U&ME 3/2018
Das Magazin für Beschäftigte der Universitätsmedizin Essen. Ausgabe 3/2018
Das Magazin für Beschäftigte der Universitätsmedizin Essen. Ausgabe 3/2018
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<strong>ME</strong><br />
Universitätsmedizin Essen<br />
U&3/<strong>2018</strong><br />
Unser Magazin der<br />
AUSTAUSCH: Phil Meister aus<br />
dem Universitätsklinikum<br />
hat im St. Josef Krankenhaus<br />
hospitiert.<br />
Schwerpunkt<br />
<strong>ME</strong>HR VIELFALT<br />
Wie steht es um die Gleichberechtigung<br />
in der Universitätsmedizin?<br />
Teamporträt<br />
<strong>ME</strong>HR MUSKELN<br />
Die Physiotherapie<br />
arbeitet in allen Fachbereichen<br />
In dieser Ausgabe: Ralf Bosch, Frank Brockmann, Antje Capellaro, Armin de Greiff, Sigrid Elsenbruch, Tobias Emler, Katja Ferenz, David Fistera, Sabrina Geiermann,<br />
Johannes Gordz, Barbara Grüner, Viktor Grünwald, Hans-Christoph Hartung, Dirk Hermann, Yasmin Hoffmann, Slobodan Jovic, Sandra Kampe, Kevin Kaut,<br />
Anja Kornblum-Hautkappe, Bodo Levkau, Helmut Lieder, Annika Link, Florian Lippke, Delia Meike, Phil Meister, Stefanie Merse, Thorsten Kaatze, Petra Kleinbongard,<br />
Stephan Klebe, Christoph Kleinschnitz, Stefan Palm, Sven Rössler, Dirk Rustemeyer, Claudia Sassen, Stefanie Schaefer, Martin Schulze, Martin Teufel,<br />
Beate Timmermann, Sandra Warren, Jochen A. Werner, Sarah Weske, Ulrich Wruck
Editorial<br />
Inhalt<br />
Jahr des Fortschritts<br />
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
als ich im Frühjahr zum ersten Mal an dieser<br />
Stelle – in unserem neuen Mitarbeitermagazin<br />
– an Sie geschrieben habe, da habe<br />
ich den Wunsch nach mehr Kommunikation<br />
und Dialog geäußert: „Die meisten Fehler und<br />
Probleme entstehen, weil man nicht miteinander<br />
redet. Und die meisten Lösungen sind<br />
die Folge von gelungener Kommunikation<br />
und Zusammenarbeit.“<br />
Das zurückliegende Jahr mit dem uns<br />
alle belastenden Streik hat gezeigt, wie wichtig<br />
dieser Dialog ist. Und auch jetzt wird es<br />
nur über Kommunikation gelingen, Gräben<br />
zu überwinden und zum Wohle der Patienten<br />
wieder vertrauensvoll in den Teams zusammenzuarbeiten.<br />
Das Jahr <strong>2018</strong> wird mir aber vielmehr<br />
als ein Jahr des Fortschritts in Erinnerung<br />
bleiben. Eines von vielen Beispielen: die Eröffnung<br />
der ZNA Nord, mit der wir unser<br />
Leistungsspektrum ausgebaut haben und<br />
für die Menschen eine deutlich bessere Notfallversorgung<br />
leisten können. Mit der ZNA<br />
haben wir auch den nächsten Schritt in der<br />
Digitalisierung von Patienteninformationen<br />
gemacht. Spuren des Smart Hospitals finden<br />
sich mittlerweile an vielen Orten der Universitätsmedizin.<br />
Ob in den Laboren, in den<br />
OP-Sälen, in der Pathologie oder bei Einführung<br />
der Elektronischen Patientenakte. Letztere<br />
wird uns nicht nur die Administration<br />
erleichtern, sondern ein Quell medizinischen<br />
Wissens sein, mit dessen Hilfe wir besser diagnostizieren<br />
und therapieren können.<br />
Wir stehen beim Smart Hospital natürlich<br />
erst am Anfang, aber: Wir stehen auch an<br />
der Spitze der Entwicklung, und wir treiben<br />
sie weiter mit großer Dynamik voran. Wir<br />
wollen zu den Besten gehören, und laut aktueller<br />
FOCUS-Klinikliste sind wir die Nummer<br />
eins im Ruhrgebiet. Darauf wollen wir<br />
uns aber nicht ausruhen, sondern daran arbeiten,<br />
uns weiter zu verbessern. Das Wohlergehen<br />
unserer Patientinnen und Patienten<br />
und ihrer Angehörigen, aber insbesondere<br />
unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist<br />
der Kern des Smart Hospitals. Sie alle wissen<br />
aus Ihrer täglichen Arbeit, dass wir bei allen<br />
Erfolgen auch noch Luft nach oben haben.<br />
Was vor allem bleibt vom Jahr <strong>2018</strong>: die<br />
Gewissheit, mit Menschen zusammenzuarbeiten,<br />
die mit großer Leidenschaft bei der<br />
Sache sind. Ich möchte mich im Namen des<br />
gesamten Vorstands sehr herzlich für Ihren<br />
Einsatz in diesem Jahr bedanken. Wir wünschen<br />
Ihnen und Ihren Familien besinnliche<br />
Festtage, ein friedvolles Weihnachtsfest und<br />
einen guten Start in das Jahr 2019.<br />
Ihr Prof. Dr. Jochen A. Werner<br />
Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender<br />
FOTOS: ANDRÉ ZELCK (L.), JAN LADWIG (R.)<br />
SEITE 4<br />
Mitmacher<br />
Ohne diese Beschäftigten wäre<br />
das Magazin nicht entstanden<br />
wissen<br />
SEITE 6<br />
Cholesterin und<br />
Schlaganfall<br />
Neues aus Forschung<br />
und Lehre<br />
SEITE 8<br />
Die Medizin wird<br />
weiblich<br />
Wie die Universitätsmedizin<br />
Frauen fördert<br />
SEITE 13<br />
Luftkapseln im Blut<br />
Mein Thema: Prof. Dr. Katja Ferenz<br />
möchte die Zahl der Organtransplantationen<br />
erhöhen<br />
machen<br />
SEITE 14<br />
FOCUS-Liste und gute<br />
Gespräche<br />
Meldungen aus dem Klinikalltag<br />
SEITE 16<br />
Der Impulsgeber<br />
Prof. Dr. Stephan Klebe bringt<br />
den Hirnschrittmacher nach<br />
Essen<br />
SEITE 17<br />
Digital ist besser<br />
Die Elektronische Patientenakte<br />
wird auch in den letzten Kliniken<br />
eingeführt<br />
SEITE 18<br />
Die Allrounder<br />
Teamporträt: Die Physiotherapeuten<br />
kämpfen gegen einen<br />
hartnäckigen Irrglauben<br />
SEITE 20<br />
„Kleiner Kulturschock“<br />
Assistenzarzt Phil Meister über<br />
seine Hospitanz im St. Josef<br />
Krankenhaus<br />
SEITE 21<br />
Mein Tag<br />
10 Fragen an Ralf Bosch,<br />
OP-Koordinator am Standort<br />
Ruhrlandklinik<br />
SCHWERPUNKT<br />
Die Medizin ist weiblich. Aber wie<br />
steht es um die Gleichberechtigung in<br />
der Universitätsmedizin Essen?<br />
SEITE 8<br />
leben<br />
SEITE 22<br />
Klavierkuchen und<br />
königlicher Besuch<br />
Bunte Meldungen aus<br />
der Universitätsmedizin<br />
SEITE 24<br />
Endlich wieder rocken<br />
Blick zurück: die Universitätsmedizin<br />
im Spiegel ihrer Patienten.<br />
Diesmal: Ulrike Gnacke.<br />
SEITE 26<br />
Gewinnspiel und Service<br />
SEITE 28<br />
Aufm Platz<br />
Mein Ort: Tobias Emler<br />
kickt am liebsten auf der<br />
Margarethenhöhe<br />
2 3
Mitmacher<br />
Das Magazin lebt von Menschen, die etwas bewegen und etwas<br />
zu erzählen haben. Wir stellen die Köpfe hinter den Geschichten vor.<br />
Wollen Sie auch mitmachen? Schreiben Sie an maz@uk-essen.de<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
Universitätsmedizin Essen,<br />
Konzernmarketing und -kommunikation,<br />
Hufelandstraße 55, 45147 Essen<br />
Verantwortlich<br />
Achim Struchholz,<br />
achim.struchholz@uk-essen.de<br />
Redaktionsbeirat<br />
Kristina Gronwald (Universitätsklinikum),<br />
Christine Harrell (Fakultät), Silke Langer<br />
(Universitätsklinikum), Maren Middeldorf<br />
(Ruhrlandklinik), Janine Pratke (WTZ),<br />
Thorsten Schabelon (Universitätsklinikum),<br />
Kathinka Siebke (St. Josef Krankenhaus)<br />
Redaktion und Grafik<br />
Zimmermann Editorial GmbH, Köln<br />
Schriften<br />
Franziska Pro, Organika, TheSans<br />
Bildbearbeitung & Reinzeichnung<br />
purpur GmbH, Köln<br />
SARAH WESKE<br />
Medizinische Biologin am<br />
Institut für Pathophysiologie<br />
PHIL <strong>ME</strong>ISTER<br />
Assistenzarzt in der Klinik<br />
für Allgemein-, Viszeral- und<br />
Transplantationschirurgie<br />
RALF BOSCH<br />
OP-Koordinator und stellvertretender<br />
Pflegemanager am<br />
Standort Ruhrlandklinik<br />
TOBIAS EMLER<br />
Medizinische Planung und<br />
strategische Unternehmensentwicklung<br />
Wanted<br />
Druck<br />
WOESTE DRUCK + VERLAG GmbH & Co. KG,<br />
Essen<br />
Papier: Circle Offset Premium White<br />
In der Teeküche der Arbeitsgruppe<br />
Levkau im Institut für Pathophysiologie<br />
wird nicht nur Tee getrunken.<br />
Manchmal muss es auch ein Moët &<br />
Chandon sein. Immer dann, wenn ein<br />
Mitglied der Forschergruppe eine Studie<br />
in einem Fachmagazin veröffentlicht<br />
hat, wird im Team mit Sekt oder<br />
Champagner gefeiert. Mehr als ein<br />
Dutzend Korken – sorgfältig mit Name<br />
und Publikationsdatum beschriftet<br />
und mit Bindfäden an der Decke befestigt<br />
– zeugen von diesem akademischen<br />
Feierritual. Gleich zwei Flaschen<br />
Schampus hat kürzlich mal wieder<br />
Sarah Weske beigesteuert, diesmal<br />
für eine Publikation im renommierten<br />
Journal „Nature Medi cine“. Zum<br />
Anstoßen sei der Moët super, sagt die<br />
32-Jährige. „Privat trinke ich aber lieber<br />
Grauburgunder.“ Na dann: prost!<br />
Seite 8<br />
Gekommen, um zu bleiben – diese<br />
Lied zeile der Band Wir sind Helden<br />
trifft Phil Meisters Leben in Essen<br />
gerade ziemlich genau. Nachdem<br />
der gebürtige Paderborner für das<br />
Medizinstudium nach Essen gekommen<br />
ist, ist er im Ruhrpott heimisch<br />
geworden. „Bei den Leuten hier weiß<br />
man, wo man dran ist. Das gefällt mir.“<br />
Auch beruflich ist Meister zufrieden:<br />
Eigentlich als Assistenzarzt am<br />
Universitätsklinikum in der Klinik für<br />
Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie<br />
angestellt, hospitierte<br />
er zuletzt für einige Monate am<br />
St. Josef Krankenhaus und lernte die<br />
Vielfalt des Konzerns hautnah kennen.<br />
Seite 20<br />
Wenn während der Grippewelle mal<br />
Personalmangel im OP herrscht,<br />
springt Ralf Bosch selber ein – schließlich<br />
ist er ausgebildeter OP-Krankenpfleger.<br />
„Aber das mache ich wirklich<br />
nur in Ausnahmefällen, eigentlich<br />
habe ich genug andere Termine“,<br />
sagt der 55-Jährige, der gleichzeitig<br />
als stellvertretender Pflegemanager,<br />
OP-Koordinator und Pflegedienstleiter<br />
für mehrere Bereiche tätig ist.<br />
Was seinen Alltag reicher macht und<br />
warum er die aktuellen Debatten um<br />
den Pflegekräftemangel mit Sorge<br />
verfolgt, erzählt er auf Seite 21.<br />
FOTOS: JAN LADWIG (2), U<strong>ME</strong>, MICHAEL ZELL<strong>ME</strong>R<br />
Kurz nachdem das erste Mitarbeitermagazin<br />
erschienen war, erhielt die<br />
Redaktion eine Mail mit einem Foto,<br />
auf dem ein Mann mit der U&<strong>ME</strong> in<br />
den Rocky Mountains zu sehen war.<br />
Der Mann war Tobias Emler, das Foto<br />
schoss er in seinem letzten Urlaub.<br />
„Meine Freunde nennen mich immer<br />
den Holiday-Emler, weil ich so gerne<br />
verreise“, verrät der 30-Jährige. Sein<br />
Lieblingsplatz ist trotzdem direkt ums<br />
Eck. Mehrmals die Woche trainiert Emler<br />
als Mittelfeldspieler der 1. Seniorenmannschaft<br />
auf dem Fußballplatz des<br />
TUSEM Essen auf der Margarethenhöhe.<br />
„Ich bin seit 22 Jahren Vereinsmitglied<br />
und leidenschaftlicher Fußballer.<br />
Den Großteil meiner Jugend habe ich<br />
auf dem Sportplatz am Fibelweg verbracht.<br />
Den Fußball und den TUSEM<br />
trage ich im Herzen.“ Seite 28<br />
In den ersten beiden Ausgaben des<br />
Beschäftigtenmagazins haben wir<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
vorgestellt, die hinter den Kulissen für<br />
sauberes OP-Besteck sorgen, Placebos<br />
erforschen und ihren Feierabend auf<br />
dem Tetraeder in Bottrop genießen.<br />
Damit das Magazin auch 2019 spannend<br />
und lesenswert bleibt, freut sich<br />
die Redaktion immer über interessante<br />
Themenvorschläge aus der Belegschaft.<br />
Arbeiten Sie vielleicht gerade an<br />
einer ungewöhnlichen Forschungsfrage<br />
oder sind Teil eines besonderen<br />
Teams? Dann schreiben Sie uns unter<br />
maz@uk-essen.de. Wir freuen uns auf<br />
Ihre Einreichungen!<br />
ID-Nr. 1876158<br />
Umweltschutz<br />
Das Mitarbeitermagazin wird auf<br />
Recycling-Papier gedruckt, das zu<br />
100 Prozent aus Altpapier hergestellt<br />
wird. Das Papier ist FSC®-zertifiziert und<br />
aus gezeichnet mit dem Blauen Engel<br />
und dem EU-Ecolabel.<br />
Titelfoto: Jan Ladwig<br />
Fragen und Anregungen?<br />
maz@uk-essen.de<br />
@universitaetsmedizinessen<br />
@UniklinikEssen<br />
@ukessen<br />
Universitätsklinikum Essen<br />
www.ume.de<br />
4<br />
5
„ÜBERLEBENSRATE<br />
STEIGERN“<br />
Wie potent ist die Immuntherapie gegen<br />
Krebs? Fragen an Prof. Dr. Viktor Grünwald,<br />
der die Stiftungsprofessur für interdisziplinäre<br />
Uroonkologie übernommen hat.<br />
Sie wollen die Immuntherapie bei urogenitalen Tumoren<br />
optimieren. Wie funktioniert diese Art von Therapie?<br />
Diese neuartige Therapie gegen Tumoren gibt es seit<br />
etwa fünf Jahren, deshalb steht die Forschung hier fast<br />
noch am Anfang. Was wir wissen, ist: Ein Tumor kann die<br />
Funktion von Immunzellen beeinflussen und so unerkannt<br />
bleiben. Diese Blockade lässt sich mit sogenannten<br />
Checkpoint-Inhibitoren aufheben. Gelingt das, kann das<br />
Immunsystem die Krebszellen selbst attackieren.<br />
Noch wirkt die Behandlung nur bei einem Bruchteil von<br />
Patienten. Warum?<br />
Ein Problem ist, dass eine Immunzelle einen Tumor bereits<br />
als fremd erkannt haben muss – nur dann können<br />
wir mit den Inhibitoren gut arbeiten. Leider funktioniert<br />
das nicht überall, denn nicht alle Tumorzellen tragen eine<br />
Eiweißstruktur auf ihrer Oberfläche, die vom Immunsystem<br />
erkannt wird. Eine Idee ist nun, Tumoren zunächst<br />
durch eine andere Tumortherapie aufzubrechen – etwa<br />
durch Bestrahlungen –, damit diese verräterischen Eiweiße<br />
zum Vorschein kommen, und dann eine Immuntherapie<br />
aufzusetzen.<br />
Woran forschen Sie in Essen konkret?<br />
Mein Schwerpunkt ist die urogenitale Onkologie. Es geht<br />
darum, die Immuntherapie bei soliden Tumoren noch<br />
passgenauer zu machen: Wir wollen herausfinden, welche<br />
Patientengruppen auf welche Therapien ansprechen,<br />
und damit die Zahl der Langzeitüberlebenden steigern.<br />
wissen | Meldungen<br />
Was wirkt<br />
gegen<br />
Bauchspeicheldrüsenkrebs<br />
Die Forschungsfrage<br />
Pankreaskarzinome sind die Krebsart, die bislang am<br />
schwierigsten zu behandeln ist. Bei vielen Patienten<br />
hat der Tumor bereits gestreut, wenn sie erste<br />
Symptome haben. Dr. Barbara Grüner, Leiterin der<br />
Emmy-Noether-Gruppe am Westdeutschen Tumorzentrum,<br />
will im Mausmodell herausfinden, auf<br />
welche Wirkstoffe die Karzinome wie reagieren. „Dazu<br />
bringen wir im sogenannten Hochdurchsatzverfahren<br />
genetische Barcodes in die DNA der behandelten<br />
Zellen ein und können so Hunderte Wirkstoffe gleichzeitig<br />
testen“, sagt Grüner. Ziel ist, irgendwann ein<br />
wirksames Mittel gegen den Krebs zu finden.<br />
Nummer 1<br />
in NRW und deutschlandweit<br />
knapp hinter Heidelberg, München<br />
und Berlin: Im Ranking der weltbesten<br />
Ausbildungsstätten für das<br />
Medizinstudium des „U.S. News and<br />
World Reports“ für das Jahr 2019<br />
werden die Medizinische Fakultät<br />
der Universität Duisburg-Essen und<br />
das Universitätsklinikum Essen unter<br />
den Top 100 geführt. Den ersten<br />
Platz weltweit belegt die Harvard<br />
University in den USA, in Europa<br />
liegt die University of Oxford in<br />
Großbritannien vorn.<br />
FOTOS: FRANK PREUSS (L.), BLINDGUARD/PHOTOCASE (R.)<br />
WAS IST EIGENTLICH ...<br />
GUTES CHOLESTERIN?<br />
Wie verhindert das Lipoprotein HDL Entzündungen – und warum<br />
verliert es diese Eigenschaft bei einer Herzkrankheit?<br />
CHOLESTERIN IST EIN FETTMOLEKÜL, das der Körper zum Großteil selbst herstellt. Es<br />
spielt eine wichtige Rolle beim Aufbau der Zellwände und bei der Produktion vieler Hormone.<br />
Im Blut wird das Cholesterin von Transport-Kügelchen umhüllt, den sogenannten<br />
Lipoproteinen. Je nach Dichte bezeichnet man diese als Low-Density-Lipoproteine (LDL)<br />
oder High-Density-Lipoproteine (HDL). Während die meisten Mediziner mit LDL negative<br />
Eigenschaften verknüpfen, gilt HDL als „gutes Cholesterin“, das Herzinfarkt vorbeugen<br />
kann. Bislang war jedoch unbekannt, warum es seine entzündungshemmende Wirkung<br />
verliert, wenn eine koronare Herzerkrankung vorliegt. Den Grund hat kürzlich Prof. Dr.<br />
Bodo Levkau vom Institut für Pathophysiologie zusammen mit Forscherkollegen aus<br />
Düsseldorf und Hamburg herausgefunden: Es liegt an der im HDL enthaltenen chemische<br />
Verbindung Sphingosin-1-Phosphat (S1P), die bei der Herzerkrankung verloren geht. Als<br />
sein Team S1P verabreichte, reaktivierte sich die entzündungshemmende Eigenschaft. Der<br />
Zusammenhang ermöglicht neue Therapieansätze bei einer koronaren Herzkrankheit.<br />
STUDIEN-<br />
TICKER<br />
Schnelle Heilung nach<br />
Schlaganfall<br />
Schlaganfallpatienten leiden<br />
oft unter einer halbseitigen<br />
Lähmung sowie Sensibilitäts-,<br />
Sprach- oder auch Sehstörungen.<br />
Wie sich das geschädigte Gehirn<br />
schneller und besser erholt,<br />
hat nun ein Team um Prof. Dr.<br />
Christoph Kleinschnitz, Direktor<br />
der Klinik für Neurologie,<br />
und Prof. Dr. Dirk Hermann,<br />
Inhaber des Lehrstuhls für<br />
Vaskuläre Neurologie, Demenz<br />
und Altersforschung, mithilfe des<br />
Moleküls S44819 einen Rezeptor<br />
im Hirn blockiert, der die<br />
Erregbarkeit der Nerven reduziert.<br />
Je mehr von dem Molekül<br />
verabreicht wurde, desto besser<br />
wurden das räumliche Erinnerungsvermögen<br />
und die Bewegungskoordination.<br />
Milz schützt Herz<br />
Forscher der Universitätsmedizin<br />
haben in klinischen Studien gezeigt,<br />
dass mehrfaches Aufpumpen<br />
einer Blutdruckmanschette<br />
am Arm das Herz vor einer<br />
Min derdurchblutung – und damit<br />
letztlich vor einem Herzinfarkt –<br />
schützen kann. Aber wie genau<br />
funktioniert dieser Herzschutz<br />
auf Distanz? Ein Team um<br />
Dr. Helmut Lieder und Prof. Dr.<br />
Petra Kleinbongard vom Institut<br />
für Pathophysiologie hat nun in<br />
einer Studie entdeckt, dass dabei<br />
die Milz eine zentrale Rolle einnimmt:<br />
Durch das Aufblasen und<br />
Ablassen der Luft aus einer Blutdruckmanschette<br />
am Hinterbein<br />
von Versuchstieren setzte deren<br />
Milz herzschützende Substanzen<br />
ins Blut frei. Der Herzschutz auf<br />
Distanz wird in der Universitätsmedizin<br />
bereits genutzt.<br />
6 7
wissen | Schwerpunkt<br />
Die Medizin<br />
wird weiblich<br />
Ob in der Forschung, in der Pflege oder im<br />
OP – Frauen sind auf dem Vormarsch in der<br />
Universitätsmedizin Essen. Aber sind sie<br />
auch gleichberechtigt?<br />
PROF. DR. BEATE<br />
TIM<strong>ME</strong>RMANN<br />
leitet die Klinik für<br />
Partikeltherapie.<br />
FOTOS: JAN LADWIG<br />
Es ist die Sache mit dem Kaffee, die Beate<br />
Timmermann zum ersten Mal spüren<br />
lässt, dass sie eine Ärztin ist und<br />
kein Arzt. 1995 teilt sie sich am Universitätsklinikum<br />
Tübingen ein Büro mit<br />
zwei männlichen Kollegen. Der Oberarzt, der regelmäßig<br />
zur Fallbesprechung reinkommt, begrüßt das<br />
Trio stets mit demselben Satz: „Frau Timmermann,<br />
holen Sie mir doch bitte erstmal einen Kaffee!“ Anfangs<br />
geht die Assistenzärztin tatsächlich in die Kaffeeküche.<br />
Doch irgendwann platzt ihr der Kragen.<br />
„Ich habe ihm gesagt: Ich hole Ihnen gerne einen<br />
Kaffee, aber erst, nachdem Sie auch mal einen meiner<br />
Kollegen darum gebeten haben“, erinnert sich<br />
die 51-Jährige.<br />
Heute kann Prof. Dr. Beate Timmermann, Direktorin<br />
der Klinik für Partikeltherapie am Universitätsklinikum<br />
Essen, über das damalige Macho-Gehabe<br />
des Kollegen lachen. Das Aufbegehren hat ihr<br />
nicht geschadet – der Oberarzt brachte ihr fortan<br />
immer selbst einen Kaffee mit. Noch heute sind die<br />
beiden befreundet. Aber das Erlebnis hat auch eine<br />
ernste Seite. Zeigt es doch, was die Medizin lange<br />
Zeit war: eine Welt, in der vor allem Männer das Sagen<br />
hatten.<br />
Aufbruch aus der Männerwelt<br />
Noch Anfang der 1980er waren in deutschen Kliniken<br />
Ärztinnen in der Minderheit. Mehr als zwei<br />
Drittel der Studierenden der Humanmedizin waren<br />
männlich und Klinikdirektorinnen absolute Exotinnen.<br />
Nur die Pflege war schon immer ein Frauenberuf<br />
– allerdings einer, in dem meist Männer die<br />
Dienstpläne schrieben.<br />
Die Zeiten haben sich gewandelt: Heute bestellt<br />
bei Beate Timmermann kein Oberarzt mehr<br />
Kaffee. Frauen haben Männer bei den Zulassungen<br />
zum Studium der Humanmedizin überholt und im<br />
Pflegebereich sind der neuesten Pflegestatistik zufolge<br />
fast die Hälfte aller Führungspositionen mit<br />
Frauen besetzt. Alles gut also in Sachen Gleichberechtigung?<br />
8<br />
9
wissen | Schwerpunkt<br />
PFLEGE IST WEIBLICH<br />
Summe der Vollzeitkräfte im<br />
Universitätsklinikum im Oktober <strong>2018</strong><br />
„Bei der Medizinerausbildung und den Promotionen<br />
haben wir kein Gleichstellungsproblem“, sagt Prof.<br />
Dr. Sigrid Elsenbruch, Prodekanin für wissenschaftlichen<br />
Nachwuchs und Diversität an der Medizinischen<br />
Fakultät der Universität Duisburg-Essen. Bei<br />
den abgeschlossenen Habilitationen dagegen liegen<br />
Männer mit 78 Prozent weiterhin deutlich vorn. Und<br />
in den Chefsesseln der Kliniken sitzen weiterhin vor<br />
allem Ärzte. Einer Umfrage des Deutschen Ärztinnenbundes<br />
zufolge hatten Frauen in deutschen Universitätskliniken<br />
2016 nur zehn Prozent aller Lehrstühle,<br />
Klinikdirektionen und Abteilungsleitungen<br />
inne. Auch in der Universitätsmedizin Essen werden<br />
derzeit nur drei von 33 Kliniken von Frauen geleitet.<br />
Die Basis wird weiblicher, während an der Spitze oft<br />
weiterhin Männer stehen. Warum eigentlich?<br />
Ein Faktor, der den Aufstieg von Ärztinnen<br />
stärker beeinflusst als den von Männern, ist die Familienplanung.<br />
Als Beate Timmermann 2002 aus<br />
Tübingen in die Schweiz wechselte, um in einem<br />
„Bei uns<br />
ist nur die<br />
Hilfskraft<br />
männlich –<br />
und der<br />
Chef.“<br />
DR. SARAH WESKE<br />
DR. SARAH WESKE forscht im Institut für Pathophysiologie.<br />
physikalischen Institut an der damals neuartigen<br />
Protonentherapie zu forschen, kam zeitgleich ihr<br />
Sohn zur Welt. „16 Wochen nach der Geburt stand<br />
ich wieder im Institut und bin zum Stillen mehrmals<br />
am Tag in die Betriebskrippe“, erinnert sich<br />
die Strahlenmedizinerin. Nebenbei schrieb sie damals<br />
an ihrer Habilitation. Eine Erfahrung, die sie<br />
„an Grenzen“ gebracht habe, gibt Timmermann zu.<br />
Und eine Dreifachbelastung, die den meisten männlichen<br />
Klinikdirektoren erspart geblieben ist.<br />
„Wer als Ärztin eine solche Karriere machen<br />
will, darf nicht lange in Teilzeit arbeiten“, sagt Sigrid<br />
Elsenbruch. Solange ein Aufstieg damit zusammenhängt,<br />
wie viel ein Mediziner veröffentlicht, sind<br />
Frauen mit Babypause im Nachteil – oder sie müssen<br />
mehr investieren als ihre männlichen Kollegen.<br />
Sarah Weske kann sich aktuell noch ganz auf<br />
ihre Forschung konzentrieren. Kinder hat die 32-jährige<br />
Doktorin der medizinischen Biologie nicht. Aber<br />
FOTOS: JAN LADWIG (L.), U<strong>ME</strong> (R.)<br />
sie kennt Kolleginnen, die nach der Babypause in<br />
die Wirtschaft gewechselt sind – „wegen der besseren<br />
Work-Life-Balance“.<br />
Sie selbst würde gern in der Universitätsmedizin<br />
bleiben. Zu spannend ist es aktuell in der<br />
Forschung, die sie in den Laboren des Instituts für<br />
Pathophysiologie, am Rande des Grugaparks, vorantreibt.<br />
Zudem tue sich in der Wissenschaft gerade<br />
viel in Sachen Gleichberechtigung, findet die 32-Jährige.<br />
Zum einen besteht seit kurzem die Möglichkeit<br />
der Juniorprofessur, für die es keine zeitaufwendige<br />
Habilitation mehr braucht. Zum anderen drängen aktuell<br />
„auffällig viele Frauen in die Forschung“, wie die<br />
Biologin beobachtet hat. Weskes Arbeitsgruppe etwa<br />
besteht aktuell aus sieben Frauen. „Nur der Chef und<br />
unsere studentische Hilfskraft sind männlich.“<br />
Forschung für Frauen<br />
Womöglich kommt es auch Patientinnen zugute,<br />
dass in der Forschung vermehrt Frauen den Ton angeben.<br />
Die Osteoporose nach der Menopause etwa –<br />
umgangssprachlich Knochenschwund genannt –<br />
ist eine klassische Frauenkrankheit. Bislang gibt<br />
es kein Mittel, um neues Knochenwachstum anzuregen.<br />
Sarah Weske arbeitet daran, das zu ändern.<br />
„Wir haben im Labor herausgefunden, dass ein<br />
Sphingolipid bei Mäusen neuen Knochen wachsen<br />
lässt“, sagt Weske. Ihre Studie dazu, veröffentlicht<br />
im renommierten Fachjournal „Nature Medicine“,<br />
hat ihr diesen Sommer nicht nur den Diversity-Preis<br />
der Medizinischen Fakultät, sondern auch viele<br />
Anrufe von Patientinnen eingebracht, die auf eine<br />
Therapie hoffen. „Solche Hilferufe spornen natürlich<br />
an“, sagt Weske. „Auch wenn ich den Frauen immer<br />
sagen muss, dass es noch zehn Jahre dauern kann,<br />
bis aus unserer Grundlagenforschung ein Medikament<br />
wird.“<br />
Die Früchte ihrer Arbeit sieht Sabrina Geiermann<br />
häufig schneller. „Bei Schlaganfallpatienten<br />
ändert sich der Zustand manchmal rasant“, sagt die<br />
Gesundheits- und Krankenpflegerin. Oft erlebe<br />
ÄRZTLICHER<br />
DIENST<br />
Frauen<br />
42,63 %<br />
Männer<br />
57,37 %<br />
UNTERSTÜTZUNG FÜR<br />
FAMILIEN<br />
Schichtdienst und Kinderbetreuung passen nicht<br />
zusammen – oder? Wenn Nachwuchs ansteht,<br />
sind viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />
Universitätsmedizin Essen erstmal verunsichert,<br />
ob sie Job und Familie zukünftig miteinander<br />
vereinbaren können. Dabei bietet die Universitätsmedizin<br />
Essen vielfältige Möglichkeiten:<br />
Neben der Betriebskindertagesstätte bietet die<br />
Universitätsmedizin beispielsweise Hilfe bei der<br />
Suche nach Betreuungspersonen und organisiert<br />
Ferienaktivitäten für Kinder.<br />
Für individuelle Fragen steht das Mitarbeiter-<br />
ServiceBüro zur Verfügung. So können sich auch<br />
Kolleginnen und Kollegen mit pflegebedürftigen<br />
Angehörigen durch Sandra Warren, Sozialarbeiterin<br />
im MitarbeiterServiceBüro, beraten lassen.<br />
Einen ersten Überblick über alle Angebote zu den<br />
Themen Schwangerschaft, Elternzeit und Elterngeld,<br />
Kinderbetreuung und Angehörigenpflege<br />
bietet die Webseite uk-essen.de/vereinbarkeitberufundfamilie<br />
MitarbeiterServiceBüro:<br />
Sandra Warren<br />
0201 7231641,<br />
msb@uk-essen.de,<br />
Robert-Koch-Straße 9–11,<br />
2. Etage, Raum 113<br />
PFLEGEDIENST<br />
Frauen<br />
81,38 %<br />
Männer<br />
18,62 %<br />
10 11
sie auf ihrer Station Menschen, die auf eine Therapie<br />
gut ansprechen und anschließend wie ausgewechselt<br />
sind. „Das motiviert das Team natürlich sehr.“<br />
Wie geht es dem Team? Diese Frage stellt sich<br />
die 29-Jährige häufiger, seit sie im Oktober die pflegerische<br />
Leitung der Station Neuro 2 des Universitätsklinikums<br />
und damit die Verantwortung für 30 Vollzeitstellen<br />
übernommen hat. Zum Beispiel immer<br />
dann, wenn sie den Dienstplan erstellt. „Man muss<br />
um die Ecke denken“, sagt Geiermann über diese<br />
verantwortungsvolle Arbeit. Sie versucht, Wünsche<br />
zu hören und – wenn möglich – zu respektieren.<br />
Ist Zuhören etwas, das Frauen in Führungspositionen<br />
wichtiger ist? „Vielleicht“, sagt Geiermann. „Ich<br />
könnte mir vorstellen, dass Männer manchmal gar<br />
nicht so weit denken.“<br />
SABRINA GEIERMANN leitet die Station Neuro 2.<br />
wissen | Schwerpunkt<br />
„Männer<br />
denken, sie<br />
geben sich<br />
eine Blöße,<br />
wenn sie<br />
andere um<br />
Rat fragen.“<br />
PROF. DR. BEATE TIM<strong>ME</strong>RMANN<br />
Auch Beate Timmermann ist überzeugt davon, dass<br />
Frauen die Meinung anderer oft wichtiger ist als<br />
Männern. Das hat Vor- und Nachteile. „Männer glauben<br />
oft, sie würden sich eine Blöße geben, wenn sie<br />
Mitarbeiter nach ihrer Meinung fragen.“ Frauen dagegen<br />
fehle manchmal das Selbstbewusstsein, die<br />
eigene Meinung zu vertreten. Das schadet in männerdominierten<br />
Bereichen wiederum der Karriere.<br />
In der Pflege ist die Universitätsmedizin bereits<br />
von der Basis bis an die Spitze sehr frauenlastig.<br />
„Das unterscheidet uns von vielen anderen Häusern“,<br />
sagt Sabrina Geiermann. Auch auf der Neuro 2<br />
arbeiten nur fünf männliche Pfleger. Ihnen scheint<br />
der Minderheitenstatus allerdings eher zu nutzen,<br />
sagt Geiermann und schmunzelt: „Die Kollegen haben<br />
oft ganz gute Karten bei älteren Patientinnen.“<br />
Dass Männer ihnen Kaffee bringen, sind sie<br />
vermutlich von früher nicht gewohnt.<br />
FOTOS: JAN LADWIG (L.), U<strong>ME</strong> (R.)<br />
Luftkapseln im Blut<br />
Prof. Dr. Katja Ferenz forscht an<br />
künst lichen Sauerstoffträgern. Hat<br />
sie Erfolg, könnten bald deutlich<br />
mehr Organe transplantiert werden.<br />
Kühlschränke und Hektik könnten sich Notfall-<br />
und Transplantationsmediziner in Zukunft<br />
sparen, wenn Katja Ferenz auf das<br />
richtige Pferd gesetzt hat. Das Pferd hört auf den<br />
komplizierten Namen Perfluorcarbon, kurz PFC, und<br />
ist ein echtes Lasttier: Es kann Sauerstoff durchs<br />
menschliche Blut transportieren.<br />
„Früher dachte man, man könnte Blut einfach<br />
nachbauen und so irgendwann menschliche Blutspender<br />
ersetzen“, sagt Ferenz, die seit Anfang <strong>2018</strong><br />
eine Juniorprofessur für Physiologie an der Medizinischen<br />
Fakultät der Universität Duisburg-Essen<br />
innehat. Weil das komplexer ist als gedacht, fokussierte<br />
sich die Forschung auf eine der wichtigsten<br />
Funktionen des Bluts: den Sauerstofftransport. „Genauer<br />
gesagt machen das die roten Blutkörperchen,<br />
das Hämoglobin“, erklärt die 35-Jährige. Wäre es<br />
nicht möglich, zumindest diese Transporter nachzubauen?<br />
Das PFC, an dem ihre Arbeitsgruppe seit Jahren<br />
forscht, ist einer der Kandidaten für diesen Job.<br />
Längeres Haltbarkeitsdatum<br />
Gebraucht würden künstlichen Sauerstoffträger vor<br />
allem an drei Fronten: bei Notfallpatienten, die viel<br />
Blut verloren haben und während der Fahrt in die Klinik<br />
stabilisiert werden müssen. „Im Normalfall haben<br />
Rettungswagen keinen Kühlschrank mit Blutkonserven<br />
dabei“, sagt Ferenz. Ein künstlicher Sauerstoffträger,<br />
der ohne Kühlung auskommt und für alle Blutgruppen<br />
kompatibel ist, wäre hier eine große Hilfe.<br />
Ebenso wie bei der Organtransplantation. Stirbt<br />
ein potenzieller Spender zu Hause und wird erst spät<br />
in die Klinik gebracht, fallen seine Organe als Transplantat<br />
meist aus: Zu lange waren sie mit Sauerstoff<br />
unterversorgt. „Mit einem künstlichen Sauerstoffträger<br />
könnte man so ein Organ wieder in einen Zustand<br />
bringen, in dem es verpflanzt werden könnte“,<br />
Mein Thema<br />
PROF. DR. KATJA FERENZ ist Juniorprofessorin<br />
für Physiologie an der<br />
Medizinischen Fakultät.<br />
sagt Ferenz. Im Tierlabor ist Ferenz’ Team dies bereits<br />
geglückt: „Wir haben bei Ratten 95 Prozent des Blutes<br />
gegen unsere Sauerstoffträger ausgetauscht und<br />
konnten ihr Leben verlängern.“<br />
Außerdem bleibt mehr Zeit für den Transport,<br />
wenn der Stoffwechsel der Spender organe mit Sauerstoffträgern<br />
aufrechterhalten wird. „Unsere Hoffnung<br />
ist, dass man so künftig deutlich mehr Patienten<br />
Spenderorgane zur Verfügung stellen kann“, sagt<br />
die Forscherin.<br />
Noch liegen solche Szenarien in der Zukunft –<br />
aber in Sichtweite. „Ich könnte mir vorstellen, dass<br />
in den nächsten Jahren auch in Europa ein künstlicher<br />
Sauerstoffträger auf den Markt kommt. In anderen<br />
Ländern wie Mexiko oder Russland sind bereits<br />
Präparate verfügbar“, sagt Ferenz. „PFC haben<br />
gegenüber anderen Stoffen den Vorteil, dass man sie<br />
auch noch zur Behandlung der Taucherkrankheit<br />
und Rauchvergiftung einsetzen kann.“<br />
Das Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Energie zumindest setzt auf das Pferd PFC: Es fördert<br />
das Projekt von Ferenz’ Arbeitsgruppe seit März<br />
und für die nächsten drei Jahre.<br />
12<br />
13
machen | Meldungen<br />
„80 PROZENT SIND NONVERBAL“<br />
Dr. Stefanie Merse leitet das Projekt Empathische-Interkulturelle-Arzt-Patienten-Kommunikation<br />
an der Universitätsmedizin Essen.<br />
Was sind die Gründe für Missverständnisse in der<br />
interkulturellen Patientenkommunikation? <br />
Wir haben häufig die Konstellation, dass der Arzt aus<br />
einem Land, die Pflegekraft aus einem zweiten und<br />
der Patient aus einem dritten Land stammt. Drei verschiedene<br />
Sprachen, Nationalitäten, Religionen und<br />
Kulturen treffen aufeinander, da sind Missverständnisse<br />
an der Tagesordnung. Oftmals fehlt das Wissen um<br />
die wachsenden Herausforderungen der interkulturellen<br />
Verständigung.<br />
Wenn ein Gesprächspartner kein Deutsch spricht,<br />
zum Beispiel?<br />
Nicht nur das. Rund 80 Prozent unserer Kommunikation<br />
sind nonverbal. Unterschiede in Mimik und<br />
Körpersprache werden unterschwellig als befremdlich<br />
wahrgenommen und oft nicht richtig gedeutet.<br />
Dann können auch unterschiedliche Betonungen, eine<br />
andere Mimik und Körpersprache zu Missverständnissen<br />
führen. So ist es in Deutschland üblich, dass<br />
unsere Worte automatisch von der dazugehörigen<br />
Mimik begleitet werden. In anderen Kulturen kann die<br />
Mimik anders ausgeprägt sein oder gar fehlen. Diese<br />
und ähnliche Feinheiten der Kommunikation erlernen<br />
Mitarbeiter der Universitätsmedizin hier im Kurs.<br />
Wie kann ich konstruktive Gespräche führen?<br />
Gute Kommunikation kann zur echten Herausforderung<br />
werden. Deswegen ist es günstig, eine sichere<br />
Basis zur Kommunikation schon parat zu haben, um<br />
Arzt-Patienten-Gespräche störungsfreier zu gestalten<br />
und im Klinikalltag besser zu realisieren.<br />
Mehr zu den Schulungen auf Seite 27.<br />
Im „FOCUS“<br />
Die Universitätsmedizin Essen ist die beste Klinik im<br />
Ruhrgebiet – das ist das Ergebnis der aktuellen Klinikliste,<br />
die Ende Oktober im FOCUS-Magazin veröffentlicht<br />
wurde. Im deutschlandweiten Vergleich gehört die<br />
Universitätsmedizin zu den besten 20 der rund 2.000<br />
Kliniken. „Dieses hervorragende Ergebnis wäre ohne<br />
die engagierte Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
und eine hochmoderne medizinische Ausstattung<br />
auf universitärem Niveau nicht möglich gewesen.<br />
Sowohl am Universitätsklinikum selbst als auch an<br />
unseren Standorten Ruhrlandklinik, St. Josef Krankenhaus<br />
Werden sowie Herzchirurgie Huttrop macht die<br />
Qualität in Medizin und Pflege den Unterschied. Davon<br />
profitieren unsere Patientinnen und Patienten unmittelbar“,<br />
so der kaufmännische Vorstand Thorsten Kaatze.<br />
Neben einem regionalen und einem nationalen Siegel<br />
erhielt die Universitätsmedizin Essen auch in den zwölf<br />
Fachbereichen Geburten, Kardiologie, Herzchirurgie,<br />
Lungen-, Darm-, Brust- und Prostatakrebs, Multiple<br />
Sklerose, Strahlentherapie, Hirntumoren, Leukämie und<br />
Gallenblase die Auszeichnung.<br />
FOTOS: U<strong>ME</strong> (L.), JAN LADWIG (O.), PRIVAT (R.)<br />
NEUES VOM BAU Die Landwirte stöhnten über den<br />
trockenen Sommer genauso wie die Binnenschiffer,<br />
denen im Herbst das Wasser unterm Kiel fehlte. Für<br />
die Baubranche aber war es ein hervorragender<br />
Sommer: „Das war bestes Bauwetter“, sagt Dirk Rustemeyer,<br />
Leiter der Abteilung Planen und Bauen im<br />
Dezernat 04 – Bau und Technik. Mit den Arbeiten am<br />
Neubau der HNO-Klinik ging es deshalb auch gut voran.<br />
Bereits seit einigen Wochen läuft die umfangreiche<br />
Installation der Haustechnik des dreigeschossigen<br />
Neubaus, unter anderem werden Lüftung, Medizintechnik,<br />
Elektronik, Wasser und Abwasser sowie die<br />
Heizung installiert. Parallel werden Trockenbauwände<br />
erstellt. Für den Winter steht unter anderem der<br />
gesamte Aufbau der Ebene mit den acht Operationseinheiten<br />
auf dem Plan.<br />
Während in der HNO-Klinik eine Fertigstellung<br />
in Reichweite rückt, kündigen sich die nächsten<br />
Bauarbeiten bereits an. Für die Nuklearmedizin und<br />
Radiochemie laufen die Vergabeverfahren, Baubeginn<br />
ist voraussichtlich im Frühjahr 2019. Für die neue<br />
Kinderklinik sollen bereits Anfang 2019 die Bagger<br />
anrollen, um die Baugrube auszuheben.<br />
57 NEUE<br />
PFLEGEKRÄFTE<br />
konnten allein im Oktober<br />
eingestellt werden. Mit der<br />
Kampagne zur Gewinnung<br />
von neuen Gesundheitsund<br />
Krankenpflegenden<br />
soll die Zahl der Neueinstellungen<br />
auch 2019 weiter<br />
steigen.<br />
Schlüsselmoment<br />
<strong>ME</strong>IN ERSTER<br />
ARBEITSTAG<br />
Es gibt Augenblicke, die alles<br />
verändern. Ein Schlüsselmoment<br />
für Annika Link, Gesundheitsund<br />
Krankenpflegerin:<br />
ihr erster Arbeitstag auf der<br />
Intensivstation INTK im<br />
Universitätsklinikum Essen.<br />
Annika Link ist direkt nach ihrer Ausbildung<br />
aus einem kleinen Krankenhaus<br />
in Hagen ans Universitätsklinikum<br />
gewechselt. Ihr erster Eindruck: „Hier ist<br />
wirklich alles anders. Die Intensivstation<br />
ist doppelt so groß wie bei meinem alten<br />
Arbeitgeber und das Team ist riesig. Ich<br />
lerne immer noch neue Leute kennen“,<br />
sagt die 24-Jährige. Auch das System zur<br />
Leistungserfassung von Pflegeleistungen<br />
kannte sie anfangs nicht. Umso glücklicher<br />
ist Link, dass sie während der ersten<br />
drei Monate immer an der Seite eines<br />
erfahrenen Kollegen arbeitet. „Gerade<br />
bei den richtig schweren Fällen gibt das<br />
am Anfang Sicherheit“, sagt Link. Sie ist<br />
froh, den Schritt ans Universitätsklinikum<br />
gewagt zu haben – auch weil sie<br />
bereits netten Anschluss gefunden hat:<br />
„Eine Kollegin von mir wohnt zufällig<br />
zwei Straßen weiter. Wir haben eine<br />
Fahrgemeinschaft gebildet und fahren<br />
die Strecke von Bochum nach Essen nun<br />
immer gemeinsam.“<br />
14<br />
15
machen | Hirnschrittmacher<br />
Elektronische Patientenakte<br />
Der<br />
Impulsgeber<br />
Digital ist besser<br />
Prof. Dr. Stephan Klebe<br />
verhilft Patienten mit<br />
einem Hirnschrittmacher<br />
zu neuer Lebensqualität.<br />
Kaffee trinken, Schuhe zubinden,<br />
die Treppe runtersteigen – für<br />
viele Patienten von Prof. Dr.<br />
Stephan Klebe sind schon die alltäglichsten<br />
Dinge unmöglich. Weil der Körper<br />
nicht mitspielt, die Muskeln zittern, die<br />
Glieder versteifen. Seit Klebe seit 2017 die<br />
Spezialambulanz für Bewegungsstörungen<br />
leitet, finden immer mehr Patienten<br />
mit Parkinson, Tremor-Erkrankungen<br />
und Dystonien ihren Weg an die Universitätsmedizin<br />
Essen. Viele von ihnen<br />
erhoffen sich von ihrem Aufenthalt vor<br />
allem eins: mehr Lebensqualität.<br />
Für Parkinson-Patient Werner Hardt<br />
hat sich diese Hoffnung bereits erfüllt.<br />
Seit ein Hirnschrittmacher bestimmte<br />
Areale seines Gehirns dauerhaft stimuliert,<br />
hat der Essener seinen Tremor viel<br />
besser unter Kontrolle. Der Grund dafür<br />
liegt unsichtbar unter Hardts Kopfhaut:<br />
kleine Elektroden, die seit der Operation<br />
das Gehirn mit elektrischen Impulsen stimulieren,<br />
stetig gefüttert von einem Impulsgenerator<br />
in seiner Brust.<br />
„Die sogenannte tiefe Hirnstimulation<br />
(THS) wurde in den 80er-Jahren von Neurologen<br />
im französischen Grenoble entwickelt<br />
und hemmt bestimmte Kerngebiete<br />
des Gehirns“, erklärt Klebe, der das<br />
Therapieverfahren durch seinen Wechsel<br />
von vom Universitätsklinikum Freiburg<br />
mit nach Essen gebracht hat. „Aber der<br />
Hirnschrittmacher kann die Symptome<br />
nur verringern“, betont Klebe. Aufhalten<br />
oder heilen kann er die Patienten nicht.<br />
Bei vollem Bewusstsein<br />
Wer sich wie Hardt für einen Hirnschrittmacher<br />
entscheidet, wird von den Ärzten<br />
an der Universitätsmedizin genau<br />
gecheckt, um zu prüfen, ob der Patient<br />
für das Verfahren geeignet ist, und die Risiken<br />
der Operation zu minimieren. „Damit<br />
der Hirnschrittmacher funktioniert,<br />
muss er genau an der richtigen Stelle<br />
angebracht werden. Deswegen befindet<br />
sich der Patient während der Platzierung<br />
der Elektroden bei vollem Bewusstsein<br />
– aber natürlich ohne Schmerzen zu verspüren“,<br />
erklärt Klebe.<br />
„Anstrengend, aber schmerzlos“<br />
lautet so auch das Fazit der Patienten, die<br />
seit September <strong>2018</strong> einen Hirnschrittmacher<br />
in der Neurochirurgie in Essen<br />
implantiert bekommen haben. Dass<br />
während der sechsstündigen Operation<br />
immer auch ein Team aus Krankengymnasten<br />
dabei ist, steife Glieder lockert<br />
und auch mal über den Rücken reibt,<br />
wenn es juckt, ist für den Leiter der Spezialambulanz<br />
für Bewegungsstörungen<br />
eine große Hilfe.<br />
Sobald alle Elektroden an Ort und<br />
Stelle sitzen, erhält der Patient den eigentlichen<br />
Hirnschrittmacher. Unter<br />
Vollnarkose platzieren die operierenden<br />
Kollegen der Neurochirurgie den kleinen<br />
Kasten im Brustbereich unter der Haut<br />
und legen ein Verbindungskabel zu den<br />
Elektroden. Für die ersten Hirnschrittmacher-Patienten<br />
am Universitätsklinikum<br />
Essen hat sich die aufwendige Operation<br />
und die gute Nachbetreuung gelohnt: Viele<br />
von ihnen müssen zum ersten Mal seit<br />
Jahren keine oder nur wenige Tabletten<br />
nehmen und sind relativ beschwerdefrei.<br />
Und Werner Hardt aus Altenessen? Der<br />
freut sich, seinen Kaffee endlich wieder<br />
zitterfrei genießen zu dürfen.<br />
PROF. DR.<br />
STEPHAN KLEBE<br />
leitet die Spezialambulanz<br />
für<br />
Bewegungsstörungen.<br />
FOTOS: ADOBE STOCK (L.), U<strong>ME</strong> (L. U.)<br />
Seit 2016 arbeitet die Universitätsmedizin mit<br />
der Elektronischen Patientenakte. Ab 2019 werden<br />
alle Standorte digital arbeiten.<br />
Visite in der Unfallchirurgie des Universitätsklinikums,<br />
eine Patientin mit einer großen Wunde am Unterschenkel<br />
wird untersucht. „Das sieht schon gut aus, die Haut<br />
tritt bereits in die letzte Heilungsphase ein“, meint der diensthabende<br />
Oberarzt. Neben ihm steht ein Assistenzarzt an einem mobilen<br />
Computer und tippt mit: „Beginnende Epithelisierung am<br />
Wundgrund.“ Ein Klick und die Wunddokumentation ist in der<br />
Elektronischen Patientenakte (EPA) der Patientin gespeichert.<br />
Was in der Unfallchirurgie seit einiger Zeit praktiziert wird,<br />
ist auch auf vielen anderen Stationen der Universitätsmedizin<br />
inzwischen Alltag. „Rund 70 Prozent aller Kolleginnen und Kollegen<br />
arbeiten bereits mit der EPA“, erklärt Armin de Greiff, Direktor<br />
der Zentralen IT. 2019 werden alle Standorte in der stationären<br />
Versorgung zur elektronischen Dokumentation wechseln.<br />
Dafür werden sie in den kommenden Wochen von Delia Meike<br />
und den sieben anderen EPA-Trainern geschult. Damit der Rollout<br />
reibungslos klappt, sind die gelernte Gesundheits- und<br />
Krankenpflegerin und ihre Kollegen während der ersten Tage<br />
im Schichtdienst abwechselnd vor Ort. Und auch später sind sie<br />
über die EPA-Hotline immer für Rückfragen erreichbar.<br />
Schluss mit der Zettelwirtschaft<br />
Auch in der Unfallchirurgie schauen die Trainer noch regelmäßig<br />
vorbei. „Irgendeine Kleinigkeit ist immer – sei es, dass ein neuer<br />
Mitarbeiter geschult werden muss, oder, dass ein Dokument<br />
nicht richtig angewendet werden kann“, erklärt Meike. Yasmin<br />
Hoffmann, Leiterin der Stationen UC II, III und IV, freut sich über<br />
den anhaltenden Support: „Am Anfang waren wir natürlich alle<br />
skeptisch und hatten Angst davor, dass die Arbeitsbelastung<br />
durch die EPA steigt. Aber in der achtwöchigen Eingewöhnungsphase<br />
habe ich schnell gemerkt, dass das Gegenteil der Fall ist.“<br />
Vor allem bei der morgendlichen Visite sei die E-Akte eine echte<br />
Arbeitserleichterung, so die leitende Gesundheits- und Krankenpflegerin:<br />
„Mit der EPA können wir alle Vorerkrankungen und<br />
aktuellen Werte auf einen Blick abrufen, ohne lange suchen zu<br />
müssen.“ Fehlende Unterlagen oder unleserliche Handschriften –<br />
seit die Papierakten in der Unfallchirurgie abgeschafft wurden,<br />
ist das kein Problem mehr.<br />
Und noch etwas hat sich durch die Digitalisierung der Patientenunterlagen<br />
verbessert: die Kommunikation zwischen den<br />
Kliniken. Zum ersten Mal können Ärzte von unterschiedlichen<br />
Standorten aus zeitgleich in eine Akte schauen. „Praktisch, wenn<br />
ein besonders schwieriger Fall die Kompetenz und das Knowhow<br />
verschiedener Experten benötigt“, meint Armin de Greiff.<br />
Seine Vision für die neue Patientenakte geht aber noch weiter:<br />
Wie ein Musik-Streamingdienst, der Vorschläge für eine Playlist<br />
generiert, soll die EPA zukünftig auch Patienten mit ähnlichen<br />
Symptomen anzeigen. „So können wir die gespeicherten Daten<br />
nutzen, um allen Patienten zu helfen“, sagt de Greiff.<br />
EPA-HOTLINE<br />
0201 723199946<br />
Mo – Do: 8 – 17 Uhr<br />
Fr: 8 – 15 Uhr<br />
16<br />
17
machen | Physiotherapie<br />
Teil eines größeren Teams: Slobodan Jovic, Claudia Sassen,<br />
Ulrich Wruck, Johannes Gordz, Antje Capellaro, Martin<br />
Schulze, Frank Brockmann, Anja Kornblum-Hautkappe,<br />
Stefanie Schaefer, Sven Rössler (v.l.n.r.)<br />
TeamportrÄt<br />
Die Allrounder<br />
Um Patienten nach einem Eingriff wieder fit<br />
zu machen, müssen die Physiotherapeuten gleich<br />
mehrere Kernkompetenzen erfüllen.<br />
sein – auch aus organisatorischer Sicht stellt uns das<br />
vor große Herausforderungen“, so Schulze. Denn das<br />
Team deckt das gesamte Spektrum der Physiotherapie<br />
ab: von der Frühchen- bis zur Palliativstation, von<br />
der stationären Intensiv- bis zur ambulanten Nachversorgung.<br />
Das Vorurteil, bloß die Turnmäuschen<br />
des Krankenhausbetriebs zu sein, hören die Kolleginnen<br />
und Kollegen der Physiotherapie daher gar nicht<br />
gerne. „Das kann man von der Physiotherapie hier in<br />
der Uniklinik wirklich nicht behaupten“, sagt Schulze.<br />
„Jeder im Team hat seinen Fachbereich und weiß,<br />
wie er seine Patienten im Laufe der Behandlung<br />
wieder möglichst fit bekommt. Damit das so bleibt,<br />
sind wir auch in Sachen Fortbildung immer am Ball.“<br />
Denn die Methoden der Physiotherapie entwickeln<br />
sich stetig. Das wird auch in der Zusammenarbeit<br />
mit den Ärzten deutlich. „Über die neuesten Erkennt-<br />
Regenerative Maßnahmen für Sportler zählen ebenfalls<br />
zum Kompetenzbereich des Teams der Physiotherapie.<br />
nisse im medizinischen Bereich müssen wir ebenfalls<br />
im Bilde sein. Sonst würden der Austausch und die<br />
Abstimmung mit den Ärzten nicht funktionieren“, erklärt<br />
die leitende Physiotherapeutin Claudia Sassen.<br />
Direkter Draht<br />
Neben der fachlichen Expertise müssen die Mitglieder<br />
des Physio-Teams auch als Ansprechpartner<br />
fungieren und Empathie beweisen. Schließlich treffen<br />
sie jeden Tag auf die unterschiedlichsten Menschentypen<br />
und teils schwere Schicksale. Mit den<br />
Physiotherapeuten stehen die Patienten länger im<br />
direkten Austausch als mit dem restlichen medizinischen<br />
Personal. Daher schütten bei ihnen viele<br />
ihr Herz aus, sprechen über ihre Ängste und Sorgen.<br />
Auffahrunfall auf der A 40. Mit schweren Verletzungen<br />
wird der verunglückte Fahrer in<br />
die Chirurgie der Universitätsklinik Essen<br />
eingeliefert: Schädelhirntrauma, Fraktur des rechten<br />
Oberschenkels, zwei gebrochene Rippen. In der<br />
Not-OP verhindern die Ärzte noch das Schlimmste,<br />
der Patient kommt zur Überwachung auf die Intensivstation.<br />
Sobald sich seine Verfassung stabilisiert<br />
hat, werden die ersten physiotherapeutischen<br />
Maßnahmen ergriffen. Der leitende Physiotherapeut<br />
Slobodan Jovic bringt den sedierten Patienten behutsam<br />
in eine aufrechte Position, führt die ersten<br />
passiven Bewegungsübungen mit ihm durch, um<br />
so Versteifungen des Muskelgewebes zu vermeiden.<br />
„Oft besteht noch der Irrglaube, dass nach einem<br />
Unfall eine längere Ruhezeit das Beste sei“, sagt Jovic.<br />
„Diese Ansicht ist aber längst überholt. Sobald<br />
der physiologische Zustand des Patienten stabil ist,<br />
sind angemessene physiotherapeutische Maßnahmen<br />
der beste Weg, um gegen Komplikationen und<br />
bleibende körperliche Schäden anzugehen.“<br />
Überall im Einsatz<br />
Nicht nur im Intensivbereich des Klinikbetriebs übernimmt<br />
die Physiotherapie einen bedeutenden Teil der<br />
Nachsorge. Die 76 Physiotherapeuten, die von Slobodan<br />
Jovic, Claudia Sassen und Martin Schulze geleitet<br />
werden, sind überall im Uniklinikum tätig: Im Medizinischen<br />
Zentrum, im Operativen Zentrum II, in der<br />
Kinder- und Frauenklinik sowie im Westdeutschen<br />
Herz- und Gefäßzentrum sind die Kollegen ebenso<br />
unterwegs wie in der Ambulanz und in weiteren<br />
Bereichen. „Damit jeder Patient optimal behandelt<br />
werden kann, müssen wir nicht nur fachlich topfit<br />
FOTOS: JAN LADWIG<br />
Nach dem Eingriff wird so schnell wie möglich mit<br />
der Physiotherapie begonnen.<br />
„Vom Drillmaster bis zum herzlichen<br />
Umgangston bieten wir alles an.“<br />
„Das kann an die Substanz gehen, gerade wenn man<br />
auf Stationen wie der Kinderonkologie tätig ist“, erklärt<br />
Sassen. „Aber wir versuchen, die Situation für<br />
die Patienten positiv zu gestalten und ihnen so viel<br />
Lebensqualität wie möglich zurückzugeben.“ Auf<br />
die Patienten eingehen und ihre Sorgen ernstnehmen<br />
– auch das ist Aufgabe der Physiotherapeuten.<br />
Die Ansprache muss dabei immer eine andere sein.<br />
„Vom Drillmaster bis zum herzlichen Umgangston<br />
bieten wir da alles an – ganz so, wie es den Patienten<br />
am besten motiviert und nach vorne bringt“,<br />
meint Schulze. „Doch eins steht fest: In erster Linie<br />
sind und bleiben wir professionelle medizinische<br />
Ansprechpartner im klinischen Betrieb – und so verstehen<br />
wir uns auch selbst.“<br />
18<br />
19
machen | Austausch<br />
Mein Tag<br />
„Kleiner<br />
Kulturschock“<br />
mit Blinddarmentzündung in die Notaufnahme kam,<br />
durfte ich dann auch während ihres gesamten Aufenthalts<br />
medizinisch begleiten und ihr unter Anleitung<br />
den Blinddarm entnehmen.<br />
10 Fragen an<br />
RALF BOSCH,<br />
OP-KOORDINATOR UND STELLV.<br />
PFLEGEMANAGER AM STANDORT<br />
RUHRLANDKLINIK<br />
Auf der einen Seite komplexe<br />
Fälle, auf der anderen Routineeingriffe:<br />
Phil Meister erlebte<br />
während seiner Zeit als Assistenzarzt<br />
beides, weil er sowohl am<br />
Campus Universitätsklinikum als<br />
auch am St. Josef Krankenhaus<br />
in Werden gearbeitet hat.<br />
Herr Meister, Sie haben gerade ein Jahr Ihrer<br />
Assistenzzeit am St. Josef Krankenhaus verbracht.<br />
Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten<br />
Arbeitstag in Essen-Werden?<br />
Phil Meister: Na klar, ich war natürlich super aufgeregt,<br />
weil ich nicht wusste, was auf mich zukommt. Aber die<br />
Kollegen waren alle sehr nett und haben mich erstmal<br />
in Ruhe rumgeführt. Abends bin ich zufrieden nach<br />
Hause gegangen. Ich hatte das Gefühl, hier kann ich<br />
noch etwas lernen.<br />
Wie unterscheiden sich Universitätsklinikum<br />
und St. Josef?<br />
Meister: Die Patienten sind schon sehr unterschiedlich.<br />
In der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie<br />
behandeln wir vor allem schwere Fälle,<br />
bei denen man als Assistenzarzt natürlich erstmal<br />
nicht viel selber machen kann. Im St. Josef gibt es mehr<br />
Routineeingriffe wie Blinddarmentzündungen etc. Da<br />
war ich dann auch ganz schnell alleine im Nachtdienst<br />
tätig! Nachts alleine die Verantwortung zu tragen war<br />
definitiv eine Umstellung, aber auch toll, weil ich das<br />
Gefühl hatte, das packe ich. Eine Patientin, die nachts<br />
PHIL <strong>ME</strong>ISTER ist Assistenzarzt am<br />
Universitätsklinikum Essen.<br />
FOTOS: JAN LADWIG (L.), PRIVAT (R.)<br />
Das heißt, Sie würden den Wechsel auch<br />
anderen Kollegen empfehlen?<br />
Meister: Auf jeden Fall! Jungen Assistenzärzten würde<br />
ich definitiv empfehlen, für einige Zeit im St. Josef<br />
Krankenhaus zu arbeiten. Man bekommt einfach viel<br />
Unterschiedliches zu sehen und lernt Fälle kennen,<br />
die im Universitätsklinikum nicht so häufig behandelt<br />
werden. In der Chirurgie wird der Austausch bereits<br />
stark gepusht. Ich würde mich im Sinne des Konzerngedankens<br />
freuen, wenn der Austausch auch in anderen<br />
Bereichen forciert würde.<br />
Nun sind Sie seit eineinhalb Monaten<br />
wieder im Universitätsklinikum – wie ist<br />
der Wiedereinstieg gelungen?<br />
Meister: Ich habe mich nach meinem Examen 2016 bewusst<br />
für eine Assistenzzeit am Universitätsklinikum<br />
entschieden, weil ich glaube, dass komplizierte Fälle<br />
zum Lernen sehr wichtig sind. Aber nach meiner Zeit<br />
in Essen-Werden war es doch ein kleiner Kulturschock,<br />
wieder die harten Fälle zu bearbeiten – ich bin direkt<br />
auf der intensivmedizinischen Station eingestiegen.<br />
Vermissen Sie manchmal das<br />
St. Josef Krankenhaus?<br />
Meister: Auf jeden Fall. Vor allem die Kollegen, mit denen<br />
ich im Dienst etwas Besonderes erlebt habe. Wenn<br />
ich das nächste Mal in der Nähe bin, gehe ich auf jeden<br />
Fall vorbei und sage „Hallo“.<br />
„Nachts alleine die<br />
Verantwortung zu<br />
tragen war toll.“<br />
PHIL <strong>ME</strong>ISTER<br />
Womit starten Sie<br />
Ihren Tag?<br />
Mit einem Tee und dem<br />
aktuellen OP-Plan, den ich<br />
jeden Morgen ins Intranet<br />
einstelle.<br />
Bahn, Auto oder Rad:<br />
Wie kommen Sie zur<br />
Arbeit?<br />
Mit dem Auto aus<br />
Sprockhövel.<br />
Was beschäftigt Sie<br />
gerade besonders?<br />
Die Situation in der Pflege<br />
bereitet mir viel Kopfzerbrechen.<br />
Es gibt einfach nicht<br />
genug Fachkräfte auf dem<br />
Markt.<br />
Warum lieben Sie Ihre<br />
Arbeit?<br />
Weil sie so abwechslungsreich<br />
ist. Es gibt jeden Tag<br />
Unwägbarkeiten, auf die wir<br />
kurzfristig reagieren müssen.<br />
Das macht mir Spaß.<br />
Mittagspause. Wo essen<br />
Sie – und was am liebsten?<br />
Das OP-Team bekommt mittags<br />
immer Eintopf geliefert.<br />
Da esse ich gerne mit.<br />
Aber am liebsten nasche<br />
ich Süßes, deswegen bringe<br />
ich mir auch schon mal ein<br />
Stück Kuchen und Obst von<br />
zu Hause mit.<br />
Was muss ein Arbeitstag<br />
haben, damit es ein guter<br />
Tag wird?<br />
Wenn wir es schaffen, unseren<br />
OP-Plan in der regulären<br />
Arbeitszeit abzuarbeiten,<br />
und die Patienten gut versorgt<br />
sind, bin ich happy.<br />
Kaffee oder Tee?<br />
Seit kurzem trinke ich nur<br />
noch Tee. Mit einer Tasse<br />
Darjeeling kommt man<br />
super in Schwung.<br />
Schalke oder Dortmund?<br />
Schalke, aber noch lieber<br />
gehe ich ins Eishockey-Stadion.<br />
Ich habe eine Dauerkarte<br />
bei den Iserlohn Roosters.<br />
Ihre Strategie gegen<br />
Stress?<br />
Ausgleich schaffen: Dienstagabends<br />
spiele ich immer<br />
zwei Stunden Skat. Daran<br />
wird nicht gerüttelt – egal,<br />
was kommt.<br />
Feierabend. Und jetzt?<br />
Wenn nicht gerade Skat-Tag<br />
ist, gehe ich auch gerne<br />
in die Sauna oder lese<br />
historische Romane über die<br />
Römerzeit.<br />
Möchten Sie uns auch Ihren<br />
Tag schildern? Schreiben Sie<br />
an maz@uk-essen.de<br />
20<br />
21
leben | Meldungen<br />
Zeitreise<br />
ZUM NACHBACKEN:<br />
Klavierkuchen<br />
Zutaten (für 6 Personen):<br />
300 g Vollmilchschokolade<br />
200 ml Sahne<br />
350 g Mehl<br />
285 g Zucker<br />
285 g Margarine<br />
5 Eier<br />
45 ml Milch<br />
1 Päckchen Backpulver<br />
Dunkles Fondant<br />
Zubereitung:<br />
Für die Ganache (eine Creme aus Kuvertüre und Rahm) zuerst<br />
die Schokolade mit einem Messer in kleine Stückchen hacken.<br />
Die Sahne in einem Topf kurz aufkochen. Dann die Schokoladenstückchen<br />
in die Sahne schütten und 2–3 Minuten stehen lassen,<br />
damit die Schokolade weich wird. Anschließend gründlich mit<br />
einem Löffel durchrühren, bis sich Sahne und Schokolade vermischen.<br />
Die Ganache mit einem Mixstab homogenisieren. Dabei sollte<br />
der Mixstab möglichst eingetaucht bleiben, damit sie nicht zu<br />
schaumig wird. Anschließend den Topf über Nacht kühl stellen,<br />
am besten in einem kühlen Keller.<br />
Für den Kuchen am nächsten Tag Margarine und Zucker schaumig<br />
rühren. Eier dazugeben, Mehl und Backpulver mischen und<br />
beides unter den Teig mixen. Milch einrühren und alles gut<br />
verrühren. Eine eckige Form einfetten und den Backofen auf<br />
150 °C vorheizen. Den Kuchen ca. 45 bis 55 Minuten backen.<br />
In der Zwischenzeit die Ganache mit einem Handmixer aufgeschlagen<br />
werden. Zuerst ist sie dicklich und cremig, nach kurzer<br />
Zeit wird sie heller und fester. Aber Vorsicht: Nicht zu lange<br />
schlagen, sonst trennen sich die Zutaten wieder. Zum Schluss<br />
noch einmal mit einem Löffel durchrühren.<br />
Den ausgekühlten Kuchen sorgfältig mit Ganache einstreichen.<br />
So vorbereitet, kann der Kuchen nun mit Fondant überzogen<br />
werden. Dafür den Kuchen auf eine Platte stellen, sodass man<br />
gut an alle Seiten herankommt.<br />
Fondant dünn und gleichmäßig ausrollen (ca. 4 mm). Das Stück<br />
muss groß genug sein, dass es den Kuchen in einem Stück<br />
bedeckt und an den Seiten noch 10 cm darüber hinausragt. Das<br />
Fondant als Ganzes mittig über den Kuchen legen und vorsichtig<br />
an allen Seiten andrücken. Überstehendes Fondant am Rand<br />
des Kuchens mit einem Messer abschneiden.<br />
Dr. Stefan Palm,<br />
Geschäftsführer des Westdeutschen<br />
Tumorzentrums,<br />
backte diesen Kuchen anlässlich<br />
des ersten WTZ Krebs-Patiententags<br />
(U&<strong>ME</strong> berichtete<br />
in Ausgabe 2/18). Mit dem Erlös<br />
aus dem Kuchenverkauf konnte<br />
der Selbsthilfe nun ein echtes<br />
Klavier übergeben werden.<br />
FOTOS: ANDRÉ ZELCK (L. O.), U<strong>ME</strong> (L. U.), TI<strong>ME</strong> INC./BORIS CHALIAPIN/WIKI<strong>ME</strong>DIA COMMONS (R. M. L.), KAUT (R. U.), VOLKAN OL<strong>ME</strong>Z/UNSPLASH (R. O.), FRANK PREUSS (R. M. R.)<br />
1956<br />
Ein Blick in die Geschichte<br />
der Universitätsmedizin Essen.<br />
Diesmal: königlicher Besuch.<br />
Griechische Königin mit deutschen<br />
Wurzeln: Friederike von Hannover<br />
Am 19. September 1956 säumen viele<br />
Schaulustige die Essener Hufelandstraße.<br />
Vor der Pförtnerloge weht die<br />
griechische Flagge. Polizisten sichern<br />
den Zugang zum Klinik-Campus. Der<br />
Grund für die Aufregung: Königin<br />
Friederike von Griechenland besucht<br />
die Kinderklinik. Die gebürtige<br />
Deutsche – Tochter von Ernst August<br />
von Hannover und Enkelin von Kaiser<br />
Wilhelm II. – nutzt einen dreitätigen<br />
Staatsbesuch für eine Visite in den<br />
Städtischen Krankenanstalten, wie<br />
das heutige Universitätsklinikum<br />
damals noch hieß. Friederike war vor<br />
allem für ihr soziales Engagement<br />
bekannt: Sie setzte sich für Schwestern-Ausbildungsstätten,<br />
Kinderheime<br />
und Kinderdörfer ein.<br />
Was hilft gegen Winterblues?<br />
„Der ‚Winterblues‘ ist keine medizinische Diagnose – aber<br />
dass es im Winter zu einer saisonalen Verstimmung bei vielen<br />
Menschen kommt, ist unumstritten. Laut Studien ist ungefähr<br />
jeder Zweite in Deutschland von einem Stimmungstief im<br />
Winter betroffen. Licht und Bewegung können helfen. Wenn<br />
die Angespanntheit über Wochen nicht weggeht, gehen Sie zu<br />
Ihrem Hausarzt. Bei einem längeren Gespräch können Sie mit<br />
ihm klären, welche weiteren Schritte notwendig<br />
sind.“<br />
Prof. Dr. Martin Teufel ist Inhaber des Lehrstuhls für<br />
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie<br />
und leitet die Psychoonkologie am Westdeutschen<br />
Tumorzentrum.<br />
WAS MACHT EIGENTLICH ...<br />
KEVIN KAUT PRIVAT?<br />
Erdnusscreme, Tomaten und Peperoni – wenn Kevin Kaut in seinem<br />
Wohnheim in Essen das afrikanische Gericht Domoda kocht, versetzen<br />
ihn die Gerüche direkt zurück nach Gambia. Seit der ausgebildete Gesundheits-<br />
und Krankenpfleger Anfang des Jahres für mehrere Monate im<br />
Gesundheitszentrum in Jahaly gearbeitet hat, weiß er die westafrikanische<br />
Küche zu schätzen. „Die Mitarbeiter dort haben ihre Mahlzeiten immer<br />
zusammen eingenommen. Die Stunden, in denen wir zusammensaßen<br />
und mit den Fingern gemeinsam aus einer Schüssel gegessen haben,<br />
gehören zu meinen schönsten Erlebnissen“, erzählt der 27-Jährige, der für<br />
die Projekthilfe Gambia e. V. nach Afrika gereist ist. Inzwischen studiert<br />
er an der Universität<br />
Duisburg-Essen Medizin.<br />
Aber nach seinem<br />
Abschluss möchte<br />
der Essener gerne<br />
nochmal zurück nach<br />
Afrika. „Und dann für<br />
länger!“<br />
22 23
leben | Blick zurück<br />
Endlich wieder<br />
rocken<br />
Wie denken ehemalige Patienten<br />
über die Universitätsmedizin<br />
Essen? Wir fragen nach. Folge 3:<br />
Ulrike Gnackes Warten hat sich<br />
gelohnt.<br />
ULRIKE GNACKE<br />
A 45 statt „Highway to Hell“<br />
Jetzt geh doch einfach mal ran!“, sagt Tochter<br />
Janine zu ihrer Mutter, als ihr Handy an diesem<br />
Nachmittag im Frühsommer 2015 klingelt<br />
und klingelt. „Vielleicht ist dein Teilchen endlich<br />
da!“ Ulrike Gnacke gibt sich einen Ruck und nimmt<br />
endlich ab. Das Unglück eines anderen, unbekannten<br />
Menschen irgendwo in Deutschland weckt<br />
mitten in Lüdenscheid zarte Hoffnung. „Der Krankenwagen<br />
ist schon unterwegs zu Ihnen. Sie brauchen<br />
kein Gepäck, nur einsteigen und mitfahren“,<br />
verkündet die Stimme. Und tatsächlich findet sich<br />
Gnacke keine zwei Stunden später im Essener Universiätsklinikum<br />
wieder. Das „Teilchen“ ist da – anders<br />
gesagt: die Spenderlunge, die sofort transplantiert<br />
werden muss. Neun Monate Wartezeit enden<br />
nun, denn eines steht für die Lüdenscheiderin fest:<br />
„Es muss jetzt was passieren. Egal, wie es am Ende<br />
ausgeht.“<br />
Dreimal Lungenentzündung<br />
Bereits drei Lungenentzündungen hatte die 61-Jährige<br />
schon durchgestanden, die schwere Krankheit<br />
aber jedes Mal auf die leichte Schulter genommen.<br />
Zudem raucht sie. Ihr Hausarzt überweist sie an den<br />
Born to be wild: Ulrike Gnacke<br />
liebt die Musik.<br />
Lungenfacharzt Hans-Christoph Hartung. Dessen<br />
Diagnose ist eindeutig: eine Lungenfibrose. Bei dieser<br />
chronischen Entzündung des Lungengewebes<br />
lagert sich vermehrt Bindegewebe im Atmungsorgan<br />
ein, das die Lunge schrumpfen lässt. Dadurch<br />
wird die Sauerstoffaufnahme behindert. Als er ihr<br />
vorsichtig eröffnet, sie solle sich gedanklich mit einer<br />
Lungentransplantation auseinandersetzen, fällt<br />
Gnacke erst aus allen Wolken, verliert aber dank<br />
der Unterstützung ihrer Familie nicht den Mut. Mit<br />
der Überweisung in der Hand geht sie zu den Spezialisten<br />
der Klinik für Pneumologie an der Essener<br />
FOTOS: BOZICA BABIC<br />
Ruhrlandklinik. Die räumliche Nähe und die ausdrückliche<br />
Empfehlung ihres Lungenarztes geben<br />
den Ausschlag für das Krankenhaus in Heidhausen.<br />
Sie kommt auf die Warteliste für eine Spenderlunge.<br />
Wenn es so weit sei, werde man sie anrufen.<br />
Schnelle Rückkehr ins Leben<br />
Der schwere Eingriff dauert rund dreieinhalb Stunden.<br />
Noch zwei weitere Tage halten die Mediziner sie<br />
im künstlichen Koma und beatmen sie, dann lässt<br />
man sie aufwachen. „Plötzlich konnte ich wieder frei<br />
durchatmen. Das war so ungewohnt für mich“, erzählt<br />
Gnacke. Ihr Körper nimmt das fremde Organ an.<br />
Nach drei Wochen kommt sie zur Nachsorge zu den<br />
Lungenspezialisten der Ruhrlandklinik. Oberarzt Dr.<br />
David Fistera betreut sie seitdem: „Frau Gnacke hat<br />
immer super mitgearbeitet. Auch das ist ein wichtiger<br />
Schritt zur Genesung.“ Rasend schnell macht sie<br />
Fortschritte und ist kaum zu bremsen. Die Pflege auf<br />
der Station S4 trägt viel zur Genesung bei. „Ohne diese<br />
tolle Unterstützung wäre es vermutlich nicht so<br />
schnell gegangen“, ist sie sicher.<br />
Schon nach wenigen Monaten hat sie fast wieder<br />
ihr altes Leben zurück. Sie fährt auf ihrer Yamaha<br />
„Es muss jetzt was<br />
passieren. Egal, wie<br />
es am Ende ausgeht.“<br />
Virago durch das Sauerland und kümmert sich um<br />
ihre beiden Enkelkinder. Inzwischen kann Gnacke<br />
auch halbtags arbeiten. Ihr kleiner Terrier-Mischling<br />
Josie hält sie zusätzlich in Bewegung, genauso wie<br />
die Musik. „Endlich kann ich wieder auf Konzerte<br />
gehen“, schwärmt der Rockfan, der sich für AC/DC,<br />
Led Zeppelin und Peter Maffay begeistert. Nicht<br />
ohne einzuschränken, dass sie trotz aller Freude bei<br />
größeren Menschenmassen vorsichtig sein müsse,<br />
denn eine Infektion könne für sie gefährlich werden.<br />
Aber daran will die Hobby-Bikerin heute keinen<br />
Gedanken verschwenden. Sie setzt sich den<br />
Helm auf, steigt auf ihren Chopper und dreht den<br />
Zündschlüssel herum. Ihr Sohn Marc-Oliver fährt<br />
langsam hinter ihr her. Es geht raus aus der Stadt,<br />
zur Glörtalsperre. Einfach mal wieder abschalten<br />
und durchatmen.<br />
24 25
leben | Service<br />
Termin-ticker<br />
Gewinnspiel<br />
Ausgewählte Veranstaltungen<br />
der Bildungsakademie<br />
Die Lösungen finden Sie in den Geschichten<br />
in diesem Heft.<br />
Millionen Menschen<br />
in Deutschland üben ein Ehrenamt aus. Auch die<br />
Stiftung Universitätsmedizin ist auf die freiwillige<br />
Unterstützung angewiesen. Wie Sie mithelfen<br />
können, erfahren Sie unter<br />
Mit welcher nobelpreisgekrönten Krebsbehandlung<br />
arbeitet Prof. Dr. Viktor Grünwald in Essen?<br />
5<br />
12 1<br />
11<br />
Mobiles<br />
Kinderzimmer<br />
Die Tagesmutter ist erkrankt,<br />
die Kita musste kurzfristig<br />
schließen – solche Situationen<br />
kennen viele Eltern. Die<br />
Mitarbeitenden der Universitätsmedizin<br />
Essen können in<br />
diesen Ausnahmefällen nun<br />
auf zwei besondere Angebote<br />
zurückgreifen: die KidsBoxen.<br />
Die bunten Rollcontainer<br />
enthalten neben Spielen und<br />
Büchern auch je ein Reisebettchen<br />
und eine Wickelauflage.<br />
Stillende Mütter können<br />
die 120 cm hohen Boxen zudem<br />
als Sichtschutz nutzen.<br />
Einziger Wermutstropfen: Der<br />
Einsatz auf Station ist aktuell<br />
nicht erlaubt.<br />
Und hier erhalten Sie die<br />
zwei Boxen am Campus: Verwaltung<br />
Sekretariat 3401 und<br />
Institutsgruppe Pforte 4693.<br />
Bei Rückfragen steht Ihnen<br />
das Gleichstellungsbüro<br />
unter der Telefonnummer<br />
0201 7236096 zur Verfügung.<br />
www.universitaetsmedizin.de<br />
AUS DEN SOZIALEN <strong>ME</strong>DIEN<br />
Einblicke in den Alltag des größten Universitätsklinikums des Ruhrgebiets<br />
bietet die Universitätsmedizin auch regelmäßig auf Facebook, Twitter und<br />
Instagram. Manchmal geht es dabei auch um die Architektur: so wie bei den<br />
Luftaufnahmen, die Kameramann Florian Lippke im Oktober mit seiner Drohne<br />
vom Universitätsklinikum und der Medizinischen Fakultät gemacht hat.<br />
www.facebook.de/ukessen<br />
KRITIK?<br />
IDEEN?<br />
ANREGUNGEN?<br />
Für die<br />
tägliche Versorgung der<br />
Patienten einerseits und die Entwicklung<br />
hin zum Smart Hospital andererseits<br />
braucht es das Engagement und Wissen aller<br />
Beschäftigten. Haben Sie Ideen oder Anregungen,<br />
wie die Universitätsmedizin Essen besser werden<br />
kann? Dann schreiben Sie an:<br />
Fragen@Vorstand-im-Dialog.de<br />
FOTOS: U<strong>ME</strong><br />
Ärzte können ihre kommunikativen<br />
Fähigkeiten im Rahmen des<br />
Modellprojekts Empathische-Interkulturelle-Arzt-Patienten-Kommunikation<br />
(EI-AP-K) ausbauen. Das<br />
Angebot richtet sich insbesondere<br />
an Assistenzärzte.<br />
Jahresfortbildung in der<br />
Fach- und Alltagssprache<br />
Medizin<br />
Der Kurs umfasst ein wöchentliches<br />
Sprach- und Kommunikationstraining<br />
von jeweils<br />
90 Minuten und vier zusätzliche<br />
Termine mit Simulationen von alltagsrelevanten<br />
klinischen Szenarien.<br />
Darüber hinaus werden die<br />
Teilnehmer individuell begleitet<br />
und erhalten konkretes Feedback<br />
zu ihrer Kommunikation.<br />
Beginn im Februar 2019, jeweils<br />
mittwochs von 16.00-17.30 Uhr<br />
12-wöchiges<br />
Kommunikationstraining<br />
Dieser Kurs umfasst wöchentlich<br />
90 Minuten Kommunikations- und<br />
Simulationstraining von im Klinikalltag<br />
relevanten Situationen.<br />
Beginn im Februar 2019, jeweils<br />
mittwochs von 16.00 bis 17.30 Uhr<br />
Infos zur Anmeldung sowie das<br />
Gesamtprogramm gibt es unter<br />
www.uk-essen.de/bildungsakademie<br />
Welche Gehirnerkrankung haben die meisten der Patienten erlitten,<br />
die auf der Station von Sabrina Geiermann betreut werden?<br />
8<br />
Wie wird die tiefe Hirnstimulation umgangssprachlich genannt?<br />
10 4<br />
Die Königin welches Staats besuchte 1956 die Kinderklinik?<br />
Welchen Club schaut sich Ralf Bosch, OP-Koordinator und<br />
Pflegemanager am Standort Ruhrlandklinik, regelmäßig im<br />
Eisstadion an?<br />
LÖSUNG:<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14<br />
Wissen Sie die Lösung?<br />
Dann schicken Sie eine E-Mail mit dem<br />
Lösungswort an maz@uk-essen.de.<br />
Unter allen richtigen Einsendungen<br />
verlosen wir 1 x 2 Tagestickets für die<br />
Skihalle Bottrop. Einsendeschluss ist<br />
der 20. Januar 2019. Der Rechtsweg<br />
ist ausgeschlossen. Beim letzten Mal<br />
lautete die Lösung „Innere Klinik“.<br />
Gewinnerin war Dörte Isci.<br />
7<br />
2 6 9<br />
10 3<br />
14<br />
EIN TAG IM SCHNEE<br />
Das alpincenter Bottrop ist mit<br />
640 Metern Piste die längste Skihalle<br />
der Welt. Anfänger finden in<br />
der Halle auf der Halde Prosperstraße<br />
einen „Anfängerhang“ mit<br />
Seillift, für Fortgeschrittene gibt es eine<br />
kurvenreiche Abfahrt mit einem Gefälle<br />
von stellenweise 24 Prozent.<br />
Wir verlosen 1 x 2 Tageskarten.<br />
26<br />
27
Mein ort<br />
TUSEM ESSEN 1926<br />
Beschäftigte der Universitätsmedizin verraten, wo sie sich<br />
wohlfühlen. Diesmal: Tobias Emler, 30, Medizinische Planung und<br />
Strategische Unternehmensentwicklung.<br />
FOTO: MICHAEL ZELL<strong>ME</strong>R<br />
Aufm Platz<br />
„100 mal 65 Meter und ein weicher Teppich aus Kunstrasen – so<br />
sieht mein zweites Wohnzimmer aus. Wenn ich drei Mal pro Woche<br />
nach der Arbeit hierher radle, fühlt es sich immer gut an, wenn wir<br />
vor den Ball kicken. Bei uns geht es nicht darum, sich etwas durch<br />
den Fußball dazuzuverdienen. Ganz im Gegenteil: Spaß am Sport,<br />
Gemeinschaft und der nötige Ehrgeiz lassen uns erfolgreich Fufball<br />
spielen, sodass wir Pokalsieger wurden und aktuell in der Bezirksliga<br />
spielen dürfen. Ich weiß, dass ich mich auf meine Teamkollegen<br />
genauso wie auf meine direkten Kolleginnen in der Stabsstelle<br />
immer verlassen kann. Denn darum geht’s: Im Team macht alles<br />
mehr Spaß und wir alle sind erfolgreicher – das sollten wir auch in<br />
der Universitätsmedizin Essen so leben.“<br />
TUSEM ESSEN<br />
1926<br />
UK Essen<br />
Grugapark<br />
TUSEM Turn- und Sportverein<br />
Essen Margarethenhöhe e. V<br />
Fibelweg 7, 45149 Essen