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Fachbeitrag: "Der „12P-Ansatz“ – der Marketing-Mix des

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20| RC Premium Nr. 15 - Juli 2007<br />

<strong>Der</strong> <strong>„12P</strong>-<strong>Ansatz“</strong> <strong>–</strong> <strong>der</strong> <strong>Marketing</strong>-<strong>Mix</strong> <strong>des</strong> Eventmanagers<br />

Erweiterungsaspekte <strong>des</strong> traditionellen <strong>Marketing</strong>-<strong>Mix</strong> als Konsequenz aus <strong>der</strong><br />

Komplexität von Events und als Ordnungsrahmen für ein umfassen<strong>des</strong> Eventmanagement<br />

Als Beson<strong>der</strong>heit<br />

dieser Ausgabe<br />

lesen Sie im Folgenden<br />

einen ökonomischen<br />

<strong>Fachbeitrag</strong>.<br />

Nicht, dass Sie in<br />

Zukunft auf sportwissenschaftliche<br />

Themen verzichten<br />

müssten, aber<br />

als „Gesellschaft<br />

für Sportmanagement<br />

und Beratung“<br />

stehen primär die Kompetenzen in Fragen<br />

<strong>des</strong> Managements von Sportdienstleistungen<br />

(Führung von Sportbetrieben,<br />

-eventmanagement, -sponsoring und Vermarktung,<br />

Unternehmenskommunikation<br />

etc.) im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

<strong>Der</strong> vorliegende theoriebetonte Grundsatzbeitrag<br />

fragt nach dem „<strong>Marketing</strong>-<strong>Mix</strong> <strong>des</strong><br />

Eventmanagers“. Die Argumentationsführung<br />

mündet in einen Themenkomplex, <strong>der</strong> hier<br />

einführend behandelt wird.<br />

Was man früher gemeinhin als „Veranstaltungsorganisation“<br />

bezeichnete, heißt heute auf<br />

„Neudeutsch“ Eventmanagement <strong>–</strong> die Planung<br />

und Steuerung von Ereignissen / Erlebnissen.<br />

Die rasante Entwicklung <strong>der</strong> Eventbranche und<br />

<strong>der</strong> Ansprüche von Eventkunden rief im Zuge<br />

einer entstehenden Dienstleistungsbetriebslehre<br />

die Wissenschaft auf den Plan.<br />

www.racket-center.de<br />

- ein sportökonomischer <strong>Fachbeitrag</strong> von DR. MATTHIAS ZIMMERMANN -<br />

Die theoretischen Ansätze, die dem Eventpraktiker<br />

erst auf dem zweiten Blick hilfreich<br />

erscheinen mögen, führen zu interessanten<br />

Erkenntnissen.<br />

Stakehol<strong>der</strong>analyse<br />

Nimmt man den <strong>Marketing</strong>ansatz ernst <strong>–</strong> und<br />

dies mag die Begründung für den oben angeführten<br />

Begriffswechsel sein <strong>–</strong> dann gehen die<br />

primären geschäftlichen Überlegungen vom<br />

Kunden aus. Doch genau das ist bei Events gar<br />

nicht so einfach. In jedem Geschäftsmodell, das<br />

einem Event zugrunde gelegt wird, stellt sich die<br />

Frage: Wer ist eigentlich <strong>der</strong> Kunde?<br />

Die Stakehol<strong>der</strong>analyse <strong>–</strong> also die Prüfung<br />

<strong>der</strong> Anspruchsberechtigten in einem<br />

geschäftlichen Kontext <strong>–</strong> hilft <strong>der</strong><br />

Erkenntnisfi ndung. Schon allein<br />

dieser theoretische Zugang<br />

macht deutlich, dass wir<br />

es z.B. bei Sportveranstaltungen<br />

mit einem<br />

höchst komplexen<br />

Phänomen zu tun<br />

haben, welches ein<br />

breites Spektrum an<br />

Managementfähigkeiten<br />

erfor<strong>der</strong>lich<br />

macht.<br />

Abb1: Stakehol<strong>der</strong>modell.<br />

Das Schaubild <strong>der</strong> Anspruchsgruppen mit<br />

berechtigten Interessen am Geschäftsverlauf<br />

und -erfolg zeigt, dass ein Event Ausmaße hat,<br />

die ein „Unternehmen auf Zeit“ begründen: das<br />

Entrepreneurship, die Unternehmensführung<br />

und die Betriebsaufl ösung bzw. -abwicklung.<br />

Und all das verbunden mit dem Erfolgsmaß:<br />

Leistungs-/Gegenleistungsbeziehungen sowie<br />

Risikoverteilungen zu konstruieren, die den<br />

berechtigten Interessen möglichst aller Beteiligten<br />

entsprechen („Stakehol<strong>der</strong>zufriedenheit“).<br />

So ergeben sich folgende Fragen:


GSM: sportökonomisch-fachlich<br />

1. Wer trägt welche Risiken und worin<br />

bestehen die Leistungs- /<br />

Gegenleistungsbeziehungen?<br />

2. Welche Managementanfor<strong>der</strong>ungen<br />

ergeben sich daraus?<br />

3. Welche Aspekte gehören zu einem<br />

umfassenden <strong>Mix</strong> an Managementtools,<br />

um diesen zu entsprechen?<br />

Leistungs- und<br />

Gegenleistungsbeziehungen:<br />

das Geschäftsmodell eines Sportevents<br />

Typisch für einen Sportevent ist das Phänomen,<br />

dass Gegner (S1 und S2) gemeinsam die<br />

Absatzleistung produzieren: den sportlichen<br />

Wettkampf, veranstaltet und verantwortet durch<br />

E, den Eventunternehmer. Er bezahlt die Sportler<br />

bzw. die Teams, und refi nanziert sich aus den<br />

Vermarktungsrechten (siehe gegenläufi ge Pfeile<br />

als Symbol <strong>des</strong> Austausches von Absatzleistung<br />

und Geld).<br />

In diesem „Mikrokosmos“ <strong>der</strong> Basisleistungserstellung<br />

„sportlicher Wettkampf“ spielen<br />

häufi g Makler (Promotoren z.B. beim Boxen,<br />

Spielervermittler z.B. im Fußball) eine Rolle.<br />

Sie begründen ein so genanntes Vertragsvermittlungsmodell<br />

(gekennzeichnet durch den<br />

gestrichelten Kasten im Zentrum <strong>der</strong> Abb.2).<br />

Es obliegt dem Eventmanager E, das sportliche<br />

Produkt zu nutzen. <strong>Der</strong> Absatz erfolgt (1.)<br />

in Richtung Zuschauer, die dafür Eintrittsgeld<br />

entrichten, und (2.) in Richtung <strong>der</strong><br />

Anbieter. „Anbieter“ sind Unternehmen, die<br />

mit Hilfe <strong>der</strong> Zuschaueraufmerksamkeit Ihre<br />

Produkte und Dienstleistungen bewerben<br />

wollen <strong>–</strong> also Eventsponsoren im klassischen<br />

Sinne, die z.B. eine Bandenwerbung o<strong>der</strong> eine<br />

Stadiondurchsage präsentieren, um Kundschaft<br />

zu generieren. Per Sportveranstaltung<br />

transportiert „E“ die werbliche Botschaft von A1<br />

(Werbung A1) an N, den Nachfrager.<br />

Dies begründet ein so genanntes Kontaktanbahnungsmodell<br />

(fein gepunkteter Kasten).<br />

Abb2:<br />

Das Sporteventmodell <strong>–</strong> die Integration <strong>der</strong> Modelle “Kontaktanbahnung”, “Vertriebsübernahme” und “Vertragsvermittlung”.<br />

Lassen sich die Übertragungsrechte <strong>des</strong> Events<br />

an die Medien verkaufen (Rechtegebühr<br />

[Geld] versus Sen<strong>der</strong>echt [Absatzleistung]), so<br />

begründet sich ein zweites Kontaktanbahnungsmodell:<br />

Medienunternehmen (H) binden<br />

weitere Anbieter (A2) in das Geschäft mit ein.<br />

Sie transportieren <strong>des</strong>sen Werbebotschaft<br />

(Werbung A2 <strong>–</strong> z.B. einen Werbetrailer in den<br />

Pausen eines Boxkampfes) an den Eventintere<br />

ssier ten N2, den Mediennutzer<br />

(klassischerweise den Fernsehzuschauer).<br />

Gleichzeitig macht H auch Werbung für die<br />

Sponsoren, die während <strong>des</strong> sportlichen<br />

Wettkampfs in Erscheinung treten. Insgesamt<br />

also sendet er die Werbebotschaften <strong>der</strong><br />

Anbieter A1 und A2 (Werbung A1+A2).<br />

Dem Medienunternehmen kommt <strong>des</strong>halb eine<br />

beson<strong>der</strong>e Rolle zu, da es außer im Kontaktanbahnungsmodell<br />

auch im klassischen<br />

Vertriebsmodell eingebunden ist (siehe<br />

dickgepunkteter Kasten:) H vertreibt die<br />

Leistung, die E mit Hilfe von S1 und S2<br />

produziert, an N2 <strong>–</strong> dank <strong>des</strong> mo<strong>der</strong>nen Pay-TV<br />

o<strong>der</strong> zahlbaren Internet TV auch gegen Entgelt<br />

(Geldfl uss versus Absatzleistung <strong>–</strong> siehe die<br />

gegenläufi gen Pfeile zwischen H und N2).<br />

Das Sporteventmodell ist demzufolge eine<br />

Verschachtelung von drei unterschiedlichen<br />

klassischen Geschäftsmodelltypen.<br />

RC Premium Nr. 15 - Juli 2007 | 21<br />

Das Sporteventmodell und die Folgen<br />

für das Management<br />

Welche Leistungen und Gel<strong>der</strong> in welchen<br />

Mengen hin und her fließen, ist eine Frage<br />

<strong>der</strong> Verteilung von Verfügungsrechten,<br />

(„Markt- bzw. Handlungsmacht“) zwischen<br />

Anbieter und Nachfrager, Sportler, Eventmanager,<br />

Makler, Medienunternehmen. Gleiches<br />

gilt für die Risiko- und die Anreizverteilung.<br />

In <strong>der</strong> Kürze <strong>des</strong> Beitrags kann die notwendige<br />

Erörterung dieser spannenden Themen lei<strong>der</strong> nur<br />

angedeutet werden.<br />

Dennoch kann man konstatieren, dass diese<br />

Verteilungsfrage (Leistungen <strong>–</strong> Gel<strong>der</strong>,<br />

Chancen <strong>–</strong> Risiken, Verfügungsrechte <strong>–</strong><br />

Anreize) per Geschäftsmodell nicht a priori<br />

defi niert und demnach für jede Art von Event<br />

individuell diskutiert werden muss.<br />

Beispiel: ist die Marktmacht <strong>des</strong> Leistungsanbieters<br />

E aufgrund einer „überschaubaren“<br />

Abnehmerzahl (Fernsehzuschauer, Besucher,)<br />

gering, so bezahlt er bisweilen sogar Geld an<br />

einen Fernsehsen<strong>der</strong> (H), um überhaupt<br />

gesendet zu werden. Kehren sich die Machtverhältnisse<br />

um, führt dies bisweilen zu enormen<br />

Summen, die TV-Anstalten für Übertragungsrechte<br />

bezahlen. Bei kleineren Sportveranstaltungen<br />

bezahlen die Sportler Startgel<strong>der</strong>.<br />

So dann und wann fi ndet sich ein „Makler“, <strong>der</strong><br />

viel Geld bezahlt als Invest für einen jungen<br />

Sportler, damit dieser an einem Wettkampf<br />

teilnehmen darf, zu dem er seiner sportlichen<br />

Leistung nach eigentlich noch gar nicht<br />

qualifi ziert ist („Wild Card“). An<strong>der</strong>erseits zahlen<br />

Eventveranstalter mitunter Unsummen an<br />

Makler, damit ein Top-Sportler bei einem<br />

Wettkampf dabei ist (Antrittsgeld, Gage).<br />

Qualität als Machtfaktor<br />

Die Konsequenz aus alledem ist eine<br />

komplexe Struktur an Leistungsgebern und<br />

-empfängern, an Geldgebern und -nehmern,<br />

sowie Risikoträgern. Dabei hängt die Erfolgsund<br />

Risikoverteilung von <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> Stakehol<strong>der</strong><br />

und <strong>der</strong>en Verhandlungsmacht ab.<br />

Die Verhandlungsmacht <strong>des</strong> Eventmanagers<br />

erhöht sich mit <strong>der</strong> Qualität, die er den einzelnen<br />

Anspruchsgruppen zu bieten vermag. Dabei ist<br />

folgen<strong>des</strong> von zentraler Bedeutung:<br />

1. Die Qualität wird von den jeweiligen<br />

Anspruchsgruppen subjektiv<br />

unterschiedlich wahrgenommen.<br />

2. Ein Min<strong>des</strong>tmaß an Qualitätserfüllung<br />

besteht darin, den Interesse(nte)n gemäß<br />

ihrer Berechtigung zu entsprechen.<br />

3. Die Anspruchsgruppenzufriedenheit steigt<br />

überproportional in dem Maße, in dem<br />

Erwartungen übertroffen werden.<br />

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22| RC Premium Nr. 15 - Juli 2007<br />

Die Instrumente dazu liefert das <strong>Marketing</strong>-<strong>Mix</strong>,<br />

wobei die bisherige Argumentationsführung<br />

überdeutlich macht, dass die klassischen<br />

absatzwirtschaftlichen Instrumente zu kurz<br />

greifen.<br />

Vom traditionellen <strong>Marketing</strong>-<strong>Mix</strong> zum<br />

12P-Ansatz<br />

Die ökonomische Historie gebietet auch den<br />

aktuell Studierenden die Beschäftigung mit dem<br />

traditionellen <strong>Marketing</strong>-<strong>Mix</strong> <strong>der</strong> klassischen<br />

Absatzwirtschaft. Noch heute glie<strong>der</strong>n sich<br />

Lerninhalte in „Preis-, Produkt- Kommunikations-<br />

und Distributionspolitik“ nach dem Konzept<br />

<strong>der</strong> Industriebetriebslehre.<br />

Unter den dargestellten Bedingungen kann dies<br />

für das Eventmanagement kein ausreichen<strong>der</strong><br />

„Instrumentenkasten“ sein <strong>–</strong> <strong>der</strong> Eventmanager<br />

braucht einen viel weiter greifenden <strong>Mix</strong> an<br />

Managementtools.<br />

Dabei zeigt sich schon bei den<br />

vier Grundelementen <strong>des</strong> <strong>Marketing</strong>-<strong>Mix</strong>,<br />

dass eine Mehrfachorientierung<br />

notwendig ist:<br />

(1) Es sind mehrere Preise zu<br />

bilden: autonom festgelegte,<br />

z.B. für Zuschauer (Eintritt), und<br />

verhandelte, z.B. für Sponsoren<br />

(Packagepreise), Sportler (Gagen),<br />

Caterer (Standgebühren), Medien<br />

(Lizenzentgelte) usw. Die Preisbildung<br />

erfolgt aus <strong>der</strong> Kostenorientierung,<br />

<strong>der</strong> Konkurrenzbetrachtung<br />

und <strong>der</strong> Kundenpräferenz<br />

<strong>–</strong> wohinter das gesamte<br />

Gebäude <strong>der</strong> Verhandlungsund<br />

auch <strong>der</strong> Spieltheorie steckt<br />

und sich pragmatisch darstellen ließe. Das führt<br />

an dieser Stelle zu weit.<br />

(2) Gerade in <strong>der</strong> Kommunikationspolitik<br />

braucht es diffizile Abstimmungsprozesse<br />

zwischen den eingesetzten Medien, <strong>der</strong>en<br />

zeitlich-örtlicher Platzierung, <strong>der</strong> multiplen<br />

Art <strong>der</strong> Ansprache in textlicher, formaler und<br />

grafi scher Gestaltung. Nur das Konstrukt einer<br />

integrierten Kommunikation gewährleistet die<br />

korrekte Übermittlung von Fakten und ein<br />

klares Erscheinungsbild <strong>–</strong> umso mehr, als es<br />

bei verschiedenen Kundengruppen subjektiv<br />

wahrgenommen wird! Je nach Eventtyp bewegt<br />

sich <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungsgrad an die „Promotion“<br />

in einem Kontinuum zwischen innovativen<br />

Einmalevents (z.B. Abschiedsgala für einen<br />

Spitzensportler) mit hohem Anfor<strong>der</strong>ungsgrad,<br />

und institutionalisierten Veranstaltungen (z.B.<br />

das traditionsreiche Tennisturnier in Wimbledon)<br />

mit niedrigem Anfor<strong>der</strong>ungsgrad. Beson<strong>der</strong>s im<br />

Hinblick auf Events mit komplexen Programm-<br />

www.racket-center.de<br />

inhalten gilt: Botschaften müssen vom Kunden<br />

gelernt werden (können).<br />

(3) Das Programm macht den Event. Was<br />

dem Zuschauer sein Programmablauf, ist<br />

allen an<strong>der</strong>en Beteiligten das „protocol“. Hier<br />

wird je nach Anspruchsgruppe ganz dezidiert<br />

festgelegt, wer wann wo in welcher Weise seinen<br />

Beitrag zu erbringen hat. Für die Medien<br />

braucht es ein Drehbuch, für die Teilnehmer<br />

Startzeiten, für Funktionäre, Team und weitere<br />

ein Pfl ichtenheft. Das Programm beschränkt<br />

sich längst nicht mehr auf die Kernleistung<br />

(z.B. auf den Boxkampf), son<strong>der</strong>n lebt stark<br />

von <strong>der</strong> Güte <strong>des</strong> Rahmenprogramms,<br />

das für verschiedene Anspruchsgruppen gänzlich<br />

unterschiedlich ausfallen kann (z.B. VIP Lounge).<br />

„Inszenierung“ ist dabei das Stichwort.<br />

Abb3. „12p-<strong>Ansatz“</strong> in seiner Entwicklungslogik<br />

(4) Dies führt unmittelbar zur „Distribution“.<br />

Im Gegensatz zur Verteilung von Industriegütern<br />

als klassischer Gegenstand <strong>der</strong> Distributionstheorie<br />

haben wir es bei Dienstleistungen mit <strong>der</strong><br />

„Integration <strong>des</strong> Kunden in den Prozess <strong>der</strong><br />

Leistungserstellung“ zu tun. Grundvoraussetzung<br />

dafür: <strong>der</strong> Kunde kommt zum Produkt<br />

und nicht umgekehrt. So richten sich<br />

distributionstheoretische Überlegungen (1.)<br />

nach <strong>der</strong> Frage <strong>des</strong> Standorts und <strong>der</strong> Lage <strong>der</strong><br />

„Eventlocation“ im Sinne <strong>der</strong> Erreichbarkeit<br />

und (2.) danach, wo welche Teileinrichtungen<br />

innerhalb dieser Location in Position gebracht<br />

werden sollen („Place“ von Bühne, Toiletten,<br />

Catering, Gar<strong>der</strong>obe etc.).<br />

(5) Hier kommen Prozessüberlegungen ins<br />

Spiel. „Beyond the line of visibility“ sind alle<br />

Prozesse so auszurichten, dass für die Eventbesucher<br />

ein optimaler Komfort gewährleistet<br />

ist. Ein so genannter „Blue Print“ hilft bei <strong>der</strong><br />

Analyse <strong>der</strong> natürlichen Orientierungen und<br />

GSM: sportökonomisch-fachlich<br />

<strong>der</strong> daraus resultierenden Kundenlaufwege.<br />

Die Anordnungen <strong>der</strong> „Kundenkontaktpunkte“<br />

vom Parkplatz über den Eingang bis hin zum<br />

Sitzplatz sind danach ausrichten.<br />

„Behind the line of visibility“ gilt die logistische<br />

Effi zienz in <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> technischen,<br />

personellen und materiellen Ver- und Entsorgungsprozesse<br />

als zentrales Platzierungsbzw.<br />

Positionierungskriterium.<br />

(6) “Beyond” <strong>–</strong> also vor <strong>der</strong> Sichtbarkeitslinie<br />

für den Kunden <strong>–</strong> trägt das Erscheinungsbild,<br />

die so genannte „Physical Evicence“,<br />

maßgeblich zum Qualitätsurteil bei. Sauberkeit<br />

ist dabei nur <strong>–</strong> im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes<br />

<strong>–</strong> ein „Hygienefaktor“. Von <strong>der</strong> Ausstattung<br />

und Dekoration bis hin zur Bekleidung <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter muss sich ein Bild ergeben, das<br />

die Botschaft und die Emotionen, die mit<br />

<strong>der</strong> Veranstaltung einhergehen, ganzheitlich<br />

transportiert. Nicht nur audiovisuelle<br />

Faktoren spielen dabei<br />

eine Rolle. Spätestens seit Patrick<br />

Süsskinds „Das Parfum“<br />

wissen wir z.B. auch um die<br />

Bedeutung <strong>der</strong> olfaktorischen<br />

Wahrnehmung.<br />

(7) In Dienstleistungsbetrieben<br />

k o m m t d e m P e r s o n a l<br />

beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu. <strong>Der</strong><br />

direkte Kundenkontakt bedingt<br />

neben fachlichen Fähigkeiten<br />

auch soziale Kompetenzen.<br />

Dies betrifft den Ordner am<br />

Eingang zum Fanblock eines<br />

Fußballstadions ebenso wie den<br />

Barmann in <strong>der</strong> VIP Lounge.<br />

Zwar spielen Einsatzpläne und<br />

Briefi ngs eine ebenso wichtige<br />

Rolle wie in <strong>der</strong> industriellen Produktion <strong>–</strong> die<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an Flexibilität, Durchhaltevermögen<br />

und Krisenbeständigkeit sind im<br />

Umgang mit unterschiedlichen Personengruppen<br />

(Stakehol<strong>der</strong>n) ungleich höher. Personalauswahlverfahren,<br />

-qualifi kation und -entwicklung<br />

müssen ein breiteres Persönlichkeitsspektrum<br />

erfassen, bewerten und för<strong>der</strong>n, als dies bei<br />

Beschäftigten ohne Kundenkontakt <strong>der</strong> Fall ist.<br />

So wird die Personalwirtschaft <strong>des</strong> Eventmanagers<br />

zu einem zentralen <strong>Marketing</strong>instrument!<br />

(8) Bei allen Finessen <strong>des</strong> Personalmarketings:<br />

eine Veranstaltung wird dann zum Event, wenn<br />

es gelingt, Leidenschaft zu transportieren. Hinter<br />

<strong>der</strong> „Passion“ steht die Identifi kation mit dem<br />

Event und seinen Machern, die Lust an <strong>der</strong><br />

Leistung im Umgang mit Gästen, die Beför<strong>der</strong>ung<br />

von Emotionen. Was hier einfach klingt,<br />

bedarf eines geschickten Managements in<br />

Kenntnis unterschiedlicher Motivationstypen<br />

(„Motivationstheorie“, z.B. n. Werner Correll ).


GSM: sportökonomisch-fachlich<br />

Die Personaleinsatzplanung nach motivationstypologischen<br />

Kriterien ist die hohe Kunst <strong>des</strong><br />

Eventmanagers.<br />

Abb.4:<br />

Struktur und Ordnung <strong>der</strong> “virtuellen Planung”<br />

in Anlehnung an den 12P-Ansatz<br />

(9) Dies wird dann zur Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

wenn unterschiedliche Event-Partner involviert<br />

werden. Meist ist eine Veranstaltung<br />

das Ergebnis verschiedener Bausteine, wozu<br />

externe Fachleute integriert werden <strong>–</strong> Musiker,<br />

Künstler, Caterer etc. In unserem Verständnis<br />

werden auch Sponsoren zu Partnern<br />

<strong>–</strong> schließlich macht Sponsoring im Kontext eines<br />

Events nur dann Sinn, wenn die werblichen<br />

Botschaften kongruent sind und in <strong>der</strong> subjektiven<br />

Kundenwahrnehmung keine Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeiten<br />

erzeugen. Insofern sind Sponsoren<br />

häufi g stark in die Leistungserstellung<br />

integriert <strong>–</strong> was nur in einem partnerschaftlichen<br />

Verständnis zu einem gemeinsamen Ziel<br />

führen kann. Hier spielt die Kommunikation<br />

in ihrem ursprünglichsten Verständnis<br />

eine zentrale Rolle: die „Chemie muss<br />

stimmen“. Das bedeutet: die Regeln einer<br />

konstruktiven Gesprächsführung müssen<br />

bekannt sein und gewahrt werden, denn die<br />

Eventorganisation ist eine Kette an Problemlösungen,<br />

die häufi g unter zeitlichem und fi nanziellem<br />

Druck möglichst im Konsens bewältigt<br />

werden muss. Daher verweisen wir hierfür<br />

auf die Kommunikationstheorie (z.B. nach<br />

Friedemann Schulz von Thun) und die<br />

Verhandlungstheorie (z.B. nach Roger Fisher,<br />

William Ury und Bruce Patton).<br />

(10) Frage: Was lässt Erwartungen <strong>der</strong><br />

unterschiedlichen Anspruchsgruppen übertreffen?<br />

Antwort: Die „Performance“ <strong>–</strong> mehr<br />

als nur die Summe aus Promotion + Personal +<br />

Physical Evicence + Passion! Als Performance<br />

bezeichnen wir das, woran sich ein Eventgast<br />

noch lange nach <strong>der</strong> Veranstaltung erinnert.<br />

Auf eine ökonomische Theorie lässt sich<br />

hier nicht zurückgreifen. Wir behaupten,<br />

Performance entsteht in <strong>der</strong> Authentizität <strong>der</strong><br />

Kernleistung. Zwar mag es nett sein, z.B. einem<br />

weiblichen Gast am Ausgang zum Abschied<br />

eine Rose zu schenken. Wenn jedoch ein<br />

Tennisspieler ein bereits verloren geglaubtes<br />

Match noch herumreißt, o<strong>der</strong> in einer Starband<br />

alles zusammenpasst und „dieser beson<strong>der</strong>e<br />

Moment“ passiert, dann haben wir die nachhaltige<br />

Erlebniswirkung, die wir Performance<br />

nennen. Genau hierin steckt die „Geheimrezeptur“<br />

<strong>des</strong> Eventmanagers <strong>–</strong> und bisweilen<br />

eben auch <strong>der</strong> glückliche Umstand!<br />

(11) Was nutzt <strong>der</strong> tollste Event, wenn das<br />

Finanzziel verfehlt wird? Um es in unser<br />

„12-P-Schema“ einzuordnen, sprechen wir von<br />

„Portemonnaie“. Dabei kann die klassische<br />

Gewinnmaximierung nur ein Ziel sein. Werden<br />

Events als <strong>Marketing</strong>instrument eingesetzt,<br />

besteht das Ziel darin, Budgetgrenzen zu<br />

wahren. In den meisten Fällen aber ist <strong>der</strong><br />

Manager mit den unternehmenstypischen<br />

Unabwägbarkeiten konfrontiert, wobei auch<br />

hier das Geschäftsmodell eines Events die<br />

Sachlage ungleich komplexer werden lässt:<br />

die Eventproduktion kostet in <strong>der</strong> Regel viel<br />

Geld. Je mehr Geld verfügbar ist, <strong>des</strong>to interessanter<br />

kann das Programm gestaltet werden.<br />

Je interessanter das Programm, <strong>des</strong>to mehr<br />

Zuschauer. Je mehr Zschauer, <strong>des</strong>to mehr<br />

Medieninteresse. Je mehr Medieninteresse,<br />

<strong>des</strong>to mehr Sponsoringpartner. Je mehr<br />

Sponsoringpartner, <strong>des</strong>to mehr Geld. Mehr<br />

Geld, mehr Programm, mehr Werbung, mehr<br />

Zuschauer, mehr Medien, mehr Sponsoren,<br />

mehr Budget u.s.w.: wir sprechen vom „Wertschöpfungszirkel<br />

eines Events“. Dem Eventmanager<br />

werden viele Fähigkeiten abverlangt.<br />

RC Premium Nr. 15 - Juli 2007 | 23<br />

Dabei muss <strong>der</strong> Budgetüberblick stets gewahrt<br />

bleiben <strong>–</strong> will er nicht nach dem Event in ein<br />

leeres Portemonnaie blicken müssen.<br />

“11-Ps” und ihre Konformität mit<br />

<strong>der</strong> Philosophie<br />

(12) <strong>Der</strong> eigentlich zentrale Aspekt für die<br />

Steuerbarkeit <strong>des</strong> Gesamtplanungsprozess<br />

wird hier als letzter Punkt aufgeführt <strong>–</strong> obwohl<br />

dieser den Ausgang <strong>der</strong> Eventplanung bildet: die<br />

Philosophie! Die Eventphilosophie fragt:<br />

wo kommen wir her, wo wollen wir hin? Sie<br />

bildet damit die Leitlinie für alle Folgeüberlegungen,<br />

die gerade bei Großevents<br />

ein ganzes Team an Eventmanagern lange<br />

Zeit beschäftigen. So muss über die eigenen<br />

Kernkompetenzen und verfügbaren Ressourcen<br />

Klarheit bestehen, um realistische,<br />

motivierende und messbare Ziele zu fi xieren.<br />

Häufi g nehmen Planungsprozesse erstaunliche<br />

Entwicklungen. So eröffnet z.B. gerade das<br />

Medien- und Sponsoreninteresse enorme<br />

Chancen <strong>–</strong> und eben auch das Risiko, dass die<br />

Planung eine schwer steuerbare „Eigendynamik“<br />

entwickelt. Sich und seinen Zielen selbst treu<br />

zu bleiben und die fortlaufende Prüfung aller<br />

Entscheidungen auf Konformität mit <strong>der</strong> Leitlinie,<br />

genau das sichert dem Eventunternehmen den<br />

nachhaltigen Geschäftserfolg. Man kann das<br />

auch so sagen: alle 11 vorab benannten „P“s <strong>des</strong><br />

„<strong>Marketing</strong>smix für Eventmanager“ sind auf das<br />

zentrale „P“ <strong>–</strong> die Philosophie <strong>–</strong> auszurichten.<br />

Zusammenfassung<br />

Dem Veranstalter gelingt ein erfolgreicher<br />

Event dann, wenn er die Zufriedenheitsaspekte<br />

<strong>der</strong> Beteiligten kennt und sein umfassen<strong>des</strong><br />

Handlungsinstrumentarium geschickt darauf<br />

ausrichtet <strong>–</strong> im Bewusstsein einer gemeinsamen<br />

Philosophie <strong>der</strong> Verantwortungsträger, seiner<br />

Verhandlungsposition im Geschäftsmodell und<br />

<strong>–</strong> schlussendlich <strong>–</strong> seines Portemonnaies!<br />

Literatur dazu kann bei Dr. Zimmermann<br />

erfragt werden!<br />

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