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Münchner Ärztliche Anzeigen<br />
TITELTHEMA 5<br />
Fehldiagnosen. Hinzu komme die<br />
Angst davor, die eigenen Daten<br />
könnten in falsche Hände geraten.<br />
„Der Patient wünscht sich den persönlichen<br />
Kontakt, aber auch<br />
Online-Angebote“, sagte Fifka zum<br />
Thema Digitalisierung. Schließlich<br />
spare er sich online Wartezeit und<br />
die Zeit für die Anfahrt. Zudem könne<br />
er dadurch auch die Hilfe von Ärzten<br />
in Anspruch nehmen, die räumlich<br />
weit entfernt sind. Angesichts einer<br />
immer älter werdenden Gesellschaft<br />
würden telemedizinische Angebote<br />
gerade für ältere Menschen auf dem<br />
Land immer wichtiger.<br />
Auf die Chancen und Grenzen einer<br />
Digitalisierung im ärztlichen Bereich<br />
ging auch der Präsident der bayerischen<br />
Landesärztekammer, Dr.<br />
Gerald Quitterer, in seinem Referat<br />
ein. „Digitalisierung ist bereits Teil<br />
des Alltags“, sagte Quitterer und verwies<br />
unter anderem auf die Forschung<br />
mit Big Data und die Telemedizin.<br />
Doch welche Daten braucht<br />
man wozu und mit welcher Konsequenz?<br />
Was passiert mit ihnen und<br />
wer ist der Fachmann dafür? Es sei<br />
wichtig, dass die Ärzteschaft definiere,<br />
wer welche Daten bekomme und<br />
dass es eine Plattform für den<br />
Datenaustausch zwischen Niedergelassenen<br />
und Krankenhausärzten<br />
gebe.<br />
„Wir gestalten Versorgung“, sagte<br />
Quitterer. Die Ärzteschaft müsse<br />
auch die Digitalisierung mitgestalten.<br />
Auf keinen Fall dürfe es zu einer<br />
Entpersonalisierung des Arztberufs<br />
kommen. Damit dies gelinge brauche<br />
es mehr Ärzte insgesamt und<br />
mehr auf dem Land. Quitterer<br />
begrüßte ausdrücklich die Pläne der<br />
Staatsregierung, eine Landarztquote<br />
einzuführen und die Studienplätze in<br />
Bayern auszubauen. Wie auch die<br />
ebenfalls anwesende bayerische<br />
Gesundheitsministerin, Dr. Melanie<br />
Huml, freute er sich über die neue<br />
medizinische Fakultät in Augsburg.<br />
Weitere Fakultäten müssten in Bayreuth,<br />
Regensburg und Passau entstehen.<br />
Sinnvolle Apps könnten im Gesundheitsbereich<br />
hilfreich sein, aber man<br />
dürfe sich nicht darauf verlassen.<br />
Eine ausschließliche Fernbehandlung<br />
sei nur in bestimmten Situationen<br />
Der Münchner Delegierte Dr. Andreas Schießl bei seinem PlädoyerFotos: Stephanie Hügler<br />
sinnvoll. „Habe Mut, Dich Deines<br />
eigenen Verstandes zu bedienen“,<br />
rief Quitterer die Delegierten auf.<br />
Stets sei eine Gratwanderung zwischen<br />
Regulierung und Selbstbestimmung<br />
nötig.<br />
Bei der anschließenden Arbeitstagung<br />
beschlossen die Delegierten<br />
dann auch eine Änderung der<br />
Berufsordnung (BO) für die Ärzte<br />
Bayerns, die eine ausschließliche<br />
Fernberatung und -behandlung im<br />
Einzelfall erlaubt, „wenn dies ärztlich<br />
vertretbar ist und die erforderliche<br />
ärztliche Sorgfalt insbesondere<br />
durch die Art und Weise der Befunderhebung,<br />
Beratung, Behandlung<br />
sowie Dokumentation gewahrt wird“.<br />
Zudem muss der Patient über die<br />
Besonderheiten dieser Vorgehensweise<br />
aufgeklärt werden. Auf Antrag<br />
mehrerer Münchner Delegierter forderte<br />
das Ärzteparlament, eine Kommission<br />
einzurichten, die sich mit<br />
der Erarbeitung von Kriterien für<br />
einen solchen Einzelfall befasst.<br />
Der Umgang mit ärztlichen und<br />
gesellschaftlichen Werten stand<br />
auch im Mittelpunkt der Änderung<br />
von Paragraph 15, Abs. 3 der Berufsordnung,<br />
der sich mit der ärztlichen<br />
Forschung beschäftigt. Als Forscher<br />
müssen Ärztinnen und Ärzte „auch<br />
im Hinblick auf die Veröffentlichung<br />
und Verbreitung von Forschungsergebnissen<br />
die Verpflichtungen aus<br />
der „Deklaration von Helsinki“ einhalten.<br />
Alle Beteiligten müssen nun<br />
den anerkannten Leitlinien für<br />
ethische Berichterstattung folgen.<br />
Dazu gehört auch, negative und nicht<br />
schlüssige Ergebnisse genauso zu<br />
veröffentlichen wie positive. Finanzierungsquellen,<br />
institutionelle Verbindungen<br />
und Interessenkonflikte<br />
müssen öffentlich gemacht werden.<br />
Um dem in den nächsten Jahren<br />
vermutlich noch stärker werdenden<br />
Ärztemangel zu begegnen, forderte<br />
das Plenum eine Erhöhung der Zahl<br />
der bundesweiten Medizinstudienplätze<br />
auf 17.000 pro Jahr – auf die<br />
Zahl vor der Wiedervereinigung. In<br />
einem weiteren Beschluss setzten<br />
sich die Delegierten dafür ein, den<br />
Masterplan Medizinstudium 2020<br />
umzusetzen. Neben der Abiturnote,<br />
einer einschlägigen Berufsausbildung<br />
und dem „Medizinertest“ müsse<br />
auch soziales, ehrenamtliches<br />
oder wissenschaftliches Engagement<br />
eine Rolle spielen. Geeignete<br />
Auswahlkriterien seien womöglich<br />
auch Auswahlgespräche an Universitäten,<br />
ein wohnortnaher Studienort<br />
und ein gewichtetes Losverfahren.<br />
Im Krankenhausbereich sprachen<br />
sich die Anwesenden auf Antrag<br />
mehrerer Münchner Delegierter,<br />
für eine Unterstützung des Volksbegehrens<br />
zum Pflegenotstand aus<br />
(s. MÄA 22, S. 6 und 8). Nötig sei<br />
außerdem „eine bedarfsgerechte<br />
und verbindliche Personalbemessung<br />
für alle Gesundheitsberufe, die<br />
an Patientinnen und Patienten tätig<br />
sind“. Die Delegierten appellierten<br />
an einweisende Ärzte, dabei ein