Immobilia 2011/09 - SVIT
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Immobilienrecht<br />
Jus-News<br />
Quoren für bauliche Massnahmen<br />
Im Stockwerkeigentum gelten unterschiedliche Quoren für bauliche Massnahmen, je<br />
nach dem, ob diese notwendiger, nützlicher oder luxuriöser Art sind. Das Bundesgericht<br />
hat in einem wegweisenden Entscheid einige grundsätzliche Überlegungen dazu angestellt.<br />
lautet die gesetzliche Definition in Art. 647c<br />
ZGB. Die Abgrenzung gegenüber nützlichen<br />
oder gar luxuriösen baulichen Massnahmen<br />
kann unschwer vorgenommen<br />
werden. Diese notwendigen Massnahmen<br />
können mit der Zustimmung der Mehrheit<br />
aller Eigentümer (Köpfe) beschlossen werden.<br />
Grössere Schwierigkeiten bietet die Unterscheidung<br />
zwischen nützlichen und luxuriösen<br />
baulichen Massnahmen. Anhand<br />
des obigen Falles konnte das Bundesgericht<br />
sich mit dieser Abgrenzung befassen.<br />
Spannung statt Erholung: der Garten im Sonderrecht (Bild: carlitos / photocase.com).<br />
Genoveva Lahmadi-Sutter* <br />
zwingend nach Miteigentumsrecht. Zu<br />
einem Rechtsstreit Anlass gab folgende<br />
Situation: Ein Stockwerkeigentümer beabsichtigt,<br />
den ihm zur besonderen Nutzung<br />
zugewiesenen Gartensitzplatz um<br />
etwas über einen halben Meter auf das<br />
Niveau des in seinem Sonderrecht stehenden<br />
Balkons anzuheben und diesen dadurch<br />
um eine vorgelagerte Terrasse zu<br />
erweitern.<br />
Acht von zwölf Eigentümern, die einen<br />
Wertquotenanteil von 664/1000 besassen,<br />
stimmten dem Bauvorhaben zu.<br />
Ein Eigentümer focht diesen Beschluss<br />
an. Das Bundesgericht hielt dazu einige<br />
Grundsätze fest:<br />
Die Zuständigkeit für bauliche Massnahmen<br />
richtet sich gemäss Art. 712g<br />
Abs. 1 ZGB zwingend nach Miteigentumsrecht<br />
und damit nach Art. 647c ff.<br />
und den dort geregelten Quoren. Miteigentumsrecht<br />
kommt im Stockwerkeigentum<br />
integral zur Anwendung, weil es die<br />
Basis des Stockwerkeigentums darstellt.<br />
Mit welchen Quoren Beschlüsse bei<br />
baulichen Massnahmen zu fassen sind,<br />
hängt davon ab, ob es sich um eine notwendige,<br />
nützliche oder luxuriöse Massnahme<br />
handelt.<br />
Mit welchen Quoren Beschlüsse<br />
bei baulichen Massnahmen zu fassen<br />
sind, hängt davon ab, ob es sich<br />
um eine notwendige, nützliche oder<br />
luxuriöse Massnahme handelt.»<br />
Notwendige, nützliche oder luxuriöse<br />
Massnahme? Notwendige bauliche Massnahmen<br />
sind Unterhalts-, Wiederherstellungs-<br />
und Erneuerungsarbeiten, die für<br />
die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit<br />
der Sache nötig sind. So<br />
Würdigung aller Umstände des Einzelfalls.<br />
Das Bundesgericht führt aus: Für<br />
die Abgrenzung zwischen nützlichen und<br />
luxuriösen baulichen Massnahmen sind<br />
alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen.<br />
Nützliche bauliche Massnahmen<br />
sind für die im Miteigentum stehende Sache<br />
vorteilhaft; sie bezwecken eine Wertsteigerung,<br />
eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit<br />
(Ertragssteigerung) oder<br />
der Gebrauchsfähigkeit (Art. 647d Art. 1<br />
ZGB). Die im Fokus stehende Wertsteigerung<br />
ist nach objektiven Kriterien wie<br />
dem Verkehrswert zu ermitteln. Dabei<br />
muss das Verhältnis zwischen der Investition<br />
und der Wertsteigerung günstig erscheinen,<br />
d. h. beide Werte müssen möglichst<br />
identisch sein.<br />
Luxuriös sind bauliche Massnahmen,<br />
die lediglich der Verschönerung, der Ansehnlichkeit<br />
der Sache oder der Bequemlichkeit<br />
im Gebrauch dienen (Art. 647e Abs.<br />
1 ZGB). Sie sind weder nützlich noch notwendig<br />
und dienen «der Befriedigung von<br />
Luxusbedürfnissen» sowie dem «Prunk<br />
oder dem Vergnügen». Zwar kann auch<br />
die Realisierung von luxuriösen Baumassnahmen<br />
den Sachwert<br />
steigern. Die Wertsteigerung<br />
darf aber nicht<br />
der Investition entsprechen.<br />
Je höher die Investition<br />
im Vergleich<br />
zum geschaffenen<br />
Mehrwert ist, desto<br />
eher liegt eine luxuriöse<br />
bauliche Massnahme vor. Die Wertsteigerung<br />
ist primär affektiver Art.<br />
Die Erhöhung des Gartensitzplatzes um<br />
etwas mehr als einen halben Meter auf das<br />
Niveau des Balkonbodens und der Wohnräume<br />
lässt sich nicht ohne weiteres klar als<br />
nützliche oder luxuriöse bauliche Massnah-<br />
26 | immobilia September <strong>2011</strong>