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Das „berechtigte <strong>Interesse</strong><br />

iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO<br />

1. Auflage<br />

mit<br />

Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe (WP 217)<br />

Stellungnahme 06/2014 zum Begriff des berechtigten <strong>Interesse</strong>s des<br />

für die Verarbeitung Verantwortlichen gemäß Artikel 7 der Richtlinie<br />

95/46/EG<br />

Ing. Mag. Michael Furtlehner


Sämtliche Angaben in diesem <strong>Buch</strong> erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung und<br />

Kontrolle ohne Gewähr. Eine Haftung des Autors aus dem Inhalt dieses Werkes ist<br />

ausgeschlossen.<br />

Grafik & Design:<br />

Michael Furtlehner Netsystem, Bäckerfeld 13, 4331 Naarn<br />

Cover-Foto: © wladimir1804 / Fotolia<br />

Druck:<br />

epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin<br />

Kontakt zum Autor:<br />

Ing. Mag. Michael Furtlehner<br />

Bäckerfeld 13<br />

4331 Naarn<br />

E-Mail: michael.furtlehner@netsystem.at<br />

Web: www.netsystem.at<br />

© 2018 Michael Furtlehner Netsystem


Vorwort<br />

In Art 6 Abs 1 DSGVO werden jene Erlaubnistatbestände taxativ<br />

aufgezählt, die eine Rechtsgrundlage für eine Datenverarbeitung<br />

personenbezogener Daten begründen. Unter anderem ist demnach eine<br />

Verarbeitung dann rechtmäßig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der<br />

berechtigten <strong>Interesse</strong>n des Verantwortlichen oder eines Dritten<br />

erforderlich ist, sofern nicht die <strong>Interesse</strong>n oder Grundrechte und<br />

Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz<br />

personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann,<br />

wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.<br />

Die in der Praxis häufig gestellte Frage „Was ist denn ein berechtigtes<br />

<strong>Interesse</strong>“ kann leider nur mit dem Juristen-Standardsatz „Das kommt<br />

darauf an …“ beantwortet werden, da dieser Begriff von vielen Faktoren<br />

abhängt und für jede Verarbeitung individuell ausgelegt werden muss.<br />

Das „berechtigte <strong>Interesse</strong>“ war bereits eine zulässige Rechtsgrundlage<br />

zur Verarbeitung personenbezogener Daten vor Geltung der DSGVO und<br />

erfordert immer eine <strong>Interesse</strong>nabwägung und Begründung im<br />

Einzelfall. Die Artikel-29-Datenschutzgruppe hat in ihrem Arbeitspapier<br />

WP 217 bereits am 9. April 2014 eine Stellungnahme zum Begriff des<br />

berechtigten <strong>Interesse</strong>s abgegeben, welche als Orientierungshilfe für die<br />

Begründung bzw Auslegung des Begriffs dient.<br />

Auf Grundlage dieser Stellungnahme wird in diesem <strong>Buch</strong> das<br />

„berechtigte <strong>Interesse</strong> iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO“ aus verschiedenen<br />

Blickwinkeln betrachtet und versucht, eine praxistaugliche Anleitung<br />

sowie ein Prüfschema aufzustellen, welches für die einzelnen<br />

Datenverarbeitungen angewendet werden kann. Der Vollständigkeit<br />

halber darf hier gleich angemerkt werden, dass keine Art von Leitlinien<br />

die <strong>Interesse</strong>nabwägung durch den Verantwortlichen ersetzen kann,<br />

sondern nur als Orientierungshilfen für bestimmte, in der Praxis oft<br />

vorkommenden Verarbeitungssituationen unterstützen. 1<br />

Im zweiten Teil des <strong>Buch</strong>es wird die Stellungnahme 06/2014 zum Begriff<br />

des berechtigten <strong>Interesse</strong>s des für die Verarbeitung Verantwortlichen<br />

gemäß Artikel 7 der Richtlinie 95/46/EG der Artikel-29-Datenschutzgruppe<br />

abgedruckt.<br />

Naarn, im Oktober 2018<br />

Michael Furtlehner<br />

1 Vgl Heberlein in Ehmann/Selmayr, DS-GVO 2 (2018), Art 6 Rz 32.


Inhaltsverzeichnis<br />

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... 11<br />

Einleitung ......................................................................................... 13<br />

Historie ............................................................................................. 15<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt ................................ 19<br />

III.1 Rechtmäßigkeit der Verarbeitung gem Art 6 Abs 1 .................... 19<br />

III.1.1 Behörden ................................................................................................................................... 29<br />

III.2<br />

III.3<br />

Rechtmäßigkeit bei Verarbeitung besonderer Kategorien<br />

personenbezogener Daten gem Art 9 ................................................ 31<br />

Rechtmäßigkeit bei Verarbeitung von personenbezogenen<br />

Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten ...... 37<br />

Voraussetzungen ........................................................................... 38<br />

IV.1 <strong>Berechtigtes</strong> <strong>Interesse</strong> .............................................................................. 39<br />

IV.1.1 <strong>Interesse</strong> .................................................................................................................................... 40<br />

IV.1.2 Rechtmäßig .............................................................................................................................. 41<br />

IV.1.3 Hinreichend klar formuliert .............................................................................................. 41<br />

IV.1.4 Gegenwärtig und tatsächlich vorhanden..................................................................... 41<br />

IV.2 Erforderlichkeit der Verarbeitung ...................................................... 41<br />

IV.3 <strong>Interesse</strong>nabwägung ................................................................................. 42<br />

IV.3.1 Grundrechte und Grundfreiheiten des Betroffenen ............................................... 43<br />

IV.3.2 Vernünftige Erwartungen der betroffenen Person ................................................. 46<br />

IV.3.3 Kinder ......................................................................................................................................... 46<br />

IV.3.4 Folgen für die betroffene Person .................................................................................... 46<br />

IV.3.5 Art der Daten ........................................................................................................................... 47<br />

IV.3.6 Art und Weise, wie die Daten verarbeitet werden .................................................. 48<br />

IV.4 Schutzmaßnahmen .................................................................................... 49<br />

IV.5 Transparenz .................................................................................................. 52<br />

7


IV.5.1 Informationspflicht nach Art 13 DSGVO ...................................................................... 56<br />

IV.5.2 Informationspflicht nach Art 14 DSGVO ...................................................................... 59<br />

IV.6 Kein Widerspruch ...................................................................................... 63<br />

IV.6.1 Allgemeiner Widerspruch nach Art 21 Abs 1 ............................................................ 65<br />

IV.6.2 Widerspruch gegen Direktwerbung nach Art 21 Abs 2 ........................................ 66<br />

IV.6.3 EXKURS „Robinsonliste..................................................................................................... 67<br />

IV.6.4 EXKURS „ECG-Liste ............................................................................................................. 68<br />

IV.7 Dokumentationspflicht des Verantwortlichen .............................. 68<br />

IV.8 Empfohlene Prüfungsschritte ............................................................... 69<br />

Die Artikel-29-Datenschutzgruppe ........................................ 72<br />

V.1 Der Europäischen Datenschutzausschuss EDSA .......................... 73<br />

V.1.1 Zusammensetzung ................................................................................................................ 74<br />

V.1.2 Aufgaben ................................................................................................................................... 75<br />

WP 217 .......................................................................................... 83<br />

Zusammenfassung ........................................................................................ 85<br />

I. Einleitung ........................................................................................ 87<br />

Allgemeine Bemerkungen ......................................................... 90<br />

II.1 Kurze Vorgeschichte ................................................................................. 90<br />

II.2 Rolle des Begriffs ........................................................................................ 95<br />

II.3 Verwandte Begriffe .................................................................................... 97<br />

II.4 Kontext und strategische Konsequenzen ..................................... 100<br />

Analyse der Bestimmungen .................................................... 101<br />

III.1 Überblick über Artikel 7 ....................................................................... 101<br />

III.1.1 Einwilligung oder „erforderlich f“r... ........................................................................ 101<br />

8


III.1.2 Verbindung mit Artikel 8 ................................................................................................. 103<br />

III.2 Artikel 7 <strong>Buch</strong>staben a bis e ............................................................... 106<br />

III.2.1 Einwilligung ........................................................................................................................... 106<br />

III.2.2 Vertrag ..................................................................................................................................... 107<br />

III.2.3 Rechtliche Verpflichtung .................................................................................................. 111<br />

III.2.4 Lebenswichtige <strong>Interesse</strong>n .............................................................................................. 114<br />

III.2.5 Öffentliche Aufgabe ............................................................................................................ 115<br />

III.3 Artikel 7 <strong>Buch</strong>stabe f: berechtigte <strong>Interesse</strong>n............................. 119<br />

III.3.1 Berechtigte <strong>Interesse</strong>n des für die Verarbeitung Verantwortlichen (oder<br />

Dritter) ..................................................................................................................................... 120<br />

III.3.2 <strong>Interesse</strong>n oder Rechte der betroffenen Person .................................................... 129<br />

III.3.3 Einführung in die Anwendung der Prüfung der Ausgewogenheit der<br />

<strong>Interesse</strong>n ............................................................................................................................... 131<br />

III.3.4 Schlüsselfaktoren, die bei der Anwendung der Prüfung der Ausgewogenheit<br />

der <strong>Interesse</strong>n zu berücksichtigen sind ..................................................................... 136<br />

III.3.5 Rechenschaftspflicht und Transparenz ..................................................................... 154<br />

III.3.6 Das Widerspruchsrecht und mehr ............................................................................... 156<br />

Abschließende Bemerkungen ................................................ 163<br />

IV.1 Fazit ............................................................................................................... 163<br />

IV.2 Empfehlungen ........................................................................................... 169<br />

Anhang 1 ........................................................................................................ 175<br />

Anhang 2 ........................................................................................................ 183<br />

Stichwortverzeichnis ................................................................................. 205<br />

9


Das „berechtigte )nteresse<br />

Einleitung<br />

Einleitung<br />

Das geltende Datenschutzrecht ist eine Verbotsnorm mit<br />

Erlaubnisvorbehalt. Es ist also jegliche Datenverarbeitung personenbezogener<br />

Daten verboten, es sei denn es liegt ein Ausnahmetatbestand<br />

iSd Art 6 Abs 1, Art 9 bzw. Art 10 DSGVO 2 vor.<br />

Art 6 normiert sechs Alternativtatbestände, die eine Rechtsgrundlage für<br />

die Datenverarbeitung von personenbezogenen Daten geben und regelt<br />

das „Ob der Datenverarbeitung. 3 Die Verarbeitung von besonderen<br />

Kategorien personenbezogener Daten ist nur bei Vorliegen der<br />

Voraussetzungen des Art 9 und die Verarbeitung von personenbezogenen<br />

Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten<br />

nach Art 10 DSGVO zulässig.<br />

Der oft fälschlicherweise verbreiteten Meinung, dass immer eine<br />

Einwilligung des Betroffenen eingeholt werden muss, kann<br />

entgegengehalten werden, dass die DSGVO noch fünf weitere<br />

Tatbestände kennt, die eine Datenverarbeitung erlauben.<br />

Neben der Zustimmung (Art 6 Abs 1 lit a) ist eine Verarbeitung auch<br />

dann möglich, wenn diese für die Erfüllung eines Vertrags (Art 6 Abs 1<br />

lit b) oder zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (Art 6 Abs 1<br />

lit c) erforderlich ist. Weiters liegt eine gültige Rechtsgrundlage vor,<br />

wenn die Verarbeitung erforderlich ist, um lebenswichtige <strong>Interesse</strong>n<br />

der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu<br />

schützen (Art 6 Abs 1 lit d) oder wenn die Verarbeitung für die<br />

Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen<br />

<strong>Interesse</strong> liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem<br />

Verantwortlichen übertragen wurde (Art 6 Abs 1 lit e).<br />

Letztendlich ist die Verarbeitung iSd Art 6 Abs 1 lit f auch dann zulässig,<br />

wenn diese zur Wahrung der berechtigten <strong>Interesse</strong>n des<br />

Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die<br />

<strong>Interesse</strong>n oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen<br />

Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern,<br />

überwiegen.<br />

2 Artikel ohne Gesetzesangabe sind solche der DSGVO.<br />

3 Vgl Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Art 6 DSGVO Rz 1 (Stand<br />

1.10.2018, rdb.at).<br />

13


Das „berechtigte )nteresse<br />

Einleitung<br />

Ob eine Rechtsgrundlage iSd Art 6 Abs 1 lit a bis e vorliegt ist in den<br />

meisten Fällen unkompliziert zu prüfen. Es herrscht aber weiterhin 4<br />

große Rechtsunsicherheit, ob und unter welchen Voraussetzungen ein<br />

berechtigtes <strong>Interesse</strong> als Rechtsgrundlage und somit als Zulässigkeitsvoraussetzung<br />

für die Datenverarbeitung greift.<br />

Einen Anhaltspunkt liefert die Stellungnahme der Artikel-29-<br />

Datenschutzgruppe zum Begriff des berechtigten <strong>Interesse</strong>s, welche<br />

auch im Anwendungsbereich der DSGVO gültig ist und für die Prüfung<br />

der Voraussetzungen und Abwägung der <strong>Interesse</strong>n herangezogen<br />

werden kann.<br />

Ob eine Rechtmäßigkeit im Sinne eines „berechtigten <strong>Interesse</strong>s nach<br />

Art 6 Abs 1 lit f vorliegt, ist immer im Einzelfall zu prüfen und zu<br />

dokumentieren.<br />

Wann ein <strong>Interesse</strong> als berechtigt anzusehen ist, welche Kriterien in eine<br />

<strong>Interesse</strong>nabwägung miteinbezogen werden müssen und nach welchem<br />

Schema ein eventuell vorliegendes berechtigtes <strong>Interesse</strong> geprüft<br />

werden kann, wird in diesem <strong>Buch</strong> zusammengefasst und vereinfacht<br />

dargestellt.<br />

Die Prüfung der Rechtmäßigkeit erfolgt nach den Regeln der DSGVO. Da<br />

diese in vielen Bereichen auslegungsbedürftig ist und deswegen oft ein<br />

Rückgriff auch die entsprechenden Erwägungsgründe empfehlenswert<br />

ist, werden in der Folge nach einem Auszug des Gesetzestextes die dazu<br />

passenden Erwägungsgründe angedruckt.<br />

Gerade bei der <strong>Interesse</strong>nabwägung ist es empfehlenswert sich an der<br />

Stellungnahme 06/2014 zum Begriff des berechtigten <strong>Interesse</strong>s des für<br />

die Verarbeitung Verantwortlichen gemäß Artikel 7 der Richtlinie<br />

95/46/EG der Artikel-29-Datenschutzgruppe zu orientieren. Die in<br />

diesem <strong>Buch</strong> genannten Vorgehensweisen sowie die zu berücksichtigenden<br />

Faktoren bei der Abwägung greifen auf die von der Gruppe<br />

vorgeschlagenen Anleitung zur Durchführung der Prüfung der<br />

Ausgewogenheit der <strong>Interesse</strong>n zurück.<br />

Die vollständige Stellungnahme ist in diesem <strong>Buch</strong> ab Seite 83 enthalten.<br />

4 Ein überwiegendes berechtigtes <strong>Interesse</strong> war auch schon eine Rechtsgrundlage nach<br />

§ 8 Abs 1 Z 4 DSG 2000, welches seinen Ursprung in Art 7 lit f DSRL hatte.<br />

14


Das „berechtigte )nteresse<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt<br />

Das Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt wurde im Vergleich zur<br />

Datenschutz-Richtlinie 25 nicht verändert. Dh jegliche Datenverarbeitung<br />

mit personenbezogenen Daten ist grundsätzlich verboten, es sei denn,<br />

einer der in Art 6, 9 oder 10 DSGVO genannten Ausnahmetatbestände<br />

erlaubt die Datenverarbeitung.<br />

Bereits nach Art 8 Abs 2 GRC bedarf jede Verarbeitung personenbezogener<br />

Daten einer Einwilligung der betroffenen Person oder einer<br />

gesetzlichen Legitimation. Ausgangspunkt hierf“r ist, „dass der<br />

Einzelne grds selbst (err seiner Daten sein soll. 26<br />

Ergänzt wird das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt durch das<br />

übergreifende Prinzip der Erforderlichkeit. Sämtliche Erlaubnistatbestände<br />

(mit Ausnahme der Einwilligung des Betroffenen) stehen<br />

unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass die Verarbeitung personenbezogener<br />

Daten nur dann zulässig ist, wenn diese im Rahmen des<br />

jeweiligen Erlaubnistatbestands erforderlich ist. 27<br />

III.1 Rechtmäßigkeit der Verarbeitung gem Art 6 Abs 1<br />

Art 6 normiert die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung für nichtsensible<br />

Daten. Abs 1 zählt dabei taxativ und damit abschließend die<br />

einzelnen Erlaubnistatbestände auf und differenziert hierbei neben der<br />

Einwilligung fünf Kategorien möglicher gesetzlicher Erlaubnistatbestände.<br />

Eine der sechs Tatbestands-Alternativen für die<br />

Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung personenbezogener Daten ist<br />

das Vorliegen berechtigter <strong>Interesse</strong>n des Verantwortlichen oder eines<br />

Dritten gem Art 6 Abs 1 lit f DSGVO.<br />

Abs 2 normiert eine Öffnungsklausel, die den Mitgliedstaaten die<br />

Möglichkeit zur Bewahrung und Fortentwicklung des mitgliedstaatlichen<br />

Datenschutzrechts vor allem im öffentlichen Bereich<br />

eröffnet.<br />

Abs 4 konkretisiert den in Art 5 Abs 2 lit b normierten Zweckbindungsgrundsatz,<br />

ist jedoch kein eigener Erlaubnistatbestand. 28<br />

25 Art 7 DSRL.<br />

26 Vgl Frenz Handbuch Europarecht, Rn 1380; ähnlich Streinz/Michl EuZW 2011, 384 f.<br />

27 Vgl <strong>Buch</strong>ner/Petri in Kühling/<strong>Buch</strong>ner DS-GVO (2017), Art 6 Rz 15.<br />

28 Vgl <strong>Buch</strong>ner/Petri in Kühling/<strong>Buch</strong>ner DS-GVO (2017), Art 6 Rz 2-4.<br />

19


Das „berechtigte )nteresse<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt<br />

Artikel 6 Rechtmäßigkeit der Verarbeitung<br />

(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der<br />

nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:<br />

a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung<br />

der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder<br />

mehrere bestimmte Zwecke gegeben;<br />

b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen<br />

Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung<br />

vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der<br />

betroffenen Person erfolgen;<br />

c) die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen<br />

Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;<br />

d) die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige <strong>Interesse</strong>n<br />

der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person<br />

zu schützen;<br />

e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe<br />

erforderlich, die im öffentlichen <strong>Interesse</strong> liegt oder in Ausübung<br />

öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen<br />

übertragen wurde;<br />

f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten<br />

<strong>Interesse</strong>n des Verantwortlichen oder eines Dritten<br />

erforderlich, sofern nicht die <strong>Interesse</strong>n oder Grundrechte<br />

und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz<br />

personenbezogener Daten erfordern, überwiegen,<br />

insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person<br />

um ein Kind handelt.<br />

Unterabsatz 1 <strong>Buch</strong>stabe f gilt nicht für die von Behörden in Erfüllung<br />

ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitung.<br />

(2) Die Mitgliedstaaten können spezifischere Bestimmungen zur<br />

Anpassung der Anwendung der Vorschriften dieser Verordnung<br />

in Bezug auf die Verarbeitung zur Erfüllung von Absatz 1<br />

<strong>Buch</strong>staben c und e beibehalten oder einführen, indem sie<br />

spezifische Anforderungen für die Verarbeitung sowie sonstige<br />

Maßnahmen präziser bestimmen, um eine rechtmäßig und nach<br />

Treu und Glauben erfolgende Verarbeitung zu gewährleisten,<br />

einschließlich für andere besondere Verarbeitungssituationen<br />

gemäß Kapitel IX.<br />

(3) Die Rechtsgrundlage für die Verarbeitungen gemäß Absatz 1<br />

<strong>Buch</strong>staben c und e wird festgelegt durch<br />

20


Das „berechtigte )nteresse<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt<br />

a) Unionsrecht oder<br />

b) das Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche<br />

unterliegt.<br />

Der Zweck der Verarbeitung muss in dieser Rechtsgrundlage festgelegt<br />

oder hinsichtlich der Verarbeitung gemäß Absatz 1 <strong>Buch</strong>stabe e für die<br />

Erfüllung einer Aufgabe erforderlich sein, die im öffentlichen <strong>Interesse</strong><br />

liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem<br />

Verantwortlichen übertragen wurde. Diese Rechtsgrundlage kann<br />

spezifische Bestimmungen zur Anpassung der Anwendung der<br />

Vorschriften dieser Verordnung enthalten, unter anderem<br />

Bestimmungen darüber, welche allgemeinen Bedingungen für die<br />

Regelung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung durch den<br />

Verantwortlichen gelten, welche Arten von Daten verarbeitet werden,<br />

welche Personen betroffen sind, an welche Einrichtungen und für welche<br />

Zwecke die personenbezogenen Daten offengelegt werden dürfen,<br />

welcher Zweckbindung sie unterliegen, wie lange sie gespeichert werden<br />

dürfen und welche Verarbeitungsvorgänge und -verfahren angewandt<br />

werden dürfen, einschließlich Maßnahmen zur Gewährleistung einer<br />

rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgenden Verarbeitung, wie<br />

solche für sonstige besondere Verarbeitungssituationen gemäß Kapitel<br />

IX. Das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten müssen ein im<br />

öffentlichen <strong>Interesse</strong> liegendes Ziel verfolgen und in einem<br />

angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten legitimen Zweck stehen.<br />

(4) Beruht die Verarbeitung zu einem anderen Zweck als zu<br />

demjenigen, zu dem die personenbezogenen Daten erhoben<br />

wurden, nicht auf der Einwilligung der betroffenen Person oder<br />

auf einer Rechtsvorschrift der Union oder der Mitgliedstaaten,<br />

die in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und<br />

verhältnismäßige Maßnahme zum Schutz der in Artikel 23<br />

Absatz 1 genannten Ziele darstellt, so berücksichtigt der<br />

Verantwortliche — um festzustellen, ob die Verarbeitung zu<br />

einem anderen Zweck mit demjenigen, zu dem die<br />

personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden,<br />

vereinbar ist — unter anderem<br />

a) jede Verbindung zwischen den Zwecken, für die die<br />

personenbezogenen Daten erhoben wurden, und den Zwecken<br />

der beabsichtigten Weiterverarbeitung,<br />

b) den Zusammenhang, in dem die personenbezogenen Daten<br />

erhoben wurden, insbesondere hinsichtlich des Verhältnisses<br />

zwischen den betroffenen Personen und dem Verantwortlichen,<br />

21


Das „berechtigte )nteresse<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt<br />

c) die Art der personenbezogenen Daten, insbesondere ob<br />

besondere Kategorien personenbezogener Daten gemäß Artikel<br />

9 verarbeitet werden oder ob personenbezogene Daten über<br />

strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten gemäß Artikel 10<br />

verarbeitet werden,<br />

d) die möglichen Folgen der beabsichtigten Weiterverarbeitung für<br />

die betroffenen Personen,<br />

e) das Vorhandensein geeigneter Garantien, wozu Verschlüsselung<br />

oder Pseudonymisierung gehören kann.<br />

Artikel 6 gibt vor, unter welchen Voraussetzungen eine<br />

Datenverarbeitung rechtmäßig ist. Neu ist die Einführung des Worts<br />

„mindestens 29 , wodurch verstanden werden kann, dass eine<br />

Datenverarbeitung auch auf mehrere Rechtsgrundlagen gestützt werden<br />

kann. 30<br />

Die Rechtmäßigkeit ist auch nach den Grundsätzen der Datenverarbeitung<br />

iSd Art 5 Abs 1 lit a bei jeder Verarbeitung personenbezogener<br />

Daten im ersten Schritt zu prüfen und somit die wichtigste<br />

Voraussetzung bei der Prüfung, ob eine Datenverarbeitung datenschutzrechtlich<br />

zulässig ist.<br />

Liegt zumindest ein alternativer Rechtsgrund iSd Art 6 Abs 1 lit a bis f<br />

vor, ist die Datenverarbeitung grundsätzlich zulässig. 31 Kann die<br />

Datenverarbeitung keinem Rechtsgrund zugeordnet werden, ist die<br />

Verarbeitung von vornherein nicht zulässig.<br />

Die entsprechenden Erwägungsgründe können bei der Auslegung der<br />

Rechtmäßigkeit Aufschluss geben, wobei der Begriff des berechtigten<br />

<strong>Interesse</strong>s hauptsächlich auf ErwGr 47 zurückzuführen ist.<br />

ErwGr 39 (Grundsätze der Datenverarbeitung) 32<br />

Jede Verarbeitung personenbezogener Daten sollte rechtmäßig und nach Treu und<br />

Glauben erfolgen. Für natürliche Personen sollte Transparenz dahingehend bestehen,<br />

dass sie betreffende personenbezogene Daten erhoben, verwendet, eingesehen oder<br />

anderweitig verarbeitet werden und in welchem Umfang die personenbezogenen Daten<br />

29 Vgl die englische Sprachfassung „[…] at least one oft he following applies“.<br />

30 Vgl Schulz in Gola, DS-GVO Art 6 Rz 18; Frenzel in Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG2 Art 6 Rz<br />

3, 8; <strong>Buch</strong>ner/Petri in Kühling/<strong>Buch</strong>ner, DS-GVO Art 6 Rz 13,22; Siehe auch<br />

Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Art 6 DSGVO (Stand 1.10.2018,<br />

rdb.at) Rz 15.<br />

31 Für die Verarbeitung personenbezogener Daten besonderer Kategorien siehe die<br />

Erlaubnistatbestände des Art 9; für die Verarbeitung strafrechtlicher Daten siehe Art 10.<br />

32 Die folgenden Titel der Erwägungsgründe sind inoffizielle Bezeichnungen des Autors.<br />

22


Das „berechtigte )nteresse<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt<br />

verarbeitet werden und künftig noch verarbeitet werden. Der Grundsatz der<br />

Transparenz setzt voraus, dass alle Informationen und Mitteilungen zur Verarbeitung<br />

dieser personenbezogenen Daten leicht zugänglich und verständlich und in klarer und<br />

einfacher Sprache abgefasst sind. Dieser Grundsatz betrifft insbesondere die<br />

Informationen über die Identität des Verantwortlichen und die Zwecke der Verarbeitung<br />

und sonstige Informationen, die eine faire und transparente Verarbeitung im Hinblick<br />

auf die betroffenen natürlichen Personen gewährleisten, sowie deren Recht, eine<br />

Bestätigung und Auskunft darüber zu erhalten, welche sie betreffende<br />

personenbezogene Daten verarbeitet werden. Natürliche Personen sollten über die<br />

Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung<br />

personenbezogener Daten informiert und darüber aufgeklärt werden, wie sie ihre<br />

diesbezüglichen Rechte geltend machen können. Insbesondere sollten die bestimmten<br />

Zwecke, zu denen die personenbezogenen Daten verarbeitet werden, eindeutig und<br />

rechtmäßig sein und zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten<br />

feststehen. Die personenbezogenen Daten sollten für die Zwecke, zu denen sie<br />

verarbeitet werden, angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke ihrer<br />

Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein. Dies erfordert insbesondere, dass die<br />

Speicherfrist für personenbezogene Daten auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß<br />

beschränkt bleibt. Personenbezogene Daten sollten nur verarbeitet werden dürfen,<br />

wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel<br />

erreicht werden kann. Um sicherzustellen, dass die personenbezogenen Daten nicht<br />

länger als nötig gespeichert werden, sollte der Verantwortliche Fristen für ihre<br />

Löschung oder regelmäßige Überprüfung vorsehen. Es sollten alle vertretbaren Schritte<br />

unternommen werden, damit unrichtige personenbezogene Daten gelöscht oder<br />

berichtigt werden. Personenbezogene Daten sollten so verarbeitet werden, dass ihre<br />

Sicherheit und Vertraulichkeit hinreichend gewährleistet ist, wozu auch gehört, dass<br />

Unbefugte keinen Zugang zu den Daten haben und weder die Daten noch die Geräte, mit<br />

denen diese verarbeitet werden, benutzen können.<br />

ErwGr 39 ist maßgeblich für die Normierung des Grundsatzes der<br />

Rechtmäßigkeit, Transparenz und der Verarbeitung nach Treu und<br />

Glauben. 33 Weiters finden sich darin auch die Grundsätze der<br />

Speicherbegrenzung 34 , Datenminimierung 35 , Richtigkeit 36 sowie<br />

Integrität und Vertraulichkeit. 37<br />

ErwGr 40 (Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung)<br />

Damit die Verarbeitung rechtmäßig ist, müssen personenbezogene Daten mit<br />

Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen zulässigen<br />

Rechtsgrundlage verarbeitet werden, die sich aus dieser Verordnung oder — wann<br />

immer in dieser Verordnung darauf Bezug genommen wird — aus dem sonstigen<br />

Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten ergibt, so unter anderem auf der<br />

Grundlage, dass sie zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung, der der Verantwortliche<br />

unterliegt, oder zur Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene<br />

33 Vgl Art 5 Abs 1 lit a DSGVO.<br />

34 Vgl Art Abs 1 lit e DSGVO.<br />

35 Vgl Art 5 Abs 1 lit c DSGVO.<br />

36 Vgl Art 5 Abs 1 lit d DSGVO.<br />

37 Vgl Art 5 Abs 1 lit f DSGVO.<br />

23


Das „berechtigte )nteresse<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt<br />

die die Verfügbarkeit, Authentizität, Vollständigkeit und Vertraulichkeit von<br />

gespeicherten oder übermittelten personenbezogenen Daten sowie die Sicherheit damit<br />

zusammenhängender Dienste, die über diese Netze oder Informationssysteme<br />

angeboten werden bzw. zugänglich sind, beeinträchtigen. Ein solches berechtigtes<br />

<strong>Interesse</strong> könnte beispielsweise darin bestehen, den Zugang Unbefugter zu<br />

elektronischen Kommunikationsnetzen und die Verbreitung schädlicher<br />

Programmcodes zu verhindern sowie Angriffe in Form der gezielten Überlastung von<br />

Servern „Denial of service-Angriffe) und Schädigungen von Computer- und<br />

elektronischen Kommunikationssystemen abzuwehren.<br />

ErwGr 50 (Weiterverarbeitung)<br />

Die Verarbeitung personenbezogener Daten für andere Zwecke als die, für die die<br />

personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden, sollte nur zulässig sein, wenn<br />

die Verarbeitung mit den Zwecken, für die die personenbezogenen Daten ursprünglich<br />

erhoben wurden, vereinbar ist. In diesem Fall ist keine andere gesonderte<br />

Rechtsgrundlage erforderlich als diejenige für die Erhebung der personenbezogenen<br />

Daten. Ist die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im<br />

öffentlichen <strong>Interesse</strong> liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem<br />

Verantwortlichen übertragen wurde, so können im Unionsrecht oder im Recht der<br />

Mitgliedstaaten die Aufgaben und Zwecke bestimmt und konkretisiert werden, für die<br />

eine Weiterverarbeitung als vereinbar und rechtmäßig erachtet wird. Die<br />

Weiterverarbeitung für im öffentlichen <strong>Interesse</strong> liegende Archivzwecke, für<br />

wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke<br />

sollte als vereinbarer und rechtmäßiger Verarbeitungsvorgang gelten. Die im<br />

Unionsrecht oder im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehene Rechtsgrundlage für die<br />

Verarbeitung personenbezogener Daten kann auch als Rechtsgrundlage für eine<br />

Weiterverarbeitung dienen. Um festzustellen, ob ein Zweck der Weiterverarbeitung mit<br />

dem Zweck, für den die personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden,<br />

vereinbar ist, sollte der Verantwortliche nach Einhaltung aller Anforderungen für die<br />

Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Verarbeitung unter anderem prüfen, ob ein<br />

Zusammenhang zwischen den Zwecken, für die die personenbezogenen Daten erhoben<br />

wurden, und den Zwecken der beabsichtigten Weiterverarbeitung besteht, in welchem<br />

Kontext die Daten erhoben wurden, insbesondere die vernünftigen Erwartungen der<br />

betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, in Bezug<br />

auf die weitere Verwendung dieser Daten, um welche Art von personenbezogenen Daten<br />

es sich handelt, welche Folgen die beabsichtigte Weiterverarbeitung für die betroffenen<br />

Personen hat und ob sowohl beim ursprünglichen als auch beim beabsichtigten<br />

Weiterverarbeitungsvorgang geeignete Garantien bestehen. Hat die betroffene Person<br />

ihre Einwilligung erteilt oder beruht die Verarbeitung auf Unionsrecht oder dem Recht<br />

der Mitgliedstaaten, was in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und<br />

verhältnismäßige Maßnahme zum Schutz insbesondere wichtiger Ziele des allgemeinen<br />

öffentlichen <strong>Interesse</strong>s darstellt, so sollte der Verantwortliche die personenbezogenen<br />

Daten ungeachtet der Vereinbarkeit der Zwecke weiterverarbeiten dürfen. In jedem Fall<br />

sollte gewährleistet sein, dass die in dieser Verordnung niedergelegten Grundsätze<br />

angewandt werden und insbesondere die betroffene Person über diese anderen Zwecke<br />

und über ihre Rechte einschließlich des Widerspruchsrechts unterrichtet wird. Der<br />

Hinweis des Verantwortlichen auf mögliche Straftaten oder Bedrohungen der<br />

öffentlichen Sicherheit und die Übermittlung der maßgeblichen personenbezogenen<br />

Daten in Einzelfällen oder in mehreren Fällen, die im Zusammenhang mit derselben<br />

Straftat oder derselben Bedrohung der öffentlichen Sicherheit stehen, an eine<br />

zuständige Behörde sollten als berechtigtes <strong>Interesse</strong> des Verantwortlichen gelten. Eine<br />

27


Das „berechtigte )nteresse<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt<br />

hoheitlichen Maßnahmen fällt. Ob ein Organ eine Behörde ist, legt der<br />

Gesetzgeber fest, indem er hoheitliche Aufgaben zuweist. 46 Ob der Staat<br />

hoheitlich oder nichthoheitlich handelt, erkennt man an der Form des<br />

Handelns. Bedient er sich einer Rechtsatzform, wie etwa Verordnung<br />

oder Bescheid, liegt hoheitliches Handeln vor.<br />

Der Tatbestand des Art 6 Abs 1 lit f ist nicht für Behörden in Erfüllung<br />

ihrer Aufgaben vorgenommener Datenverarbeitungen anwendbar.<br />

Eine Behörde kann demnach bei der Erfüllung ihrer Aufgaben kein<br />

berechtigtes <strong>Interesse</strong> an einer Datenverarbeitung personenbezogener<br />

Daten haben.<br />

Hoheitsverwaltung liegt immer dann vor, wenn der Staat dem Bürger<br />

hoheitlich in Ausübung von imperium, also mit Befehls- und<br />

Zwangsgewalt, gegenübertritt.<br />

Somit ist bei der Frage, ob es sich um eine Behörde handelt und eine<br />

Zulässigkeit aufgrund eines berechtigten <strong>Interesse</strong>s iSd Art 6 Abs 1 lit f<br />

ausscheidet, mE immer wichtig abzugrenzen, ob die Behörde die<br />

Datenverarbeitung im Zuge der Hoheitsverwaltung durchführt.<br />

Eine Schule bspw kann als Behörde angesehen werden, da sie Bescheide<br />

erlässt. Zwar keine Bescheide iSd AVG, allerdings „bescheidähnliche<br />

Entscheidungen, die nach den Grundregeln eines rechtsstaatlichen<br />

Verfahrens erstellt und kundgemacht werden. 47 Bei diesen hoheitlichen<br />

Datenverarbeitungen kommt Art 6 Abs 1 letzter Satz DSGVO zur<br />

Anwendung, welcher besagt, dass sich die Behörde nicht auf den<br />

Rechtsgrund des berechtigten <strong>Interesse</strong>s stützen kann.<br />

Handelt die Schule aber nicht hoheitlich, indem sie zB eine Schulwebsite<br />

betreibt oder Fotos während einer Schulveranstaltung aufnimmt, ist mE<br />

jedenfalls eine Rechtsgrundlage iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO zulässig, da<br />

es gerade in diesen Fällen nicht dem Gesetzgeber obliegt, per<br />

Rechtsvorschrift die Rechtsgrundlage für diese Verarbeitungen von<br />

personenbezogenen Daten durch die Behörden zu schaffen.<br />

Außerdem wären ohne Unterscheidung in hoheitliche und nicht<br />

hoheitliche Datenverarbeitungen sämtliche Datenverarbeitungen einer<br />

Behörde unzulässig, die bereits vor Geltung der DSGVO vorgenommen<br />

wurden und sich auf die Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 8 Abs 1 Z 4<br />

46 Vgl Leitl, Öffentliches Recht I 2 (2007), Rz 14/28.<br />

47 Vgl Juranek, Wo die Schule juristisch wird, S&R 1/2016, 56.<br />

30


Das „berechtigte )nteresse<br />

Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt<br />

DSG 2000 stützten. Demnach dürften in Behörden dann auch keine<br />

Videoüberwachungen durchgeführt werden oder keine Maßnahmen zur<br />

Einhaltung der IT-Sicherheit gesetzt werden, die sich auf den<br />

Rechtsgrund des berechtigten <strong>Interesse</strong>s stützen.<br />

Folglich wird diese Einschränkung so auszulegen sein, dass ein<br />

berechtigtes <strong>Interesse</strong> einer Behörde nur bei Verarbeitungen<br />

personenbezogener Daten für gesetzliche Aufgaben der Behörde<br />

ausgeschlossen ist.<br />

Liegt also kein hoheitliches Handeln vor, sondern handelt die Behörde<br />

bzw im weiteren Sinne der Staat iSd Privatwirtschaftsverwaltung 48 , kann<br />

sehr wohl auf die Rechtsgrundlage des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO<br />

zurückgegriffen werden. 49<br />

III.2 Rechtmäßigkeit bei Verarbeitung besonderer<br />

Kategorien personenbezogener Daten gem Art 9<br />

Art 9 regelt die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener<br />

Daten. Dies sind personenbezogene Daten, aus denen die<br />

rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder<br />

weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit<br />

hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten,<br />

biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen<br />

Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der<br />

sexuellen Orientierung einer natürlichen Person. 50<br />

Biometrische Daten sind mit speziellen technischen Verfahren<br />

gewonnene personenbezogene Daten, zu den physischen, physiologischen<br />

oder verhaltenstypischen Merkmale einer natürlichen Person<br />

zählen, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person<br />

ermöglichen oder bestätigen, wie Gesichtsbilder oder daktyloskopische<br />

Daten. 51 Biometrische Daten sind allerdings nur dann als Daten<br />

besonderer Kategorien einzustufen, wenn sie nicht nur abstrakt zur<br />

eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person führen, sondern<br />

auch tatsächlich zu diesem Zweck verarbeitet werden. 52<br />

48 Vgl Art 17, 116 Abs 2 B-VG.<br />

49 Ebenso Schulz in Gola, Art 6 Rz 50; bzw Herberlein in Ehmann/Selmayr, DS-GVO 2<br />

(2018) Art 6 Rz 21.<br />

50 Vgl Art 9 Abs 1 DSGVO.<br />

51 Darunter sind Fingerabdruckdaten zu verstehen.<br />

52 Vgl Feiler/Forgó, EU-DSGVO Kurzkommentar (2006), Art 9 Rz 3.<br />

31


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

Voraussetzungen<br />

Um eine Datenverarbeitung auf die Rechtsgrundlage „berechtigtes<br />

)nteresse“ iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO stützen zu können, müssen<br />

folgende Voraussetzungen erfüllt werden. Eine Datenverarbeitung ist<br />

demnach – wie auch bereits nach Art 7 lit f DSRL – rechtmäßig, wenn<br />

1. ein berechtigtes <strong>Interesse</strong> des Verantwortlichen oder eines<br />

Dritten vorliegt,<br />

2. als Ergebnis einer <strong>Interesse</strong>nabwägung die Grundrechte und<br />

Grundfreiheiten der Betroffenen nicht den berechtigten<br />

<strong>Interesse</strong>n des Verantwortlichen überwiegen 55 ,<br />

3. die Datenverarbeitung für die Erreichung des berechtigten<br />

<strong>Interesse</strong>s erforderlich ist.<br />

Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist die Datenverarbeitung soweit<br />

zulässig. Zusätzlich sind natürlich auch neben der Rechtmäßigkeit noch<br />

die restlichen Grundsätze der Datenverarbeitung gem Art 5 DSGVO<br />

einzuhalten.<br />

Weiters dürfen personenbezogene Daten nur so lange verarbeitet<br />

werden, als kein Widerspruch gem Art 21 DSGVO vorliegt! Für<br />

Verantwortliche bedeutet dies, dass es für jede Datenverarbeitung<br />

basierend auf Art 6 Abs 1 lit f die Möglichkeit geben muss, personenbezogene<br />

Daten von Betroffenen auszuschließen, die von ihrem<br />

Betroffenenrecht auf Widerspruch Gebrauch gemacht haben.<br />

Damit betroffene Personen über die Verarbeitungen informiert werden,<br />

obliegt dem Verantwortlichen eine sog Informationspflicht. Die<br />

Datenverarbeitungen müssen somit dem Transparenz-Grundsatz<br />

entsprechen und dürfen personenbezogene Daten nur nach Treu und<br />

Glauben verarbeiten.<br />

Im Zuge der Rechenschaftspflicht wird dem Verantwortlichen dringend<br />

empfohlen, eine schriftliche Dokumentation über das Vorliegen eines<br />

berechtigten <strong>Interesse</strong>s anzufertigen und im Verarbeitungsverzeichnis<br />

abzulegen.<br />

55 Vgl Voigt/von dem Bussche, EU-Datenschutz-Grundverordnung Praktikerhandbuch<br />

(2018), 132.<br />

38


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

IV.1 <strong>Berechtigtes</strong> <strong>Interesse</strong><br />

Es reicht nicht aus, dass der Verantwortliche ein <strong>Interesse</strong> daran hat,<br />

einen wirtschaftlichen oder ideellen Nutzen aus der Verarbeitung zu<br />

ziehen. Vielmehr muss ein berechtigtes <strong>Interesse</strong> vorliegen. Zu den<br />

berechtigten <strong>Interesse</strong>n eines Verantwortlichen zählen neben den<br />

rechtlichen <strong>Interesse</strong>n auch tatsächliche, wirtschaftliche bzw ideelle<br />

<strong>Interesse</strong>n.<br />

Bloße Allgemeininteressen sind demgegenüber nicht ausreichend.<br />

Handelt es sich um <strong>Interesse</strong>n der öffentlichen Sicherheit, Gesundheit<br />

oder des Wohlergehens des Menschens, ist hier nicht das berechtigte<br />

<strong>Interesse</strong>, sondern eher Art 6 Abs 1 lit e DSGVO maßgebend.<br />

In den ErwGr 47 ff werden beispielhaft berechtigte <strong>Interesse</strong>n genannt,<br />

die aber jeweils im Einzelfall genau zu prüfen und zu dokumentieren<br />

sind. Pauschale Aussagen können in diesem Zusammenhang schwer<br />

getroffen werden, da es immer auf die gesamten Umstände des<br />

Einzelfalls ankommt.<br />

Beispiele für berechtigte <strong>Interesse</strong>n:<br />

<br />

Verhinderung von Betrug im unbedingt erforderlichen<br />

Umfang 56 ,<br />

Direktwerbung 57<br />

Übermittlung personenbezogener Daten in einer<br />

Unternehmensgruppe<br />

<br />

Wahrung der Sicherheit wie zB Netz- und Informationssicherheit<br />

58<br />

Eine Liste von Beispielen für das Vorliegen von berechtigten <strong>Interesse</strong>n<br />

findet sich im Anhang 2 der Artikel-29-Datenschutzgruppe WP 217. 59<br />

56 Vgl Anhang 2 der Artikel-29-Datenschutzgruppe WP 217 (Praktische Beispiele zur<br />

Veranschaulichung der Anwendung der Prüfung der Ausgewogenheit der <strong>Interesse</strong>n<br />

nach Artikel 7 <strong>Buch</strong>stabe f); siehe in diesem <strong>Buch</strong> ab Seite 193.<br />

57 Vgl Anhang 2 der Artikel-29-Datenschutzgruppe WP 217; siehe in diesem <strong>Buch</strong> ab<br />

Seite 188.<br />

58 Vgl Anhang 2 der Artikel-29-Datenschutzgruppe WP 217; siehe in diesem <strong>Buch</strong> ab<br />

Seite 197.<br />

59 Siehe in diesem <strong>Buch</strong> ab Seite 183.<br />

39


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

vollständig erfüllt werden kann. 69 Darunter fällt auch, dass die<br />

Aufgabe auf andere Weise nur<br />

— mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten oder<br />

— mit unvertretbar höheren Aufwand oder<br />

— verspätet erfüllt werden könnte.<br />

Es sollte jedoch immer geprüft werden, ob es für die konkrete<br />

Zielerreichung noch gelindere Maßnahmen gibt. Die Ausnahmen und<br />

Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten<br />

sind dabei auf das absolut Notwendige zu beschränken. 70<br />

IV.3 <strong>Interesse</strong>nabwägung<br />

Liegt ein (erforderliches) berechtigtes <strong>Interesse</strong> des Verantwortlichen<br />

vor, ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob diesem berechtigten <strong>Interesse</strong><br />

die Grundrechte und Grundfreiheiten des Betroffenen überwiegen.<br />

Dabei sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen und zu bewerten<br />

sowie einerseits die Bedeutung der Verarbeitung für den<br />

Verantwortlichen mit dem Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen<br />

andererseits gegenüberzustellen.<br />

Auch die in Frage kommenden Schutzmaßnahmen müssen angemessen<br />

und ausreichend sein und im Zuge der <strong>Interesse</strong>nabwägung<br />

berücksichtigt werden.<br />

Sind die <strong>Interesse</strong>n gleichwertig, ist die Datenverarbeitung iSd<br />

Art 6 Abs 1 lit f DSGVO bereits rechtmäßig.<br />

Der Beweis, dass die Grundrechte des Betroffenen überwiegen und<br />

deshalb gerade keine Rechtmäßigkeit gegeben ist, obliegt dem<br />

Betroffenen. Dieser muss ein überwiegendes <strong>Interesse</strong> am Schutz der<br />

personenbezogenen Daten gegenüber dem berechtigten <strong>Interesse</strong> des<br />

Verantwortlichen oder Dritten an der Datenverarbeitung nachweisen. 71<br />

Die Beweislast des überwiegenden Schutzinteresses des Betroffen liegt<br />

beim Betroffenen selbst. 72 Erst im Zuge eines Widerspruchs iSd Art 21<br />

69 Vgl https://www.datenschutz-wiki.de/Erforderlichkeit (Abfrage am 19.9.2018).<br />

70 Vgl EuGH 4.5.2017, C-13/16, Valsts policijas Rīgas reģiona pārvaldes Kārtības policijas<br />

pārvalde gegen Rīgas pašvaldības S)A „Rīgas satiksme<br />

71 Vgl Fercher/Riedl, DSGVO: Entstehungsgeschichte und Problemstellungen aus<br />

österreichischer Sicht, in Knyrim (Hrsg), Datenschutz-Grundverordnung (2016) 20.<br />

72 Georgieva in Gantschacher/Jelinek/Schmidl/Spanberger, Kommentar zur Datenschutz-<br />

Grundverordnung 1 , 2017.<br />

42


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

DSGVO tritt eine ex-post Beweislastumkehr ein, wodurch dann den<br />

Verantwortlichen die Behauptungs- und Beweislast trifft. 73<br />

Je größer der Eingriff und das mit der Datenverarbeitung verbundene<br />

Risiko für die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person,<br />

desto eher bedarf es einer Rechtfertigung des Verantwortlichen. 74<br />

IV.3.1<br />

Grundrechte und Grundfreiheiten des Betroffenen<br />

Bei der Abwägung der berechtigten <strong>Interesse</strong>n an der Verarbeitung mit<br />

den <strong>Interesse</strong>n und den Grundrechten und Grundfreiheiten der<br />

betroffenen Person sind insbesondere die Grundrechte aus Art 7 und 8<br />

GRC, sowie Art 8 EMRK und § 1 DSG zu berücksichtigen. 75<br />

Art 7 GRC<br />

Achtung des Privat- und Familienlebens<br />

Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens,<br />

ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.<br />

Art 8 GRC<br />

Schutz personenbezogener Daten<br />

(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden<br />

personenbezogenen Daten.<br />

(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte<br />

Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf<br />

einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage<br />

verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die<br />

sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die<br />

Berichtigung der Daten zu erwirken.<br />

(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen<br />

Stelle überwacht.<br />

Art 8 EMRK<br />

Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens<br />

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und<br />

Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.<br />

73 Vgl Haidinger in Knyrim, DatKomm Art 21 DSGVO Rz 39 (Stand 1.10.2018, rdb.at).<br />

74 Vgl Diregger, Handbuch Datenschutzrecht (2018), 294.<br />

75 Vgl Heberlein in Ehmann/Selmayr, DS-GVO 2 (2018), Art 6 Rz 28.<br />

43


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

die Erteilung der Information unmöglich ist, ODER<br />

einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, ODER<br />

die Daten für eine in einem öffentlich <strong>Interesse</strong> liegenden<br />

Archivzweck, für wissenschaftliche oder historische<br />

Forschungszwecke oder für statistische Zwecke verarbeitet<br />

werden, ODER<br />

die Ziele der Verarbeitung dadurch gefährdet werden.<br />

Artikel 14<br />

Informationspflicht, wenn die personenbezogenen Daten nicht bei<br />

der betroffenen Person erhoben wurden<br />

(1) Werden personenbezogene Daten nicht bei der betroffenen<br />

Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen<br />

Person Folgendes mit:<br />

a) den Namen und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie<br />

gegebenenfalls seines Vertreters;<br />

b) zusätzlich die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten;<br />

c) die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet<br />

werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung;<br />

d) die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet<br />

werden;<br />

e) gegebenenfalls die Empfänger oder Kategorien von Empfängern<br />

der personenbezogenen Daten;<br />

f) gegebenenfalls die Absicht des Verantwortlichen, die<br />

personenbezogenen Daten an einen Empfänger in einem<br />

Drittland oder einer internationalen Organisation zu<br />

übermitteln, sowie das Vorhandensein oder das Fehlen eines<br />

Angemessenheitsbeschlusses der Kommission oder im Falle von<br />

Übermittlungen gemäß Artikel 46 oder Artikel 47 oder Artikel 49<br />

Absatz 1 Unterabsatz 2 einen Verweis auf die geeigneten oder<br />

angemessenen Garantien und die Möglichkeit, eine Kopie von<br />

ihnen zu erhalten, oder wo sie verfügbar sind.<br />

(2) Zusätzlich zu den Informationen gemäß Absatz 1 stellt der<br />

Verantwortliche der betroffenen Person die folgenden<br />

Informationen zur Verfügung, die erforderlich sind, um der<br />

betroffenen Person gegenüber eine faire und transparente<br />

Verarbeitung zu gewährleisten:<br />

60


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

a) die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert<br />

werden oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die<br />

Festlegung dieser Dauer;<br />

b) wenn die Verarbeitung auf Artikel 6 Absatz 1 <strong>Buch</strong>stabe f beruht,<br />

die berechtigten <strong>Interesse</strong>n, die von dem Verantwortlichen oder<br />

einem Dritten verfolgt werden;<br />

c) das Bestehen eines Rechts auf Auskunft seitens des<br />

Verantwortlichen über die betreffenden personenbezogenen<br />

Daten sowie auf Berichtigung oder Löschung oder auf<br />

Einschränkung der Verarbeitung und eines Widerspruchsrechts<br />

gegen die Verarbeitung sowie des Rechts auf<br />

Datenübertragbarkeit;<br />

d) wenn die Verarbeitung auf Artikel 6 Absatz 1 <strong>Buch</strong>stabe a oder<br />

Artikel 9 Absatz 2 <strong>Buch</strong>stabe a beruht, das Bestehen eines<br />

Rechts, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen, ohne dass die<br />

Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf<br />

erfolgten Verarbeitung berührt wird;<br />

e) das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer<br />

Aufsichtsbehörde;<br />

f) aus welcher Quelle die personenbezogenen Daten stammen und<br />

gegebenenfalls ob sie aus öffentlich zugänglichen Quellen<br />

stammen;<br />

g) das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung<br />

einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und —<br />

zumindest in diesen Fällen — aussagekräftige Informationen<br />

über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die<br />

angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für<br />

die betroffene Person.<br />

(3) Der Verantwortliche erteilt die Informationen gemäß den<br />

Absätzen 1 und 2<br />

a) unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der<br />

Verarbeitung der personenbezogenen Daten innerhalb einer<br />

angemessenen Frist nach Erlangung der personenbezogenen<br />

Daten, längstens jedoch innerhalb eines Monats,<br />

b) falls die personenbezogenen Daten zur Kommunikation mit der<br />

betroffenen Person verwendet werden sollen, spätestens zum<br />

Zeitpunkt der ersten Mitteilung an sie, oder,<br />

c) falls die Offenlegung an einen anderen Empfänger beabsichtigt<br />

ist, spätestens zum Zeitpunkt der ersten Offenlegung.<br />

61


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

Abs 6 enthält ein separates Widerspruchsrecht für Datenverarbeitungen<br />

zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken oder zu<br />

statistischen Zwecken, soweit die Verarbeitung nicht zur Erfüllung einer<br />

im öffentlichen <strong>Interesse</strong> liegenden Aufgabe erforderlich ist.<br />

Je nach Art der Datenverarbeitung kann ein allgemeiner<br />

Widerspruch 109 gem Art 21 Abs 1 oder ein Widerspruch gegen<br />

Datenverarbeitungen zum Zweck der Direktwerbung 110 vorliegen.<br />

Für einen rechtmäßigen Widerspruch ist eine Erklärung der betroffenen<br />

Person gegenüber dem Verantwortlichen erforderlich, mit der die<br />

betroffene Person mitteilt, dass sie mit der Verarbeitung nicht<br />

einverstanden ist. Durch die Geltendmachung eines Widerspruchs tritt<br />

die Ex-post-Beweislastumkehr ein, die auch von der Artikel-29-<br />

Datenschutzgruppe in ihrer Stellungnahme zum Begriff des berechtigten<br />

<strong>Interesse</strong>s (siehe ab Seite 87) ausdrücklich befürwortet wurde. 111<br />

Es gibt keine Formvorschriften, wobei aber die Schriftlichkeit im<br />

Hinblick auf die Fristen gem Art 12 Abs 3 und 4 DSGVO empfehlenswert<br />

ist. Der Betroffene sollte bei der Antragstellung seine Identität in<br />

geeigneter Weise nachweisen.<br />

IV.6.3<br />

EXKURS „Robinsonliste“<br />

Unabhängig von den Regeln des Datenschutzrechts gibt es auch für<br />

unerwünschtes persönlich adressiertes Werbematerial die sog<br />

Robinsonliste, welche beim Fachverband Werbung und<br />

Marktkommunikation gem § 151 Abs 9 GewO 1994 zu führen und den<br />

österreichischen Adressverlagen und Direktmarketingunternehmen zur<br />

Verfügung zu stellen ist.<br />

Ein Eintrag 112 in der Robinsonliste bewirkt, dass ein Konsument oder ein<br />

Unternehmen kein persönlich adressiertes Werbematerial per Post<br />

zugesandt bzw verteilt bekommen. Wobei lediglich Adressverlage und<br />

Direktwerbeunternehmen diese Liste berücksichtigen müssen. Plant ein<br />

Unternehmen bspw eine Werbeaussendung für ihre Kunden, ist diese<br />

109 Siehe IV.6.1 Allgemeiner Widerspruch nach Art 21 Abs 1, Seite 65.<br />

110 Siehe IV.6.2 Widerspruch gegen Direktwerbung nach Art 21 Abs 2, Seite 66.<br />

111 Vgl Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Art 6 DSGVO (Stand<br />

1.10.2018, rdb.at) Rz 52.<br />

112 Ein Antrag auf Aufnahme in die Robinsonliste kann elektronisch gestellt werden<br />

unter https://apppool.wko.at/Robinsonliste/Registrierung.aspx.<br />

67


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

Liste nicht verpflichtend zu berücksichtigen. 113 Der Empfänger muss<br />

bloß die Möglichkeit haben, sich von künftigen Werbezusendungen<br />

abzumelden.<br />

Die Robinsonliste wird monatlich aktualisiert und den österreichischen<br />

Adressverlagen und Direktmarketingunternehmen von der WKO<br />

kostenlos zur Verfügung gestellt. 114<br />

IV.6.4<br />

EXKURS „ECG-Liste“<br />

Analog der Robinsonliste gibt es auch eine sog elektronische<br />

Robinsonliste, die bei der Telekom-Regulierungsbehörde RTR<br />

(Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH) geführt wird. In die gem §<br />

7 ECG geführte ECG-Liste können sich alle natürlichen und juristischen<br />

Personen kostenlos eintragen können, um künftig keine Werbe-E-Mails<br />

mehr zu erhalten.<br />

Diensteanbieter, die Werbe-E-Mails versenden, haben diese Liste zu<br />

beachten und dürfen an die in dieser Liste enthaltenen<br />

Empfängeradressen keine Werbe-E-Mails zusenden.<br />

Ein zuverlässiger Schutz gegen jegliche SPAM-Nachrichten ist dies<br />

freilich nicht, da SPAM-Mails überwiegend von Personen versandt<br />

werden, denen rechtliche Vorschriften egal sind und als Absender meist<br />

nicht identifiziert werden können.<br />

Eine Nichteintragung in die ECG-Liste bedeutet aber nicht, dass<br />

unaufgeforderte, unerbetene E-Mail-Werbung zulässig ist. Nach § 107<br />

TKG 2003 ist E-Mail-Werbung grds nur mit vorheriger Einwilligung des<br />

Empfängers zulässig. Es gibt aber gewisse Ausnahmen bei bestehender<br />

Geschäftsbeziehung. 115<br />

Verstöße gegen § 107 TKG 2003 werden mit Verwaltungsstrafen bis zu<br />

€ . sanktioniert.<br />

IV.7 Dokumentationspflicht des Verantwortlichen<br />

Den Verantwortlichen trifft iSd Art 5 Abs 2 eine sog Rechenschaftspflicht.<br />

Dh er muss nachweisen können, dass die Grundsätze der Daten-<br />

113 § 151 Abs 9 Satz 3 GewO.<br />

114 Eine Anforderung der Robinsonliste ist per E-Mail möglich unter werbung@wko.at.<br />

115 § 107 Abs 3 TKG 2003.<br />

68


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

verarbeitung einhalten werden und somit auch die Rechtmäßigkeit iSd<br />

Art 6 Abs 1 lit f DSGVO besteht. 116<br />

Es wird empfohlen die einzelnen Prüfschritte zum Vorliegen eines<br />

berechtigten <strong>Interesse</strong>s iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO genau zu<br />

dokumentieren und bei Bedarf der Datenschutzbehörde vorzuweisen.<br />

IV.8 Empfohlene Prüfungsschritte<br />

Auf Grundlage des Anhang I der Stellungnahme der Artikel-29-<br />

Datenschutzgruppe 117 ergeben sich folgende empfohlene Prüfungsschritte,<br />

wobei sich daraus nicht ableiten lässt, dass bei Berücksichtigung<br />

sämtlicher Faktoren eine definitive Rechtssicherheit gegeben ist.<br />

Da jede Datenverarbeitung individuell betrachtet werden muss und auch<br />

die einzelnen zu berücksichtigenden Punkte ggf individuell angepasst<br />

werden müssen, gibt es für diesen Tatbestand derzeit leider kein<br />

allgemein gültiges und verbindliches Konzept.<br />

Die auf der folgenden Doppelseite gezeigten Prüfungsschritte geben<br />

stichwortartig Impulse, auf welche Punkte jedenfalls näher eingegangen<br />

werden soll und welche Faktoren jedenfalls bei der <strong>Interesse</strong>nabwägung<br />

berücksichtigt werden sollen.<br />

Eine teilweise detailliertere Beschreibung sowie Beispiele von<br />

berechtigten <strong>Interesse</strong>n finden sich in der Stellungnahme WP 217 der<br />

Artikel-29-Datenschutzgruppe, welche in diesem <strong>Buch</strong> ab Seite 83<br />

abgedruckt ist.<br />

Es liegt immer in der Verantwortung des Verantwortlichen (bzw<br />

des Auftragsverarbeiters) die entsprechenden Faktoren zu<br />

bewerten und entsprechend zu dokumentieren!<br />

116 Vgl Artikel-29-Datenschutzgruppe, Stellungnahme 8/2012 mit weiteren Beiträgen<br />

zur Diskussion der Datenschutzreform (WP 199), S 14.<br />

117 Siehe Anhang 1 der Stellungnahme WP 217, in diesem <strong>Buch</strong> ab Seite 175.<br />

69


Das „berechtigte )nteresse<br />

Voraussetzungen<br />

4. Schutzmaßnahmen<br />

TOMs<br />

Art 32 DSGVO<br />

Privacy by Design<br />

Art 25 Abs 1 DSGVO<br />

Privacy by Default<br />

Art 25 Abs 2 DSGVO<br />

5. Transparenz<br />

Transparente<br />

Information<br />

Informationspflicht<br />

Art 13 DSGVO<br />

Informationspflicht<br />

Art 14 DSGVO<br />

6. Kein Widerspruch<br />

Allgemeiner<br />

Widerspruch<br />

Widerspruch<br />

gegen<br />

Direktwerbung<br />

ggf<br />

Robinson-Liste<br />

ggf<br />

ECG-Liste<br />

71


Das „berechtigte )nteresse<br />

Die Artikel-29-Datenschutzgruppe<br />

Die Artikel-29-Datenschutzgruppe<br />

Die Artikel-29-Datenschutzgruppe wurde aufgrund von Artikel 29 der<br />

DSRL 118 vom 24. Oktober 1995 eingesetzt und hatte hauptsächlich<br />

beratende Funktion.<br />

Artikel 29 DSRL<br />

Datenschutzgruppe<br />

(1) Es wird eine Gruppe für den Schutz von Personen bei der<br />

Verarbeitung personenbezogener Daten eingesetzt (nachstehend<br />

"Gruppe" genannt). Die Gruppe ist unabhängig und hat beratende<br />

Funktion.<br />

(2) Die Gruppe besteht aus je einem Vertreter der von den einzelnen<br />

Mitgliedstaaten bestimmten Kontrollstellen und einem Vertreter der<br />

Stelle bzw. der Stellen, die für die Institutionen und Organe der<br />

Gemeinschaft eingerichtet sind, sowie einem Vertreter der<br />

Kommission. Jedes Mitglied der Gruppe wird von der Institution, der<br />

Stelle oder den Stellen, die es vertritt, benannt. Hat ein Mitgliedstaat<br />

mehrere Kontrollstellen bestimmt, so ernennen diese einen<br />

gemeinsamen Vertreter. Gleiches gilt für die Stellen, die für die<br />

Institutionen und die Organe der Gemeinschaft eingerichtet sind.<br />

(3) Die Gruppe beschließt mit der einfachen Mehrheit der Vertreter der<br />

Kontrollstellen.<br />

(4) Die Gruppe wählt ihren Vorsitzenden. Die Dauer der Amtszeit des<br />

Vorsitzenden beträgt zwei Jahre. Wiederwahl ist möglich.<br />

(5) Die Sekretariatsgeschäfte der Gruppe werden von der Kommission<br />

wahrgenommen.<br />

(6) Die Gruppe gibt sich eine Geschäftsordnung.<br />

(7) Die Gruppe prüft die Fragen, die der Vorsitzende von sich aus oder<br />

auf Antrag eines Vertreters der Kontrollstellen oder auf Antrag der<br />

Kommission auf die Tagesordnung gesetzt hat.<br />

Die amtliche Bezeichnung lautete Gruppe für den Schutz von Personen<br />

bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Aufgaben waren in<br />

Art 30 festgelegt. Neben beratender Tätigkeit konnte sie auch<br />

118 Richtlinie 95/46/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 24 . Oktober<br />

1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten<br />

und zum freien Datenverkehr<br />

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Das „berechtigte )nteresse<br />

Die Artikel-29-Datenschutzgruppe<br />

Empfehlungen und Stellungnahmen zu allen Fragen betreffend den<br />

Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten,<br />

wobei auch die Stellungnahmen der Art-29-Datenschutzgruppe nicht<br />

bindend waren.<br />

V.1 Der Europäischen Datenschutzausschuss EDSA<br />

Durch das Inkrafttreten der DSGVO wurde die Artikel-29-<br />

Datenschutzgruppe durch den Europäischen Datenschutzausschuss<br />

EDSA bzw auf Englisch „European Data Protection Board kurz EDPB<br />

abgelöst. Rechtsgrundlage hierfür ist Art 68 DSGVO. Die Bestimmungen<br />

des EDSA sind in den Art 68 – 76 DSGVO geregelt.<br />

Art 68 DSGVO<br />

Europäischer Datenschutzausschuss<br />

Der Europäische Datenschutzausschuss im Folgenden „Ausschuss<br />

wird als Einrichtung der Union mit eigener Rechtspersönlichkeit<br />

eingerichtet.<br />

(2) Der Ausschuss wird von seinem Vorsitz vertreten.<br />

(3) Der Ausschuss besteht aus dem Leiter einer Aufsichtsbehörde jedes<br />

Mitgliedstaats und dem Europäischen Datenschutzbeauftragten<br />

oder ihren jeweiligen Vertretern.<br />

(4) Ist in einem Mitgliedstaat mehr als eine Aufsichtsbehörde für die<br />

Überwachung der Anwendung der nach Maßgabe dieser Verordnung<br />

erlassenen Vorschriften zuständig, so wird im Einklang mit den<br />

Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats ein gemeinsamer Vertreter<br />

benannt.<br />

(5) Die Kommission ist berechtigt, ohne Stimmrecht an den Tätigkeiten<br />

und Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen. Die Kommission<br />

benennt einen Vertreter. Der Vorsitz des Ausschusses unterrichtet<br />

die Kommission über die Tätigkeiten des Ausschusses.<br />

(6) In den in Artikel 65 genannten Fällen ist der Europäische<br />

Datenschutzbeauftragte nur bei Beschlüssen stimmberechtigt, die<br />

Grundsätze und Vorschriften betreffen, die für die Organe,<br />

Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union gelten und inhaltlich<br />

den Grundsätzen und Vorschriften dieser Verordnung entsprechen.<br />

ErwGr 139<br />

Zur Förderung der einheitlichen Anwendung dieser Verordnung sollte der Ausschuss als<br />

unabhängige Einrichtung der Union eingesetzt werden. Damit der Ausschuss seine Ziele<br />

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Das „berechtigte )nteresse<br />

Die Artikel-29-Datenschutzgruppe<br />

Im folgenden Abschnitt des <strong>Buch</strong>es wird die Stellungnahme WP 217 der<br />

Artikel-29-Datenschutzgruppe abgedruckt, welche auch für die DSGVO<br />

grds noch anwendbar ist und folgende Schritte für die Durchführung<br />

einer <strong>Interesse</strong>nabwägung vorsieht: 122<br />

Schritt 1: Einschätzung, welche Rechtsgrundlage nach Art 6 Abs 1<br />

potentiell anwendbar sein könnte.<br />

Schritt 2: Einstufung eines )nteresses als „berechtigt<br />

Schritt 3: Feststellung, ob die Verarbeitung „erforderlich ist<br />

Schritt 4: Abwägung der <strong>Interesse</strong>n und Abschätzung, ob die<br />

Grundrechte oder <strong>Interesse</strong>n der Betroffenen überwiegen<br />

Schritt 5: Berücksichtigung von zusätzlichen Schutzmaßnahmen<br />

Schritt 6: Nachweis der Einhaltung und Sicherstellung der<br />

Transparenz<br />

Schritt 7: Sicherstellung, dass keine personenbezogenen Daten<br />

verarbeitet werden, sofern von der betroffenen Person ein<br />

Widerruf geltend gemacht wurde.<br />

122 Vgl Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Art 6 DSGVO (Stand<br />

1.10.2018, rdb.at) Rz 55.<br />

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WP 217<br />

Die Artikel-29-Datenschutzgruppe<br />

WP 217<br />

der Artikel-29-<br />

Datenschutzgruppe 123<br />

Stellungnahme 06/2014 zum Begriff des berechtigten <strong>Interesse</strong>s<br />

des für die Verarbeitung Verantwortlichen gemäß Artikel 7 der<br />

Richtlinie 95/46/EG<br />

WP 217<br />

Angenommen am 9. April 2014<br />

123 Die Datenschutzgruppe wurde durch Artikel 29 der Richtlinie 95/46/EG eingesetzt.<br />

Sie ist das unabhängige europäische Beratungsgremium in Datenschutzfragen. Ihre<br />

Aufgaben sind in Artikel 30 der Richtlinie 95/46/EG festgelegt, ferner in Artikel 15 der<br />

Richtlinie 2002/58/EG. Als Sekretariat fungiert die Direktion C (Grundrechte und<br />

Unionsbürgerschaft) der Europäischen Kommission, Generaldirektion Justiz, B-1049<br />

Brüssel, Belgien, Büro LX-46 01/190. Website: http://ec.europa.eu/justice/dataprotection/index_en.htm<br />

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