buch aktuell Winter 2018
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Literatur/Unterhaltung<br />
Liebe, Flucht und Überleben<br />
Christian Berkel entwirft einen großen Familienroman vor dem Hintergrund des<br />
20. Jahrhunderts und erzählt zugleich die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe.<br />
Christian Berkel<br />
Berlin 1932: Sala und Otto sind 13<br />
und 17 Jahre alt, als sie sich ineinander<br />
verlieben. Er stammt aus der<br />
Arbeiterklasse, sie aus einer intellektuellen<br />
jüdischen Familie. 1938 muss Sala Deutschland<br />
verlassen, kommt bei ihrer Tante in Paris<br />
unter, bis die Nazis in Frankreich einmarschieren.<br />
Während Otto als Sanitätsarzt mit<br />
der Wehrmacht in den Krieg zieht, wird Sala<br />
bei einem Fluchtversuch verraten und in<br />
einem Lager in den Pyrenäen<br />
interniert. Dort stirbt man<br />
schnell an Hunger oder Seuchen,<br />
wer bis 1943 überlebt,<br />
wird nach Auschwitz deportiert.<br />
Sala hat Glück, sie wird<br />
in einen Zug nach Leipzig<br />
gesetzt und taucht unter.<br />
Otto gerät in russische<br />
Gefangenschaft, aus der er<br />
1950 in das zerstörte Berlin<br />
zurückkehrt. Für Sala beginnt nach dem<br />
Krieg eine Odyssee, die sie bis nach Buenos<br />
Aires führt. Als der Versuch, dort ein neues<br />
Leben aufzubauen, scheitert, kehrt sie zurück.<br />
Zehn Jahre lang haben sie einander<br />
nicht gesehen. Aber als Sala Ottos Namen<br />
im Telefon<strong>buch</strong> entdeckt, weiß sie, dass sie<br />
ihn nie vergessen hat ...<br />
Für den Roman seiner Familie hat der<br />
Schauspieler Christian Berkel (bekannt aus<br />
der TV-Serie „Der Krimi nalist“) seinen<br />
Wurzeln nachgespürt. Er hat<br />
Archive besucht, Briefe gelesen,<br />
Reisen unternommen. Das Ergebnis<br />
ist mehr als lesenswert! <br />
Christian Berkel<br />
Der Apfelbaum<br />
Ullstein, 416 Seiten, geb.<br />
22,- € (D), 22,70 € (A)<br />
ISBN 978-3-550-08196-5<br />
Verwirrung der Gefühle<br />
Jean-Philippe Blondels neues Buch ist das sensible Porträt eines jungen Pariser<br />
Studenten – mit gewissen Parallelen zwischen dem Protagonisten und dem Autor.<br />
Victor hat die Provinz hinter sich gelassen<br />
und ist zum Studium nach<br />
Paris gezogen. Er kommt aus einfachen<br />
Verhältnissen, der Druck an der Uni<br />
ist hoch. Victor ist einsam und fühlt sich<br />
unsichtbar. Einzig mit Mathieu, einem Jungen<br />
aus dem Kurs unter ihm, raucht er hin<br />
und wieder eine Zigarette. Als Mathieu in<br />
den Tod springt, verändert sich für Victor<br />
alles. Plötzlich wird er, der einzige Freund<br />
des Opfers, sichtbar. Seine<br />
Kommilitonen interessieren<br />
sich plötzlich für ihn,<br />
und langsam entwickelt<br />
er zu Mathieus Vater eine<br />
Beziehung, wie er sie zu<br />
seinem eigenen Vater nie<br />
hatte. „Ein <strong>Winter</strong> in Paris“<br />
ist ein sensibles und zärtliches<br />
Buch über das, was<br />
Menschen zusammenhält.<br />
12 | <strong>buch</strong> <strong>aktuell</strong><br />
Jean-Philippe Blondel hat zu seinem Protagonisten<br />
eine besondere Beziehung: „Im<br />
Oktober 1984 war ich 20 Jahre alt. Ich bereitete<br />
mich in Paris auf das Studium vor. Einer<br />
der Studenten aus der Klasse gegenüber<br />
der unseren hat genau das gemacht, was<br />
Mathieu im Buch tut. Der Schrei blieb all<br />
die Jahre in mein Gedächtnis eingebrannt.<br />
Es passiert mir immer noch, dass ich nachts<br />
aufwache, weil ich ihn höre. Victor ist dem,<br />
der ich damals war, sehr ähnlich. Er<br />
ist ein Doppelgänger, ein Bruder<br />
– ich habe ihn in mir leben/wiederaufleben<br />
gespürt, als ich den<br />
Roman geschrieben habe.“ <br />
Jean-Philippe Blondel<br />
Ein <strong>Winter</strong> in Paris<br />
Deuticke, 192 Seiten, geb.<br />
19,- € (D), 19,60 € (A)<br />
ISBN 978-3-552-06377-8<br />
Jean-Philippe Blondel