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verlor und eine der Gänse, die gerade einen Haufen ins siebte Loch gesetzt hatte, mit einem Fünfer Eisen in die ewigen Jagdgründe beförderte, kam es zu Tumulten zwischen Golfern und herbeigeeilten Tierschützer … Die Stadt reagierte. Am 11. Juli 2018 bauten Mitarbeiter des städtischen Eigenbetriebs Bäder im Woog-Bad einen Zaun auf. 600 Euro hatte die Stadt dafür ausgegeben, beste Baumarkt-Qualität. 150 Meter lang war der Zaun, 80 Zentimeter hoch. Mit Sichtschutzzäunen im Kampf gegen Nilgänse hatten schon die Nachbarn in Frankfurt experimentiert. „Vergrämungsmaßnahme“ hieß das im Amtsdeutsch, die Zäune sollten den Gänsen die Sicht auf mögliche Feinde nehmen, sie verunsichern und dadurch hinter der Absperrung halten. Dummerweise war der Darmstädter 600-Euro-Sichtschutzzaun ein durchsichtiger Plastikmaschenzaun, ergo ein Sichtschutzzaun ohne Sichtschutz. Kleiner Fehler, aber was soll’s, sagten sich die Experten im Darmstädter Eigenbetrieb, hat ja nicht viel gekostet, und den superschlauen Frankfurtern hat ihr Sichtschutzzaun mit Sichtschutz auch nichts genutzt, die Nilgänse dort hatten sich beim Dauerkacken nicht weiter stören lassen. Sie sind einfach über die Zäune drüber geflogen, womit natürlich nicht zu rechnen war. Auch in Darmstadt wurde man vor der Tatsache, dass Nilgänse fliegen können, überrascht. Im Eigenbetrieb war man davon ausgegangen, dass die Tiere mit Maschinen des irischen Billiganbieters Ryanair aus Ägypten nach Europa eingeflogen waren. Oder aber durchs Mittelmeer geschwommen. Damals, im Juli 2018, zu Zeiten der Sichtschutzzäune, gab es erste Stimmen, die zu bedenken gaben, dass Nilgänse manchen Menschen im Hinblick auf den Intelligenzquotienten womöglich überlegen sein könnten, eine Einschätzung, die seinerzeit noch als skurril abgetan wurde, sich später aber in geradezu dramatischer Weise bestätigen sollte … Im Spätherbst 2019 kam es am Woog zu einer fast schon verzweifelt zu nennenden Aktion. Der Eigenbetrieb Bäder hatte nach der missglückten Abschussaktion im Jahr zuvor weder Kosten noch Mühen gescheut und diesmal einen hochprofessionellen Jäger damit beauftragt, den Nilgänsen endgültig den Garaus zu machen. Diese Aktion gilt heute, Stadthistoriker sind sich einig, als Anfang vom Ende des Darmstädter Kampfes gegen die gemeine Kackgans. Der Jäger schlich im Morgengrauen mit schwerster Bewaffnung auf das Woogsgelände. Dann fielen die ersten Schüsse, von denen zwei ihr Ziel nicht verfehlten. Zwei Nilgänse starben den Heldentod, die restlichen gingen zum Gegenangriff über. Die Gänse jagten den Jäger weit weg von seinen Waffen, bis er schutzlos mitten auf der Wiese stand. Den armen Mann ergriff die Panik, er floh Hals über Kopf in Richtung Ausgang, blieb dort für einen langen Moment im Drehkreuz stecken, und die Gänse ließen ihre ganze Wut noch einmal an ihm aus. Mit letzter Kraft und furchtbar zugerichtet erreichte der Jäger das nahegelegene Gelände der Turn- und Sportgemeinde von 1848, wo er sich in einem Geräteschuppen verschanzte und erst Stunden später von einem Spezialeinsatzkommando der Hessischen Landespolizei befreit werden konnte. Seine Waffen, sechs Pistolen, Kaliber 45, sowie eine Flugabwehrkanone vom Typ A-MIG 23, hatte der Jäger auf dem Woogsgelände zurücklassen müssen. Die Nilgänse, das machte die Situation nicht einfacher, waren von nun an bewaffnet …
#4 : Besuch im OB-Büro … Der 21. September 2022 gilt in der Darmstädter Stadtgeschichte als Tag der dramatischen Wende. Als Beginn der Ära Gans. Während Platsch seinen Gedanken nachhing, hörte er gegen 11.20 Uhr ungewöhnliche Geräusche vor der Tür. Kratzgeräusche, eine Art Schnattern, dann ein leiser, kaum hörbarer Hilferuf seiner Sekretärin. Er sprang auf, eilte zur Tür, riss sie auf – und blickte in ein Rohr. Er wusste sofort, um was es sich handelte. Es gab keinen Zweifel. Er blickte in das Rohr einer Flugabwehrkanone, Typ A-MIG 23. Eine der Waffen, die der unglückliche Jäger vor Jahren bei den Gänsen am Woog hatte zurücklassen müssen und die seither verschwunden waren. Zwei muskulöse Gänse hielten sie Platsch nun vors Gesicht, sechs weitere Gänse hielten Pistolen, Kaliber 45, im Anschlag, zwischen ihnen stand Dagobert Kackgans. Er schaute Platsch an, sein Blick war kühl und von großer Entschlossenheit. Platsch wusste im selben Augenblick, dass er verloren hatte. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Sein Leben begann an ihm vorbeizuziehen: Die glückliche, unbeschwerte Kindheit in Oberfranken. Die Schulzeit bis zum Abitur am Fresenius-Gymnasium in Hummelberg. Das Studium der Sozialwissenschaften an der Uni Köttingen. Der Zivildienst an der Uniklinik ebenda. Sein erster Job als Fabrikarbeiter bei Kugelfisch in Schweinfurt. Die Station im Marketing der Firma Ixtaylor in Suttgart. Das Referat für soziale Beschäftigungsförderung bei der Landesarbeitsgemeinschaft lokale Brennpunkte Hessen, die Dozentenstelle für wesensgemeinorientierte Beschäftigungsförderung in benachteiligten Stadtteilen an der Sachhochschule Darmstadt, und schließlich die politische Karriere. Der Job als Oberbürgermeister. Ein schönes Leben, dachte er. Und nun würde es enden. Hier im Rathaus. In seinem Büro. Dagobert Kackgans trat einen Schritt nach vorn. „Sie, Herr Platsch, und Sie, Herr Beißer, haben am Woog auf uns schießen lassen“, sagte er. „Ihr Handlanger, der sich Wildbeauftragter zu nennen pflegt, hat unseren Bruder und unsere Schwester im Morgengrauen abgeschlachtet. Sie, meine Herren, haben versucht, uns auszurotten. Und Sie würden es wieder tun, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten. Wir wissen, dass
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Seite 4 und 5: Beißer hatte sich über Darmstadt
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