. Es herrschte ein unglaubliches<br />

Chaos, große Angst und<br />

Verzweiflung. Und dann kamen die<br />

Löschwagen der sowjetischen Armee<br />

aus der Kaserne im <strong>Wildpark</strong>. Den<br />

Soldaten gelang es tatsächlich, den<br />

Brand unter Kontrolle bringen.<br />

Mit Eimern und<br />

Schläuchen strömten<br />

die Menschen aus<br />

der Siedlung herbei,<br />

und sie schlugen<br />

mit Laubästen in<br />

die Flammen<br />

Die Siedlung war, von 1945 bis<br />

1950 Sperrgebiet der sowjetischen<br />

Armee, voll mit Menschen. In den<br />

mehr als 60 massiven Eigenheimen<br />

der Villensiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

wohnten seit dem Sommer 1945<br />

die Familien sowjetischer Oziere.<br />

In den mehr als 70 Behelfsheimen<br />

(Holzhäuschen) lebten etwa 400 bis<br />

500 Personen aus dem alten <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />

aus Potsdam und Berlin.<br />

Wie schnell wären unsere Häuschen<br />

in Flammen aufgegangen, mit dem<br />

Wenigen, was wir noch besaßen.<br />

Der Waldbrand konnte zum Glück<br />

in gemeinsamer Anstrengung gelöscht<br />

werden. Eine große schwarze<br />

und noch tagelang rauchende Fläche<br />

blieb zurück. Noch lange Zeit danach<br />

zog der Geruch von Verbranntem<br />

durch die Siedlung. An dieses Ereignis,<br />

an diesen Geruch erinnern wir<br />

uns immer wieder, mein Bruder und<br />

ich, wenn es hier im Wald nach brennender<br />

Kiefer und Tanne riecht.<br />

<strong>2018</strong> versus 1540<br />

Der diesjährige Sommer begann<br />

eigentlich schon im März und ist bis<br />

weit in die Augusttage erhalten geblieben.<br />

Die Meteorologen sprechen<br />

heute von „blockierenden Hochdrucklagen“.<br />

Einen solchen Jahrhundertsommer<br />

gab es bereits zur Zeit<br />

von Martin Luther im Jahr 1540, über<br />

den verschiedenste Berichte überliefert<br />

sind: „Von November 1539 bis<br />

November 1540 soll jeder Monat in<br />

großen Teilen Europas so trocken gewesen<br />

sein wie der trockenste Monat<br />

seit Beginn der Wetterbeobachtungen<br />

im 19. Jahrhundert.“ Am 20. Juli<br />

1540 schrieb Luther an seine Ehefrau<br />

Katharina: „Es ist allhier solche Hitze<br />

und Dürre, dass unsäglich und unträglich<br />

ist Tag und Nacht. Komm, lieber<br />

jüngster Tag, Amen.“ Spätestens<br />

seit dem Februar 1540 hing zwischen<br />

Andalusien, Südengland, Dänemark<br />

und Tschechien jene warme, trockene<br />

Luft fest. Die brachte, gespeist<br />

von einem Azorenhoch, kaum Regen<br />

und Jahrhundertwärme.<br />

Waldbrände zogen<br />

über den Kontinent<br />

Rund vierzig Millionen Menschen<br />

lebten damals in <strong>West</strong>europa. Rund<br />

Foto: Palecki/Archiv Marianna von Klinski-Wetzel<br />

76 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Blick in den Schulweg,<br />

Aufnahme 1933


„Ich sehe in der Erinnerung die hohen Flammen aus dem Gras<br />

aufschießen und sich bei leichtem <strong>West</strong>wind in Richtung der<br />

russischen Kuhweiden durch den Wald fressen.“<br />

Marianna von Klinski-Wetzel<br />

eine Million mehr als sonst üblich<br />

sollen 1540 wegen der Trockenheit<br />

zusätzlich gestorben sein. Waldbrände<br />

zogen über den Kontinent, das<br />

Feuer machte vor hunderten Dörfern<br />

und Höfen nicht Halt. „Rauch lag über<br />

dem Land. Anfang August lassen die<br />

Bäume ihre Blätter fallen. Es sieht<br />

aus wie im Spätherbst,“ schrieb der<br />

Chronist Sebastian Fischer in Ulm.<br />

Weil die Wälder und Felder brannten,<br />

erschien die Sonne manchmal nur<br />

milchig und rötlich am Himmel. Das<br />

Jahr 1540 sollte als das trockenste<br />

Jahr aller Zeiten in die Geschichtsbücher<br />

eingehen. In Mitteleuropa fiel<br />

nur etwa ein Drittel der üblichen Regenmenge.<br />

In England etwa, so heißt<br />

es, fiel von Juli bis Oktober kein Tropfen<br />

Regen. Der Lehrer Hans Salath in<br />

Solothurn in der Schweiz schrieb am<br />

22. Juli 1540: „Es war unerträglich heiß,<br />

jeder klagt über Wasserknappheit,<br />

überall sah man Waldbrände. Sonne<br />

und Mond wirkten rötlich, wenn sie<br />

tief standen, und sie leuchteten blass<br />

am Tag, denn der Himmel war dunkel<br />

durch den Rauch und den Nebel.“<br />

Autorin M. von Klinski-Wetzel<br />

wurde 1939 geboren und verbrachte<br />

ihre Kindheit und Jugend<br />

bis 1957 in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

MONUMENTUM<br />

Kaum Regen und 347 Sonnenstunden<br />

VON ARIANNA VON KLINSKIWETEL<br />

Die vielen Sonnenstunden<br />

des Jahres <strong>2018</strong><br />

haben die Sehnsucht<br />

der Menschen nach<br />

einem schönen Sommer mit vielen<br />

angenehmen Sonnentagen in eine<br />

Sehnsucht nach Niederschlag und<br />

regenschwangere Wolken verwandelt.<br />

Allein der vergangene Juli hat<br />

uns 347 Sonnenstunden beschert.<br />

Die Wetterstation Potsdam hat<br />

seit Anfang April bis Ende Juni<br />

in unserer näheren Umgebung<br />

nur drei Mal etwa 15 Liter Regen<br />

pro Quadratmeter registrieren<br />

können. Dann fielen am 8. uli<br />

rund 32 Liter Regen pro Quadratmeter<br />

auf unsere heiße und völlig<br />

ausgetrocknete Landschaft – das<br />

war´s dann bis jetzt, Mitte August.<br />

Die Hitze, die zur Zeit herrscht,<br />

ist für viele Menschen eine Belastung<br />

und für einige zudem auch<br />

ein Gesundheitsrisiko. Im Land<br />

herrscht eine Dürre, wie sie nur<br />

hin und wieder in den Wetteraufzeichnungen<br />

registriert wird.<br />

Das Land Brandenburg ist eines<br />

der waldreichsten Bundesländer.<br />

nsere Waldfläche hat eine Größe<br />

von 1,1 Millionen Hektar, das sind<br />

38 % des Landes. Die große Trockenheit<br />

hat nun schon in mehreren<br />

Fällen zu ausgedehnten und gefährlichen<br />

Waldbränden geführt. Zum<br />

Glück sind wir hier in unserem Wald<br />

bisher verschont geblieben, und wir<br />

hoffen, dass dies auch so bleibt.<br />

Als es Ende Juli <strong>2018</strong> im Wald bei<br />

Fichtenwalde zu brennen begann<br />

und es wenig später zum großen<br />

Waldbrand bei Treuenbrietzen<br />

kam, wurde eine Erinnerung aus<br />

meiner Kinderzeit, aus dem Jahr<br />

1949, wieder lebendig. Darum beriet<br />

unsere Familie, was wir alles unternehmen<br />

müssten, um im Falle eines<br />

Brandes hier in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> die<br />

wichtigsten Dinge unseres Lebens in<br />

Sicherheit zu bringen. Müssten wir<br />

etzt schon mal einen offer packen<br />

mit unersetzbaren Dokumenten<br />

und diese im Keller deponieren? Vor<br />

allem an den Wochenenden, wenn<br />

Grilldüfte durch die trockene Waldluft<br />

ziehen, kommt nicht nur bei mir<br />

die Sorge auf, ob die Grillfreunde<br />

in der Siedlung auch ausreichend<br />

ür die Vermeidung von Funkenflug<br />

gesorgt hatten? Oder es duftete nach<br />

rauchendem Kiefernholz und Nadeln.<br />

Kam das aus unserem Wald<br />

oder saß jemand nur bei seinem<br />

verdienten Wochenend-Bier<br />

vor seiner Feuerschale?<br />

78 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


HORTUS EXPERIENCES<br />

Der Haufen,<br />

der in einer der hinteren Ecken meines<br />

Gartens liegt, ist das Ergebnis eines<br />

kurzen Anfalls von Faulheit nach<br />

dem herbstlichen Strauchschnitt.<br />

Allerdings liegt diese kurze Nachlässigkeit<br />

nun schon einige Jahre zurück<br />

und der Haufen ist immer noch da.<br />

Was nicht etwa daran liegt, dass mir<br />

die Lust an der Gartenarbeit verloren<br />

gegangen oder mein Repertoire an<br />

Ausreden unerschöpflich ist. Nein,<br />

der Grund ist einfach und heißt Igel.<br />

Bei Erscheinen der ersten Sonnenstrahlen<br />

im Februar war die Gartenlust<br />

sofort geweckt, der Häcksler aus<br />

dem Schuppen geholt und schon<br />

sollte es losgehen. Nachdem die<br />

ersten Zweige geschreddert waren,<br />

hörte ich das Geräusch zum ersten<br />

Mal und konnte es nicht zuordnen,<br />

mit fortschreitender Verkleinerung<br />

des Haufen wurde das Geräusch<br />

lauter und ich konnte es als ärgeliches<br />

Schnaufen ausmachen. Nach<br />

kurzer Rücksprache mit der gartenerfahrenen<br />

Familie wurde ein Igel<br />

als Ursache ermittelt. Somit war der<br />

Aktionismus erst einmal jäh beendet.<br />

Dem Igel kann man ja, bei dem noch<br />

kalten Winter, nicht einfach seine<br />

Behausung abbauen. Im Laufe des<br />

Frühjahrs trug erneut im Garten angefallenes<br />

Reisig dazu bei, dass der<br />

Haufen wieder seine alte Größe und<br />

der Igel somit wieder sein vollständiges<br />

Zuhause hatte. Irgendwie fand<br />

auch ein kleines Rotkehlchen den<br />

Haufen ganz interessant und zog ins<br />

Obergeschoss ein. Inzwischen hat<br />

sich der Haufen darüber hinaus zu<br />

einem spannenden Katzenkino<br />

entwickelt. Allabendlich sitzt Nachbars<br />

Kater davor und lauscht und<br />

schaut und lauscht und schaut. So<br />

dass zu vermuten ist, dass sich<br />

weitere kleine Bewohner mit spitzen<br />

Schnauzen und schwarzen Knopfaugen<br />

das Zuhause mit dem Igel teilen.<br />

Ja, da liegt er nun der Haufen, der<br />

so vielen sichtbaren und unsichtbaren<br />

Lebewesen ein Zuhause<br />

bietet und irgendwie auch gar nicht<br />

mehr stört. Im nächsten Jahr wird<br />

der Strauchschnitt sofort gehäckselt,<br />

denn unendlich viel Platz für Haufen<br />

bietet der Garten dann doch nicht.<br />

Ihre Waldgärtnerin


Den tiefen Wald unserer Kindheitsmärchen gibt es nicht mehr und wenn<br />

man früher von Klima sprach, dann vor allem vom Betriebsklima. Warum lässt<br />

die politische Elite, die Wissenschaft und Forschung finanziert, die brisanten<br />

Forschungsergebnisse nicht in ihr politisches Handeln einfließen?<br />

Es rauscht im Blätterwald<br />

VON ERIKA UND DR. JÜRGEN HARDER<br />

Und zwar nicht nur im höchst<br />

realen bis dato meist schönen<br />

grünen Wald, sondern<br />

im Blätterwald der Zeitungen,<br />

Zeitschriften und im Netz. Was<br />

uns bisher als so vertraut, so beschützend,<br />

so romantisch la „Du<br />

schöner grüner deutscher Wald“, zu<br />

dem wir die Deutschen schon immer<br />

ein besonderes und geradezu schicksalhaft<br />

verklärtes Verhältnis hatten,<br />

besorgt uns nun zunehmend. Weil<br />

wir nämlich die Augen nicht länger<br />

davor verschließen können, was mit<br />

ihm, eben unserem Wald geschehen<br />

ist. Immer kleiner sind unsere Wälder<br />

geworden und immer bedrohter<br />

durch Kahlschlag, Windbruch infolge<br />

Sturm, zunehmende menschliche<br />

Siedlungstätigkeit, Waldbrände und<br />

Trockenheit. Den tiefen Wald unserer<br />

Kindheitsmärchen, in dem sich Hänsel<br />

und Gretel verlaufen hatten und<br />

Rotkäppchen dem Wolf begegnete,<br />

den scheint es so nicht mehr zu geben<br />

und damit droht uns neben der<br />

Angst vor den immer deutlicher und<br />

damit für uns spürbarer werdenden<br />

Auswirkungen unserer auch hausgemachten<br />

Klimaveränderungen ein<br />

Stück Verlust unserer Kindheitsmuster.<br />

Ein zu verschmerzender Verlust,<br />

werden die Skeptiker unter uns sagen,<br />

was macht das schon etc. und<br />

eh sei ja alles nicht so schlimm, wie<br />

Realisten, die in den Augen der Ersteren<br />

ohnehin nur ewige Nörgler und<br />

Pessimisten sind, es darstellen. Doch<br />

mit diesem, medial oft Jahrhundertsommer<br />

genannten, Sommer ändert<br />

sich manches. Noch nie zuvor wurde<br />

das Wort „Klimaveränderungen“ so<br />

oft gesagt und geschrieben, wenn<br />

man früher von Klima sprach, so dann<br />

vor allem über Betriebsklima, gesellschaftliches<br />

Klima, familiäres Klima,<br />

internationales Klima, aber nicht über<br />

das Klima unserer Atmosphäre an<br />

sich. Aber jetzt avancieren Klima und<br />

Klimaveränderungen offenbar im<br />

Sprachgebrauch so, dass sie Chancen<br />

haben, zum Wort des Jahres zu werden.<br />

Na mal sehen, wir wollen ja nicht<br />

schwarz malen, andererseits wäre es<br />

vielleicht auch ganz gut, damit wir<br />

uns dermaleinst erinnern können,<br />

wie und wann sich das Thema unseres<br />

gesellschaftliches Bewusstseins<br />

unaufhaltsam bemächtigte, aber was<br />

versteht man eigentlich unter Klimaveränderungen?<br />

Fachleute gleich vor der Haustür<br />

Das weiß doch heute jedes Kind,<br />

könnte man denken, was auch sein<br />

kann und also werden die Erwachsenen<br />

gebeten, weiter zu lesen:<br />

Erinnern Sie sich noch an Ihren<br />

Geografieunterricht, liebe Schüler<br />

von einst? An den Wechsel von Kalt<br />

– und Warmzeiten? Auch an Eiszeiten?<br />

Gut so, dann wissen Sie ja, dass<br />

es schon immer natürliche Klimaveränderungen<br />

oder auch einen Klimawandel<br />

auf unserer Erde gab, es<br />

also mal wärmer und mal kälter war,<br />

doch dieser Wandel ging ganz langsam,<br />

quasi langsamer als im Schneckentempo<br />

vor sich und so hatten<br />

Flora und Fauna eine Chance, sich<br />

peu a´peu über für uns unvorstellbar<br />

lange Zeiträume von Jahrmillionen<br />

anzupassen an die veränderten<br />

Bedingungen. Für unsere Wissenschaftler<br />

ist der gegenwärtige Klimawandel<br />

jetzt schon messbar, denn es<br />

geht vergleichsweise schnell vonstatten<br />

und er ist hausgemacht und<br />

nicht eine Erfindung des Volkes, das<br />

zwar schon das Porzellan, das Feuerwerk<br />

und anderes Schöne erfand,<br />

doch nicht die Klimaveränderungen<br />

wie es gelegentlich der amtierende<br />

erste Mann eines Staates, zu dessen<br />

Werden auch die Preußen beitrugen,<br />

zuweilen formuliert. Vielmehr geht<br />

es so zu wie in jedem Treibhaus, jedem<br />

Folienzelt z.B. für Tomaten: Die<br />

Atmosphäre – einfach gesagt, eine<br />

Lufthülle – die uns schützend umgibt,<br />

enthält Treibhausgase, Wasserdampf,<br />

Kohlendioxid, Methan u.s.w. Die Sonnenstrahlen,<br />

die auf die Erdoberfläche<br />

treffen, werden von ihr reflektiert,<br />

doch nicht alle, ein Teil bleibt<br />

sozusagen bei uns und erwärmt nun<br />

die Erde. Soweit, so gut, sonst würde<br />

Mutter Erde ja auskühlen. Doch<br />

nun wird es zunehmend zu viel des<br />

Guten, denn je mehr Treibhausgase<br />

wir produzieren nicht durch unsere<br />

schlichte Anwesenheit in immer<br />

größerer Zahl auf unserem blauen<br />

Planeten, sondern durch unsere Lebensweise,<br />

desto mehr erwärmt sich<br />

die Erde. Das alles wissen wir schon<br />

längst und dass dem so ist, illustrie-<br />

80 ESSAY WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


en unzählige wissenschaftliche Veröffentlichungen<br />

seit den 80er Jahren<br />

des vorigen Jahrhunderts. Wir hier in<br />

Potsdam (* für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> passt<br />

„bei Potsdam“) haben zudem mit dem<br />

PIK (Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung)<br />

die Fachleute gleich<br />

vor der Haustür, die uns seit vielen<br />

Jahren die komplizierten Prozesse<br />

im Zusammenhang von Klima, Klimawandel<br />

und dessen Folgen erklären.<br />

Scheinbar sinnlos? Viel zu schwer<br />

zu verstehen? Und wenn wir wissen,<br />

was zu tun ist, um die schlimmsten<br />

Folgen der globalen Erwärmung vielleicht<br />

doch noch zu mindern, warum<br />

geschieht dann nichts? Warum lässt<br />

die politische Elite, die einerseits<br />

Wissenschaft und Forschung finanziert,<br />

dann andererseits deren so<br />

brisante Forschungsergebnisse nicht<br />

in ihr politisches Handeln einfließen?<br />

Es scheint ja gerade so, als würde<br />

man bei körperlichen Beschwerden<br />

einen Arzt aufsuchen, sich beraten,<br />

aber nicht kurieren lassen oder einen<br />

Unternehmensberater mit einem Firmen-<br />

Check up beauftragen und anschließend<br />

legt man die Ergebnisse<br />

eben dieser Untersuchung zu den<br />

Akten. Fakten zu den Akten?<br />

Doch so einfach ist es nicht, verehrte<br />

Leser: Man bemüht sich ja,<br />

veranstaltet Weltklimakonferenzen,<br />

beschließt Klimaziele, doch haben<br />

Wissenschaft & Politik die Macht<br />

dazu, diese auch einzuhalten bzw.<br />

durchzusetzen gegenüber jenen, die<br />

quer treiben und denen ihre eigenen<br />

nationalen und politisch oft kurzsichtigen<br />

Interessen oder multinationalen<br />

Konzerninteressen den Blick<br />

trüben für das, was jetzt zu tun ist?<br />

Scheinbar kaum . . .<br />

Einen Beitrag leisten<br />

Ganz wie es das Sprichwort von<br />

der Sonne, die es an den Tag bringt,<br />

sagt, hat es unser dieser Sommer mit<br />

seinen Rekordtemperaturen über<br />

einen längeren Zeitraum, extremer<br />

Trockenheit in weiten Gebieten Brandenburgs<br />

quasi vor unserer Haustür<br />

gezeigt, was sich woanders in der<br />

Welt schon lange abspielt: Ein Horrorszenario<br />

könnte uns bevorstehen,<br />

wenn wir ganz normalen Bürger, die<br />

sogenannten kleinen Leute, hier und<br />

heute nicht gegensteuern. Sie in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> haben schon begonnen,<br />

einen – und sei es vergleichsweise<br />

noch so kleinen – Beitrag dafür<br />

zu leisten, der globalen Erderwärmung<br />

etwas entgegenzusetzen. Wir<br />

wünschen Ihnen viel Erfolg.<br />

Vorschau<br />

Im nächsten Heft bemühen wir<br />

Friedrich II., der einst meinte, dass<br />

viel Unglück in der Welt vermieden<br />

werden könnte, wenn man Dinge<br />

schlicht unterlässt, was nur ein sinngemäßes<br />

und kein wörtliches Zitat<br />

sein soll, woran er sich selbst leider<br />

auch nicht hielt, dem wir aber zumindest<br />

mit den drei großen „V“ (Vermeiden,<br />

Verzichten, Verweigern) auf den<br />

Grund gehen wollen.<br />

Autorin Erika Harder, geboren<br />

1956 in Potsdam, verheiratet, eine<br />

Tochter, lebt mit ihrer Familie<br />

seit ihrer Kindheit in Potsdam.<br />

Sie ist studierte Pädagogin für<br />

Geschichte und Germanistik.<br />

Autor Dr. Jürgen Harder,<br />

geboren in Rostock 1943,<br />

verheiratet, drei Kinder, lebt mit<br />

seiner Familie seit 1988 in<br />

Potsdam. Er ist promovierter<br />

Hochschullehrer für Geographie<br />

und Sport.<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> ESSAY 81


Unser Planet könnte kritische Schwelle überschreiten<br />

Auf dem Weg in die „Heißzeit“?<br />

Die globale Erwärmung auf lange Sicht bei 1,5°C bis 2°C zu stoppen, könnte schwieriger sein als bisher<br />

angenommen. Selbst bei Umsetzung der im Pariser Abkommen festgelegten Pläne zur Minderung<br />

von Treibhausgasemissionen bleibt ein Risiko, dass der Planet durch verschiedene Rückkopplungsprozesse<br />

in einen Zustand gerät, den die Forscher als „Hothouse Earth“ bezeichnen. Dies diskutiert ein internationales<br />

Team von Wissenschaftlern in einer neuen Studie im Fachjournal Proceedings of the National Academy<br />

of Sciences (PNAS). Eine solche Heißzeit wäre langfristig durch etwa 4°C bis 5°C höhere Temperaturen<br />

charakterisiert swie durch einen eeressiegelanstieg um m bis m, s die erffentlichung.<br />

Der Übergang zu einer emissionsfreien Weltwirtschaft müsse deshalb deutlich beschleunigt<br />

werden, argumentieren die Autoren.<br />

Treibhausgasemissionen<br />

sind nicht der einzige<br />

Faktor, der die Temperatur auf<br />

„Industrielle<br />

der Erde beeinflusst. Unsere<br />

Arbeit weist darauf hin, dass eine<br />

vom Menschen verursachte globale<br />

Erwärmung von 2C andere Prozesse<br />

des Erdsystems anstoßen könnte<br />

(oft als Rückkopplungen bezeichnet).<br />

Diese wiederum könnten die Erwärmung<br />

weiter vorantreiben – selbst<br />

wenn wir aufhörten, Treibhausgase<br />

auszustoßen“, sagt Leitautor Will<br />

Steffen von der Australian National<br />

University (ANU) und dem Stockholm<br />

Resilience Centre (SRC). „Um dieses<br />

Szenario zu vermeiden, ist es notwendig,<br />

das menschliche Handeln in<br />

eine neue Richtung zu lenken, von<br />

der Ausbeutung zu einem verantwortungsvollen<br />

Umgang mit dem Erdsystem.“<br />

Derzeit liegt die globale Durchschnittstemperatur<br />

bereits um gut<br />

1°C über dem vorindustriellen Niveau<br />

und steigt etwa 0,17°C pro Jahrzehnt<br />

an.<br />

Die Autoren der Studie betrachten<br />

zehn natürliche Rückkopplungsprozesse,<br />

von denen einige mit den<br />

sogenannten Kippelementen im<br />

Erdsystem verknüpft sind. Durch das<br />

Überschreiten kritischer Schwellen<br />

könnten diese in fundamental andersartige<br />

Zustände versetzt werden.<br />

Die Rückkopplungen könnten z.B.<br />

Kohlenstoffspeicher in Kohlenstoffquellen<br />

verwandeln, die in einer entsprechend<br />

wärmeren Welt unkontrolliert<br />

Emissionen freisetzen würden.<br />

Zu den kritischen Prozessen gehören<br />

insbesondere tauender Permafrost,<br />

der Verlust von Methanhydraten<br />

vom Meeresboden, eine Schwächung<br />

von Kohlenstoffsenken an Land und<br />

in den Ozeanen, eine zunehmende<br />

bakterielle Atmung in den Ozeanen,<br />

das teilweise Absterben des Amazonas-Regenwaldes<br />

sowie der borealen<br />

Wälder, eine Verringerung der<br />

Schneedecke auf der Nordhalbkugel,<br />

der Verlust von arktischem und<br />

antarktischem Meereis sowie das<br />

Schrumpfen der großen Eisschilde.<br />

Die Studie berücksichtigt noch nicht<br />

mögliche Rückkopplungen zwischen<br />

Emissionen und der planetaren Wolkenbedeckung.<br />

Kippelemente im planetarischen<br />

Getriebe: Treibhausgase aus Industrie<br />

und Landwirtschaft bringen das<br />

Erdsystem aus dem Gleichgewicht<br />

„Diese Kippelemente könnten sich<br />

wie eine Reihe von Dominosteinen<br />

verhalten. Wird einer von ihnen gekippt,<br />

schiebt dieses Element die<br />

Erde auf einen weiteren Kipppunkt<br />

zu. Es könnte sehr schwierig oder<br />

sogar unmöglich sein, die ganze Reihe<br />

von Dominosteinen davon abzuhalten,<br />

umzukippen. Manche Orte<br />

auf der Erde könnten unbewohnbar<br />

werden, wenn die „Heißzeit“ Realität<br />

würde“, ergänzt Johan Rockström,<br />

Direktor des Stockholm Resilience<br />

Centre und designierter Ko-Direktor<br />

des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.<br />

„Die Treibhausgasemissionen aus<br />

Industrie und Landwirtschaft bringen<br />

unser Klima und letztlich das<br />

ganze Erdsystem aus dem Gleichgewicht,<br />

das zeigen wir auf. Im Zentrum<br />

stehen hier vor allem die Kippelemente<br />

in der globalen Umwelt, die<br />

sich – sobald ein bestimmtes Belastungsniveau<br />

einmal überschritten<br />

ist – grundlegend, schnell und möglicherweise<br />

irreversibel verändern<br />

könnten. Gewisse Kaskaden solcher<br />

Ereignisse könnten das gesamte<br />

Erdsystem in eine neue Betriebsweise<br />

kippen“, sagt Hans Joachim<br />

Schellnhuber, amtierender Direktor<br />

des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.<br />

„Was wir derzeit noch<br />

nicht wissen, ist, ob das Klimasystem<br />

sicher bei etwa 2°C über dem vorindustriellen<br />

Niveau ‚geparkt‘ werden<br />

kann, wie es das Pariser Abkommen<br />

vorsieht. Oder ob es, einmal so weit<br />

angestoßen, weiter abrutschen würde<br />

in ein dauerhaftes Supertreibhaus-Klima.<br />

Die Forschung muss<br />

sich daran machen, dieses Risiko<br />

schnellstmöglich besser abzuschätzen.“<br />

Die Reduktion von Treibhausgasen<br />

allein reicht nicht aus<br />

Um die Chancen zur Vermeidung<br />

einer „Heißzeit“ zu verbessern, brauche<br />

es nicht nur eine entschlossene<br />

Minderung von Kohlendioxid- und<br />

anderen Treibhausgasemissionen.<br />

Auch erweiterte biologische Kohlenstoffspeicher,<br />

etwa durch ein verbessertes<br />

Wald-, Landwirtschafts- und<br />

Bodenmanagement, oder die Erhaltung<br />

der biologischen Vielfalt sowie<br />

Technologien, um der Atmosphäre<br />

Kohlendioxid zu entziehen und unterirdisch<br />

zu speichern, können eine<br />

wichtige Rolle spielen, so die Autoren.<br />

Entscheidend sei jedoch, dass<br />

diese Maßnahmen auch durch grundlegende<br />

gesellschaftliche Veränderungen<br />

gestützt werden.<br />

82 WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Gefährdete Kippelemente:<br />

1°C–3°C,<br />

3°C–5°C<br />

> 5°C<br />

Borealer<br />

Wald<br />

El Niño-Southern<br />

Oscillation (ENSO)<br />

Jet Stream<br />

Grönland<br />

Eisschild<br />

Thermohalogene<br />

Umwälzung<br />

Arktischer Winter<br />

Meereseis<br />

Arktischer Sommer<br />

Meereseis<br />

Permafrost<br />

Sahelzone<br />

Alpine<br />

Gletscher<br />

Indischer Sommer-<br />

Monsun<br />

Amazonischer<br />

Regenwald<br />

Korallenriffe<br />

<strong>West</strong>antartisches<br />

Eisschild<br />

Ostantarktisches<br />

Eisschild<br />

Weltkarte der möglichen Kippkaskaden. Die einzelnen Kippelemente sind entsprechend den geschätzten Schwellenwerten<br />

der globalen durchschnittlichen Oberächentemperatur farblich gekennzeichnet. feile zeigen die möglichen<br />

Wechselwirkungen zwischen den Kippelementen, basierend auf Expertenerhebungen, die Kaskaden erzeugen könnten.<br />

Obwohl das Risiko für das Kippen (Verlust) des ostantarktischen Eisschildes bei >5°C vorgeschlagen wird, können einige<br />

marinebasierte Sektoren in der Ostantarktis bei niedrigeren Temperaturen anfällig sein.<br />

„Das Klima und andere Veränderungen<br />

zeigen uns, dass wir Menschen<br />

das Erdsystem bereits auf<br />

globaler Ebene beeinflussen. Das bedeutet<br />

auch, dass wir als internationale<br />

Gemeinschaft an unserer Beziehung<br />

zum System arbeiten können,<br />

um die zukünftigen planetarischen<br />

Bedingungen zu beeinflussen. Diese<br />

Studie identifiziert einige der Hebel,<br />

die dafür genutzt werden können“,<br />

schließt Katherine Richardson von<br />

Center for Macroecology, Evolution<br />

and Climate an der Universität Kopenhagen.<br />

Artikel<br />

Will Steffen, ohan Rockström,<br />

Katherine Richardson, Timothy<br />

M. Lenton, Carl Folke, Diana<br />

Liverman, Colin P.Summerhayes,<br />

Anthony D. Barnosky, Sarah E.<br />

ornell, ichel rucifi, onathan F.<br />

Donges, Ingo Fetzer, Steven J. Lade,<br />

arten Scheffer, Ricarda Winkelmann,<br />

Hans Joachim Schellnhuber<br />

(<strong>2018</strong>). Trajectories of the Earth<br />

System on the Anthropocene.<br />

Proceedings of the National<br />

Academy of Sciences (PNAS). [DOI:<br />

10.1073/pnas.1810141115]<br />

Kontakt für weitere Informationen<br />

Die Autoren<br />

Will Steffen<br />

Australian National University<br />

and Stockholm Resilience Centre<br />

e-mail: Will.Steffenanu.edu.au<br />

Phone: +61-447-980-495<br />

Johan Rockström<br />

ecutive director o the Stockholm<br />

Resilience Centre<br />

e-mail: owen.gaffnesu.se<br />

Phone: +46 (0) 734604833<br />

Katherine Richardson<br />

Leader, Sustainablity Science<br />

Centre, University of Copenhagen<br />

e-mail: kariscience.ku.dk<br />

Phone: +45 28754285<br />

Hans Joachim Schellnhuber<br />

Director of the Potsdam Institute<br />

for Climate Impact Research<br />

e-mail: presspik-potsdam.de<br />

Phone: +49 331 288 25 07<br />

Media contacts<br />

Stockholm Resilience Centre<br />

Owen Gaffne<br />

Owen.gaffnesu.se<br />

Phone: +46 (0) 734604833<br />

Potsdam Institute for Climate<br />

Impact Research<br />

Sarah Messina<br />

presspik-potsdam.de<br />

Phone: +49 (0) 331 288 25 07<br />

University of Copenhagen<br />

Center for Macroecology,<br />

Evolution and Climate<br />

Lotte Nymark Busch Jensen<br />

lotte.ensensnm.ku.dk<br />

Australian National University<br />

o.meehananu.edu.au<br />

aleiaclimatecouncil.org<br />

Dieser Beitrag vom 6. August <strong>2018</strong> ist im Internet nachzulesen auf der Website des Potsdam-Institut für<br />

Klimafolgenforschung www.pik-potsdam.de und www.pnas.org/content/early/<strong>2018</strong>/07/31/181014111<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> 83


Der Wunsch eines jeden Stadtmenschen, ein Wochenende<br />

auf eigener Scholle, lässt sich leicht verwirklichen.<br />

Die Kolonie <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, schnell<br />

erreichbar und doch mitten in urwüchsiger,<br />

wundervoller Natur, an der Havel im<br />

Wald herrlich gelegen, bietet jedem bei<br />

annehmbarsten Zahlungsbedingungen<br />

Gelegenheit, diesen Wunsch zu verwirklichen<br />

– Wasser und Elektrizitätsversorgung<br />

vorhanden. Ansiedlungsgenehmigungen<br />

vollständig geklärt. Preise von 2,50 Mark<br />

pro Quadratmeter, an Wasserparzellen bis<br />

5,00 Mark pro Quadratmeter, Badestrand<br />

vorhanden! Jetzt auch Vermietung von<br />

Wochenend-Parzellen!<br />

Potsdamer Tageszeitung vom 1. Juli 1933


ARCHITEKTUR DER WALDSIEDLUNG<br />

Kommt man von Potsdam aus über den Fuchsweg in den Ort, fällt einem rechter Hand ein<br />

süddeutsch anmutendes Haus in den Blick. Der fürs Potsdamer Umfeld untypisch breit<br />

gezogene Giebel mit der schwarzen Holzverschalung erinnert eher an den Schwarzwald.<br />

Und es gibt noch ein zweites davon ...<br />

Doppelt schön und alemannisch<br />

VON MADLEN STRÜMPFLER<br />

Geteilter Giebel mit breiter Front, <strong>Herbst</strong>stimmung. Den Garten<br />

säumen alte Eichen. Ansicht von der Straße: Am Wasserwerk 6/8<br />

(2016)


Altes Haus mit schönem Garten. Die Terrasse liegt geschützt zur Straße.<br />

Ansicht von Südosten: Am Wasserwerk 6 (2016)<br />

Selbst innerhalb der in den 30er Jahren<br />

entstandenen Siedlung, in der<br />

es gebaut wurde, fällt es aus der Reihe.<br />

Marianna von Klinski-Wetzel beschreibt<br />

es in ihrem Buch über <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

als „alemannisch“. Wurden im Ort doch die, für<br />

die Architekten von Estorff und Winkler typischen,<br />

weitgehend ähnlichen Typen als Einfamilien-<br />

bzw. Ferienhaus mit Walmdach und sogenanntem<br />

„Estorffknick“ gebaut. Dass es sich<br />

hier nicht um ein Einfamilien- sondern um ein<br />

Doppelhaus handelt, erkennt man erst auf den<br />

zweiten Blick.<br />

Durch die Terrassentür direkt in den Garten, die Eichen sind über<br />

einhundert Jahre alt. (2016)<br />

Doppelhaus mit Zwillingsbruder<br />

Als weitere Besonderheit besitzt das Haus<br />

einen Zwillingsbruder am Wasserwerk 4/6. Die<br />

Zwillinge wurden als erste Häuser der Siedlung<br />

1933 gebaut. Ein Jahr zuvor wurde in Potsdam<br />

„Unter den Eichen“ eine Selbsthilfesiedlung für<br />

118 arbeitslose Handwerker und deren Familien<br />

von der städtischen Bauverwaltung unter<br />

der Leitung von Stadtbaurat Dr. Ing. Fritsch<br />

und dem Stadtarchitekten Reinhold Mohr gebaut.<br />

Auch hier sind giebelgeteilte Doppelhäuser<br />

in einem schlichten Schwarzwaldhausstil<br />

entstanden. In <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bestanden zur<br />

Siedlungsgründung 1933 neue Bestimmungen<br />

zum Wohnungsbau; den Erwerbslosen sollte<br />

der Lebensunterhalt erleichtert werden, indem<br />

geeignetes Land in passender Lage zu<br />

angemessenen Preisen zur Verfügung gestellt<br />

86 ARCHITEKTUR WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Fotos: Privat<br />

Eingangsbereich mit<br />

Solnhofner Platten und<br />

gerader Holztreppe.<br />

Die Räume wirken<br />

einladend und<br />

großzügig.<br />

(2016)<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> ARCHITEKTUR 87


26 qm Großzügigkeit, viel Licht und direkter Zugang zum Garten (2016)<br />

Am Wasserwerk 6/8, Erdgeschoss:<br />

57m Nutzäche, Diele und Terrasse.<br />

Am Wasserwerk 6/8, Obergeschoss:<br />

Die Schlafräume und das Bad unterhalb<br />

des Spitzbodens erreicht man<br />

über die gerade bzw. gewendelte<br />

Holztreppe.<br />

wurde. Um eine eventuelle Enteignung durch<br />

den Reichskommissar zu verhindern, wurden<br />

diese beiden Häuser geplant. Möglicherweise<br />

orientierte man sich daher mit dem Entwurf<br />

der beiden Häuser an der Erwerbslosensiedlung<br />

Potsdam.<br />

Die Doppelhäuser liegen weit von der Straße<br />

zurück versetzt und fügen sich damit in die<br />

vorgegebene Bauflucht ein. Sie gliedern sich in<br />

einen circa 14 Meter breit gezogenen und circa<br />

acht Meter langen Hauptkörper mit Erd- und<br />

Dachgeschoss und einen im hinteren Grundstücksbereich<br />

angeschlossenen eingeschossigen<br />

Anbau mit circa 3,5 Meter x 8 Meter, beide<br />

mit Satteldach, Teilunterkellerung sowie Spitzboden.<br />

Die Häuser wurden, anders als es heutzutage<br />

üblich ist, im Giebel geteilt, was unter<br />

anderem zu der breiten Front führte, aber auch<br />

eine größere Privatsphäre gegenüber dem<br />

Doppelhausnachbarn bietet. Sitzt man auf der<br />

vor dem hinteren Anbau gelegenen Terrasse,<br />

wird sogar der Eindruck erweckt, man lebe im<br />

Einfamilienhaus. Von hier aus blickt man sozusagen<br />

Rücken an Rücken in die dem Nachbarn<br />

entgegengesetzte Richtung in den Garten und<br />

nicht wie bei modernen Doppelhäusern parallel<br />

bzw. nebeneinander. Zudem liegt die Terrasse<br />

durch den zurück verspringenden Anbau<br />

geschützt zur Straße. Am Fuchsweg steht das<br />

88 ARCHITEKTUR WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Fotos: Privat<br />

Aufnahme der Familie Jäger vor dem Eingangsbereich ihres Hauses, Ansicht von Südosten: Am Wasserwerk 6 (1941)<br />

Haus mit einem Giebel nach Süden hin ausgerichtet,<br />

so dass sich die Terrassen nach Ost<br />

bzw. <strong>West</strong> orientieren.<br />

Der Zwillingsbruder am Wasserwerk schaut<br />

dagegen mit einem Giebel nach <strong>West</strong>en. Die<br />

Terrassen sind hier nach Nordosten bzw. Südwesten<br />

ausgerichtet.<br />

Wegen der differenzierten Anordnung der<br />

Fenster, orientieren sich die Räume der nördlichen<br />

Hälfte nach Ost und <strong>West</strong>, die andere<br />

Hälfte des Hauses richtet sich nach Südwesten<br />

aus.<br />

Der Eingang befindet sich in einem eingeschossigen<br />

Anbau, den man über die Terrasse<br />

betritt. Heutzutage ist dies eher unüblich.<br />

Eventuell ist das dem Umstand geschuldet,<br />

dass ursprünglich gar keine Terrasse vorgesehen<br />

war. Dies ist aber nicht belegbar. Die<br />

Terrassen am Wasserwerk wurden erst zu<br />

DDR-Zeiten ergänzt, am Fuchsweg erfolgte<br />

später ein Überbau durch Wintergärten.<br />

Die auf einem verklinkerten Sockel sitzenden<br />

Häuser mit einer Wohnfläche von circa<br />

100 Quadratmetern weisen im Erdgeschoss<br />

Raumhöhen um 2,70 Meter auf. Dies erweckt<br />

im Gegensatz zu den Häusern in Potsdam den<br />

Eindruck einer gewissen Großzügigkeit, da<br />

dort teilweise der Sockel fehlt und niedriger<br />

gebaut wurde.<br />

Ein Lageplan der Häuser im Ort<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> ARCHITEKTUR 89


Der Preis für eine Doppelhaushälfte<br />

betrug 1934 rund 15.000 Goldmark<br />

Bessere Ausstattung als üblich<br />

Marianna von Klinski-Wetzel erwähnt<br />

in ihrem <strong>Wildpark</strong>-Buch, dass<br />

die beiden Häuser eher eine Alibi-Funktion<br />

hatten, da auch deren<br />

Ausstattung erheblich besser war, als<br />

die der anderen Baugebiete.<br />

Im Winter mit Blick zur Havel<br />

Betritt man das Haus Am Wasserwerk<br />

6, befindet sich rechter Hand<br />

neben dem kleinen Gäste-WC die<br />

circa 15 Quadratmeter große Küche,<br />

von der früher ein Vorratsraum abgetrennt<br />

war. Geht man nun in den zweigeschossigen<br />

Wohnbereich, gelangt<br />

man über die Diele mit ihren Solnhofner<br />

Platten zu den beiden Wohnzimmern,<br />

die mit Eichenparkett bzw. Dielen<br />

aus Kiefernholz ausgestattet sind.<br />

Aus dem größeren von beiden mit seinen<br />

26 Quadratmetern, schaut man<br />

nach <strong>West</strong>en über das dreiflüglige<br />

Fensterband in den Vorgarten. Über<br />

einen wieder geöffneten Durchgang<br />

werden großes und kleines Wohnzimmer<br />

miteinander verbunden und lassen<br />

das 14 Quadratmeter kleine Zimmer<br />

offener wirken. Über die gerade,<br />

relativ steile Holztreppe erreicht man<br />

das Dachgeschoss mit seinen beiden<br />

ebenfalls circa 14 Quadratmetern<br />

großen Schlafzimmern sowie das<br />

kleine Bad auf der <strong>West</strong>seite. Von hier<br />

aus kann man im Winter, wenn die<br />

Bäume unbelaubt sind, zwischen den<br />

Nachbarhäusern einen Blick zur Havel<br />

erhaschen.<br />

Autorin adlen Strümpfler wurde<br />

181 in Rodewisch Vogtland) geboren.<br />

Sie ist Dipl.-ng. ür Architektur,<br />

verheiratet und hat ein ind.<br />

Zusammen mit ihrer Familie lebt<br />

sie seit 2016 in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Regierungsbaumeister a.D. Curt Gorgas zeichnete für<br />

die Ausführung der Bauarbeiten eines der ersten Häuser<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> verantwortlich. Die Arbeiten am<br />

Haus in der Eichenallee (dem heutigen Fuchsweg) Nr.<br />

26/28 wurden von ihm geleitet und nach den Plänen<br />

der Architekten von Estorff und Winkler umgesetzt.<br />

Gorgas wurde 1934 in den Aufsichtsrat der Märkischen<br />

Wochenend-GmbH berufen, deren Ziel darin bestand<br />

„den Wochenend-Interessenten den Ankauf von Haus<br />

und Grundstück gegen mäßige Anzahlung und Abtragung<br />

der Restkaufsumme in kleinen Raten zu ermöglichen“.<br />

Der Preis für eine Doppelhaushälfte betrug<br />

1934 rund 15.000 Goldmark, gemessen am damaligen<br />

Durchschnitteinkommen würde dies in der heutigen<br />

Zeit circa 350.000 Euro entsprechen.<br />

uelle: Berlin, vom 18. ärz 12 sowie<br />

Zeitschrit „Bauwelt 11<br />

WEITERFÜHRENDE LITERATUR<br />

„Die Siedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, Konservative und<br />

Moderne im Siedlungsbau der 20er und 30er Jahre<br />

in Berlin“ 1. und 2. Teil. Von Dana Hess. Freie wissenschaftliche<br />

Arbeit zur Erlangung des Grades eines<br />

Magister Artium am Fachbereich Geschichts- und<br />

Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin<br />

am Kunsthistorischen Institut, Berlin 2007.<br />

„<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> a.d. Havel, Die Geschichte der Wiese<br />

Gallin“, Marianna von Klinski-Wetzel, 1. und 2. erweiterte<br />

Auflage, <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> 2007/2008 (vergriffen).<br />

Die Zeitschrit „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> verlost ein emplar von Rol omans<br />

Bildband „Geschichte der Architektur<br />

Beantworten Sie bitte olgende Frage:<br />

An welche Auflagen hatte der reußische inister ür Volkswohlahrt seine<br />

Genehmigung ür den Siedlungsplan ür Gallin <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>) geknüpt<br />

Schreiben sie an redaktionwildpark-west.de. insendeschluss ist der 1. Dezember <strong>2018</strong><br />

90 ARCHITEKTUR WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Vor 92 Jahren entstand der Werftbetrieb auf dem Gallin, dem heutigen<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Die Bootswerft Görrissen besteht länger als die Siedlung selber.<br />

Bootswerft mit Tradition<br />

VON FREDA GÖRRISSEN<br />

Mit gerade einmal 21 Jahren<br />

gründete mein Urgroßvater<br />

Wilhelm im heutigen<br />

Ortsteil <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

seinen Werftbetrieb mit dem dazugehörigen<br />

Bootsplatz „Wochenend“.<br />

Die älteren <strong>Wildpark</strong>er werden sich<br />

noch an ihn erinnern: In seinen letzten<br />

Lebensjahren, sitzend und Geschichten<br />

erzählend mit Zigarre in<br />

der Hand auf der Bank vorm Werftbüro,<br />

berichtete er unglaubliches aus<br />

der Zeit der goldenen Zwanziger und<br />

der schweren Zeit nach dem Krieg.<br />

Manchmal war er wohl etwas grantig<br />

– so erzählt man – doch im Herzen war<br />

er gut.<br />

Wilhelm, Sohn eines echten<br />

Kap-Hoorniers, wurde am 27. November<br />

1905 in Berlin-Wannsee geboren.<br />

Seine Bootsbaulehre absolvierte er<br />

in Potsdam und der Meistertitel ließ<br />

nicht lange auf sich warten. Der Anfang<br />

seines kleinen Betriebs war jedoch<br />

schwer und sehr entbehrungsreich<br />

für den Werftgründer. 1928<br />

wurde eine große Bootshalle gebaut,<br />

die seitlich Kammern zum Übernachten<br />

für Kunden aufwies. Während der<br />

Anfangszeit wurden in dem kleinen<br />

Werftbetrieb 15er und 20er Rennjollen<br />

gebaut, mit denen sich Wilhelm<br />

erfolgreich an Regatten beteiligte.<br />

Kriegsgefangenschaft und<br />

fehlgeschlagene Grenzübertritte<br />

Als der „Führer und Reichskanzler“<br />

jedoch mehr geehrt wurde als<br />

der deutsche Segelmeister, war für<br />

Wilhelm Schluss mit dem aktiven<br />

Segelsport. Später erfolgte seine Einberufung<br />

zur Marine. Von der französischen<br />

Atlantikküste wurde Wilhelm<br />

zur Stabskompanie der Marine OKM<br />

in Berlin Treptow versetzt. Somit war<br />

er mehr oder weniger Außenschläfer,<br />

konnte also die Nächte auf seiner<br />

Werft verbringen. Zum Ende des<br />

Es folgten<br />

viele Jahre, in<br />

denen das nackte<br />

Überleben im<br />

Vordergrund<br />

stand<br />

Krieges folgten die Stationen Heiligendamm<br />

und Kappeln, ehe Wilhelm<br />

nach kurzer Kriegsgefangenschaft<br />

und mehreren fehlgeschlagenen<br />

Grenzübertritten an der Zonengrenze<br />

nach <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> an die Havel<br />

zurückkehrte. Dort wartete nicht nur<br />

seine Frau Gertrud, die die Werft<br />

ohne größere Schäden über den<br />

Krieg gebracht hatte, sondern auch<br />

seine Söhne Wilhelm jr., geb. 1929,<br />

und Jens, geb. 1944.<br />

Alle vorhandenen<br />

Boote an die Sowjetunion<br />

Es folgten viele Jahre, in denen<br />

das nackte Überleben im Vordergrund<br />

stand. Während dieser Zeit<br />

mussten Reparationsleistungen abgewickelt<br />

und fast alle vorhandenen<br />

Sportboote an die Sowjetunion abgeliefert<br />

werden. Dies wurde durch<br />

strenge Kontrollen überprüft. Auf der<br />

Werft arbeitete man zu dieser Zeit<br />

mit vier Mitarbeitern, um den Befehlen<br />

der Russen so schnell wie möglich<br />

nachzukommen. Aus dem Raum<br />

Werder/Havel wurden insgesamt<br />

zwei Güterzüge mit Schiffen beladen<br />

und abtransportiert. Größere Einheiten<br />

wurden nach Brandenburg/Havel<br />

gebracht und in Binnenschiffe verladen.<br />

Nach der erfolgten Ausführung<br />

der russischen Befehle gab es auf<br />

den Werften im Großraum Werder/<br />

Havel fast keine Boote mehr.<br />

Auswanderung nach Amerika<br />

Zu dieser Zeit wurde von der Familie<br />

an einer Auswanderung nach<br />

Amerika gefeilt. Zusammen mit dem<br />

Konstrukteur und leidenschaftlichen<br />

Segler Kurt Grunewald, war alles vorbereitet<br />

worden und drei amerikanische<br />

Wassersportzentren fielen in<br />

die engere Auswahl.<br />

Da für jeden Einwanderer eine<br />

Kaution hinterlegt werden musste,<br />

war die Summe für die ganze Familie<br />

von den Bekannten in Amerika jedoch<br />

nicht aufzubringen.<br />

Mitglied des Meisterprüfungsausschusses<br />

Nach der fehlgeschlagenen Auswanderung<br />

wurden wieder alle erdenklichen<br />

Arbeiten ausgeführt und<br />

trotz aller Schwierigkeiten begannen<br />

zwei Lehrlinge auf der Werft<br />

ihre Bootsbaulehre. Einer von ihnen<br />

wurde über alte Verbindungen zu<br />

Henry Rasmussen in die Werft Abeking<br />

und Rasmussen nach Lemwerder<br />

verlegt. Es war der älteste Sohn<br />

Wilhelms, Wilhelm Görrissen jr. Er<br />

hat dort, wie man zu sagen pflegt,<br />

die goldene Klinke bekommen und<br />

bis zu seiner Rente bei A&R gearbeitet.<br />

Vater Wilhelm Görrissen wurde<br />

Obermeister im Bezirk Potsdam, dem<br />

heutigen Land Brandenburg. Es waren<br />

im Großraum circa 40 Betriebe<br />

zusammenzuhalten. Außerdem war<br />

Wilhelm Mitglied des Meisterprüfungsausschusses,<br />

und so gingen<br />

zu dieser Zeit viele Prüflinge durch<br />

seine Hände. Diese Arbeiten wurden<br />

neben den allgemeinen Belastungen<br />

des Zwei-Mann-Betriebes ausgeführt<br />

und waren unter den politischen Gegebenheiten<br />

mehr als wichtig.<br />

Foto: Jana Fellenberg<br />

92 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Des Meisters Reich: In dieser Werkstatt wurden<br />

bis 1992 die legendären Jollenkreuzer gebaut.


20er Jollenkreuzer<br />

Ab 1960 wurden auf der Bootswerft<br />

Görrissen erst 15er und später<br />

auch 20er Jollenkreuzer in Leistenbauweise<br />

gebaut. Anfang der 70er<br />

Jahre wurde ein 15er Jollenkreuzer<br />

für die Abnahme einer Polyesterform<br />

vorbereitet. In den Jahren bis 1992<br />

wurden über 60 Bootskörper in dieser<br />

Form hergestellt. 1976 – nach 50<br />

Jahren – wurde der Betrieb an meinen<br />

Opa Jens Görrissen, den zweiten<br />

Sohn Wilhelms und heutigen Chef<br />

der Werft übergeben.<br />

Viel Arbeit und Geld investiert<br />

Nach der Wende wurde viel Arbeit<br />

und Geld investiert, um auf dem<br />

neuen Markt zu bestehen. Ab 1990<br />

wurde das Gelände und die Bootsliegeplätze<br />

umfassend erweitert. Es<br />

wurden unter anderem ein Büro mit<br />

anliegenden Sanitäranlagen und drei<br />

neue Stege mit Strom- und Wasserversorgung<br />

gebaut. Seit 1994 befindet<br />

sich ein fahrbarer Bockkran mit<br />

neuer Laufkatze und Verstell-Traverse<br />

auf dem Gelände. Die Bootswerft<br />

verfügt über einen Transporthubwagen<br />

mit Lagerbocksystem.<br />

1997 wurde auf der Werft die<br />

erste Solartankstelle für Boote im<br />

ganzen Land Brandenburg installiert.<br />

Eine Ferienwohnung, Stellplätze für<br />

Wohnmobile, ein Mobilheim, ein großer<br />

Wohnwagen für Gäste – dies sind<br />

nur einige Objekte, die die Bootswerft<br />

Görrissen heute zu bieten hat.<br />

Wie auf einer Hallig: Weithin sichtbar das Haus der Görrissens.<br />

Kunden aus ganz Deutschland<br />

Mit der Werft hat sich auch die<br />

Kundschaft verändert. Kamen damals<br />

viele Kunden aus Berlin mit dem<br />

Zug ins Grüne, so kann der Bootsplatz<br />

heute nicht nur Berliner, sondern<br />

auch Kunden aus Bayern, Karlsruhe,<br />

Ober- und Unterfranken, Hamburg<br />

und vielen anderen Bundesländern<br />

zu seinen Gästen zählen.<br />

Inzwischen hat der Familienbetrieb<br />

Kunden, die sich schon seit über<br />

60 Jahren an der Havel wohlfühlen.<br />

Einige gehen von hier aus auf große<br />

Fahrt, kehren aber immer wieder<br />

auch wegen der Schönheit der Landschaft<br />

hierher zurück.<br />

Boote werden seit 1992 nicht<br />

mehr gebaut, das Repertoire der Arbeiten,<br />

die hier immer noch in höchster<br />

Qualität ausgeführt werden, ist<br />

aber breit gefächert. Die Reparatur<br />

von Holz und GFK, aber auch Lackierund<br />

Überholarbeiten sowie Pflege-<br />

und Wartungsarbeiten gehören<br />

dazu. Seit 1990 vertritt die Bootswerft<br />

Görrissen unter anderem die<br />

Schweizer Marke „Boesch“. Deshalb<br />

werden auch einige der vorhandenen<br />

Boesch-Motorboote im <strong>Herbst</strong> regelmäßig<br />

aus Berlin abgeholt, in Stand<br />

gesetzt und im Frühjahr wieder persönlich<br />

bei den Kunden abgeliefert.<br />

Die Zukunft gehört Jiss Ole<br />

Der Werftbetrieb wird zur Zeit<br />

von meinem Opa Jens Görrissen,<br />

meiner Oma Edeltraud und dem gemeinsamen<br />

Sohn, meinem Vater<br />

Sven – geboren 1970 und gelernter<br />

Bootsbauer – geführt und soll an den<br />

Junior bald weitergegeben werden.<br />

Der Enkel Jiss Ole, mein kleinerer<br />

Bruder – geboren 2006 und nach seinem<br />

Ur-Ur-Großvater dänischer Herkunft<br />

benannt, braucht zwar noch<br />

etwas Zeit, ist aber schon mit Feuereifer<br />

dabei, Fähigkeiten zu erlernen,<br />

die er vielleicht später zum Führen<br />

der Werft benötigt.<br />

Autorin Freda Görrissen,<br />

geboren 2001, lebt zusammen<br />

mit ihrer Familie in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Die vielfältige junge Frau<br />

besucht zur Zeit die<br />

Voltaireschule in Potsdam.<br />

Sie ist Rettungsschwimmerin<br />

und Sanitäterin bei der DLRG<br />

und veröffentlichte mehrere<br />

Beiträge in der PNN. Beim<br />

Bürgerfest am 21. April <strong>2018</strong><br />

auf dem Marktplatz von<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, dem Start der<br />

Nachpflanzaktion „Rettet die<br />

Waldsiedlung“ <strong>2018</strong>-2033,<br />

rezitierte sie zusammen mit<br />

Dr. Jürgen Harder das<br />

Gedicht „Die Birke.<br />

Foto: Jana Fellenberg<br />

94 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Im Schlepptau: Familienspaß auf dem Eis der Havel.<br />

Foto: Lars Augustin<br />

Das Eissegelabenteuer<br />

Hausbau über Nacht<br />

Es war das Jahr 1952 und wir hatten<br />

in dieser Zeit strengen Frost. Bei<br />

einem dieser Winterbesuche stand<br />

vor seiner Werft auf dem Eis ein<br />

nagelneu von ihm gebauter Segelschlitten.<br />

Was für eine Sensation!<br />

Und zwar hatte er einen schmalen<br />

Rumpf gebaut, mit einem Querträger<br />

vorn und einer Steuerkufe hinten<br />

versehen, um daraus ein rasend<br />

schnelles, mehr als 100 Stundenkilometer<br />

fahrendes Eissegelboot zu<br />

erhalten. Die Segel waren von einer<br />

O-Jolle. Natürlich waren wir im Nu<br />

au dem Boot und pefferten wie<br />

die Verrückten über das Eis zwischen<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und Geltow.<br />

Wilhelm und ich segelten am<br />

späten Abend nach Werder rüber, und<br />

es gab an der engsten Stelle zwischen<br />

Werder und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> in<br />

flotter Fahrt au einmal ein gewaltiges<br />

Krachen. Die Läuferkufe des<br />

Schlittens hob sich sich etwa zwei<br />

Meter höher, die andere Seite war<br />

eingebrochen und hing im Wasser.<br />

Wilhelm aber blieb ruhig, krabbelte<br />

auf die höchste Stelle und zündete<br />

sich in aller Ruhe eine Pfeife an.<br />

Da hörten wir auch schon die Stimmen<br />

der Werderaner und Geltower<br />

Fischer, die zu einer Hilfsaktion über<br />

das Eis gestartet waren und uns bei<br />

ihrer Annäherung wahnsinnig ob<br />

unseres Leichtsinns beschimpften.<br />

Sie hatten aber die Rechnung ohne<br />

Wilhelm gemacht, der schimpfte<br />

zurück, weil der Grund für diesen Unfall<br />

nicht bei ihm lag. Das Leck einer<br />

Gasleitung nach <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> hatte<br />

das Zufrieren an dieser Stelle verhin-<br />

dert. Der Eissegler wurde zur nahen<br />

Anlegestelle nach Werder gezogen<br />

und es versammelten sich so viele<br />

Schaulustige auf dem Eis, dass<br />

dies unter der Last nachgab<br />

und die Neugier mit Kälte be-<br />

strafte. Wir kamen natürlich<br />

trockenen Fußes an Land...<br />

Ob mit einem Eissegler, einem restaurierten<br />

D-Rad oder einem Hausboot<br />

– Wilhelm verstand es, die Leute<br />

zu überraschen. Noch einmal erwies<br />

er sich in den 70er Jahren als Realisator<br />

von scheinbar Unmöglichem.<br />

Über Nacht stand auf dem Werftgelände<br />

ein wunderschöner Fachwerkbau<br />

mit sauber ausgemauertem<br />

Gefach auf einem hoch aufgeschütteten<br />

Sockelgeschoss inklusive<br />

Garage. Das alles in einer Zeit, wo<br />

man schon froh war, irgendwo ein<br />

Stück echtes Holz zu bekommen<br />

und oft schon mit Pressspanplatten<br />

zufrieden war. Des Rätsels Lösung:<br />

Wilhelm, der weit vorausschauend<br />

plante, besaß natürlich eine Baugenehmigung,<br />

von denen im ganzen<br />

Bezirk Potsdam allerdings nur drei<br />

ausgestellt wurden. Das Holz stammte<br />

von Resten, die beim damaligen<br />

Bau der isenbahnbrücke abfielen ...<br />

Die obenstehenden Anekdoten<br />

entstammen dem Nachruf auf<br />

Wilhelm Görrissen, der 2003<br />

im 98. Lebensjahr verstarb.<br />

Ganz der Familientradition verfallen:<br />

Eissegeln ist eine Leidenschaft, die<br />

auch Sven Görrissen lebt. Foto: Jim Kent<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 95


<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und das die Ortschaft umgebende Waldgebiet ist absolutes<br />

Fledermausgebiet. Die waldreiche Gegend bietet den Flattertieren sowohl<br />

Quartier als auch Lebensraum für ihre Jagd nach Insekten.<br />

Vom Aussterben bedroht –<br />

Fledermäuse in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

VON CHRISTIANE SCHRÖDER<br />

Für die <strong>Wildpark</strong>er ist es ein gewohntes<br />

Bild, wenn mit dem<br />

Einbruch der Dämmerung über<br />

ihren Köpfen die „Kobolde der<br />

Lüfte“ ihre Bahnen ziehen.<br />

Wer aufmerksam hinschaut, wird<br />

fasziniert über die schnellen und<br />

wendigen Gleiter sein. Spezielle Geräte<br />

erfassen sogar die hohen Töne,<br />

die Fledermäuse zum Zweck der Orientierung<br />

ausstoßen und wandeln<br />

sie in für uns hörbare Frequenzen um.<br />

„Tak, tak, tak ...“<br />

Absolutes Fledermausgebiet<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und das die Ortschaft<br />

umgebende Waldgebiet ist<br />

absolutes Fledermausgebiet. Die<br />

Fledermäuse bewohnen in und um<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sehr oft die Höhlungen<br />

von älteren Bäumen. Das sind<br />

hier zumeist Kiefern oder Eichen,<br />

können aber auch alte Erlen oder<br />

der Spitzahorn sein. Die waldreiche<br />

Gegend bietet den Flattertieren sowohl<br />

Quartier als auch Lebensraum<br />

für ihre Jagd nach Insekten. Besonders<br />

alte Spechthöhlen oder Risse<br />

unter der Baumrinde werden gerne<br />

tagsüber von ihnen als Quartier angenommen.<br />

Viele Fledermausarten<br />

nutzen zudem die Höhlungen als<br />

Wochenstuben, wie es zum Beispiel<br />

das Braune Langohr, der Abendsegler<br />

oder die Mopsfledermaus tun. Letztere<br />

bevorzugt besonders Rindenspalten<br />

und ist damit auf Alt- und<br />

Totholz angewiesen, wie es im Bereich<br />

der Methusalem-Eichen unweit<br />

des Ortseingang zu finden ist.<br />

Dort dürfen Bäume noch alt werden.<br />

Durch die artbedingte Häufigkeit an<br />

Quartierwechseln sind besonders<br />

zusammenhängende Baumbestände<br />

von Belang. Wie wir wissen hat die<br />

Waldsiedlung in den letzten Jahren<br />

Die baumreichen<br />

Waldbestände in und<br />

um <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

dienen vielen<br />

Fledermausarten<br />

heute noch als<br />

Nahrungs- und<br />

Wohnraumstätte<br />

unglaublich viele Bäume verloren.<br />

Werden durch eine hohe Anzahl von<br />

Baumentnahmen die Lebensräume<br />

der Fledermäuse vernichtet, ist es für<br />

verschiedene Arten unmöglich Ersatzuartiere<br />

zu finden. Fledermäuse<br />

nutzen immer einen Komplex von<br />

mehreren Quartieren, die über Jahre<br />

hinweg immer wieder aufgesucht<br />

werden. Gehen durch Fällung wichtige<br />

Quartierstandorte verloren, können<br />

sich die Tiere auf der Suche nach<br />

Ersatz gehäuft in Wohnungen verirren.<br />

Abendseglerarten und Zwergfledermaus<br />

nutzen aber besonders die<br />

Baumhöhlungen als Paarungsquartiere<br />

oder überwintern in ihnen, da<br />

sie zumeist frostsicher sind. Während<br />

einige Arten sehr spezifisch auf Jagd<br />

gehen, um z.B. Insekten und Spinnen<br />

von Blättern zu erbeuten oder am<br />

Boden lebende Laufkäfer vertilgen,<br />

sind in den Schneisen am Waldrand<br />

oder über den Wegen der Ortschaft<br />

zumeist Abendsegler oder Zwergfledermäuse<br />

auf Mückenjagd. Bei<br />

der Menge, die sie an einem Abend<br />

vertilgen, sollte jedes Mückenmittel<br />

überflüssig sein. Abendsegler schlagen<br />

ihr Quartier besonders gern in<br />

den Baumkronenbereichen auf. Dagegen<br />

sind Mopsfledermauspopulationen<br />

in den Forsten und Wäldern<br />

sehr stark rückläufig. Die Aktivitäten<br />

schwanken jahreszeitlich regional.<br />

Das hat zum Beispiel mit den<br />

Temperaturen, dem Nahrungsangebot<br />

aber auch mit Niederschlag und<br />

Wind zu tun. Besonders aktiv sind<br />

Fledermäuse von Ende April bis Juni,<br />

nur in den kalten Nächten sind sie<br />

weniger zu sehen. Ab Mitte September<br />

nehmen ihre Flugbewegungen<br />

deutlich ab, wobei auch hier Unterscheidungen<br />

getroffen werden und<br />

auch Witterungsbedingungen oder<br />

Mikroklimaverhältnisse Fledermausaktivitäten<br />

beeinträchtigen.<br />

Weiter Lebensraum zerstört<br />

Die baumreichen Waldbestände<br />

in und um <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> dienen<br />

vielen Fledermausarten heute noch<br />

als Nahrungs- und Wohnraumstätte.<br />

Gehen die Lebensräume aber für<br />

die Fledermäuse verloren, bedeutet<br />

das, dass die Populationen deutlich<br />

zurückgehen werden. Ein erheblicher<br />

Eingriff in den Baumbestand, wie er<br />

wohl im <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> wieder zu erwarten<br />

ist, wird zu weiteren Rückgängen<br />

sowohl des Baum- als auch<br />

des Fledermausbestandes führen.<br />

Dass dann auch andere Tierarten, wie<br />

unsere heimischen Singvögel davon<br />

betroffen sein werden, wenn weiter<br />

Lebensraum zerstört wird, ist leider<br />

die Folge davon.<br />

Zustand der gefährdeten<br />

Arten kritisch<br />

Alle in Deutschland heimischen<br />

25 Fledermausarten zählen zu den<br />

streng geschützten Arten und werden<br />

auf der „Roten Liste“ der Säugetiere<br />

aufgeführt. Die Einschätzung<br />

über ihren Zustand wird auf der<br />

Fotos: Daniel Klingberg<br />

96 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Die kleine wergedermaus wurde fachmännisch an<br />

einer Birke platziert und wird gleich den Abug machen.


Zusammenfassend muss<br />

festgestellt werden,<br />

dass der Zustand der<br />

gefährdeten Arten<br />

kritisch ist, da ihre<br />

Lebensräume immer<br />

kleiner werden<br />

Grundlage des Deutschen Nationalen<br />

Berichts zur FFH-Richtlinie, der<br />

aktuellen Roten Liste und des Nationalen<br />

Berichts Deutschlands für das<br />

Euro-BATS-Abkommen, einem europäischen<br />

Abkommen zum Schutz der<br />

Fledermäuse, erstellt.<br />

Eine Fledermausart gilt bereits als<br />

ausgestorben, drei als vom Aussterben<br />

bedroht, vier werden als stark<br />

gefährdet eingestuft und für zwei<br />

die starke Gefährdung unbekannten<br />

Ausmaßes angenommen. Fünf Arten<br />

stehen zudem auf der Vorwarnliste,<br />

für die anderen Arten sind die erhobenen<br />

Daten noch unzureichend.<br />

Zusammenfassend muss festgestellt<br />

werden, dass der Zustand der gefährdeten<br />

Arten kritisch ist, da u.a. ihre<br />

Lebensräume immer kleiner werden.<br />

Auf der Suche nach Ursachen besitzt<br />

besonders die Entfernung von<br />

Alt- und Totholz sowie von Bäumen<br />

Christiane Schröder vom NABU-Landesverband im aufklärenden Gespräch<br />

mit einer Anwohnerin, die eine ledermaus gefunden hatte.<br />

mit artenspezifischer Funktion einen<br />

großen Einfluss auf die Quartiersituation.<br />

Nach GÜNTHER (2005) ist der<br />

Wald für alle einheimischen Fledermausarten<br />

von besonderer Bedeutung.<br />

Mehr als die Hälfte von ihnen<br />

zieht in Baumhöhlungen Jungtiere<br />

groß oder überwintern in ihnen. Alle<br />

Arten haben ihren Schwerpunkt der<br />

Nahrungssuche im Wald.<br />

Autorin Christiane Schröder, geboren 1980, verheiratet,<br />

drei Kinder, lebt mit ihrer Familie in Brück. Die<br />

studierte Biologin mit Schwerpunkt Fledermausschutz<br />

und Umweltbildung ist seit 2015 Geschäftsführerin des<br />

NABU Landesverbandes, der mit circa 16.000 Mitgliedern<br />

der größte Naturschutzverband Brandenburgs ist.<br />

Das Bundesnaturschutzgesetz regelt in 44 mögliche Beeinträchtigungen<br />

z.B. bei Baumentnahmen in festgestellten Fledermausgebieten.<br />

» das Tötungs- und Verletzungsverbot ( 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)<br />

» das Störungsverbot ( 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG)<br />

» das Verbot der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- oder<br />

Ruhestätten/Lebensstätten ( 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG)<br />

Die Bürgerinitiative als auch der<br />

NABU Brandenburg haben bei von<br />

der Gemeindeverwaltung erteilten<br />

Fällbescheiden bemängelt, dass<br />

trotz gegebener Hinweise keine<br />

den Artenschutz begleitenden<br />

Maßnahmen stattgefunden haben.<br />

Ein Vorwurf, den die Gemeindeverwaltung<br />

bestreitet.<br />

So braucht eine in einer Höhlung<br />

lebende Fledermaus mehrere<br />

Minuten, um bei Gefahr (z.B. bei der<br />

Abtragung eines Baumes) die zur<br />

Flucht benötigte Körpertemperatur<br />

zum Fliegen zu erreichen – und wird<br />

unter Umständen einfach zersägt.<br />

Schon die Vernichtung von Lebensräumen<br />

streng geschützter Arten<br />

kann aber ein Straftatbestand sein.<br />

Das Bundesverwaltungsgericht<br />

hat bereits vor zehn Jahren festgestellt,<br />

dass das Tötungs- und<br />

Verletzungsverbot individuumbezogen<br />

auszulegen ist (BverwG Urt.<br />

vom 9.7.2008–9A 14.07., Rn.91).<br />

Es gilt als erfüllt, wenn sich das<br />

Tötungsrisiko in signifikanter Weise<br />

erhöht, wobei zuvor Maßnahmen<br />

zur Verminderung vermeidbarer<br />

Tötungen durchzuführen sind.<br />

98 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Die kleine Fledermaus verabschiedet sich<br />

in den Nachmittagshimmel und iegt davon.<br />

Was tun bei Fledermausfund? Das fragten sich zum wiederholten Male verschiedene<br />

Bewohner unseres Ortes und so steht es auch seit einigen Wochen auf der Webseite<br />

der Bürgerinitiative als kleine Hilfestellung und Anleitung für den Notfall<br />

Was tun bei Fledermausfund?<br />

Eine kleine Fledermaus, vom deutschen<br />

Naturschutzgesetz wie alle<br />

heimischen Arten als streng geschützt<br />

eingestuft und auf der<br />

„Roten Liste“ verzeichnet, hatte<br />

sich trotz Fliegengaze durch einen<br />

Spalt ins Bad gezwängt und schien<br />

wie ihre Finderin mit der entstandenen<br />

Situation im Waschbeckenabuss<br />

etwas berfrdert.<br />

Die deutschlandweit kostenfreie<br />

„Fledermausnotrufnummer“<br />

des NABU vermittelte aber schnell<br />

Unterstützung und gab zudem fachgerecht<br />

Anleitung, dem fehlgeleiteten<br />

Waldsiedlungsbewohner erste Hilfe<br />

zukommen zu lassen. Also „katzensicher“<br />

ins Körbchen und an einen<br />

dunklen und kühlen Ort gebracht …<br />

Zwei Stunden später kam die anerkannte<br />

Fledermausexpertin Frau<br />

Schröder vom NABU aus Potsdam<br />

um zu helfen. Die Fledermaus wurde<br />

untersucht, als junge männliche<br />

Zwergfledermaus klassifiziert und<br />

fachgerecht in circa zwei Meter Höhe<br />

an einen Baum gesetzt. Nach einer<br />

Weile wurde die Abflugtemperatur<br />

erreicht und wenig später war sie,<br />

noch einige Kreise ziehend, über<br />

unseren Köpfen grüßend, am Nachmittagshimmel<br />

verschwunden.<br />

Wenn die Abende wärmer sind,<br />

kann man die Fledermäuse wieder<br />

gut beobachten. Besonders<br />

im Bereich An der Kirche, Fuchsweg,<br />

Großer Querweg, Am Ufer<br />

und Fichtenweg sind der Bürgerinitiative<br />

zahlreiche Sichtungen<br />

(Häufungen) und bekannte Fledermauswohnstätten<br />

(meist Höhlungen<br />

in Kiefern) gemeldet worden.<br />

Mit Einbruch der Dämmerung<br />

ziehen sie unterhalb der Kiefernwipfel<br />

auf der Jagd nach Insekten<br />

ihre Kreise …<br />

Leider sollen im <strong>Herbst</strong> direkt<br />

neben der Fundstelle weitere sechs<br />

Kiefern gefällt werden, der Fällgrund<br />

diesmal: „diverse“ Schäden.<br />

Die Bürgerinitiative erstellt für<br />

die Untere Naturschutzbehörde<br />

gerade ein Fledermauskataster für<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Sie interessieren<br />

sich für die Thematik und haben<br />

eine Höhlung entdeckt, in der eine<br />

Fledermaus wohnt? Fliegen am<br />

Abend besonders viele Fledermäuse<br />

bei Ihnen durch den Garten? Dann<br />

helfen Sie und teilen uns bitte Ihre<br />

Beobachtungen mit. Wir melden<br />

Ihre Sichtung koordiniert an die<br />

Untere Naturschutzbehörde weiter.<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> REPORTAGE 99


FABELHAFT<br />

Welch hartes Fuchsleben<br />

VON KERSTIN WITTE<br />

Fuchs geht durch den Wald,<br />

ein Fuchs geht durch den Wald<br />

„Ein<br />

, vergnügt pfiff der unge<br />

Rotschweif sein Lieblingslied vor sich<br />

hin und bog auf leisen Pfoten „An der<br />

Kirche“ nach rechts ab. Anders als in<br />

der alten Eichenallee, die dummerweise<br />

nach ihm benannt etzt „Fuchsweg<br />

heißt, fühlte er sich hier sicher. Natürlich<br />

hatte die Bezeichnung des holprigen<br />

Wegs nichts mit der Wirklichkeit<br />

zu tun. ine irche hat es hier noch nie<br />

gegeben. Mehr ein kleiner Spaß für unbedarfte<br />

Touristen. Für Meister Reineke<br />

war Trubel natürlich nichts, er mied<br />

die Öffentlichkeit. Doch sein onter-<br />

ei am Verteilerkasten am arktplatz:<br />

ut ab Das hielt er durchaus ür gelungen.<br />

Wirklich sehr schön, was die<br />

Kinder sich da ausgedacht hatten!<br />

Doch itelkeit ist geährlich. r<br />

wusste das natürlich. Dieser Grad an<br />

Bekanntheit bringt nicht nur Vorteile.<br />

segrim, ein unger Wol, hatte es ihm<br />

neulich unter den alten Eichen vorm<br />

Ortseingang erzählt. Auch der musste<br />

au der ut sein. hn edoch hatten die<br />

Nachbarkinder wegen seiner hellen<br />

Fäden im roten elz „Silberschwei<br />

getauft. Jeden Morgen winkten sie<br />

heimlich vom Balkon, bevor sie sich<br />

au den Weg zum Schulbus machten.<br />

r ist müde, hat die ganze Nacht vergeblich<br />

nach ungen dummen ühnern<br />

Ausschau gehalten. Saftig und lecker,<br />

wie die vier im letzten ahr au der anderen<br />

Ortsseite im Weißdornweg. Hühner<br />

sind rar geworden. Damals hatte<br />

er nur warten müssen, bis der kleine<br />

Junge das Futter ausgestreut hatte,<br />

sich die Eier nahm und das Haus verließ<br />

und dann … War das ein Schmaus!<br />

Sein agen knurrte. Der unger<br />

ließ ihn an die rzählungen seiner<br />

Großmutter denken süße kleine<br />

Kaninchen, die sie sich, einen Querweg<br />

weiter, vor Jahren aus einem Stall<br />

einer schicken Stadtvilla holte. Ihm<br />

läut das Wasser ihm aul zusammen:<br />

Wie ot hatte sie diese Geschichte<br />

an kalten Winterabenden im gemütlichen<br />

Fuchsbau erzählt. An diesem<br />

Tatort durfte er sich natürlich nicht<br />

mehr sehen lassen, dass wusste er<br />

nur zu gut. Die enschen sind so<br />

furchtbar nachtragend geworden …<br />

nd etzt eise schleicht er sich<br />

unter einer Hecke an seinen Lieblingsplatz.<br />

Zwei alte Zweibeiner<br />

sitzen beim Frühstück in der Sonne,<br />

ihm bleibt nur zuzuschauen. Welch<br />

hartes Fuchsleben Nur eine alte zähe<br />

aus gabs letzte Nacht im Wald.<br />

Zeit, Rast einzulegen und ein Nickerchen<br />

zu machen. rst die heißen<br />

Sonnenstrahlen au seinem elz<br />

weckten ihn wieder auf. „Oh Schreck!“<br />

Drei Augenpaare sind au ihn gerichtet<br />

und bereiten ihm Unbehagen. Was<br />

die wohl wollen Ah, sie wollen ihm<br />

helfen, eine tolle Idee! Ich, abgemagert<br />

Na, wenn sie meinen ... Nur zu<br />

r hört augeregte Wortetzen.<br />

Wieso äger Nur keine nruhe<br />

zeigen, denkt er sich. ier im Ort ist<br />

noch nie auf ihn geschossen worden<br />

– aber, man weiß a nie. Als der Grünrock<br />

zum Nachmittag tatsächlich<br />

Fuchs beim<br />

Nickerchen


kommt, sind sich die alten Leutchen<br />

schon gar nicht mehr so sicher,<br />

eine gute dee gehabt zu haben.<br />

Fachmännisch wird eine Fuchsfalle<br />

aufgestellt und mit einem<br />

Köderstück versehen. „Sie tun dem<br />

ier doch nichts, ragt die Frau, die<br />

plötzlich eine böse Ahnung be-<br />

ällt. Der Grünrock bleibt stumm.<br />

Silberschwei betrachtet das Ganze<br />

misstrauisch. r beäugt die Falle, dreht<br />

ein paar Runden: Supermarkt Salami<br />

als Köder. Wie langweilig! Wenn sie<br />

wenigstens vom Fleischer Bothe wäre.<br />

Der kann Würste machen Angewidert<br />

zieht er sich zurück. r steht mehr au<br />

Frische, echt Bio muss es schon sein.<br />

Die Sonne senkt sich hinter den<br />

Baumwipeln dem orizont entgegen.<br />

Leise schleicht er sich von<br />

dannen. Vielleicht hat er a heute<br />

Nacht mehr Jagdglück als der Förster.<br />

Der Stromverteilerkasten am Marktplatz<br />

Fotos: Brit Merten<br />

Autorin Kerstin Witte, 1964 in München<br />

geboren und in den USA aufgewachsen,<br />

verheiratet, lebt mit ihrem<br />

Mann seit 2014 in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.


SCHÖNE GÄRTEN VORGESTELLT: GROßER QUERWEG 6<br />

Der muss sich durchsetzen,<br />

er sucht das Licht<br />

VON GÄRTNERMEISTER ROSERICH<br />

Eigentlich kann man gar nicht<br />

anders. Ist man zu Fuß durch<br />

die Waldsiedlung unterwegs<br />

und biegt vom Fuchs- in den<br />

Großen Querweg ein, wird auf der linken<br />

Seite nach einigen Schritten das<br />

Auge von leuchtenden Farben angezogen.<br />

Durch den Zaun lugen unten<br />

die orangenen Köpfchen der Großen<br />

Kapuzinerkresse. Die Sonnenblumen<br />

drehen sich zum Licht und hoffen<br />

bald zu erblühen. Links vorm Tor eine<br />

Kiefer, noch keine zwanzig Jahre alt,<br />

doch schon mit Katasternummer und<br />

von stattlicher Gestalt. Das Holzhaus,<br />

die Bäume und verschiedenste Pflanzen<br />

bilden ein harmonisches Ensemble<br />

und lassen nicht nur das Botanikerherz<br />

höher schlagen.<br />

Zwei vom Fach<br />

Blumen über Blumen, deren Blüten<br />

übers Kalenderjahr abgestimmt<br />

dem Garten jeweils ein neues Antlitz<br />

geben. Ob Dahlien, Gelenkblume<br />

oder Phlox, deren flammende Farben<br />

dem Himmel entgegenzustreben<br />

scheinen – hier merkt man, dass zwei<br />

vom Fach mit Sachverstand und Freude<br />

beim Werken sind. Bescheiden<br />

wehrt Gärtnermeister Wenk ab, wenn<br />

man ihn auf die viele Arbeit anspricht.<br />

„Mir und meiner Frau macht das Gärtnern<br />

Freude! Nach dem großen Sturm<br />

im November 1972 waren in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

viele Bäume umgestürzt,<br />

viel mehr als durch die letzten Stürme!“<br />

Er zeigt auf ein paar stattliche<br />

Exemplare: „Diese hier haben wir damals<br />

im Anschluss alle neu gepflanzt.<br />

Ich machte an diesem unheilvollen<br />

Sturmtag gerade meine Fahrschule,<br />

kam aus Potsdam und kann mich<br />

deshalb noch gut daran erinnern;<br />

überall lagen die Bäume herum, man<br />

kam kaum durch.“ Heute bilden diese<br />

großen Tannen und die Douglasie<br />

einen schönen Rahmen für den Ziergarten<br />

der beiden. Auch kleine Kiefern,<br />

Birken und ein erst im letzten<br />

Jahr gesetzter Birnenbaum streben<br />

im hinteren Teil des Gemüsegartens<br />

zum Licht. Ob Eibe, Serbische Fichte<br />

oder Lärche: Viele der Bäume wurden<br />

oder werden noch heute aus Samen<br />

in Töpfen selbst gezogen. Besonders<br />

die jungen Bäume müssen deshalb<br />

gründlich gewässert werden, denn<br />

der trockene Sommer macht nicht<br />

nur uns Menschen, sondern auch den<br />

Pflanzen und Gehölzen zu schaffen.<br />

Im Frühjahr war die Sitkalaus in der<br />

Blaufichte, die sich aber wieder gut<br />

erholt hat. Freud und Leid gehören<br />

zum Gärtneralltag dazu.<br />

Standortgerechte anzen<br />

Hohe Gräser wiegen sich im Wind.<br />

Zebra-, Silberfeder und Japanisches<br />

Blutgras bilden dabei dekorative<br />

kleine Inseln, zwischen denen Stauden,<br />

ein paar Primeln und eine alter<br />

Rosenstrauch hervorlugen. Das Lampenputzergras<br />

wartet auf den Spätsommer,<br />

es erblüht gewöhnlich erst<br />

im August. Seine Scheinähren erinnern<br />

in der Form an die früher zum<br />

Putzen der Glaskolben benutzten Puscheln,<br />

einer Art Bürste. Daneben ein<br />

Perückenstrauch. Schaut man genau<br />

hin, erklärt sich der Name von allein.<br />

Das in der Pflanze enthaltene Fisetin<br />

wurde früher zum Färben von Wolle<br />

und Leder verwendet.<br />

Im Halbschatten vor dem gemütlich<br />

wirkenden und sich gut in die<br />

Waldsiedlung einfügenden Holzhäuschen<br />

stehen drei Rhododendronsträucher,<br />

die nicht geschnitten<br />

werden dürfen, aber viel Wasser<br />

brauchen. Ihre Knospen verraten<br />

noch nichts von ihrer Farbe, erst im<br />

nächsten Jahr werden sie lila erblühen.<br />

Sie haben noch ihre Ursprungsform,<br />

sind also nicht veredelt, sondern<br />

durch Samen vermehrt und<br />

treiben über die Wurzeln neu aus.<br />

Der große Strauch in der Mitte des<br />

Gartens ist schon älter, bestimmt<br />

über dreißig Jahre. Die fünfgliedrigen<br />

Blätter wirken lederartig. Wenn<br />

er erblüht, leuchtet es rot. Während<br />

die Dolden des Phloxes mit einem<br />

strahlenden Weiß und kräftigem Blau<br />

erblühen, hat die kupferfarbene Lilie<br />

ihren Zenit für dieses Jahr schon<br />

überschritten und lässt vergangene<br />

Pracht nur erahnen. Dagegen präsentiert<br />

sich die Türkenbundlilie in<br />

sattem Gelb. Die Hortensien sind ob<br />

der Wärme dieses Jahr auch viel zu<br />

früh dran und wetteifern in verschiedenen<br />

Schattierungen von Lila. Die<br />

<strong>Herbst</strong>astern müssen sich allerdings<br />

noch etwas gedulden und ergänzen<br />

dann das Farbspiel in den nächsten<br />

zwei Monaten mit leuchtendem Blau<br />

und einem zartem Rot.<br />

Fast alle Pflanzen, die das Auge<br />

erfreuen, sind Waldpflanzen. Standortgerechte<br />

Pflanzen, die es gewöhnt<br />

sind, mit den Verhältnissen von saurem<br />

Boden klar zu kommen. „Die Nadeln<br />

unter den Bäumen, aber auch<br />

Komposterde und der zusätzliche<br />

Mulch des Rasenschnitts versorgen<br />

sie mit den wichtigen Nährstoffen,<br />

verhindern übermäßige Unkrautbildung<br />

und schützen vor dem Austrocknen“,<br />

erklärt Frau Wenk, selbst<br />

15 Jahre im Botanischen Garten der<br />

Potsdamer Hochschule beschäftigt.<br />

Foto: Jim Kent<br />

102 GARTENFREUND WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Ein Schmaus für die Augen:<br />

Harmonisch fügt sich das kleine<br />

Holzhaus in die Gartengestaltung ein.<br />

Die Blumen, Gräser und Gehölze<br />

bilden ein gelungenes Ensemble.


Jahreszeitliches arbenspiel: Bodendecker, Stauden und Gräser unter Kiefern, Tannen und ichten.<br />

Fotos: Carsten Sicora<br />

„Wo Maiglöckchen stehen – hier im<br />

Werderschen sagen wir Maiblümchen<br />

– wächst kein Unkraut. Auch<br />

beim Geranium, dem Storchschnabel<br />

als Bodendecker, wird man kaum<br />

welches finden, sie sind einfach zu<br />

bestimmend.“ Vor kurzem hat sie in<br />

einer Schale Hornveilchen ausgesät,<br />

die bei den derzeitigen Temperaturen<br />

schon alle aufgegangen sind und<br />

nun bald vereinzelt werden müssen.<br />

Das dies aufwändig ist, stört sie kein<br />

bisschen. Arbeit ist sie gewohnt. „Die<br />

verschiedenen Farne haben wir vor<br />

vielen Jahrzehnten schon mit dem<br />

Grundstück übernommen, sie vermehren<br />

sich selber.“ Der gemeine<br />

Geißbart, aus der Gattung der Rosengewächse,<br />

grüßt mit den weißen Blüten<br />

seiner Ähren. Am Gartenrand zur<br />

Kiefer<br />

Gemüse<br />

&<br />

Obstgarten<br />

Weißtanne<br />

Douglas<br />

Fichte<br />

Hochbeet<br />

mit Baumschule<br />

Garage<br />

Kanadische<br />

Esche<br />

Eberesche<br />

Kompost<br />

STRASSE<br />

Laube<br />

Wohnhaus<br />

Blumengarten<br />

Coloradotanne<br />

Blaufichte<br />

Nordostseite steht ein stolzer Ginkgobaum,<br />

sie schätzt ihn auf 35 Jahre.<br />

„Der muss sich durchsetzen, er sucht<br />

das Licht. Zum Glück haben wir keinen<br />

weiblichen mit Früchten, sonst würde<br />

man den Geruch im Spätherbst nicht<br />

aushalten.“ An der kleinen Garagenwand<br />

gegenüber wächst wilder Wein,<br />

eine kanadische Trauben- und davor<br />

eine Eberesche, deren gut bekömmliche<br />

Beeren sich durch einen leicht<br />

süß-herben Geschmack auszeichnen.<br />

Nur dreimal richtig Regen<br />

Aber eigentlich sind die Beeren<br />

für die Vögel bestimmt, die kräftig<br />

mithelfen, die Samen zu verbreiten.<br />

Manche Pflanzen eignen sich sogar<br />

zur Wettervoraussage. Das klappt<br />

natürlich nicht immer, aber wenn die<br />

Dreimasterblume ihre<br />

blauen Blüten schließt,<br />

regnet es in der Folge.<br />

Heute sind sie nicht geschlossen,<br />

die Sonne<br />

brennt unbarmherzig.<br />

Orientalische<br />

Fichte<br />

Douglas<br />

Fichte<br />

Lärche<br />

Ginkgo<br />

Fichte<br />

Fichte<br />

Robinie<br />

Nur dreimal richtig Regen<br />

in diesem Jahr, Folge<br />

der menschlichen Unvernunft?<br />

„Es ist nicht gut,<br />

wie wir mit unserer Umwelt<br />

umgehen“, lässt Herr<br />

Wenk, der vor kurzem seinen<br />

85. Geburtstag feierte,<br />

vernehmen. „Wir müssen<br />

behutsam mit der<br />

Natur umgehen und sie<br />

achten!“ Natürlich weiß<br />

er um die Belastung, die<br />

die jüngeren Bewohner<br />

der Waldsiedlung durch<br />

Der Gartenplan,<br />

Großer Querweg 6<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

den beruflichen Alltag erfahren. Das<br />

Ehepaar hat ein erfülltes und anstrengendes<br />

Berufsleben hinter sich.<br />

„Arbeitsaufwändige Gärten brauchen<br />

natürlich viel mehr Zeit und Pflege<br />

als eine Rasenfläche. Aber blühende<br />

Sträucher am Rande eines Grundstücks<br />

erfreuen nicht nur das Auge,<br />

sondern auch die Vögel und Insekten.<br />

Ein einfacher Garten macht nicht<br />

so viel Arbeit, ist aber das bisschen<br />

Mühe wert. Neu angelegt, braucht er<br />

nur zwei bis drei Jahre, bis man erste<br />

Erfolge sehen kann. Dahlien sind<br />

natürlich in der Pflege zu aufwändig.<br />

Aber das Sedum, ein Bodendecker<br />

aus der Pflanzengattung der Fetthenne,<br />

ist, wenn es blüht, wirklich schön<br />

anzusehen. Oder hier“, er deutet auf<br />

einen Strauch, „der Persische Flieder,<br />

blüht im Frühjahr in einem herrlichen<br />

Blau!“ Auch das Heidekraut zu seinen<br />

Füßen mit seinen purpur-violetten<br />

Farben gibt sich selbst mit kargem<br />

Sandboden zufrieden. Und die Schafgarbe,<br />

die man noch oft am Wegesrand<br />

und auf den Wiesen findet, ist<br />

eine schöne Zierpflanze, die sich gut<br />

fürs Blumenbeet eignet. Ebenso die<br />

Spiraea, ein sommergrüner Strauch<br />

mit gesägten Blättern. Die Begeisterung<br />

und die Freude über das Erreichte<br />

ist dem Ehepaar anzumerken,<br />

wenn es über den Garten spricht.<br />

Auch die Tochter ist in die Fußstapfen<br />

der Eltern getreten. Sie ist als Gartenbauingenieurin<br />

tätig und erfreut sich<br />

bei ihren Besuchen an der Schönheit,<br />

die ihre Eltern durch der Hände<br />

Arbeit erschaffen haben.<br />

Doch abschließend wird Gärtnermeister<br />

Wenk noch einmal nachdenklich,<br />

wenn er meint: „Bei allem<br />

was wir tun, dürfen wir nicht vergessen:<br />

Wir brauchen die Natur – doch<br />

sie braucht uns nicht!“<br />

104 GARTENFREUND WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Eine grün gestaltete Dachfläche schafft Insekten zusätzlichen<br />

Nahrungs- und Lebensraum durch Pflanzen und Gräser – ein Beitrag<br />

zum Erhalt des Kleinklimas in unserem Garten<br />

Gemüsegarten auf dem Dach?<br />

VON GÄRTNERMEISTER ROSERICH<br />

Viele unserer Leser werden<br />

es bemerkt haben, hier und<br />

da sind in den letzten Jahren<br />

schicke (und manchmal<br />

auch optisch etwas weniger gelungene)<br />

Garagen in den Vorgärten<br />

der Waldsiedlung entstanden. Die<br />

Zeit der teuren Tiefgaragen oder der<br />

kleinen preiswerten „Blechbüchsen“<br />

scheint vorüber. Das Prozedere ist<br />

einfach, derzeit geltendes vereinfachtes<br />

Baurecht erlaubt dem Brandenburger<br />

relativ unkompliziert,<br />

das edle vierrädrige Gefährt sicher<br />

unterzustellen. Statik und Bauanzeige<br />

übernehmen oft die bauausführenden<br />

Firmen, und bei Unklarheiten<br />

erhält man im Bauamt der Gemeindeverwaltung<br />

Schwielowsee freundliche<br />

und kompetente Auskunft.<br />

Manchmal gestattet zudem das vorgegebene<br />

Maß der baulichen Nutzung<br />

des Textbebauungsplanes eine<br />

Doppelgarage: Zusätzlicher Platz<br />

zum Abstellen für Fahrräder und Gartengeräte.<br />

Sinnvolle Nutzung<br />

Was aber selten bedacht wird,<br />

dass mit der Überbauung durch die<br />

damit versiegelte Fläche Nutzraum<br />

für die Gartengestaltung und den Regeneintrag<br />

im Boden entzogen wird.<br />

Eine Möglichkeit „Verlorenes“ einer<br />

sinnvollen Nutzung zurückzuführen,<br />

besteht bei Flachdächern in der<br />

Begrünung derselben. Dies ist ein<br />

Beitrag zum Erhalt des Kleinklimas<br />

unseres Grundstücks und schafft Insekten<br />

zusätzlichen Nahrungs- und<br />

Lebensraum durch Pflanzen und Gräser.<br />

Eine bewährte und anerkannte<br />

Ausgleichsmaßnahme. Wichtig allerdings<br />

zu wissen: Die Dachbegrünung<br />

sollte nur ausgewiesenen Fachleuten<br />

überlassen werden, denn sonst läuft<br />

man Gefahr, dass sich das Regen- als<br />

Stauwasser eigene Wege ins Innere<br />

der Garage sucht.<br />

Keine Schnecken, kaum Unkraut<br />

Eine andere Möglichkeit besteht<br />

darin, selbst einen kleinen Gemüsegarten<br />

in Kübeln auf dem Garagendach<br />

anzulegen. Arbeit in überschaubarem<br />

Rahmen? Aussicht auf selbst<br />

gezogenes Gemüse übers Jahr und<br />

noch dazu ganz in Bio-Qualität – welchen<br />

jungen Gartenfreund würde<br />

das nicht reizen? Nach einem harten<br />

Bürotag selbst Erdbeeren, Gurken,<br />

Paprika, Bohnen, Kürbisse, Zucchini,<br />

Broccoli oder Tomaten für die Familie<br />

zu ernten – der Phantasie sind<br />

keine Grenzen gesetzt! Eine gesunde<br />

Ergänzung und Alternative zur industriellen<br />

Gemüseproduktion. Die<br />

schöne Aussicht, keine Schnecken,<br />

kaum Unkraut und oft freie Sonneneinstrahlung<br />

sind nur einige der Vorteile,<br />

die ein Dachgarten bietet. Bevor<br />

man sich jedoch voller Elan ans Werk<br />

macht, gilt es das „Hochbeet“ einer<br />

gründlichen Prüfung zu unterziehen:<br />

Hält das Dach die mit feuchter Erde<br />

gefüllten Töpfe, die kiloschweren<br />

Gartenfrüchte und das eigene Körpergewicht<br />

sicher aus? Wie gelange<br />

ich nach oben? Und – wie ist es mit<br />

der Bewässerung am Günstigsten?<br />

Die Beantwortung der ersten Frage<br />

sollte man einem Fachmann überlassen<br />

– gar zu leicht unterschätzt<br />

der Laie die Summe des Gewichts der<br />

einzelnen Töpfe nebst der zu erwartenden<br />

Ernte. Auch die Frage der Begehbarkeit<br />

sollte nicht unterschätzt<br />

werden: Eine einfache Anlegeleiter<br />

ist keine Dauerlösung, um sicher aufs<br />

und vom Dach zu gelangen und sollte<br />

durch eine fest angebaute und leicht<br />

begehbare Leiter, wie sie im gut sortierten<br />

Fachhandel angeboten wird,<br />

ersetzt werden. Dagegen scheint<br />

die Bewässerung mithilfe einer kleinen<br />

Handpumpe, die das im Regenfass<br />

aufgefangene Wasser mittels<br />

Schlauch nach oben befördert, einfach<br />

umsetzbar. Blumen- oder Komposterde<br />

in dunklen Töpfen sowie<br />

die höheren Temperaturen auf dem<br />

Dach – sie liegen ungefähr 3–5C<br />

über der des Waldbodens – bewirken<br />

zudem, dass mit höheren Erträgen zu<br />

rechnen ist.<br />

Paprika und selbst gezogene Melonen?<br />

Mit etwas Fleiß sollte das durchaus<br />

machbar sein.<br />

Auf dem Dach sind die Temperaturen<br />

im Durchschnitt 3–5°C höher als am<br />

Boden. Das Gemüse reift eher.<br />

Flaschen Zucchini im Kübel,<br />

ein dekorativer Blickfang.<br />

Fotos: Jim Kent<br />

106 GARTENFREUND WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Wie im Schlaraffenland:<br />

Eine Gurke windet sich vom Dach an<br />

der nebenstehenden Fichte hinab.


Unsere Vorfahren wussten viel über den Genuss und die Wirkung von Wildpflanzen.<br />

Viele Krankheiten heilten sie mit Kräutern. Dieses alte Wissen steckt in vielen<br />

Kräuterbüchern und war lange Zeit in Vergessenheit geraten.<br />

Pflanzen Freunde fürs Leben<br />

VON DR. BEATE GALL<br />

Pflanzen sind wie Freunde – sie<br />

sind stets da, wenn man sie<br />

braucht! Und sie sind da, auch<br />

wenn man sie gerade nicht<br />

braucht! Wie gut kennen Sie eigentlich<br />

die Pflanzen in ihrem Garten, vor<br />

der Haustür, auf der Wiese oder im<br />

Bruchwald hinter dem Feld?<br />

Von anzen können<br />

wir viel lernen<br />

Mich begeistern Pflanzen seit<br />

mehr als zwei Jahrzehnten. Während<br />

des Studiums in Eberswalde lernte<br />

ich Pflanzen zu bestimmen. Und<br />

selbst die Gräser, die auf den ersten<br />

Blick alle gleich aussahen, ließen<br />

sich nach und nach leichter unterscheiden,<br />

sogar im nichtblühenden<br />

Zustand.<br />

Von Pflanzen können wir viel lernen,<br />

z. B. wie der Boden unter ihnen<br />

beschaffen ist, wie viel Nährstoffe<br />

oder Wasser in ihm gespeichert werden<br />

können. Sie zeigen uns deutlich,<br />

ob sie die Einwirkungen der menschlichen<br />

Nutzung vertragen oder nicht.<br />

Unsere Vorfahren wussten viel<br />

über den Genuss und die Wirkung<br />

von Wildpflanzen. Viele Krankheiten<br />

heilten sie mit Kräutern, auch wenn<br />

sie damals über die Wirkstoffe im Detail<br />

nicht viel wussten. Sie beobachteten<br />

und lernten durch Erfahrung<br />

und Anwendung. Dieses alte Wissen<br />

steckt in vielen Kräuterbüchern und<br />

war lange Zeit in Vergessenheit geraten.<br />

In unserer schnelllebigen Zeit,<br />

in der viele von uns der Zeit hinterherlaufen<br />

als im Hier und Jetzt zu<br />

leben, ist der Griff zur synthetisch<br />

hergestellten Arznei schnell getan.<br />

Wir sollten uns besinnen und innehalten.<br />

Ein passendes Kraut für die<br />

Zubereitung von Tee, Tinkturen oder<br />

Umschläge zu sammeln, kann jeder<br />

lernen und es macht Spaß. Das meiste,<br />

was wir brauchen um gesund zu<br />

bleiben, finden wir in der Natur: Ruhe,<br />

Gelassenheit und viele Pflanzen.<br />

Gern teile ich meine Freude an<br />

den Pflanzen mit anderen. Ich werde<br />

die neu gegründete AG „Junge Naturfreunde“<br />

in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> unterstützen.<br />

Im kommenden Jahr möchte ich<br />

auch für Erwachsene eine Exkursionsreihe<br />

und Bestimmungsübungen<br />

anbieten. Wer Pflanzen kennen- und<br />

bestimmen lernen möchte, kann sich<br />

gern bei mir melden:<br />

E-Mail:<br />

kontaktnaturschutzkonzepte.de<br />

Telefon: 03327 5670214<br />

Autorin Dr. rer. nat. Beate Gall,<br />

Dipl.-Ing. Landschaftsnutzung und<br />

Naturschutz, geboren 1977 in<br />

Neubrandenburg. Lebt seit 2016<br />

mit ihrem Partner und ihren zwei<br />

Kindern in Werder. Zuvor war sie<br />

zwölf Jahre in Geltow zuhause.<br />

naus n de aur<br />

Junge Naturforscher werden<br />

im neuen Schuljahr um<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> unterwegs sein<br />

Wie „Kolumbus auf der Havel“<br />

einmal selbst auf Expedition gehen,<br />

um etwas Neues zu entdecken? Oder<br />

auf den Spuren Alexander von Humboldts<br />

oder Johann Georg Forsters zu<br />

wandeln, wer hat als Kind nicht schon<br />

einmal selbst davon geträumt?<br />

Große und kleine Tiere beobachten,<br />

Baumarten, Pflanzen und Gräser<br />

bestimmen, protokollieren, zeichnen<br />

und eigene Berichte über das Erlebte<br />

verfassen: So wie vor mehreren hundert<br />

Jahren die berühmten Entdecker<br />

und Wissenschaftler die Welt bereisten<br />

und Unbekanntes fanden, soll es<br />

nun auch für unsere jungen Naturfreunde<br />

im Kleinen bald möglich sein.<br />

Ob Wanderungen durchs Golmer<br />

Luch, zu den Entenfängerseen, durch<br />

den <strong>Wildpark</strong>, an und auf die Havel<br />

oder zu den Feuchtwiesen vor der<br />

Waldsiedlung. Für alle Schulkinder<br />

der Gemeinde Schwielowsee besteht<br />

mit Beginn des neuen Schuljahres<br />

dazu die Möglichkeit. Unter der Anleitung<br />

von Fachleuten sollen sich<br />

unsere Jüngsten dabei altersgerecht<br />

mit Themen der Artenvielfalt, des<br />

Natur- und Klimaschutzes sowie der<br />

ökologischen Waldbewirtschaftung<br />

beschäftigen können. Sie sollen ihr<br />

in der Schule erworbenes Wissen<br />

anwenden und vertiefen und dabei<br />

lernen, dass wir sorgsam mit der uns<br />

vertrauten Umwelt umgehen sollten.<br />

AG „Junge Naturfreunde“,<br />

jede Woche donnerstags<br />

von 14.30–17.00 Uhr.<br />

Treffpunkt:<br />

Bürgerclub <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />

Zum Birkengrund 7a<br />

14548 Schwielowsee/<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />

für alle Schulkinder der<br />

Klassenstufen 1–6, kostenfrei.<br />

Anmeldungen per E-Mail:<br />

naturfreunde-wildpark-westemail.de<br />

Telefon: 01577 6830971<br />

oder über die Schulen.<br />

Eine Kooperation von Bürgerinitiative<br />

„Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“,<br />

Naturschutzkonzepte<br />

Dr. Beate Gall, Meusebach-Grundschule<br />

Geltow und Naturschutzjugend<br />

Brandenburg<br />

108 GARTENFREUND WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


mpfer gehört zur Gattung der Knöterichgewächse. Der frische Saft, die Blätter und<br />

Salat oder wie Spinat zubereiten. Bereits im Mittelalter wurde die blutreinigende, harn-<br />

die getrockneten Wurzelstöcke sind wirksame Heilmittel. Die Blätter lassen sich als<br />

treibende und leicht abführende Wirkung eines aus Ampferblättern hergestellten Salates geschätzt. Der<br />

getrocknete Wurzelstock wirkt abführend, die Früchte sind ein bewährtes Mittel gegen Durchfall.<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> GARTENFREUND 109


SILVA HORTULANUS<br />

„Hier wächst doch nüscht,<br />

ist viel zu dunkel unter den großen Bäumen.<br />

Wenn hier was wachsen soll, müssen die Bäume weg.“<br />

Das waren so ziemlich die ersten<br />

Worte aus dem Munde meiner<br />

gartenerfahrenen Familie bei Besichtigung<br />

meines neu erworbenen<br />

Stückchens Land. Da ich aber grundsätzlich<br />

nicht das mache, was man<br />

mir sagt, blieben die Bäume stehen.<br />

Wollen wir doch mal sehen, ob hier<br />

wirklich nüscht wächst; und was ist<br />

schon „Nüscht“? Ist ja auch ein sehr<br />

dehnbarer Begriff, dieses Nüscht.<br />

Ein großes Nüscht zum Beispiel<br />

trägt jedes Jahr leckere Aprikosen.<br />

Wenn man allerdings diese sich<br />

wie endlose Krakenarme ausbreitende<br />

letterpflanze, mit Wurzeln<br />

so dick wie Übersehkabel betrachtet,<br />

könnte meine Familie nun wieder<br />

Recht haben. „Zieh mal kurz, die<br />

flanze ist mir unheimlich, bat ich<br />

den besten Handwerker von allen.<br />

Aus „einmal kurz ziehen“ wurde<br />

eine Wochenaufgabe, an deren<br />

Ende der Garten aussah wie eine<br />

Ausgrabungsstätte. Diese flanze,<br />

ich glaube es ist die Gemeine<br />

Waldrebe, hat nun Hausverbot.<br />

Wohingegen der Fingerhut schnell<br />

zu meinem Liebling wurde. Er war<br />

lange vor mir auf meinem Stückchen<br />

Land und darf bleiben. Ohne<br />

Murren und Knurren, nur mit ein<br />

bisschen Wasser, ab und zu<br />

ein nettes Wort, und er erfreut mich<br />

und allerlei Fluginsekten mit vielen<br />

rosa Blüten vom Frühjahr bis in<br />

den Sommer. Er sorgt selbständig<br />

für seine Verbreitung und da, wo<br />

das Samenkorn sich seinen Platz<br />

sucht, darf es dann auch bleiben.<br />

Es wird schon wissen, wo es für so<br />

einen Fingerhut am schönsten ist.<br />

Gleich nach dem Fingerhut hat es<br />

mir die Zwergmispel angetan. Auch<br />

diese flanze hat sich lange vor<br />

meiner Zeit an schönen Orten des<br />

Gartens sehr dekorativ in Szene gesetzt.<br />

Im Sommer hat sie kleine Blüten,<br />

in die sich auch noch die dickste<br />

Hummel quetscht, und im <strong>Herbst</strong><br />

und Winter bilden sich entlang der<br />

majestätisch weit hängenden Zweige<br />

kleine rote Beeren. Sie wächst sogar<br />

gut unter Fichten, mag Schatten<br />

und verträgt sich gut mit anderen<br />

Gewächsen in ihrer Umgebung. Also<br />

in den Kopfnoten alles Einsen.<br />

Auch so ein Einser-Kandidat ist die<br />

Felsenbirne. Man kann sie als Strauch<br />

oder Bäumchen wachsen lassen, hat<br />

im Frühjahr viele kleine weiße Blüten<br />

und bekommt im Sommer die ersten<br />

roten Früchte, die sich später ins<br />

bläuliche Verfärben. Die Vögel lieben<br />

das und fallen recht bald darüber her.<br />

Ab und zu stutzen (wächst nämlich<br />

sehr schnell), hin und wieder ein<br />

Lob und schon ist da eine heimische<br />

flanze, die gerne im Garten bleiben<br />

darf: Zu guter Letzt noch ein Plädoer<br />

ür das affenhütchen. in<br />

schnell wachsender, anspruchsloser<br />

Strauch, der gut schnittverträglich<br />

ist und auch als kleines Bäumlein<br />

eine gute Figur macht. Bei mir fühlt<br />

er sich selbst unter einer großen<br />

ieer sehr wohl. Das affenhütchen<br />

trägt im <strong>Herbst</strong> bunte Früchte, die<br />

aussehen wie der Hut eines – na, Sie<br />

wissen schon …. Die kleinen Rotkehlchen<br />

sind ganz verliebt darin.<br />

Auch mitten im Wald kann ein<br />

schöner Garten entstehen, der seine<br />

kleinen Wunder erst auf den zweiten<br />

Blick zeigt und auch nur dem,<br />

der sie sehen will. Sicher wachsen<br />

dort nicht die flanzen aus den<br />

Hochglanz-Gartenmagazinen, aber<br />

auch affenhütchen, Felsenbirne,<br />

Fingerhut & Co. lassen das Gärtnerherz<br />

hochschlagen. Man muss<br />

nicht andauernd mit ihnen reden<br />

oder sie gar verwöhnen, sie sind<br />

fester Bestandteil des Gartens und<br />

machen da nicht viel Gewese drum.<br />

Irgendwie passen sie damit auch ein<br />

bisschen zu uns Brandenburgern.<br />

Die Zwergmispel – immergrüner<br />

Blattschmuck, üppige Blüte,<br />

knallrote Früchte.<br />

Fotos: Die Waldgärtnerin<br />

Die Felsenbirne – überschäumende<br />

Frühjahrsblüte und leuchtend<br />

gefärbtes <strong>Herbst</strong>laub.<br />

Ihre Waldgärtnerin<br />

PS:<br />

Bei aller Begeisterung sei noch<br />

gesagt: Das gewöhnliche Pfaffenhütchen<br />

und der Fingerhut<br />

zählen zu den Gitpflanzen.<br />

110 WALDGÄRTNERIN WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


SCHAT HEUTE BLEIBT DIE KCHE KALT<br />

Spiel mit wilden Früchten<br />

VON JANA FELLENBERG<br />

Nur wenige Minuten, ein paar Höhenmeter<br />

und ein schmaler Pfad trennen Augenschmaus<br />

vom Gaumenschmaus – soviel sei schon<br />

mal verraten.<br />

Der Blick vom Reiherberg über die Weiten<br />

des Zernsees bis hinüber in die Havelauen<br />

ist die rechte Einstimmung für einen<br />

wunderschönen Abend im Restaurant<br />

oder auf der Terrasse des mitten in Golm<br />

gelegenen Landhotels. Besser könnte die<br />

Lage wirklich nicht sein:<br />

Direkt hinter dem Haus gehts schon ins<br />

Grüne und bis in den Park von Sanssouci<br />

und die umliegenden Gemeinden von Eiche,<br />

Geltow oder <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sind es nur<br />

wenige Autominuten. Hier versteckt sich<br />

eine Perle Brandenburger Kochkunst.<br />

Und das „verstecken“ muss man wörtlich<br />

nehmen: Nichts deutet von der Straße darauf<br />

hin, dass sich hinter den Mauern des<br />

Landhotels Potsdam ein bemerkenswerter<br />

Wandel vollzogen hat.<br />

Was zuerst auffällt, sind<br />

helle freundliche Farben.<br />

Viel Licht und eine geschmackvolle,<br />

mit dem<br />

Sinn fürs Detail gestaltete Einrichtung.<br />

Landhausstil zum Wohlfühlen!<br />

Der alles erschlagende Charme der<br />

Neunziger ist einer wohltuenden Einfachheit<br />

gewichen, funktional und<br />

doch nicht von der Stange. Hier merkt<br />

man, dass eine Fachfrau mit dem Blick<br />

fürs Wesentliche sich verwirklichen<br />

konnte.<br />

Wohlfühl-Klima für Gäste<br />

Geschäftsführerin Claudia Thom-<br />

Neumann, studierte Betriebswirtin<br />

mit langjähriger Hotelerfahrung, hat<br />

es in knapp zwei Jahren geschafft,<br />

ein Wohlfühl-Klima für Gäste und<br />

Personal zu schaffen, welches in der<br />

Hotellerie durchaus nicht selbstverständlich<br />

ist. Man merkt es den Kellnern<br />

an diesem angenehmen Sommerabend<br />

an: Aufmerksam, schnell<br />

und freundlich werden die Gäste bedient.<br />

Mitten in der Woche sind fast<br />

Licht und Wohlfühlatmosphäre: Stilvolles Ambiente im Landhausstil.<br />

Foto: Kathleen Friedrich<br />

alle Tische besetzt, man lässt sich<br />

von der Landhausküche verwöhnen<br />

oder sitzt einfach nur zusammen und<br />

lässt den Tag bei einem Glas Wein<br />

ausklingen. In einem Landhotel sollte<br />

der Besucher keinen Sterne-Service<br />

verlangen. Den braucht es auch nicht.<br />

Natürliche Herzlichkeit ist Trumpf<br />

und lässt übersehen, dass auch<br />

schon mal ein Teller von links eingesetzt<br />

oder das Besteck nicht ganz<br />

der Norm nach nachgedeckt wird.<br />

Das Serviceteam um Elisa Heinecke<br />

macht das alles mit einem freundlichen<br />

Lächeln wieder wett und ist dafür<br />

fachlich auf der Höhe, wenn man<br />

Fragen zum Menü hat. Auch dem englisch<br />

sprechenden Gast kann geholfen<br />

werden, dass passende Gericht<br />

zu finden. Und der ist dankbar, ob des<br />

Bemühens und sichtlich zufrieden.<br />

Die Küche spielt da schon eine ganz<br />

andere Liga und hier gebe ich gerne<br />

zu, aufs Angenehmste überrascht<br />

worden zu sein. Küchenchef Matthias<br />

Hamisch, dem geneigten Potsdamer<br />

Restaurantbesucher durchaus kein<br />

Unbekannter, versteht es, seine Freude<br />

am Kochen und die Lust zur Ehrlichkeit<br />

an den Gast weiterzureichen.<br />

Seit über 35 Jahren schwingt er nun<br />

schon den Kochlöffel, doch sind seine<br />

überraschenden Kreationen, sei-<br />

112 EINGEBROCKT & AUSGELÖFFELT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Zuvor gereicht: Frisches Brot und Butter mit Kräutern.<br />

Foto: Kathleen Friedrich<br />

en es die selbstgemachten Köstlichkeiten<br />

vom Sauen-Hain-Schwein auf<br />

Löwenzahnblüten-Chutney oder vom<br />

Saarmunder Weiderind durchaus zu<br />

empfehlen.<br />

Dabei setzt er konsequent auf<br />

Regionalität und Einfachheit. Ein<br />

Muster, das im Zusammenspiel mit<br />

frischen Kräutern und Gemüsen in<br />

einer Cremesuppe seinen ersten<br />

Höhepunkt findet. Dass diese in einem<br />

kleinen Weckglas serviert wird,<br />

passt irgendwie zum Stil des Hauses,<br />

ohne dabei kitschig zu wirken. Der<br />

Fläminger Saibling auf einem Bett<br />

sattgrünen Blattspinats ist eine gelungene,<br />

wenn auch mutige Idee, die<br />

auch das Auge erfreut, wobei sich<br />

das frische Leinöl, zu sehr in den<br />

Vordergrund rückt. Schwer fällt die<br />

Entscheidung, eine Empfehlung für<br />

den Hauptgang aussprechen zu wollen,<br />

doch sollte hier, trotz der sommerlichen<br />

Temperaturen schon der<br />

Ausblick in den kommenden <strong>Herbst</strong><br />

gestattet sein. Das Medaillon vom<br />

Hirsch und die hausgemachte Wildbratwurst<br />

mit dem angenehm eingedickten<br />

Bratensaft bilden geschmacklich<br />

einen spannenden Spagat mit der<br />

feinen Säure des Sanddornchutneys.<br />

Sanddorn ist ein Wagnis – hier ist es<br />

wirklich gut gegangen – nicht zuletzt<br />

durch das Kartoffelgratin, was als ein<br />

sanfter Ausgleich wirkt.<br />

Beim Dessert dagegen setzt der<br />

Küchenchef auf Bewährtes: Das<br />

Schokoladenküchlein an weißem<br />

Parfait mundet vorzüglich und bildet<br />

einen gelungenen Kontrast zu den<br />

vollreifen frischen Beeren, wobei das<br />

Spiel mit den wilden Früchten durchaus<br />

gefällt.<br />

Für denjenigen, der noch immer<br />

nicht genug hat, sei eine Auswahl von<br />

feinen Käsen aus der Käserei Töplitz<br />

an Bockshornklee und Feigensenf mit<br />

einem Glas Rotwein empfohlen, um<br />

damit den Tag ausklingen zu lassen!<br />

Empfehlung<br />

Mehr als man von einem Landhotel<br />

erwarten darf. Angenehmer<br />

freundlicher Service, mit überraschend<br />

guter Küche zu fairen Preisen.<br />

Auch mal nur so zum Abendessen.<br />

Frische Früchte<br />

im Weckglas.<br />

Foto: André Gehrmann<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> EINGEBROCKT & AUSGELÖFFELT 113


MEDICUS SILVAM<br />

Die Umgebung von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ist<br />

wie geschaffen für sportliche Aktivitäten<br />

Bewegt Euch,<br />

... aber richtig!<br />

Bei vielen chronischen Erkrankungen ist inzwischen wissenschaftlich<br />

eindrücklich belegt, dass Bewegung vergleichbare oder sogar bessere<br />

Erfolge hat als medikamentöse Therapien.<br />

Nur ist es aber bei der<br />

Bewegungsmedizin<br />

genauso wie bei der<br />

Anwendung von Medikamenten:<br />

Jeder Patient benötigt seine<br />

individuelle Dosierung. Deshalb<br />

kann ich nicht einfach die Empfehlung<br />

„sie sollten sich mehr bewegen<br />

...“ aussprechen. Oft bringt das nicht<br />

den gewünschten Erfolg, und im<br />

schlimmsten Fall kann sportliche<br />

Aktivität, die mit zu viel Ehrgeiz betrieben<br />

wird, Menschen mit bestimmten<br />

Risikofaktoren, sogar schaden.<br />

Aber gerade unsportliche Menschen,<br />

die sich bisher wenig bewegt<br />

haben, profitieren am meisten<br />

und werden vermutlich schon mit<br />

einem geringen Zeitaufwand und<br />

Energieverbrauch einen erheblichen<br />

Gesundheitseffekt erzielen.<br />

Jedoch gilt auch bei Sport nicht „viel<br />

hilft viel“ – denn übertreiben sie<br />

ihre sportlichen Aktivitäten, kann<br />

es sein, dass neben der Zunahme<br />

unerwünschter Nebenwirkungen<br />

auch der erhoffte Gesundheits- und<br />

rainingseffekt nicht erreicht wird.<br />

Jeder Patient<br />

benötigt seine<br />

individuelle<br />

Dosierung.<br />

2,5 Stunden pro Woche empfohlen<br />

Von der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) werden für einen<br />

gesundheitlichen Nutzen 2,5 Stunden<br />

mäßig anstrengender Intensität pro<br />

Woche empohlen. Das schafft derzeit<br />

nur jeder Fünfte in Deutschland. Nun<br />

sind es häufig ersonen mit erhöhtem<br />

Herz- und Kreislaufrisiko, die<br />

für sich etwas ändern möchten und<br />

nach längerer Pause wieder mit dem<br />

Sport beginnen. Steigern sie dann<br />

ihre Aktivität relativ rasch, gehen<br />

sie – bei falscher Dosierung/Trainingsintensität<br />

– unter Umständen<br />

gerade zu Beginn ein erhöhtes Risiko<br />

für Herz- und Kreislaufkomplikationen<br />

ein. Wenn Sie also nach dem<br />

Treff zum gemeinsamen Walken ist<br />

jeweils montags, dienstags und<br />

donnerstags an der Ecke Schulweg<br />

um 10 Uhr. itmachen gewünscht.<br />

Foto: Tatjana Gerber<br />

114 DER WALDDOKTOR WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Auch bei Sport gilt nicht „viel hilft viel“.<br />

Übertreibungen können unerwünschte<br />

Nebenwirkungen mit sich bringen.<br />

langen und heißen Sommer oder<br />

mit guten Vorsätzen fürs neue Jahr<br />

wieder regelmäßig sportlich aktiver<br />

werden wollen, lassen sie sich vorher<br />

von ihrem Hausarzt oder Sportmediziner<br />

gründlich durchchecken.<br />

Auch kann ich nicht alle Sportarten<br />

empfehlen, denn Bewegung sollte<br />

den individuellen Möglichkeiten gerecht<br />

werden und ein gut dosierbares<br />

Ausdauertraining bzw. ein Kraft-Ausdauertraining<br />

unter Beteiligung möglichst<br />

vieler Muskelgruppen ermöglichen,<br />

damit sie optimal wirkt und<br />

die Gelenke nicht zu sehr belastet.<br />

Nordic Walking<br />

Besonders gut geeignet sind Sportarten<br />

wie Wandern, (Nordic) Walking,<br />

Jogging, Radfahren, Ergometertraining,<br />

Skilanglauf, Schwimmen,<br />

Rudern und Kraftausdauerübungen.<br />

Wobei ich persönlich Nordic Walking<br />

sehr gerne empfehle, weil man<br />

damit seine Belastung über den<br />

richtigen Einsatz der Stöcke sehr gut<br />

gezielt steigern und steuern kann.<br />

Bewegungsempfehlungen für<br />

Gartenbesitzer & Bewohner<br />

der Waldsiedlung:<br />

Walking oder Wandern vom Marktplatz<br />

z.B. zum Fliegerwäldchen (20<br />

min) oder ins Golmer Luch (60min),<br />

Radfahren z.B. einmal durch den<br />

<strong>Wildpark</strong> über Kuhfort zur Tierklinik<br />

dann zum Forsthaus weiter zum<br />

Nordtor (45–60min), Schwimmen in<br />

der Havel (10–15 min) oder gleichmäßige,<br />

intensive Gartenarbeit (wie<br />

Harken, Umgraben oder Kompost<br />

sieben) und davon möglichst zwei<br />

bis fünf Aktivitäten pro Woche – der<br />

<strong>Wildpark</strong> lädt zur Bewegung ein.<br />

Vor allem muss Bewegung einfach<br />

Freude machen, damit Körper<br />

und Geist sich fit und wohl<br />

fühlen. Genießen Sie es, im Wald<br />

und in der Natur aktiv zu sein.<br />

Herzlichst,<br />

Ihr Walddoktor


Mit einfachen Mitteln ein bereicherndes Leben zu erlangen ist ein Wunsch,<br />

den wohl jeder hat. Da gibt es was, Skandinavische Lebenskunst: Friluftsliv<br />

Ein reiches Leben<br />

VON BEATRIX REUTER<br />

Frilufts- was? wird sich der<br />

eine oder andere vielleicht<br />

fragen. Friluftsliv ist norwegisch<br />

und bedeutet „Freiluftleben“<br />

oder frei übersetzt „Leben<br />

unter freiem Himmel“. Es handelt<br />

sich beim Friluftsliv um ein Kulturphänomen,<br />

das seinen Ursprung in<br />

der Zeit der Romantik hat. Und bis<br />

heute hat diese gelebte Philosophie<br />

des Draußen-Seins einen festen Platz<br />

in der skandinavischen Kultur. Der<br />

besondere Reiz, der aus dieser Philosophie<br />

gewonnen werden kann,<br />

liegt darin begründet, dass dem Aufenthalt<br />

in der Natur die üblichen Zuschreibungen<br />

genommen werden: es<br />

geht nicht um Sport, es geht nicht um<br />

Action, es geht auch nicht primär um<br />

Erholung oder um das Sammeln von<br />

Pilzen, sondern es geht vorrangig um<br />

das Einfach-Draußen-Sein und um<br />

das Erleben eines „reichen Lebens<br />

mit einfachen Mitteln“ - wie der norwegische<br />

Philosoph Arne Næss die<br />

besondere Qualität des Friluftsliv<br />

umschrieb.<br />

Nordische Lebensphilosophie<br />

Haben Sie manchmal auch das<br />

Gefühl – gefangen im Strudel der<br />

Geschäftigkeit – den Wald vor lauter<br />

Bäumen nicht mehr zu sehen? Haben<br />

Sie Lust mehr über Friluftsliv zu erfahren<br />

und mit uns über die damit<br />

verbundene nordische Lebensphilosophie<br />

in Austausch zu kommen?<br />

Oder möchten Sie Friluftsliv<br />

selbst einmal – inmitten verschneiter<br />

norwegischer Winterlandschaft –<br />

kennenlernen?<br />

Exklusiver Vortrag im November<br />

Am Freitag, den 16. November<br />

<strong>2018</strong>, um 19 Uhr laden wir Sie herzlich<br />

zu einem interessanten Vortrag<br />

und Informationsabend im Bürgerclub<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ein.<br />

Beatrix Reuter berichtet über den<br />

Inhalt dieses Lebens inmitten weitgehend<br />

unberührter Natur. Der Name<br />

ihrer eigenen kleinen Firma ist Programm:<br />

Friluftsliv & Livskunst, also:<br />

Leben draußen & Lebenskunst. Die<br />

Idee eines „reichen Lebens mit einfachen<br />

Mitteln“ liegt ihr dabei am Herzen,<br />

sowohl privat als auch bei der<br />

Vermittlung dieser Lebensart.<br />

Anmeldung zur Teilnahme bitte an:<br />

bea.reuter@gmx.de<br />

Autorin Beatrix Reuter, geboren<br />

1979, lebt und arbeitet seit Abschluss<br />

ihres Studiums der Bewegungs-<br />

und Erziehungswissenschaft<br />

sowie der Bildenden Kunst<br />

in Hamburg, im Jahr 2008 vorwiegend<br />

in Bortelid, einem kleinen<br />

Bergdorf in Südnorwegen.<br />

Nach einer ausgiebigen<br />

Wanderung lädt<br />

der lauschige sonnige<br />

Platz vor einer einfachen<br />

norwegischen<br />

Jagdhütte die Teilnehmer<br />

einer Sommerreise<br />

zum gemeinsamen<br />

Verweilen ein.<br />

Fotos: Friluftsliv - Leben draußen<br />

116 NATURFREUND WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Bei strahlendem Sonnenschein eine eigene Spur im unberührten<br />

Schnee ziehen, den Blick in die Weite schweifen lassen und der<br />

absoluten Stille lauschen. Das erlebten hier Studenten aus<br />

Deutschland im verschneiten Gebirge von Bortelid.


Liebe Leserinnen und Leser,<br />

ich freue mich, Ihnen heute in<br />

dieser neuen Zeitschrift auch einen<br />

Gruß Ihrer Kirchengemeinde senden<br />

zu können. In Potsdam-<strong>West</strong><br />

und der Brandenburger Vorstadt<br />

wird gerade die „Stadtteilzeitung“<br />

zum letzten Mal in Papierform<br />

herausgegeben. Nach zehn Jahren<br />

und vierzig Ausgaben hat sich die<br />

Redaktion dort entschlossen, vollständig<br />

auf das Internet für<br />

die Veröffentlichung zu setzen. In<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> entsteht nun zeitgleich<br />

zu diesem Abschied ein neues<br />

Magazin für die Einwohnerinnen<br />

und Einwohner. Im Namen der<br />

Kirchengemeinde wünsche ich der<br />

Redaktion Gottes Segen, eine gute<br />

Ausdauer und viele kreative Einfälle.<br />

Während ich diese Zeilen schreibe<br />

freue ich mich schon darauf, das<br />

Heft in den Händen zu halten.<br />

Nachgedacht<br />

VON TOBIAS ZIEMANN<br />

machen Leute!“ Unter diesem Motto hat<br />

die Fotografin Herlinde Koelbl Männer und<br />

Frauen jeweils doppelt abgelichtet – einmal<br />

„Kleider<br />

in ihrer Freizeitkleidung und einmal in Berufskleidung.<br />

Da sieht man im Ausstellungskatalog auf der linken<br />

Seite eine junge Frau im Trägertop. Schüchtern lächelt<br />

sie in die Kamera, die Hände zaghaft vor dem Schoß verschränkt.<br />

Daneben sieht man denselben Menschen – und<br />

doch einen anderen. Stolz und aufrecht steht diese Frau<br />

da, mit souveränem Blick in die Kamera. Schwarze Mütze<br />

auf dem Kopf, schwarzer Arbeitsanzug, der sie größer<br />

macht. Eine Schornsteinfegerin mit Leib und Seele – das<br />

sieht man jetzt sofort.<br />

Kleider machen Leute. Mit ihnen können wir in eine<br />

andere Rolle schlüpfen, sie gewähren Schutz, verschaffen<br />

Respekt, sind Markenzeichen. Ob Pilot oder Zimmermann,<br />

Pfarrer oder Soldat. Das Prinzip ist dasselbe. Und wie sehr<br />

kann man sich in einem Menschen täuschen, wenn man<br />

nur die eine Seite sieht!<br />

Ein alter Mann erzählte mir einmal, wie viele der Flüchtlinge<br />

nach dem zweiten Weltkrieg nur noch ein Foto ihres<br />

alten Lebens bei sich trugen. Sie hatten alles verloren und<br />

besaßen nichts als die schäbige Kleidung, die sie am Leib<br />

trugen. Stolz zeigten viele damals diese Bilder aus der<br />

Vergangenheit herum. Sie sagten: „Ich war auch mal wer!<br />

Ich hatte in der Neumark einen Hof, Knechte und Mägde.“<br />

„Ich hatte einen Laden, Kolonialwaren, und darüber<br />

eine große Wohnung in Königsberg.“ Und wie zum Beweis<br />

zeigten sie dann das Foto: „Ich war auch mal wer.“ Die Einheimischen<br />

waren meistens wenig begeistert davon, dass<br />

in ihren Zimmern nun fremde Familien einuartiert wurden.<br />

Und als Fremder in so ein Haus zu kommen, in einem<br />

fremden Dorf, das jetzt die neue Heimat sein sollte, muss<br />

furchtbar gewesen sein. Da waren die Fotos vom alten Leben<br />

ein Trost. Und zugleich eine Hilfe, um den eigenen<br />

Stolz nicht zu verlieren: „Ich war auch mal wer – und bin<br />

es immer noch.“<br />

Wahres Selbstbewusstsein kommt natürlich weder aus<br />

Kleidung noch aus alten Fotos. Aber in Zeiten, in denen alles<br />

wegbricht, helfen solche Dinge. Und es hilft, wenn andere<br />

Menschen sich für mich interessieren: Woher komme<br />

ich, was ist mein Beruf, wer ist meine Familie? Viele Seiten<br />

eines Lebens. Es lohnt sich, darin zu blättern.<br />

Ihr Pfarrer<br />

Tobias Ziemann<br />

Tobias Ziemann,<br />

1983 in Berlin-Mitte<br />

geboren, Studium<br />

der Evangelischen<br />

Religionspädagogik<br />

in Berlin, Vikar in<br />

Potsdam-Drewitz,<br />

erste Pfarrstelle ab<br />

2010 im Löwenberger<br />

Land, seit November<br />

2017 Pfarrer im<br />

Sprengel Potsdam-<br />

Erlöser, verheiratet,<br />

zwei Söhne.<br />

118 NACHGEDACHT WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Otate et aut anis quibus netur,<br />

simolor eprore etur, voluptam lab<br />

is dolor moluptatisi si qui ditae


Funkelndes Mosaik<br />

ZWISCHEN DEN BUCHDECKELN<br />

Pünktlich zum 1025. Geburtstag<br />

Geltows erschien in diesem<br />

Jahr die vom hiesigen Heimatverein<br />

herausgegebene Broschüre<br />

„Glanzlichter Geltows“.<br />

Von vielen ortskundigen und<br />

engagierten Mitstreitern des<br />

Heimatvereins sorgfältig gesammelte<br />

Mosaiksteine aus der<br />

langen Geschichte des Ortes.<br />

Selbst Alt-Geltower werden in der<br />

Vielfalt der Beschreibungen Geschichten<br />

finden, die ihnen neu sind.<br />

Oder wussten sie von der „Königlichen<br />

Landesbaumschule“, vom<br />

Funkstandort Geltow oder gar<br />

von der „Assessorenfabrik“?<br />

Bekannter sind da sicher die Kirche,<br />

die Handweberei oder die Baumgartenbrück.<br />

Auch über Gallin, das<br />

heutige <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, wird berichtet.<br />

Sogar berühmte Personen aus<br />

der Geltower Geschichte finden sich<br />

in der knapp 50seitigen Broschüre<br />

wieder, die über den Heimatverein<br />

bezogen werden kann und die sicher<br />

nicht nur für neue oder inzwischen<br />

in der Ferne lebende Geltower<br />

eine schöne Geschenkidee ist.<br />

Die „Glanzlichter<br />

Geltows“, 50 Seiten,<br />

zum Preis von 8 Euro,<br />

können in der<br />

Ausstellung erworben<br />

werden.<br />

Die liebevoll gestaltete Ausstellung „Geltow gestern & heute“ hat noch<br />

bis zum 7. Oktober <strong>2018</strong> jeweils sonntags von 14 bis 17 Uhr sowie am<br />

28. Oktober <strong>2018</strong> im Rahmen der Veranstaltung „Feuer und Flamme<br />

für unsere useen“ geöffnet . Der Einritt ist frei.<br />

Die Zeitschrift „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“ verlost ein Exemplar „Glanzlichter Geltows“ für die richtige<br />

Beantwortung folgender Frage: Welchen Namen gab der Volksmund dem zwischen Geltow und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

gelegenen alten Fährhaus, welches Anfang des letzten Jahrhunderts in seiner heutigen Form gebaut wurde?<br />

Schreiben sie an redaktion@wildpark-west.de. Einsendeschluss ist der 31. Dezember <strong>2018</strong><br />

Skulduggery Pleasant -<br />

der Gentleman mit der Feuerhand<br />

Das ist der erste Roman der gleichnamigen<br />

Reihe von Derek Landy. Es<br />

geht um die 13-jährige Stephanie<br />

Edgley, die bei der Trauerfeier ihres<br />

Onkels die Bekanntschaft eines<br />

seltsamen Herrn macht. Sie wird<br />

neugierig und erfährt, dass er ein<br />

Zauberer und erstaunlicherweise<br />

auch ein Skelett ist. Die beiden<br />

freunden sich an, und nach kurzem<br />

Zögern bringt er ihr das Zaubern<br />

bei. Doch dann stoßen sie auf ein<br />

Verbrechen, das unter seltsamen<br />

Umständen mit ihrem eigenen<br />

Leben in Verbindung steht …<br />

Mich hatte das Buch von Anfang an<br />

in seinen Bann gezogen. Die Story<br />

ist mit der richtigen Mischung aus<br />

Spannung, Phantasie und schwarzem<br />

Humor ausgestattet. Man erfährt<br />

im Laufe der Geschichte auch<br />

viel aus dem Leben der einzelnen<br />

Charaktere, und man wundert sich<br />

über die ungeahnten Zusammenhänge,<br />

die sich dann ergeben.<br />

Ich empfehle dieses Buch allen<br />

Fantasie- und Krimibegeisterten<br />

Jugendlichen ab 14 Jahren, da<br />

auch durchaus Szenen beschrieben<br />

werden, bei denen sich einem<br />

die Haare aufstellen können.<br />

Autorin Hermine, besucht in Velbert<br />

die 8. Klasse des Gymnasiums.<br />

Die 13jährige verbringt gerne<br />

einen Teil der Ferien bei ihren<br />

Großeltern in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Skulduggery Pleasant - der Gentleman mit der<br />

Feuerhand, von Derek Landy, 344 Seiten<br />

Empfohlenes Alter: ab 12 Jahre<br />

Verlag Loewe, ISBN 978-3-7855-5922-2<br />

Hardcover mit Schutzumschlag, Prägung,<br />

Spotlack und Leseband, 16,90 €<br />

120 BÜCHER WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


Schnitzeljagd durch unseren Ort<br />

VON ELIO<br />

RÄTSELSPASS<br />

➊An der „Dogstation“<br />

nahe der Anglerklause<br />

findet ihr ein schwarzes Tier<br />

und braucht von diesem den<br />

3. Buchstaben<br />

➋<br />

Hobby, bei dem man<br />

viel Zeit und Geduld<br />

braucht, das in unserem Ort<br />

aber sehr beliebt ist. Ihr benötigt<br />

den 1. Buchstaben<br />

➌<br />

Im April hat die Bürgerinitiative<br />

eine Birke am<br />

Markt gepflanzt. Daneben<br />

steht auf einem Pfahl ein<br />

Wort. Nimm den 7. Buchstaben<br />

des Wortes<br />

➍<br />

Welche Straße führt<br />

zum einzigen öffentlichen<br />

Bootssteg unseres Ortes?<br />

Nehmt von den 13 Buchstaben<br />

des Wortes den 9.<br />

➎<br />

An welchem Fluss liegt<br />

unser Ort?<br />

2. Buchstabe<br />

➏<br />

Ein wichtiges Schild für<br />

Wasserwanderer findet<br />

sich am Bootssteg. Es ist gelb,<br />

aber was soll es darstellen?<br />

3. Buchstabe<br />

➐<br />

<strong>West</strong>lich der Badestelle,<br />

den Hügel hinauf<br />

befindet sich ein Schild mit<br />

vielen Wörtern. Die Anzahl<br />

der Wörter ist die Stellung<br />

des Buchstabens im Alphabet.<br />

1A 2B 3C usw. bis 26Z<br />

➑ Die Bürgerinitiative<br />

hat ein rotes<br />

Logo. Wie heißt das Tier?<br />

1. Buchstabe<br />

➒<br />

Freu dich. Noch einmal<br />

auf den Bootssteg.<br />

Welche Farbe hat das Schild<br />

am Ende des Bootssteges?<br />

2. Buchstabe der Farbe<br />

DAS LÖSUNGSWORT<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />

Man kann darauf kommen, wenn man den Umfang eines Baumes durch 5 teilt und mit 2 multipliziert.<br />

(Beispiel 60 cm: 5 x 2 = 24 Jahre)<br />

Das Lösungswort senden Sie bitte bis zum 31. Dezember <strong>2018</strong> an die Redaktion „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“,<br />

Schweizer Straße 9, 14548 Schwielowsee/<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />

Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir einen Büchergutschein in Höhe von 25 Euro.<br />

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Die Auflösung des Rätsels werden Sie in der nächsten Ausgabe der eimatzeitschrit im ärz 201 finden.<br />

122 RÄTSELSPASS MIT ELIO WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


RÄTSELSPASS<br />

Das große <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> Kreuzworträtsel<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

H<br />

I<br />

J<br />

K<br />

L<br />

M<br />

N<br />

O<br />

P<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />

8<br />

14 4<br />

13 12<br />

2<br />

15 16<br />

1<br />

3<br />

10 7<br />

A 1 Bestimmungswort einer historischen Allee<br />

A 3 Winterschlaf haltende, stachlige Kugel<br />

A 6 ier o. ensch männl. Geschlechts, Anrede<br />

A 9 Anregendes, leicht bitteres Getränk<br />

A 12 Bauträger der neuen Wohnsiedlung am arkt<br />

A 12 Vermeintlich sicherer Ort<br />

A 14 Kobold der Lüfte<br />

B 1 Ausflugsziel Nähe der Goldenen Aussicht<br />

B 4 Fliederfarben<br />

B 7 Fluch und Segen der Waldsiedlung<br />

B 11 Seidig glänzend, au irschen schar<br />

C 3 Vor oder nach dem Huhn<br />

C 11 ssgerät, meist aus etall Abk.)<br />

C 14 Falscher Emil, Vorname eines dtsch.<br />

Schriftstellers<br />

C 15 erdestärken engl. Abk.)<br />

C 16 Zog bis ärz 2001 über den ieernwipeln<br />

ihre Bahn<br />

D 1 rautige flanze mit gelben Blüten<br />

6<br />

9<br />

11<br />

D 6 Außerirdischer, inofilm der Achtziger<br />

D 6 Lohnsteuerliches Ordnungsmerkmal für<br />

elektronische Steuererklärung<br />

D 9 Nansens berühmtes Forschungsschiff<br />

D14 inheit ür die Bildauflösung<br />

E 6 12 mm Spurweite der Modelleisenbahn<br />

E 11 iebt gelbe üllsäcke, auch dtsch. Schritsteller<br />

F 1 Oft fehlende Seite des Magazins<br />

F 2 Art der Nestorpapageien<br />

F 5 <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> prägend, Schädelknochen<br />

F 5 Liter (frz.)<br />

F 10 Alte Schreibweise für sich nicht glatt<br />

anfühlend<br />

F 14 Gegenansage bei einem Kartenspiel,<br />

ägpt. Sonnengott<br />

F 15 Einer der historischen Wege in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

G 1 Sächsische Bekrätigung des vorher Gesagten<br />

G 4 Kleine Segeljolle<br />

5<br />

G 4 Chemische Bezeichnung für Eisen<br />

G 14 Beteiligung an einer Handlung<br />

H 1 Metallstift, auch Berliner Maler und<br />

räsident der Akademie der ünste<br />

H 3 Scherzhafte Bezeichnung eines<br />

Ureinwohners der Waldsiedlung<br />

H 14 Seltenes radioaktives Element der Thoriumreihe<br />

I 6 In der Siedlung nur noch mit wenigen<br />

Exemplaren vertreten<br />

I 8 Mündliche Darlegung von Gedanken<br />

vor Publikum<br />

I 9 Spalte (Abk.), Gebirgspass (frz.)<br />

I 11 ndefinitivpronom, besser als nichts<br />

I 14 Vogel mit rundem Kopf u. Federn an den Ohren<br />

I 16 Undurchführbar erscheinender Plan<br />

J 7 Griechische Sicht auf die Erde<br />

J 14 Drehort beim Film<br />

K 1 Namenszusatz von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

K 2 Aus der Arbeiterbewegung entstandener<br />

Wohlfahrtsverband<br />

K 4 Tonbezeichnung<br />

K 12 Nur ür rwachsene ilt manchmal an<br />

kalten Tagen<br />

K 15 Fremdsprachliche Verneinung<br />

L 2 Ot wiederkehrende Nachrage bei<br />

Schwerhörigkeit<br />

L 14 Stolz aller Seefahrer – wenn bezwungen<br />

M 1 Früher im Ort zentrale Stelle der<br />

Kommunikation<br />

M 1 Junges eines scheuen Mitbewohners am<br />

Rande der Siedlung<br />

M 5 Nicht sichtbarer eil der alten Fährstelle<br />

von der Straße<br />

M 6 Gehört dazu, um etwas ändern zu wollen<br />

M 9 Geschützte naturnahe Fläche, 2 des<br />

Bundesgebietes<br />

M 11 Himmelsrichtung auf 1:30 Uhr<br />

M 11 Negatives Geühl und eine der odsünden<br />

M15 Schmilzt bei 189,5 °C<br />

N 5 Amtliche Bezeichnung der ichenallee<br />

N 8 Zeitgemäß, au dem auenden<br />

N 14 Einer der Baumpaten der BI-Birke am Markt<br />

O 3 Frühere ortstpische Dachdeckung<br />

der äuser Am er<br />

O 8 Zweckverband<br />

O 13 Giftiges Halbmetall aus der<br />

. auptgruppe des eriodensstems<br />

P 1 Geschlossen<br />

P 11 DEFA-Schauspieler aus <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>:<br />

Coming Out (1989), Anatomie (2000)<br />

DAS LÖSUNGSWORT<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />

Das Lösungswort senden Sie<br />

bitte bis zum 31. Dezember <strong>2018</strong> an<br />

die Redaktion „Waldsiedlung<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“, Schweizer<br />

Straße 9, 14548 Schwielowsee oder<br />

an: redaktion@wildpark-west.de<br />

Unter allen richtigen Einsendungen<br />

verlosen wir das Buch<br />

„Zur Geschichte des<br />

Schwielowsees und<br />

der drei Orte Caputh,<br />

Ferch und Geltow“<br />

von Marianna von Klinski-Wetzel.<br />

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Die Auflösung des Rätsels werden<br />

Sie in der nächsten Ausgabe der<br />

Heimatzeitschrift im<br />

ärz 201 finden.<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> KREUZWORTRÄTSEL 123


SCHACHECKE<br />

Man glaubt ja gar nicht, wie viele Leute in unserer Siedlung sich in ihrer freien Zeit dem königlichen Spiel<br />

hingeben. Ob die fast 90-jährige Rentnerin, die von ihren Kindern erst zu Weihnachten ein neues Schachspiel<br />

geschenkt bekommen hat oder das Geschwisterpaar, dass vergeblich versucht, mit ein paar besonders schlau<br />

erscheinenden Winkelzügen, die Oma zu besiegen: Auch im beginnenden Zeitalter der Computertechnik<br />

verbindet das Schachspiel und überbrückt Gräben zwischen Generationen und sozialen Schichten.<br />

Der Schatz im<br />

Großen Entenfängersee<br />

Es war einmal ... als es solch heiße und trockene<br />

Sommer wie in diesem Jahr noch nicht gab, die<br />

Mücken uns piesackten und ab und an abends ein<br />

kleines Gewitter niederging, die Frösche uakten<br />

und silbern der Mond herab blinzelte.<br />

Im Konsum saß noch Frau Augenadel an der Kasse<br />

und man konnte als pubertierender Jugendlicher ungestört<br />

von Verkehrslärm und Obrigkeit auf einem selbst<br />

gezimmerten Floß sich die Feriensonne auf Nase und<br />

Bauch scheinen lassen. Es war ungefähr in der fünften<br />

Nachmittagsstunde, als die summenden kleinen Biester<br />

über meine Schläfrigkeit siegten und anfingen lästig zu<br />

werden. Ich überlegte, meine Angel wieder einzuholen,<br />

als ich einen heftigen Ruck an der Rute verspürte. Mein<br />

kleines Floß hatte den Schilfgürtel erreicht und setzte<br />

sanft auf dem schlammigen Untergrund auf, so dass ich<br />

mich meinem unerwarteten Anglerglück widmen konnte.<br />

Immer wieder die Perlonschnur nachgebend, zog ich<br />

meinen müde gewordenen Fang an Land, in der sicheren<br />

Annahme einen besonders großen Fisch an der Angel zu<br />

haben. Statt dessen schäumte das Wasser nur schwarz<br />

auf und gab einen Schatz frei. Ein alter Essenskübel hatte<br />

sich vom Grund des Sees gelöst und trieb nun neben den<br />

Holzplanken. Meine Neugier war geweckt! Doch wie enttäuscht<br />

war ich, als ich den Deckel öffnete und nur ein<br />

Stoß alter Potsdamer Zeitschriften im Kübel zu finden war.<br />

Doch eine vergilbte Seite fesselte mich, denn sie enthielt<br />

zwei Schachaufgaben:<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

A B C D E F G H<br />

1<br />

A B C D E F G H<br />

1<br />

Weiß am Zug gewinnt (11+11) att in vier Zügen )<br />

Ihre Lösungen senden Sie bitte bis zum 31. Dezember <strong>2018</strong> an die Redaktion „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“,<br />

Schweizer Straße 9, 14548 Schwielowsee/<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> oder via E-Mail an redaktion@wildpark-west.de.<br />

Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir die DVD aus der Serie „Wissen ist matt, Weltmeister Emanuel Lasker“.<br />

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Auflösung dieser Schachecke werden Sie in<br />

der nächsten Ausgabe der eimatzeitschrit im ärz 201 finden.<br />

124 SCHACHECKE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


SUDOKU<br />

1 4 2 5 3<br />

5 8 1 9<br />

6 8 3 9 5<br />

6 7 4 8<br />

8 4 5 1 2<br />

2 1 4 5<br />

3 6 2 7 4<br />

5 8 3 9 2<br />

9 4 5<br />

3 5 7 2<br />

7 4<br />

6 1 7 3<br />

5 4 7 3<br />

8 1 9 2<br />

9<br />

3 2 1<br />

8 7 9 3<br />

5 8 9<br />

mittel schwer<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber: Bürgerinitiative „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“, Schweizer Str. 9, 14548 Schwielowsee<br />

Verlag: BEREK Werbung mehr, Ralph Berek, Hckelstraße 13, 14471 Potsdam<br />

Redaktionsleitung: Carsten Sicora (V.i.S.d.P.), Art-Direktion: Ralph Berek<br />

Redaktionsanschrift: Schweizer Str. 9, 14548 Schwielowsee, redaktionwildpark-west.de<br />

Mitarbeiter: Alle Mitarbeiter sind ehrenamtlich tätig:<br />

Katrin und Lars Augustin, Ralph Berek, Elio, Annette und Matthias Fannrich, Jana Fellenberg, Dr. Beate Gall, Tatjana Gerber,<br />

Freda Görrissen, Erika und Dr. Jürgen Harder, Heimatverein Geltow, Hermine, Friedhelm Schmitz-Jersch, Gunter Jung,<br />

James L. Kent, Daniel und Renate Klingberg, Marianna v. Klinski-Wetzel, Dr. Petra Kunath, Norbert Kunz, Brit Merten, Beatrix Reuter,<br />

Lars Röper, Gärtnermeister Roserich, Sylke und Jan Schneider, Carla Schmidt, Christiane Schröder, Jörg Schultz-Liebisch,<br />

Carsten Sicora, Madlen und Christian Strümpfler, Olaf Thiede, Ullrich Tietze, Evelyn Uhlemann, der Walddoktor,<br />

die Waldgärtnerin, Familie Wenk, Prof. Dr. Peter Wetzel, Kerstin Witte, Mario Zeidler, Pfarrer Ziemann u.v.a.m.<br />

Die Meinung der Autoren gibt nicht zwangsläufig die Ansicht der Redaktion wieder.<br />

Anzeigenleitung: Ralph Berek, anzeigenwildpark-west.de<br />

Vertrieb: Für alle Haushalte von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, sowie an ausgewählten Orten der Gemeinde Schwielowsee und Potsdam.<br />

Der Einzelpreis der Erstausgabe beträgt 4,80 . Der Erlös der Heimatzeitschrift kommt zu<br />

100% der Nachpflanzaktion „Rettet die Waldsiedlung“ <strong>2018</strong>–2033 zu gute.<br />

Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags. Einsender von Manuskripten, Briefen o. ä. erklären sich mit der<br />

redaktionellen Bearbeitung einverstanden. Keine Haftung für unverlangte Einsendungen. Alle Angaben ohne Gewähr.<br />

Eine Publikation der Bürgerinitiative „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />

Besonderer Dank gilt den Unternehmen, Personen und Vereinigungen, die mit dem Schalten einer Anzeige den Druck der<br />

eitschrift ermöglicht haben und damit die Nachpanzaktion „Rettet die Waldsiedlung“ <strong>2018</strong>2033 unterstützen:<br />

Autohaus Berger, Autohaus Biering, Autoservice Schröder, Baumgutachten-Baumkontrolle-Brandenburg, BlauArt-Tagungshaus,<br />

Bootswerft Görrissen, ENKWO Die Küchenbauer, Exklusive Fotokunst Jan Eisenfeld, Foto-Utech, Gartencenter Geltow,<br />

Genna d‘Oro Goldschmiedecaf, Havelländische Baumschulen, Hotel Bayrisches Haus, Krentz-Immobilien,<br />

Landhotel Potsdam-Golm, Massagetherapie S. Graja, Marketing Club Potsdam, Möbelhaus C.H.R.I.S.T.,<br />

Möbelmanufaktur Potsdam, NABU Brandenburg, Naturschutzkonzepte Dr. Beate Gall, Olaf Thiede,<br />

Restaurant Zur Anglerklause <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, Radio 95,3 BHeins, Restaurant Anna Amalia,<br />

Rosengut Langerwisch, Schweiger Design, Stadtführungen Erika Harder,<br />

Theresia Apotheke, Tierrettung Potsdam, Velind Aerosol GmbH.<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> 125


AUSGABE II » VORSCHAU « MÄRZ 2019<br />

FROHE<br />

WEIHNACHTEN<br />

UND EIN GUTES 2019<br />

THEMEN IM NÄCHSTEN HEFT<br />

REPORTAGE<br />

Von der Kunst des Webens<br />

Altes Handwerk erleben<br />

NATURFREUND<br />

Amsel , Drossel, Fink und Star<br />

Unsere Singvögel brauchen Hilfe<br />

ARCHITEKTUR<br />

Weitblick inklusive<br />

Ein Haus geht hoch hinaus<br />

GEMEINDE SCHWIELOWSEE<br />

Direkt am Bruchwald<br />

Kindergarten vor der Waldsiedlung<br />

AUF DURCHREISE<br />

Die Poesie sichtbarer Abwesenheit<br />

Künstlerin Annemarie Strümpfler<br />

PORTRÄT<br />

Schönheit ist empfundener Rhythmus<br />

Dichter Christian Morgenstern<br />

WIESE GALLIN<br />

Historische Alleen: Teil 2<br />

Die Eichenallee (Fuchsweg)<br />

PORTRÄT<br />

Zwischen Drehtagen und Proben<br />

Schauspieler aus Berufung<br />

Änderungen natürlich vorbehalten.<br />

Anregungen willkommen!<br />

126 VORSCHAU WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


BRIEFE AN DIE BÜRGERINITIATIVE<br />

FORUM<br />

Renate Klingberg aus<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> schreibt:<br />

Eigentlich bin ich ja der große<br />

Baumsünder, weil ich durch den<br />

großen Sturmschaden mit den<br />

umgestürzten alten Kiefern dazu<br />

veranlasst wurde, die anderen Kiefern<br />

zu fällen. Hier meine Bilanz:<br />

2 Kiefern Sturmschaden 2015, […]; 8<br />

Kiefern in Folge gefällt mit Genehmigung<br />

der Auflage zur Neupflanzung<br />

4 Kiefern Sturmschaden 2017, […] 1<br />

Kiefer, 1 Birke. In Folge des Sturmes<br />

bestand keine Standfestigkeit mehr.<br />

16 Bäume wurden insgesamt gefällt.<br />

Wenn ich auch der große Sünder bin,<br />

habe ich keine Gewissensbisse. Trotzdem<br />

stehe ich voll hinter der Initiative<br />

„Rettet die Waldsiedlung“. Warum?<br />

Die alten Kiefernbestände stammen<br />

aus einer rein forstwirtschaftlichen<br />

Anpflanzung noch von den reußen.<br />

rst später wurde der ieernwald<br />

Siedlungsland. Die Tücken daraus<br />

haben wir schon seit vielen Jahren,<br />

aber besonders jetzt zu tragen und<br />

müssen vernünftig damit umgehen.<br />

Dies bedeutet vor allem Nachhaltigkeit.<br />

Also rechtzeitige Nachpflanzung<br />

vor allem von Waldbäumen, die nicht<br />

so sturmgefährdet sind und neuerdings<br />

müssen sie auch Waldbränden<br />

und Trockenheit widerstehen. […] Wir<br />

haben inzwischen viele herangewachsene<br />

neue große Waldbäume (Fichte,<br />

Tanne, Lärche, Eiben, Douglasien, Birken<br />

sowie viele Sträucher, Büsche für<br />

Tiere und Vögel, z.B. Zaunkönige). Alle<br />

wurden von uns im Laufe der Jahre gepflanzt.<br />

s ist doch auch eine Freude,<br />

junge Bäume heranwachsen zu sehen.<br />

ein spöttischer Spruch ist schon<br />

immer gewesen: „Jeder will im Wald<br />

wohnen, aber keiner will Bäume<br />

auf seinem Grundstück.“ Denn im<br />

Wald wohnen bringt neben den<br />

gesundheitlichen, erholsamen und<br />

erbaulichen Aspekten eben auch<br />

Belastendes wie Laub harken, Kie-<br />

ernzapen und icheln sammeln.<br />

Die anderen Früchte wie Nüsse,<br />

Beeren und Kirschen holen sich die<br />

Vögel und Eichhörnchen. Können wir<br />

aber in der „etztzeit Nachhaltigkeit<br />

überhaupt noch garantieren<br />

Die enge Bebauung lässt den Bäumen<br />

keinen Raum mehr, siehe ehemalige<br />

Schäferei. Die Bäume auf<br />

den Baugrundstücken stören die<br />

hochtechnologische Bautechnik<br />

wie Bagger, räne und ransportfahrzeuge<br />

– aber auch Funktelefon,<br />

Satellitenempang sowie die Wärmegewinnung<br />

aus der Erde oder die<br />

Stromgewinnung durch Sonnenenergie.<br />

Die Bäume stören die Leitungen<br />

in der Erde: Wasser, Abwasser, Gas,<br />

Telefon und Strom – auf der Straße<br />

und zu den Wohngebäuden. Überall<br />

auf den Grundstücken stehen Autos:<br />

weil die Versorgung nicht im Ort ist<br />

Schule, Arzt, Arbeit, Geschäte, ost<br />

usw.). Meine große Frage ist deshalb:<br />

Können wir die Waldsiedlung, so wie<br />

sie etzt noch ist, überhaupt retten<br />

Familie R. aus<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> schreibt:<br />

Wir sind natürlich große Fans der Bürgerinitiative<br />

und haben nun Zeit und<br />

Luft, um diese zu unterstützen. Melden<br />

Sie sich, wenn Hilfe benötigt wird! […]<br />

Familie K. aus<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> schreibt:<br />

ch hoffe hre nitiative ist von hrer<br />

Sorge geprägt, die Sie a ausührlich<br />

vorgetragen haben und wozu Sie gut<br />

Gehör organisiert haben. Ich bin da<br />

etwas skeptisch, wem dieser Weckruf<br />

letztendlich dient und wer dabei<br />

au der Strecke bleibt. ine opplung<br />

an den SD-Wahlkamp macht<br />

die Sorge um den Baumbestand in<br />

<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> nicht plausibler. Die<br />

Waldsiedlung zu retten ist ein großer<br />

Anspruch, was tun wir aber wenn sie<br />

tatsächlich in Gefahr ist? Da machen<br />

sich Fledermäuse so gut wie dein<br />

Freund der Baum, Kinder die sich<br />

an vor zwanzig Jahren umgefallene<br />

Birken erinnern können, unfähige Verwaltungsbeamte<br />

die Gesetze brechen<br />

und schlampig die Anträge von Baumfrevlern<br />

durchgehen lassen. Wenn da<br />

nicht die neuen Helden gerufen hätten:<br />

„Rettet die Waldsiedlung!“ […] Für<br />

uns ergeben sich da andere Fragen.<br />

[…] Mit Stürmen müssen wir immer<br />

rechnen, deshalb muss man sie bei der<br />

WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong> FORUM 127


BRIEFE AN DIE BÜRGERINITIATIVE<br />

FORUM<br />

Bebauung und Grundstücksnutzung<br />

verantwortungsvoll berücksichtigen.<br />

Zweifellos bereichern uns Bäume und<br />

Wald und ist unzweifelhaft Erholungsraum.<br />

Siedlung und Wald sind nicht<br />

leicht vereinbar, da Bäume Lebewesen<br />

sind die wachsen, altern und auch<br />

erkranken und sterben können. In<br />

diesem nteressenkonflikt wird durch<br />

die Verordnung der Gemeinde klar<br />

Stellung zugunsten der Bäume bezogen<br />

[…] Was bleibt außer Medienrummel<br />

und uns verärgerten Einwohnern,<br />

vermehrter Frust. Die dichte Bebauung<br />

des Schafstallgeländes, der Abriss des<br />

denkmalgeschützten Stallgebäudes,<br />

die Auslichtung der Ufervegetation,<br />

die uns Windschutz bot […] Wir erwarten<br />

in Ihrem nächsten Rundbrief<br />

eine Entschuldigung und eine Klarstellung<br />

der rechtlichen osition.<br />

Bärbel Wendt aus Potsdam schreibt:<br />

Liebe BI-Freunde, ich bin begeistert<br />

über Ihre hervorragend zusammengestellte<br />

„Denkschrift“, wie Sie<br />

Ihren ökologischen Zustandsbericht<br />

„Rettet die Waldsiedlung“ nennen.<br />

Vor allem ist mir und anderen sehr<br />

wichtig, dass das BI-Anliegen in<br />

farbiger Aufmachung unter die Leute<br />

kommt. ch hoffe sehr, dass die<br />

Initiative weiter aktiv bleibt, nur<br />

nicht einschüchtern lassen! […]<br />

insender von anuskripten, Brieen o.ä. erklären sich mit der redaktionellen Bearbeitung<br />

einverstanden. Keine Haftung für unverlangte Einsendungen. Alle Angaben ohne Gewähr.<br />

Die Redaktion behält sich aus latzgründen vor, Briee zu kürzen.<br />

Vollständig nachzulesen sind sie unter der Website der Bürgerinitiative<br />

www.bi-baumerhalt-wpw.de unter der Rubrik „einungen.<br />

KLEINANZEIGEN<br />

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Redaktion „Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />

E-Mail: anzeigen@wildparkwest.de<br />

Stichwort „Kleinanzeigen“<br />

128 FORUM WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>


EPILOG<br />

Auf ein Wort<br />

Viele Einwohner und Freunde unserer<br />

Waldsiedlung haben an diesem<br />

Heft mitgearbeitet. Sie alle eint ein<br />

Ziel: Den Charakter der Waldsiedlung<br />

und damit die einmalige Lebensqualität<br />

für uns und unsere Gäste zu erhalten.<br />

Wir haben in den letzten Wochen viel<br />

Zuspruch bekommen. Die Anzahl derer, die<br />

uns als Spinner belächeln, beschränkt sich<br />

mittlerweile auf einzelne unseriöse Baumfällunternehmen<br />

und Menschen, denen es<br />

gleichgültig ist, was nach uns kommt. Diejenigen,<br />

die uns aktiv unterstützen, zählen<br />

aber weit mehr.<br />

Es hat ein Umdenkprozess unter den Einwohnern,<br />

im Ortsbeirat von Geltow und vielleicht<br />

auch im Fercher Rathaus begonnen.<br />

Gespräche über den Gartenzaun, Zeitungsartikel,<br />

Fernsehbeiträge und die Denkschrift<br />

mögen dazu beigetragen haben. Manch<br />

Grundstücksbesitzer, der gedankenlos und<br />

schlecht beraten, einen Fällantrag in Erwägung<br />

zog, hat sich inzwischen den Rat eines<br />

versierten Gutachters geholt. Nun weiß er<br />

genau, woran er ist. Vielleicht musste der<br />

Baum dennoch gefällt werden, weil er nicht<br />

mehr standsicher war. Doch dutzende große<br />

Bäume konnten stehen bleiben, weil<br />

z.B. die neue Garage ein paar Meter seitwärts<br />

geplant wurde. Natürlich wird der Schaden,<br />

der in den vergangenen Jahren durch das zügellose<br />

Fällen entstanden ist, nur schwer zu<br />

kompensieren sein, da zudem versäumt wurde,<br />

in ausreichender Zahl nachzupflanzen.<br />

Die Schneisen, die die Gier der Kettensägen<br />

in unsere Siedlung gefressen hat, werden<br />

den Stürmen, die auch zukünftig nicht ausbleiben,<br />

genug weiteres Futter an ihren Rändern<br />

bieten. Über 560 Bäume hat die Waldsiedlung<br />

allein in den letzten zwei Jahren<br />

verloren. Mehr als 250 junge Bäumchen sind<br />

seit April, dem Beginn der Nachpflanzaktion<br />

„Rettet die Waldsiedlung“ <strong>2018</strong>–2033, durch<br />

die Bürger nachgepflanzt worden. Der Anfang<br />

ist gemacht! Wenn es uns nun noch gelingt,<br />

dass Recht und Gesetz transparent für<br />

jedermann wieder eingehalten werden, planen<br />

wir, die Bürgerinitiative in eine Stiftung<br />

„Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“ übergehen<br />

zu lassen. Eine Stiftung, die den kulturellen<br />

Zusammenhalt unserer Einwohner – ob jung,<br />

ob alt – fördert und sich um den Erhalt und<br />

die Wiederaufforstung der Waldsiedlung bemüht.<br />

Vielleicht gelingt es ja wirklich, zum<br />

hundertjährigen Jubiläum der Waldsiedlung<br />

2033 die Lücken im Baumbestand – auch mit<br />

ihrer Hilfe – wieder zu schließen. „Willkommen<br />

in der Waldsiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>!“,<br />

soll es dann am Ortseingang heißen.<br />

Sie wollen mit dabei sein? Sprechen Sie<br />

uns an! Jede Hand, jede gute Idee und jeder<br />

Cent wird für diese gute Sache gebraucht!<br />

ULLRICH TIETZE & CARSTEN SICORA<br />

e en de ürernae und da de aflanzan<br />

ee de adsedun – unersüzen<br />

WALDSIEDLUNG WILDARKWEST<br />

IBAN DE70 1007 7777 0494 4054 00<br />

Verwendungszweck: Gemeinsam für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />

130 DIE LETZTE SEITE WILDPARK WEST HERBST <strong>2018</strong>

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