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Frohe Weihnachten Müritz

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Wenn zu We<br />

Seite 4 Montag/Dienstag, 24./25. Dezember 2018 <strong>Frohe</strong><br />

normale Arbei<br />

Manchmal brennen nicht nur die Kerzen<br />

Von Sandra Specht<br />

Die Feuerwehr muss – wen<br />

überrascht es – rund um die Uhr<br />

erreichbar sein. Da machen auch<br />

die Feiertage keine Ausnahme.<br />

Neubrandenburg. Mit der Familie<br />

gemeinsam Kochen und Genießen,<br />

Plätzchen und Lebkuchen naschen,<br />

Filme schauen oder einfach nur Zeit<br />

verbringen – das alles fällt für Christian<br />

Braun in diesem Jahr auf den<br />

ersten Weihnachtsfeiertag. Denn<br />

heute und am 26. Dezember hat der<br />

Feuerwehrmann Dienst.<br />

Der 33-Jährige sieht seine Arbeit<br />

über die Feiertage allerdings ziemlich<br />

entspannt: „Der Winterspeck, der vor<br />

den Feiertagen angefuttert wurde,<br />

soll durch die Feuerwehr-Einsätze<br />

wieder abtrainiert werden“, scherzt<br />

er. Außerdem würden die Kollegen,<br />

die an den Feiertagen auf der Wache<br />

sind, die einsatzfreie Zeit sinnvoll<br />

nutzen. „Wir kochen und essen gemeinsam<br />

wie eine kleine Familie“,<br />

erzählt Christian Braun, der seit drei<br />

Jahren als Brandmeister im Einsatzdienst<br />

bei der Neubrandenburger<br />

Feuerwehr tätig ist.<br />

„Es ist sogar möglich und üblich,<br />

dass die Ehefrauen und Kinder der<br />

Feuerwehrmänner zu <strong>Weihnachten</strong><br />

auf der Wache vorbeischauen“, erzählt<br />

Christian Braun. „Wir geben<br />

uns deshalb große Mühe, um für<br />

alle eine weihnachtliche Stimmung<br />

zu verbreiten. Lichterketten werden<br />

angebracht, ein Weihnachtsbaum geschmückt<br />

– unsere Weihnachtsdekoration<br />

kann sich wirklich sehen lassen“,<br />

findet er und fügt hinzu: „Ein<br />

Weihnachtsmannkostüm haben wir<br />

auch. Ein Kollege verkleidet sich als<br />

Weihnachtsmann und überrascht die<br />

Kinder mit kleinen Geschenken.“<br />

Brände an Heiligabend<br />

sind zurückgegangen<br />

Sobald die Männer zum nächsten Einsatz<br />

gerufen werden, lassen sie jedoch<br />

alles stehen und liegen. Häufig brennen<br />

Adventskränze in Neubrandenburg<br />

und Umgebung. Weihnachtsbaum-Brände<br />

haben in den letzten<br />

Christian Braun hat nur alle drei Jahre zu <strong>Weihnachten</strong> frei.<br />

zehn Jahren hingegen extrem nachgelassen.<br />

Ursache dafür sind die LED-<br />

Lichterketten. „Glücklicherweise ist<br />

es an Heiligabend in der Regel immer<br />

sehr ruhig“, bestätigt Frank Bühring,<br />

Abteilungsleiter für Brandschutz und<br />

Rettungsdienst. „Anfang der 1990er<br />

FOTO: Sandra Specht<br />

hatten wir nachts mal einen Großbrand<br />

in einer Bäckerei in Cölpin.<br />

Und Heiligabend 1994 gab es einen<br />

schweren Verkehrsunfall mit fünf<br />

Verletzten, zwei davon eingeklemmt,<br />

auf der ‚alten Friedländer‘“, erinnert<br />

er sich.<br />

Mit Christian Braun haben heute<br />

insgesamt 17 Feuerwehrleute Dienst,<br />

genau wie an all den anderen Tagen<br />

des Jahres. Nur Silvester wird aufgestockt.<br />

Durch die Feiertagsdienste,<br />

die in drei Schichten eingeteilt sind,<br />

werde garantiert, dass jeder Feuerwehrmann<br />

alle drei Jahre <strong>Weihnachten</strong><br />

frei hat. Dann muss er aber Silvester<br />

ran.<br />

„Ich wusste ja bereits vor meiner<br />

Ausbildung, worauf ich mich einlasse“,<br />

betont der Brandmeister, der<br />

es – genau wie seine Kollegen – ganz<br />

normal findet, an Feiertagen zu arbeiten.<br />

„Für mich ist es selbstverständlich,<br />

immer und überall zu helfen“,<br />

erklärt er. „Dennoch freue ich mich,<br />

wenn ich das nächste Weihnachtsfest<br />

zu Hause mit meiner Familie<br />

verbringen darf. Bis dahin werde ich<br />

zum ersten Mal Vater sein. Dann ist<br />

es doch ganz schön, <strong>Weihnachten</strong> mit<br />

meiner Frau und meinem Kind zu feiern“,<br />

sagt Feuerwehrmann Braun.<br />

Kontakt zur Autorin<br />

s.specht@nordkurier.de<br />

Ein Mensch, der einfach mal zuhört<br />

Von Marlis Tautz<br />

Telefonseelsorger haben keine<br />

Sorge, die Festtagsdienste zu<br />

besetzen. Sie verstehen ihr<br />

Ehrenamt als ein Geschenkangebot,<br />

an Menschen, die es brauchen.<br />

Schwerin. Der Heiligabend liegt wie<br />

ein rabenschwarzes Loch vor ihm.<br />

Der Mann hat die Nummer der Telefonseelsorge<br />

gewählt. Ein trockener<br />

Alkoholiker, dem der Appetit nach<br />

einem Schluck Linderung auf der<br />

Zunge brennt. Sein Gesprächspartner<br />

am anderen Ende der Leitung hört<br />

von einer tristen Wohnung und dem<br />

Druck der Sucht; vom Geld, das nicht<br />

reicht, sodass der Mann nun nicht<br />

einmal ein Weihnachtsbäumchen<br />

Foto: Uwe ZUCChi<br />

hat, obwohl es ihm doch so wichtig<br />

ist. Der Austausch gibt dem Anrufer<br />

Trost. Er überlegt, seinen Heiligabend<br />

einfach um einen Tag zu verschieben.<br />

Womöglich liegt dann schon die erste<br />

Tanne am Müllplatz, die in seiner<br />

Stube die Leerstelle füllen könnte?<br />

Es sind Geschichten wie diese, die<br />

sie bei der Telefonseelsorge Schwerin<br />

erzählen, wenn es um Last und<br />

Lust ihres Ehrenamtes geht. Die<br />

Frauen und Männer haben sich entschieden,<br />

allzeit bereit zu sein für<br />

ein klingelndes Telefon und den unbekannten<br />

Menschen, der da anruft<br />

– 24 Stunden an allen Tagen im Jahr,<br />

Heiligabend genauso wie in der Silvesternacht.<br />

„Es klingelt eigentlich<br />

ununterbrochen“, sagt Udo. Er hat<br />

diesen Vornamen gewählt, um unerkannt<br />

zu bleiben. Anonymität ist<br />

oberstes Prinzip der Telefonseelsorge,<br />

die von evangelischer und katholischer<br />

Kirche bundesweit als ökumenisches<br />

Hilfsangebot betrieben wird.<br />

„Wir mit unserer Biografie sind nicht<br />

wichtig.“ Es gibt keine Gesprächsnotiz,<br />

keinen Rückruf, keine Chance auf<br />

ein Wiederhören. Die Anrufer gelangen<br />

an das nächstgelegene Telefon.<br />

Mecklenburg-Vorpommern hat vier<br />

Standorte in Rostock, Greifswald,<br />

Neubrandenburg und Schwerin, in<br />

Berlin und Brandenburg sind es acht.<br />

Aus einem Dankeschön<br />

wird Mitarbeit am Telefon<br />

„Wir hören immer wieder, wie erleichtert<br />

die Menschen sind, wenn sie<br />

durchkommen“, sagt Udo. Auch er<br />

hatte einmal vor vielen Jahren beim<br />

Seelsorgetelefon angerufen, just zu<br />

<strong>Weihnachten</strong>. „Ich wollte damals einfach<br />

danke sagen, dass da ein Mensch<br />

für andere da ist.“ Später begann er,<br />

sich selbst für die Arbeit zu interessieren.<br />

„Ich hatte gerade wieder etwas<br />

über die Telefonseelsorge gelesen“,<br />

sagt er. Da war er noch berufstätig.<br />

Er meldete sich zur Ausbildung an,<br />

bestand die Eignungsprüfung und<br />

wurde in einem Gottesdienst in das<br />

Ehrenamt berufen. Mittlerweile ist<br />

Udo in Rente und hat mehr Zeit für<br />

das Pensum: Drei Dienste von je vier<br />

Stunden im Monat sind Pflicht plus<br />

Weiterbildungen und Supervisionen<br />

zur Stärkung der Mitarbeiter. Denn<br />

meist sind es traurige und beschwerliche<br />

Seiten des Lebens, die vor ihnen<br />

ausgebreitet werden.<br />

„Das Telefon klingelt, und du<br />

weißt nicht, was auf dich zukommt“,<br />

sagt Udo. Es kann ein Witzanruf von<br />

Kindern sein oder der Blick in den Abgrund.<br />

„Manchmal passiert es, dass<br />

der Mensch in der Leitung einfach<br />

schweigt“, sagt er. „Das muss man<br />

aushalten.“ Manchmal ruft jemand<br />

mitten in der Nacht an. „Dann sage<br />

ich: Sie können nicht schlafen, und<br />

ich will nicht schlafen. Also reden<br />

wir.“ Oft geht es um ein gegenwärtiges<br />

Problem, das die Menschen bedrückt.<br />

In der Weihnachtszeit sind es<br />

vor allem Trennungen, Geldsorgen,<br />

Sehnsucht nach Kindern. „Die Einsamkeit<br />

nimmt zu, das beobachte<br />

ich. Dabei benutzen die Menschen<br />

das Wort Einsamkeit gar nicht mal.<br />

Vielleicht ist es ihnen peinlich?“<br />

Ihre Festtagsdienste zu besetzen,<br />

fällt der Telefonseelsorge nicht allzu<br />

schwer. Gerade in der Zeit des Schenkens<br />

empfinden die Mitstreiter ihr<br />

Tun mehr denn je als ein Geschenk<br />

an jene, die es brauchen und sich<br />

meist aufrichtig bedanken. Weil<br />

sie für den Moment einen Zuhörer<br />

und Verständnis gefunden<br />

haben, bestenfalls<br />

sogar Erleichterung oder<br />

Hoffnung. „Es ist ein Geben<br />

und Nehmen“, sagt<br />

Udo. Bisweilen fühlt er<br />

sich regelrecht beseelt,<br />

wenn er vom Dienst<br />

nach Hause geht; und<br />

den einen oder anderen<br />

Anrufer schließt<br />

er, der Christ, in seine<br />

Gebete ein.<br />

Kontakt zur Autorin<br />

m.tautz@nordkurier.de<br />

Telefonseelsorge unter<br />

0800 1110-111<br />

oder -222,<br />

Mail und Chat bei<br />

www.telefonseelsorge.de

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