Bambolino - das Familienmagazin für Bamberg und Region

Wie sich der Wilde Willi beruhigt
Das Präventionsprogramm Faustlos hilft Kindern
schwierige Situationen gewaltfrei zu lösen
Fair miteinander umgehen, sich in sein Gegenüber
einfühlen und Konflikte gewaltfrei lösen – nicht
alle Kinder können diese wichtigen Verhaltensweisen
im Umgang mit anderen in ihrer Familie
lernen und immer wieder einüben. Deshalb führt
die Bamberger KiTa an der Auferstehungskirche
das Faustlos-Projekt durch. Und weil erkennbar
alle Kinder davon profitieren, ist dieses Projekt
seit vielen Jahren fester Bestandteil des pädagogischen
Angebots.
Der Wilde Willi ist zu laut. Wild kläffend hüpft er
um den Ruhigen Schneck herum, damit der endlich
mit ihm spielt. Der aber versteckt sich verschreckt
von dem Lärm tief in seinem Schneckenhaus. „Wer
hat eine Idee, wie es der Wilde Willi doch noch
schaffen kann, dass der Ruhige Schneck mit ihm
spielen mag?“, fragt Sozialpädagogin Christine
Spahn in die Runde der aufmerksam beobachtenden
Kinder. „Er kann sich erst mal beruhigen“, weiß
der fünfjährige Ben, der sich diese Strategie von
der letzten Faustlos-Stunde gemerkt hat. „Er kann
Christine Spahn (57 J.) arbeitet für
die Frühförderung der Initiative
Johanni e.V. als Dipl.-Sozialpädagogin
und Marte-Meo-
Therapeutin. Als Faustlos-
Trainerin begleitet sie die KiTa
an der Auferstehungskirche in ihrer
Funktion als mobile sonderpädagogische
Hilfe bereits seit mehr als zehn Jahren.
auch eine Pause machen und vor dem Schneckenhaus
warten“, meldet sich ein Mädchen mit blonden
Zöpfen und ergänzt: „Und mal nachdenken
kann er auch.“ Gemeinsam helfen alle Kinder dem
Wilden Willi. „Beruhige Dich. – Mach mal Pause
und denk mal nach“, sagen sie ihm in einem warmen,
freundlichen Ton. Christine Spahn baut diese
Sätze noch ein paar Mal in die Faustlos-Stunde ein,
damit die Kinder diese wichtigen Sätze einüben
können. Und als Willi dann leise vor dem Ruhigen
Schneck bellt, kommt dieser doch noch aus seinem
Haus, und die Kinder freuen sich, dass die beiden
miteinander spielen.
Auf einer großen Bildkarte wird eine für die Kinder
alltägliche Situation präsentiert: Lena legt ein
neues Holzpuzzle zusammen, ihr Bruder Patrick
kommt dazu und möchte auch mit dem Puzzle spielen.
„Was kann Lena ihrem Bruder sagen?“, überlegt
Christine Spahn gemeinsam mit den Kindern
und lässt sie die Situation in verschiedenen Varianten
durchspielen. Zuletzt finden die Drei- bis Fünfjährigen
gemeinsam eine gute Lösung, die sie im
Rollenspiel gleich selbst ausprobieren: Patrick fragt
erst, ob er mitspielen darf. Als Lena dies ablehnt,
bietet er ihr Hilfe beim Puzzeln an. Aber Lena besteht
darauf, das Puzzle alleine zu Ende zu machen.
Doch sie bietet Patrick an, dass er, wenn sie fertig
ist, das Puzzle zum Spielen bekommt. „Na gut“, sagt
Patrick, „dann warte ich halt ein bisschen.“
Die KiTa-Leitung Sylvia Schlossnickel ist vom
Faustlos-Projekt rundum begeistert. „Das ist nicht
nur Gewaltprävention, sondern ein gelungenes
Fördern von Einfühlungsvermögen und sozialer
6 bambolino Februar / März ’19