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Böker Barber's Corner | Edition 2018 / 2019

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BÖKER MANUFAKTUR SOLINGEN<br />

43<br />

PFLEGE & LEDERN<br />

VON RASIERMESSERN<br />

Unter der Pflege eines Rasiermessers<br />

versteht man im Wesentlichen<br />

den Erhalt der sprichwörtlichen<br />

Rasiermesserschärfe und den<br />

Schutz vor Korrosion. Die Schärfe<br />

des Messers erhält man hauptsächlich<br />

durch regelmäßiges<br />

„Ledern“ auf Leinen und unbehandeltem<br />

Leder, und nach einiger<br />

Zeit auf einem mit Schleifpaste<br />

behandeltem Leder. Das erfordert<br />

ein wenig Übung, ist aber<br />

schnell zu erlernen. Während bei<br />

einem Taschen- oder Kochmesser<br />

das konstante Halten des Winkels<br />

die eigentliche Schwierigkeit<br />

darstellt, kommt uns die Geometrie<br />

des Rasiermessers in diesem<br />

Punkt sehr entgegen. Das exakt<br />

abgestimmte Verhältnis des sehr<br />

starken Klingenrückens zur hauchfeinen<br />

Wate sorgt dafür, dass man<br />

automatisch den richtigen Winkel<br />

an der Schneide erhält, wenn<br />

Rücken und Schneide am Leder<br />

anliegen (s. Abb. 1).<br />

RückeN<br />

Abb. 1<br />

Leder<br />

kliNge<br />

Am besten legt man zuerst den<br />

Rücken an das Leder und klappt<br />

dann die Schneide vorsichtig an.<br />

Jetzt zieht man das Rasiermesser<br />

mit sanftem Druck in Richtung des<br />

Rückens (von der Schneide weg)<br />

über die volle Länge des Leders.<br />

Hierbei bewegt man das Messer<br />

leicht diagonal über das Leder. So<br />

erreicht man mit dem Leder die<br />

volle Länge der Schneide. Rücken<br />

und Schneide müssen in ständigem<br />

Kontakt mit dem Leder<br />

bleiben (s. Abb.2). Ganz wichtig<br />

Abb. 2<br />

ist, dass man, sobald man das<br />

Ende des Leders erreicht hat, das<br />

Messer über den Rücken wendet.<br />

UNTER KEINEN UMSTÄNDEN<br />

darf das Rasiermesser über die<br />

Schneide gedreht werden. Hierdurch<br />

würde man die Schneide<br />

wieder verrunden, also stumpf<br />

machen (s. Abb. 3).<br />

Abb. 3<br />

Das unbehandelte Leder trägt von<br />

der Schneide nichts ab, es schärft<br />

das Messer nicht im eigentlichen<br />

Sinne. Den Grat der Schneide<br />

kann man sich mikroskopisch wie<br />

einen Kamm vorstellen, dessen<br />

Zinken nach der Rasur in alle Richtungen<br />

gebogen sind. Das Leder<br />

richtet diese Zacken wieder zu<br />

einem gleichmäßigen Grat auf.<br />

Die Leinenseite – falls vorhanden<br />

– sollte man vor dem Ledern<br />

in genau derselben Weise wie<br />

den Lederriemen benutzen. Die<br />

Faser des Leinens ist weich,<br />

die Maschen des Gewebes sind<br />

jedoch grob. Hierdurch kann das<br />

Leinen den Grat sehr gut greifen<br />

und aufrichten. Die Maschen<br />

des Gewebes nehmen Schmutzoder<br />

lose Stahlpartikel auf, die<br />

die empfindliche Schneide beim<br />

Druck gegen das Leder beschädigen<br />

könnten. Die anschließende<br />

Verwendung des Leders macht<br />

das Ergebnis dann feiner. Ledern<br />

sollte man VOR und nicht NACH<br />

der Rasur. Stahl verfügt in<br />

gewissem Maße über Selbstheilungskräfte<br />

oder ein „Gedächtnis“.<br />

Der Grat richtet sich nach der<br />

Beanspruchung langsam und teilweise<br />

selbst wieder auf. Reißt<br />

man den Grat gewaltsam mit dem<br />

Riemen direkt nach der Rasur<br />

wieder hoch, bedeutet das Stress<br />

für das Material. Man verkürzt die<br />

Lebensdauer der Schneide und<br />

damit langfristig die des Messers.<br />

Das Rasiermesser sollte nach der<br />

Rasur mindestens 24 Stunden,<br />

besser 48 Stunden oder länger<br />

ruhen. Wer sich täglich rasiert,<br />

sollte sich also mindestens zwei<br />

Messer anschaffen. Unsere Großväter<br />

hatten deswegen häufig<br />

Wochensätze mit 7 Messern.<br />

Wenn nach einiger Zeit die<br />

Schneidleistung des Messers trotz<br />

regelmäßigen Lederns allmählich<br />

nachlässt, sollte das Messer auf<br />

einem zweiten, mit spezieller roter<br />

Schleifpaste behandelten Leder<br />

abgezogen werden. Hierbei wird<br />

tatsächlich minimal etwas vom<br />

Stahl abgetragen. Die naheliegende<br />

Frage, nach wieviel Rasuren<br />

das geschehen sollte, ist leider<br />

nicht pauschal zu beantworten.<br />

Jeder Bart ist anders. Viele<br />

Männer rasieren sich nur teilweise<br />

und tragen Kontur. Die Beanspruchung<br />

der Schneide ist daher<br />

immer unterschiedlich. Der Nutzer<br />

sollte mit Paste ledern, wenn das<br />

Messer bei der Rasur zu ziepen<br />

beginnt. Nach dem Ledern mit<br />

Paste sollte man die Klinge gründlich<br />

reinigen und noch einmal auf<br />

unbehandeltem Leder abziehen.<br />

Für den Korrosionsschutz<br />

sollte man die Klinge nach der<br />

Rasur vorsichtig und gründlich<br />

abtrocknen und dann mit einem<br />

möglichst säurefreien und zähflüssigen<br />

(viskosen) Öl dünn einölen.<br />

Hervorragend bewährt hierfür hat<br />

sich Kamelienöl (s. Seite 42, Pos. 1).

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