LGBB_032018_korrektur_02
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schieden geschickt aus. Die verschiedenen, um<br />
das große rechteckige Peristyl herum angebauten<br />
Räume sind dementsprechend terrassenartig angelegt.<br />
Der Grundriss zeigt eine zu polygonalen<br />
und runden Formen neigende Architektur, in der<br />
die verschiedenen Räume trotz ihrer jeweiligen<br />
Funktionen dem Gebäude eine einheitliche Form<br />
geben. Die Mauern der Villa sind durchschnittlich<br />
in einer Höhe von etwa 1 m erhalten. Die Wände<br />
weisen manchmal Spuren von Wandmalerei<br />
oder auch gelegentlich Imitationen von Marmorintarsien<br />
auf. Die Gewölbe und Apsiden, die mit<br />
Mosaiken aus Glaspaste dekoriert waren, sind<br />
eingestürzt. Manche Fußböden bestehen aus<br />
Marmorplatten (opus sectile). Der größte Teil der<br />
Böden - auf einer Gesamtfl äche von 3500 qm -<br />
besteht aber aus nahezu vollständig erhaltenen,<br />
teils geometrischen, aber meist polychromen fi -<br />
gürlichen Mosaiken.<br />
Die Mosaikböden behandeln verschiedene Themen.<br />
Im großen Korridor sind auf einer Länge<br />
von 60 m Jagdszenen dargestellt, in denen die<br />
mit Speeren und Schulden bewaffneten Männer<br />
versuchen, Tiere einzufangen und auf ein<br />
Boot zu verladen. Das Mosaik in einem der südlich<br />
des großen Peristyls gelegenen Räum stellt<br />
zehn Mädchen in leichter Kleidung dar, ähnlich<br />
einem modernen Bikini. Auch die Lehrerin ist zu<br />
sehen, die die Mädchen bei den verschiedenen<br />
Wettbewerben auszeichnet. Der Fußboden muss<br />
später entstanden sein, da er über einem älteren<br />
geometrischen liegt. Im Vorraum eines der privaten<br />
Wohnbereiche befi ndet sich ein von Homer<br />
inspiriertes Mosaik, auf dem der Riese Polyphem<br />
in seiner Höhle sitzt. Odysseus bietet ihm eine<br />
Schale mit Wein dar, während seine Gefährten<br />
eine weitere füllen, um den Riesen betrunken zu<br />
machen. Die Mosaiken der Villa sind eines der<br />
größten Zeugnisse römischer Kunst auf diesem<br />
Gebiet. An ihrer Herstellung arbeiteten zahlreiche<br />
Künstler, die mythologische wie auch Szenen des<br />
Alltagslebens sehr realistisch zu reproduzieren<br />
vermochten. Die Großartigkeit und der Glanz<br />
des gesamten Gebäudes haben sogar zu der<br />
Annahme geführt, dass es sich hierbei um den<br />
Rückzugsort des Kaisers Maximianus Herculius<br />
gehandelt habe. Gewiss ist jedenfalls, dass es<br />
von einer äußerst vermögenden Person errichtet<br />
wurde. (S. 20f). Insgesamt handelt es sich bei der<br />
Villa um eine Einheit von Wohn-, Verwaltungsund<br />
Produktionsgebäuden. Weitere Teile gibt es<br />
wohl noch zu entdecken, etwa Küchen, die bislang<br />
noch nicht gefunden worden sind. In der<br />
Antike wurde die Villa wahrscheinlich über eine<br />
Nebenstraße erreicht, die auf Höhe der Station<br />
Philosophiana von der römischen Straße Catania<br />
– Agrigentum (die von den Bewohnern der<br />
nordafrikanischen Provinzen genutzt wurde, um<br />
das Festland zu erreichen) abging. Diese Station<br />
Philosophiana (so im Itinerarium Antonini) heißt<br />
heute „La Soffi ana”. Im frühen 4. Jh. n. Chr.<br />
nahm die im Gebiet von Philosophiana liegende<br />
Villa diesen Namen an; aus dieser Phase müssen<br />
die in der Contrada Sofi ana gefundenen Ziegelstempel<br />
mit den Buchstaben FIL.SOF stammen (S.<br />
23).<br />
Die Villa ist seit 1997 von der UNESCO geschützt.<br />
Nach der Restaurierung und der Neugestaltung<br />
ist der Parco Archeologico della Villa Romana<br />
del Casale di Piazza Armerina am 4. Juli 2012<br />
eingeweiht worden. Die Restaurierung dauerte<br />
fünf Jahre und kostete 8 Mio. Euro; sie erforderte<br />
die Arbeit von 50 Experten. Vor allem die<br />
Mosaiken haben ihren Glanz zurückbekommen:<br />
120.000.000 Mosaiksteine auf über 3500 qm<br />
Fußboden zeigen heute nach einer modernen Behandlung<br />
wieder ihre ursprünglichen Farben und<br />
die ungewöhnliche Schönheit der Darstellungen.<br />
Übrigens hat man 2012 nur 400 m südlich der<br />
Villa zwei neue archäologische Areale entdeckt.<br />
Im ersten wurden in etwa 2 m Tiefe einige Säulen<br />
und Teile eines Fundamentes gefunden, während<br />
man im zweiten Areal ein mit Mosaiken ausge-<br />
Detail der Kleinen Jagd, Opferszene für Diana, S. 20-21, co Luciano e Marco Pedicini fotografi<br />
200 JAHRGANG LXII · <strong>LGBB</strong> 03 / 2018<br />
Detail Korridor der großen Jagd, Personifikation eines Landes, die von verschiedenen Tieren umgeben ist, S 128,<br />
co Luciano e Marco Pedicini fotografi<br />
<strong>LGBB</strong> 03 / 2018 · JAHRGANG LXII<br />
201