Standpunkt 470, 21.9.2018
Standpunkt der Wirtschaft – Offizielles Informationsorgan der Wirtschaftskammer Baselland
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2 | <strong>Standpunkt</strong> der Wirtschaft HAUS DER WIRTSCHAFT 21. September 2018<br />
BASELBIETER ENERGIEPAKET – Das kantonale Förderprogramm für energetische Sanierungen informiert an fünf öffentlichen<br />
Veranstaltungen in Laufen, Pratteln, Binningen, Münchenstein und Liestal über die Chancen und Anforderungen des Energiepakets.<br />
Energiepaket tourt durchs Baselbiet<br />
Das Baselbieter Energiepaket tourt<br />
von Mitte Oktober bis Mitte November<br />
dieses Jahres durch das Baselbiet.<br />
An insgesamt fünf öffentlichen<br />
Veranstaltungen informieren Energie-<br />
Experten über die Chancen und Anforderungen<br />
des Energie pakets. Die<br />
Veranstaltungen finden in Laufen,<br />
Pratteln, Binningen, Münchenstein<br />
und Liestal in Zusammenarbeit mit<br />
den beiden Energieversorgungsunternehmen<br />
EBM und EBL statt.<br />
Felix Jehle vom Baselbieter Amt für Umweltschutz und Energie<br />
referiert an einem Informationsanlass des Energiepakets. Bild: Archiv<br />
Experten geben Auskunft<br />
Wohneigentümerinnen und -eigentümer,<br />
wie auch Eigentümerinnen<br />
und Eigentümer von gewerb lichen<br />
Immobilien haben so die Möglichkeit,<br />
sich fundiert über das Energiepaket<br />
zu informieren sowie offene<br />
Fragen im direkten Austausch mit<br />
den Energie-Experten zu klären.<br />
Weitere Einzelheiten zum Anlass<br />
finden Sie auf dem rechts abgedruckten<br />
Flyer.<br />
Der Besuch einer der Veranstaltungen<br />
lohnt sich. Das Baselbieter<br />
Energie paket als kantonales Förderprogramm<br />
für energetische Sanierungen<br />
hat viel zu bieten. So können<br />
Wohneigentümerinnen und -eigentümer<br />
dank dem Energiepaket bei<br />
Gebäudesanierungen von interessanten<br />
Förderbeiträgen profitieren. Was<br />
diese auch tun: Seit 2010 hat das kantonale<br />
Förderprogramm rund 16 000<br />
Privatpersonen und Unternehmen<br />
unkompliziert mit Fördergeldern in<br />
der Höhe von bislang insgesamt 100<br />
Millionen Franken unterstützt. Mithilfe<br />
dieser Mittel konnte im Baselbiet<br />
eine Fassadenfläche von insgesamt<br />
1,4 Millionen Quadrat metern<br />
saniert werden; dies entspricht mehr<br />
als 200 Fussball feldern. Dieses Geld<br />
ist gut investiert. Noch immer werden<br />
im Kanton zu viel Energie und<br />
Geld verheizt. Auf den Gebäudepark<br />
entfällt noch immer rund die Hälfte<br />
des gesamten kantonalen Energieverbrauchs.<br />
Simon Dalhäuser<br />
POLIT-KOLUMNE<br />
Haftet niemand für rückfällige Straftäter?<br />
Wohl die wenigsten Personen kennen den Wortlaut von<br />
Artikel 41 des Obligationenrechts (OR): «Wer einem andern<br />
widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht,<br />
sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatz verpflichtet.»<br />
Kaum bekannter ist wahrscheinlich Artikel 146 der<br />
Bundesverfassung über die Staatshaftung: «Der Bund haftet<br />
für Schäden, die seine Organe in Ausübung amtlicher<br />
Tätigkeiten widerrechtlich verursachen.» Für Kantone und<br />
Gemeinden gelten die kantonalen Haftungsgesetze. So<br />
weit alles klar, sollte man meinen.<br />
Doch im Schadenhaftungsbereich klafft seit Jahren eine<br />
Gesetzeslücke. Die Zürcher SVP-Nationalrätin Natalie<br />
Rickli verlangte am 4. Juni 2013 mit einer Parlamentarischen<br />
Initiative eine gesetzliche Grundlage für die<br />
Haftung des zuständigen Gemeinwesens bei bedingten<br />
Entlassungen und Strafvollzugslockerungen von Straftätern,<br />
«wenn eine wegen eines schweren Gewalt- oder<br />
Sexualdelikts verurteilte Person bedingt entlassen wird<br />
oder Strafvollzugslockerungen erhält und darauf erneut<br />
ein solches Verbrechen begeht».<br />
In diesem Ratsgeschäft haben sich die Konferenz der<br />
Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) und<br />
die Rechtskommission (RK) des Nationalrats so weit aus<br />
dem Fenster gelehnt, dass Nationalrätin Ricklis Anliegen<br />
fast abgestürzt wäre. Am 7. April 2017 beantragte die RK<br />
«Abschreibung des Geschäfts» – doch am 16. Juni 2017<br />
wurde sie vom Nationalrat dazu «verurteilt», die Arbeiten<br />
fortzuführen.<br />
Der Ablauf wird verständlicher, wenn man die Argumentationslinie<br />
der KKJPD-Opponenten und der RK im Lichte<br />
zweier besonders tragischer Fälle beurteilt.<br />
2009 wurde das Au-pair-Mädchen «Lucie» im Aargau von<br />
einem Wieder holungstäter umgebracht. Der «eigentlich»<br />
verwahrte Serienvergewaltiger lebte in Basel im Wohnexternat.<br />
Total hat er 29 Frauen missbraucht. 2013 erschütterte<br />
im Kanton Waadt die Ermordung von «Marie»<br />
die Schweiz.<br />
Beide Wiederholungstäter waren bedingt entlassen worden<br />
oder haben Strafvollzugslockerungen erhalten. In<br />
dieser Phase wurden sie rückfällig.<br />
«IM SCHADENHAFTUNGSBEREICH<br />
KLAFFT SEIT JAHREN<br />
EINE GESETZESLÜCKE.»<br />
Peter Amstutz*<br />
Rickli beanstandet zu Recht: «Nie übernimmt jemand die<br />
Verantwortung für den Tod beziehungsweise die Vergewaltigungen<br />
der Opfer. Die zuständigen Politiker, Behörden,<br />
Richter und Gutachter weisen sich die Schuld gegenseitig<br />
zu.» Die Eltern von Lucie wollten im Kanton Aargau<br />
gegen drei Angestellte des Kantons Aargau klagen. Der<br />
Kanton hat das Verfahren eingestellt.<br />
Nach dem Ja von Volk und Ständen vom 8. Februar 2004<br />
zur Ausweitung der Staatshaftung bei Aufhebung der<br />
lebens länglichen Verwahrung für gefährliche Sexual- oder<br />
Gewaltstraftäter müsste der Staat prinzipiell «unabhängig<br />
von einem eventuellen Verschulden seiner Angestellten»<br />
für Folgeschäden haften. In ihrem kürzlich zur Vernehmlassung<br />
verbreiteten Bericht schildert die RK das Dilemma<br />
mit einem entlarvenden Satz: «Es ist gerecht, dass das<br />
inhärente (innewohnende) Risiko der Resozialisierung der<br />
Inhaftierten vom Gemeinwesen als Ganzes verantwortet<br />
wird.»<br />
Wer aber ist schuld, wenn verurteilte Sexual- oder Gewaltstraftäter<br />
auf die Gesellschaft losgelassen werden statt die<br />
Bevölkerung vor ihnen zu schützen? Im Zentrum des Problems<br />
steht für die KKJPD die vom Bundesrecht zwingend<br />
vorgeschriebene «Konzeption der stufenweisen<br />
Wieder eingliederung». Vor allem aber sei zu beachten:<br />
«Beim Entscheid über Vollzugslockerungen stützen sich<br />
die Behörden in vielen Fällen auf Gutachten von Fachpersonen.<br />
(...) Gutachter dürften von Staatshaftungserlassen<br />
nicht erfasst werden, da sie weder Angestellte<br />
oder Behörden des Gemeinwesens sind noch hoheitliche<br />
Aufgaben erfüllen.»<br />
Wie das von der RK begründet und beschrieben wird, ist<br />
schwer nachvollziehbar: «Die (von Nationalrätin Rickli)<br />
vorgesehene Haftungsregelung würde die problematische<br />
Tendenz der öffentlichen Wahrnehmung bestärken,<br />
wonach die Behörden für Straftaten verantwortlich seien.»<br />
Als Folge könnten in der Praxis nur noch sehr wenige<br />
Vollzugsöffnungen bewilligt werden. Das führe zu einem<br />
«Anstieg der Hafttage und damit der Kosten im Strafvollzug».<br />
Soll damit gesagt sein, Wiederholungstäter als Vorbereitung<br />
auf die spätere Haftentlassung auf freien Fuss zu setzen,<br />
sei wirtschaftlicher – selbst wenn sie die frag würdige<br />
Wohltat des Strafvollzugs missbrauchen und bei Rückfall<br />
dafür noch länger hinter Gitter brummen müssen?<br />
Vollzugslockerungen und vorzeitige Entlassungen mit<br />
Bewährungsprobezeit werden leider trotz Rückfalltaten<br />
als «bedeutende Instrumente im System der stufenweisen<br />
Wiedereingliederung von Straftätern» dargestellt. Man versuche<br />
einmal, diese Denkweise überlebenden Opfern von<br />
Straftaten und deren Angehörigen zu erklären ...<br />
*Peter Amstutz, ehemaliger Leiter der Bundeshaus-Redaktion<br />
der «Basler Zeitung»<br />
Der Autor gibt seine eigene Meinung wieder. Diese muss sich nicht mit<br />
jener der Wirtschaftskammer decken.<br />
IMPRESSUM<br />
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