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Sportclub Aktuell - Ausgabe September 2018

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22 SPORTCLUB AKTUELL AUS DEN SEKTIONEN<br />

Sektion Kanu<br />

Sein größter Erfolg<br />

Jakob Weger ist U23-Weltmeister im Kajak-Einer<br />

Jakob Weger durchbricht mit seinem<br />

Boot die Lichtschranke und startet damit<br />

die Messuhr. Jetzt zählt jeder Paddelschlag.<br />

Die Ellbogen des Athleten<br />

zeichnen schnelle Kreise in die Luft, mit<br />

geübten Bewegungen schwingt er das<br />

Paddel auf und ab. Seine Hüfte registriert<br />

den Wasserstand im Kanal, durch die Verlagerung<br />

seines Körpers hält er das Boot<br />

im Gleichgewicht. Zwanzig Tore liegen<br />

im Slalomparcours vor ihm. Lässt er eines<br />

aus, gibt das fünfzig Strafsekunden.<br />

Sportler in Neoprenanzügen und Rettungswesten<br />

tummeln sich an diesem<br />

Junitag in der kleinen Stadt Ivrea im Piemont.<br />

Hier findet die Weltmeisterschaft<br />

im Kanu-Slalom der Junioren und unter<br />

23-Jährigen statt. Jakob Weger ist einer<br />

der Kanuten. Der Meraner tritt für die<br />

italienische Nationalmannschaft in der<br />

Kategorie U23 an. Gewinnt er, wäre das<br />

der bisher größte Erfolg seiner Karriere.<br />

Die Stimme des Italieners aus dem Lautsprecher<br />

klingt aufgeregt – ein heimischer<br />

Athlet braucht Unterstützung. Wegers<br />

Trainer beim <strong>Sportclub</strong> Meran, Helmut<br />

Schröter, steht hingegen gefasst unter den<br />

Zuschauern: „Er weiß, was er will. Mit<br />

der richtigen Unterstützung kommt er<br />

ganz groß raus“, sagt er. Und Schröter hat<br />

Recht: Das Ergebnis am Bildschirm zeigt<br />

77,22 Sekunden an, Wegers britischer<br />

Konkurrent Bradley Forbes-Cryans war<br />

vier Hundertstel langsamer. Damit steht<br />

fest: Jakob Weger ist U23-Weltmeister<br />

im Kajak-Einer.<br />

Einen Tag zuvor im Hotelzimmer des<br />

Kanuten. Hier um die Ecke des Kunstkanals<br />

von Ivrea schläft Weger gemeinsam<br />

mit den anderen Südtirolern der italienischen<br />

Nationalmannschaft, Jakob und<br />

Valentin Luther. Die Cousinen treten<br />

bei den Junioren an. Kleider, Helme und<br />

Neoprenanzüge der drei Athleten liegen<br />

verstreut im Zimmer. Zwischen Fenster<br />

und Boden klemmt ein Paddel. Es ist<br />

heiß an diesem Tag.<br />

Jakob Weger ist mit dem Sport aufgewachsen.<br />

Seine Eltern fahren selbst Kajak<br />

und setzten ihre beiden Söhne früh im<br />

Schwimmbad ins Boot, sein großer Bruder<br />

Matthias fährt mittlerweile für die<br />

österreichische Nationalmannschaft. Mit<br />

14 Jahren begann Jakob Weger, für Rennen<br />

zu trainieren – wenngleich ungern:<br />

„Am Anfang bin ich nicht gerne Rennen<br />

gefahren, weil ich viel zu nervös war“,<br />

sagt er. Mit der Zeit stieg er immer öfter<br />

für Wettkämpfe ins Boot und merkte<br />

bald, dass er vorne mit dabei sein konnte.<br />

Gerade schlagen Jakob Weger und seine<br />

Sportler-Kollegen aber im Hotelzimmer<br />

die Zeit tot. Auch das gehört zum Leistungssport<br />

dazu. Zwischen ihren WM-<br />

Rennen liegen Tage, dazwischen soll<br />

jede Ablenkung vermieden werden. Zeit,<br />

noch einmal die eigene Rennstrategie<br />

durchzugehen. Sie ist entscheidend für<br />

einen erfolgreichen Lauf. „Die Strategie<br />

ist je nach Gegner und Schwierigkeit des<br />

Laufs abzuwägen. Du kannst hinunterfahren<br />

und alles riskieren, weil du dir<br />

sowieso kaum Chancen auf den Sieg ausrechnest.<br />

Oder du hoffst auf Fehler der<br />

anderen und fährst einen ganz ruhigen<br />

Lauf“, erklärt Weger.<br />

Neben der Strategie kommt es im Wasser<br />

auch auf körperliche Fitness, auf Technik,<br />

Wassergefühl, Geschicklichkeit und<br />

Reaktion an – und auf die Konzentration.<br />

„In der kurzen Zeit, in der man beim<br />

Rennen fährt, muss man voll konzentriert<br />

sein“, erklärt Jakob Weger. Der 20-Jährige<br />

musste erst lernen, mit Erfolgsdruck<br />

umzugehen: „Ich versuche, mir selbst zu<br />

sagen, dass es menschlich ist, Fehler zu<br />

machen. Es ist nicht wirklich schlimm,<br />

wenn ich etwas falsch mache. Mache ich<br />

es aber gut, ist der Erfolg ein Geschenk<br />

an mich“, sagt er. Weger sieht den Sport<br />

als Lebensschule. Er lernt ihm Fähigkeiten<br />

wie Fairness und Zielstrebigkeit.<br />

Bei der Preisverleihung werden die Fahnen<br />

der drei Siegernationen hochgezogen,<br />

die italienische Hymne ertönt.<br />

Einige Zuschauer stimmen mit ein. Die<br />

Athleten sehen hoch zum Fahnenmast,<br />

die Medaillen baumeln um ihren Hals.<br />

Fürs Siegerfoto rücken sie näher, Jakob<br />

Weger hebt die Faust in die Luft. Das<br />

nächste Rennen steht schon bevor: Mitte<br />

August finden im slowakischen Bratislava<br />

die Europameisterschaften statt – für den<br />

frisch gebackenen U23-Weltmeister die<br />

nächste Gelegenheit, sich zu beweisen.<br />

Anna Luther<br />

Der Text erschien erstmalig am 14.08.<strong>2018</strong> auf barfuss.it.

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