Internationale Gluck-Festspiele 2019 - Festspielmagazin
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<strong>Internationale</strong><br />
<strong>Gluck</strong><strong>Festspiele</strong><br />
Nürnberg Bayreuth Berching Erlangen Fürth Lauf Neumarkt<br />
Neue Klänge für Europa<br />
27. Juni – 14. Juli <strong>2019</strong>
Ganz viel <strong>Gluck</strong> für Sie.<br />
Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> vom 27. Juni bis 14. Juli <strong>2019</strong> –<br />
gefördert von der NÜRNBERGER Versicherung.<br />
www.nuernberger.de
DAS FESTSPIELMAGAZIN
Herzlichen Dank!<br />
Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong><br />
danken ihren Förderern und Partnern!<br />
Förderer<br />
· Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst<br />
· Stiftung NÜRNBERGER Versicherung<br />
· NÜRNBERGER Versicherung<br />
· Stadt Nürnberg<br />
· Europäische Metropolregion Nürnberg e.V.<br />
· IHK-Kulturstiftung der mittelfränkischen Wirtschaft<br />
· Lotto Bayern<br />
· Sellwerk Nürnberg<br />
· Freunde der Staatsoper Nürnberg e.V.<br />
· Stadt Bayreuth<br />
· Oberfrankenstiftung<br />
· Landkreis Neumarkt<br />
· IntercityHotel Nürnberg<br />
Kooperationspartner<br />
· Tafelhalle und St. Katharina Open Air im KunstKulturQuartier Nürnberg<br />
· Musica Bayreuth<br />
· Neumarkter Konzertfreunde e.V.<br />
· <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle der Paris-Lodron-Universität Salzburg<br />
· Freundeskreis Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> e.V., Berching<br />
· Pocket Opera Company<br />
· gVe – Gemeinnütziger Theater- und Konzertverein Erlangen e.V.<br />
· Stadt Erlangen, Kulturamt<br />
· Philharmonie Nürnberg e.V.<br />
· klasse.im.puls, FAU Erlangen-Nürnberg<br />
· Die Jungen Fürther Streichhölzer<br />
· Nordbayerischer Musikbund e.V.<br />
· Willibald-<strong>Gluck</strong>-Gymnasium Neumarkt<br />
· Maritim Hotels<br />
Medienpartner<br />
· Nürnberger Nachrichten<br />
· Nürnberger Zeitung<br />
· BR Klassik<br />
· Bayerische Staatszeitung<br />
· Concerti
8
8 Orte und Veranstaltungen<br />
10 Zum Geleit<br />
16 HISTORISCHE JUWELEN<br />
18 <strong>Gluck</strong> ist wirklich ganz was Tolles – Ein Gespräch mit Max Emanuel Cencic zu<br />
Große Gefühle, Glück und Verhängnis<br />
23 Der Held und die Liebe – Heroes in Love<br />
28 Bläserklang und Klopstock-Oden – Harmonie<br />
29 Philippe Jaroussky & Ensemble Artaserse<br />
30 Vom Kampf um Macht, Erfolg und Liebe – Antigono<br />
36 Gleich und ungleich – Von <strong>Gluck</strong> zu Mozart<br />
42 In den Wäldern der Oberpfalz – L'ombra dell'amore – Orpheus und Eurydike<br />
44 DIE GLUCKWERKSTATT<br />
46 Fantasie- und Künstlerdrama – Ein Gespräch mit Dominique Horwitz und<br />
Norbert Nagel zu Ritter <strong>Gluck</strong> revisited<br />
50 <strong>Gluck</strong> und Jazz? – <strong>Gluck</strong> goes Bigband mit dem Sunday Night Orchestra<br />
52 <strong>Gluck</strong>s Traum – Im Reich der Schatten (8+)<br />
56 Das geopferte Kind – Gesucht: Iphigenie (12+)<br />
58 Glasklang über fünf Oktaven – Ein Gespräch mit<br />
Anna Szafraniec von GlassDuo Danzig zu GLUCKVibration!<br />
62 Von der anderen Seite gesehen – Eurydike & Orpheus<br />
67 Das Leben des Filippo Balatri – Die Nachtigall des Zaren<br />
70 Der Gott des entfesselten Lebens – Don Juan Techno Club<br />
74 DIE ANDERE STIMME<br />
76 Von Stimmen, Moden und <strong>Gluck</strong>s Sängern – Ein Gespräch mit Thomas Seedorf<br />
82 FREIER HIMMEL – FREIER EINTRITT<br />
84 <strong>Gluck</strong> in Berching – Ein Gespräch mit Rudolf Eineder zum Geburtstagsfest<br />
88 <strong>Gluck</strong> in Hollywood – Ein Gespräch mit Bernd Müller zum Open Air der<br />
Jungen Fürther Streichhölzer<br />
92 Unterwegs mit <strong>Gluck</strong> – <strong>Gluck</strong>liche Reise<br />
95 SPIELPLAN UND TICKETS<br />
102 Anhang<br />
9
Bayreuth<br />
Erlangen<br />
Lauf<br />
Fürth<br />
Nürnberg<br />
Neumarkt<br />
Berching<br />
10
06.07. Antigono Seite 30<br />
14.07. Große Gefühle, Glück und Verhängnis 18<br />
30.06. Im Reich der Schatten 52<br />
14.07. <strong>Gluck</strong>liche Reise 92<br />
07.07. Eurydike & Orpheus 62<br />
29.06. Heroes in Love 23<br />
06.07. Classic goes Hollywood 3 88<br />
27.06. Große Gefühle, Glück und Verhängnis 18<br />
28.06., 06.07. Ritter <strong>Gluck</strong> revisited 46<br />
30.06. Harmonie 28<br />
30.06. <strong>Gluck</strong> goes Bigband 50<br />
01.07. Im Reich der Schatten 52<br />
02.07. Gesucht: Iphigenie 56<br />
03.07. GLUCKVibration! 58<br />
04.07. Eurydike & Orpheus 62<br />
05.07., 06.07. Die andere Stimme 76<br />
05.07. Die Nachtigall des Zaren 67<br />
07.07. Im Gespräch: Die andere Stimme 76<br />
11., 12., 13.07. Don Juan Techno Club 70<br />
12.07. Von <strong>Gluck</strong> zu Mozart 36<br />
09.07. Philippe Jaroussky & Ensemble Artaserse 29<br />
10.07. Eurydike & Orpheus 62<br />
02.07. Das Geburtstagsfest 84<br />
13., 14.07. L’ombra dell’amore 42<br />
11
12
ZUM GELEIT<br />
Denique sit quodvis, simplex dumtaxat et unum.<br />
Horaz, epist. II, 3, V. 23<br />
Kurz, mache was du willst, nur, was du machst,<br />
sei mindestens eins und ganz!<br />
Paraphrase v. Chr. M. Wieland, 1782<br />
Werte Leserschaft, verehrtes Publikum!<br />
Wenn die siebente Ausgabe der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> Neue Klänge für Europa<br />
erschallen lässt, geschieht dies ganz in der Nachfolge des großen Tonschöpfers, nämlich<br />
„die Musik auf ihr wahres Amt zurückzuführen“. In einer Zeit immer rascher<br />
werdenden Wandels scheint die Besinnung auf das vielgestaltige Werk <strong>Gluck</strong>s, des<br />
großen Europäers, angezeigt – ist dieses doch in einer Phase sich anbahnender Umwälzungen<br />
entstanden und vermag uns Heutigen in seiner Ausrichtung allzu enge<br />
Blickwinkel derzeitiger Strömungen zu weiten. Treffend hat Joseph von Sonnenfels<br />
dies in seinem Eindruck von der Uraufführung der Alceste in Wien 1767 formuliert:<br />
„Seine Einbildungskraft ist ungeheuer: daher sind ihm die Schranken aller Nationalmusiken<br />
zu enge: er hat aus der wälschen, aus der französischen, aus den Musiken<br />
aller Völker eine Musik gemacht, die seine eigene ist: oder vielmehr: er hat in der<br />
Natur alle Töne des wahren Ausdrucks aufgesuchet, und sich derselben bemächtiget.“<br />
Mit seismographischem Feinsinn in Töne gesetzt, hat <strong>Gluck</strong> das Musiktheater in neue<br />
Bahnen gelenkt, wusste in der Schönheit des Augenblickes ästhetischer Erfahrung<br />
Sinn und Geist für das Überzeitliche empfänglich zu machen. Verbrieft ist diese<br />
Wirkung auf Friedrich Schiller, der im Jahre 1800 an Christian Gottfried Körner über<br />
die Iphigenia auf Tauris schrieb: „Noch nie hat mich eine Musik so rein und schön<br />
bewegt als diese, es ist eine Welt der Harmonie, die geradezu zur Seele dringt und in<br />
süßer hoher Wehmut auflöst.“<br />
Einem Paradigma gleich prangen die Worte des Horaz auf dem ersten Partiturdruck<br />
der Alceste – sie sollen sich in dieser Festspielzeit erfüllen: achtzehn Tage voller Kostbarkeiten<br />
aus dem Reich der Musik des 18. Jahrhunderts – sowohl im Originalklang als<br />
auch in aktueller Gestalt – übersetzt in frische, heutige musikalische Praxis. So mögen<br />
diese ewig neuen Klänge wie einst die Stimme des thrakischen Sängers Orpheus, die<br />
sogar Steine zu Tränen zu rühren vermochte, unsere Herzen erfreuen, betören und<br />
bewegen – nicht zuletzt für die Idee von Europa, die in <strong>Gluck</strong>s Humanitätston anklingt.<br />
Martin R. Handschuh<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />
der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-Opern-<strong>Festspiele</strong> gGmbH<br />
13
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
es ist mir eine Ehre und Freude zugleich, die Schirmherrschaft<br />
über die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> zu übernehmen.<br />
Scheinbar passend zum Jahr der Wahl des Europäischen Parlamentes<br />
lautet das diesjährige Motto der <strong>Festspiele</strong> Neue Klänge<br />
für Europa. Tatsächlich ist dies jedoch ein wichtiger Beitrag zur<br />
Bewerbung Nürnbergs um den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt<br />
im Jahr 2025. Ein klares Bekenntnis zu Europa ist in Zeiten<br />
von antieuropäischen und populistischen Strömungen wichtiger denn je. Der aus<br />
der Oberpfalz stammende Komponist Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> gehört mit seiner<br />
völkerverbindenden Musik zu den großen Persönlichkeiten der Kulturgeschichte der<br />
Europäischen Metropolregion Nürnberg und zu den bedeutendsten Opernkomponisten<br />
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.<br />
Vielen Dank für das großartige Engagement der zahlreichen Mitwirkenden vor und<br />
hinter der Bühne, ohne deren Mithilfe ein Ereignis dieser Größe undenkbar wäre.<br />
Denn nicht nur das Programm der <strong>Festspiele</strong> mit 30 Veranstaltungen, sondern auch<br />
die Veranstaltungsorte sind <strong>2019</strong> mit Nürnberg, Bayreuth, Berching, Erlangen, Fürth,<br />
Lauf und Neumarkt besonders breit gestreut. <strong>Gluck</strong>s Musik verbindet auf diese Weise<br />
Menschen über Stadt- und Landkreisgrenzen hinweg und entfaltet ihre internationale<br />
Strahlkraft auch über die Europäische Metropolregion Nürnberg hinaus.<br />
Deshalb zählt dieses Fest für Oper, Literatur, Jazz, Konzert und Wissenschaft zu den<br />
kulturellen Highlights in unserer bayerischen Heimat. Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong><br />
setzen sich achtzehn Tage lang mit den künstlerischen und kulturellen Visionen<br />
von <strong>Gluck</strong> auseinander. Die einzigartige Mischung aus Tradition und Fortschritt ist<br />
eine wichtige Stärke des Freistaats und kommt auch hier zum Ausdruck: So kann<br />
man nicht nur den Originalklang der Musik des 18. Jahrhunderts live bei Konzerten<br />
erleben, sondern <strong>Gluck</strong>s Hymnus Füllt mit Schalle jubelnd die Halle auch als eigens<br />
produzierten Klingelton für sein Smartphone herunterladen. Alt und Neu rufen bei<br />
uns in Bayern keine Dissonanz hervor, sondern bilden einen Gleichklang.<br />
Seit ihrer Gründung im Jahre 2005 begeistern die <strong>Festspiele</strong> mit ihrem abwechslungsreichen<br />
Programm, das eine weltweite <strong>Gluck</strong>-Renaissance initiiert hat und so<br />
die internationale Festival-Landschaft bereichert. Ich wünsche allen Gästen viel Spaß<br />
und besten Musikgenuss sowie den Mitwirkenden und Organisatoren erfolgreiche<br />
und besucherreiche Veranstaltungen bei den <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n <strong>2019</strong>.<br />
Ihr<br />
Albert Füracker, MdL<br />
Staatsminister der Finanzen und für Heimat<br />
14
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
bekanntlich wird das künstlerische Wirken Christoph Willibald<br />
<strong>Gluck</strong>s als ein Wendepunkt in der Musikgeschichte definiert. Die<br />
barocke Opera seria, die „Nummernoper“ wird mit der Uraufführung<br />
der Azione teatrale Orfeo ed Euridice abgelöst und leitet eine<br />
neue Phase der Operngeschichte ein. Dem durchkomponierten<br />
Musikdrama, in dem „die Musik der Dichtung dient, ohne ihre<br />
Aktionen zu hemmen oder zu durchbrechen“ sollte die Zukunft<br />
gehören. Ihm werden Mozart, Beethoven und Berlioz ebenso folgen wie Verdi und<br />
Wagner. Jenseits der Frage nach dem unglaublichen Erfolg, der <strong>Gluck</strong> und seinen<br />
Werken aus der Umsetzung der Reformideen erwuchs, jenseits der Fachdiskussionen,<br />
die sich daran entzündeten, wirft seine Behauptung, dass das künstlerische Schaffen<br />
„einzig den Fortschritt der Kunst zum Ziele haben müsse“ Fragen auf, die in der<br />
Kunsttheorie, der Musik- und Kunstgeschichte bis heute kontrovers diskutiert werden.<br />
Wenn die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> unter dem Motto Neue Klänge für<br />
Europa stehen, fällt das Schlaglicht bei einem Musikfestival zuvorderst selbstverständlich<br />
auf die intellektuelle und künstlerische Leistung des Schöpfers. Darüber hinaus<br />
werden die Veränderung der künstlerischen Vermittlung oder die Rezeptionserwartungen<br />
im Mittelpunkt des Interesses stehen. Dennoch liegen bei diesem Thema<br />
auch die politischen, ja tagespolitischen Implikationen auf der Hand. Nicht nur, weil<br />
diese siebte Auflage der <strong>Festspiele</strong> weit in die Europäische Metropolregion Nürnberg<br />
strahlen wird, sondern auch deshalb, weil im politischen Europa, nicht nur in Anbetracht<br />
der Wahlen, die „neuen Klänge“ mehr als ernüchternd, ja bedrohlich sind. Wie<br />
wünschens- und erstrebenswert ist es, dass, was im Bereich der Kultur, manchmal<br />
durchaus auch mit „Theaterdonner“, zu neuen, zukunftsweisenden Entwicklungen<br />
führt, im politischen Bereich ebenso möglich wäre, dass Kultur die Gräben überbrücken<br />
könnte, die die Politik aufreißt.<br />
Wir dürfen uns jedenfalls erwartungsvoll auf wunderbare und beglückende <strong>Gluck</strong>-Tage<br />
im Kultursommer <strong>2019</strong> freuen. Mit einem dichten Programm werden Kennerinnen<br />
und Kenner, Neugierige und auch neue Besucherinnen und Besucher umworben,<br />
sich in die Welt dieser Musik locken zu lassen. Gedankt sei allen herzlich, die die<br />
<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> weit im Vorfeld, vor, auf und hinter der Bühne ermöglichen<br />
und mit deren finanzieller Unterstützung wesentlich dazu beigetragen wird, dass in<br />
jeder Hinsicht musikalische Brücken gebaut werden können.<br />
Prof. Dr. Julia Lehner<br />
Kulturreferentin der Stadt Nürnberg<br />
15
Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren,<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> (1714 - 1787) würde das heurige<br />
Programm der <strong>Festspiele</strong> Neue Klänge für Europa gefallen. Als<br />
Reformator der Oper hat er Musik zu neuer Ausdruckskraft gebracht.<br />
Seine großartigen Kompositionen begründeten ein neues<br />
Musikverständnis. Voraus gingen, wie in Europa üblich, Auseinandersetzungen<br />
mit Zeitgenossen. Viele seiner Nachkommen<br />
aber, so auch Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner und<br />
Richard Strauss, haben sich von <strong>Gluck</strong> inspirieren lassen. Der Begriff „Urheberrecht“<br />
war damals noch nicht geprägt: Kreative Aneignungen, schöpferische Bearbeitungen<br />
waren an der Tagesordnung und legen bis heute Zeugnis ab von Rezeption und Neu-Erfindungen<br />
im Geiste <strong>Gluck</strong>s. Sein bekanntestes und am meisten aufgeführtes Werk<br />
ist seine erste Reformoper: Orpheus und Eurydike, uraufgeführt in Wien. Es bildet die<br />
Grundlage für gleich zwei Neuinterpretationen im Rahmen der <strong>Festspiele</strong>.<br />
Unentwegt war <strong>Gluck</strong> auf Reisen zwischen Prag, Wien, Mailand, Venedig, Rom,<br />
London, Kopenhagen, Paris und vielen anderen Orten europäischer Musikkultur.<br />
Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> schlagen <strong>2019</strong> wieder einen großen Bogen von<br />
Nürnberg über Fürth, Erlangen, Lauf, Berching und Neumarkt nach Bayreuth. Die<br />
Festspielleitung hat bewusst verschiedene Spielorte aufgenommen, um den Musikinteressierten<br />
der Europäischen Metropolregion Nürnberg entgegenzukommen, und<br />
an Christoph Willibald <strong>Gluck</strong>s Reisefreudigkeit zu erinnern.<br />
Dreißig Aufführungen mit internationalen Stars vielfältiger Genres bieten ein<br />
großartiges Programm für verschiedenen Musikgeschmack, vom glamourösen<br />
Barock mit der deutschen Erstaufführung von Antigono bis hin zur elektrisierenden<br />
Uraufführung Don Juan Techno Club.<br />
Der Festspielleitung, allen Künstlerinnen und Künstlern, Mitwirkenden und Förderern<br />
danke ich dafür sehr herzlich.<br />
Ihnen als Besucherinnen und Besuchern der <strong>Festspiele</strong> wünsche ich erlebnisreiche<br />
Stunden im Kreise vieler Musikbegeisterter.<br />
Hans-Peter Schmidt<br />
Vorsitzender des Stiftungsrats<br />
Stiftung NÜRNBERGER Versicherung<br />
16
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Veranstaltungstickets unter:<br />
0911 / 216-2777<br />
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Sa.: 8.00–12.00 Uhr<br />
Nordbayerische Nachrichten<br />
Forchheim<br />
Hornschuchallee 7–9 · 91301 Forchheim<br />
Mo.–Do.: 8.00–18.00 Uhr<br />
Fr.: 8.00–16.00 Uhr<br />
Sa.: 8.00–12.00 Uhr<br />
Weitere Geschäftsstellen:<br />
Neumarkt: 0911/2162777· Altdorf: 09187/5128 · Ansbach: 0981/9500333 · Bad Windsheim:<br />
09841/9030 · Dinkelsbühl: 09851/582570 · Feucht: 09128/707229 · Gunzenhausen:<br />
09831/50080 · Hersbruck: 09151/73070 · Hilpoltstein: 09174/48566 · Lauf: 09123/175150<br />
Neustadt a. d. Aisch: 09161/88600 · Roth: 09171/970 · Rothenburg: 09861/400110<br />
Schwabach: 09122/93800 · Treuchtlingen: 09142/966110 · Weißenburg: 09141/859090<br />
<strong>2019</strong>-0016_0319_zm_jb<br />
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HISTORISCHE JUWELEN<br />
Seit 2005 haben die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> regelmäßig Kostbarkeiten<br />
angeboten, die den musikalischen Alltag – wenn es denn so etwas gibt – ein Stück<br />
weit hinter sich ließen. Interpretinnen und Interpreten von Weltrang brachten Glanz<br />
und Profil für Konzerte, Opern-Arienabende, Recitals und szenische Aufführungen.<br />
Auch bei den diesjährigen <strong>Festspiele</strong>n mangelt es nicht an großen Namen, wobei die<br />
Auswahl der Programme im Sommer <strong>2019</strong> eine deutlichere Konzentration auf Werk<br />
und Wirken des Meisters aus der Oberpfalz mit sich bringt.<br />
Wenn die Barocksopranistin Karina Gauvin und der Countertenor Max Emanuel<br />
Cencic gemeinsam mit dem Orchester Armonia Atenea unter George Petrou am<br />
Eröffnungsabend Große Gefühle, Glück und Verhängnis vor uns ausbreiten, wenn die<br />
Altistin Sonia Prina zwei Tage später mit dem Mailänder Ensemble LaBarocca Heroes<br />
in Love besingt, haben wir außergewöhnliche Erlebnisse klanglicher Schönheit zu<br />
erwarten: Konzerte, die zum Kennenlernen und Wiedererkennen der Farben und<br />
Facetten <strong>Gluck</strong>‘scher Musik einladen, im festlichen Rahmen der Nürnberger Staatsoper<br />
und des neobarocken Stadttheaters Fürth.<br />
Inmitten des Festspielkalenders erstrahlt im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth,<br />
2012 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhoben, der Glanz einer echten Rarität:<br />
die deutsche Erstaufführung einer <strong>Gluck</strong>-Oper aus dem Jahr 1756, die exemplarisch<br />
alle Qualitäten vereint, die der Komponist meisterhaft beherrschte und zu überhöhen<br />
verstand. Kolportagehafte Macht- und Ränkespiele, angetrieben von herzzerreißenden<br />
Leidenschaften – wie in Dampfkesseln aufgestaut entladen sich die Emotionen<br />
in ebenso zarten wie aufwühlenden, ja stürmischen Arien. Die Besetzung der sechs<br />
zentralen Figuren vereint die denkbar schönsten Stimmen, und mit dem Händelfestspielorchester<br />
Halle unter Michael Hofstetter musiziert ein renommiertes, auf<br />
Originalklang spezialisiertes Ensemble.<br />
Wenn an weiteren Abenden außerdem Weltstars wie Philippe Jaroussky oder Daniel<br />
Hope (Von <strong>Gluck</strong> zu Mozart) die Musik <strong>Gluck</strong>s, seiner Epoche, seiner Vorläufer und<br />
unmittelbaren Nachfolger anstimmen, dann dürften die <strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> ihre intensivsten<br />
Momente erleben – doch auch im Harmonie-Nachmittag des Kammermusikvereins<br />
Philharmonie Nürnberg und in der berühmten Berchinger Landpartie stecken<br />
überraschende, anrührende und bezaubernde Original-Klänge. Jeder einzelne dieser<br />
Abende und Konzerte verspricht inspirierte Vergegenwärtigung des historischen Ideals.<br />
„Ich betrachte die Musik nicht nur als eine Kunst,<br />
das Ohr zu ergötzen, sondern als eines der größten Mittel,<br />
das Herz zu bewegen und Empfindungen zu erregen.“<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
19
Max Emanuel Cencic<br />
20
GLUCK IST WIRKLICH GANZ WAS TOLLES<br />
Ein Gespräch mit Max Emanuel Cencic<br />
Wie kam es zu Ihrem Konzert-Programm, das ja eigens für die <strong>Internationale</strong>n<br />
<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> erarbeitet wurde?<br />
Ich habe mich ganz einfach auf die Opern fokussiert, die <strong>Gluck</strong><br />
für Altisten geschrieben hat, und dabei ist dieses Programm<br />
entstanden. Der Komponist ist ja ein treuer, wunderbarer Wegbegleiter<br />
meiner Laufbahn. Diese Erfahrungen sind natürlich<br />
auch eingeflossen.<br />
Weshalb ist die Barockoper bis hin zu <strong>Gluck</strong> zurzeit so stark in Mode?<br />
Nicht nur berühmte Festivals, große Opernhäuser, selbst kleinere stellen<br />
inzwischen diese Werke neu zur Diskussion.<br />
Die Barockoper ist für viele Musikliebhaber eine Neuigkeit, die<br />
sie zunächst einmal zu einer Entdeckungsreise einlädt. Dann – so<br />
denke ich zumindest – ist es wahrscheinlich relativ unaufwändig,<br />
Barockopern zu produzieren. Es gibt darin weniger Solisten als<br />
in der Oper des 19. Jahrhunderts zum Beispiel. Oft braucht es<br />
keinen Chor. Also ist es für viele Opernhäuser, vor allem auch für<br />
die kleineren, aufgrund der kammermusikalischen Besetzungen<br />
ziemlich attraktiv, Barockopern aufzuführen. Abgesehen von den<br />
herrlichen Klängen...<br />
Die Gewissensfrage nach historischer Aufführungspraxis spielt sicher<br />
eine Rolle bei der Auswahl des Orchesters. Der instrumentale Partner<br />
ist immer häufiger ein spezialisiertes Barockorchester. Bei Ihrem Konzert<br />
ist es das Orchester Armonia Atenea mit dem Dirigenten George<br />
Petrou, mit dem Sie immer wieder zusammenarbeiten...<br />
Ich arbeite mit einer ganzen Reihe von Orchestern zusammen,<br />
und es ist immer ein bisschen so wie ein Würfelspiel... Bestimmte<br />
Beziehungen werden mit der Zeit intensiver, wie beispielsweise<br />
die zur Armonia Atenea, der ich mich künstlerisch inzwischen<br />
stark verbunden fühle. Das hat sich so ergeben. Ich denke, im<br />
Leben kann man nicht alles selbst bestimmen, manches ist auch<br />
Schicksal. So ist es auch mit Orchestern, manchmal klappt es,<br />
manchmal nicht.<br />
Hier scheint es ja besonders gut zu klappen… Hat denn der Dirigent<br />
bei der Zusammenstellung des Programms ein Mitspracherecht? Oder<br />
darf er nur die orchestralen Nummern auswählen?<br />
Also ich würde das ungern so nennen: Mitspracherecht. Eine<br />
künstlerische Zusammenarbeit ist ja kein Parlament, wo verschiedene<br />
Fraktionen gegeneinander antreten. Musik hat so<br />
GROSSE GEFÜHLE,<br />
GLÜCK UND VERHÄNGNIS<br />
<strong>Gluck</strong>-Operngala mit Karina<br />
Gauvin, Max Emanuel Cencic<br />
und dem Orchester Armonia<br />
Atenea (GR),<br />
Leitung George Petrou<br />
Arien und Sinfonien aus<br />
Armide, Alceste, Ezio,<br />
Ifigenie en Aulide und Orfeo<br />
ed Euridice von Christoph<br />
Willibald <strong>Gluck</strong><br />
Do, 27. Juni, 19.30 Uhr,<br />
Staatstheater Nürnberg,<br />
Opernhaus<br />
Das Konzert wird<br />
aufgezeichnet von<br />
So, 14. Juli, 18.00 Uhr,<br />
Markgräfliches Opernhaus<br />
Bayreuth<br />
In Kooperation mit Musica<br />
Bayreuth<br />
Obwohl Karina Gauvin als<br />
Interpretin von Barockmusik<br />
bekannt wurde, umfasst ihr<br />
Repertoire auch Mozart und<br />
eine Reihe von Komponistinnen<br />
und Komponisten des 20.<br />
Jahrhunderts. Eine langjährige<br />
Zusammenarbeit verbindet die<br />
Sopranistin mit dem Theater<br />
an der Wien und Il Complesso<br />
Barocco unter Alan Curtis,<br />
mit dem sie auch auf weiteren<br />
bedeutenden europäischen Konzertpodien,<br />
wie dem Théâtre des<br />
Champs-Élysées in Paris, dem<br />
Barbican Centre in London und<br />
dem Concertgebouw in Amsterdam<br />
zu sehen und zu hören<br />
war. Gauvin wurde von zahlreichen<br />
Symphonieorchestern<br />
21
eine Art innere Wahrheit, und wenn man sich musikalisch gut<br />
versteht, dann muss man nicht viel reden. Dann musiziert man<br />
zusammen. Musik ist eine Frage des Gehörs und weniger des<br />
darüber Sprechens.<br />
Wie kam es denn zur Zusammenarbeit mit Karina Gauvin?<br />
Karina Gauvin ist eine hochgeschätzte Kollegin, mit der ich vor<br />
Jahren schon viel musiziert, CDs produziert und Konzerte gegeben<br />
habe. Karina war zum Glück frei – und da dachten wir,<br />
machen wir das Konzert doch zusammen! Das ist doch toll! Wir<br />
haben schon viel zu lange nicht mehr gemeinsam auf der Bühne<br />
gestanden, und ich freue mich darauf, dass wir uns bei <strong>Gluck</strong><br />
wieder treffen...<br />
Wie ist Ihr Verhältnis zu <strong>Gluck</strong> und zu seinem Opernschaffen grundsätzlich?<br />
Orfeo und Ezio sind definitiv meine Lieblingsopern von <strong>Gluck</strong>.<br />
Vor allem Ezio finde ich absolut fantastisch. Ich habe das Glück<br />
gehabt, dieses Werk zweimal aufnehmen und szenisch an der<br />
Frankfurter Oper singen zu dürfen, in unterschiedlichen Rollen,<br />
das erste Mal als Valentiniano und dann in der Wiederaufnahme<br />
als Ezio. Das heißt, ich kenne diese Oper wirklich in- und auswendig.<br />
Sie fasziniert mich einfach unglaublich, weil die Geschichte<br />
so spannend ist, weil sie so revolutionär ist für die Zeit. Aber ich<br />
liebe auch <strong>Gluck</strong>s Orfeo wegen seiner spirituellen Thematik. Ja,<br />
<strong>Gluck</strong> ist wirklich ganz was Tolles. Schade, dass er nicht viel mehr<br />
für Altisten geschrieben hat...<br />
Wenn Sie <strong>Gluck</strong> jetzt vor sich hätten, was würden Sie ihm gern sagen<br />
und was gern fragen?<br />
Warum hast du all deine frühen Opern bloß nicht drucken lassen?<br />
So vieles ist verloren. Schrecklich. Demofoonte ist unvollständig<br />
und so vieles sonst. Das ist wirklich wahnsinnig schade.<br />
Wenn <strong>Gluck</strong> eine Oper für Sie hätte komponieren sollen, welches Sujet<br />
hätten Sie ihm vorgeschlagen, weil es Sie besonders gereizt hätte?<br />
Definitiv eine Metastasio-Oper – Catone in Utica!<br />
Was ist für Sie an der Thematik Die andere Stimme (siehe S. 76 ff.)<br />
von Interesse? Welchen Aspekt der sich in weiblichen Stimmlagen bewegenden<br />
männlichen Gesangskunst sollte man näher untersuchen?<br />
unter Leitung so bedeutender<br />
Dirigenten wie Kent Nagano,<br />
Yannick Nézet-Séguin, Sir<br />
Roger Norrington oder Michael<br />
Tilson Thomas eingeladen.<br />
Auch war und ist sie in Opernpartien<br />
an bedeutenden Häusern<br />
zu hören: als Armide in<br />
der gleichnamigen Oper von<br />
<strong>Gluck</strong> an der Nederlandse Opera<br />
in Amsterdam, als Giunone<br />
und L‘Eternità in Cavallis La<br />
Calisto an der Bayerischen<br />
Staatsoper oder aktuell als<br />
Armida in Händels Rinaldo<br />
beim Glyndebourne Festival.<br />
Bereits mit sechs Jahren beeindruckte<br />
Max Emanuel Cencic<br />
das Publikum, als er in einer<br />
Fernsehshow die berühmt-berüchtigte<br />
Arie der Königin der<br />
Nacht sang. In Kroatien, seiner<br />
Heimat, wurde er daraufhin<br />
schnell ein Star. Cencic war<br />
Mitglied der Wiener Sängerknaben<br />
und singt seit Jahren weltweit<br />
an bedeutenden Opernhäusern<br />
wie der Wiener Staatsoper,<br />
dem Theater an der Wien, dem<br />
Opernhaus Zürich, der Bayerischen<br />
Staatsoper, der Staatsoper<br />
Unter den Linden Berlin und<br />
Barcelonas Gran Teatro del<br />
Liceu. Konzerte führten ihn<br />
unter anderem in die Laeiszhalle<br />
Hamburg, die Carnegie<br />
Hall (New York), das Barbican<br />
Center (London), Amsterdams<br />
Concertgebouw und den Wiener<br />
Musikverein. Er wurde bereits<br />
mit dem ECHO Klassik, dem<br />
Preis der deutschen Schallplattenkritik<br />
sowie dem Diapason<br />
d‘Or ausgezeichnet und zwei<br />
Mal für den Grammy nominiert.<br />
Inzwischen arbeitet Max<br />
Emanuel Cencic zunehmend<br />
auch als Regisseur.<br />
22
Kurz gesagt: Countertenor ist in etwa der Begriff für einen<br />
männlichen Sänger, der Falsett singt. Zunächst gibt es auch hier<br />
Stimmlagen wie bei den Frauen: Sopran, Mezzosopran, Alt. Und<br />
in der Zeit des Barock bis hin zu <strong>Gluck</strong>, im 18. Jahrhundert, lag<br />
auf dieser Kunststimme sozusagen das Hauptaugenmerk der<br />
italienischen Oper. Wobei sich <strong>Gluck</strong> in seinen späteren Werken<br />
zunehmend davon absetzte. Nicht, weil er generell keine Kastraten<br />
mochte, sondern weil seine Bestrebungen dahin gingen, den<br />
natürlichen Ausdruck zu suchen. Die Kastratensänger stilisierten<br />
die Oper damals aber mehr und mehr zu ihrem eigenen Zirkus,<br />
in dem sie sich selbst vokal präsentierten, in dem die eigentliche<br />
Handlung aber ins Abseits rückte. Das gilt natürlich nicht für alle<br />
Sänger. Es gab auch Kastraten, die sehr wohl einen starken und<br />
guten Ausdruck hatten und von den Opernreformatoren gern<br />
und weiterhin eingesetzt wurden.<br />
Für jeden Gesangsstudenten ist es schwer, den richtigen Lehrer zu<br />
finden. Gilt das für Ihren Bereich der anderen Stimme besonders, ist<br />
es da noch schwerer?<br />
Ja, ich denke, dass es für Countertenöre etwas komplizierter ist,<br />
weil es schwierig ist, eine Counterstimme zu unterrichten. Aber<br />
Gesangsunterricht ist generell etwas Kompliziertes. Es gibt kein<br />
fixes Lehrbuch dafür, wie man es macht, sondern es geht um<br />
Intuition, um individuelle Wahrnehmung. Und mancher Lehrer,<br />
der für einen selbst gut ist, ist für jemand anderen schlecht.<br />
Aufgrund dieser Diskrepanz, der man nicht wirklich Kriterien<br />
zuordnen kann, ist es besonders schwer, einen Gesangslehrer zu<br />
finden. Nicht nur für die andere Stimme übrigens…<br />
Es gibt eine Aufnahme von Anfang des 20. Jahrhunderts mit einem der<br />
letzten echten Kastraten: Hört man da als Fachmann einen Unterschied<br />
zwischen der in diesem Fall ja wirklich noch operativ erzeugten<br />
und einer durch Gesangstechnik erlangten hohen Männerstimme?<br />
Also meiner Meinung nach nicht. Als diese Aufnahme gemacht<br />
wurde, war der Kastrat Alesandro Moreschi bereits über 60<br />
Jahre alt. Und das vermittelt nicht wirklich einen erhellenden<br />
Eindruck davon, wie gut oder schlecht Kastraten waren. Was<br />
damals fasziniert hat und sicher von größerer Bedeutung war,<br />
ist das Material an sich, dieser Anschlag, dieser Ton, den sie<br />
produzierten. Das ist leider nicht so richtig nachvollziehbar auf<br />
dieser historischen Scheibe. Man kann Countertenöre nicht mit<br />
Kastraten vergleichen, man muss sich die gegenwärtig besten zehn<br />
Countertenöre aussuchen und die untereinander vergleichen. Die<br />
Der in Griechenland geborene<br />
George Petrou machte vor seiner<br />
internationalen Dirigentenlaufbahn<br />
bereits als Konzertpianist<br />
Karriere. Seit 2012 ist er Künstlerischer<br />
Leiter des renommierten<br />
Orchesters Armonia<br />
Atenea. Gemeinsam gehen sie<br />
regelmäßig auf Europatournee<br />
und gastieren unter anderem<br />
bei den Händelfestspielen Halle,<br />
der Opéra Royal Versailles,<br />
in der berühmten Wigmore<br />
Hall London und bei den<br />
Salzburger Pfingstfestspielen.<br />
Für seine Aufnahmen erhielt<br />
Petrou bereits den Gramophone<br />
Editor’s Choice, den Diapason<br />
d’Or und den ECHO Klassik.<br />
Ab der Saison 2021/22 wird er<br />
die Leitung der <strong>Internationale</strong>n<br />
Händel-<strong>Festspiele</strong> Göttingen<br />
übernehmen.<br />
Armonia Atenea wurde 1991<br />
von der „Gesellschaft der<br />
Freunde der Musik“ in Verbindung<br />
mit der Eröffnung der<br />
Athener Konzerthalle Megaron<br />
gegründet. Seitdem fungiert<br />
die Armonia Atenea als deren<br />
Hausorchester. Es setzt sich mit<br />
einem weitgefächerten Konzertrepertoire<br />
von der Barockmusik<br />
23
Karina Gauvin<br />
Tendenz geht heute dahin, dass wir viele Sänger haben, die in<br />
hohen Lagen singen können. Aber die sind nicht alle gut. Man<br />
kann ja auch nicht sagen, jede Sopranistin, die singt, sei toll. Es<br />
gibt schon viele tolle Sopranistinnen, aber auch viele schlechte.<br />
Bei Countertenören ist das nicht anders.<br />
Es gibt einige Hosenrollen in der Oper wie zum Beispiel Octavian<br />
(Strauss, Der Rosenkavalier). Da taucht oft die Frage auf, ob das<br />
nicht ein Mann singen sollte, der in dieser Stimmlage singt. Würde<br />
Sie das reizen? Wäre das überhaupt technisch möglich? Bei Strauss<br />
ist ja schon ein ganz anderes Orchester als im Barock vorhanden.<br />
bis hin zur zeitgenössischen<br />
Musik des 21. Jahrhunderts<br />
ernsthaft und erfolgreich auseinander,<br />
wie auch mit Opern<br />
und Balletten, und ist auf den<br />
berühmtesten Bühnen der Welt<br />
ein willkommener Gast, wie<br />
beispielsweise beim Wiener<br />
Musikverein, dem Théâtre des<br />
Champs-Élysées in Paris und<br />
bei den Innsbrucker Festwochen<br />
der Alten Musik.<br />
Technisch ist es möglich. Für mich nicht, aber vielleicht für andere<br />
Sänger. Ob das unbedingt sein muss, weiß ich nicht. Aber das ist<br />
diskutabel. Ich würde nicht grundsätzlich sagen, das muss so und<br />
nur so gemacht werden. Es ist wichtig, dass wir begreifen, dass<br />
die Musik, generell die Kultur, die uns umgibt, etwas ist, was im<br />
Moment entsteht. Immer nur traditionell, so funktioniert das nicht.<br />
Das Gespräch führte Anja Weigmann.<br />
24
DER HELD UND DIE LIEBE<br />
Heldenfiguren in der Oper des 17. bis 19. Jahrhunderts<br />
Im Kino der Gegenwart wimmelt es nur so von Superhelden wie<br />
den Fantastic Four, die mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet<br />
sind und diese einsetzen, um die Welt gegen die Machenschaften<br />
diverser Bösewichte zu verteidigen. Viele dieser Superhelden<br />
sehen im Kampf gegen dunkle Mächte den wesentlichen Sinn<br />
ihres Daseins. Für Liebesbeziehungen bleibt in ihrem Leben<br />
entweder kein Raum oder sie scheitern wie Spiderman daran,<br />
dass die Aufgabe, die zu erfüllen ein Held sich vorgenommen<br />
hat, eine geliebte Frau in Gefahr bringt, vor der selbst er sie nicht<br />
beschützen kann.<br />
Der eroe amante<br />
Helden früherer Zeiten waren ohne Beziehung zu einer Frau,<br />
die der Held liebt, beschützt und rettet, kaum vorstellbar. Zu<br />
James Bond gehört neben der coolen Attitüde, mit der er seine<br />
Aufträge erledigt, und den raffinierten Gadgets wie schießenden<br />
Kugelschreibern oder mit allerlei Sonderzubehör ausgestatteten<br />
Autos stets auch ein Bond-Girl. Geht man in der Geschichte etwas<br />
weiter zurück, trifft man im deutschsprachigen Theater auf<br />
das Rollenfach des „Jugendlichen Helden und Liebhabers“, in<br />
dem das Heroische und das Erotische ebenfalls zu einer Einheit<br />
verbunden sind.<br />
Auch in der Oper treten Helden auf. Von den Anfängen der<br />
Gattung im 17. Jahrhundert bis zum frühen 19. Jahrhundert bezogen<br />
die Textdichter zumal der italienischen Oper ihr Heldenpersonal<br />
oft aus dem Überlieferungsschatz der griechischen und<br />
römischen Antike wie Herakles (Ercole), Odysseus (Ulisse) oder<br />
Aeneas (Enea). Weitere wichtige Stoffe bot die antike Geschichte<br />
mit Figuren wie Julius Caesar (Giulio Cesare), dem Feldherrn<br />
Flavius Aëtius (Ezio) oder Alexander dem Großen (Alessandro).<br />
Die meisten Helden, die die Opernbühne betreten, sind Krieger,<br />
deren Heldenstatus bereits an heroischen Attributen wie Rüstungen<br />
oder Waffen zu erkennen ist. In einer Zeit, in der die<br />
mythologischen oder (pseudo-)historischen Figuren einer Oper<br />
den meisten Opernzuschauern vertraut waren, genügten ohnehin<br />
Andeutungen, um den Heldenrang eines Perseus oder eines<br />
Alexander auf dem Theater zu vergegenwärtigen. Heroisches<br />
Agieren auf offener Bühne, etwa in Gestalt eines Kampfes, ist<br />
gelegentlich Teil der Handlung, nie aber deren Hauptgegenstand.<br />
In allen Opern kommt hingegen dem Thema „Liebe“ eine große,<br />
in den meisten sogar eine zentrale Bedeutung zu. Der Held der<br />
italienischen Oper ist in der Regel noch bis Giacomo Puccini<br />
HEROES IN LOVE<br />
Arien und Sinfonien aus frühen<br />
Opern von Christoph Willibald<br />
<strong>Gluck</strong><br />
Konzert mit Sonia Prina und<br />
dem Orchester LaBarocca,<br />
Leitung Ruben Jais<br />
Mit freundlicher Unterstützung<br />
von Lotto Bayern.<br />
Sa, 29. Juni, 19.30 Uhr,<br />
Stadttheater Fürth<br />
Das Konzert wird<br />
aufgezeichnet von<br />
Die Italienerin Sonia Prina<br />
studierte am Konservatorium<br />
Giuseppe Verdi in Mailand<br />
Trompete und Gesang. Nachdem<br />
sie beides abgeschlossen<br />
hatte, widmete sie sich dem<br />
Gesang. Ihre große, bewegliche<br />
Altstimme erwies sich als<br />
ideal für das von ihr geliebte<br />
Barock-Repertoire. Heute gehört<br />
sie zu den führenden Interpretinnen<br />
auf diesem Gebiet, und<br />
sie gastiert an vielen internationalen<br />
Opern- und Konzertbühnen.<br />
Höhepunkte ihrer Karriere<br />
waren bisher die Titelrollen<br />
in Händels Rinaldo an der<br />
Mailänder Scala, Tamerlano<br />
an der Bayerischen Staatsoper<br />
München oder Mozarts Ascanio<br />
in Alba bei den Salzburger<br />
<strong>Festspiele</strong>n. Für die Einspielung<br />
des Ezio in der Vertonung von<br />
<strong>Gluck</strong> erhielt sie den ECHO<br />
Klassik.<br />
25
Sonia Prina<br />
26
ein eroe amante, ein liebender Held. Für den römischen Dichter<br />
Ovid zeigte sich in der Verführung der Deidamia durch Achilleus<br />
sogar, „dass ein Mann nur dann ein wahrer Held im Kampf sein<br />
könne, wenn er’s auch im Bett ist“ – drastischer lässt sich das<br />
Wesen eines hero in love kaum fassen.<br />
Hohe Heldenstimmen<br />
In der italienischen Oper wurden die Heldenpartien seit der<br />
Mitte des 17. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts überwiegend<br />
mit einem besonderen Sängertypus besetzt. Im heute geläufigen<br />
Ausdruck „Kastrat“ ist bereits eine körperliche Besonderheit<br />
dieser Sänger benannt. Voraussetzung für eine Laufbahn als<br />
Sängerkastrat war eine Operation, die vor Eintritt der Pubertät<br />
ausgeführt werden musste, um den Stimmwechsel zu verhindern.<br />
Über Art und Weise dieses Eingriffs kursieren unterschiedlichste<br />
Vermutungen und Hypothesen. Sicher ist lediglich, dass durch<br />
den chirurgischen Eingriff die Funktion der Keimdrüsen (Testikel),<br />
die für die Produktion des männlichen Sexualhormons<br />
Testosteron zuständig sind, außer Kraft gesetzt und damit unter<br />
anderem das für die Pubertät charakteristische Wachstum des<br />
Kehlkopfs stark eingeschränkt wurde. Anatomische Studien an<br />
einigen Kastraten belegen, dass deren Kehlköpfe ungefähr die<br />
Größe von jenen älterer Knaben oder von Jugendlichen in der<br />
Wachstumsperiode entsprachen, aber deutlich kleiner waren als<br />
die Kehlköpfe erwachsener Männer.<br />
Der Testosteronmangel wirkte sich auch auf andere Bereiche<br />
aus: Kastraten hatten keinen Bartwuchs, auch andere Partien<br />
des Körpers, mit Ausnahme des Schädels, blieben unbehaart, die<br />
Muskulatur entwickelte sich nicht in der für Männer typischen<br />
Weise. Für viele Kastraten sind zudem überlange Extremitäten<br />
belegt, was darauf zurückführen ist, dass sich bei ihnen im<br />
Unterschied zum normalen körperlichen Reifungsprozess die<br />
Wachstumsfugen nicht schlossen, so dass die Knochen länger<br />
als üblich weiterwachsen konnten.<br />
Der italienische Dirigent<br />
Ruben Jais absolvierte parallel<br />
zu seinem Medizinstudium ein<br />
Studium am Konservatorium<br />
Giuseppe Verdi in Mailand<br />
(Chormusik und Chorleitung,<br />
später Komposition und Orchesterdirigieren).<br />
Er war von 1998 bis 2007<br />
Leiter des Symphonischen<br />
Chores Giuseppe Verdi (Mailand).<br />
Im Jahr 2008 gründete<br />
er LaBarocca. Seit 2005 ist er<br />
außerdem künstlerischer Leiter<br />
der Mailänder Kantorei. Ruben<br />
Jais dirigiert Instrumental-,<br />
Chor- und symphonische Musik<br />
für verschiedene italienische<br />
und internationale Institutionen<br />
wie die Biennale di<br />
Venezia, die Mailänder Scala,<br />
das Teatro Real de Madrid und<br />
internationale Orgelfestivals.<br />
Woher die Faszination für Kastratenstimmen?<br />
Da die Kastration (mit Ausnahme von Eingriffen, die man als<br />
medizinisch notwendig erachtete) nach weltlichem Recht offiziell<br />
verboten und die Position kirchlicher Institutionen zur Kastration<br />
von Kindern ambivalent war, blieben Details der Operation im Ver-<br />
27
orgenen; auch aus Selbstzeugnissen von Kastraten ist nichts zu<br />
erfahren, was Aufschluss böte. Die Neigung zum Obskuren zeigt<br />
sich selbst auf der Ebene der Sprache: Seit dem 17. Jahrhundert<br />
waren „musico“ oder „virtuoso“ im öffentlichen Sprachgebrauch<br />
übliche Synonyme für „castrato“ oder „evirato“ (der Entmannte) –<br />
es war nicht schicklich, die Gewalt offen anzusprechen, die<br />
man Jungen antat, um ihre Knabenstimme zu erhalten und zu<br />
einem außerordentlichen Gesangsinstrument heranbilden zu<br />
können, in der Bezeichnung, die man in Gesellschaft für diese<br />
Sänger verwendete.<br />
Die Frage, warum es gerade die Sängerkastraten waren, die man<br />
über einen Zeitraum von anderthalb Jahrhunderten bevorzugt für<br />
die Darstellung der Heldenrollen in der italienischen Oper einsetzte,<br />
ist unterschiedlich beantwortet worden. Die einen suchen<br />
den Grund für die besondere Faszinationskraft der Kastraten,<br />
die sie zur Verkörperung von Heldenfiguren prädestinierte, vor<br />
allem im Bereich des Ästhetischen. Es sei „die Vorliebe des späten<br />
16., des 17. und 18. Jahrhunderts für rare, stilisierte, unwirkliche<br />
Klangfarben“ gewesen, meinte der Gesangshistoriker Rodolfo<br />
Celletti. Die Musikwissenschaftlerin Silke Leopold sieht dagegen<br />
in der hohen Stimmlage der Helden eine Parallele zu einem<br />
wichtigen Aspekt des aristokratischen Verhaltenskodex. Die hohe<br />
Stimme des Opernhelden ist als klangliche Entsprechung für<br />
die Annäherung des Mannes an die weiblich definierten Codes<br />
außerhalb männlich geprägter Kontexte wie insbesondere dem<br />
Schlachtfeld zu verstehen.<br />
LaBarocca ist ein italienisches<br />
Ensemble, das sich der Aufführung<br />
von barockem und<br />
klassischem Repertoire auf<br />
historischen Instrumenten<br />
widmet. LaBarocca wurde 2008<br />
von Luigi Corbani und Ruben<br />
Jais gegründet. Seit 2009 spielt<br />
LaBarocca fest im Auditorium<br />
di Milano. Zum Repertoire des<br />
Ensembles gehören geistliche<br />
Werke, wie die Kantaten von<br />
Johann Sebastian Bach, die<br />
Oratorien von Georg Friedrich<br />
Händel und zu Unrecht vergessene<br />
italienische Meisterwerke<br />
wie das Te Deum von Francesco<br />
Antonio Urio. Aber auch<br />
die Violinkonzerte von Antonio<br />
Vivaldi, die Brandenburgischen<br />
Konzerte und Suiten von<br />
Johann Sebastian Bach werden<br />
von LaBarocca aufgeführt.<br />
Die vielfach dokumentierte sinnliche, ja sexuelle Wirkung, die<br />
Kastraten auf Frauen, aber auch auf Männer hatten, beruhte auf<br />
einem Stimmspektrum, das Gegensätze in sich vereinigte: das<br />
Timbre eines Jugendlichen, das sich mit der künstlerischen Reife<br />
eines Erwachsenen verband, die Aura der Unschuld, die zugleich<br />
von stark sinnlicher Anziehungskraft war, sowie eine Klangin-<br />
28
tensität, die als akustische Entsprechung zu körperlicher Kraft<br />
verstanden werden konnte, die Möglichkeit zu zarter und intimer<br />
Tongebung aber einschloss. Mit anderen Worten: Die Stimme der<br />
Kastraten war eine vollkommene Klangchiffre des eroe amante.<br />
Frauen als Männer – Geschlechterrollen im Tausch<br />
Kritiker warfen den Kastraten zwar vor, sie würden sich über die<br />
Tatsache hinwegsetzen, dass Helden Männer sind und sich nach<br />
den Geboten von Vernunft und Erfahrung mit einer männlichen,<br />
das heißt tiefen, vielleicht auch lauten oder rauen Stimme äußern.<br />
Dass es zu den Eigenheiten der Gattung Oper gehört, die Realität<br />
mit Mitteln der Kunst zu überhöhen, wollten ihre Kritiker nicht<br />
akzeptieren. Von den Anhängern der italienischen Oper hingegen<br />
wurde die Besetzung der Heldenpartien mit Kastraten nicht in<br />
Frage gestellt, ja sie wurde nicht einmal als Problem thematisiert.<br />
Dass Kastraten in einer Tonlage sangen, die identisch mit jener<br />
von Altistinnen und Sopranistinnen war, machte es möglich,<br />
dass Frauen an die Stelle von Kastraten treten konnten. Seit den<br />
1670er Jahren sind Frauen in Männerrollen belegt; im 18. Jahrhundert<br />
gehörten Sängerinnen, die en travesti (in Verkleidung)<br />
oder da uomo (als Mann) agierten, zu den Selbstverständlichkeiten<br />
des Opernbetriebs. Ihre Kennzeichnung als männlicher Held<br />
erfolgte wie im Fall der Kastraten nicht über die Stimme, bzw.<br />
die Stimmlage, sondern über äußere Merkmale wie Kleidung,<br />
Requisiten (zum Beispiel Waffen) oder Gesten. Begünstigt wurde<br />
das Agieren von Frauen als Männer durch die Affinität der Oper<br />
zur Verkleidung, dem Annehmen anderer Rollen, wie sie auch<br />
für den Karneval typisch ist. In der künstlichen Welt der Oper<br />
konnte ein solcher Geschlechterrollentausch mühelos gelingen,<br />
da die Übereinstimmung von biologischem und dargestelltem<br />
Geschlecht noch ohne Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der<br />
Rolle war. In der Gegenwart gibt es für die Besetzung der ursprünglichen<br />
Kastratenpartien im Wesentlichen zwei Optionen:<br />
Countertenöre oder Sängerinnen. Die Besetzung mit Countertenören<br />
kann sich allerdings nicht auf historische Vorbilder berufen,<br />
da Sänger dieses Stimmtyps im 17. und 18. Jahrhundert<br />
nur in wenigen Ausnahmefällen führende Partien sangen. Frauen<br />
in Männerrollen entsprechen hingegen der vielfach belegten<br />
historischen Praxis.<br />
„Wenn ich mir von<br />
<strong>Gluck</strong> noch etwas<br />
wünschen könnte,<br />
dann wäre es eine<br />
Carmen... Ganz<br />
sinnlich mit einem<br />
herzzerreißenden<br />
Lamento am Schluss,<br />
wenn Don José<br />
sie tötet.“<br />
Sonia Prina<br />
„Wenn ich die Gelegenheit<br />
hätte, <strong>Gluck</strong><br />
etwas komponieren<br />
zu lassen, würde ich<br />
natürlich um ein Klarinetten-Solo<br />
bitten.“<br />
Norbert Nagel<br />
Thomas Seedorf<br />
29
BLÄSERKLANG UND KLOPSTOCK-ODEN<br />
Die Begeisterung für die Opernmusik brachte, da nicht immer<br />
ein volles Orchester zu haben oder zu finanzieren war und ein<br />
Opernhaus nicht überall zur Verfügung stand, noch zu Lebzeiten<br />
<strong>Gluck</strong>s ein ganz eigenes kammermusikalisches Genre hervor: die<br />
Harmoniemusik. Ensembles von bis zu zehn Bläsern entwickelten<br />
mit Neuarrangements beliebter Ouvertüren, Arien und Liedern<br />
ein neues, reizvolles Klangbild und spielten bei Serenaden in<br />
Parks und Ballsälen auf. So wurden die Werke des 17. und 18.<br />
Jahrhunderts auch außerhalb der Opernhäuser weiter verbreitet.<br />
Harmoniemusik-Konzerte trugen zur Popularisierung der Opern<br />
von <strong>Gluck</strong>, Mozart, Salieri und vieler anderer bei – lange bevor<br />
die Schallplatte erfunden wurde...<br />
Zu den <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n präsentiert der Kammermusikverein<br />
Philharmonie ein erlesenes Programm, das dem<br />
Namensgeber seines Konzertsaals gewidmet ist. Es erklingen<br />
Werke von <strong>Gluck</strong> und Mozart – wobei zum Beispiel hörbar wird,<br />
wie sich Mozart für seine Entführung aus dem Serail von <strong>Gluck</strong>s<br />
Die Pilger von Mekka inspirieren ließ. „Nur“ auf Blasinstrumenten<br />
gespielt, entfaltet auch Alceste einen ganz eigenen Reiz. Ein selten<br />
zu hörendes Kleinod bringen außerdem die Mezzosopranistin<br />
Ida Aldrian und die Pianistin Rita Kaufmann zur Aufführung,<br />
<strong>Gluck</strong>s Klopstock-Oden und Lieder beym Klavier zu singen…<br />
„Aber wenn Mozart mit seinem göttlichen musikalischen<br />
Genie und vielleicht sogar Piccini mit reicheren musikalischen<br />
Gaben ihn als Musiker überflügelt haben, wenn Mozart ihn<br />
sogar als Dichter überflügelt hat, so wäre es doch nur gerecht,<br />
<strong>Gluck</strong> für einen Teil ihres Genies dankbar zu sein, da sie seine<br />
Grundsätze angenommen und seine Beispiele befolgt haben.<br />
Und in einer Sache bleibt <strong>Gluck</strong> doch der größte: nicht nur<br />
einfach, weil er der erste war und ihnen den Weg gewiesen<br />
hat, sondern weil er der edelste war. Er ist der Dichter des<br />
Höchsten gewesen, was es im Leben gibt. Nein, auch weil er<br />
sich zu jenen fast unerreichbaren und unzugänglichen Höhen<br />
erhoben hat, wo man kaum noch atmen kann, heraus aus dem<br />
metaphysischen Traum und aus dem Glauben, in dem sich die<br />
Kunst Wagners gefällt. <strong>Gluck</strong>s Kunst ist tief menschlich. (…)<br />
Dadurch vor allem wird der Komponist den Menschen wertvoll<br />
sein, dadurch ist er wie Beethoven viel mehr als ein großer<br />
Musiker: er ist ein großer Mensch mit einem reinen Herzen.“<br />
Romain Rolland<br />
HARMONIE<br />
8. Kammerkonzert<br />
Werke von <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />
Ensemble des Kammermusikvereins<br />
Philharmonie Nürnberg<br />
Moderation Jörg Krämer<br />
So, 30. Juni, 15 Uhr,<br />
Staatstheater Nürnberg,<br />
<strong>Gluck</strong>-Saal<br />
In den Kammerkonzerten der<br />
Philharmonie präsentieren<br />
sich Musiker der Staatsphilharmonie<br />
abseits des großen<br />
Orchesterverbundes. Ausgesuchte<br />
Kammermusik auf hohem<br />
Niveau – das bieten<br />
die Konzerte, fernab vom normalen<br />
Orchesterdienst und in<br />
eigener künstlerischer Verantwortung<br />
der Musiker.<br />
Prof. Dr. Jörg Krämer ist studierter<br />
Musiker, Literatur- und<br />
Musikwissenschaftler. Seit 1986<br />
ist er Soloflötist der Staatsphilharmonie<br />
Nürnberg. Seit 2009<br />
ist er Professor an der FAU<br />
Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte<br />
liegen in<br />
der deutschen Literatur, Musik<br />
und Theaterkultur des 17. bis<br />
19. Jahrhunderts.<br />
30
PHILIPPE JAROUSSKY &<br />
ENSEMBLE ARTASERSE<br />
Di, 9. Juli, 20 Uhr,<br />
Reitstadel Neumarkt<br />
Philippe Jaroussky gilt als strahlender<br />
Stern am Firmament der<br />
Barockmusik – und tatsächlich<br />
wurde ein Asteroid nach ihm<br />
benannt! Sein Sonderkonzert<br />
im Neumarkter Reitstadel<br />
mit Arien und Sinfonien aus<br />
Opern von Francesco Cavalli,<br />
dem gleich nach Monteverdi<br />
prägenden Opernkomponisten<br />
des 17. Jahrhunderts, gehört zu<br />
den Highlights der <strong>Festspiele</strong><br />
<strong>2019</strong> – dank der Neumarkter<br />
Konzertfreunde e.V.<br />
31
VOM KAMPF UM MACHT, ERFOLG UND LIEBE<br />
<strong>Gluck</strong>s Antigono in Rom<br />
Eine Liebesbeziehung vor dem Hintergrund politischer Verwicklungen,<br />
Fürsten, die sich zwischen persönlichen Gefühlen<br />
und dazu im Widerspruch stehender Staatsraison entscheiden<br />
müssen, intrigante Widersacher, die konkurrierende Machtinteressen<br />
verfolgen – so präsentierte sich die italienische Opera seria<br />
des 18. Jahrhunderts. In ihr spiegeln sich die gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse der Zeit: Mit großer Opulenz führte man dem Publikum<br />
vor Augen, dass die auf der Bühne agierenden Kaiser und<br />
Potentaten der Antike immer zum Wohl des Staates handelten<br />
und private Interessen zurückstellten – ebenso, so die Botschaft,<br />
wie die absolutistisch regierenden Herrscher in ihrer eigenen Zeit.<br />
Das absolutistische System verlangte aber auch, dass am Ende des<br />
Dramas die gesellschaftliche Ordnung wiederhergestellt wurde.<br />
Ein obligatorisches Happy End führte die Liebenden schließlich<br />
zusammen, durch gütiges, staatstragendes Verzeihen oder auch<br />
durch göttliche Fügung. Mit einem komplizierten Handlungsgeflecht,<br />
durch raffiniert gesponnene Intrigen und mit einer<br />
klar geregelten dramaturgischen Struktur, die Anlass zu vielen<br />
schönen Arien und somit zur Entfaltung hochartifizieller Gesangskunst<br />
bot, eroberte die Opera seria die Bühnen Europas, von<br />
Kopenhagen bis Neapel, von Sankt Petersburg bis Lissabon. Für<br />
den Musikdramatiker <strong>Gluck</strong> bildete sie das Sprungbrett für eine<br />
Karriere, die in den großen Reformopern an den Hoftheatern in<br />
Wien und Paris gipfelte und <strong>Gluck</strong>s nachfolgende Rezeption als<br />
Reformator der Oper begründete.<br />
Alle Wege führen nach Rom...<br />
Als <strong>Gluck</strong> 1755 den Auftrag erhielt, eine Oper für das Teatro<br />
Argentina in Rom zu komponieren, hatte er bereits hinreichend<br />
unter Beweis gestellt, dass er das Opernhandwerk souverän beherrschte.<br />
Mit großem Erfolg hatte er etwa 1752 in Neapel das<br />
Dramma per musica La clemenza di Tito auf die Bühne gebracht.<br />
Schon damals fand er unkonventionelle Lösungen für seine Musik<br />
– besonderes Aufsehen erregte in diesem Fall die Arie des<br />
Sesto Se mai senti spirarti sul volto, die <strong>Gluck</strong> für den berühmten<br />
Kastraten Caffarelli geschrieben hatte. Wegen ihrer kühnen<br />
harmonischen Fortschreitungen und expressiven Dissonanzen,<br />
die als kompositorischer Regelverstoß betrachtet wurden, sorgte<br />
sie für lebhafte Diskussionen in der Musikszene vor Ort. Dass es<br />
zudem einem Komponisten nördlich der Alpen gelungen war, den<br />
großen Caffarelli mit einer maßgeschneiderten Arie zu bedienen,<br />
in der dieser das ganze Register seiner vokalen Ausdrucksqualitäten<br />
ziehen konnte, trug entscheidend zu <strong>Gluck</strong>s steigendem<br />
ANTIGONO<br />
Dramma per Musica in drei<br />
Akten von Pietro Metastasio<br />
Deutsche Erstaufführung der<br />
Oper von Christoph Willibald<br />
<strong>Gluck</strong> in konzertanter Form<br />
Mit Anna Kasyan, Francesca<br />
Lombardi Mazzulli, Samuel<br />
Marino, Mauro Peter, Valer<br />
Sabadus, Terry Wey und dem<br />
Händelfestspielorchester Halle,<br />
Leitung Michael Hofstetter<br />
In italienischer Sprache<br />
mit deutschsprachigen<br />
Erläuterungen<br />
Sa, 6. Juli, 19.30 Uhr,<br />
Markgräfliches Opernhaus<br />
Bayreuth<br />
Eine Produktion der <strong>Internationale</strong>n<br />
<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> mit<br />
freundlicher Unterstützung<br />
des Festspiel-Partners<br />
Musica Bayreuth.<br />
Das Konzert wird<br />
aufgezeichnet von<br />
„Wenn ich jemandem<br />
<strong>Gluck</strong>s Musik beschreiben<br />
müsste,<br />
der sie gar nicht<br />
kennt, würde ich<br />
sagen: schön traurig,<br />
traurig-schön…“<br />
Robert Joseph Bartl<br />
32
Renommee bei und eröffnete ihm neue Perspektiven – in Wien, das inzwischen sein<br />
Lebensmittelpunkt geworden war, aber auch erneut in Italien, unter anderem in Rom.<br />
Römisches Theaterleben<br />
Rom, geistliches Zentrum der katholischen Kirche und Hauptstadt des Kirchenstaates,<br />
der sich damals über ein großes Gebiet in Mittelitalien bis in die heutige Region<br />
Emilia-Romagna erstreckte, konnte zwar im Hinblick auf musikalische Exzellenz im<br />
Bereich der Oper nicht mit Neapel mithalten, bot aber dennoch ein vielfältiges theatrales<br />
Angebot. Für die Opera seria standen zwei Theater zur Verfügung: das Teatro<br />
Alibert sowie das Teatro Argentina, eines der größten und prächtigsten Opernhäuser<br />
der Zeit. Es verfügte über sechs Ränge mit je 31 Logen, die jeweils für die gesamte<br />
Saison im Voraus verkauft wurden, und bot der Elite der römischen Gesellschaft – weltlichen<br />
wie geistlichen Standes – standesgemäße Unterhaltung. Man ging häufig ins<br />
Theater, doch nicht immer stand der Kunstgenuss im engeren Sinne im Mittelpunkt.<br />
Vielmehr wurden die Logen auch als exklusive Begegnungsstätten genutzt, in denen<br />
Fürsten und Prälaten, Reisende aus dem Ausland, Damen und Herren kulinarischen<br />
Genüssen frönten sowie Konversation und Glücksspiel pflegten – obwohl letzteres<br />
offiziell verboten war.<br />
Hohe Erwartungen<br />
Der Opernbetrieb selbst beruhte in Rom, wie an vielen anderen Orten auch, auf dem<br />
Scrittura-Prinzip: Der Impresario eines Theaters vergab Kompositionsaufträge an<br />
zumeist renommierte Opernkomponisten aus Italien, von denen er sich erfolgreiche<br />
Produktionen und entsprechende Einnahmen versprach – was nicht immer gelang.<br />
Gerade zur Zeit der Verpflichtung <strong>Gluck</strong>s befand sich das Teatro Argentina in einer<br />
Krise, ausgelöst durch eine Serie von Misserfolgen. Dementsprechend stand der<br />
Impresario Carlo Francesco Mattei unter gewaltigem Erwartungsdruck im Hinblick<br />
auf die Premieren der kommenden Spielzeit, wollte er nicht den Verlust der Impresa<br />
und damit den finanziellen Ruin riskieren.<br />
Das Erfolgsrezept, das ihn aus der Krise führen sollte, war ebenso einfach wie riskant:<br />
Mattei setzte auf den Effekt des Neuen, Überraschenden und Unbekannten. Er entschied<br />
sich für Antigono, ein Drama des kaiserlichen Hofpoeten Pietro Metastasio, das<br />
in Rom noch nie zuvor gespielt worden war, und beauftragte einen vielversprechenden<br />
Komponisten aus dem fernen Wien mit der Vertonung, nämlich „den Herrn <strong>Gluck</strong>,<br />
einen jungen Mann von höchsten Fähigkeiten und feurigem Geist“, so Matteis Worte<br />
– in der Hoffnung, dass dieser dem Spielbetrieb des „unglücklichen Teatro Argentina“<br />
zu neuem Glanz verhelfen könne.<br />
Von Seiten der Intendanz waren die Erwartungen also hoch – kein leichtes Unterfangen<br />
für <strong>Gluck</strong>, zumal seine Verpflichtung nach Rom von gleich mehreren hoch-<br />
33
gestellten Persönlichkeiten in Rom und Wien unterstützt worden war, vor allem von<br />
Kardinal Alessandro Albani, dem Gesandten des Hauses Österreich beim Heiligen<br />
Stuhl, sowie dem österreichischen Staatskanzler Kaunitz. Erschwerend kam für <strong>Gluck</strong><br />
hinzu, dass ihm aufgrund vielfältiger Verpflichtungen in Wien nur wenig Zeit für die<br />
Komposition der Oper blieb – wohl ein Grund dafür, dass er bei Antigono besonders<br />
großzügig von der für seine Schaffensweise so charakteristischen Praxis der Entlehnung<br />
und Wiederverwendung schon vorhandener Musik Gebrauch machte: Rund<br />
ein Drittel der Musik des Antigono stammt aus früheren Kompositionen <strong>Gluck</strong>s. Sie<br />
mussten für den neuen Werkkontext und die institutionellen Gegebenheiten vor Ort<br />
adaptiert werden – vor allem aber für die ausführenden Sänger. Sie und ihre sängerischen<br />
Leistungen entschieden in allererster Linie über den Erfolg oder Misserfolg<br />
einer jeden Produktion, weshalb es für die Opernkomponisten des 18. Jahrhunderts<br />
selbstverständlich war, dass sie ihre Musik sorgfältig auf die individuellen stimmlichen<br />
Möglichkeiten ihrer Interpreten abstimmten. „Unmöglich kann ein Komponist<br />
eine Arie setzen, ohne an die Talente und Fähigkeiten des Sängers zu denken, der sie<br />
singen soll, und ohne sie nach seinem besonderen Kaliber zu formen“, so formulierte<br />
Charles Burney 1785 diesen Grundsatz, dem selbstverständlich auch der versierte<br />
Musikdramatiker <strong>Gluck</strong> verpflichtet war.<br />
Premiere mit Hindernissen<br />
<strong>Gluck</strong>s römisches Engagement allerdings stand in dieser Hinsicht unter keinem guten<br />
Stern, denn er musste sich in Rom mit einem Ensemble zufriedengeben, das sich,<br />
mit Ausnahme des Soprankastraten Ferdinando Mazzanti, aus eher zweitrangigen<br />
Sängern mit lediglich regionaler Reputation zusammensetzte. Mit keinem von ihnen<br />
hatte <strong>Gluck</strong> zuvor schon gearbeitet, und vor Ort in Rom blieb nur wenig Zeit, die<br />
Gesangspartien auf die jeweiligen Interpreten abzustimmen.<br />
Am 9. Februar 1756 fand die mit Spannung erwartete Premiere statt. Wie Mattei<br />
seinem Kollegen Gaetano Grossatesta in Neapel berichtete, „begab man sich ins<br />
Theater, das sich bald mit der Noblesse, den Bürgern füllte, um [<strong>Gluck</strong>s] Komposition<br />
zu hören, die alle in große Erwartung versetzt hatte.“ Dennoch blieb der von<br />
Mattei erhoffte Sensationserfolg des „feurigen Geistes“ <strong>Gluck</strong> insgesamt wohl aus,<br />
was allerdings weniger auf <strong>Gluck</strong>s Musik denn auf die allgemeine Stimmungslage<br />
im Publikum, die mäßigen Leistungen der Sänger und bühnentechnische Mängel<br />
zurückzuführen ist. <strong>Gluck</strong>s Antigono-Vertonung nämlich erweist sich als insgesamt<br />
routinierte Komposition eines aufstrebenden Musikdramatikers, aus der einige Nummern<br />
ihrer besonderen musikalisch-dramaturgische Qualitäten wegen herausragen.<br />
Dazu zählen das Duett des Protagonistenpaares Berenice und Demetrio am Schluss<br />
des zweiten Aktes (Non temer, non son più amante), besonders aber die Szenen 6 und<br />
7 im dritten Akt. Die Handlung strebt hier ihrem Kulminationspunkt zu: Demetrio<br />
ist bereit, für seine Liebe zu Berenice in den Tod zu gehen und nimmt in der Arie<br />
Già che morir degg’io Abschied von der Welt – sechs Jahre später wird <strong>Gluck</strong> einen Teil<br />
34
der ausdrucksstarken, berührenden Musik zu dieser Arie in seine erste Reformoper<br />
Orfeo ed Euridice übernehmen (Che puro ciel).<br />
Ritter vom Goldenen Sporn<br />
Spätestens Ende Februar 1756 kehrte <strong>Gluck</strong> nach Wien zurück. Trotz der geteilten<br />
Reaktionen auf seine Oper konnte er sein kurzes Intermezzo in der Ewigen Stadt als<br />
beruflichen Erfolg verbuchen, wurde ihm hier doch eine Ehre zuteil, die im Hinblick<br />
auf seinen weiteren Werdegang wohl höher eingeschätzt werden muss als die vergängliche<br />
Begeisterung eines verwöhnten Opernpublikums: Vermutlich auf Empfehlung<br />
Kardinal Albanis wurde <strong>Gluck</strong> zum Ritter vom Goldenen Sporn ernannt, eine ehrenvolle<br />
päpstliche Auszeichnung und ein Titel, den der Ritter <strong>Gluck</strong> fortan mit Stolz trug.<br />
Irene Brandenburg<br />
Händelfestspielorchester Halle<br />
35
Der gebürtige Münchner<br />
Michael Hofstetter begann seine<br />
Karriere an den Theatern in<br />
Wiesbaden (Kapellmeister) und<br />
Gießen (Generalmusikdirektor)<br />
und war außerdem Professor<br />
für Orchesterleitung und Alte<br />
Musik an der Universität Mainz.<br />
Als Chefdirigent prägte er von<br />
2005 bis 2012 die Ludwigsburger<br />
Schlossfestspiele, von 2006 bis<br />
2013 war er Chefdirigent des<br />
Stuttgarter Kammerorchesters.<br />
Seit Herbst 2012 ist er erneut<br />
Generalmusikdirektor des Stadttheaters<br />
Gießen. Er dirigiert an<br />
vielen renommierten Opernhäusern,<br />
bei Orchestern und Festivals:<br />
Dazu zählen unter anderem die<br />
Bayerische, die Hamburgische,<br />
die Stuttgarter und die Berliner<br />
Staatsoper, ferner die königliche<br />
Oper in Kopenhagen, das Gran<br />
Teatre del Liceu Barcelona und<br />
die Salzburger <strong>Festspiele</strong>. Im<br />
Fachmagazin Opernwelt wurde<br />
Michael Hofstetter in der jährlichen<br />
Kritikerbefragung mehrmals<br />
als Dirigent des Jahres<br />
nominiert. Für sein Engagement<br />
im Bereich Operette erhielt er<br />
die Robert-Stolz-Medaille, seine<br />
Arbeit bei den Ludwigsburger<br />
Schlossfestspielen wurde mit dem<br />
Horst-Stein-Preis gewürdigt.<br />
Die Sopranistin Anna Kasyan<br />
wurde in Georgien geboren. Nach<br />
ihrem Studium am Konservatorium<br />
in Tiflis (Violine und<br />
Gesang) führte sie ihr Weg ans<br />
Conservatoire de Paris, wo sie<br />
Meisterkurse unter anderem bei<br />
Tom Krause, Raina Kabaivanska<br />
und Nicolau de Figueiredo absolvierte.<br />
Inzwischen hat Anna<br />
Kaysan ein breites Repertoire in<br />
den Bereichen Oper und sakrale<br />
Musik sowie Kammermusik (von<br />
Barock bis zeitgenössisch). Einem<br />
breiteren Publikum wurde sie 2012<br />
bekannt, als sie in der Opernverfilmung<br />
La Cenerentola von<br />
Andrea Andermann die Rolle der<br />
Clorinda in sang; der Film wurde<br />
live in über 150 Länder übertragen<br />
und erschien auf DVD.<br />
Francesca Lombardi Mazzulli<br />
studierte Gesang am Konservatorium<br />
Giuseppe Verdi in Mailand<br />
und am Konservatorium Girola-<br />
mo Frescobaldi in Ferrara bei<br />
Mirella Freni. Sie absolvierte<br />
Meisterkurse bei Luciano Pavarotti,<br />
Alessandra Molinari und Sonia<br />
Prina. Sie sang bereits die Hauptrollen<br />
in zahlreichen Opern, darunter<br />
die Susanna in Le nozze<br />
di Figaro und Dido in Dido and<br />
Aeneas. Sie ist bereits bei vielen<br />
klassischen Festivals in Europa<br />
aufgetreten, unter anderem beim<br />
Festival d’Ambronay, beim Schleswig-Holstein<br />
Musik Festival, beim<br />
Viotti Festival in Vercelli und bei<br />
der Styriarte in Graz. Sie hat<br />
mit Dirigenten wie Alan Curtis,<br />
Ottavio Dantone, Christophe<br />
Coin und Claudio Osele gearbeitet<br />
sowie mit namhaften Ensembles<br />
wie beispielsweise der Accademia<br />
Bizantina, Il Complesso Barocco<br />
und La Venexiana.<br />
Samuel Marino, geboren in<br />
Caracas, Venezuela, absolvierte<br />
sein Studium an der Universidad<br />
Nacional Experimental de las<br />
Artes in Caracas und am Conservatoire<br />
Régional de Paris. In<br />
seiner Heimat erhielt er Klavierunterricht<br />
am Simón Bolívar<br />
National Conservatory, studierte<br />
Ballett am Teresa-Carreño-Theater<br />
und sang in mehreren Chören.<br />
Sein Interesse am Operngesang<br />
und seine Liebe zur Barockmusik<br />
entdeckte er als Mitglied der<br />
Camerata Barroca in Caracas.<br />
36
Dort sang Marino, der über eine<br />
natürliche Sopranstimme verfügt,<br />
erstmalig als Sopranist. Er<br />
konnte in zahlreichen Rollen in<br />
Opern von Monteverdi, Mozart<br />
und Händel Bühnenerfahrung<br />
sammeln. Seit er in Europa lebt,<br />
tritt er regelmäßig in Konzerten<br />
in Frankreich und Spanien auf<br />
und erhält Unterricht bei Nicole<br />
Fallien und Barbara Bonney.<br />
Der aus Luzern stammende Tenor<br />
Mauro Peter studierte Gesang<br />
an der Hochschule für Musik<br />
und Theater München bei Fenna<br />
Kügel-Seifried. 2012 gewann er<br />
den ersten Preis sowie den Publikumspreis<br />
beim <strong>Internationale</strong>n<br />
Robert-Schumann-Wettbewerb<br />
in Zwickau. Seit der Spielzeit<br />
2013/14 ist Mauro Peter Ensemblemitglied<br />
des Opernhauses Zürich.<br />
Darüber hinaus sang er an der<br />
Bayerischen Staatsoper München,<br />
am Royal Opera House Covent<br />
Garden, an der Opéra National<br />
de Paris, an der Komischen Oper<br />
Berlin und bei den Salzburger<br />
<strong>Festspiele</strong>n. In der Saison 2018/19<br />
arbeitet Mauro Peter im Konzertbereich<br />
unter anderem in Calgary<br />
mit Trevor Pinnock sowie mit<br />
Riccardo Muti an der Mailänder<br />
Scala. Er veröffentlichte mehrere<br />
Alben bei SONY Classical.<br />
Valer Sabadus hat 2003 mit<br />
siebzehn Jahren an der Münchner<br />
Hochschule für Musik und<br />
Theater einen Weg eingeschlagen,<br />
der ihn innerhalb von gut zehn<br />
Jahren an die Weltspitze des<br />
Countergesangs geführt hat.<br />
Nicht von Ungefähr gehörte er<br />
(wie auch Max Emanuel Cencic<br />
und Philippe Jaroussky) schon<br />
2011 zu dem furiosen Sängersextett,<br />
das mit Leonardo Vincis<br />
Oper Artaserse das europäische<br />
Barockpublikum zu Jubelstürmen<br />
hinriss. Es folgten Engagements<br />
unter anderem an die Deutsche<br />
Oper am Rhein, das Theater an<br />
der Wien und die Opéra National<br />
de Paris, und auch das Oratorien-<br />
und Konzertrepertoire liegt<br />
dem Countertenor am Herzen.<br />
Sabadus wurde mehrfach mit<br />
Schallplattenpreisen wie dem<br />
ECHO Klassik ausgezeichnet.<br />
Terry Wey hat bei den Wiener<br />
Sängerknaben begonnen – und es<br />
innerhalb weniger Jahre bis zum<br />
Prädikat „Einer der Besten seines<br />
Fachs“ gebracht (Fono Forum).<br />
Er ist auf diversen wichtigen<br />
Barockfestivals zuhause, arbeitet<br />
an bedeutenden Opernhäusern<br />
in ganz Europa. Aber er ist nicht<br />
allein auf Barockmusik festgelegt.<br />
Er singt auch Werke von Benjamin<br />
Britten und zeitgenössische<br />
Opernmusik. Letzteres führte ihn<br />
unlängst als ersten Countertenor<br />
überhaupt ins Programm der<br />
Bayreuther <strong>Festspiele</strong>: Er sang<br />
den Fremden in Klaus Langs<br />
Kammeroper Der verschwundene<br />
Hochzeiter. Im Februar 2017<br />
erschien seine erste Solo-CD Pace<br />
e Guerra mit dem Bach Consort<br />
Wien unter Rubén Dubrovsky.<br />
Das Händelfestspielorchester<br />
Halle musiziert seit 1993 auf historischen<br />
Instrumenten und hat<br />
in dieser Zeit das Musikleben in<br />
Halle mit Konzerten und Opernvorstellungen<br />
bereichert. Seine<br />
Zugehörigkeit zu einem auf modernen<br />
Instrumenten spielenden<br />
Konzert- und Opernorchester ist<br />
in der deutschen Musikszene einzigartig.<br />
Das Spezialensemble für<br />
Alte Musik setzt die Tradition der<br />
Händel-Pflege in Halle fort und<br />
repräsentiert die Stadt auf Gastspielreisen<br />
in der ganzen Welt.<br />
Seit 2007 ist Bernhard Forck dem<br />
Orchester als künstlerischer Leiter<br />
eng verbunden. Mehrere CD- und<br />
DVD-Einspielungen liegen vor.<br />
37
GLEICH UND UNGLEICH<br />
Die Zeitgenossen <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />
Von 1781 bis zu <strong>Gluck</strong>s Tod 1787 haben sie beide in Wien gewohnt.<br />
Die Stadt bot ein anregendes gesellschaftliches und musikalisches<br />
Leben, nicht zuletzt Posten und Aufträge. Wann sie sich<br />
kennengelernt haben, ist unklar – aber ihre Wege kreuzten sich<br />
verschiedentlich – und wohl nicht per Zufall. Natürlich kannte<br />
man sich. Der berühmte Hofkapellmeister Maria Theresias war<br />
nicht mehr der Jüngste, der Mittzwanziger Mozart nach zahlreichen<br />
Reisen, Erfolgen und Rückschlägen bereits arriviert und<br />
in aller Munde. In diese Jahre fielen die Uraufführungen von<br />
Mozarts Idomeneo, Die Entführung aus dem Serail und schließlich<br />
Le Nozze di Figaro – während „Papa <strong>Gluck</strong>“ als Persönlichkeit und<br />
mit seinem späten Repertoire absolut präsent – aber in seiner<br />
Gesundheit geschwächt war und keine Opern mehr schrieb...<br />
Was verbindet den „Herkules der Musik“ (wie Berlioz <strong>Gluck</strong><br />
später nannte) mit dem einer neuen Generation angehörenden<br />
Schöpfer eines musikalischen Kosmos, der das Werk des Opernreformators<br />
schließlich überstrahlte? Was trennt sie?<br />
VON GLUCK ZU MOZART<br />
Konzert mit Daniel Hope und<br />
dem Zürcher Kammerorchester<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong>:<br />
Furientanz und Reigen seliger<br />
Geister, Joseph Haydn: Violinkonzert<br />
G-Dur (Hob. VIIa: 4),<br />
Wolfgang Amadeus Mozart:<br />
Divertimento F-Dur (KV 138),<br />
Violinkonzert Nr. 3 G-Dur<br />
(KV 216), Sinfonie Nr. 29<br />
A-Dur (KV 201)<br />
Fr, 12. Juli, 19.30 Uhr<br />
Kleine Meistersingerhalle<br />
Nürnberg<br />
Gegenseitige Wertschätzung<br />
Am 7. August 1782 schrieb Mozart: „...Meine Oper ist gestern<br />
wieder und zwar auf Begehren des <strong>Gluck</strong>s gegeben worden.<br />
<strong>Gluck</strong> hat mir viele Complimente darüber gemacht. Morgen<br />
speise ich bey ihm...“ Man schätzte sich also ganz offensichtlich,<br />
was auch in Mozarts Kompositionsarbeit seinen Niederschlag<br />
fand. Für seinen Idomeneo beispielsweise ließ er sich von den<br />
französischen Musikdramen des gestandenen Meisters inspirieren.<br />
Und 1784 schrieb er zehn Variationen für Klavier über ein<br />
Thema von <strong>Gluck</strong> aus der komischen Oper Die Pilger von Mekka.<br />
Überhaupt war diese burleske Geschichte inspirierend für Mozart,<br />
zeigen sich doch – mehr als der damaligen Türkenopern-Mode<br />
geschuldete – motivische Verknüpfungen zu Die Entführung aus<br />
dem Serail. Niemand kann sagen, ob das erste Handlungsballett<br />
der Musiktheatergeschichte, das <strong>Gluck</strong> 1761 mit seinem Don Juan<br />
kreierte, Auslöser für Mozarts 23 Jahre später entstandenen Don<br />
Giovanni wurde. Allerdings kannte er die Musik sehr wohl, hat<br />
er doch daraus 1786 den Fandango für Le nozze di Figaro übernommen.<br />
Das Verhältnis der beiden war also von professioneller<br />
Nähe (Mozart besuchte Proben zu <strong>Gluck</strong>s Neueinrichtung der<br />
Iphigenie in Tauris in deutscher Sprache) und allem Anschein nach<br />
von Respekt, ja Wohlwollen geprägt. Übernahmen aus Werken<br />
anderer Komponisten waren damals nämlich an der Tagesordnung<br />
und keineswegs Plagiate im heutigen Sinn. Es mag <strong>Gluck</strong> sogar<br />
gefreut haben, von dem jungen musikalischen Tausendsassa in<br />
Mit vier Jahren begann der in<br />
Südafrika geborene Musiker,<br />
Autor und Orchesterleiter<br />
Daniel Hope das Violinspiel.<br />
Entdeckt und gefördert durch<br />
Yehudi Menuhin begann er<br />
eine Weltkarriere als Solist. Seit<br />
2004 ist er Associate Artistic<br />
Director des Savannah Music<br />
Festival in den USA. 2016 trat<br />
er sein Amt als Musikdirektor<br />
des Zürcher Kammerorchesters<br />
an. Seit September 2017 ist er<br />
zudem Artistic Partner des New<br />
Century Chamber Orchestras<br />
38
dieser Form wahrgenommen, geehrt zu werden. Beide trieb das<br />
Interesse an und um, in Zeiten geistiger, philosophischer, politischer<br />
Aufbrüche auch der Musik neue Perspektiven zu eröffnen<br />
– wenn auch ihr Leben und Wirken unterschiedliche Züge trug.<br />
Überwindung der Tradition<br />
<strong>Gluck</strong> war kein Wunderkind. Er hatte keinen Vater, der frühzeitig<br />
sein Talent erkannte und ihn als Kind schon fordernd voranbrachte<br />
wie Leopold Mozart seinen Sohn. Im Gegenteil war <strong>Gluck</strong> völlig<br />
auf sich allein gestellt. Er musste ausbrechen aus den engen väterlichen<br />
Grenzen, sich nach und nach finden und durchsetzen,<br />
schrieb erst mit 27 seine erste Oper. Beide zogen wie viele ihrer<br />
Zeitgenossen in jungen Jahren durch Italien, das gelobte Land<br />
der Opera seria, die das Ideal der hohen Unterhaltungskunst<br />
in ganz Europa vorgab. Mozart erlebte sie auf Konzertreisen,<br />
<strong>Gluck</strong> als Schüler bei Sammartini in Mailand, später im Dienst<br />
höfischer Auftraggeber für neue Produktionen. Beide knüpften<br />
an die Tradition der Opera seria an – und gewannen ihre größten<br />
Erfolge letztlich aus deren Überwindung. Der impulsivere Mozart<br />
mit genialer Sprunghaftigkeit, der beharrlich und reflektiert,<br />
bisweilen auch ungestüm konsequent agierende Pragmatiker<br />
<strong>Gluck</strong> aus seinem Unbehagen am betriebsamen Stillstand der<br />
Opernästhetik seiner Zeit.<br />
Unterschiedliche Perspektiven<br />
<strong>Gluck</strong> entdeckte für sich und die Welt einen Weg, der aus der<br />
zunehmend in virtuoser Künstlichkeit erstarrenden barocken<br />
Tradition herausführte, in dem er der Handlung, dem Wort, der<br />
Wahrhaftigkeit und den Charakteren seiner Opern mehr Gewicht<br />
beimaß, als das vor ihm je ein Komponist getan hatte: „Die wahre<br />
Aufgabe der Musik ist, der Dichtung zu dienen, ohne ihre Aktionen<br />
zu unterbrechen oder zu hemmen.“ Aus späteren Jahren wird<br />
sein Statement kolportiert, dass er nie wieder eine Note schreiben<br />
wolle, wenn sie nicht dem Fortgang der Handlung diene...<br />
Indem er es aufgab, Libretti des bis dahin Maßstäbe setzenden<br />
Pietro Metastasio zu vertonen und sich mit dem gleichaltrigen,<br />
umtriebigen Poeten Ranieri de’ Calzabigi zusammentat, setzte<br />
er entscheidende Schritte auf dem Weg zu einer neuen Form des<br />
musikalischen Dramas.<br />
in San Francisco. Als Musikvermittler<br />
baut Daniel Hope<br />
Brücken zwischen den verschiedenen<br />
künstlerischen Welten<br />
sowie zwischen Generationen,<br />
Nationen und Religionen.<br />
Ein wichtiges Anliegen ist ihm<br />
dabei das Musizieren gegen<br />
das Vergessen. So gab er Gedenkkonzerte<br />
für die Opfer des<br />
Holocaust und machte mit<br />
seiner Kampagne Tu was! gegen<br />
Rassismus mobil. 2015 wurde<br />
er für sein Engagement in der<br />
Dresdner Frauenkirche mit<br />
dem Europäischen Ehrenkreuz<br />
Pro Arte für Musik<br />
geehrt. 2017 wurde Hope das<br />
Verdienstkreuz am Bande der<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
verliehen.<br />
1945 durch Edmond de Stoutz<br />
gegründet zählt das Zürcher<br />
Kammerorchester heute zu den<br />
führenden Klangkörpern seiner<br />
Art. Regelmäßige Einladungen<br />
zu internationalen Festivals wie<br />
den BBC Proms in der Londoner<br />
Royal Albert Hall, Gastspiele<br />
in bedeutenden Musikzentren,<br />
Konzerttourneen durch<br />
europäische Länder, die USA,<br />
Asien und Südafrika sowie<br />
zahlreiche, von der Fachpresse<br />
gefeierte Tonträger belegen das<br />
weltweite Renommee des Orchesters.<br />
2017 wurde es für zwei<br />
CD-Produktionen mit dem<br />
ECHO Klassik in der Kategorie<br />
Klassik ohne Grenzen ausgezeichnet.<br />
Die Vermittlungsarbeit<br />
mit Kindern und Jugendlichen<br />
sowie die Förderung<br />
junger Instrumentalisten sind<br />
dem Zürcher Kammerorchester<br />
ebenso wichtig wie die kontinuierliche<br />
Zusammenarbeit mit<br />
weltweit gefeierten Solisten.<br />
39
Mozart hatte andere Vorstellungen: „Bey einer Opera muß schlechterdings<br />
die Poesie der Musick gehorsame Tochter seyn.“ Was ihn<br />
nicht hinderte – mit Beaumarchais und Da Ponte etwa – literarische<br />
Partnerschaften einzugehen, die seiner Musik entscheidende<br />
Impulse, inhaltlichen Zündstoff gaben. Mozarts Kreativität<br />
basierte auf fänomenaler Inspiration, auf Formbewusstsein und<br />
Gestaltungswillen bis ins Detail – womit er die zugleich planvollsten<br />
und phantastischsten Erfindungen machte. In einem<br />
Aufsatz zu <strong>Gluck</strong> und Mozart bringt es Gerhard Croll wie folgt<br />
auf den Punkt: „Intellekt und Gefühl, durchdachte Ordnung und<br />
fantasievolle Schöpfungskraft, sie sind in Mozarts Schaffen eine<br />
wunderbare Einheit. Bei <strong>Gluck</strong> obsiegte schließlich die Kraft des<br />
ordnenden, logisch-kritischen Verstandes. Alles, was im Plan,<br />
was gegenüber der Idee des Ganzen nebensächlich, was zufällig<br />
war, bleibt fort. Alles muss so und nicht anders sein, ist ganz auf<br />
die ‚Wahrhaftigkeit der Natur‘ aufgebaut.“ Insofern waren <strong>Gluck</strong><br />
und Mozart Wanderer in verschiedenen Welten.<br />
Verbindende Themen<br />
„<strong>Gluck</strong>s Botschaft ist<br />
sehr klar: Hier sind<br />
Menschen<br />
auf der Bühne, die<br />
einfach und ausdrucksstark<br />
singen,<br />
die man verstehen<br />
soll, die sich wie Menschen<br />
bewegen, voller<br />
extremer Emotion<br />
ohne jeglichen<br />
Manierismus.“<br />
Valer Sabadus<br />
Und doch agierten sie als Zeit- und Arbeitsgenossen in der<br />
europäischen Kulturszene des 18. Jahrhunderts, was manche<br />
Gemeinsamkeit und Übereinstimmung mit sich brachte: nicht<br />
ungewöhnlich, dass beide hier und da dieselben Texte vertont<br />
haben. <strong>Gluck</strong> hat zum Beispiel seine Oper La clemenza di Tito in<br />
Neapel herausgebracht, noch bevor Mozart zur Welt kam. Dieser<br />
griff nach demselben Libretto, als er seine letzte Oper schrieb.<br />
Schon eigenartiger: Beide schätzten ein heute fast vergessenes<br />
Instrument, die Glasharfe, auf der <strong>Gluck</strong> begeistert spielte, für<br />
die Mozart sogar speziell komponierte. Exklusiv geradezu: Beide<br />
wurden in Rom zum Ritter vom Goldenen Sporn ernannt, <strong>Gluck</strong><br />
in Mozarts Geburtsjahr 1756, schon 42 Jahre alt, Mozart als<br />
14-Jähriger 1770. <strong>Gluck</strong> trug den Titel mit Stolz – und wohl unter<br />
dem Gesichtspunkt seiner geschäftsfördernden Auswirkungen<br />
gerne auch öffentlich. Mozart war er offenbar einerlei, er machte<br />
jedenfalls keinen Gebrauch davon. Schließlich waren beide höchst<br />
erfolgreich auch im kommerziellen Sinn. <strong>Gluck</strong> gehörte zu den<br />
bestverdienenden Komponisten der Epoche. Und er verstand, mit<br />
seinen Mitteln zu haushalten – im Gegensatz zu Mozart. Nachdem<br />
<strong>Gluck</strong> 1787 seinem dritten Schlaganfall erlegen war, ernannte<br />
Kaiser Joseph II. wenig später Salieri zu seinem Nachfolger als<br />
königlicher Hofkapellmeister, Mozart wurde Hofkompositeur –<br />
bezeichnenderweise mit deutlich geringeren Bezügen...<br />
Rainer Mennicken<br />
40
VON GLUCK ZU MOZART...<br />
In der Zeit der Wiener Klassik begannen die Komponisten, bildenden<br />
Künstler und Intellektuellen, sich zu emanzipieren und<br />
aus den herrschenden hierarchischen Strukturen, dem Dienst<br />
bei Königen und Fürsten, auszubrechen. Der Stil der Klassik,<br />
der von den Regeln der Musik und in gewissem Maße auch der<br />
Etikette bestimmt war, wurde zu einem Lebensstil. Aus diesem<br />
Konzept heraus entstand die Vorstellung vom virtuosen Künstler,<br />
der Beginn der Art und Weise, wie wir heute über Musik denken.<br />
Die Verbindungen zwischen <strong>Gluck</strong>, Haydn und Mozart sind vielfältig:<br />
<strong>Gluck</strong> zum Beispiel lobte den bemerkenswerten jungen<br />
Komponisten und lud ihn zum Essen in seine Wiener Wohnung<br />
ein. Mozart sah in <strong>Gluck</strong>s Musik und Theorie den Beginn der<br />
modernen Bühnenmusik. <strong>Gluck</strong> galt, neben Händel, Rameau und<br />
Mozart, als der größte Opernkomponist des 18. Jahrhunderts. Sein<br />
Orpheus, <strong>Gluck</strong>s erste, 1762 in Wien uraufgeführte Reformoper,<br />
prägte zwar das Bild vom empfindsamen und letztlich harmlosen<br />
Komponisten. Aber damit konnte <strong>Gluck</strong> leben, seine Eignung<br />
fürs Heroische wurde gemeinhin nicht angezweifelt, die veristischen<br />
Schreie des Orpheus pflegten das Publikum genauso zu<br />
schockieren wie das Höllenspektakel im Ballett Don Juan oder<br />
die Furien in der Iphigénie en Tauride…<br />
„Ich würde <strong>Gluck</strong><br />
gerne mit in ein elektronisches<br />
Musikstudio<br />
nehmen.<br />
Die heutigen Möglichkeiten,<br />
Klänge zu erzeugen<br />
würden jeden<br />
klassischen Komponisten<br />
begeistern.“<br />
Frieder Nagel<br />
Daniel Hope<br />
41
Daniel Hope und das Zürcher Kammerorchester<br />
42
43
IN DEN WÄLDERN DER OBERPFALZ<br />
Orpheus und Eurydike in Berching<br />
Die Berchinger Landpartie, eine Musiktheaterwanderung um<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong>, den berühmten Sohn der Gemeinde,<br />
avancierte in den letzten Jahren zum Publikumsmagneten und<br />
stellt innerhalb der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> einen einzigartigen<br />
Programmpunkt dar. <strong>Gluck</strong> erleben, nicht in einem<br />
Opernhaus, sondern im lebendigen Wechselspiel zwischen<br />
Natur und seiner Musik, in der zauberhaften Umgebung seines<br />
Geburtsorts Erasbach. Hautnah sammelt der Besucher die Eindrücke,<br />
die <strong>Gluck</strong> selbst in früher Kindheit durch den Beruf des<br />
Vaters, der dort Förster war, in sich aufsog.<br />
Die Rückkehr zur Natur<br />
So verwundert es nicht, dass eben dieser <strong>Gluck</strong> sich als reifer<br />
Komponist zum Ausdruck der Natur hingezogen fühlte. Gemeinsam<br />
mit dem italienischen Dichter und Librettisten Ranieri de'<br />
Calzabigi (1714-1795), der als Geheimrat der niederländischen<br />
Rechnungskammer 1761 nach Wien kam und auf Empfehlung des<br />
Intendanten der Wiener Hofoper, des Grafen Giacomo Durazzo<br />
(1717-1794), Kontakt zu <strong>Gluck</strong> aufnahm, suchte er nach neuen<br />
Ausdrucksformen für seine Opern und verabschiedete sich mit<br />
Orfeo ed Euridice 1762 zunehmend von dem noch immer vorherrschenden<br />
barocken Manierismus.<br />
<strong>Gluck</strong> suchte Neues, das Natürliche im Menschen, das Natürliche<br />
in der Musik, und versuchte dies im Sinne des Gedankengutes<br />
der europäischen Aufklärung, dem Ideal der Einfachheit und der<br />
Natürlichkeit, des „retour à la nature“, in einer neuen, schlichten,<br />
aber klaren Weise zum Ausdruck zu bringen. So komponierte<br />
<strong>Gluck</strong> sich erstmals in diesem Werk nicht mehr von Arie zu Arie,<br />
unterbrochen von einzelnen Rezitativen, sondern schuf mit Orfeo<br />
ed Euridice einen neuen Kompositionsstil, der seinen Nimbus<br />
als Opernreformator begründete. Um den durchgehenden Fluss<br />
zwischen den „Nummern“ herzustellen, verband er die einzelnen<br />
Arien mit ausdrucksstarken und teilweise auskomponierten<br />
und emotionsgeladenen Rezitativen. Gleichzeitig entstand die<br />
einfache, quasi kunstlos-schnörkellose, ohne Koloraturen, ohne<br />
Wiederholungen (da capo), sich um das Wesentliche bemühende<br />
Arie, um die eigentlichen Emotionen des Dramas auszudrücken.<br />
Mit der Neubearbeitung des Opernstoffes von Orfeo ed Euridice<br />
suchte <strong>Gluck</strong> erstmals diesen neuen Weg, auf dem sich ihm, wie<br />
dem Wanderer im Walde, unterschiedlichste Sinneswelten und<br />
Stimmungen erschließen: das Eintauchen in die Schönheit des<br />
Einfachen, scheinbar immer Dagewesenen, des Meditativen,<br />
L’OMBRA DELL’AMORE –<br />
Orpheus und Eurydike<br />
Landpartie Berching<br />
Mit: Florian Neubauer (Orfeo),<br />
Anna Oswald (Euridice),<br />
Gertrud Demmler-Schwab<br />
(Amore), Marc Vogel (Feuerkünstler)<br />
und Chor<br />
Musikalische Bearbeitung<br />
und Leitung: Franz Killer<br />
Regie: Franz Killer und<br />
Florian Reichart Dramaturgie:<br />
Florian Reichart Technik:<br />
Stelian Pop, Max Mönch<br />
Orchester: Ensemble der<br />
Pocket Opera Company<br />
Sa, 13. Juli, 16 Uhr,<br />
Johannisbrücke 2<br />
So, 14. Juli, 11 Uhr,<br />
Johannisbrücke 2<br />
Der Tenor Florian Neubauer<br />
erhielt seine musikalische Ausbildung<br />
bei den Regensburger<br />
Domspatzen. Er erreichte 2010<br />
beim Bundeswettbewerb Gesang<br />
in Berlin die Finalrunden. Seit<br />
Herbst 2011 steht er regelmäßig<br />
bei Produktionen der POC auf<br />
der Opernbühne. Er arbeitete<br />
bereits mit namhaften Dirigenten<br />
und Orchestern wie den<br />
Bamberger Symphonikern<br />
zusammen.<br />
44
aber auch das Erleben des Abgründigen, des Unheimlichen,<br />
Unbekannten und Bedrohlichen der Schattenwelten, wie man<br />
sie in der Dämmerung im Walde erleben kann.<br />
Orpheus und Eurydike in den oberpfälzischen Wäldern<br />
Orpheus verliert seine geliebte Eurydike, die, auf der Flucht vor<br />
einem gewalttätigen Mann, von einer Schlange gebissen wird.<br />
Nur durch die übermenschliche Gabe seines Gesanges, mit der<br />
er Menschen und Tiere, aber auch Pflanzen, ja sogar Steine und<br />
Gewässer erreicht und beeinflusst, kann Orpheus seine Eurydike<br />
der Unterwelt entreißen. Auf dem Weg zum ersehnten Glück, zu<br />
neuem Leben, scheitern beide am eigenen Zweifel an ihrer Liebe.<br />
So erlebt man in <strong>Gluck</strong>s Oper nicht nur das Schicksal zweier<br />
Liebender, sondern übergeordnet die Welten der Lebenden und<br />
der Toten. Und genau diese Unterschiede finden sich im Wald<br />
für die Augen des Wanderers wieder. Der Zuschauer taucht mit<br />
den Protagonisten in ihre Schicksalswelten, gelangt mit ihnen auf<br />
engem Pfade, von lichter Höhe hinabsteigend, in die unbekannte<br />
Höhlenwelt des oberpfälzischen Juras. Mystische und mythische<br />
Orte beleben die Handlung und werden zur unvergesslichen<br />
Kulisse, bis man sich schließlich am Ende der Wanderung, zum<br />
erhofften Happy End, im kulinarischen Elysium der unvergleichlichen<br />
Oberpfälzer Küche wiederfindet...<br />
Schon während ihres Studiums,<br />
in den Fächern Gesangspädagogik<br />
und Oper in Hannover war<br />
Anna Oswald in verschiedenen<br />
Inszenierungen zu sehen, unter<br />
anderem als Drusilla in Monteverdis<br />
L’incoronazione di Poppea.<br />
Nach dem Studium sang<br />
sie an verschiedenen Theatern<br />
die unterschiedlichsten Partien,<br />
unter anderem die Pamina<br />
in Mozarts Zauberflöte. Seit<br />
2015 arbeitet sie regelmäßig für<br />
die POC und ist als Lied- und<br />
Konzertsängerin tätig.<br />
Eine langjährige Zusammenarbeit mit der POC<br />
Die Inszenierung von Orfeo ed Euridice für die Landpartie <strong>2019</strong><br />
übernimmt die Pocket Opera Company aus Nürnberg, die mit<br />
Fantasie, Leichtigkeit, einem gewissen Augenzwinkern und voller<br />
Überraschungen den tragischen Stoff neu aufbereiten wird. Die<br />
POC, Deutschlands ältestes und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnetes<br />
freies Musiktheater, bereichert seit 1974 die nationale<br />
und internationale Opernszene, stellt die traditionelle Oper auf<br />
den Prüfstand und ist gleichzeitig Innovationsmotor für dieses<br />
Genre. Von der „Soap-Opera“-Travestie in den Anfangsjahren, über<br />
Bearbeitungen der „Großen Oper“, der Neubelebung unbekannter<br />
Barockopern bis zu minimalistischen High-Tech-Musikstücken<br />
und zahlreichen zeitgenössischen Uraufführungen, bewegt die<br />
POC sich immer zwischen den Genres, bricht Grenzen auf und<br />
hat ihre eigene Ausdrucksform geschaffen: die Pocket Opera.<br />
Franz Killer<br />
Gertrud Demmler-Schwab<br />
studierte Gesang in Augsburg<br />
und Würzburg. Im Rahmen<br />
der internationalen Orgelwoche<br />
Nürnberg ist sie bereits<br />
mit den Bamberger und den<br />
Nürnberger Symphonikern<br />
aufgetreten. Seit 2003 ist sie<br />
Mitglied der POC. Uraufführungen<br />
zeitgenössischer Musik<br />
mit dem Neuen Musiktheater<br />
Erlangen, Konzerte alter Musik<br />
und ausgesuchte Lieder und<br />
Arienabende komplettieren ihr<br />
umfangreiches Repertoire.<br />
Franz Killer, siehe Seite 85<br />
45
WEITERDENKEN, WEITERSPIELEN ...<br />
Annäherungen und Ausflüge in der GLUCKWerkstatt<br />
In E.T.A. Hoffmanns Erzählung Ritter <strong>Gluck</strong> sind die Notenblätter, aus denen der<br />
geheimnisvolle Gast des Dichters am Klavier seine Oper Armide vorspielt, zwar mit<br />
Notenlinien versehen – aber ansonsten vollständig leer. Es ist keine Note auf ihnen<br />
zu finden… Nichtsdestotrotz spielt der geisterhafte <strong>Gluck</strong> sein Werk perfekt aus dem<br />
Gedächtnis. Oder doch nicht? Der Dichter stellt fest, dass er sich zunehmend vom<br />
Original entfernt und frappierende neue Wendungen für den ursprünglichen Gedanken<br />
findet, das Werk in eine „verjüngte Gestalt“ überführt...<br />
Die Fantasie des Komponisten macht nicht halt, sie bleibt nicht stehen, wenn sein<br />
Werk vollendet ist. Sie begegnet der eigenen Schöpfung kreativ. Wenn es sein muss,<br />
bricht sie aus der selbstgefügten Partitur aus. In der Vergegenwärtigung des Erreichten<br />
steckt der Keim zur Intensivierung und Erweiterung. Stets auf der Suche nach dem<br />
authentischen, berührenden, erfüllenden Erlebnis geht der wahre Künstler jeweils<br />
neue Wege – so sieht es der Romantiker E.T.A. Hoffmann. Seine Verehrung für<br />
den Ritter <strong>Gluck</strong> kam nicht von ungefähr – galt der doch als großer Reformator auf<br />
der Suche nach Wahrheit und Einfachheit. Das waren Schlüsselbegriffe des neuen<br />
Denkens zur Zeit der Aufklärung. <strong>Gluck</strong> war zudem bekannt dafür, dass er seine<br />
Musik ständig an die Produktionsbedingungen der Opernhäuser anpasste, die ihn<br />
aufführen wollten, dass er neue Ideen einarbeitete und sich von den Talenten seiner<br />
Sänger inspirieren ließ, zugleich aber unnachgiebig seine künstlerischen Forderungen<br />
durchsetzte. Vielleicht war er der erste Regisseur des Opern-Theaters, war ihm<br />
doch kein Aufwand zu groß, seinen Sängern abzuverlangen, lebendige Figuren darzustellen<br />
und deren Gefühle überzeugend zum Ausdruck zu bringen. Erstaunlich<br />
und ermutigend erscheint Hoffmanns Interesse an der Grenzüberschreitung durch<br />
Neu-Interpretation in geradezu magische Dimensionen – stehen wir doch auch heute<br />
noch im Spannungsfeld zwischen der originalklanglich orientierten „werkgetreuen“<br />
Aufführungspraxis und dem freieren Umgang mit dem Erbe – von der Nutzung<br />
moderner Stahlsaiten auf Streichinstrumenten bis zur freien Bearbeitung alter oder<br />
klassischer Musik in musikalischen Genres, die zu <strong>Gluck</strong>s und Hoffmanns Zeiten<br />
noch gar nicht erfunden waren...<br />
Folgerichtig und exemplarisch eröffnet das Fantasiestück Ritter <strong>Gluck</strong> revisited die<br />
GLUCKWerkstatt – in Gestalt einer freien Lesung mit Musik. Ein Schauspieler und<br />
ein Musiker besuchen gemeinsam den „Ritter vom Goldenen Sporn“, wie E.T.A.<br />
Hoffmann ihn geisterhaft beschrieben hat, allerdings mit ihren heutigen Mitteln und<br />
Möglichkeiten. Im Lauf der darauffolgenden Woche erlebt die GLUCKWerkstatt ein<br />
Bigband-Konzert und zwei speziell für junges Publikum entwickelte Annäherungen<br />
an <strong>Gluck</strong>-Opern-Geschichten. Es folgt ein Abend besonderer Hörerlebnisse durch die<br />
Kombination eines modernen Kammerensembles mit Vibraphon und der von <strong>Gluck</strong><br />
überaus geschätzten Glasharfe. Worauf sich der nächste Abend den Erlebnissen von<br />
Eurydike (nicht nur in der Unterwelt) widmet. Schließlich folgt eine szenisch-musikalische<br />
Reise auf den Spuren eines Gesangsstars, der in der ersten Hälfte des<br />
18. Jahrhunderts am Musik-Firmament glänzte: Die Nachtigall des Zaren – nach der<br />
Autobiografie des Kastraten Filippo Balatri.<br />
46
Und wer genauer wissen möchte, was es mit dem Stimmphänomen auf sich hat, das<br />
seit den Kirchengesängen des Mittelalters die Gemüter bezaubert, verwirrt oder aufregt,<br />
hat drei Tage lang die Chance, sich ein weiterführendes Bild zu machen. Unter<br />
dem Titel Die andere Stimme – Hohe Männerstimmen zwischen <strong>Gluck</strong> und Rock breiten<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Erkenntnisse und Einschätzungen<br />
aus, gipfelnd in einer Matinee mit Fachleuten und dem Countertenor Valer Sabadus.<br />
Eine Woche lang nähern wir uns in der GLUCKWerkstatt den Klängen und Geschichten<br />
einer vergangenen Zeit. Sie werden hörbar und erlebbar in Beispielen<br />
möglichst originalgetreuer Wiedergabe – aber auch in experimenteller Aufbereitung<br />
voller Überraschungen. Sie lassen aufhorchen in der Erinnerung an Melodien und<br />
Themen, die uns vertraut sind. Sie lassen uns wiedererkennen, was uns nicht mehr<br />
präsent ist und Neues entdecken, das uns noch nicht vorstellbar war. Sie gehen uns<br />
an. In diesem Sinne ist <strong>Gluck</strong>s Musik Gegenwart.<br />
Um solche Erlebnisse zu teilen und zu feiern, laden die <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> allabendlich<br />
nach den Vorstellungen und Konzerten in die GLUCKLounge im Theatercafé<br />
der Tafelhalle ein.<br />
„Man muss einzig den Fortschritt der Kunst zum Ziele haben.“<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
47
FANTASIE UND KÜNSTLERDRAMA<br />
Ein Gespräch mit Dominique Horwitz und Norbert Nagel<br />
Ritter <strong>Gluck</strong> ist E.T.A. Hoffmanns allererste Erzählung, die er als<br />
33-Jähriger veröffentlichen konnte – 1809. <strong>Gluck</strong> war seit über 20<br />
Jahren tot – sein Werk aber lebendig und überall auf den Opernbühnen<br />
präsent. Das ist heute nicht mehr ganz so – was also macht für Sie<br />
den Reiz aus, sich mit dieser Erzählung zu beschäftigen?<br />
Dominique Horwitz: Beim ersten Lesen schon die tolle Sprache,<br />
die feine Ironie, mit der Hoffmann sein Künstlerschicksal schildert<br />
– zwischen Schaffensrausch und Scheitern. Ich finde seine<br />
Beschwörung romantischer Kreativitäts-Exzesse auch heute noch<br />
faszinierend, grotesk und anrührend zugleich. Kein Wunder,<br />
dass sich Hoffmann dabei an <strong>Gluck</strong> abarbeitete – den er ja nur<br />
anhand seiner Musik und vielleicht durch zeitgenössische Portraits<br />
gekannt haben kann –, in den er sich quasi hineinträumen<br />
musste, um seine eigenen Widersprüche auszudrücken. Denn<br />
natürlich spricht er von sich selbst, wenn er von <strong>Gluck</strong> spricht. Er<br />
war sein Idol. Er hatte es geschafft, aus einfachen Verhältnissen<br />
kommend, die Welt zu bewegen…<br />
RITTER GLUCK revisited<br />
Ein Fantasiestück nach<br />
E.T.A. Hoffmann<br />
Freie Lesung und Musik<br />
mit Dominique Horwitz<br />
und Norbert Nagel<br />
Fr, 28. Juni, 20 Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt, Theater<br />
Sa, 6. Juli, 20 Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt, Theater<br />
Was macht die Geschichte vom Ritter <strong>Gluck</strong> in den Augen eines<br />
Musikers besonders?<br />
Dominique Horwitz<br />
48
Norbert Nagel: Na ja, eine „Fantasy-Welt“, eine Erzählung? Eine<br />
Obsession? Die Zeitfenster verschieben sich. Ist es ein Traum?<br />
Geht es um Begegnungen in der Zwischenwelt? Im Jenseits? Sind<br />
es zwei Figuren, die da miteinander reden? Spricht da jemand<br />
mit sich selbst? Hat er zu viel Punsch getrunken? Der große Reiz<br />
liegt für mich darin, mit dem Stoff und Dominique ganz einfach<br />
auf die Reise zu gehen!<br />
Literatur und Musik. Genau diese Begegnung spiegelt sich in Ihrer<br />
beider Begegnung wider. Was ist für Sie das Anregende an dieser Zusammenkunft?<br />
NN: Für mich ist das Wort, die Literatur immer schon ein großes<br />
Thema gewesen. Ich war schon in jungen Jahren als Musiker und<br />
Komponist für verschiedene Schauspielproduktionen unterwegs.<br />
Als Partner von Schauspielern, Regisseuren. Mit Dominique ist es<br />
die erste Zusammenarbeit. Also sozusagen die zweite Premiere<br />
an diesem Abend.<br />
Wie werden Musik und Literatur an diesem Abend ineinandergreifen?<br />
Noch sind ja keine Proben – aber was wäre Ihr beider Wunsch?<br />
NN: Wir werden uns die Bälle zuspielen, denke ich. Manches<br />
wird für sich allein stehen. Dann wird es Duos geben. Überlappungen,<br />
Bewegungen nicht nur musikalisch und hoffentlich<br />
ganz viel Experimentelles.<br />
Dominique Horwitz wuchs in<br />
Paris auf, wo die Eltern einen<br />
Feinkostladen führten. 1977<br />
erhielt er seine erste Fernsehrolle<br />
in Eine Jugendliebe; die erste<br />
Kinorolle folgte ein Jahr darauf<br />
in Peter Lilienthals David.<br />
Anschließend war Horwitz<br />
am Zimmertheater Tübingen,<br />
am Bayerischen Staatsschauspiel<br />
in München und am<br />
Thalia Theater in Hamburg<br />
engagiert. Durch seine Rollen<br />
in Dieter Wedels Der große<br />
Bellheim (TV) und Joseph<br />
Vilsmaiers Stalingrad (Kinofilm)<br />
wurde Horwitz einem<br />
größeren Publikum bekannt.<br />
Als Sänger machte er sich einen<br />
Namen mit seinem Brecht/<br />
Weill-Programm und mit seiner<br />
Interpretation der Chansons<br />
von Jacques Brel. Bei den Bad<br />
Hersfelder <strong>Festspiele</strong>n im Juni<br />
2006 führte Horwitz erstmals<br />
Regie, und 2015 feierte er mit<br />
Tod in Weimar<br />
sein Debüt als Romanautor.<br />
DH: Rainer Mennicken hat in seiner Texteinrichtung hier und<br />
da angemerkt: „Dialog zwischen Hoffmann und Musiker“. Finde<br />
ich spannend. Das könnte bedeuten, dass sich die Grenzen verwischen<br />
und etwas Neues entsteht – auf lustvolle, überraschende<br />
und hoffentlich anarchische Weise.<br />
In der Novelle werden immer wieder Opern von <strong>Gluck</strong> angesprochen,<br />
darunter Iphigenie in Aulis und Armide. Werden Sie mit <strong>Gluck</strong>s<br />
Musik arbeiten? Wird anderes hinzukommen? Wie gehen Sie die<br />
Arrangements an?<br />
NN: Ganz klar werde ich Material aus Werken von <strong>Gluck</strong> bearbeiten...<br />
Vielleicht gehen wir aber auch weiter in die Romantik<br />
hinein und nehmen etwas aus den Nachtstücken von Schumann,<br />
die sich ja auf E.T.A. Hoffmann beziehen. Dazu kommen sicher<br />
eigene Kompositionen. Und da ich ein „Ein-Mann-Orchester“ bin,<br />
habe ich außerdem die Möglichkeit spontan auf Stimmungen<br />
zu reagieren...<br />
49
Hinter Hoffmanns Titel Ritter <strong>Gluck</strong> haben Sie den Begriff revisited<br />
(etwas wiederaufgreifen, auf etwas zurückkommen, etwas überdenken)<br />
gesetzt – was hat es damit auf sich?<br />
DH: Erst mal war das ein Reflex auf die Frage: Wollen wir einen<br />
herkömmlichen Abend nach dem Motto „Literatur und Jazz“ oder<br />
so? Nein, wollen wir nicht. Sowohl Hoffmann als auch <strong>Gluck</strong><br />
waren in gewisser Weise Radikal-Künstler, also sie wollten an<br />
die Wurzeln. Das muss man sich klar machen, da ging es nicht<br />
nur-beschaulich zu. Das wollen wir neu aufrollen.<br />
NN: Mit Vergnügen. Neu Überdenken ist das, was Künstler oder<br />
Menschen überhaupt ihr ganzes Leben machen sollten. Immer<br />
in Bewegung bleiben!?! Keine Angst vor Veränderungen haben.<br />
Auf dem finalen Höhepunkt der Erzählung beginnt der Unbekannte<br />
<strong>Gluck</strong>s Armide auf dem Klavier zu spielen, der Dichter soll während<br />
seines Spiels die Noten umblättern, aber die Seiten sind leer – Notenlinien<br />
ohne Noten. Entsetzt ruft er: „Was ist das? Wer sind Sie?“ und<br />
bekommt die Antwort „Ich bin der Ritter <strong>Gluck</strong>“. Wahnsinn? Fantasie?<br />
Wie lesen Sie diese Passage?<br />
NN: Vielleicht singen wir sie?!?<br />
DH: Da geht es ja in den Bereich des Phantastischen, der Magie.<br />
Das ist einerseits ein Bereich für den Wortzauberer Hoffmann.<br />
Andererseits steckt in der Unmöglichkeit der geschilderten<br />
Situation der Kern eines Kontrollverlusts. Ist vielleicht zu früh,<br />
dazu schon eine klare Aussage zu machen. Es interessiert mich,<br />
in der Geschichte die Spaltung, die Auflösung einer Persönlichkeit<br />
zu untersuchen...<br />
Der Abend wird als „freie Lesung“ bezeichnet – was kann sich der<br />
Zuschauer darunter vorstellen?<br />
DH: Wie gesagt: heraus aus der konventionellen Festform Lesung.<br />
Wohin uns das führt, werden wir sehen. Ein Tisch, zwei Stühle,<br />
ein Klavier, ein Saxophon, eine Klarinette und ein Mikrofon...<br />
Auffällig ist ja schon, dass die Erzählung passagenweise absolut<br />
dialogisch geschrieben ist. Dass sich die Gedanken nach innen<br />
und nach außen richten, dass sich da jemand verkriecht und<br />
dann wieder völlig aus sich herausgeht. Dass die Musik im Kopf<br />
ist und in der Luft. Reichhaltiges Futter für uns als Schauspieler<br />
und Musiker also. Das wollen wir schon transportieren.<br />
Norbert Nagel studierte Klarinette<br />
am Nürnberger Konservatorium<br />
und bildete sich an der<br />
Münchner Musikhochschule<br />
und im Jazz-Bereich an der<br />
Hochschule für Musik und<br />
Tanz Köln weiter. Seit 1992 ist<br />
Norbert Nagel Mitglied in der<br />
Thilo Wolf Big-Band, 1996<br />
wurde er für die RIAS Big<br />
Band als Lead-Altist verpflichtet.<br />
Norbert Nagel wird von<br />
verschiedenen Orchestern wie<br />
dem Deutschen Symphonie-<br />
Orchester Berlin, der Bayerischen<br />
Staatsoper München,<br />
den Berliner und Münchner<br />
Philharmonikern gebucht<br />
und arbeitet infolgedessen mit<br />
Dirigenten wie Christian<br />
Thielemann, Sir Simon Rattle<br />
oder Zubin Mehta. Mittlerweile<br />
ist Norbert Nagel als Studiomusiker<br />
auf mehr als 100 Tonträgern<br />
zu hören, unter anderem<br />
auf Hans Zimmers Das<br />
Geisterhaus und Lou Bega´s<br />
Mambo Nr. 5 und arbeitete mit<br />
internationalen Größen wie<br />
Till Brönner, Ricky Lawson,<br />
Dominic Miller und<br />
Al Martino.<br />
„<strong>Gluck</strong> zu singen ist<br />
wie eine Reise, eine<br />
Reise in die Tiefen<br />
der Seele.“<br />
Sonia Prina<br />
50
Norbert Nagel<br />
„Alles dieses, mein Herr, habe ich geschrieben, als ich aus dem Reich der Träume kam. Aber<br />
ich verriet Unheiligen das Heilige, und eine eiskalte Hand faßte in dies glühende Herz! Es<br />
brach nicht; da wurde ich verdammt, zu wandeln unter den Unheiligen wie ein abgeschiedener<br />
Geist...“ Hier spricht Hoffmann von der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit,<br />
zwischen Utopie der Kunst und Realität des Kunstgeschmacks. Kennen Sie als Künstler<br />
dieses Gefühl?<br />
NN: Ich werde als Musiker und Künstler immer wieder damit konfrontiert... oder<br />
besser: ich darf und muss mich in der Kluft, in den Zwischenräumen zwischen Utopie<br />
und Realität bewegen und schwingen!<br />
DH: Man muss das tun, was man tun muss. Natürlich handelt Ritter <strong>Gluck</strong> auch von<br />
der Einsamkeit, die jeder erfährt, der sich vor ein Publikum stellt, das Erwartungen<br />
mitbringt, manchmal mehr, manchmal weniger Sachverstand, manchmal Gleichgültigkeit<br />
und manchmal übergroße Begeisterung. Es wäre, glaube ich, zu kurz gegriffen,<br />
Ritter <strong>Gluck</strong> nur als Kritik am uninspirierten Opernbetriebsalltag in Berlin zu Zeiten<br />
Hoffmanns zu lesen. Der Text lotet tiefer. Er fordert uns direkt heraus. Deshalb ist er<br />
bis heute ein aktueller Klassiker.<br />
Das Gespräch führte Friederike Engel.<br />
51
GLUCK UND JAZZ?<br />
Auf die Anfrage, ob das Sunday Night Orchestra bei den <strong>Internationale</strong>n<br />
<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n <strong>2019</strong> mitwirken möchte, habe ich nach<br />
einem kurzen Gespräch, zugegeben leichtsinnigerweise und ohne<br />
groß nachzudenken, sofort mit einer gewissen Freude zugesagt.<br />
Jedoch auch ohne zu wissen, was damit auf das Orchester bzw.<br />
die Big Band zukommt. Ich bin (wieder einmal) einfach meinem<br />
Gefühl gefolgt, das mich vielleicht noch selten getäuscht, aber mir<br />
immer schon so manches an Arbeit eingebracht hat.Nachdem ich<br />
zwar Leiter des Ensembles, jedoch selbst kein Arrangeur bin, also<br />
keine Bearbeitungen beisteuern kann, musste ich diesbezüglich<br />
auf fachkundige Hilfe und Unterstützung zurückgreifen und<br />
die Arrangement-Aufträge auf mehrere Kollegen verteilen. Nach<br />
verschiedenen Anfragen und Rücksprache mit einigen Kollegen<br />
sowie Sichtung des musikalischen Grundmaterials wurde das<br />
Ausmaß an Arbeit, welches auf uns zukam, langsam ersichtlich.<br />
Trotzdem waren alle angefragten Bearbeiter begeistert, und<br />
es zeigte sich, dass es ein äußerst spannendes Projekt werden<br />
würde. Die einzige Vorgabe war, dass jedes an den <strong>Festspiele</strong>n<br />
beteiligte Ensemble Füllt mit Schalle jubelnd die Halle zur Aufführung<br />
bringen sollte, was sich quasi als „roter Faden“ durch<br />
das gesamte Festival ziehen wird. So weit, so gut. Dies sollte noch<br />
die am leichtesten zu lösende Aufgabe sein.<br />
Doch wie kann man Musik, die nun immerhin schon an die<br />
300 Jahre auf dem Buckel hat und mit Big Band und vor allem<br />
auch mit Jazz nicht sehr viel zu tun hat, so transformieren, dass<br />
sie in das moderne Gewand eines Jazzorchesters des 21. Jahrhunderts<br />
passt?<br />
GLUCK GOES BIGBAND<br />
Konzert mit dem<br />
Sunday Night Orchestra<br />
So, 30. Juni, 2o Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt, Theater<br />
Das Konzert wird<br />
aufgezeichnet von<br />
„<strong>Gluck</strong> war das pure<br />
Glück für die Musikgeschichte…<br />
Alles, was Hass,<br />
Liebe, Verzweiflung,<br />
Raserei in den stärksten<br />
Zügen ausdrücken<br />
kann, fasste<br />
er gewaltig in Töne<br />
zusammen!“<br />
Valer Sabadus<br />
Um ganz ehrlich zu sein: Ich habe nicht die geringste Ahnung!<br />
Was ich aber ganz sicher weiß: Das Sunday Night Orchestra hat<br />
in den 25 Jahren seines Bestehens schon so manche musikalische<br />
Herausforderung angenommen und hervorragend gemeistert.<br />
Und da wir auf einen Kreis von ebenso hervorragenden Arrangeuren<br />
wie Musikern zurückgreifen können, wird uns auch die<br />
Adaption der Musik von Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> nicht vor unlösbare<br />
Aufgaben stellen. Wenn sich preisgekrönte Arrangeure<br />
wie Steffen Schorn, Ralf Hesse, Christian Elsässer, Lutz Krajenski,<br />
Torsten Maass oder Michael Flügel (um nur einige zu nennen),<br />
allesamt Könner ihres Faches, an die Arbeit machen, <strong>Gluck</strong>s<br />
Musik in die Gegenwart zu hieven und „Big Band-kompatibel“ zu<br />
machen, dann kann ich mit Sicherheit sagen, dass das Ergebnis<br />
erstklassig, facetten- und farbenreich und darüber hinaus extrem<br />
verschiedenartig und spannend sein wird.<br />
52
Ob es nun die harmonisch weichen Klangwolken von Ralf Hesse,<br />
ein energiegeladenes, vertracktes Rhythmusgewitter Steffen<br />
Schorns, eine cool durcharrangierte Version von Christian Elsässer,<br />
eine von Torsten Maass humorvoll adaptierte Arie oder eine<br />
funky angehauchte Soulballade von Lutz Krajenski ist: Jeder der<br />
Bearbeiter kommt aus einer anderen Richtung, bringt seine ganz<br />
persönliche Erfahrung und Vorstellung mit, was das Gesamtprogramm<br />
sehr erfrischend vielseitig macht. Allen Arrangeuren<br />
wurde in ihrer Arbeit absolut freie Hand gelassen, da sie mein<br />
hundertprozentiges Vertrauen genießen in dem, was sie tun. Die<br />
einzige Vorgabe ist, dass alle Bearbeitungen ohne Dirigenten<br />
funktionieren müssen, da es diesen beim SNO nicht gibt.<br />
Das Sunday Night Orchestra<br />
ist eine Jazz-Big Band in Nürnberg.<br />
Das Orchester wurde 1994<br />
von Dejan Terzic und Sebastian<br />
Strempel als wöchentlich auftretendes<br />
Big Band-Ensemble<br />
gegründet, daher die Namensgebung<br />
in Anlehnung an The<br />
Monday Night Orchestra, New<br />
York.<br />
Weitere Gründungsmitglieder<br />
sind unter anderem Ralf Hesse,<br />
Jürgen Hahn, Edwin Göppel,<br />
Jürgen Neudert, Gerhard<br />
Gschlößl, Johannes Herrlich,<br />
Ralph Bauer, Oliver Leicht,<br />
Lutz Häfner, Norbert Emminger,<br />
Hubert Winter, Christian<br />
Weidner, Markus Schieferdecker<br />
und Bernhard Pichl. Die Band<br />
tritt einmal monatlich in der<br />
Nürnberger Tafelhalle auf.<br />
Anfang 2001 hatte Ed Partyka<br />
die musikalische Leitung des<br />
Orchesters übernommen, gefolgt<br />
von Jürgen Neudert 2009.<br />
Zusammen mit den Weltklassemusikern und -solisten des Sunday<br />
Night Orchestra wird es also am 30. Juni eine Überraschungsparty<br />
geben, die es in sich haben wird. Auf das Ergebnis bin ich selbst<br />
genauso gespannt wie das Publikum und freue mich enorm darauf.<br />
Jürgen Neudert<br />
53
GLUCKS TRAUM<br />
Der 6o-jährige Ritter <strong>Gluck</strong> hatte einen Traum. Von den Proben<br />
zu seinen Pariser Opernproduktionen und dem damit einhergehenden<br />
beständigen Kampf mit den Sängern und dem Orchester<br />
war er derart ausgelaugt, dass er sich gezwungen sah, sich auf<br />
das Krankenbett zurückzuziehen. Schon war das Gerücht aufgekommen,<br />
der Meister sei an einer heftigen Verdauungsstörung<br />
gestorben (und niemand hätte sich darüber ernsthaft gewundert,<br />
denn <strong>Gluck</strong> galt als ein starker Esser und Trinker, der durchaus in<br />
Momenten, in denen man dem Rest der Gesellschaft bereits den<br />
Nachtisch servierte, ein ganzes Rebhuhn mit einer reichlichen<br />
Portion Salat mit Genuss und Behagen verzehren konnte), aber<br />
seine Kraft war nicht gebrochen, sondern nur vorübergehend<br />
aufgehalten. Um ihn im Bett zurückzuhalten musste man ihm<br />
aus den Werken des verehrten Dichters Klopstock vorlesen, wobei<br />
die Frage erlaubt sein mag, ob diese Werke nicht einfach dafür<br />
gesorgt haben, dass der Komponist in einen höchst erholsamen<br />
Schlaf verfallen konnte.<br />
Dieser war wohl auch so verdient wie nötig, denn es erforderte<br />
ohne allen Zweifel eine gehörige Portion Kraft, der gefeiertsten<br />
Primadonna der Pariser Oper, nachdem sie sich beschwert hatte,<br />
„ihre Partie sei nur gesprochene Musik, sie aber wünsche große<br />
Arien zu singen“, vor dem versammelten Orchester ins Gesicht<br />
zu sagen: „Um größere Arien zu singen muss man erst singen<br />
können; daher, Mademoiselle, habe ich eine Ihnen und Ihren<br />
Kräften entsprechende Musik geschrieben. Versuchen Sie, gut<br />
zu sprechen, mehr verlange ich von Ihnen nicht, und denken Sie<br />
vor allem daran, daß Schreien nicht Singen heißt.“ Aber auch<br />
das Spiel der Instrumentalisten entsprach nicht im Geringsten<br />
<strong>Gluck</strong>s Vorstellungen. Ein Freund und Vertrauter <strong>Gluck</strong>s, der<br />
Maler Johann Christian Mannlich, aus dessen Erinnerungen hier<br />
zitiert wird, sah denn auch „des Öfteren im Geiste den Augenblick<br />
voraus, wo <strong>Gluck</strong> alle Geigen und anderen Instrumente an<br />
den Kopf fliegen würden.“<br />
Schöne Erinnerungen im Park von Saint-Cloud<br />
Als nun aber auch noch eben jenen guten Freund Mannlich eine<br />
schwermütige Stimmung erfasste, die ihn schließlich sorgfältig<br />
die Menschen und besonders Gesellschaften meiden ließ, verfiel<br />
Madame <strong>Gluck</strong>, treusorgende Gattin des Meisters, voll Güte und<br />
Teilnahme wie sie nun einmal war, auf den Gedanken, den Herren<br />
ein ländliches Mahl im Park von Saint-Cloud auszurichten. Man<br />
IM REICH DER SCHATTEN<br />
Erzählkonzert mit Corinna<br />
Schreiter, Martin Ellrodt,<br />
Yosemeh Adjei und der Neuen<br />
Nürnberger Ratsmusik , das<br />
Nürnberger Barockorchester<br />
(8+)<br />
So, 30. Juni, 17.00 Uhr,<br />
Redoutensaal Erlangen<br />
In Kooperation mit dem<br />
gVe Erlangen<br />
Mo, 1. Juli 10.00 und 11.45 Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt, Theater<br />
In Kooperation mit klasse.<br />
im.puls, FAU Erlangen-<br />
Nürnberg<br />
Der gebürtige Nürnberger mit<br />
ghanaischen Wurzeln Yosemeh<br />
Adjei, der als Bub im Windsbacher<br />
Knabenchor die Musik<br />
kennenlernte, die ihm den Weg<br />
weisen sollte, der von Thomas<br />
Quasthoff und Andreas Scholl<br />
wichtige Anregungen erfuhr,<br />
war verschiedentlich bei den<br />
<strong>Internationale</strong>n Händel-<br />
<strong>Festspiele</strong>n Göttingen, am<br />
Nationaltheater Mannheim,<br />
an der Oper Bonn (mit Händels<br />
Ezio) und bei der Ruhrtriennale<br />
erfolgreich.<br />
54
machte sich also im Kreis einiger Freunde, unter ihnen auch der<br />
berühmte Soprankastrat Millico und natürlich <strong>Gluck</strong>s Nichte und<br />
Adoptivtocher Maria Anna (Nanette) <strong>Gluck</strong> auf, und Mannlich<br />
berichtet: „Wir lagerten uns im Kreise um unsere ausgebreiteten<br />
Vorräte, ich hatte eine Flasche alten Rheinweins für Papa <strong>Gluck</strong> in<br />
die Tasche gesteckt. In trefflicher Laune und mit bestem Appetit<br />
aß und trank er. ‚Es lebe das einfache, unabhängige Leben, frei<br />
von jeglichem Zwange und aller Sorge!‘ rief er aus. ‚Ich habe es<br />
mir immer sehnlichst gewünscht und in meinem langen Leben<br />
nur vierzehn kurze Tage der Freiheit genossen, die ich niemals<br />
vergessen werde.‘“<br />
Diese vierzehn Tage der Freiheit, die der Erinnerung des 60-jährigen<br />
<strong>Gluck</strong> entspringen, begannen, so seine mutmaßlich eigenen<br />
Worte, „eines schönen Tages, als der Knabe, dem sein Vater zuvor<br />
die Instrumente weggeschlossen hatte, mit wenigen Groschen in<br />
der Tasche, heimlich das elterliche Haus verließ und in der Richtung<br />
nach Wien wanderte.“ Hier zeigt sich schon, wie sehr <strong>Gluck</strong>s<br />
oder auch Mannlichs Erinnerung verschoben oder verklärt war,<br />
denn er wanderte natürlich nach Prag, „unterwegs verschafften<br />
ihm die Lieder auf seiner Maultrommel bei Bauersleuten Nahrung<br />
und Nachtherberge“, zuweilen kommt er auch bei einem<br />
Pfarrherrn unter und gilt dort gar für einen ausgewachsenen<br />
Virtuosen. Am Ende ist er wohl in Prag angekommen, wo er<br />
sich offenbar bald dem geregelten Trott einer akademischen Ausbildung<br />
fügt. „Zuletzt“, um ihn wieder selbst zu Wort kommen<br />
zu lassen, „bin ich wohl zu dem geworden, was ich heute bin,<br />
aber noch immer schaue ich sehnsüchtig zurück auf die beiden<br />
Wochen, wo ich mittels meiner einfachen Maultrommel ein unabhängiges<br />
Leben führte.“<br />
Die Nürnbergerin Corinna<br />
Schreiter studierte Gesang am<br />
Meistersinger-Konservatorium<br />
ihrer Heimatstadt bei Manfred<br />
Capell und vervollständigte ihre<br />
Ausbildung bei Margot Gerdes<br />
an der Hochschule für Musik in<br />
München. Von 1989 bis 1991<br />
war sie an den Städtischen<br />
Bühnen Münster als lyrischer<br />
Sopran engagiert. Seit 1992<br />
vertieft sie ihr Repertoire als<br />
freischaffende Konzert- und<br />
Oratoriensängerin mit namhaften<br />
Dirigenten und Orchestern,<br />
zum Beispiel dem Barockorchester<br />
La Banda, den Nürnberger<br />
Symphonikern sowie den<br />
Bamberger Symphonikern.<br />
Der Traum von der Freiheit<br />
„Freude und jugendliches Feuer strahlte uns aus den Augen<br />
des sechzigjährigen Erzählers entgegen, an dessen Seele diese<br />
Bilder aus einer längst verklungenen Zeit wieder vorübergezogen<br />
waren. „‚Könnte ich doch,‘ so schloß er, ‚noch einmal diese<br />
köstlichen Tage trotz meinem Alter und Wirkungskreis wiedererstehen<br />
lassen!‘“ Sofort überschlagen sich <strong>Gluck</strong>s Freunde mit<br />
hilfreichen Anregungen, aber es war Mannlich, der die Idee hatte,<br />
„als fahrende Komödianten unter anderen Namen von Stadt zu<br />
Stadt zu ziehen und italienische Operetten aufzuführen. <strong>Gluck</strong><br />
55
ging voll Eifer auf diesen Gedanken ein und verteilte sogleich<br />
die Rollen. ‚Meine Tochter und Millico werden die Serva padrona<br />
aufführen, ich die Klavierbegleitung übernehmen, meine Frau<br />
an der Tür das Geld einsammeln. Fontenent und Sie spielen die<br />
erste und zweite Violine!‘“<br />
Der Traum von einer unbeschwerten Operntournee ohne den<br />
Ballast eines großen Orchesters und zu vieler lästiger Sänger<br />
hatte <strong>Gluck</strong> gepackt und ließ ihn auch in den nächsten Jahren<br />
nicht los, denn immer wieder kommt er in Gesprächen mit seinen<br />
Freunden darauf zurück. Natürlich ist mit dem genannten<br />
Stück Pergolesis La serva padrona gemeint, aber wäre es nicht<br />
auch denkbar, dass die Freunde auf einer solchen „komischen<br />
Tournee“, die <strong>Gluck</strong> „am liebsten im nämlichen Augenblicke angetreten<br />
hätte“, vor den Honoratioren eines kleinen Städtchens<br />
auch den Orfeo des Meisters zur Erbauung der Modegecken und<br />
des sonstigen gefälligen Publikums zum Besten gegeben hätten?<br />
Immerhin war schon vor der Premiere des Pariser Orphée einer<br />
gewählten Gesellschaft im Salon eines gewissen Abbé Morellet<br />
zweimal das große Vergnügen zuteilgeworden, einer Aufführung<br />
dieses Werkes beiwohnen zu dürfen, bei der <strong>Gluck</strong> am Cembalo<br />
das Orchester darstellte, während Millico den Orpheus sang und<br />
<strong>Gluck</strong>s Adoptivtochter Nanette sowohl die Rolle des Amor als<br />
auch die der Eurydike übernahm.<br />
Im Reich der Schatten<br />
Und so mag man sich in <strong>Gluck</strong>s Traum gerne vorstellen, wie ein<br />
begnadeter Sänger und eine beseelte Sängerin mit ihren Stimmen<br />
die drei Rollen der Oper lebendig werden lassen, während einige<br />
ausgewählte Freunde mit ihren Instrumenten die Vorstellung<br />
und Wirkung des Orchesters erwecken.<br />
Martin Ellrodt arbeitete für<br />
einige Jahre in der freien Theaterszene<br />
als Schauspieler und<br />
Puppenspieler, bevor er im Jahre<br />
1991 seine Leidenschaft für das<br />
freie Erzählen von Geschichten<br />
entdeckte. Martin Ellrodt<br />
erzählt Geschichten aus der<br />
mündlichen Überlieferung und<br />
aus der Weltliteratur; in seinem<br />
sich ständig erweiternden Repertoire<br />
befinden sich Sagen und Mythen,<br />
aber auch moderne Geschichten<br />
und Märchen – und dies in vier<br />
Sprachen (Deutsch, Englisch, Spanisch<br />
und Tschechisch)! Er schrieb<br />
ein Buch zum Unterrichten der<br />
Erzählkunst und lehrt diese auch<br />
an Universitäten und Fachhochschulen.<br />
„Als Fünfjähriger im Klavierunterricht bin ich <strong>Gluck</strong> zum ersten Mal<br />
begegnet. Meine Klavierlehrerin legte am Ende der Stunde immer kleine<br />
Portraits von Komponisten auf die Tastatur, die ich chronologisch nach<br />
Geburtsjahr anordnen sollte. Das freundliche Mondgesicht war mir<br />
damals schon sympathisch…“<br />
Alexander Moore<br />
56
Zu <strong>Gluck</strong>s Lebzeiten sollte sein Traum nicht mehr in Erfüllung<br />
gehen, denn viel zu eingespannt war der Meister, als dass er seine<br />
schönen Pläne hätte verwirklichen können. Aber vielleicht schaffen<br />
es ja die seinem Ideal nacheifernden Vorstellungen von Im Reich<br />
der Schatten bei den <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n <strong>2019</strong>...<br />
Um die Geschichte von Orpheus’ Abstieg in die Unterwelt<br />
auch Kindern vorzustellen und nahezubringen, arrangiert die<br />
Neue Nürnberger Ratsmusik in einer klein besetzten und doch<br />
farbigen Fassung die zentralen Musikstücke von <strong>Gluck</strong>s Oper.<br />
Die Aufführung orientiert sich hierbei gewissermaßen an jener<br />
Traum-Vorstellung eines charmant improvisierten Marktplatztheaters.<br />
Die eigentliche Hauptrolle spielt hierbei der Erzähler,<br />
denn er lässt in den Köpfen der Kinder und auch erwachsener<br />
Zuhörer abwechslungsreich und unterhaltsam das Bild einer<br />
Orfeo-Inszenierung erstehen, indem er nicht nur durch die<br />
Geschichte führt und dabei immer wieder humorvoll über Sinn<br />
und Unsinn des antiken Mythos spekuliert, sondern auch mit<br />
der bloßen Kraft seiner Worte die wunderbare Welt des Theaters<br />
zu <strong>Gluck</strong>s Zeit mit all seinen aufwendigen Bühnenbildern und<br />
Verwandlungen lebendig werden lässt.<br />
Anknüpfend an die Tradition der<br />
historischen Nürnberger Rathsmusik<br />
des 17. und 18. Jahrhunderts<br />
spielt die Neue Nürnberger<br />
Ratsmusik in der Besetzung einer<br />
typischen Hofkapelle der Barockzeit.<br />
Die professionellen Musiker<br />
sind Spezialisten für historische<br />
Aufführungspraxis, haben sich mit<br />
Spielweise und Instrumentarium<br />
jener Zeit intensiv befasst und<br />
bringen die „Alte Musik“ aufregend<br />
neu zum Klingen.<br />
Michael Kämmle<br />
57
DAS GEOPFERTE KIND<br />
Iphigenie ist eine Königstochter, stammt also aus höheren Kreisen<br />
und soll verheiratet werden. So glaubt sie und folgt dem Ruf<br />
ihres geliebten Vaters und obersten Heeresführers ins Lager der<br />
Kriegsflotte. Doch statt des Traualtars erblickt sie dort den Opferaltar<br />
und muss schmerzhaft erkennen, dass ihr eigener Vater sie<br />
in eine Falle gelockt hat: Sie selbst ist es, die geopfert werden soll,<br />
weil das Orakel es verlangt. Sonst gibt es keinen Wind, und die<br />
Flotte kann nicht in den Krieg gegen die Feinde segeln.<br />
Eine harte Geschichte, in der ein Kind für höhere, politische<br />
Zwecke geopfert werden soll. In unserer Werkstatt nehmen wir<br />
den Blickwinkel der Tochter ein. Den Handlungsstrang schneiden<br />
wir aus Euripides’ Iphigenie in Aulis heraus, der mit dieser<br />
Geschichte vor knapp 2500 Jahren einen Preis, eine Art Oscar<br />
für Stückeschreiber, gewonnen hat. Die schnellen Wendungen<br />
in der Originalgeschichte würden heutzutage gut für eine Soap<br />
oder eine Telenovela mit grotesk-komischen Zügen taugen. Und<br />
gleichzeitig verbergen sich spannende Fragen darin, die uns<br />
heute in ähnlicher Weise beschäftigen wie die Menschen damals:<br />
Fragen nach der Selbstbestimmung des eigenen Lebens, Fragen<br />
der Macht, Fragen der Sachzwänge und Fragen nach dem Verhältnis<br />
der Generationen. Denn Kinder werden auch heutzutage<br />
geopfert und für die Interessen der Erwachsenen missbraucht.<br />
Oder ihre Lebensgrundlage wird so sehr geschädigt, dass es einer<br />
Opferung gleichkommt.<br />
Was hat das mit Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> zu tun? Nun, seine erste<br />
Oper in Paris war Iphigenie in Aulis (1774), die dort schon während<br />
der Proben für großes Diskussionen sorgte, weil es Herr <strong>Gluck</strong><br />
wagte, Gesang, Darstellung und Orchester mit seiner offenen,<br />
kritischen Meinung zu konfrontieren und damit anscheinend<br />
viele Eitelkeiten verletzte.<br />
GESUCHT: IPHIGENIE<br />
Werkstatt-Projekt der pfütze<br />
jungeMET im Rahmen der<br />
<strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>.<br />
Für Jugendliche ab 12(+)<br />
und Erwachsene<br />
Solo für eine Schauspielerin<br />
mit dem Kammerensemble<br />
„ensemble fraktale“<br />
Mit: Elisa Merkens (Schauspiel),<br />
Miria Sailer (Geige),<br />
Marie Erndl (Blockflöte),<br />
Sophia Schulz (Violoncello),<br />
Christopher Kunz (Saxophon),<br />
Paul Bießmann (Electronics,<br />
Tropfenklavier), Dominik Vogl<br />
(Gitarre)<br />
Regie: Jürgen Decke<br />
Komposition und<br />
Arrangements: Dominik Vogl<br />
Bühne, Licht und Ausstattung:<br />
Andreas Wagner<br />
Ton: Florian Kenner<br />
Di, 2. Juli, 9.30, 11.30<br />
und 19.00 Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt, Theater<br />
„Als ich den<br />
Orpheus einmal in<br />
Salzburg gesehen<br />
habe, mein Vater war<br />
vorher verstorben,<br />
da dachte ich:<br />
Wenn das Elysium so<br />
klingt, habe ich keine<br />
Angst.“<br />
Robert Joseph Bartl<br />
58
Alter Geist und neue Klänge<br />
Für Gesucht: Iphigenie hat unser Komponist Dominik Vogl viel<br />
<strong>Gluck</strong>-Musik gehört, gelesen und analysiert, aber nicht um <strong>Gluck</strong>s<br />
Musik daraufhin für unser Projekt nur neu zu arrangieren oder<br />
modisch für die Gegenwart aufzuhübschen. Nein, von Anfang<br />
an war klar, es soll aus dem Geist des alten Meisters eine neue,<br />
eigenständige Musik entstehen. Seinem Ernst nachzuspüren,<br />
seiner musikalischen Fantasie, seinem zutiefst humanen Interesse<br />
am Schicksal der Iphigenie – all das wurde zur Voraussetzung<br />
dieser neuen Musik. Wie <strong>Gluck</strong> musikalisch mit Charakteren,<br />
deren Interaktion und mit dramatischen Situationen umging,<br />
welche Klangwelten den beteiligten Figuren zugeordnet sind,<br />
welches harmonische, melodische und rhythmische Material er<br />
für Iphigenie verwendete – vieles daran war neu und aufregend<br />
für seine Zeit und ermutigt auch uns, „den Fortschritt der Kunst<br />
zum Ziele“ zu haben. Die Nürnberger Iphigenie klingt nicht wie<br />
das, was wir von <strong>Gluck</strong> zu hören gewohnt sind, aber sie gründet<br />
sich auf ihn, reflektiert seine musikalischen Strukturen, atmet<br />
seinen Geist. Eine Gratwanderung zwischen dramatischer Handlung<br />
und konzertantem Klangerlebnis. Ein faszinierendes Netz,<br />
in dem sich Kopf, Bauch und Herz der Hörer verfangen dürfen.<br />
Das ensemble fraktale formierte<br />
sich 2016 in Nürnberg und setzt<br />
sich aus Studierenden der Hochschule<br />
für Musik Nürnberg sowie<br />
Künstlern aus den Bereichen<br />
Tanzperformance und digitaler<br />
Medien zusammen. Es ist dem<br />
Ensemble ein großes Anliegen,<br />
die Qualitäten und Aussagen<br />
verschiedener künstlerischer Ausdrucksweisen<br />
zu kombinieren,<br />
zum Beispiel der klassischen<br />
Musik, des Jazz und der Neuen<br />
Musik, der Komposition, des<br />
Tanzes, der Filmkunst und der<br />
elektronischen Musik. Damit werden<br />
grenzübergreifende Räume<br />
geschaffen, in denen die Künste<br />
jeweils in Interaktion treten und<br />
ein neues künstlerisches Ganzes<br />
ergeben.<br />
Sprache und Musik im Dialog<br />
Parallel zu den musikalischen Proben entwickelten wir die<br />
szenische Anordnung und modellierten den Werkstatt-Text. Im<br />
Probenprozess liefen viele Vorgänge nebeneinander und durften<br />
sich gegenseitig beeinflussen. So experimentierten wir immer<br />
wieder mit dem Verhältnis von Sprache und Musik: Wie lässt sich<br />
zum Beispiel ein nachvollziehbarer, direkter Dialog zwischen der<br />
Schauspielerin und dem Musikensemble gestalten? Funktioniert<br />
es, wenn auf der einen Seite die Wortsprache steht und auf der<br />
anderen Seite die Musik?<br />
Nach den sehr inspirierenden und konzentrierten Tagen in<br />
der Werkstatt freuen wir uns nun auf die Präsentation unserer<br />
Ergebnisse in den Aufführungen und sind gespannt auf ein<br />
generationenübergreifendes Werkstattpublikum. Im besten Fall<br />
öffnen sich Ohren und Geist, um eine alte, klassische Geschichte<br />
neu zu hören und zu entdecken.<br />
Elisa Merkens wurde in Stuttgart<br />
geboren, entschied sich nach<br />
einem Studienjahr im Grundschullehramt<br />
für ein Schauspielstudium<br />
an der Musik und Kunst<br />
Privatuniversität Wien (2012 bis<br />
2016). Seit 2016 ist sie Ensemblemitglied<br />
am Theater Pfütze e.V.<br />
in Nürnberg und dort zu sehen<br />
unter anderem in Cyrano,<br />
Heidi und Das Buch von<br />
allen Dingen.<br />
Jürgen Decke<br />
59
GLASKLANG ÜBER FÜNF OKTAVEN<br />
Ein Gespräch mit Anna Szafraniec von GlassDuo Danzig<br />
Gläser sind schön und zerbrechlich– so auch die klaren, glanzvollen<br />
Töne, die ihnen entlockt werden können. Bereits im Mittelalter<br />
wurden die eigentümlichen Klänge entdeckt, die man auf den<br />
nützlichen Alltagsgefäßen, sei es mit dem Finger oder einem<br />
Schlägel, erzeugen konnte – und die klangliche Variation, die<br />
sich durch den Füllstand dabei ergab. Im 18. Jahrhundert eroberte<br />
die Glasmusik die Konzertsäle, und vor allem in England feierte<br />
man das neue Klangerlebnis. So kam es, dass auch Christoph<br />
Willibald <strong>Gluck</strong>, der 1745 für zwei Kompositionsaufträge auf die<br />
Insel kam, die Glasharfe für sich entdeckte. Für den 23. April 1746<br />
kündigte er im General Advertiser an, „auf 26 mit Quellwasser<br />
gestimmten Gläsern alles auszuführen, was auf einer Violine<br />
oder einem Cembalo gespielt werden kann“. Das Konzert fand<br />
mit Begleitung eines Kammerorchesters im Londoner Haymarket<br />
Theatre statt und war ein großer Erfolg. 1749 wurde es in Kopenhagen<br />
wiederholt. Danach verliert sich die Glasmusik in <strong>Gluck</strong>s<br />
musikalischem Wirken. Musikgeschichtlich erlebt sie 1761 mit<br />
der Erfindung der Glasharmonika durch Benjamin Franklin (bei<br />
der die Klänge mit rotierenden Gläsern erzeugt werden) noch<br />
einmal einen Aufschwung – heute ist sie eine glanzvolle Rarität.<br />
Mit Anna und Arkadiusz Szafraniec, dem GlassDuo Danzig, begrüßen<br />
die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> zwei der wenigen<br />
professionellen Glasmusikerinnen und -musiker in Nürnberg.<br />
GLUCKVibration!<br />
Instrumentale Faszination<br />
seit 300 Jahren –<br />
MetropolMusik Nürnberg<br />
feat. GlassDuo Danzig &<br />
Izabella Effenberg<br />
Mi, 3. Juli, 20.00 Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt,<br />
Theater<br />
Das MetropolMusik Nürnberg<br />
Kollektiv hat es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, die Musik der<br />
in der Metropolregion Nürnberg-Fürth-Erlangen-Schwabach<br />
beheimateten schöpferischen<br />
Musiker aufzuführen<br />
und zu verbreiten. Zeitgenössische<br />
Musik, aktuelle Klassik<br />
und Jazz sind für Konzerte<br />
des MetropolMusik e.V. ebenso<br />
interessant wie ambitionierte<br />
Popmusik, Rock, Folk oder<br />
GlassDuo Danzig<br />
60
Im Gepäck haben sie die aus 57 geschliffenen Gläsern bestehende<br />
größte Glasharfe der Welt. Auf ihr werden sie gemeinsam<br />
mit der Vibraphonistin Izabella Effenberg und Musikern der<br />
MetropolMusik Nürnberg <strong>Gluck</strong> zum Schwingen bringen…<br />
Wie kommt man dazu, ein so außergewöhnliches Instrument zu spielen?<br />
Arkadiusz und ich kennen uns aus dem Sinfonieorchester in<br />
Danzig, wo wir als Violinistin und Trompeter engagiert waren.<br />
Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, wurden Freunde<br />
und haben schlicht aus musikalischer Neugier angefangen, uns<br />
eine Glasharfe zu bauen – ohne wirklich ernsthaft über irgendeine<br />
professionelle Zukunft nachzudenken. Nachdem wir dann<br />
einige Wochen mit unserem Instrument herumexperimentiert<br />
hatten, wurde uns aber bewusst, dass es vielleicht doch mehr<br />
als ein musikalisches Spielzeug sein könnte. Der künstlerische<br />
Leiter unseres Orchesters bot uns dann an, ein Solokonzert mit<br />
Orchesterbegleitung auf unserer Glasharfe zu geben. Das war<br />
eine ganz grundlegende Erfahrung, die uns ermutigte, in diese<br />
Richtung weiterzudenken.<br />
Wie sind Sie zu Ihrer heutigen Glasharfe gekommen?<br />
Anfangs gab es tatsächlich keinen Glasharfenbauer, der fähig<br />
war, ein Konzertinstrument für uns zu entwerfen. Das Problem<br />
lag vor allem darin, dass es ein im Duo spielbares Exemplar sein<br />
musste. Es brauchte viel Zeit, bis wir die für uns beste Form<br />
und den geeigneten Tonumfang gefunden hatten. Fünf Oktaven<br />
umfasste es am Ende und ohne es zu bemerken, hatten wir uns<br />
die weltgrößte professionelle Glasharfe gebaut. Nach 20 Jahren<br />
Konzerterfahrung mit dem von uns entworfenen Instrument sind<br />
wir einen Schritt weitergegangen. 2018 haben wir mit G2 Glass<br />
Instrument Makers den einzigen Glasharfen-Vertrieb weltweit<br />
gegründet. Jeder kann bei uns jetzt ein Instrument bestellen und<br />
lernen, darauf zu spielen.<br />
Menschen lieben Anekdoten… Und wenn Sie regelmäßig mit so vielen<br />
Gläsern unterwegs sind – da gibt es sicher einiges zu erzählen, oder?<br />
Ja, es ist immer eine Zerreißprobe, mit einem so fragilen Instrument<br />
zu reisen. Dennoch haben wir es schon in rund 40<br />
verschiedene Länder dieser Welt geschafft, und glücklicherweise<br />
gab es bisher nur einen kleinen, nicht weiter aufregenden Unfall.<br />
Unsere Transportkoffer sind ziemlich gut – aber eben auch recht<br />
sperrig, und natürlich erleben wir da manchmal ganz lustige<br />
Experimentelles. Dieses Verwirklichen<br />
origineller Ideen in<br />
Überwindung der Beckmesserei<br />
hat ja gerade in Franken eine<br />
jahrhundertelange Tradition.<br />
Ausdrückliches Ziel ist es<br />
daher, besonders den kreativen<br />
Musikschaffenden ein gemeinsames<br />
Forum zu bieten, und so<br />
möglichst große Aufmerksamkeit<br />
auf dieses charakteristische<br />
regionale Potenzial zu lenken.<br />
Anna und Arkadiusz Szafraniec<br />
sind das GlassDuo<br />
Danzig. Verzaubert vom Klang<br />
der Gläser, verließen sie das<br />
Sinfonieorchester in Danzig<br />
und begannen, die Glasharfe<br />
im Duo zu spielen. Sie<br />
haben erfolgreich mit Streichquartetten<br />
und verschiedenen<br />
Kammerensembles zusammengearbeitet<br />
und mit den meisten<br />
polnischen Orchestern gespielt,<br />
darunter die Warschauer Nationalphilharmonie<br />
und die Sinfonia<br />
Varsovia, sowie auch mit<br />
Orchestern außerhalb Polens.<br />
Sie sind die einzige Glasmusikgruppe<br />
in Polen und eines<br />
der wenigen professionellen<br />
Ensembles weltweit. GlassDuo<br />
konnte bereits mehrere eigens<br />
für sie komponierte Musikwerke<br />
uraufführen und machte zahlreiche<br />
Aufnahmen für Radio<br />
und Fernsehen, unter anderem<br />
mit Arte TV und der BBC. Das<br />
Duo wurde bereits zu vielen<br />
Musik- und Kulturfestivals auf<br />
der ganzen Welt eingeladen.<br />
61
Dinge. Einmal zum Beispiel waren wir auf dem Weg nach Mexiko<br />
und mussten aufgrund eines Lufthansa-Streiks eine andere<br />
Route nehmen als geplant. Es war alles furchtbar stressig, und wir<br />
wurden erst in allerletzter Minute als Passagiere für den Ersatzflug<br />
zugelassen. Als wir am Gate ankamen, stand nur leider kein<br />
Flugzeug mehr da. Wir beschwerten uns daraufhin umgehend im<br />
Büro der Airline und tatsächlich:Der Flieger kehrte für uns um!<br />
Als wir dann mit unseren einschüchternd großen Silberkoffern<br />
an Bord der Maschine gingen, blickten wir in die erstaunten, teilweise<br />
ängstlichen Augen unserer Mitreisenden. Für wen mussten<br />
sie uns halten? Wir haben uns wie düstere Geheimagenten, wie<br />
zwielichtige Charaktere aus einem Actionfilm gefühlt.<br />
Kommen wir auf die Musik zu sprechen. Was macht sie in Ihren<br />
Augen so besonders?<br />
Glasmusik ist heute leider nicht besonders populär – wir leben<br />
schließlich im Zeitalter der Mikrofone und Lautsprecher! Die<br />
Freude an Glasmusik ist also für manche Leute überhaupt nicht<br />
nachvollziehbar. Sie ist ihnen viel zu zart, zu ätherisch… Die<br />
meisten empfinden diese Musik außerdem anfangs als äußerst<br />
irritierend, was vermutlich an ihrer Einzigartigkeit liegt. Der<br />
Zuhörer denkt sich: „Wonach klingt das?“, denn der Mensch ist<br />
darauf gepolt, Dinge zu vergleichen und nach Ähnlichkeiten zu<br />
suchen – aber er findet keine. Man muss anders hören. Glasmusik<br />
entspannt und beruhigt. Sie muss nicht laut sein – sie berührt<br />
direkt die Seele. Und das Schöne ist, wir haben es wortwörtlich in<br />
der Hand. Unsere Technik als professionelle Musiker entscheidet<br />
über die Feinheit des Klangs.<br />
Zunächst studierte Izabella<br />
Effenberg klassisches Schlagzeug<br />
in Polen. Anschließend<br />
begann sie ein Jazzstudium bei<br />
Bill Molenhof und absolvierte<br />
2012 den Masterstudiengang<br />
Jazz Mallets bei Roland Neffe<br />
an der Musikhochschule Nürnberg.<br />
Sie spielt in verschiedenen<br />
Formationen und hat bereits<br />
zahlreiche Preise gewonnen,<br />
unter anderem beim Pinneberger<br />
Summer Jazz Festival,<br />
beim Kammermusikwettbewerb<br />
des Mozartvereins 1829 e.V.<br />
in Nürnberg und beim Bruno<br />
Rother Jazzwettbewerb in<br />
Nürnberg. Im November 2013<br />
hat Izabella Effenberg ihre<br />
Debü-CD Cuentame beim<br />
Bayerischen Rundfunk aufgenommen.<br />
Außerdem organisiert<br />
sie zusammen mit Volker<br />
Heuken das Festival Vibraphonissimo<br />
in Nürnberg/Fürth.<br />
Sie ist Kulturpreisträgerin<br />
der Stadt Nürnberg 2018.<br />
Und <strong>Gluck</strong>?<br />
<strong>Gluck</strong> und Pockridge (irischer Musiker 1695-1759) waren ja so etwas<br />
wie Pioniere auf der Glasharfe oder Engelsorgel, wie Pockridge<br />
sie nannte. Leider wissen wir wenig über <strong>Gluck</strong>s Beziehung zu<br />
diesem Instrument, und auch aus den Konzerten in London und<br />
Kopenhagen ist so gut wie nichts überliefert. Hat er jemals für<br />
die Glasharfe komponiert? Vermutlich nicht. Aber nichtsdestotrotz<br />
können wir <strong>Gluck</strong>s Werke ja, wie er selbst es getan hat, auf<br />
Instrumenten interpretieren, die von ihm ursprünglich nicht<br />
vorgesehen waren, also auch auf der Glasharfe. Und wir sind<br />
uns ziemlich sicher, dass ihm das gefallen würde!<br />
Das Gespräch führte und übersetzte<br />
aus dem Englischen Friederike Engel.<br />
62
Izabella Effenberg<br />
63
VON DER ANDEREN SEITE GESEHEN<br />
Als mich Rainer Mennicken vor einem Jahr fragte, ob ich Lust<br />
hätte, für die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> ein Projekt über<br />
Eurydike und Orpheus zu machen, also eigentlich eher über Eurydike<br />
als über Orpheus, habe ich spontan „Ja“ gesagt, ohne zu<br />
wissen, worauf ich mich einlasse... Der Rahmen stand schnell fest:<br />
ein literarisch-musikalischer Abend. Béatrice Kahl, die Pianistin,<br />
mit der ich seit ein paar Jahren erfolgreich zusammenarbeite,<br />
war auch sofort im Boot, und unsere gemeinsame Reise begann.<br />
Annäherung an den Mythos<br />
Ich kannte die Oper von <strong>Gluck</strong>, den Film Orfeu Negro von Marcel<br />
Camus, die Operette Orpheus in der Unterwelt von Jacques<br />
Offenbach, ich erinnerte mich an die betreffende Stelle in den<br />
Metamorphosen des Ovid und an ein paar Gedichte, die Eurydike<br />
und Orpheus zum Thema haben. Doch schon bevor ich anfing,<br />
tiefer in die Thematik einzudringen, spukte mir immer wieder<br />
eine Frage im Kopf herum: Warum hat Orpheus sich umgedreht?<br />
Obwohl er wusste, was passieren würde, hat er sich nach ihr umgedreht!!!<br />
WARUM? Ist es wirklich nur der „Blick voll Liebe und<br />
Verlangen“? Angelo Poliziano lässt in seinem 1480 geschriebenen<br />
Drama Die Tragödie des Orpheus den Helden sagen: „Wer ist’s, von<br />
dem die Liebenden Gesetz empfangen?/Muß nicht Vergebung<br />
kommen/für einen Blick voll Liebe und Verlangen?/Nachdem<br />
mir meine Freude nun genommen,/in Schmerz sich kehrte, muß<br />
ich es denn wagen,/den Tod ein zweites Mal um sie zu fragen.“<br />
EURYDIKE & ORPHEUS<br />
Ein literarisch-musikalischer<br />
Abend mit Elke Wollmann<br />
und Béatrice Kahl<br />
Do, 4. Juli, 20 Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt, Theatercafé<br />
So, 7. Juli, 19.30 Uhr,<br />
Wenzelschloss Lauf, Kaisersaal<br />
Mi, 10. Juli, 19.30 Uhr,<br />
Aula des Willibald-<strong>Gluck</strong><br />
Gymnasiums Neumarkt<br />
Orpheus will also bei Poliziano die Götter zum zweiten Mal „fragen“,<br />
ob Eurydike nicht ins Leben zurückkehren könne. Warum<br />
folgt er ihr nicht einfach? Wenn er wirklich nicht ohne sie leben<br />
kann, könnte er sich doch für den Selbstmord entscheiden…<br />
Warum ist das für ihn keine Alternative? Diese Fragen stellte ich<br />
mir, als ich das Symposion von Platon entdeckte. In seinem Werk<br />
in Dialogform lässt Platon die Orpheus-Geschichte durch Phaidros<br />
kommentieren: „Den Orpheus aber, den Sohn des Diagros,<br />
schickten sie unverrichteter Sache aus der Unterwelt zurück, indem<br />
sie nur die Erscheinung der Frau ihm zeigten, um deretwillen er<br />
gekommen war, nicht aber sie selbst ihm gaben, weil er ihnen zu<br />
weichlich zu sein schien wie ein Spielmann und nicht das Herz<br />
zu haben, der Liebe wegen zu sterben wie Alcestis, sondern sich<br />
lieber ausgedacht hatte, lebend in die Unterwelt einzugehen.“<br />
Ein 2400 Jahre alter Text gab mir eine einfache Antwort! Aber<br />
war Orpheus für eine so folgenschwere Entscheidung tatsäch-<br />
64
Béatrice Kahl und Elke Wollmann<br />
65
lich zu „weichlich“? Nur Jean Anouilh, einer der vielen Dichter,<br />
der neben Jean Cocteau, Oskar Kokoschka und Caldéron de la<br />
Barca seine Sicht auf den Stoff in die Form eines Theaterstückes<br />
brachte – nur er stellt seinen Orpheus vor die Wahl, zu sterben<br />
oder ohne Eurydike weiterzuleben. Anouilh ist auch der einzige,<br />
der Eurydike ins Zentrum stellt, denn sein Stück heißt Eurydike!<br />
Eurydike ist Schauspielerin und Orpheus Musiker, der am Ende<br />
seiner geliebten Eurydike in den Tod folgen wird. Die meisten<br />
Schriftsteller haben sich über alle Zeiten hinweg auf Orpheus<br />
konzentriert. Shakespeare, Rilke, Dante, Boccaccio haben Hymnen<br />
auf Orpheus, den Sänger, den Künstler geschrieben! Vielleicht hat<br />
er sich ja auch umgedreht, weil er weiterhin der große Künstler<br />
bleiben wollte...? Kreativität entsteht oft genug aus dem Leiden,<br />
der Leidenschaft und der Verzweiflung. Ist die erfüllte Liebe<br />
genauso inspirierend? Hat Orpheus sich einfach für die Kunst<br />
entschieden? Interessieren und interessierten sich deshalb so<br />
viele Schriftsteller und Philosophen für ihn?<br />
Doch was ist eigentlich mit Eurydike?<br />
Bereits 29 v. Chr. erwähnt Vergil sie in seiner Georgica, aber insgesamt<br />
ist über sie in der Literatur viel weniger zu finden. Meist<br />
bleibt Eurydike das Objekt, und nur wenige Schriftsteller lassen<br />
sie zum Subjekt werden. Was ist ihre Sichtweise? Wie sieht es<br />
mit ihren Gefühlen aus? Will sie wirklich in ihr altes Leben<br />
zurück, was Orpheus ja in den meisten Fassungen voraussetzt?<br />
Könnte der Tod für sie fast eine „Erlösung“ sein? In Offenbachs<br />
Orpheus in der Unterwelt scheint er ihr geradezu willkommen zu<br />
sein: „Der Tod will mir als Freund erscheinen, mit wahrer Lust<br />
begrüß ich ihn / ich lächle nur, anstatt zu weinen, so komm, o Tod,<br />
und nimm mich hin! / Du machst mein Herz vor Freude beben,<br />
nicht fühl ich deine kalte Hand. / Es scheint, mir ward ein neues<br />
Leben, statt dass ich heut ein Ende fand. / Leb wohl, leb wohl!“<br />
Die Schauspielerin Elke Wollmann<br />
war 32 Jahre in festen<br />
Schauspielensembles engagiert<br />
– von 2002 bis 2018 am Staatstheater<br />
Nürnberg. Sie spielte die<br />
Piaf, die Nora, die Medea, Maria<br />
Callas in der Meisterklasse,<br />
Klytaimnestra in der Orestie,<br />
Elisabeth in Maria Stuart, um<br />
nur einige ihrer vielen Rollen<br />
zu nennen. Im Jahr 2000<br />
erhielt sie den Fehling-Förderpreis<br />
der Stadt Lübeck, als beste<br />
Schauspielerin bekam sie 2002<br />
den Theater-Ocar der Rheinischen<br />
Post. 2008 wurde sie mit<br />
dem Nürnberger Theaterpreis<br />
ausgezeichnet. Neben dem<br />
Schauspiel gehört ihre Leidenschaft<br />
der Musik. Als Sängerin<br />
liebt sie den Jazz, das Chanson,<br />
Brecht in allen Vertonungen,<br />
aber auch Rock, Funk, Pop<br />
und der Tango gehören in ihr<br />
Repertoire. Seit 2013 findet<br />
sie ihre eigene Handschrift in<br />
musikalischen Projekten, in<br />
denen sie ihre Liebe zur Musik,<br />
zum Menschen, zum Leben,<br />
zur Literatur vereint.<br />
Margaret Atwood, die ja auch der Penelope, der Gattin des Odysseus<br />
in ihrer Penelopiade ein Eigenleben schenkte, lässt Eurydike<br />
in ihrem Gedicht Orpheus zu selbigem sagen: „vor deinen Augen<br />
hieltest du Dir stets/das Bild, von dem du wolltest,/daß ich es<br />
würde: wenn ich wieder lebte./Und deine Hoffnung nur ließ<br />
mich dir folgen./So war ich deine Halluzination, dir lauschend,/<br />
geschmückt mit Blumen, du besangst mich;/(...) Du konntest<br />
niemals glauben, daß ich mehr war als dein Echo.“<br />
66
Für Elfriede Jelinek ist Eurydike zweifelsfrei mehr als „sein Echo“.<br />
Im Monolog Schatten (Eurydike sagt) ist sie Schriftstellerin, und<br />
so reflektiert sie über sich selbst und ihre Beziehung zu ihrem<br />
Mann, dem Sänger: „(…) Da dringt etwas ein, tut weh, irgendwas<br />
hat sich geöffnet in mir, was war das, ich bin ganz offen zu Ihnen:<br />
Ich weiß es nicht. Es ist in mich hineingeglitten, mir wird heiß,<br />
Moment, habe das Gefühl, ich muss etwas Ballast abwerfen, Kleidung?<br />
Da rinnt etwas… (…) Mein Schreiben, das rinnt wohl auch,<br />
so empfinde ich es, wissen Sie, mein Mann hingegen singt. Auf<br />
seinem eigenen Soundtrack eilt er dahin. Das hat ihn berühmt<br />
gemacht. Bevor er zu singen begonnen hat, war die Stille etwas<br />
Großes, etwas Heiliges, jetzt gibt es sie nicht mehr, mit seiner<br />
Stimme hat er die Stille vernichtet. Ich bin stiller geblieben. Ich<br />
schreibe, wen interessiert’s.“<br />
Und jetzt?<br />
Ja, viele Texte habe ich entdeckt und gelesen, verworfen oder<br />
ausgesucht. Jetzt freue ich mich auf das Ineinander- und Aneinanderfügen<br />
und auf die Musik! Natürlich wird <strong>Gluck</strong> dabeisein,<br />
aber auch anderes. Bei Ingeborg Bachmann assoziiere ich gerade<br />
einen Song von Tom Waits, und für Orpheus, der die Zeit zurückdrehen<br />
will, höre ich innerlich immer wieder Yesterday. Béatrice<br />
hat von Grönemeyer Ich dreh mich um… dich vorgeschlagen…<br />
Welche Songs und welche Texte tatsächlich in unserem Eurydike<br />
und Orpheus-Abend zu hören sein werden, das werden wir erst<br />
am Ende der Proben wissen.<br />
„Jemandem, der<br />
<strong>Gluck</strong> nicht kennt,<br />
würde ich die Anfangstakte<br />
von Che<br />
farò senza Euridice<br />
vorsingen und erzählen,<br />
in welcher Situation<br />
sich Orpheus<br />
befindet. Für mich<br />
als Schauspielerin, die<br />
immer die Zwischentöne<br />
sucht, ist diese<br />
Arie einfach grandios,<br />
denn im Moment der<br />
tiefsten Trauer und<br />
Verzweiflung entsteht<br />
eine unglaubliche Reibung<br />
durch so schöne<br />
Musik…“<br />
Elke Wollmann<br />
Elke Wollmann<br />
67
Und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen einer<br />
Schauspielerin/Sängerin und einer Musikerin?<br />
Zunächst gilt das Sprichwort „Schuster, bleib bei deinen Leisten“,<br />
was so viel heißt wie: dass wir uns nicht gegenseitig reinreden,<br />
sondern erst mal die andere in ihrem Thema machen lassen. Wir<br />
treffen uns zum „Brainstormen“ – Elke hat den großen Blick für<br />
den Abend, übernimmt Dramaturgie und Inszenierung, ich verschaffe<br />
mir einen Überblick über die Musik von <strong>Gluck</strong>, schaue,<br />
was mich musikalisch inspiriert, bespreche mit Elke, was zum<br />
Thema passt. Zwischendurch bringen wir uns immer mal wieder<br />
auf den neuesten Stand. Wenn sich Fragen aufwerfen, besprechen<br />
wir sie gemeinsam.<br />
Als Jazz-Pop-Soul-Pianistin höre ich Musik, egal ob Klassik oder<br />
Jazz, stets im harmonischen Kontext, und so kamen mir oft schon<br />
beim ersten Hören von <strong>Gluck</strong>s Musik Ideen, wie ich seine Musik<br />
in meinem persönlichen Stil interpretieren/arrangieren könnte.<br />
Die Feinarbeit ist aufwendig, ich transkribiere seine Musik zumeist<br />
selber, anstatt auf gekauftes Notenmaterial zurückzugreifen,<br />
so bin ich tiefer in der Musik und freier im Arrangieren. Wenn<br />
jede von uns genug Material zusammen hat, treffen wir uns<br />
wieder und feilen an Details: welche Musik passt unter welchen<br />
Text. Elke kann als Schauspielerin eindrucksvoll erklären, welche<br />
Stimmung sie sich wünscht, und mittlerweile sind wir gut „eingegroovt“,<br />
das heißt, ich verstehe (fast) immer, was sie meint<br />
und kann es musikalisch schnell umsetzen. Wir probieren viel<br />
aus, verwerfen, probieren etwas Anderes, verwerfen es wieder<br />
usw. Drei erfolgreiche Programme haben wir so gemeinsam auf<br />
die Bühne gebracht, Eurydike und Orpheus ist also unser viertes,<br />
und ich würde uns als bestens eingespieltes Team bezeichnen.<br />
Die Pianistin Béatrice Kahl<br />
beschäftigt sich seit vielen<br />
Jahren hauptberuflich mit<br />
Jazz, Latin-Jazz, Soul- und<br />
Popmusik. Neben Auftragseinspielungen<br />
für die Thilo Wolf<br />
Big Band, John Davis, Melva<br />
Houston, Marquess, Joo Kraus<br />
und andere spielt sie gern und<br />
viel live (unter anderem mit<br />
Thomas Quasthoff, Emma<br />
Lanford, Max Mutzke, Joan<br />
Faulkner, David A. Tobin, Mola<br />
Adebisi). Tourneen führten sie<br />
in die USA, in die Schweiz und<br />
nach Frankreich, wo sie mehrfach<br />
mit dem Projekt NDW<br />
meets Jazz auftrat. Seit 2000<br />
ist Béatrice Kahl als Pianistin,<br />
Korrepetitorin und Vertretung<br />
des Musikalischen Leiters für<br />
verschiedene Theaterproduktionen<br />
am Staatsschauspiel<br />
Hannover, am Theater für<br />
Niedersachsen, am Stadttheater<br />
Fürth und am Thalia Theater<br />
in Hamburg sowie für das<br />
Staatsschauspiel in Nürnberg<br />
tätig. In ihrer eigenen Band b.<br />
groovy vereint sie die ihr wichtigsten<br />
musikalischen Einflüsse<br />
von Pop bis Jazz.<br />
Damit sich keine von uns verbiegen muss, bleiben wir uns und<br />
unserem Stil, zu spielen und zu singen stets treu. So sind wir<br />
authentisch und werden uns an den <strong>Gluck</strong>-Abenden sicher etwas<br />
weiter vorwagen: Die Thematik von Orpheus und Eurydike werden<br />
wir weiterspinnen, indem wir auch Songs von zeitgenössischen<br />
Künstlern adaptieren.<br />
Béatrice Kahl<br />
68
DAS LEBEN DES FILIPPO BALATRI<br />
Die Geschichte der sagenumwobenen Sängerkastraten beginnt<br />
nicht, wie man vermuten könnte, in der Oper, sondern in der<br />
Kirchenmusik Roms. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts sind sie<br />
nachzuweisen; von einem Massenphänomen ist allerdings noch<br />
nicht zu sprechen. Papst Sixtus V. verbietet 1587 die Kastration zu<br />
künstlerischen Zwecken – und im sogenannten Impotenzdekret<br />
auch die Heirat Zeugungsunfähiger. Erledigt hat sich die brutale<br />
Praxis damit nicht. Kastriert wird weiterhin, juristisch sind die<br />
Kastraten nun aber entmündigt. Der Klerus setzt stattdessen<br />
die 1562 verbotene Praxis des Engagements von Kastraten sogar<br />
derart konsequent fort, dass im päpstlichen Chor die bis dato<br />
bevorzugten Falsettisten mit der Zeit durch Kastraten verdrängt<br />
werden. Ihr Aufstieg hängt also unmittelbar mit der Institution<br />
Kirche zusammen, veranschaulicht die gesellschaftliche Doppelmoral<br />
dieser Zeit – und zeigt, wie wenig man sich für die<br />
körperliche Selbstbestimmung Heranwachsender interessierte.<br />
Für viele Familien ist eine mögliche Anstellung bei der Kirche<br />
sogar der eine, zentrale Grund für die Kastration eines sängerisch<br />
talentierten Knaben.<br />
Wer war Filippo Balatri?<br />
Filippo Balatris Biografie ist in vielen Bereichen untypisch für<br />
einen Kastraten. Er stammt aus eher wohlhabenden Verhältnissen,<br />
wirtschaftliche Gründe können für seine Kastration keine Rolle<br />
gespielt haben – und eigentlich ist sie bis ins Letzte auch nicht<br />
nachvollziehbar. „Die Operation ist lebensgefährlich, und das<br />
Risiko, dass der verschnittene Junge kein guter Sänger, sondern<br />
ein trauriger Eunuch wird, ist beträchtlich.“ (Christine Wunnicke)<br />
Entsprechend ist die bewundernswerte Selbstbestimmung des<br />
Sopranisten auch kein Zufall.<br />
Balatri ist, obwohl er nie nach dem Weltruhm eines Farinelli trachtet,<br />
eben nicht irgendein Kastrat, sondern ein gebildeter Mann mit<br />
genug Reflexionsvermögen, um seine Situation aktiv zu gestalten.<br />
Typisch dürfte hingegen sein Hadern mit Liebe und Sexualität<br />
am Hof Peters des Großen gewesen sein, das er sich in späteren<br />
Jahren vehement verbietet, da er ja nur „bellen, aber nicht beißen“<br />
kann. Eine rigorose, aber verständliche Entscheidung. Die barocke<br />
Gesellschaft mystifiziert Kastraten zu sexuellen Kuriositäten und<br />
zerreißt sich nur allzu gern das Maul über sie. Kein Wunder, dass<br />
Balatri die Welt immer wieder als „mondo porco“, als Schweinewelt<br />
verflucht. Als Opernsänger sieht sich Balatri nie, obgleich er<br />
Die Nachtigall des Zaren<br />
Inszenierte Lesung mit Arien<br />
der Barockzeit<br />
Mit: Robert Joseph Bartl<br />
(Erzähler), Leandro Marziotte<br />
(Countertenor), Tibor Kovacs<br />
und Lewin Stedtler (Knabensoprane;<br />
in Kooperation mit dem<br />
Stadtsingechor zu Halle)<br />
Musikalische Leitung:<br />
Katrin Wittrisch<br />
Regie: Veit Güssow<br />
Bühne, Kostüm und Projektionen:<br />
Stefan Oppenländer<br />
Videoanimation: Meike Ebert<br />
Fr, 5. Juli, 20 Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt, Theater<br />
Projektionen<br />
Meike Ebert (Videoanimation)<br />
Stefan Oppenländer<br />
Fr 5. Juli, 20 Uhr<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
<strong>Gluck</strong>Werkstatt, Theater<br />
Robert Joseph Bartl wurde<br />
am renommierten Max-Reinhardt-Seminar<br />
in Wien zum<br />
Schauspieler ausgebildet. Bereits<br />
während seines Studiums<br />
trat er am Wiener Burgtheater<br />
und bei den Wiener Festwochen<br />
auf. Weitere Stationen waren<br />
das Düsseldorfer Schauspielhaus,<br />
das Schauspiel Frankfurt<br />
und schließlich das Bayerische<br />
Staatsschauspiel unter Dieter<br />
Dorn. Seit 2011 arbeitet Bartl<br />
als freischaffender Schauspieler.<br />
Neben seinen Bühnenengage-<br />
69
vor allem in seinen Münchner Jahren etliche Opernpartien des<br />
Hofkapellmeisters Pietro Torri verkörpert. Auch das wirkt auf den<br />
ersten Blick eher untypisch, hängt der Aufstieg und Ruhm der<br />
Kastraten im 17. und 18. Jahrhundert doch maßgeblich mit ihrem<br />
Einsatz in der Oper zusammen. Dieser war jedoch zunächst ein<br />
purer Sachzwang: Anfang des 17. Jahrhunderts braucht man in<br />
Rom die Kastraten dringend auf der Opernbühne, weil Frauen<br />
hier verboten sind. Naheliegend also, zunächst weibliche Rollen<br />
durch Kastraten singen zu lassen. Die heute vor allem mit dem<br />
Fach assoziierten Partien, die großen männlichen Heldenrollen<br />
der Opera seria, sind dann vor allem eine Angelegenheit der<br />
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die Blütezeit der Opernkastraten<br />
– und die Erwachsenenjahre Balatris. Ab Anfang des 19.<br />
Jahrhunderts reduziert sich die Anzahl der Kastraten merklich.<br />
Die Heldenfiguren der aufkommenden romantischen Oper sind<br />
Tenöre – und auch die Kirche engagiert schon ab Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts immer weniger Kastraten. Im Zuge der Aufklärung<br />
gerät die Kastrationspraxis ohnehin immer weiter in Verruf, und<br />
andere Gesangsideale treten an die Stelle des hochartifiziellen<br />
Kastratentimbres. Filippo Balatri gerät in Vergessenheit und ist<br />
lange Zeit kaum mehr als eine Fußnote des Barock.<br />
Ein neuer Gegenstand der Forschung<br />
Erst in den 1990er Jahren beginnt man sich für den außergewöhnlichen<br />
Sänger und seine Biografie zu interessieren. In der<br />
Bayerischen Staatsbibliothek lagert das handschriftlich verfasste<br />
autobiographische Versepos Frutti del Mondo sowie sein Testament.<br />
Vita e Viaggi hingegen, ein weiteres autobiographisches<br />
Prosamanuskript in neun Bänden, ist fast genauso weit herumgekommen<br />
wie sein Autor: Von München führt der Weg der<br />
Bände nach England, dann über Italien nach Prag und Moskau.<br />
Christine Wunnicke, die Autorin der Nachtigall des Zaren, entdeckt<br />
die in Deutschland verloren geglaubten Bände von Vita e<br />
Viaggi schließlich in der russischen Staatsbibliothek in Moskau.<br />
Ihr Buch erscheint 2001, führt die Manuskripte erstmalig zusammen<br />
und ist für die Würdigung Filippo Balatris sicherlich<br />
nicht zu unterschätzen. Wunnicke erzählt nah an Balatris Originalmanuskripten.<br />
Sie ergänzt historische Zusammenhänge und<br />
strafft den Erzählfluss. Erstaunlicherweise ist die auf Deutsch<br />
erschienene Nachtigall des Zaren die einzige umfassende Biografie<br />
über Dionisio Filippo Balatri.<br />
ments widmet er sich vermehrt<br />
der Arbeit vor der Kamera.<br />
Einem breiten Publikum ist<br />
Bartl als Gerichtsmediziner<br />
Dr. Steinbrecher im München-<br />
Tatort bekannt. Er wurde mehrfach<br />
für seine Arbeit ausgezeichnet,<br />
beispielsweise mit dem<br />
Max-Reinhardt-Preis und dem<br />
Bayerischn Kunstförderpreis.<br />
Leandro Marziotte, der<br />
Countertenor aus Uruguay<br />
mit Wohnsitz in Barcelona,<br />
Gewinner des ersten Preises<br />
beim Händel-Wettbewerb der<br />
<strong>Internationale</strong>n Händel-<strong>Festspiele</strong><br />
Göttingen 2014, ist auf<br />
dem südamerikanischen Kontinent<br />
genauso präsent wie in<br />
Europa. Bei seinen Auftritten in<br />
Buenos Aires, São Paulo, Rio<br />
de Janeiro, Paris, in den Niederlanden,<br />
Italien oder Deutschland<br />
musiziert er mit wechselnden<br />
Ensembles Werke von Bach<br />
bis Benjamin Britten – und<br />
legte bereits zahlreiche Soloalben<br />
auf.<br />
70
Die Nachtigall des Zaren auf der Bühne<br />
In der inszenierten Lesung wird der faszinierende Kastrat durch<br />
den Schauspieler Robert Joseph Bartl und den Countertenor Leandro<br />
Marziotte zum Leben erweckt. Begleitet von Musikern des<br />
Händelfestspielorchesters Halle auf historischen Instrumenten<br />
werden Arien von Georg Friedrich Händel und anderen Komponisten<br />
der Barockzeit dargeboten, die auch aus Balatris Repertoire<br />
stammen könnten.<br />
Kornelius Paede<br />
„Ich hatte in London<br />
eine Nachtigall in<br />
meinem Zimmer,<br />
und ich verliebte<br />
mich dort so in ihren<br />
Gesang, dass ich, zunächst<br />
nur zum Spaß,<br />
ihre Strophen zu studieren<br />
begann, bis ich<br />
sie dann eines Tages<br />
wirklich nachsingen<br />
konnte.“<br />
Filippo Balatri<br />
Leandro Marziotte<br />
71
DER GOTT DES ENTFESSELTEN LEBENS<br />
Er bereut nichts und bleibt uns ein Rätsel – der faszinierende Don<br />
Juan, Verführer und Verbrecher, Archetyp des Machos, der seit<br />
Jahrhunderten die Welt beschäftigt. Ein Mythos, mit dem wir noch<br />
lange nicht fertig sind – trotz Aufklärung, Rechtsstaatlichkeit und<br />
MeToo. Während er für sein wildes Treiben, seine Missachtung<br />
von Recht und Moral in <strong>Gluck</strong>s epochemachendem Ballett Don<br />
Juan (1761) und Mozarts Oper aller Opern Don Giovanni (1787)<br />
von Teufeln gepeinigt zur Hölle fahren musste, scheint er sich<br />
in unserer konsumorientierten, neo-hedonistischen Welt bestens<br />
behaupten zu können – ethische Bedenken? Fehlanzeige! Wie<br />
ein weitläufiger Spielplatz für Genussorgien, Laissez-faire und<br />
Ausschweifung wirkt die gewinnorientierte westliche Welt im 21.<br />
Jahrhundert. Während man sich über die Exzessliteratur eines<br />
Dylan Thomas, Charles Bukowski oder Henry Miller bis vor 50<br />
Jahren noch echauffiert hat, jagen uns heute Berichte wie etwa<br />
aus dem legendären Berliner Club Berghain, die der Blogger<br />
Airen einem größeren Publikum zugänglich machte, höchstens<br />
noch kurze Schauer über den Rücken. Für größere Irritationen<br />
reichen sie kaum mehr. Zu sehr sind Rücksichtslosigkeit und<br />
unstillbare Gier, Don Juans Triebfedern, scheinbar zur Normalität<br />
geworden. Imperative wie „You only live once! (Yolo)“<br />
und „Nimm, was du kriegen kannst!“ feiern hemmungslos das<br />
Immer-Mehr im Hier und Jetzt. Warum auch verzichten, wenn<br />
man alles haben kann? Warum den Don Juan in uns zügeln,<br />
wenn er es ist, der zunehmend Bewunderung und Anerkennung<br />
erfährt? Das klingt übertrieben? Gut, vielleicht müssen wir nicht<br />
augenblicklich die allumfassende „Juanisierung“ unserer Gesellschaft<br />
befürchten, aber der Trend lässt sich nicht leugnen – die<br />
alljährlichen Berichte zum exzessiven Verhalten enthemmter<br />
Menschen auf Großveranstaltungen wie dem Oktoberfest oder<br />
die ernüchternden Aussagen junger Menschen über ihre destruktiven<br />
Erfahrungen mit Dating-Apps wie Tinder seien hier<br />
nur als bescheidenes Indiz angeführt.<br />
Der Mythos im Hier und Jetzt<br />
Was verbirgt sich hinter dem Konzept der Juan’schen Selbstermächtigung?<br />
Der unendlichen Transgression des Egos? Ist<br />
die Kehrseite der Medaille nicht die existenzielle Krise von Menschen,<br />
die kein wirkliches Gegenüber, keine Gemeinschaft, keine<br />
Sicherheit mehr finden oder finden zu können glauben in einer<br />
Welt der Enthemmung und Entgrenzung? Die Traurigkeit der<br />
Figur, wie sie schon bei Ödön von Horváth oder Peter Handke<br />
DON JUAN TECHNO CLUB<br />
Elektronische Tanz-Opern-<br />
Nacht nach <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />
Musik von und mit Daniel<br />
Brandt und Frieder Nagel<br />
Choreografie: Fukiko Takase<br />
Kostüme und Masken: N.N.<br />
Lichtdesign: Tim Vermeulen<br />
Mit: Aika Tsuchida, Sara Enrich<br />
Bertran, Martin Angiuli,<br />
Stephen Quildan, Thomas<br />
Rohe, Fukiko Takase<br />
Do, 11.7. bis Sa 13.7.,<br />
20.30 bis 22.15 Uhr,<br />
St. Katharina Open Air<br />
Eine Kooperation der <strong>Internationale</strong>n<br />
<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong><br />
mit St. Katharina Open Air<br />
im KunstKulturQuartier.<br />
Fukiko Takase wurde in New<br />
York geboren und wuchs in<br />
Japan auf. Sie tanzt seit ihrem<br />
zweiten Lebensjahr und absolvierte<br />
ihre erste Tanzausbildung<br />
bei ihrer Mutter Takako Takase<br />
und bei Katsuko Oritas. Sie erhielt<br />
ein Kulturstipendium der<br />
japanischen Regierung, studierte<br />
an der Codarts Rotterdam<br />
Dance Academy und an der<br />
Contemporary Dance School in<br />
London. Als Tänzerin arbeitete<br />
sie von 2006 bis 2010 für die<br />
Henri Oguike Dance Company,<br />
2010 für Russell Maliphant und<br />
von 2011 bis 2018 für Wayne<br />
McGregor. Fukiko Takase realisierte<br />
bereits zahlreiche eigene<br />
Choreografien wie zum Beispiel<br />
Autumn Hunch im New<br />
National Theatre Tokyo, und<br />
End of Line auf dem Frieze Art<br />
Fare, Manchester.<br />
72
Fukiko Takase<br />
73
geschildert wird, ist längst ein Topos in der Beschäftigung mit<br />
dem schillernden Antihelden. Außerdem: Wie viel Don Juan<br />
steckt in den Menschen des anderen Geschlechts? Don Juan<br />
Techno Club geht solchen Themen und Fragen nach – soweit dies<br />
mit musikalischen und tänzerischen Mitteln denkbar ist. Auf der<br />
Basis der Handlung, wie wir sie aus Molières Komödie oder Da<br />
Pontes Libretto zu Don Giovanni kennen, erarbeitet das Team<br />
um Tänzerin und Choreografin Fukiko Takase und die Musiker<br />
Daniel Brandt und Frieder Nagel einen aktuellen Entwurf des<br />
Don Juan. Sechs der Figuren, verkörpert von Tänzerinnen und<br />
Tänzern aus fünf verschiedenen Nationen, finden sich in einem<br />
heutigen Techno-Club wieder. Wer sind Juan, Anna, Leporello,<br />
Elvira, Masetto und Zerlina im 21. Jahrhundert? Eine bewegte und<br />
bewegende Allegorie – verortet in der Partykultur unserer Tage.<br />
Die Musik von <strong>Gluck</strong> und Mozart wird in Don Juan Techno Club<br />
zum Auslöser für packende, bebende Beats und Rhythmen aus<br />
dem elektronisch-akustischen Instrumentarium von Daniel Brandt<br />
und Frieder Nagel – ein treibender Sound, ein raffiniert gewebter<br />
Klangteppich, auf dem das entfesselte Leben tanzt.<br />
Das Ende<br />
Als <strong>Gluck</strong>s Ballettmusik in der Choreografie von Gasparo Angiolini<br />
(seinerseits ein „Ballett-Reformer“) 1761 im Wiener Burgtheater<br />
uraufgeführt wurde, schrieb ein Augenzeuge: „Plötzlich erscheint<br />
die Hölle. Die Furien tanzen mit brennenden Fackeln und quälen<br />
Don Juan. Im Hintergrund sieht man ein schönes Feuerwerk,<br />
das die Flammen der Hölle darstellt. Man sieht Teufel umherfliegen<br />
(...) Schließlich schleppen die Teufel Don Juan davon und<br />
stürzen sich mit ihm in den Feuerstrudel (...)“ Welches Ende die<br />
Geschichte <strong>2019</strong> nimmt, welche spektakulären finalen Effekte in<br />
St. Katharina unter dem offenen Sommerhimmel stattfinden, ist<br />
ab 11. Juli zu erleben...<br />
Friederike Engel/Rainer Mennicken<br />
Daniel Brandt ist Komponist,<br />
Musikproduzent und Videoregisseur.<br />
Er ist Mitbegründer des<br />
elektroakustischen Ensembles<br />
Brandt Brauer Frick, die seit<br />
2009 fünf Alben veröffentlicht<br />
und mehr als 300 Konzerte<br />
in 45 Ländern unter anderem<br />
im Berliner Berghain, Lincoln<br />
Center New York, Southbank<br />
Center London und dem Sonar<br />
Festival Barcelona gegeben<br />
haben. Seit 2017 veröffentlichte<br />
er zudem zwei Solo-Alben auf<br />
dem Londoner Label Erased<br />
Tapes und ist seitdem auch mit<br />
diesem Projekt international<br />
auf Tour.<br />
Als Videoregisseur kreiert er<br />
Videoclips und Kurzfilme, die<br />
auf zahlreichen internationalen<br />
Festivals präsentiert und mit<br />
Preisen ausgezeichnet wurden.<br />
2017 gründete er zusammen<br />
mit Max Dax (ehemaliger<br />
Chefredakteur der Spex) den<br />
Online-Fernsehsender STRRR<br />
TV (www.strrr.tv). Brandt ist<br />
außerdem Mitglied in dem von<br />
Gregor Schwellenbach gegründeten<br />
sechsköpfigen Klavierensemble<br />
Six Pianos, mit dem er<br />
bereits in der Kölner Philharmonie<br />
und der Elbphilharmonie<br />
Hamburg gastierte.<br />
74
„Mein Name ist Juan.<br />
Ich bin der Gott des entfesselten Lebens.<br />
Ich reiße den Himmel ein, verachte die Regeln.<br />
Dahinter klafft nur Langeweile.<br />
Rücksicht und Moral sind bloß fade.<br />
Der Mensch ist ein Raubtier,<br />
des Menschen größter Feind.<br />
Wir sind ein Volk von Affen, nichts weiter.<br />
Ja, wir! Ihr alle!<br />
Und ich bin eure Seele.<br />
Ihr wollt wie ich die Freiheit ohne Grenzen.<br />
Den Kick, das Glück, den Triumph des Reichtums.<br />
Gebt doch zu, dass ihr euch nach mir sehnt,<br />
weil ich die Wahrheit sage.<br />
Weil ich euch Lust bereite,<br />
glühende Gedanken, höchsten Genuss.<br />
Und wenn ihr mir, aufstöhnend vor dem Höhepunkt,<br />
in die Augen schaut, seht ihr...<br />
Was seht Ihr da? Was? Mich?<br />
Mein Innerstes? Das Absolute, die Gewissheit??<br />
Das Nichts seht ihr,<br />
das absolute Nichts, ein glasiges Gallert,<br />
und ihr spürt eure ganze Verlorenheit!<br />
Genau wie ich sie spüre.<br />
Denn mehr ist es nicht.<br />
Was soll hinter dem Höhepunkt sein?<br />
Außer dem nächsten Höhepunkt?<br />
Feiert das Leben!<br />
Es dauert so lange es dauert.<br />
Der Tod ist die einzige Grenze.<br />
Bis dahin nehmt, was ihr kriegen könnt.<br />
Ich zeige es euch!<br />
Kommt her, ihr schönen, ihr geilen Geschöpfe – tanzt mit mir!<br />
Nehmt euch was ihr kriegen könnt!<br />
Das Einzige ist das Nichts,<br />
das Viele ist das Einzige,<br />
die Ausschweifung Erlösung...!<br />
Ich bin der Gott des entfesselten Lebens!“<br />
Vom NDR als einer der<br />
interessantesten Künstler der<br />
zeitgenössischen Musik bezeichnet,<br />
war Frieder Nagel<br />
zunächst viele Jahre hinter der<br />
Bühne aktiv. Als Produzent<br />
arbeitete er für Theater-, Clubund<br />
Theaterevents, realisierte<br />
zahlreiche Projekte mit<br />
Künstlern wie David August,<br />
La Boum Fatale und Daniel<br />
Brandt. Erst 2016 stand der<br />
Autodidakt im Radialsystem<br />
V in Berlin gemeinsam mit<br />
dem Deutschen Symphonie-Orchester<br />
erstmals selbst auf der<br />
Bühne. Das Konzert wurde von<br />
der internationalen Underground-Plattform<br />
Boiler Room<br />
gestreamt und führte zu einem<br />
weiterführenden Projekt an der<br />
Philharmonie Essen und der<br />
Eröffnung einer Klassik-Bühne<br />
auf dem Hamburger Reeperbahn<br />
Festival. 2018 veröffentlichte<br />
der Klangkünstler seine<br />
erste EP Distract Robots beim<br />
Pariser Label Infiné.<br />
Auszug aus Don Juan Techno Club<br />
75
76
DIE ANDERE STIMME<br />
Schöne Stimmen bezaubern. Hohe, schöne und kraftvolle Stimmen beeindrucken.<br />
Männerstimmen oberhalb der regulären Tenorlage erzeugen offenbar starke Empfindungen<br />
– bisweilen auch ganz unterschiedliche: hier Begeisterung bis zum Überschwang,<br />
dort Skepsis bis zum Unbehagen. Was machen die Gesänge der höhensicheren<br />
Pop-Größen von Paul McCartney bis zu Michael Jackson, von Freddy Mercury bis zu<br />
Ed Sheeran mit ihrem Publikum? Was versetzt die Massen an den Lautsprechern<br />
und in den Konzertarenen in Glückszustände oder lässt sie gar außer sich geraten?<br />
Was bereitet den Besuchern von Barockkonzerten und -opern Entzücken und wohlige<br />
Schauer? Und was veranlasst andererseits Menschen, vor solchen Klängen ihre Ohren<br />
zu verschließen?<br />
Zur Barockzeit war die Oper als Ort gesanglicher Höchstleistungen zunächst ein Theater<br />
der Stimmen (Thomas Seedorf). Und die höchsten männlichen Stimmen – die der<br />
Kastraten – wurden den Heldenfiguren zugeordnet. Das Barockzeitalter empfand ihren<br />
Klang als jugendlich, strahlend, männlich. Einerseits ist die damalige Klang-Realität<br />
heute nicht mehr überprüfbar, andererseits wissen wir, dass die höchsten Töne für das<br />
Klangempfinden der Gegenwart eher der weiblichen Stimme „gehören“ – oder doch<br />
nicht? Gibt es gesangliche Dimensionen, in denen Geschlechtsidentität nachrangig<br />
wird? Seit ein paar Jahren gerät so manche Sicherheit ins Wanken...<br />
Abgesehen vom ästhetischen Genuss beim Hören von Countergesang: Wenn diese<br />
Art des Singens Männer für heutige Ohren nicht wirklich männlich klingen lässt –<br />
dann wird das offenbar von immer mehr Hörerinnen und Hörern als faszinierende,<br />
weiterführende Qualität, als neue Erlebnisdimension wahrgenommen – jenseits<br />
der hinterfragungswürdigen Konvention, die da besagt, dass Männer männlich und<br />
Frauen weiblich zu klingen haben...<br />
Der zurzeit wohl prominenteste Künstler dieses Fachs, Philippe Jaroussky, versucht<br />
die enormen Erfolge, die er und seine Kollegen feiern, so zu umreißen: „Für mich<br />
ist diese Stimmlage einfach eine Gesangstechnik, für viele bleibt sie aber ein Mysterium<br />
– und für einen Countertenor ist dies ein Teil des Erfolgs. Die Stimme führt<br />
das Publikum zurück in die Vergangenheit – mit all den Geschichten über Kastraten.<br />
Die Leute begeben sich auf eine Reise ins Imaginäre. Ich glaube, das ist es, warum<br />
es so viele Anhänger gibt.“ Sein Konzert, das am 9. Juli im Reitstadel Neumarkt stattfindet,<br />
ist ausverkauft.<br />
Aber die <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> haben das Thema aufgegriffen und sechs weitere<br />
außerordentliche, international erfolgreiche Repräsentanten des Stimmfachs eingeladen.<br />
Ein Fest der Countertenöre ergibt sich daraus: musikalische Genüsse im<br />
Überfluss in insgesamt neun Konzerten. Und wer dem Phänomen weiter auf den<br />
Grund gehen und mehr erfahren will, hat die einmalige Chance, sich beim <strong>Internationale</strong>n<br />
Symposium der <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle der Universität Salzburg in der<br />
Tafelhalle die neuesten Forschungserkenntnisse zum Thema Hohe Männerstimmen<br />
zwischen <strong>Gluck</strong> und Rock erläutern zu lassen!<br />
77
VON STIMMEN, MODEN UND GLUCKS SÄNGERN<br />
Ein Gespräch über hohe Männerstimmen im Wandel der Zeit mit Thomas Seedorf<br />
Am 9. Februar 1756 fand in Roms Teatro Argentina die Uraufführung<br />
von Christoph Willibald <strong>Gluck</strong>s Antigono statt. Das<br />
Dramma per musica in drei Akten von Pietro Metastasio wurde<br />
ab 1743 von zahlreichen Komponisten vertont, darunter Hasse,<br />
Jommelli, Galuppi und Sammartini. Als <strong>Gluck</strong> den Auftrag in<br />
Rom annahm, komponierte er fünf der sechs Partien für hohe<br />
Stimmen. Entsprechend der konservativen Praxis der päpstlichen<br />
Metropole, die ausschließlich männliche Darsteller auf der Bühne<br />
erlaubte, wurden diese fünf Partien von Kastraten gesungen.<br />
Nach der Uraufführung verschwand <strong>Gluck</strong>s Antigono aus den<br />
Spielplänen und gilt seither als Opernrarität.<br />
Im Rahmen der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> in Nürnberg<br />
findet vom 5. bis 7. Juli <strong>2019</strong> unter dem Titel Die andere Stimme:<br />
Hohe Männerstimmen zwischen <strong>Gluck</strong> und Rock ein internationales<br />
Symposium statt, das sich aktuellen Forschungsfragen zur Bedeutung,<br />
Verwendung, Ästhetik und Rezeption hoher Männerstimmen<br />
widmen soll, vom Musiktheater des 18. Jahrhunderts<br />
bis hin zu zeitgenössischer Musik und Pop. Thomas Seedorf,<br />
Professor für Musikwissenschaft in Karlsruhe, ist Experte für<br />
historische Aufführungspraxis und Gesang.<br />
Vor etwa 30 Jahren beschäftigten sich Musikwissenschaftlerinnen und<br />
-wissenschaftler hauptsächlich mit kritischen Ausgaben von Noten,<br />
Komponisten-Biografien und ästhetischen Fragen. Heute gibt es viele<br />
verschiedene Projekte über Interpretations- und Stimmforschung. Wie<br />
und warum ergab sich der verstärkte Fokus der Musikwissenschaft auf<br />
„Performativität“?<br />
Thomas Seedorf: Man spricht von einem „performative turn“ in<br />
den Kulturwissenschaften, die sich in den letzten Jahrzehnten<br />
von der Fixierung auf Texte gelöst und den unterschiedlichsten<br />
Aspekten der Aufführung von Kunst zugewandt haben. Dieser<br />
Ansatz ist für die Musikwissenschaft von besonderer Bedeutung,<br />
da Musik, die nicht rein mündlich überliefert ist oder improvisiert<br />
wird, eine Doppelexistenz besitzt: als weitgehend unveränderlicher<br />
Notentext und als Aufführung, die jedes Mal anders ausfällt. Wie<br />
stark sich die Auffassungen über eine angemessene Interpretation<br />
eines Werks im Laufe der Zeit verändern, lässt sich leicht<br />
an Schallplattenaufnahmen nachvollziehen. Zwischen der Art<br />
und Weise, wie die britische Altistin Kathleen Ferrier 1951 die<br />
männliche Titelrolle in <strong>Gluck</strong>s Orfeo ed Euridice sang, und dem<br />
Interpretationsansatz aktueller Countertenöre wie Franco Fagioli<br />
oder Bejun Mehta liegen Welten.<br />
DIE ANDERE STIMME<br />
Hohe Männerstimmen<br />
zwischen <strong>Gluck</strong> und Rock<br />
<strong>Internationale</strong>s Symposium<br />
der <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle an<br />
der Paris-Lodron-Universität<br />
Salzburg<br />
Fr, 5. Juli, 15.45 - 18.00 Uhr<br />
und<br />
Sa, 6. Juli, 9.30 - 16.00 Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt<br />
Theatercafé<br />
Eintritt frei<br />
IM GESPRÄCH:<br />
DIE ANDERE STIMME<br />
Round-Table mit<br />
Valer Sabadus (Köln),<br />
Kordula Knaus (Bayreuth),<br />
Thomas Seedorf (Karlsruhe)<br />
Gesprächsleitung<br />
Alexander Moore (Wien)<br />
So, 7. Juli, 11 Uhr,<br />
Tafelhalle Nürnberg<br />
GLUCKWerkstatt<br />
Theatercafé<br />
78
Valer Sabadus<br />
79
Welche Vorteile bringt diese neue Perspektive innerhalb des Fachdiskurses?<br />
Sie erweitert den Blick auf die Werke, deren Partituren ja in der Regel nicht nur einem<br />
Spezialistenkreis vorbehalten, sondern Ausgangspunkt einer klanglichen Realisierung<br />
sein sollen. Unser Verhältnis zur komponierten Musik verändert sich mit der Veränderung<br />
der Interpretation dieser Musik.<br />
Denken Sie an bestimmte Beispiele?<br />
Ja. Vor 50 Jahren hätte sich kaum jemand vorstellen können, dass die Opern Händels,<br />
die es ungestrichen leicht mit der Aufführungsdauer einer Wagner-Oper aufnehmen<br />
können, ein großes Publikum begeistern und die Theater füllen könnten.<br />
Die „Historische Aufführungspraxis“ und ihre farbige, affektbetonte, rhetorische<br />
Zugangsweise erwies sich als Glücksfall für die Musik Händels, aber auch <strong>Gluck</strong>s<br />
und vieler andererKomponisten, deren Vielfalt und emotionaler Reichtum in diesem<br />
Interpretationsansatz viel stärker zur Geltung kommen konnte als in traditionellen<br />
Arten des Musizierens.<br />
Was versteht man unter den Anführungszeichen im Titel des Symposiums, um das Wort<br />
die „andere“ Stimme?<br />
Das „Andere“ hat verschiedene Facetten. Zum einen verweist der Begriff darauf, dass<br />
Männern grundsätzlich mehrere Stimmen zur Verfügung stehen: eine „normale“,<br />
die sie instinktiv im Alltag und beim umgangsmäßigen Singen verwenden, und eine<br />
„andere“, die sie bewusst einsetzen können. Die erste Art der Stimme nennt man<br />
Brust- oder Modalstimme, und sie ist in der Höhe begrenzt. Will ein Mann höher singen,<br />
als die Bruststimme zulässt, kann er in die „andere“ Stimme, in das sogenannte<br />
Falsettregister umschalten. Das ist jene Art der Stimmgebung, mit der Countertenöre<br />
singen. Sie steht im Prinzip jedem Mann zur Verfügung, bedarf aber eines besonderen<br />
Trainings, um in künstlerischer Weise eingesetzt zu werden. „Anders“ ist diese<br />
Stimme aber auch deshalb, weil sie lange Zeit als fremd, eigenartig, ja verstörend<br />
empfunden wurde. Alfred Deller, der Pionier des modernen Countertenor-Gesangs,<br />
begann seine Karriere kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Publikum und Kritik<br />
reagierten gespalten auf seine Art des Singens, denn das biologische Geschlecht des<br />
Sängers und die Stimme, mit der er sang, schienen nicht zusammenzupassen. Heute,<br />
einige Jahrzehnte später, wird die Fremdheit, die man früher mit der Falsettstimme<br />
verband, kaum noch empfunden. Countertenöre gehören zu den Stars des Musiklebens.<br />
Auch in der Popmusik ist der Gebrauch des Falsetts weitverbreitet, und das<br />
in den verschiedensten Ausprägungen – vom Ausdruck intimer Zärtlichkeit bis zum<br />
ekstatischen Schrei.<br />
Es ist doch überraschend, dass die männliche Stimme einen extrem großen Tonumfang<br />
besitzt. Farinellis Stimme zum Beispiel reichte von G bis c’’’. Ist die männliche Stimme<br />
elastischer als die weibliche?<br />
80
Das lässt sich in dieser Verallgemeinerung nicht sagen. Es gibt Sängerinnen, die ihre<br />
Stimme weit in die Tiefe führen können. Vivaldi hat, um ein historisches Beispiel<br />
zu nennen, mit Bassistinnen gearbeitet. Schon im 18. Jahrhundert erweiterten viele<br />
Sopranistinnen ihren Tonumfang in die Höhe. Mozarts Königin der Nacht in der<br />
Zauberflöte ist dafür nur eines von vielen Beispielen. Einige Vokalistinnen der Neuen<br />
Musik unserer Zeit haben diese Grenzen noch viel weiter gezogen. Das gilt für<br />
Männerstimmen in gleicher Weise. Stimmumfänge von mehreren Oktaven können<br />
von Singenden beiderlei Geschlechts erreicht werden.<br />
Aber zurück zu <strong>Gluck</strong>. Er musste sich bei der Besetzung des Antigono nur auf männliche<br />
Sänger beschränken. Wie war sein Verhältnis zu den Kastraten seiner Zeit?<br />
In der ersten Phase seiner Karriere war <strong>Gluck</strong> ein Komponist, der im Produktionssystem<br />
der italienischen Opera seria arbeitete. Sängerkastraten waren selbstverständlicher Teil<br />
dieses Systems, denn sie standen in der Ensemblehierachie als Darsteller der Heldenpartien<br />
an oberer Stelle. Aber auch in seiner späteren Schaffensphase, die mit Orfeo<br />
ed Euridice begann, arbeitete <strong>Gluck</strong> mit Kastraten zusammen. Gaetano Guadagni, der<br />
erste Orfeo, war nicht nur ein sehr guter Sänger, sondern auch ein hervorragender<br />
Darsteller. Später übernahm der Soprankastrat Giuseppe Millico die Partie des Orfeo,<br />
er war auch der männliche Hauptdarsteller in <strong>Gluck</strong>s Oper Paride ed Elena.<br />
Heutzutage sind hohe Männerstimmen wichtig für die populäre Musik. Für Vertreter des<br />
Glam Metal der 1980er Jahre (zum Beispiel Cinderella, Poison oder Bon Jovi) ist die hohe<br />
Männerstimme ein zentraler Teil ihrer Marke und Identität. Wann begann der Trend von<br />
hohen Männerstimmen in Pop und Rock?<br />
Falsettgesang war in der populären Musik beliebt und verbreitet, lange bevor die Countertenöre<br />
diese Art des Singens zu einer neuen Selbstverständlichkeit machten. Der<br />
erste Sänger der Comedian Harmonists beherrschte die Kunst, mit leichter Stimme in<br />
die Höhe zu singen ebenso wie der Tenor Richard Tauber, der mit seinen Falsett-Tönen<br />
bezauberte. Aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks entwickelten Soul-Sänger<br />
oder Crooner wie Rudy Vallee oder Bing Crosby Formen des Falsettgesangs, die von<br />
einem großen Publikum begeistert aufgenommen wurden.<br />
Kann die hohe Männerstimme von einem Komponisten eigentlich auch parodistisch<br />
behandelt werden?<br />
81
Ja, und das ist sogar häufig geschehen. Als die Kastraten um die Mitte des 17. Jahrhunderts<br />
zunehmend die männlichen Hauptrollen in der italienischen Oper übernahmen,<br />
wurden sie von Librettisten und Komponisten nicht als jene strahlenden Helden<br />
dargestellt, wie man sie aus der Oper des 18. Jahrhunderts kennt, sondern häufig als<br />
verweichlichte Kerle, die man immer wieder an ihre Rolle als Held erinnern muss.<br />
Hohe Tenöre traten in dieser Zeit oft in der Rolle von Ammen auf – ein ironisches<br />
Spiel mit Geschlechteridentitäten, das vom Publikum genossen wurde und sich auch<br />
heute großer Beliebtheit erfreut.<br />
Das Gespräch führte Matthew Werley<br />
(<strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle, Universität Salzburg).<br />
DIE VORTRÄGE<br />
Zehn Referentinnen und Referenten aus der ganzen Welt, von Ohio bis Zagreb, versammeln<br />
sich Anfang Juli <strong>2019</strong> in Nürnberg, um dieses vielseitige Thema zu diskutieren<br />
und ihre Forschungsergebnisse vor einem breiten Publikum zu präsentieren.<br />
Tanja Gölz (<strong>Gluck</strong> Gesamtausgabe Mainz) spricht über <strong>Gluck</strong> und die Sänger der<br />
Opera seria. Welche Interpreten der Komponist vorgesehen hat und welche seinen<br />
musikalischen Stil beeinflusst haben, sind wichtige Fragen, die bisher nur marginal<br />
von der Forschung betrachtet wurden. Irene Brandenburg (Salzburg) wird über <strong>Gluck</strong>s<br />
Antigono sprechen. Brandenburgs Vortrag fasst den aktuellen Forschungsstand über<br />
<strong>Gluck</strong> und dessen berühmtes, aber völlig verschwundenes Werk zusammen und wirkt<br />
gleichzeitig als Einleitung für die Wiederaufführung der Oper nur wenige Stunden<br />
später in Bayreuths Markgräflichem Opernhaus. Das Symposium wirft auch einen<br />
Blick auf einen anderen Komponisten des 18. Jahrhunderts, nämlich Georg Friedrich<br />
Händel. In seinem Vortrag Cross-dressing und Stimmen: Auswechselbarkeit<br />
der weiblichen und männlichen Partien der Opera seria des 18. Jahrhunderts (auf<br />
Englisch), nimmt Ivan Curkovic (Zagreb) Genderkonzepte von männlichen Partien<br />
Händel‘scher Opern genau unter die Lupe. Je nach historischem Umfeld unterscheiden<br />
das spanische Team Miguel Aguilar-Rancel und Teresa Cascudo Zwischen Soprankastraten<br />
und ,geänderten‘ Sopranen. Hier wird eine Vielzahl von Beispielen, vom<br />
Venedig des frühen 17. Jahrhunderts bis zu Berlioz im 19. Jahrhundert, analysiert,<br />
um musikalisch-ästhetische Unterschiede der hohen Männerstimmen aufzuzeigen.<br />
Ein Sprung zur zeitgenössischen Oper des 20. und 21. Jahrhunderts folgt mit Sarvenaz<br />
Safari (Weimar), die einen Vortrag Zur Semantik der hohen Männerstimmen in<br />
Bernhard Langs ‚Das Theater des Wiederholungen‘ (2003) hält. Langs Bühnenstück,<br />
das die Wiederkehr der Gewalt in der Menschheitsgeschichte thematisiert, besetzt<br />
neben zwei Sopranen und Bässen auch zwei Countertenöre. Den interdisziplinären<br />
Übergang zwischen Film und intermedialen Bühnenstücken spricht Elisabeth van<br />
82
Treeck (Bochum) in ihrem Vortrag Countertenöre in Olga Neuwirths Musiktheater<br />
an. Sie stellt die Frage, inwiefern die hohe Stimmlage ein „Anderes“ in Neuwirths<br />
Bühnenwerken seit den 1990er Jahren repräsentiert.<br />
Dass die Ausbreitung von hohen Männerstimmen keineswegs nur auf das klassische<br />
Musiktheater beschränkt ist, sondern auch in der populären Musik stark vertreten ist,<br />
zeigt Philip Lambert aus New York mit seinem Vortrag in englischer Sprache Himmlischer<br />
Kontrapunkt und Gekreische im Falsett: Brian Wilson und die Stimmkunst<br />
der Beach Boys. Der kalifornische Surf-Sound ist einzigartig und weltweit bekannt.<br />
Lamberts Vortrag fügt sich nahtlos an den Vortrag Der Aufstieg des Falsetts im Zeitalter<br />
der Disco-Dekade (auf Englisch) von Mark Perry aus Ohio an. Perry verdeutlicht<br />
darin die Verbindungen zwischen Stimmklang und der sexuellen Revolution der<br />
1970er Jahre.<br />
Die ästhetisch-musikalischen Zusammenhänge von Händel bis Neuwirth werden<br />
sowohl aus einer historischen als auch aus einer ästhetischen Perspektive zusammengefasst.<br />
Freya Jarman aus Liverpool fokussiert sich in Die, andere‘ Welt der<br />
‚anderen‘ Stimmen: Von himmlischen und dämonischen hohen Männerstimmen<br />
(auf Englisch) auf die Ästhetik der hohen Männerstimme von Händel bis <strong>Gluck</strong>. Das<br />
große historische Panorama wird dann in Thomas Seedorfs (Karlsruhe) Keynote-Vortrag<br />
zusammengefasst. Am Sonntag folgt ein Podiumsgespräch rund um die Frage<br />
Woher der Counter-Boom? mit dem Countertenor Valer Sabadus, Moderator Alexander<br />
Moore, der Musikwissenschaftlerin Kordula Knaus und Thomas Seedorf. Wir freuen<br />
uns auf spannende Diskussion und reges Publikumsinteresse.<br />
„Ich bin <strong>Gluck</strong> schon sehr früh begegnet, denn eine der ersten<br />
Opern, die ich in meiner Kindheit am Stadttheater Bern gesehen<br />
habe, war Orfeo ed Euridice. In der Inszenierung musste der Titelheld<br />
seine berühmte Arie Che farò senza Euridice flach auf dem Rücken<br />
liegend singen. Ich war fünf Jahre alt und wusste noch nichts über<br />
die Verschiedenheit von Inszenierungen und dachte also, diese Arie<br />
MÜSSE stets auf dem Rücken liegend gesungen werden... und habe<br />
mich dann zu Hause auch immer auf den Boden gelegt, um diese<br />
Arie zu imitieren.“<br />
Terry Wey<br />
83
84
FREIER HIMMEL – FREIER EINTRITT<br />
<strong>Gluck</strong> für alle<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> war der Sohn eines Försters, und die Verbindung des Menschen zur<br />
Natur spielte Zeit seines Lebens eine große Rolle für ihn. Besonders auf dem Höhepunkt seines<br />
Schaffens, der Zeit der großen Reformopern in Paris, wurde sein Bestreben, dem Operngesang<br />
seine natürliche Empfindsamkeit zurückzugeben, über die Maße gefeiert. Marie-Antoinette,<br />
ihrerseits glühende Anhängerin der Naturphilosophie von Jean-Jacques Rousseau, der seinerseits<br />
wiederum ein großer Verehrer <strong>Gluck</strong>s war, schrieb nach der Premiere von Iphigénie en Aulide<br />
1774 an ihre Schwester: „Ich hatte Herrn <strong>Gluck</strong> noch vor den Proben sehen wollen, und er hat<br />
mir selbst den Plan seiner Ideen entwickelt, den ‚wahren Charakter der theatralischen Musik‘,<br />
wie er es nennt, wieder ins Natürliche zurückzuführen; und so wie ich es empfunden habe, ist<br />
ihm das über alles Erwarten gut gelungen.“ <strong>Gluck</strong> hatte die Verbindung zwischen Kultur und<br />
Natur zu Musik werden lassen…<br />
Was könnte es Schöneres geben, als zur lauen Sommerzeit unter freiem Himmel nicht nur den<br />
Gesang der Vögel, sondern auch die Musik von <strong>Gluck</strong> zu genießen – und das zum Nulltarif!?<br />
Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> freuen sich, ihrem Publikum gleich drei Veranstaltungen<br />
dieser Art zum Geschenk machen zu können…<br />
Bei freiem Eintritt und hoffentlich schönstem Sonnenschein möchten wir alle Musikfreunde der<br />
Metropolregion dazu einladen, am 2. Juli den Geburtstag von Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> mit uns<br />
in Berching zu feiern, sich am 6. Juli beim Open Air Konzert der Jungen Fürther Streichhölzer<br />
im Südstadtpark Fürth davon zu überzeugen, wie gut <strong>Gluck</strong> nach Hollywood passt, und sich am<br />
14. Juli, dem letzten Tag der <strong>Festspiele</strong>, auf eine <strong>Gluck</strong>liche Reise in den Schlossgarten Erlangen<br />
zu begeben, wo es mit sieben Bläsern einmal quer über den europäischen Kontinent geht. Für<br />
diese Veranstaltungen werden keinerlei Karten benötigt. Sie können einfach vorbeikommen und<br />
das sommerliche Festival-Flair genießen…<br />
Zur Einstimmung auf unsere vielseitigen Veranstaltungen unter freiem Himmel bei freiem<br />
Eintritt erhalten Sie auf den folgenden Seiten aufschlussreiche Einblicke in die Aktivitäten der<br />
<strong>Gluck</strong>stadt Berching, die wir mit Hilfe des ehemaligen Bürgermeisters Rudolf Eineder erkunden<br />
durften. Bernd Müller, der Dirigent und Leiter der Jungen Fürther Streichhölzer, hat uns zu sich<br />
in die Musikschule Fürth eingeladen und uns aus seinem Alltag erzählt. Und einen Routenplaner<br />
zur Vorbereitung auf die <strong>Gluck</strong>liche Reise haben wir Ihnen auch zusammengestellt…<br />
„Ich glaube, die Musik müsse für die Poesie dasjenige sein, was die<br />
Lebhaftigkeit der Farben und eine glückliche Mischung von Schatten<br />
und Licht für eine fehlerfreie und wohlgeordnete Zeichnung sind,<br />
indem sie nur dazu dienen, die Figuren zu beleben, ohne die<br />
Umrisse zu zerstören.“<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
85
GLUCK IN BERCHING<br />
Ein Gespräch mit Rudolf Eineder<br />
Es ist Adventszeit, klirrend kalt, die ersten Schneeflocken könnten<br />
bald fallen. In Berching ist es ruhig an diesem Montag im<br />
Dezember. Im Café Plank, der alteingesessenen Bäckerei und<br />
Konditorei im Herzen der Stadt am Pettenkoferplatz, wartet<br />
Rudolf Eineder – langjähriger Bürgermeister und ausgemachter<br />
<strong>Gluck</strong>freund. Seit vielen Jahren pflegt er mit einem engagierten<br />
Kreis das Image der <strong>Gluck</strong>stadt und verschafft dem Komponisten<br />
einen festen Platz im Bewusstsein ihrer Bürger.<br />
Ein Erlebnis in Wien<br />
Die erste Begegnung mit <strong>Gluck</strong>? Daran kann sich Eineder noch<br />
gut erinnern. Es war im Jahr 1987, als er vom Kulturreferenten der<br />
Stadt Wien in die Staatsoper eingeladen wurde: „Da ich in einem<br />
kleinen Dorf in Niederbayern aufgewachsen bin, hatte ich mit<br />
<strong>Gluck</strong> bis dato eigentlich nichts zu tun. Aber diese Aufführung<br />
von Iphigenie in Wien war ein unvergessliches Erlebnis. Diese<br />
Musik und die Staatsoper… wann erlebt man so etwas schon als<br />
junger Lehrer?“ Die Beschäftigung mit dem Komponisten sollte<br />
schon bald zu einer seiner Lebensaufgaben werden. Denn 1990<br />
wurde Eineder in den Stadtrat der Gemeinde Berching gewählt, in<br />
deren Ortsteil Erasbach Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> 1714 geboren<br />
wurde, und gleich für das Amt des zweiten Bürgermeisters vorgeschlagen.<br />
Von nun an hatte er sich um die kulturellen Belange<br />
der Gemeinde zu kümmern – eine Aufgabe, die ihn bis heute<br />
nicht losgelassen hat.<br />
Wie Berching zur <strong>Gluck</strong>stadt wurde<br />
Aber immer der Reihe nach. „Eine der ersten Aufgaben zu meiner<br />
Amtszeit als zweiter Bürgermeister war die Gestaltung der<br />
Eröffnungsfeierlichkeiten des Main-Donau-Kanals 1992. Zwei<br />
Wochen dauerten sie. Musik – natürlich auch die von <strong>Gluck</strong> –<br />
spielte eine wichtige Rolle. <strong>Gluck</strong> zum Sommerkonzert – daraus<br />
sollte Tradition werden. Alles im Freien, wobei uns der Wettergott<br />
nicht immer gnädig war. Aber den Leuten gefiel es. <strong>Gluck</strong>s<br />
Musik gewann immer größere Aufmerksamkeit. Als ich 1996<br />
zum ersten Bürgermeister gewählt wurde, stand für mich längst<br />
fest, dass man für <strong>Gluck</strong> noch viel mehr machen muss!“<br />
DAS GEBURTSTAGSFEST<br />
Gastgeber sind der Freundeskreis<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
e.V. und die Stadt Berching<br />
in Kooperation mit der Pocket<br />
Opera Company (künstlerische<br />
und musikalische Leitung<br />
Franz Killer), dem Gymnasium<br />
Beilngries mit Chor (Leitung<br />
Patricia Lanz) und Orchester<br />
(Leitung Dr. Bernhard Strunz)<br />
sowie der Mittelschule und<br />
Realschule Berching.<br />
Weitere Mitwirkende: Gertrud<br />
Demmler-Schwab (Sopran),<br />
Stephanie Altmann (Mezzosopran),<br />
Robert Eller (Bariton)<br />
und Klaus Meile (Schauspieler),<br />
das Orchester der<br />
Pocket Opera Company, der<br />
Motetten-Chor-Nürnberg und<br />
Philharmenka<br />
Di, 2. Juli, 17.00 Uhr,<br />
Hans-Kuffer-Park, Berching<br />
Eintritt frei<br />
„Deine Musik wird<br />
immer lebendig<br />
bleiben, Christoph<br />
Willibald <strong>Gluck</strong>!“<br />
Leandro Marziotte<br />
Was brachte Eineder zu dieser Überzeugung? „<strong>Gluck</strong> war einer<br />
der großen Reisenden des 18. Jahrhunderts. Von Prag über Wien,<br />
86
Mailand, Rom, London, Paris bis Kopenhagen. <strong>Gluck</strong> hat seinen<br />
eigenen europäischen Gedanken schon im 18. Jahrhundert gelebt.<br />
Und für die Musikgeschichte Europas war er ein Pionier, brachte<br />
Musik und Handlung in der Oper als erster wirklich zusammen.<br />
Und dieser Komponist ist hier geboren! Jede Stadt braucht ein<br />
Markenzeichen, und wir haben diesen wunderbaren Musiker –<br />
ein Geschenk des Himmels!“Es ging also an die Arbeit. Gerhard<br />
Croll, der wohl bedeutendste <strong>Gluck</strong>-Forscher der Gegenwart, stand<br />
Eineder zur Seite, und gemeinsam formten sie das Image der<br />
<strong>Gluck</strong>stadt Berching. „Nach den Sommerkonzerten wagten wir<br />
uns an kleine Opern, die am Pettenkoferplatz zur Aufführung<br />
kamen, dann wurde im Erdgeschoss des Heimatmuseums das<br />
<strong>Gluck</strong>museum eröffnet. Überhaupt ließen wir keine Gelegenheit<br />
aus, <strong>Gluck</strong> stärker ins Interesse der Stadt zu rücken.“<br />
Als Nachfolger Gerhard Crolls übernahm Rudolf Eineder 2008<br />
den Vorsitz der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-Gesellschaft. Doch neben<br />
diesem überregionalen Engagement sollte auch in Berching weiterhin<br />
mehr getan werden, zumal 2013/14 die Saison mit <strong>Gluck</strong>s<br />
300. Geburtstag anstand. Das war der rechte Zeitpunkt, die <strong>Gluck</strong>freunde<br />
Berching e.V. ins Leben zu rufen – ein zunächst kleiner<br />
Kreis aus gluckbegeisterten Persönlichkeiten der Stadt und von<br />
außerhalb, der sich über die Jahre kontinuierlich vergrößerte.<br />
300 Jahre <strong>Gluck</strong> und die Entdeckung der Landpartie<br />
Mit voller Kraft machte man sich an die Planung des Jubiläumsjahres.<br />
„Wir haben den 300. Geburtstag eigentlich über zwei Jahre<br />
hinweg gefeiert. Die größte Erfindung zu diesem Anlass war die<br />
Landpartie. Unter dem Motto des Dreiklangs von Kultur, Natur<br />
und Musik haben wir Wanderungen in der Geburtsregion <strong>Gluck</strong>s<br />
bzw. im Jagdgebiet des Oberförsters Alexander <strong>Gluck</strong>, dem Vater<br />
des Komponisten, entwickelt. In den ersten Jahren drehte sich die<br />
Landpartie meist um <strong>Gluck</strong>s Leben und Werdegang. Seit zwei,<br />
drei Jahren bieten wir kleine Opern in regelmäßiger Zusammenarbeit<br />
mit der Pocket Opera Company unter der musikalischen<br />
und künstlerischen Leitung von Franz Killer.“ Rudolf Eineder<br />
gerät ins Schwärmen. „Es ist ein großartiges Erlebnis, wenn 150<br />
Menschen sich gemeinsam in den Wald aufmachen, begleitet<br />
von Ortskundigen in historischen Gewändern, überrascht von<br />
Schauspielern, begrüßt von Musikern. Und was wir dem Publikum<br />
nicht schon alles geboten haben: Pferdekutschen, ein Treidelschiff,<br />
ein Floß – immer eine ganz besondere Erfahrung!“ Natürlich<br />
Franz Killer dirigierte zahlreiche<br />
Ur- und Erstaufführungen<br />
mit namhaften Orchestern<br />
und Ensembles verbunden<br />
mit Rundfunkproduktionen<br />
und setzt sich über Jahrzehnte<br />
hinweg für die Aufführung von<br />
unbekannten Kammeropern ein<br />
wie zum Beispiel Das Tagebuch<br />
der Anne Frank (DE<br />
/ 1994) von Grigori Frid und<br />
Jason und Medea von Volker<br />
Blumenthaler (UA / 1996).<br />
Seit 1982 leitet er den Motetten-Chor-Nürnberg<br />
mit dem<br />
er zahlreiche Auftritte im Inund<br />
Ausland realisierte. 2003<br />
übernahm er die musikalische<br />
Leitung der Pocket Opera<br />
Company Nürnberg. Im August<br />
2007 wurde ihm die künstlerische<br />
Leitung dieser überregional<br />
bekannten Musiktheatertruppe<br />
übertragen. Nebst seinem Engagement<br />
als Dirigent, komponierte<br />
Franz Killer für zahlreiche<br />
Bühnen: unter anderem vollendete<br />
er im Wagner-Jahr 2013<br />
das Opernfragment Männerlist<br />
größer als Frauenlist oder Die<br />
glückliche Bärenfamilie von<br />
Richard Wagner, das im selben<br />
Jahr in Nürnberg die vielbeachtete<br />
Uraufführung erlebte.<br />
87
ist jede Landpartie ein Mammutprojekt für die Gemeinde: „Dahinter steht jeweils<br />
ein organisatorischer Masterplan. Für Darsteller und Techniker muss ja eine andere<br />
Route gefunden werden, damit alles rechtzeitig steht. Da sind viele helfende Hände<br />
nötig. Aber der Aufwand lohnt sich jedes Mal.“ Die kleinen Wanderungen umfassen<br />
meist eine Tour von fünf bis sechs Kilometern und starten beim <strong>Gluck</strong>museum an<br />
der Johannisbrücke 2 – in diesem Jahr mit einer kleinen Variante von Orpheus und<br />
Eurydike (siehe Artikel S. 42 f.) „Natürlich veranstalten wir hier keine Weltstadt-Oper<br />
wie in Wien (er lacht). Wir machen Oper zum Anfassen – dafür kommen aber auch<br />
Leute hierher, die sonst nicht ohne weiteres in die Oper gehen würden. Und das ist<br />
etwas Wunderbares!“<br />
Eine Zukunft für <strong>Gluck</strong><br />
An den Jubiläumsfeierlichkeiten 2013/14 waren sehr viele Bürgerinnen und Bürger<br />
beteiligt – von ortsansässigen Musikerinnen und Musikern, über Schülerinnen und<br />
Schüler bis hin zu einem integrativen Projekt, das Menschen mit Behinderung in das<br />
Geschehen einband. Diese Erfahrungen haben <strong>Gluck</strong> der Stadt noch mal ein ganzes<br />
Stück nähergebracht: „Mich hat immer interessiert, wie viel <strong>Gluck</strong> die Stadt Berching<br />
verträgt. Das versuchten wir auszuloten. Und wenn es zu einem Diskussionsforum<br />
über <strong>Gluck</strong> mit Musik am Vormittag Weißwürste geben soll, dann machen wir das.<br />
Aber die Leute kommen dann auch, und einen Zusammenhalt gibt es hier sowieso<br />
immer. Ein spontanes Premierenessen für 60 Personen? Kein Problem für unseren<br />
Griechen. 50 Notenständer für ein Konzert? Da wird einfach schnell die Schule aufgeschlossen,<br />
und schon hat man die Sachen. Das ist das Schöne hier auf dem Land.“<br />
Auch wenn Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> heute für viele in Berching schon dazugehört,<br />
ist sich Eineder sicher: „Man muss dranbleiben. Eine Landpartie pro Jahr reicht nicht.<br />
So etwas wie der <strong>Gluck</strong>-Wanderweg, das <strong>Gluck</strong>museum, da muss man findig bleiben –<br />
nicht nur Veranstaltungen machen, sondern Erlebnisse schaffen und vor allem...“,<br />
Eineder wird jetzt ernst und klar: „...müssen wir mehr junge Leute begeistern. Die<br />
sollen uns Silberhaarige langsam ruhig ablösen. Bei den <strong>Gluck</strong>freunden haben wir<br />
schon eine Verjüngung hinbekommen, aber es muss noch mehr passieren.“ Eineder<br />
hat hierzu auch schon die passende Idee: „Mit der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-Gesellschaft<br />
arbeiten wir schon länger daran, Materialien für den Schulunterricht zu entwickeln.<br />
Da muss man ansetzen.“ Aber <strong>Gluck</strong> neben Bach, Haydn und Mozart in der Schule?<br />
Das ist noch Zukunftsmusik.<br />
88
Das Geburtstagsfest <strong>2019</strong><br />
In diesem Sommer wird erst einmal wieder <strong>Gluck</strong>s Geburtstag gefeiert, und zwar der<br />
305. Am 2. Juli auf dem Reichenauplatz. „Um diesen Geburtstag gibt es in Berching<br />
ja einen riesigen Streit, wissen Sie das? Die einen behaupten tatsächlich noch immer,<br />
<strong>Gluck</strong> sei am 4. Juli 1714 im Ortsteil Weidenwang geboren, dabei gibt es Beweise,<br />
dass es am 2. Juli in Erasbach war, und es die Taufe war, die zwei Tage später in Weidenwang<br />
stattgefunden hat. Aber das darf man hier nicht überall laut sagen. Dafür<br />
wurden mir im Bierzelt auch schon mal Prügel angedroht.“ Er lacht und fährt fort:<br />
„Klar, einen letztgültigen Beweis, so etwas wie eine Geburtsurkunde gibt es nicht. Viele<br />
Dokumente aus <strong>Gluck</strong>s Nachlass sind 1807 bei einem Großbrand in Wien dem Feuer<br />
zum Opfer gefallen. Dennoch ist ein sogenanntes ‚Lebenszeichen‘ aus den Pariser<br />
Jahren erhalten. <strong>Gluck</strong> musste so etwas in regelmäßigen Abständen unterzeichnen,<br />
um sein stattliches Gehalt aus Frankreich zu beziehen. Auf diesem Papier ist der 2.<br />
Juli 1714 als sein Geburtstag vermerkt. Außerdem gibt es den Nachweis für eine im<br />
Zweiten Weltkrieg verbrannte Immatrikulationsbescheinigung von 1732 aus Prag,<br />
in der <strong>Gluck</strong> sich mit „aus dem pfälzischen Erasbach kommend“ einträgt. <strong>Gluck</strong> ist<br />
in seiner Kindheit und Jugend häufig umgezogen. Warum sollte er gerade Erasbach<br />
aus diesen Stationen herausgreifen, wenn es nicht sein Geburtsort war? Wir feiern<br />
jedenfalls am 2. Juli.“<br />
Und was wird bei diesem Geburtstagsfest geboten? „Es soll ein Fest voller Überraschungen<br />
werden, mit vielen unterschiedlichen, teilweise hochkarätigen Gratulanten,<br />
die dem Jubilar ihre Geschenke übergeben werden. Ein bereits durch die letzte Landpartie<br />
bekannter Zeitgenosse <strong>Gluck</strong>s wird durch das Programm führen: der aus Wien<br />
angereiste Graf Giacomo Durazzo. Er wird aus dem Leben <strong>Gluck</strong>s erzählen, aber<br />
auch von Begegnungen mit dem berühmten Reiseschriftsteller Charles Burney, der<br />
<strong>Gluck</strong> in Wien aufgesucht hatte und so manches aus dem „Nähkästchen“ des großen<br />
Meisters verrät. Virtuose Bläserklänge, dargeboten von dem Orchester Philharmenka,<br />
atemberaubende Koloraturarien präsentiert von Ensemblemitgliedern der Pocket<br />
Opera Company im Wechselspiel mit dem Motetten Chor Nürnberg, träumerische<br />
Instrumental- und Vokalstücke dargeboten von Schülerinnen und Schülern des Beilngrieser<br />
Gymnasiums unter der Leitung von Bernhard Strunz. Den Rahmen bildet<br />
ein Werk <strong>Gluck</strong>s, das für alle eine Entdeckung werden wird: Le feste d’Apollo – exakt<br />
vor 250 Jahren in Parma uraufgeführt, erklingt in Auszügen erstmals in Berching.<br />
Und nicht nur an den Ohrenschmaus ist gedacht: Aber das ist eine Überraschung.“<br />
Rudolf Eineder verharrt kurz in seinen Gedanken und fügt hinzu: „Sogar unser Volksfestverantwortlicher<br />
wird kommen, obwohl er mit <strong>Gluck</strong> relativ wenig am Hut hat.<br />
Warum? Na, wegen dem Auftritt von Philharmenka... Also <strong>Gluck</strong> als Blasmusik, das<br />
interessiert ihn dann doch. Sehen Sie, Berching ist einfach begeisterungsfähig – man<br />
muss nur wissen wie!“<br />
Das Gespräch führte Friederike Engel.<br />
89
GLUCK IN HOLLYWOOD<br />
Ein Gespräch mit Bernd Müller<br />
<strong>Gluck</strong>s Sinfonie in G-Dur war das allererste Stück, das Bernd<br />
Müller selbst als Jugendlicher im Schulorchester einstudieren<br />
durfte. „Das war keine leichte Aufgabe… Ich spiele ja Geige und<br />
musste in diesem Falle eine umgeschriebene Bratschenstimme<br />
spielen“, erinnert sich der Musiker. Es war eine Begegnung mit<br />
Folgen, denn das Schulorchester war nur der Anfang für den Violinisten<br />
und gebürtigen Fürther. Von dort aus ging es für Bernd<br />
Müller direkt zu den Jungen Fürther Streichhölzern, deren Leiter<br />
er heute ist. Begeistert beschreibt er, wie hier engagiert mit jungen<br />
Menschen Musik gemacht wird. Vom Vororchester, in dem die<br />
Acht- bis Neunjährigen anfangen, über das Nachwuchsorchester,<br />
das Kammerorchester bis zum Sinfonieorchester, in dem die 15- bis<br />
18-Jährigen spielen, wird hier gemeinsam musiziert. Ihn selbst<br />
hat seine Zeit bei den Streichhölzern dazu gebracht, Profimusiker<br />
zu werden. „Das machen aber nicht viele. Die meisten erhalten<br />
sich die Musik als Hobby, was vermutlich auch ganz gut ist. Der<br />
Markt ist ja doch ziemlich übersättigt, und außerdem…“, Bernd<br />
Müller schmunzelt, „ist ja allgemein bekannt, dass der wesentliche<br />
Unterschied zwischen einem Jugend- und einem Profiorchester<br />
darin besteht, dass es im Jugendorchester Spaß macht...“<br />
Vom seltenen Gebrauch des Veto-Rechts<br />
Während seines Studiums war der Violinist unter anderem als<br />
Konzertmeister in der Jungen Deutschen Philharmonie tätig,<br />
später als erster Geiger der Staatsphilharmonie Nürnberg. 1997<br />
gründete er das Orchester KlangLust!, in dem ehemalige und<br />
derzeit aktive Streichhölzer, Musikstudierende und Profimusiker*innen<br />
zusammenkommen. Eine Formation, die Bernd Müller<br />
auch neben seiner Haupttätigkeit bis heute am Herzen liegt. Es<br />
war dann 2004, als der endgültige Ruf zurück zu den Wurzeln<br />
kam: „Das Telefon klingelte. Die Cellistin Christel Opp, die die<br />
Jungen Fürther Streichhölzer Anfang der Achtziger gegründet<br />
hatte, war am Apparat und fragte mich direkt heraus, ob ich mir<br />
vorstellen könnte, die Leitung des Orchesters zu übernehmen. Sie<br />
wollte sich nach 20 Jahren anderen Aufgaben zuwenden. Ich habe<br />
mich natürlich sehr geschmeichelt gefühlt und gerne zugesagt.“<br />
Bernd Müller strahlt. Es wird deutlich, welch große Freude es<br />
für ihn gewesen sein muss, diese Aufgabe zu übernehmen und<br />
fortan junge Menschen für Musik zu begeistern.<br />
CLASSIC GOES<br />
HOLLYWOOD 3<br />
Die Jungen Fürther<br />
Streichhölzer<br />
Sa, 6. Juli, 19.30 Uhr,<br />
Südstadtpark Fürth<br />
Eintritt frei<br />
Die Jungen Fürther Streichhölzer,<br />
das Jugendsymphonieorchester<br />
der Stadt Fürth, zählt<br />
in insgesamt vier Orchestern<br />
zusammen etwa 170 aktive<br />
Mitglieder, die sich – aus dem<br />
gesamten Großraum Fürth -<br />
Nürnberg - Erlangen kommend<br />
– einmal wöchentlich zum Proben<br />
treffen. Vor über 30 Jahren<br />
gegründet hat es sich zu einem<br />
außergewöhnlichen Klangkörper<br />
in der deutschen Jugendorchesterlandschaft<br />
entwickelt.<br />
Seit 2004 ist Bernd Müller für<br />
die Jungen Fürther Streichhölzer<br />
künstlerisch verantwortlich.<br />
Er war selbst langjähriges<br />
Orchestermitglied und Konzertmeister<br />
des Orchesters.<br />
90
Seine Tätigkeit als Leiter und Dirigent der Jungen Fürther Streichhölzer ist äußerst vielseitig.<br />
Immerhin umfasst der Verbund der Orchester für die verschiedenen Altersgruppen um die 170<br />
aktive Mitglieder. Konzerte, Konzertreisen und die dazugehörigen Proben müssen organisiert,<br />
die musikalischen Programme zusammengestellt und einstudiert werden. Hier entscheidet<br />
Bernd Müller allerdings nicht allein. „Es gibt einen Orchestervorstand, der sich aus Mitgliedern<br />
der verschiedenen Instrumentengruppen zusammensetzt. In dieser Runde setzen wir uns drei<br />
bis vier Mal im Jahr zusammen, um Programmvorschläge zu diskutieren. Aber ich habe natürlich<br />
ein Veto-Recht.“ Er lacht und fügt hinzu: „Von dem ich selten Gebrauch machen muss.“<br />
Insgesamt stehen für die Fürther Streichhölzer vier große Konzerte und eine Konzertreise im<br />
Jahreskalender, zwei der Konzerte finden im Stadttheater Fürth statt, und eines ist jeweils das<br />
sommerliche Open Air im Südstadtpark.<br />
Endlich einmal <strong>Gluck</strong>!<br />
„Als ich dem Orchestervorstand von der Möglichkeit erzählt habe, mit den <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n<br />
zu kooperieren, stieß das sofort auf Begeisterung. Da <strong>Gluck</strong> nicht allzu viele Instrumentalwerke<br />
komponiert hat, hatten wir uns bisher nicht viel mit ihm beschäftigt. Eine kleinere Formation<br />
hatte einmal die Gelegenheit gehabt, einen Orpheus zu begleiten, aber sonst kam es bisher nie<br />
dazu.“ Durch den Zeitrahmen der <strong>Festspiele</strong> war schnell klar, dass die Zusammenarbeit das<br />
Open-Air-Konzert im Südstadtpark betreffen würde. Und auch dass es ein Programm mit Filmmusik<br />
werden würde, stand bald fest.<br />
„Diese Art von Musik passt einfach perfekt für ein Open Air. Sie kommt emotional so gut auf den<br />
Punkt, hat eine direkte, klare Wirkung. Wir haben damit schon gute Erfahrungen unter freiem<br />
Himmel gemacht.“ Aber was hat nun <strong>Gluck</strong> mit Filmmusik zu tun? „Ich war ganz fasziniert, wie<br />
häufig Kompositionen von <strong>Gluck</strong> schon als Soundtrack verwendet wurden.“ Und tatsächlich: Wirft<br />
man einen Blick in die große Filmdatenbank unter www.imdb.com, staunt man, wie viele Titel<br />
dort zu <strong>Gluck</strong> gelistet werden. Vom Western aus den 1930er Jahren, über Gefährliche Liebschaften<br />
mit Glenn Close und John Malkovich bis hin zum 2009 mit acht Oscars ausgezeichneten Film<br />
Slumdog Millionär. „Meist sind es Nummern aus Orfeo ed Euridice, berichtet Müller. „Vermutlich<br />
kein Wunder, denn gerade in diesem Werk entfaltete <strong>Gluck</strong> ja erstmals die ganze emotionale<br />
Wirkungskraft seiner Musik, und genau hierin besteht ja auch die Aufgabe von Filmmusik.“<br />
Aus diesem Anlass werden auch der Reigen seliger Geister, der Furientanz und vielleicht die Ouvertüre<br />
des Orpheus beim Open-Air-Konzert erklingen – im vollen Kino-Sound! „Das ist absolut<br />
das Richtige für einen Sommertag im Park, obwohl es sicher noch viele, vielleicht auch aufregendere,<br />
entdeckungswürdige Werke von <strong>Gluck</strong> gibt.“ In jedem Fall freut sich Bernd Müller<br />
auf seine überraschende Wiederbegegnung mit dem Komponisten: „Bei hoffentlich schönem<br />
Wetter“ am Samstag, den 6. Juli im Südstadtpark...<br />
Das Gespräch führte Friederike Engel.<br />
91
Philharmenka<br />
92
93
UNTERWEGS MIT GLUCK<br />
Wir Musikanten<br />
Kurt Gäble<br />
Arrangement Christian Wissel<br />
Ouvertüre zu Ezio<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
Gruß an Böhmen<br />
Vackar Vaclav<br />
Ausschnitt aus La clemenza di Tito<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
Vierteljahrhundert Dreiviertler<br />
Herbert Pixner<br />
Arrangement Georg Birner<br />
Mars der Medici<br />
Johann Wichers<br />
Arrangement Paul Meiler<br />
Ouvertüre zu Iphigénie en Aulide<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
Paris<br />
Cellini Intrada<br />
Christian Wissel<br />
Ouvertüre zu Orpheus und Eurydike<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
Wien bleibt Wien<br />
Johann Schrammel<br />
Ouvertüre zu La contesa dei Numi<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
Fnugg Blue<br />
Oystein Baadsvik<br />
Arrangement Christian Wissel<br />
94
GLUCKLICHE REISE<br />
Ein Komponist zieht<br />
durch Europa<br />
Kopenhagen<br />
Schlossgartenkonzert mit<br />
dem Ensemble Philharmenka<br />
So, 14. Juli, 11 Uhr,<br />
Schlossgarten Erlangen<br />
(vor der Orangerie)<br />
Bei schlechtem Wetter<br />
im Redoutensaal<br />
Eintritt frei<br />
Prag<br />
Wien<br />
Neapel<br />
Seit 2010 spielen die sieben<br />
sympathischen Musiker von<br />
Philharmenka, die sich von der<br />
Staatsphilharmonie Nürnberg<br />
kennen, Blasmusik auf höchstem<br />
Niveau – bei minimaler<br />
Besetzung. Den Grundstock<br />
bildet die böhmische Blasmusik,<br />
mit der die Sieben in ihren<br />
Heimatkapellen aufgewachsen<br />
sind und nach der sie sich nach<br />
Studium und Opernalltag sehnten.<br />
Die traditionellen Stücke<br />
arrangieren sie größtenteils<br />
selbst für sich oder schreiben<br />
gleich neue. Erweitert wird das<br />
Repertoire um moderne und<br />
jazzige Eigenarrangements.<br />
Philharmenka, das sind: Niko<br />
Keller, Bernhard Holzmann,<br />
Holger Pfeuffer, Georg Birner,<br />
Fabian Kerber, Paul Meiler<br />
und Matthias Raggl. Für die<br />
<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> stellen die<br />
Sieben ein spezielles Programm<br />
zusammen, das wichtige<br />
Stationen des reisefreudigen<br />
Europäers <strong>Gluck</strong> musikalisch<br />
veranschaulicht.<br />
95
„ ... dann fegt die letzte<br />
brillante Klavierphrase alle<br />
Schatten von der Tastatur.“<br />
JETZT<br />
im<br />
Buchhandel<br />
Mathias Husmann - Präludien fürs Publikum II<br />
99 weitere Konzert- und Operneinführungen in aller Kürze<br />
Mit künstlerischen Pressezeichnungen aus Oper und Tanz<br />
€ 14,90 (D) • ISBN: 978-3-9818481-1-3<br />
96
SPIELPLAN<br />
DO, 27. Juni 19.30 Uhr Staatstheater Nürnberg, Opernhaus<br />
Festliche Eröffnung<br />
GROSSE GEFÜHLE, GLÜCK UND VERHÄNGNIS<br />
<strong>Gluck</strong>-Operngala mit Karina Gauvin, Max Emanuel Cencic und dem<br />
Orchester Armonia Atenea (Athen), Leitung George Petrou<br />
Das Konzert wird aufgezeichnet von BR Klassik.<br />
Vorverkauf (VVK) 60/50/42/34/26 € (-25%) /<br />
Abendkasse (AK) 68/57/48/39/30 € (-25%) ZAC-Rabatt!<br />
FR, 28. Juni 20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
Premiere RITTER GLUCK revisited<br />
Ein Fantasiestück nach E.T.A. Hoffmann<br />
Freie Lesung und Musik<br />
mit Dominique Horwitz und Norbert Nagel<br />
VVK 19 (12) € / AK 22 (14) € ZAC-Rabatt!<br />
SA, 29. Juni 19.30 Uhr Stadttheater Fürth<br />
HEROES IN LOVE<br />
Konzertabend mit Sonia Prina<br />
und dem Orchester LaBarocca (Mailand), Leitung Ruben Jais<br />
Das Konzert wird aufgezeichnet von BR Klassik.<br />
50/46/38/28/11 € ZAC-Rabatt!<br />
SO, 30. Juni 15.00 Uhr Staatstheater Nürnberg,<br />
<strong>Gluck</strong>-Saal im Opernhaus<br />
HARMONIE<br />
Werke von <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />
Ensemble des Kammermusikvereins Philharmonie Nürnberg, Solistinnen: Ida<br />
Aldrian (Gesang) und Rita Kaufmann (Klavier), Moderation Jörg Krämer<br />
18,70 (8,80) €<br />
17.00 Uhr Redoutensaal Erlangen<br />
IM REICH DER SCHATTEN<br />
Orpheus und Eurydike als Erzähl-Konzert (8+)<br />
mit Corinna Schreiter, Yosemeh Adjej, Martin Ellrodt (Erzähler)<br />
und der Neuen Nürnberger Ratsmusik<br />
16 (8) €<br />
20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
GLUCK GOES BIGBAND<br />
Sunday Night Orchestra<br />
Das Konzert wird aufgezeichnet von BR Klassik.<br />
VVK 19 (12) € / AK 22 (14) € ZAC-Rabatt!<br />
97
MO, 1. Juli<br />
10.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
IM REICH DER SCHATTEN<br />
Orpheus und Eurydike als Erzähl-Konzert (8+)mit Corinna Schreiter,<br />
Yosemeh Adjej, Martin Ellrodt (Erzähler)<br />
und der Neuen Nürnberger Ratsmusik<br />
VVK 10 (6) € / AK 13 (8), € / Gruppenpreis 5,50 €<br />
Bestellung über tafelhalle@stadt.nuernberg.de oder 0911 231 14005<br />
11.45 Uhr, Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
IM REICH DER SCHATTEN<br />
Orpheus und Eurydike als Erzähl-Konzert (8+)<br />
mit Corinna Schreiter, Yosemeh Adjej, Martin Ellrodt (Erzähler)<br />
und der Neuen Nürnberger Ratsmusik<br />
DI, 2. Juli<br />
09.30 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
GESUCHT: IPHIGENIE<br />
Ein <strong>Gluck</strong>-Spiel mit Musik (12+)<br />
Werkstatt-Projekt der pfütze jungeMET<br />
mit experimentellem Charakter<br />
VVK 10 (6) € / AK 13 (8), € / Gruppenpreis 5,50 €<br />
Bestellung über tafelhalle@stadt.nuernberg.de oder 0911 231 14005<br />
11.30 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
GESUCHT: IPHIGENIE<br />
Ein <strong>Gluck</strong>-Spiel mit Musik (12+)<br />
Werkstatt-Projekt der pfütze jungeMET<br />
mit experimentellem Charakter<br />
17.00 Uhr Hans-Kuffer-Park Berching<br />
DAS GEBURTSTAGSFEST<br />
<strong>Gluck</strong> wird 305!<br />
Eintritt frei<br />
19.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
GESUCHT: IPHIGENIE<br />
Ein <strong>Gluck</strong>-Spiel mit Musik (12+)<br />
Werkstatt-Projekt der pfütze jungeMET<br />
mit experimentellem Charakter<br />
MI, 3. Juli<br />
20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
GLUCKVibration!<br />
Instrumentale Faszination seit 300 Jahren –<br />
MetropolMusik Nürnberg feat. GlassDuo Danzig & Izabella Effenberg<br />
VVK 19 (12) € / AK22 (14) € ZAC-Rabatt!<br />
98
DO, 4. Juli<br />
FR, 5. Juli<br />
20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theatercafé<br />
Premiere<br />
EURYDIKE & ORPHEUS<br />
Ein literarisch-musikalischer Abend<br />
mit Elke Wollmann und Béatrice Kahl<br />
VVK 16 (10) € / AK (12) € ZAC-Rabatt!<br />
15.45 bis 18 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theatercafé<br />
<strong>Internationale</strong>s Symposium der <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle Salzburg<br />
DIE ANDERE STIMME<br />
HOHE MÄNNERSTIMMEN ZWISCHEN GLUCK UND ROCK<br />
Eintritt frei<br />
20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
Gastspiel Bühnen Halle/Saale<br />
DIE NACHTIGALL DES ZAREN<br />
Inszenierte Lesung mit Arien der Barockzeit<br />
Mit Robert Joseph Bartl, Leandro Marziotte, Tibor Kovacs, Lewin Stedtler<br />
und dem Händelfestspielorchester Halle<br />
unter der Leitung von Katrin Wittrisch<br />
VVK 22(14) € / AK 25 (16) € ZAC-Rabatt!<br />
SA, 6. Juli<br />
09.30 bis 16.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt,<br />
Theatercafé<br />
<strong>Internationale</strong>s Symposium der <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle Salzburg<br />
DIE ANDERE STIMME<br />
HOHE MÄNNERSTIMMEN ZWISCHEN GLUCK UND ROCK<br />
Eintritt frei<br />
19.30 Uhr Markgräfliches Opernhaus zu Bayreuth<br />
Deutsche Erstaufführung in konzertanter Form<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
ANTIGONO<br />
Dramma per musica in drei Akten von Pietro Metastasio. Mit Anna<br />
Kasyan, Francesca Lombardi Mazzulli, Samuel Marino, Mauro Peter,<br />
Valer Sabadus, Terry Wey und dem Händelfestspielorchester Halle, Leitung<br />
Michael Hofstetter<br />
Das Konzert wird aufgezeichnet von BR Klassik.<br />
Mit freundlicher Unterstützung des Festspiel-Partners Musica Bayreuth<br />
VVK 86/70/54/38 € (-25%) / AK 96/79/61/43 € (-25%)<br />
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19.30 Uhr Südstadtpark Fürth<br />
CLASSIC GOES HOLLYWOOD 3<br />
Die Jungen Fürther Streichhölzer, open air<br />
Eintritt frei<br />
20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />
RITTER GLUCK revisited<br />
Ein Fantasiestück nach E.T.A. Hoffmann<br />
Freie Lesung und Musik mit Dominique Horwitz und Norbert Nagel<br />
VVK 19 (12) € / AK 22 (14) € ZAC-Rabatt!<br />
SO, 7. Juli<br />
11.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theatercafé<br />
IM GESPRÄCH: DIE ANDERE STIMME<br />
Round-Table mit Valer Sabadus, Kordula Knaus (Bayreuth), Thomas<br />
Seedorf (Karlsruhe) – Gesprächsleitung Alexander Moore (Wien)<br />
VVK 7 € / AK 10 €<br />
19.30 Uhr Wenzelschloss Lauf, Kaisersaal<br />
EURYDIKE & ORPHEUS<br />
Literarisch-musikalischer Abend mit Elke Wollmann und Béatrice Kahl<br />
VVK 16 (10) € / AK (12) € ZAC-Rabatt!<br />
DI, 9. Juli<br />
MI, 10. Juli<br />
DO, 11. Juli<br />
20.00 Uhr Reitstadel in Neumarkt, Sonderkonzert<br />
Neumarkter Konzertfreunde e.V. in Zusammenarbeit mit den<br />
<strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n<br />
PHILIPPE JAROUSSKY & ENSEMBLE ARTASERSE (Barcelona)<br />
Konzert mit Arien und Werken von Francesco Cavalli<br />
65/49/35 €<br />
Ausverkauft!<br />
19.30 Uhr Aula des Willibald-<strong>Gluck</strong>-Gymnasiums Neumarkt<br />
EURYDIKE & ORPHEUS<br />
Literarisch-musikalischer Abend mit Elke Wollmann und Béatrice Kahl<br />
VVK 13 (8) € / AK 16 (10) € ZAC-Rabatt!<br />
20.30– 22.15 Uhr St. Katharina Open Air Nürnberg<br />
Premiere Uraufführung<br />
DON JUAN TECHNO CLUB<br />
Elektronische Tanz-Opern-Nacht nach <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />
von und mit Daniel Brandt, Frieder Nagel, Fukiko Takase und Ensemble<br />
In Kooperation mit St. Katharina Open Air im KunstkulturQuartier<br />
VVK 22(14) € / AK 25 (16) € ZAC-Rabatt!<br />
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FR, 12. Juli<br />
19.30 Uhr Kleine Meistersingerhalle Nürnberg<br />
VON GLUCK ZU MOZART<br />
Daniel Hope und das Zürcher Kammerorchester<br />
VVK 54/46/38 € (-25%) / AK 62/53/44 € (-25%) ZAC-Rabatt!<br />
20.30 – 22.15 Uhr St. Katharina Open Air Nürnberg<br />
DON JUAN TECHNO CLUB<br />
Elektronische Tanz-Opern-Nacht nach <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />
VVK 22(14) € / AK 25 (16) € ZAC-Rabatt!<br />
SA, 13. Juli 16.00 Uhr Landpartie Berching, Start Johannisbrücke 2<br />
Premiere Pocket Opera Company<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
L’OMBRA DELL’AMORE – Orpheus und Eurydike<br />
Oper in drei Akten<br />
38 €<br />
20.30 – 22.15 Uhr St. Katharina Open Air Nürnberg<br />
DON JUAN TECHNO CLUB<br />
Elektronische Tanz-Opern-Nacht nach <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />
VVK 22 (14) € / AK 25 (16) € ZAC-Rabatt!<br />
SO, 14. Juli 11.00 Uhr Landpartie Berching, Start Johannisbrücke 2<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
L’OMBRA DELL’AMORE – Orpheus und Eurydike<br />
Oper in drei Akten<br />
38 €<br />
11.00 Vor der Orangerie im Schlossgarten Erlangen<br />
GLUCKLICHE REISE – Ein Komponist zieht durch Europa<br />
Schlossgartenkonzert mit dem Ensemble Philharmenka<br />
Eintritt frei – bei Regen im Redoutensaal<br />
18.00 Uhr Markgräfliches Opernhaus zu Bayreuth<br />
Festlicher Ausklang<br />
GROSSE GEFÜHLE, GLÜCK UND VERHÄNGNIS<br />
<strong>Gluck</strong>-Operngala mit Karina Gauvin, Max Emanuel Cencic<br />
und dem Orchester Armonia Atenea (Athen), Leitung George Petrou<br />
Zweitkonzert zum Abschluss der <strong>Festspiele</strong>, veranstaltet vom<br />
Festspiel-Partner Musica Bayreuth<br />
125/95/65/39 € (-25%)<br />
101
KARTEN<br />
Tickets<br />
Direktverkauf und telefonische Reservierungen<br />
Kultur Information<br />
Königstraße 93, 90402 Nürnberg<br />
E-Mail kulturinfo@stadt.nuernberg.de<br />
+49 (0) 911 231 - 4000<br />
Mo-Fr 9 bis 19 Uhr, Sa 9 bis 16 Uhr<br />
Online Tickets<br />
www.gluck-festspiele.de<br />
www.kunstkulturquartier.de/kultur-information<br />
www.eventim.de<br />
Für print@home-Tickets ist ein Ausweis zur Einlasskontrolle erforderlich.<br />
Vorverkaufsstellen<br />
Alle Vorverkaufsstellen in der Metropolregion mit CTS Eventim-Anbindung helfen gerne<br />
weiter. Für die Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit Musica Bayreuth (Ticketportal<br />
www.ticketmaster.de und angeschlossene Vorverkaufsstellen), dem gVe, dem<br />
Freundeskreis Willibald <strong>Gluck</strong> e.V. Berching, im Stadttheater Fürth, im Wenzelschloss<br />
Lauf sowie im Willibald-<strong>Gluck</strong>-Gymnasium Neumarkt nutzen Sie bitte auch den Vorverkauf<br />
vor Ort. Preisangaben verstehen sich plus Vorverkaufs- und Bearbeitungsgebühr<br />
– wo nicht anders angegeben. Ermäßigungen unter den am jeweiligen Ort<br />
üblichen Bedingungen in Klammern.<br />
Der ZAC-Rabatt ist gültig für Besitzer der ZACAbo-Card + max. 1 Begleitperson und<br />
ausschließlich in den Vorverkaufs- bzw. Geschäftsstellen der Nürnberger Nachrichten<br />
und den angeschlossen Heimatzeitungen verfügbar, sowie im Internet unter nn-ticketcorner.de.<br />
Abendkassen<br />
Die Kassen an den Spielstätten öffnen eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn.<br />
Dort sind ausschließlich Tickets für die jeweilige Veranstaltung erhältlich. Für die<br />
Veranstaltungen in der Tafelhalle und in St. Katharina, in der Meistersingerhalle, im<br />
Staatstheater Nürnberg und im Stadttheater Fürth berechtigt die Eintrittskarte ihren<br />
Besitzer 4 Stunden vor Beginn der Veranstaltung und bis 3 Uhr des darauffolgenden<br />
Tages im Tarifbereich der VGN deren Verkehrsmittel zu benutzen.<br />
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BAYERISCHE<br />
STAATS0PER<br />
CHRISTOPH<br />
WILLIBALD GLUCK<br />
ALCESTE<br />
26. MAI <strong>2019</strong> PREMIERE<br />
29. MAI <strong>2019</strong><br />
01. JUNI <strong>2019</strong><br />
06. JUNI <strong>2019</strong><br />
10. JUNI <strong>2019</strong><br />
13. JUNI <strong>2019</strong><br />
REGIE UND<br />
CHOREOGRAPHIE<br />
SIDI LARBI<br />
CHERKAOUI<br />
MUSIKALISCHE<br />
MIT CHARLES<br />
LEITUNG<br />
CASTRONOVO<br />
ANTONELLO<br />
UND DOROTHEA<br />
MANACORDA<br />
RÖSCHMANN<br />
INFOS/KARTEN<br />
WWW.STAATSOPER.DE<br />
103
DIE INTERNATIONALEN GLUCK-FESTSPIELE<br />
2005 auf Anregung des Aufsichtsratsvorsitzenden des Hauptsponsors NÜRNBERGER<br />
Versicherung, Hans-Peter Schmidt, und des Staatsintendanten Prof. Dr. Wulf Konold<br />
gegründet, finden die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> in zwei- bis dreijährigem<br />
Rhythmus an verschiedenen Spielstätten der Europäischen Metropolregion Nürnberg<br />
statt. Seitdem haben die <strong>Festspiele</strong> durch vielbeachtete Auftritte internationaler<br />
Künstlerpersönlichkeiten wie Mireille Delunsch, Michi Gaigg, Véronique Gens, Anne<br />
Sofie von Otter, Elína Garanča, Reinhard Göbel, Michael Hofstetter, Hervé Niquet,<br />
Marc Minkowski, Valer Sabadus oder Daniel Behle eine Renaissance von <strong>Gluck</strong>-Aufführungen<br />
initiiert.<br />
Seit 2013 wird das Festival von der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-Opern-<strong>Festspiele</strong> gGmbH<br />
veranstaltet, welche regional, national und international mit Künstlerinnen, Künstlern<br />
und Institutionen verschiedenster Ausrichtung kooperiert. Für die aktuelle Neuauflage<br />
der <strong>Festspiele</strong> zeichnet Intendant und Festival-Manager Rainer Mennicken<br />
verantwortlich, der seit 2017 mit der künstlerischen Leitung und Geschäftsführung<br />
betraut ist.<br />
„Der Erfolg hat meine Grundsätze gerechtfertigt und die<br />
allgemeine Bildung in einer so erlauchten Stadt hat deutlich<br />
gezeigt, dass Einfachheit, Wahrheit, Natürlichkeit in den<br />
großen Ursprüngen des Schönen und in allen Äußerungen<br />
der Kunst sind.“<br />
Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />
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DER AUFSICHTSRAT<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates:<br />
Martin R. Handschuh<br />
Akademierektor und Rechtsanwalt<br />
Mitglieder des Aufsichtsrates:<br />
Rudolf Eineder (Stellvertretender Vorsitzender)<br />
Erster Bürgermeister a.D.<br />
Dr. Daniel Brandenburg<br />
Privatdozent für Musiktheaterwissenschaft<br />
Ursula Lindl<br />
Vorstand der Sagaflor AG<br />
Dipl.-Kfm. Gunther Oschmann<br />
Verleger<br />
Dipl.-Kfm. Hans-Peter Schmidt<br />
Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats der NÜRNBERGER Versicherung<br />
Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung NÜRNBERGER Versicherung<br />
Ass. iur. Dipl.-Vw. Thomas A. H. Schöck<br />
Universitätskanzler a. D.<br />
Hannelore Wünsche<br />
Vorsitzende der Geschäftsführung der Stiftung NÜRNBERGER Versicherung<br />
105
DAS TEAM<br />
Rainer Mennicken<br />
Intendant und Geschäftsführer<br />
Friederike Engel<br />
Referentin für künstlerisches Management, Presse und Medien<br />
Anja Weigmann<br />
Dramaturgische Mitarbeiterin<br />
Prof. Michael Hofstetter<br />
Musikalischer Berater<br />
Dr. Irene Brandenburg<br />
Wissenschaftliche Beraterin<br />
Kathleen Draeger-Ostermeier<br />
Mitarbeiterin der Festspielleitung<br />
Frieder Grindler<br />
Gestaltungskonzept<br />
Kulturidee GmbH, Nürnberg<br />
Kampagne<br />
„An wen <strong>Gluck</strong> wohl gedacht hat<br />
als er das Elysium komponierte?“<br />
Robert Joseph Bartl<br />
106
DANKE<br />
Außer allen unmittelbar Mitwirkenden, den Förderern, den Unterstützern in Ämtern und Behörden,<br />
sei auch all denen herzlich gedankt, die für Ideen und Projekte der <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong><br />
aufgeschlossen waren, die Tipps und Hinweise gegeben, sich persönlich und professionell<br />
eingebracht oder Vorschläge gemacht haben – auch wenn sich daraus nicht immer ein<br />
Programmbeitrag ergeben oder ein geplanter Beitrag sich letztlich zerschlagen hat:<br />
Remsi Al Khalisi, Bamberg<br />
Mathias Ank, Nürnberg<br />
Michael Bader, Nürnberg<br />
Anna Barry, Lübeck<br />
Dr. Clemens Birnbaum, Halle<br />
Sharon Carty, Galway<br />
Prof. Dr. Gerhard Croll, Salzburg<br />
Prof. Dr. Sibylle Dahms, Salzburg<br />
Hans von Draminski, Nürnberg<br />
Daniel Engstfeld, Bielefeld<br />
Andrea Erl, Nürnberg<br />
Erfahrungsfeld zur entfaltung der<br />
Sinne Nürnberg und Förderverein<br />
Erfahrungsfeld e.V.<br />
Dr. Ulrich Etscheit, Kassel<br />
Birgit Faehse, Berlin<br />
Prof. Peter Gahn, Nürnberg<br />
Geschäftsstellenteam der<br />
Altstadtfreude Nürnberg e.V.<br />
Sebastian Groß, Nürnberg<br />
Dr. Dirk Olaf Hanke, München<br />
Lucius Hemmer, Nürnberg<br />
Dr. Klaus Herzig, Nürnberg<br />
Peter Jones, Beckenham, GB<br />
Dr. Andrea Kluxen, Ansbach<br />
Christine Knoll, Nürnberg<br />
Michael Köhlmeier, Hohenems<br />
Katharina Kost-Tolmein, Lübeck<br />
Prof. Dr. Jörg Krämer, Erlangen<br />
Georg Lang, Wien<br />
Dr. Bernhard Loges, Coburg<br />
Dr. Clemens Lukas, Bayreuth<br />
Carl Philip von Maldeghem, Salzburg<br />
Prof. Wolfgang Manz, Nürnberg<br />
Ulla Meckler, Lauf an der Pegnitz<br />
Prof. Johann Mösenbichler, Linz, Österreich<br />
Bernd Müller, Fürth<br />
Werner Müller, Fürth<br />
Jens Neundorff von Enzberg, Regensburg<br />
Andreas Paetzold, Nürnberg<br />
Ernst-Herbert Pfleiderer, Neumarkt<br />
Johannes Reitmeier, Innsbruck<br />
Wolfgang Riedelbauch, Dehnberg<br />
Gabriele Röhler, Bayreuth<br />
Stefan Rosinski, Halle an der Saale<br />
Prof. Guido J. Rumstadt, Nürnberg<br />
Prof. Dr. Thomas Seedorf, Karlsruhe<br />
Dr. Stefan Specht, Bayreuth<br />
Anke Steinert-Neuwirth, Erlangen<br />
Friedrich Schirmer, Esslingen<br />
Susanne Schulz, Ansbach<br />
Cornelia Schiffel, Nürnberg<br />
Fergus Sheil, Dublin<br />
Ingunn Sighvatsdottir, Berlin<br />
Marton Terts, Hamburg<br />
Dr. Julian Tölle, Ansbach<br />
Tristan Vogt, Nürnberg<br />
Johannes Volkmann, Nürnberg<br />
Johanna Weisser, Nürnberg<br />
Tobias Wolff, Göttingen<br />
Maren Zimmermann, Nürnberg<br />
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IMPRESSUM<br />
Verantwortlicher Herausgeber<br />
<strong>Internationale</strong> <strong>Gluck</strong>-Opern-<strong>Festspiele</strong> gGmbH<br />
Ostendstraße 100<br />
90482 Nürnberg<br />
info@gluck-festspiele.de<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates: Martin R. Handschuh<br />
Intendant und Geschäftsführer: Rainer Mennicken<br />
Sitz und Registergericht: Nürnberg HRB 29652<br />
Verantwortlich für den Inhalt nach § 5 TMG:<br />
Intendant Rainer Mennicken<br />
Redaktion: Friederike Engel, Mitarbeit: Rainer Mennicken, Anja Weigmann<br />
Textbeiträge von: Irene Brandenburg, Jürgen Decke, Friederike Engel, Daniel Hope,<br />
Béatrice Kahl, Michael Kämmle, Franz Killer, Rainer Mennicken, Jürgen Neudert,<br />
Kornelius Paede, Thomas Seedorf, Anja Weigmann, Matthew Werley, Elke Wollmann<br />
Gestaltungskonzept: Frieder Grindler<br />
Grafik: Christof Mühlberger<br />
Druck: Europadruckerei.de<br />
Bildnachweise:<br />
Max Emanuel Cencic © Parnassus Arts Productions<br />
George Petrou © Parnassus Arts Productions<br />
Karina Gauvin © Michael Slobodian<br />
Sonia Prina © Javier del Real<br />
Ruben Jais © Nora Roitberg<br />
Jörg Krämer © Glasow, Erlangen<br />
Philippe Jaroussky © Simon Fowler Erato<br />
Händelfestspielorchester © Gert Kiermeyer<br />
Michael Hofstetter © Werner Kmetitsch<br />
Anna Kaysan © Barbara Ledda<br />
Francesca Lombardi Mazzulli © Giaccomo Miglierna<br />
Samuel Marino © Agentur<br />
Mauro Peter © Christian Felber<br />
Valer Sabadus © schneiderphotography<br />
Terry Wey © Paris Mexis<br />
Daniel Hope © Tibor Bozi<br />
Daniel Hope und ZKO © Thomas Entzeroth<br />
Gertrud Demmler-Schwab © Glasow, Erlangen<br />
Florian Neubauer © Michael Vogl<br />
Anna Oswald © www.pocket-opera.de<br />
Dominique Horwitz © Ralf Brinkhoff<br />
Norbert Nagel © Christoph Hellhake<br />
Sunday Night Orchestra © Lukas Diller<br />
Corinna Schreiter © Gerd Grimm<br />
Yosemeh Adjei © www.yosemehadjei.de<br />
Martin Ellrodt © Märchenland e.V<br />
Elisa Merkens © Michael Giefing<br />
GlassDuo Danzig © GlassDuo Danzig<br />
Izabella Effenberg © Michael Striegel<br />
Béatrice Kahl, Elke Wollmann © Ludwig Olah<br />
Robert Joseph Bartl © Luisz Kuhn<br />
Leandro Marziotte © Stephan Walzl<br />
Fukiko Takase © Little Shao<br />
Daniel Brandt © Andreas Waldschuetz<br />
Frieder Nagel © Moritz Hüttner<br />
Bernd Müller © Paul Yates<br />
Franz Killer © Günther Schmidt<br />
Philharmenka © Philharmenka<br />
Redaktionsschluss: 28. März <strong>2019</strong><br />
Änderungen vorbehalten<br />
www.gluck-festspiele.de<br />
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www.gluck-festspiele.de