Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
PROLOG<br />
AUS DEM HERZEN DES PELOTONS<br />
© Simon Gill/Getty Images, Tim De Waele/Getty Images<br />
„WEITERE FÄLLE WÄREN<br />
KEINE ÜBERRASCHUNG“<br />
Zuerst Stefan Denifl, dann Georg Preidler – mit der<br />
„Operation Aderlass“ ist der Radsport erneut in einen<br />
Dopingskandal verwickelt. <strong>Procycling</strong> sprach mit dem<br />
Sportwissenschaftler und Dopingexperten Dr. Achim<br />
Schmidt von der Deutschen Sporthochschule Köln<br />
über die aktuellen Ereignisse.<br />
Herr Schmidt, Sie verfolgen seit Jahrzehnten<br />
den Radsport als medizinischer<br />
und sportwissenschaftlicher<br />
Experte. Wie beurteilen Sie die aktuellen<br />
Geschehnisse um die „Operation Aderlass“<br />
und die österreichischen Radprofis Stefan<br />
Denifl und Georg Preidler?<br />
Interview Werner Müller-Schell<br />
Das Erschreckende ist sicherlich, dass es sich hier<br />
ja um keine Topstars, sondern um Fahrer aus der<br />
zweiten Reihe handelt, die in diesem Netzwerk aktiv<br />
waren. Ich befürchte daher, dass wir bisher nur die<br />
Spitze des Eisberges gesehen haben und dass in den<br />
kommenden Wochen noch mehr ans Tageslicht kommen<br />
wird – möglicherweise auch größere Namen.<br />
Stefan Denifl (links) und Georg Preidler (rechts)<br />
legten im Rahmen der jüngsten Enthüllungen<br />
ein Dopinggeständnis ab.<br />
Sie klingen nicht besonders überrascht …<br />
Nein. Gerade Eigenblutdoping ist eine Maßnahme,<br />
die immer noch sehr schwierig nachzuweisen, dabei<br />
aber verhältnismäßig einfach durchzuführen<br />
ist. Weitere Fälle wären also keine Überraschung.<br />
Wie muss man sich die Praktik des Eigenblutdopings<br />
vorstellen?<br />
Prinzipiell wird dem Athleten während einer unwichtigen<br />
Saisonphase Blut entnommen. Die daraus<br />
gewonnenen roten Blutkörperchen werden<br />
mit einem Gerinnungshemmer versetzt und kühl<br />
gelagert. Beim Wettkampf – Wochen oder Monate<br />
später – werden die Blutkörperchen dann per<br />
Transfusion wieder zugeführt. Der Körper gleicht<br />
die zusätzliche Menge Blut schnell aus, man hat<br />
dann aber trotzdem deutlich mehr rote Blutkörperchen<br />
im Körper, durch die entsprechend mehr<br />
Sauerstoff transportiert und somit eine höhere<br />
Leistung erzielt wird. Die ganze Sache ist eigentlich<br />
nicht viel komplexer als Blut spenden.<br />
Nach der Affäre Fuentes 2006 wurde im Antidopingkampf<br />
aber doch eigentlich viel unternommen,<br />
um den Radsport sauberer zu<br />
machen. Die Athleten müssen ständig ihren<br />
Aufenthaltsort melden, es gibt den Blutpass<br />
– warum ist Doping dennoch weiterhin in<br />
diesem Maße möglich?<br />
12 PROCYCLING | APRIL 2019