weiss und …
Ausstellungskatalog
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Besuch aus der Kunst 1 – Lucio Fontana<br />
Fünf<strong>und</strong>vierzig Topflappen sind gewoben, fünf<strong>und</strong>vierzig Geschich<br />
ten erzählt. Und wieder holt sie Atem <strong>und</strong> beginnt ihre sechs<strong>und</strong>vierzigste<br />
Geschichte: «Es war einmal <strong>…</strong>» stösst sie das Webschiffli<br />
an <strong>und</strong> die Erzählung läuft <strong>und</strong> läuft <strong>und</strong> läuft <strong>…</strong> «<strong>und</strong> wenn<br />
sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute», endet endlich<br />
die Geschichte. «Ach, das kennen wir ja schon zur Genüge!», ruft<br />
sie verärgert aus <strong>und</strong> betrachtet missmutig ihr Werk. Trotzig holt sie<br />
ein Messer <strong>und</strong> schlitzt den Topflappen kurzerhand auf. – Erstaunt<br />
beobachtet sie, wie sich der Schlitz mit <strong>weiss</strong>er beziehungsweise<br />
grauer Flüssigkeit füllt <strong>und</strong> sich Raum für Geschichten eröffnet, die<br />
sie bis anhin so nicht gekannt hat.<br />
Besuch aus der Kunst 2 – Fischli & Weiss<br />
Weiss träumt er sei ein Weissfisch. In seinem Traum schwimmt er<br />
in einem dunkeln Teich, auf dessen kräuselnden Oberfläche sich das<br />
<strong>weiss</strong>e Mondlicht spiegelt. Er gleitet durch das schwarze Nass<br />
durch Algengewächse, Beton- <strong>und</strong> Wurstlandschaften, Agglo merationen,<br />
Salatbeete <strong>und</strong> gigantische Blumen. Ganz nah an der Wasser<br />
oberfläche erkennt er die Silhouetten vom Bären <strong>und</strong> der Ratte,<br />
die vergnügt das Ufer entlang spazieren. Doch plötzlich verwandelt<br />
sich die Ratte in den riesigen Fischers Fritz, der es auf den frischen<br />
Fisch abgesehen hat. Er kommt näher <strong>und</strong> näher, beugt sein Gesicht<br />
über das Wasser. Der Fisch zittert, Fritz krempelt seine Hemdsärmel<br />
hoch. Als er mit blosser Hand nach dem Fisch greifen will, erwacht<br />
Weiss. «Fischli!», schreit er, «Fischli, Fischli!» Fischli schaut verärgert<br />
zu Weiss, der ihn aus seiner süssen Traumlandschaft aus Poly<br />
urethan herausgerissen hat. Weiss noch ganz benommen, fragt<br />
Fischli wie in Trance: «Hätte aus mir etwas anderes werden können?»,<br />
«Was denkt mein H<strong>und</strong>?», «Fährt noch ein Bus?» – «Weiss<br />
der Teufel», ruft Fischli, «schlaf weiter.» Und Weiss verfällt wieder