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Familienblatt der Pfleiderer, Dez. 2018

Im Halbjahresrythmus erscheinendes Organ des Familienverbands Pfleiderer, Stuttgart

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Weihnachtsengel<br />

flüchten mussten, das ja damals noch<br />

zu Deutschland gehörte. Auf dem Wagendach<br />

lagen zwei Soldaten zu unserem<br />

Schutz. In Berg im Drautal stellte<br />

eine Bergbauernfamilie uns zwei leere<br />

Zimmer zur Verfügung. Wasser vom<br />

Brunnen, das Plumpsklo machte uns<br />

viel Spaß, und die Wanzen hatten wir<br />

auch bald im Griff. Vor allem bekamen<br />

wir zum Glück genug zu essen und<br />

täglich Milch von den uns gegenüber<br />

wohlgesonnenen Kärntner Bergbauern.<br />

Die beiden Mütter bauten an einem<br />

steilen Hang Gemüse an, und bei<br />

dieser Arbeit konnten sie gemeinsam<br />

um ihre Ehemänner weinen, ohne dass<br />

wir fünf Kin<strong>der</strong> es sahen.<br />

Alle vierzig deutschen Volkssturmmänner<br />

aus Radmannsdorf waren<br />

inzwischen von Tito-Partisanen gefangen<br />

genommen und verschleppt<br />

worden, auch Vater und Herr Rotermund.<br />

Dass sie für immer verschollen<br />

bleiben würden, haben wir damals<br />

noch nicht geahnt, und so hat uns und<br />

vor allem unsere Mütter noch viele Jahre<br />

lang die Hoffnung getragen. Auch<br />

noch 1946, als Österreich sich wie<strong>der</strong><br />

von Deutschland getrennt hatte und<br />

wir in Viehwaggons „heim ins Reich“<br />

abgeschoben wurden.<br />

Vaters Geschwister<br />

nahmen<br />

uns fünf<br />

Flüchtlinge<br />

im zerstörten<br />

Stuttgart auf<br />

Ohne unseren Vater<br />

kamen wir in<br />

seiner Heimatstadt<br />

Stuttgart an, die<br />

in Trümmern lag,<br />

unangemeldet<br />

natürlich, denn es<br />

gab noch keine Post. In <strong>der</strong> Not hat sich<br />

seine Familie zusammen getan, und<br />

auch noch Muttle und uns vier Kin<strong>der</strong><br />

zwischen zwölf und dreieinhalb Jahren<br />

aufgenommen. Bei Vaters ältester<br />

Schwester Margret Fel<strong>der</strong> und ihrem<br />

Mann Friedrich Fel<strong>der</strong> durften wir zwei<br />

Jahre lang wohnen, in ihrem bombengeschädigten<br />

Haus in Stuttgart-Weilimdorf.<br />

Dazu gehörte ihre Tochter, die<br />

Handweberin Elsemarie Fel<strong>der</strong> und ihr<br />

Sohn Hans Fel<strong>der</strong>, <strong>der</strong> mit einer schweren<br />

Kopfverletzung aus dem Krieg<br />

heimgekehrt war, damals gerade Theologie<br />

studiert hat und später <strong>der</strong> Vater<br />

unseres Vorsitzenden Matthäus Fel<strong>der</strong><br />

wurde, dem vierten von seinen fünf<br />

Kin<strong>der</strong>n.<br />

Vaters ältere Schwester Elisabeth (Lise)<br />

Pflei<strong>der</strong>er, geb. Pflei<strong>der</strong>er, Mutter von<br />

fünf Kin<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en Mann Erwin im<br />

Krieg geblieben war – ihr ältester Sohn<br />

Hans noch lange in Gefangenschaft * –<br />

hatte anstelle des total von Bomben<br />

zerstörten vierstöckigen Bettenhauses<br />

Pflei<strong>der</strong>er dort ein eingeschossiges<br />

Bettenhaus aufgebaut, und nach <strong>der</strong><br />

Währungsreform 1948 durfte Muttle<br />

auf dem Land für dieses Geschäft Bettwäsche<br />

verkaufen, zuerst per Fahrrad,<br />

* vgl. Sommerausgabe<br />

des <strong>Familienblatt</strong>es <strong>2018</strong><br />

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