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Immobilia 2011/09 - SVIT

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BAU & HAUS<br />

Kommunikationsnetzwerke / Letzte Meile<br />

«Glasfaser nicht kostendeckend»<br />

Die wettbewerbsrechtlichen Untersuchungen der Ausbauverträge von Glasfasernetzen<br />

sorgen bei Immobilieneigentümern für Verunsicherung. <strong>Immobilia</strong> hat beim <strong>SVIT</strong>-<br />

Sponsoring-Partner UPC Cablecom nach dessen Sicht der Dinge nachgefragt.<br />

Ivo Cathomen*<br />

<br />

Neues Kapitel. Anfang September hat die<br />

Eidg. Wettbewerbskommission (Weko) ihren<br />

Schlussbericht zu den Glasfaser-Kooperationen<br />

zwischen Swisscom und verschiedenen<br />

städtischen Elektrizitätswerken<br />

vorgelegt. Demnach beinhalten die Verträge<br />

zwischen Swisscom und den Elektrizitätswerken<br />

der Städte Basel, Bern, Luzern,<br />

St. Gallen und Zürich harte Kartell abreden,<br />

die nicht im Voraus sanktionsbefreit werden<br />

können. Damit verbietet die Weko die<br />

Kooperationen zwar nicht. Die Unternehmen<br />

riskieren aber Sanktionen, falls die<br />

Umsetzung ihrer Projekte den Wettbewerb<br />

beeinträchtigt. Anzeigen von Konkurrenten<br />

deuten bereits auf eine solche mögliche Beeinträchtigung<br />

hin.<br />

Dies ist nur das vorläufig letzte Kapitel<br />

in einer langen Geschichte der «Zukunftstechnologie»<br />

Glasfaser. Die wettbewerbsrechtlichen<br />

Untersuchungen einerseits,<br />

aber auch die vielfach angezweifelte Wirtschaftlichkeit<br />

andererseits werfen für die<br />

Immobilienbesitzer in den geplanten Einzugsgebieten<br />

die Frage auf, wie sie sich<br />

in diesem Gezerre um die letzte Meile verhalten<br />

sollen. <strong>Immobilia</strong> wollte von Jürg<br />

Aschwanden, Director Public Policy von<br />

UPC Cablecom – dem Technologiekonkurrenten<br />

der Swisscom – wissen, wie sich die<br />

Sachlage darstellt.<br />

_Die Swisscom versucht, ihre Investitionen<br />

mit Exlusivitäts-, Investitionsschutz-<br />

und Vorkaufsrechtsklauseln zu<br />

schützen. Warum diese Schutzmassnahmen<br />

am Rande der wettbewerbsrechtlichen<br />

Legalität?<br />

_Jürg Aschwanden: Heute weiss man, dass<br />

die Glasfasernetze, wie sie in der Schweiz<br />

angedacht sind, nur in hoch verdichteten<br />

Siedlungsgebieten rentabel betrieben werden<br />

können – und dies auch nur bei genügend<br />

hoher «Take Rate», also genügender<br />

Akzeptanz der Endkunden. Unter Berücksichtigung<br />

der Vollkosten können die mit<br />

Swisscom kooperierenden Elektrizitätswerke<br />

(EW) kaum damit rechnen, ihre Investitionen<br />

jemals einfahren zu können. Verschiedene<br />

Werke haben darum die Pläne<br />

bereits wieder begraben, so etwa das EW<br />

Obwalden, EW Uster oder das EW Baden.<br />

_In der Stadt Zürich haben die EWZ<br />

die erste Investitionstranche von 200<br />

Mio. CHF ausgeschöpft. Werden sie<br />

und anderen Werke ihre Kosten überhaupt<br />

wieder einfahren können?<br />

Der Kabelanschluss ist<br />

eine Zukunftstechnologie<br />

mit viel Potenzial.»<br />

Jürg Aschwanden, UPC Cablecom<br />

_Das wage ich zu bezweifeln. Um mit den<br />

derzeitigen Abo-Preisen der Swisscom<br />

mithalten zu können, müssen die EW und<br />

andere Werke die Services subventionieren.<br />

Denn sie erreichen nie die Abonenntenzahlen<br />

der Swisscom, was wiederum<br />

zu höheren Fixkosten pro Kunde führt.<br />

_Wie sieht denn die Wirtschaftlichkeitsrechnung<br />

aus?<br />

_Die St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke<br />

AG hat die Strategie des Kantons<br />

Appenzell-Ausserrhoden, alle Haushalte<br />

ans Glasfasernetz anzuschliessen, hinterfragt<br />

und kommt zu folgendem Ergebnis:<br />

Pro Haushalt in der Bauzone ist mit<br />

Erschliessungskosten von 9000 CHF zu<br />

rechnen, bei einer Vollversorgung gar mit<br />

14 000 CHF – und dies bei durchschnittlichen<br />

monatlichen Gebühren für «Triple<br />

Play» von 85 CHF und einer Amortisationsdauer<br />

je nach Technologiestufe von<br />

dreissig Jahren für den physischen Anschluss<br />

und lediglich acht Jahren für die<br />

teure Kommunikationstechnologie.<br />

_Aber auch Sie bei UPC Cablecom<br />

müssen Ihre Netze amortisieren…<br />

_Das ist richtig. Wir haben in den letzten<br />

Jahren rund 1,5 Mrd. CHF in den Netzausbau<br />

investiert. Andere Kabelanbieter<br />

nochmals 1,5 bis 2 Mrd. CHF. Mit der<br />

Kabel-Breitbandtechnologie erreichen<br />

wir damit aber rund 80% der Schweizer<br />

Haushalte mit einer sehr hohen Datenrate.<br />

Ich nehme den Talboden in meinem<br />

Heimatkanton Uri: Dort erreichen<br />

wir heute schon 84% aller Haushalte,<br />

während viele Landgemeinden nicht damit<br />

rechnen dürfen, je ans Glasfasernetz<br />

angeschlossen zu werden. Unsere geringeren<br />

und wirtschaftlich gerechtfertigten<br />

Investitionskosten pro Haushalt haben<br />

einen technologischen Hintergrund:<br />

Wir verfügen bereits heute über ein Glasfaserkabel<br />

bis zum «Node» (Anmerkung<br />

der Redaktion: Verteilkasten im Quartier).<br />

Ab dort ist das Koaxialkabel in die Haushalte<br />

für Telefonie, Fernsehen, Radio und<br />

Internet in hoher Qualität und Geschwindigkeit<br />

auf absehbare Zeit ausreichend.<br />

_Eigentlich wäre die Ausgangslage für<br />

die Hausbesitzer komfortabel: Die EW<br />

bauen das Glasfasernetz kostenlos bis<br />

in die Wohnungen…<br />

_Einzelne EW legen den Eigentümern<br />

nahe, bei Nebauten ganz auf das Kabel<br />

zu verzichten und nur auf Glasfaser zu<br />

setzen. Damit riskiert man ein Monopol.<br />

Bei bestehenden Liegenschaften stellt<br />

sich die Frage, ob die Eigentümer ihren<br />

Mietern die Immissionen zumuten wollen,<br />

obwohl im Haus vielleicht<br />

noch gar niemand<br />

auf den Glasfaserzug aufspringt.<br />

_Anderseits ist nicht<br />

gesagt, dass die Netzanbieter<br />

den Glasfaseranschluss<br />

auch künftig<br />

übernehmen werden.<br />

_Die Kostenübernahme<br />

ist ein Verhandlungserfolg des Hauseigentümerverbandes<br />

und für die Netzbetreiber<br />

einer Marketingaktion, um<br />

überhaupt eine gewisse Verbreitung zu<br />

erlangen. Swisscom sagt auch, dass die<br />

Kostenverlagerung auf die Anbieter die<br />

Rentabilitätsrechnung verschlechtert. Die<br />

Kostenübernahme ist also nicht in Stein<br />

gemeisselt. Swisscom verlegt auch heute<br />

noch den Kupferdraht kostenlos und<br />

amortisiert über die Abo-Gebühren, während<br />

wir den Anschluss separat verrechnen<br />

und mit dem Abo nur die effektiven<br />

Services in Rechnung stellen. Das sind<br />

zwei unterschiedliche Geschäftsmodelle.<br />

_Sie müssen also Überzeugungsarbeit<br />

leisten, dass sich die Investitionen der<br />

Eigentümer in den Kabelanschluss gerechtfertigt<br />

ist.<br />

_Unser Standpunkt ist, dass der Eigentümer<br />

seinen Mietern die Auswahl bieten<br />

sollte, dass Kabel eine zukunftsträchtige<br />

Technologie ist und dass die Konzentration<br />

auf Glasfaser Risiken birgt.<br />

Veranstaltungshinweis<br />

UPC Cablecom wird in den nächsten Monaten bei verschiedenen<br />

Mitgliederorganisationen des <strong>SVIT</strong> Informationsveranstaltungen<br />

durchführen.<br />

*Ivo Cathomen<br />

Dr. oec. HSG, ist leitender Redaktor<br />

der Zeitschrift <strong>Immobilia</strong>.<br />

38 | immobilia September <strong>2011</strong>

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