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Immobilia 2011/09 - SVIT

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Fokus<br />

Denkmalpflege<br />

Daniel Conca (links) und Thomas Lutz.<br />

Der Besitzer muss Mehrkosten<br />

in Kauf nehmen, die<br />

er nicht in jedem Fall an die<br />

Mieter weitergeben kann.»<br />

Daniel Conca, Bereichsleiter Immobilien und Recht<br />

in der Liegenschaftsverwaltung der Stadt Bern<br />

und vormaliger Präsident der Schätzungsexpertenkammer<br />

SEK <strong>SVIT</strong><br />

ten bleibt. Bei Gebäuden mit spezieller<br />

Nutzung, wie beispielsweise Mühlen wird<br />

es schwierig, wenn Erhaltungsziele und<br />

Umnutzung sich widersprechen. Nur ganz<br />

wenige Objekte können dann zu Denkmälern<br />

um ihrer selbst Willen werden – so<br />

wie beispielsweise das Spalentor in Basel.<br />

_Gelangt man dabei gar in den Bereich<br />

des Enteignungsrechts von gewissen<br />

Objekten?<br />

_Thomas Lutz: Die Enteignungsfrage<br />

kommt oft dann ins Spiel, wenn es sich<br />

um stark unternutzte Parzellen handelt.<br />

Angenommen ein herrschaftliches Einfamilienhaus<br />

aus dem Anfang des letzten<br />

Jahrhunderts steht mitten in einer grossen<br />

Parzelle im teuren Grüngürtel einer Stadt.<br />

Eine höhere Ausnutzung der Parzelle wäre<br />

also baurechtlich möglich. Wird das Gebäude<br />

unter Denkmalschutz gestellt, ergibt<br />

sich die Frage, ob eine Mehrnutzung<br />

noch zulässig ist oder nicht. Zur Feststellung<br />

materieller Enteignung gibt es eine<br />

bundesgerichtliche Rechtssprechung, die<br />

meiner Meinung nach den Eigentümern<br />

diesbezüglich einiges zumutet. Im Einzelfall<br />

bleibt in der Praxis zu prüfen, ob eine<br />

Schutzverfügung zu Entschädigungsansprüchen<br />

führt – und möglicherweise gar<br />

einen Verzicht auf die Schutzmassnahme<br />

nahelegt – oder ob mit einer suboptimalen<br />

Mehrnutzung ein beiderseitig akzeptabler<br />

Kompromiss zu finden ist.<br />

_Offenbar handelt es sich bei den<br />

Schutzentscheiden teilweise auch um<br />

politische Entscheide. Ist es nicht an der<br />

Zeit, dass die Denkmalpflege einheitliche<br />

und klare Richtlinien erlässt, an denen<br />

sich Immobilienbesitzer oder -interessenten<br />

orientieren können?<br />

_Thomas Lutz: Der Denkmalschutz ist<br />

kantonal geregelt. Die Verfahren und Entscheide<br />

über Schutzmassnahmen haben<br />

auch eine politische Komponente. Wichtiger<br />

Faktor für die rechtliche Sicherheit<br />

und Transparenz ist der Stand der Erfassung<br />

der Denkmäler in den Kantonen. Wir<br />

in Basel sind trotz dreissig Jahren Denkmalschutz<br />

mit der Inventarisierung noch<br />

nicht für alle Quartiere auf dem aktuellsten<br />

Stand, es wurde zeitweise zu akribisch<br />

recherchiert. Ist dieser Prozess jedoch<br />

einmal abgeschlossen, verfügen alle<br />

Beteiligten über die notwendige Klarheit.<br />

Solange dies noch nicht der Fall ist, kann<br />

es sehr wohl sein, dass ein Immobilienbesitzer<br />

erst bei einer Umbaueingabe vernimmt,<br />

dass er Besitzer eines schutzwürdigen<br />

Objekts ist. Dabei handelt es sich<br />

um eine für alle Beteiligten sehr unangenehme<br />

Situation, falls schon Planungsaufwand<br />

betrieben oder gar eine Investition<br />

für einen Abbruch getätigt wurde, der<br />

dann nicht erfolgen kann.<br />

_Führt dies bei den Immobilienbesitzern<br />

zum erwähnten Unmut?<br />

_Daniel Conca: Ein Investor verlässt sich<br />

auf das Inventar der Denkmalpflege. Aber<br />

auch bei inventarisierten Denkmälern<br />

nimmt die Denkmalpflege bei der Prüfung<br />

eines Bauvorhabens eine gewichtige Stellung<br />

ein und kann unter Umständen alsdann<br />

eine Liegenschaft unter Schutz stellen.<br />

Aus meiner Sicht drängt sich aber<br />

vor allem die Frage auf, was denn alles<br />

inventarisiert werden soll. Betrachten<br />

wir die Stadt Bern als Beispiel. Die Altstadt<br />

steht unter dem Schutz der Unesco<br />

– hier ist die Sachlage klar. Dann stehen<br />

aber auch in zahlreichen Quartieren ganze<br />

Strassenzüge unter Schutz – einige davon<br />

Zeitzeugen der gleichen Epochen. Ist<br />

das sinnvoll? Die Inventarisierung sollte<br />

doch abgeschlossen werden können, die<br />

Suche nach noch mehr schützenswerten<br />

Bauten der gleichen Zeitepoche ein Ende<br />

haben, so dass nur noch neuzeitliche Gebäude<br />

auf ihre Aufnahmewürdigkeit hin<br />

überprüft werden.<br />

_Heisst das, Denkmalpfleger suchen<br />

sich ihre Arbeit selbst und gehen gelegentlich<br />

zu weit?<br />

_Thomas Lutz: Zweifellos ist es so, dass jede<br />

Generation ihren Zugang zu Baudenkmälern<br />

wieder neu definiert. Derzeit beschäftigt<br />

uns die Zeit zwischen 1940 und<br />

6 | immobilia September <strong>2011</strong>

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