17.01.2019 Aufrufe

Fachbetriebsheft Garantiert naturnah _04.2018

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Faszination Naturgarten<br />

Faszination Naturgarten<br />

Natur-Friedhof im kleinen Ort<br />

Gelnhaar – ein Quantensprung<br />

D - 63683 Ortenberg<br />

Kontraste dürfen sein: konventioneller und <strong>naturnah</strong>er Friedhofsteil nebeneinander (Fotos, soweit nicht anders gekennzeichnet: Dorothee Dernbach)<br />

genen Wegen und verschiedenen Waldbaumarten,<br />

ersetzt Gestecke, Kerzen und<br />

Grabsteine. Diese Strukturen und der<br />

Wiesenbestand werden von der Friedhofsverwaltung<br />

<strong>naturnah</strong> gepflegt.<br />

p An jedem Baum können bis zu 10 Menschen<br />

beigesetzt werden. Das entspricht<br />

bei einer Pflanzung von 26 Bäumen einer<br />

Ruhestätte für 260 Urnen.<br />

p Da wir einen Bogen schlagen wollen zwischen<br />

bestehender Friedhofskultur und<br />

dem Friedwaldkonzept, sollen auch Elemente<br />

der Kontemplation durch Spruchtafeln<br />

eingebracht werden und ein schön<br />

gestalteter Treffpunkt zum Verweilen einladen.<br />

Ideenfindungsphase<br />

zur Umsetzung<br />

Im Rahmen der Ideenfindungsphase, in die<br />

Vertreter der Verwaltung (Ortenberg), des<br />

Ortsbeirates und der Kirchengemeinde einbezogen<br />

wurden, nahm die Gestaltung des<br />

neuen Friedparks Gestalt an: Als „Rückgrat“<br />

soll zukünftig ein zentraler Gehweg das Gelände<br />

erschließen, mit einfacher, wassergebundener<br />

Decke aus örtlichem Basalt. Der<br />

Weg sollte mit Minibagger befahrbar sein.<br />

Sollte sich erweisen, dass der Belag Probleme<br />

beim barrierefreien Befahren macht,<br />

kann auf den Untergrund später immer<br />

noch gepflastert werden.<br />

Um die zwei Friedhofsbereiche sauber zu<br />

trennen, soll zum bestehenden Gräberfeld<br />

ein Wall aufgeschüttet und mit einheimischen<br />

Sträuchern und Blumen bepflanzt<br />

und besät werden.<br />

Planung<br />

Die Planung sieht vor, dass mit den Bestattungen<br />

im Bereich A zwischen Weg und<br />

Hecke begonnen werden soll, der Bereich<br />

B auf der anderen Wegseite hingegen für<br />

eine Weile naturnäher als „Reservefläche“<br />

gestaltet wird. Die Baumpflanzungen sollten<br />

in beiden Bereichen möglichst bald<br />

erfolgen, da Bäume langsam wachsen. Der<br />

Aushub aus dem Weg soll vorwiegend im<br />

Bereich B als sanfte Modellierung und als<br />

Erdkern unter den Sträucherwall zum alten<br />

Friedhofsteil eingebaut werden. So muss<br />

nichts entsorgt werden. Auf diese Flächen<br />

kommt eine unkrautfreie, preiswerte Abdeckung<br />

mit Basalt-Steinerde 0/8, auf die<br />

gepflanzt und gesät werden kann und die<br />

den anschließenden Pflegeaufwand entscheidend<br />

minimiert.<br />

Im Bereich A wird in großen Teilen der vorhandene<br />

Schurrasen weiter bestehen bleiben.<br />

Am Rand sollte jedoch als naturnäheres<br />

Element ein Saum vor der Hecke in ein<br />

weniger oft gemähtes, blühendes Wiesenband<br />

umgewandelt werden. Kleinere Bereiche<br />

mit modelliertem Aushub aus dem<br />

Weg und dem Platzuntergrund werden als<br />

zusätzliche Blühinseln angelegt.<br />

Im Norden wird der Friedparkteil ebenfalls<br />

von einer kleineren, <strong>naturnah</strong>en Fläche aus<br />

Sträuchern und Wiese abgeschlossen.<br />

Kurzporträt<br />

Kontakt & Adresse:<br />

Stadt Ortenberg, Bauamt,<br />

Lauterbachstr. 2,<br />

D - 63683 Ortenberg/Hessen, Friedhof<br />

im Ortsteil Ortenberg-Gelnhaar<br />

Besichtigung: Ja<br />

Baujahr/ Bauzeit:<br />

Umgestaltung im Jahr 2016<br />

Planung & Bauleitung: durch<br />

Dorothee Dernbach, Naturnahe<br />

Grünplanung, Büdingen<br />

Ausführung und Pflege: durch<br />

eine ortsansässige GaLa-Baufirma<br />

Joachim Seipel, Ortenberg-Selters<br />

Größe: ca. 2000 m²<br />

Wildpflanzenarten: 130 (Stauden,<br />

Sträucher, Bäume, Zwiebelpflanzen)<br />

Wildpflanzensaatgut: 10 Einzelarten,<br />

Wiese Nr. 6 von Syringa, Dachbegrünungsmischung<br />

von Rieger-Hofmann<br />

auf dem Sträucherwall<br />

Besondere Merkmale: Der Friedhof<br />

ist zweigeteilt: neben dem neu angelegten<br />

<strong>naturnah</strong>en Teil zur Baumbestattung<br />

besteht ein konventioneller<br />

Friedhofsteil weiter.<br />

Ortenberg in Hessen hat einen Natur-<br />

Friedhof: Der kleine Ortsteil Gelnhaar hat<br />

es gewagt, dieses wirklich sensible Thema<br />

anzugreifen und den „Friedwald“ ins Dorf<br />

zu holen. Zusammen mit Ortsvorsteher<br />

Olaf Kromm und Pfarrer Marschella ist dieses<br />

innovative Projekt ins Laufen gekommen.<br />

Obwohl auf Friedhöfen – und das ist<br />

kein Geheimnis – normalerweise um jeden<br />

Baum, der Blätter aufs Grab fallen lässt, bitter<br />

gestritten wird. Wie das kam, erläutert<br />

Herr Kromm: „Bei unseren Bürgerinnen und<br />

Bürgern können wir ein zunehmendes Interesse<br />

an Waldbestattungen feststellen. Auf<br />

der anderen Seite verfügen wir als Kommune<br />

über große Reserveflächen im Friedhofsbereich,<br />

die diesem Interesse nicht gerecht<br />

werden. So ist die Idee eines Friedparkes<br />

entstanden: Innerhalb der vorhandenen<br />

Friedhofsflächen soll eine große, <strong>naturnah</strong>e<br />

Teilfläche entstehen, an deren zukünftigem<br />

Baumbestand Urnenbestattung möglich<br />

werden soll. Gerade unsere alten Leute wollen<br />

hier im Ort beerdigt werden, dort, wo<br />

sie auch ihr ganzes Leben verbracht haben“.<br />

Auf der neuen Friedhofsfläche sollen<br />

viele Elemente der Friedwaldbestattung<br />

aufgegriffen werden – Das Konzept:<br />

p Das Konzept steht für eine alternative<br />

Form der Bestattung. Die Asche Verstorbener<br />

ruht in einer biologisch abbaubaren<br />

Urne, direkt an den Wurzeln<br />

eines Baumes. Eine Namenstafel am<br />

Boden macht auf die Grabstätte aufmerksam.<br />

Auf diese Namenstafel kann<br />

nach Wunsch auch verzichtet werden. In<br />

diesem Fall haben Angehörige dennoch<br />

die Möglichkeit, die Grabstätte des Verstorbenen<br />

jederzeit zu besuchen, denn<br />

die Bäume sind gekennzeichnet und in<br />

Registern bei der Kommune eingetragen.<br />

p Die <strong>naturnah</strong>e Gestaltung der Fläche,<br />

über eine dichte Baumbepflanzung hinaus,<br />

bietet einen erlebbaren Bezug zur<br />

Natur, in der sich die meisten Menschen<br />

schon zu Lebzeiten wohlfühlen.<br />

p Der Friedpark kommt ohne individuelle<br />

Grabpflege aus. Die natürliche Umgebung,<br />

die geschaffen werden soll mit<br />

Wildblumen, Naturhecken, geschwun-<br />

Allen war wichtig, dass über die Pflanzung<br />

von 26 heimischen Laubbäumen hinaus ein<br />

<strong>naturnah</strong>er Charakter geschaffen werden<br />

soll: Bunt blühende Wiesenareale, die auch<br />

zukünftig fachgerecht gepflegt werden<br />

müssen. Ganz konsequent wurde auch für<br />

den gewünschten neuen Platz – gedacht<br />

als Treffpunkt und zum Verweilen – ein Belag<br />

aus regionalem Basalt-Pflaster, sogar<br />

Recycling-Material, gewählt. Klar war auch<br />

von Anfang an, dass Teile der Anlage in Eigenleistung<br />

umgesetzt werden (Schrifttafeln<br />

durch die Kirchengemeinde, Findling<br />

am Eingang setzen, Pflastern des Platzes,<br />

Pflanzarbeiten durch Ortsbeirat). Alle weiteren<br />

Arbeiten sollen vergeben werden.<br />

Bürgermeisterin Pfeiffer-Pantring erläutert im HR-Interview<br />

überzeugend das <strong>naturnah</strong>e Friedpark-Konzept<br />

28|FB Natur & Garten Oktober 2018<br />

Natur & Garten Oktober 2018 FB|29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!