Frohe Weihnachten Müritz
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Seite 4 <strong>Frohe</strong>s Fest<br />
Montag/Dienstag, 24./25. Dezember 2018<br />
Schwere und doch unvergessliche Zeiten<br />
Lesergeschichte<br />
von Sybille Seyffarth<br />
aus Friedland<br />
Für uns Kinder war die Vorweihnachtszeit<br />
immer spannend<br />
und schön. Wir freuten<br />
uns auf das Fest, die zu erwartenden<br />
Geschenke, auf Süßigkeiten,<br />
auf den Weihnachtsbaum<br />
und das gute Essen.<br />
Es duftete im Haus, denn<br />
Plätzchen wurden gebacken<br />
und liebevoll verziert. Der<br />
Winter hatte Einzug gehalten,<br />
kalt, regnerisch, unfreundlich!<br />
Mutti guckte<br />
sorgenvoll und kritisch auf<br />
die Wintersachen. Sie waren<br />
zu klein geworden und auch<br />
nicht warm genug. Mutter<br />
überraschte uns eines Tages,<br />
wir gehen zum Schneider!<br />
Herr Heinrich, unser Schneider,<br />
hatte in Burg Stargard in<br />
der Grabenstraße in einem<br />
kleinen Haus sein Geschäft.<br />
Und was wir, mein Bruder<br />
Peter und ich, am tollsten<br />
fanden, er saß wirklich auf<br />
seinem langen Arbeitstisch<br />
am Fenster. Er saß mit krummem<br />
Rücken, mit gekreuzten<br />
Beinen, im Schneidersitz also,<br />
stichelte mit seiner Nadel an<br />
einem Kleidungsstück. Er<br />
beäugte uns über seine Brille<br />
hinweg und gab kleine bissige<br />
Bemerkungen von sich:<br />
Habt wohl wieder was kaputt<br />
gekriegt? Seid wohl wieder<br />
gewachsen? Dann kicherte<br />
er lautlos und sagte: „Na, wo<br />
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Im Schnee rutschen macht Spaß, aber mit einem neuen Mantel sollte man es nicht tun. <br />
drückt der Schuh? Hast du<br />
Stoff mitgebracht?“ Mutter<br />
holte eine graue Soldatendecke<br />
mit roten Streifen am<br />
Rand aus der Tasche. Außerdem<br />
hatte sie einen alten<br />
braunen Mantel aufgetrennt<br />
und den Stoff gewaschen und<br />
gebügelt. Stolz präsentierte<br />
sie ihren Schatz.<br />
Peter soll eine braune Joppe<br />
mit Knopfreihen kriegen<br />
und Bille einen grauen Mantel<br />
mit Samtkragen, Kapuze<br />
und hinten einer Falte. „So,<br />
<strong>Frohe</strong> <strong>Weihnachten</strong>!<br />
so, das sind ja Wünsche!“ Er<br />
kletterte vom Tisch, nahm<br />
Maß, kritzelte Zahlen in sein<br />
kleines Heft und meinte:<br />
„Der Stoff wird ja wohl reichen!<br />
Nächsten Freitag ist<br />
Anprobe!“<br />
Auf dem Heimweg fragten<br />
wir Mutti aus: Wo kriegst du<br />
die Knöpfe und den Samt her?<br />
Mutti lächelte und sagte: Abwarten!<br />
Die Anprobe verlief<br />
problemlos, <strong>Weihnachten</strong><br />
konnte kommen. Mutti holte<br />
die Sachen ab und versteckte<br />
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Wir wünschen allen Kunden, Interessenten<br />
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ein ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest<br />
und einen guten Rutsch ins neue Jahr.<br />
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Wenn das Weihnachtsfest vor<br />
der Tür stand, wurden emsige<br />
Vorbereitungen für das Plätzchenbacken<br />
getroffen. In<br />
unserem Mietshaus wohnten<br />
zehn Familien mit sechszehn<br />
Kindern, aber nur aus unserer<br />
kleinen Wohnung zog ein<br />
solch intensiver Geruch von<br />
frischgebackenen Plätzchen<br />
und Stollen durch die Wohnungstür<br />
durchs Haus.<br />
Vater war von Beruf Bäcker<br />
und Konditor und hat<br />
nicht nur für unsere Familie<br />
– Vater, Mutter, Großmutter<br />
und zwei Kinder – vier bis<br />
Foto: TKJ1966_pixelio.de<br />
sie bei einer Nachbarin. Heiligabend<br />
nahte, die Spannung<br />
wuchs.<br />
Zuerst ging es in die Kirche,<br />
dann das Abendbrot.<br />
Als die Küche sauber war,<br />
wurden wir gerufen! Es wurden<br />
Gedichte aufgesagt, gesungen.<br />
Der Baum mit den<br />
Lichtern war wunderschön,<br />
und die Geschenke darunter<br />
lachten uns an.<br />
Für jeden ein Buch, ein<br />
Spielzeug, der bunte Teller<br />
und die neue Winterkleidung!<br />
Nun ging die Anprobe<br />
los, Peter die Joppe mit den<br />
vielen Knöpfen und recht<br />
groß geschnitten, ich den<br />
Mantel! Ich war begeistert!<br />
Der feine dunkelblaue Kragen<br />
und die Falte hinten, ich<br />
drehte mich mit Schwung<br />
und der Mantel mit. Einfach<br />
toll!<br />
Einen Tag nach dem Fest<br />
ging Mutti wie immer zur<br />
Arbeit, wir hatten Ferien. Ich<br />
zog den neuen Mantel an, der<br />
nur für die Schule und zum<br />
Sonntag bestimmt war, und<br />
ging zum Spielen raus. Es<br />
hatte geschneit. Meine Freundinnen<br />
hatte schon eine Bahn<br />
angelegt, wir schlitterten und<br />
amüsierten uns herrlich. Ich<br />
machte mit und setzte mich<br />
oft in die Hocke, rutschte und<br />
rutschte, rutschte ...<br />
Es wurde dunkel, schnell<br />
nach Hause, ehe Mutti kam.<br />
Oh weh, der Saum war hinten<br />
ausgerissen, dicke Eisklumpen<br />
hingen am unteren<br />
Saumrand. Was tun? Ich fing<br />
an, am Schnee zu kratzen,<br />
da kam Mutti dazu. Sie war<br />
sprachlos, wütend und traurig.<br />
Ich auch! Wütend über<br />
mich, über meine Eitelkeit,<br />
vor den Freundinnen anzugeben,<br />
und traurig über das<br />
Ergebnis.<br />
Mutter schimpfte eigentlich<br />
gar nicht, aber das machte<br />
mich noch unsicherer. Ich<br />
schämte mich entsetzlich.<br />
Ich wusste ja, wie schwer<br />
es für Mutti war, ohne den<br />
Mann, unseren Vater, der gefallen<br />
war.<br />
Nun, Mutter säuberte den<br />
Mantel, nähte den Saum an,<br />
und ich hielt mich nun an die<br />
Regel, nur zur Schule und am<br />
Sonntag den Mantel, sonst die<br />
alte Jacke tragen!<br />
So kommt es gelegentlich<br />
vor, dass ich mich auch heute<br />
noch an die Regel halte: Das<br />
eine ist das gute Zeug, das<br />
andere die Alltagskleidung.<br />
Altmodisch, komisch findet<br />
mein Enkel das. Aber er hat ja<br />
zum Glück diese Zeiten nicht<br />
erlebt.<br />
Bunte Glaskugeln und<br />
Ausstechformen aus Kindertagen<br />
Lesergeschichte<br />
von Ingeborg Franck<br />
aus Neubrandenburg<br />
Ein kleines Gedicht als Geschenk<br />
Lesergeschichte<br />
von Hans-Joachim Nehring<br />
aus Neubrandenburg<br />
Es begann um die Weihnachtszeit<br />
des Jahres 2003.<br />
Das ist bereits 15 Jahre her.<br />
Ich hatte plötzlich eine neue<br />
E-Mail-Freundin aus St. Louis,<br />
USA. Sie schrieb unter ihren<br />
richtigen Namen Gudula<br />
Behm bei der Wochenzeitung<br />
„Die Zeit“, wo auch ich einstmals<br />
online präsent war.<br />
Meine neue Freundin wurde<br />
mit ihrer Mutter und drei<br />
Geschwistern 1947 aus Schlesien<br />
vertrieben und erreichte<br />
fünf große Stollen in unserer<br />
großen Wohnküche gebacken,<br />
sondern auch für die<br />
Familien von Onkeln und<br />
Tanten. Damit war seine<br />
Arbeit zunächst<br />
getan.<br />
Mutter, Großmutter<br />
und wir<br />
zwei Mädchen kümmerten<br />
uns um die<br />
Plätzchenbäckerei. Zwei<br />
großen Papprollen, gefüllt<br />
mit weißen und braunen<br />
Pfeffernüssen, waren das Ergebnis<br />
unserer Arbeit. Einige<br />
Ausstechformen habe ich<br />
heute noch. Außerdem besitze<br />
ich noch fünf oder sechs<br />
Weihnachtskugeln aus dem<br />
Jahr 1942.<br />
Vater betätigte sich dann<br />
mit handwerklichen Dingen,<br />
wie mit einer selbst gebauten<br />
Puppenstube einschließlich<br />
Puppenmöbeln (alles<br />
gefertigt mit Sperrholz und<br />
Laubsäge). Jeder erhielt eine<br />
kleine Schubkarre, Strippenhampelmann<br />
und<br />
vieles andere.<br />
Nach all diesen<br />
Vorbereitungen kamen<br />
dann die gemütlichen<br />
Dezemberabende<br />
mit Adventskranz, den<br />
Mutter selbst gebunden hatte,<br />
Kerzen und Plätzchenduft.<br />
Die Plätzchen hielten sich bis<br />
Silvester. Schön und Krönung<br />
der Abende war das Beisammensein<br />
am Kachelofen, in<br />
dem das Eichenholz anheimelnd<br />
krachte, das Singen<br />
aller bekannten Lieder zum<br />
Fest. Als Abschluss bekam<br />
dann jeder einen Bratapfel<br />
aus der Ofenröhre.<br />
hungrig, verlaust und durchgefroren<br />
Strehla an der Elbe.<br />
Dort erhielt sie unter anderem<br />
Unterricht von einem<br />
Schuldirektor Weiss, welcher<br />
Onkel meiner Frau war,<br />
die aus einer langen Lehrerdynastie<br />
stammt.<br />
Gundula ist später mit<br />
ihrer Familie in die alte Bundesrepublik<br />
im Rahmen der<br />
Familienzusammenführung<br />
gegangen. Sie heiratete einen<br />
hohen amerikanischen Offizier<br />
und lebt schon viele Jahre<br />
in den USA.<br />
Zur diesjährigen Adventsund<br />
Weihnachtszeit erhielt<br />
ich von ihr ein Gedicht, welches<br />
eine unbekannte Frau<br />
geschrieben hat, die ihre ostdeutsche<br />
Heimat ebenfalls<br />
verlassen musste. Aus diesem<br />
Gedicht möchte ich nachstehenden<br />
Auszug zitieren:<br />
Sehnsuchtsruf Heimat<br />
Und leuchtet uns in dunklen<br />
Nächten Advent mit seinem<br />
Kerzenschein, dann zieht in unser<br />
aller Herzen die Heimat wieder ein.<br />
Sie steht vor uns, zerstört, zerrissen,<br />
doch ewig neu und ewig jung.<br />
Mit ihrem Brauchtum, ihren Sitten<br />
bleibt sie uns in Erinnerung.<br />
Sie mahnt uns Treue ihr zu halten,<br />
in ihren Liedern, ihrem Wort,<br />
in tausend ewigen Gestalten<br />
lebt sie für immer in uns fort.<br />
MZ