LGBB_032018_korrektur_02
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stattetes Becken mit Apsis gefunden hat, das zu<br />
einer größeren Thermenanlage gehört, die noch<br />
nicht völlig erschlossen ist. Es könnte sich um einen<br />
etwa 80 qm großen Raum mit zahlreichen<br />
gut erhaltenen Fresken und Mosaikboden handeln.<br />
Die Villa Romana del Casale zieht nach ihrer<br />
Renovierung und gelungenen bauliche Präsentation<br />
über 500.000 Besucher pro Jahr an.<br />
Der neue Glanz der Mosaike gab sicherlich den<br />
Anstoß zu diesem Buch. Zwei hochspezialisierte<br />
Autoren haben es verfasst: Rosaria Ciardiello<br />
lehrt „Archeologia Pompeiana” an der Università<br />
degli Studi Suor Orsola Benincasa in Neapel<br />
und arbeitet für die Soprintendenze per i Beni<br />
Archeologici di Napoli e di Pompei; Umberto<br />
Pappalardo ist Professor für Klassische und Pompejianische<br />
Archäologie an der Universität Suor<br />
Orsola Benincasa in Neapel. Er leitete die Ausgrabungen<br />
von Herculaneum, ist maßgeblich an<br />
den Forschungen in Pompeji beteiligt. Von den<br />
beiden Autoren stammt übrigens auch ein im<br />
Hirmer-Verlag erschienener Prachtband „Griechische<br />
und Römische Mosaiken” (320 Seiten, 2<strong>02</strong><br />
Abbildungen in Farbe, ISBN: 978-3-7774-3791-0,<br />
118,00 €). Umberto Pappalardo führt ein in Technik,<br />
Stil und die literarischen Vorlagen der Motive,<br />
erklärt die Lage der Villa, die Ziele der jüngsten<br />
aufwendigen Restaurierungen und skizziert die<br />
Grabungsgeschichte seit der Frühen Neuzeit; die<br />
bisherigen Antworten auf die Frage nach dem<br />
Besitzer der Villenanlage werden diskutiert und<br />
die Angaben von Plinius und Vitruv zur Technik<br />
der Mosaikkunst vorgestellt, Rosaria Ciardiello<br />
erläutert dann in einem umfangreicheren zweiten<br />
Teil (S. 50–201) sämtliche Mosaiken mit großer<br />
Kennerschaft, eindrucksvolle Bilder – darunter<br />
Panorama-Ansichten der einzelnen Bodenmosaiken<br />
ebenso wie Detailausschnitte – zeigen die<br />
künstlerische Vielfalt der Mosaiken und belegen<br />
die überragende Bedeutung der Villa Casale; Luciano<br />
und Marco Pedicini haben die Bilder angefertigt.<br />
Das ikonographische Thema des Raumes (5,60 x<br />
6,75 m) der zehn Bikinimädchen bewertet Rosaria<br />
Ciardiello als Unikat, das nicht zum traditionellen<br />
Repertoire gezählt werden könne, da es keine<br />
genauen Vergleichsobjekte gebe (S. 177). Die bis<br />
heute vorgeschlagenen Interpretationen reichten<br />
von einem Tanzwettbewerb, einem weiblichen<br />
athletischen Wettkampf in fünf Disziplinen bis hin<br />
zu einer praktischen Anleitung zu gymnastischen<br />
Übungen (S. 177). Ciardiello tendiert zur Deutung<br />
als weiblicher Agon, denn bis zum 3. Jh. n. Chr.<br />
(und dann erst wieder im 6. Jh.) gebe es zahlreiche<br />
literarische Quellen, die öffentliche Spiele<br />
von Frauen in sakralen und internationalen Wettkämpfen<br />
erwähnten. „Hier sind also vornehme<br />
weibliche Agone erkennbar sowie wiederum eine<br />
Anspielung auf den hohen sozialen Stand der Eigentümer.<br />
Die Frauen werden bei Aktivitäten dargestellt,<br />
die denen der Männer entsprechen – wie<br />
man z.B. in den Thermen sieht, wo der dominus<br />
ebenfalls beim Sport dargestellt wird” (S. 177).<br />
Ein spannend geschriebenes Buch, dessen Bilder<br />
von faszinierenden Mosaiken (etwa aus dem<br />
Korridor der „Großen Jagd” – 65,93 x 5,00 m)<br />
vermehrt in Schulbüchern auftauchen werden. In<br />
diesem Buch gibt es die erforderlichen Erläuterungen<br />
dazu. Am liebsten möchte man die Villa<br />
Romana del Casale auf Sizilien gleich direkt besuchen!<br />
Detail Mittelbild eines geometrischen Mosaiks in Raum 34 mit einer erotischen Szene, S. 146, co Luciano e Marco Pedicini fotografi<br />
2<strong>02</strong> JAHRGANG LXII · <strong>LGBB</strong> 03 / 2018<br />
Detail Kleiner Eros mit Delfin, S. 116, co Luciano e Marco Pedicini fotografi<br />
<strong>LGBB</strong> 03 / 2018 · JAHRGANG LXII<br />
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