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Internationale Gluck-Festspiele 2019 - Festspielmagazin

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<strong>Internationale</strong><br />

<strong>Gluck</strong><strong>Festspiele</strong><br />

Nürnberg Bayreuth Berching Erlangen Fürth Lauf Neumarkt<br />

Neue Klänge für Europa<br />

27. Juni – 14. Juli <strong>2019</strong>


Ganz viel <strong>Gluck</strong> für Sie.<br />

Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> vom 27. Juni bis 14. Juli <strong>2019</strong> –<br />

gefördert von der NÜRNBERGER Versicherung.<br />

www.nuernberger.de


DAS FESTSPIELMAGAZIN


Herzlichen Dank!<br />

Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong><br />

danken ihren Förderern und Partnern!<br />

Förderer<br />

· Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst<br />

· Stiftung NÜRNBERGER Versicherung<br />

· NÜRNBERGER Versicherung<br />

· Stadt Nürnberg<br />

· Europäische Metropolregion Nürnberg e.V.<br />

· IHK-Kulturstiftung der mittelfränkischen Wirtschaft<br />

· Lotto Bayern<br />

· Sellwerk Nürnberg<br />

· Freunde der Staatsoper Nürnberg e.V.<br />

· Stadt Bayreuth<br />

· Oberfrankenstiftung<br />

· Landkreis Neumarkt<br />

· IntercityHotel Nürnberg<br />

Kooperationspartner<br />

· Tafelhalle und St. Katharina Open Air im KunstKulturQuartier Nürnberg<br />

· Musica Bayreuth<br />

· Neumarkter Konzertfreunde e.V.<br />

· <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle der Paris-Lodron-Universität Salzburg<br />

· Freundeskreis Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> e.V., Berching<br />

· Pocket Opera Company<br />

· gVe – Gemeinnütziger Theater- und Konzertverein Erlangen e.V.<br />

· Stadt Erlangen, Kulturamt<br />

· Philharmonie Nürnberg e.V.<br />

· klasse.im.puls, FAU Erlangen-Nürnberg<br />

· Die Jungen Fürther Streichhölzer<br />

· Nordbayerischer Musikbund e.V.<br />

· Willibald-<strong>Gluck</strong>-Gymnasium Neumarkt<br />

· Maritim Hotels<br />

Medienpartner<br />

· Nürnberger Nachrichten<br />

· Nürnberger Zeitung<br />

· BR Klassik<br />

· Bayerische Staatszeitung<br />

· Concerti


8


8 Orte und Veranstaltungen<br />

10 Zum Geleit<br />

16 HISTORISCHE JUWELEN<br />

18 <strong>Gluck</strong> ist wirklich ganz was Tolles – Ein Gespräch mit Max Emanuel Cencic zu<br />

Große Gefühle, Glück und Verhängnis<br />

23 Der Held und die Liebe – Heroes in Love<br />

28 Bläserklang und Klopstock-Oden – Harmonie<br />

29 Philippe Jaroussky & Ensemble Artaserse<br />

30 Vom Kampf um Macht, Erfolg und Liebe – Antigono<br />

36 Gleich und ungleich – Von <strong>Gluck</strong> zu Mozart<br />

42 In den Wäldern der Oberpfalz – L'ombra dell'amore – Orpheus und Eurydike<br />

44 DIE GLUCKWERKSTATT<br />

46 Fantasie- und Künstlerdrama – Ein Gespräch mit Dominique Horwitz und<br />

Norbert Nagel zu Ritter <strong>Gluck</strong> revisited<br />

50 <strong>Gluck</strong> und Jazz? – <strong>Gluck</strong> goes Bigband mit dem Sunday Night Orchestra<br />

52 <strong>Gluck</strong>s Traum – Im Reich der Schatten (8+)<br />

56 Das geopferte Kind – Gesucht: Iphigenie (12+)<br />

58 Glasklang über fünf Oktaven – Ein Gespräch mit<br />

Anna Szafraniec von GlassDuo Danzig zu GLUCKVibration!<br />

62 Von der anderen Seite gesehen – Eurydike & Orpheus<br />

67 Das Leben des Filippo Balatri – Die Nachtigall des Zaren<br />

70 Der Gott des entfesselten Lebens – Don Juan Techno Club<br />

74 DIE ANDERE STIMME<br />

76 Von Stimmen, Moden und <strong>Gluck</strong>s Sängern – Ein Gespräch mit Thomas Seedorf<br />

82 FREIER HIMMEL – FREIER EINTRITT<br />

84 <strong>Gluck</strong> in Berching – Ein Gespräch mit Rudolf Eineder zum Geburtstagsfest<br />

88 <strong>Gluck</strong> in Hollywood – Ein Gespräch mit Bernd Müller zum Open Air der<br />

Jungen Fürther Streichhölzer<br />

92 Unterwegs mit <strong>Gluck</strong> – <strong>Gluck</strong>liche Reise<br />

95 SPIELPLAN UND TICKETS<br />

102 Anhang<br />

9


Bayreuth<br />

Erlangen<br />

Lauf<br />

Fürth<br />

Nürnberg<br />

Neumarkt<br />

Berching<br />

10


06.07. Antigono Seite 30<br />

14.07. Große Gefühle, Glück und Verhängnis 18<br />

30.06. Im Reich der Schatten 52<br />

14.07. <strong>Gluck</strong>liche Reise 92<br />

07.07. Eurydike & Orpheus 62<br />

29.06. Heroes in Love 23<br />

06.07. Classic goes Hollywood 3 88<br />

27.06. Große Gefühle, Glück und Verhängnis 18<br />

28.06., 06.07. Ritter <strong>Gluck</strong> revisited 46<br />

30.06. Harmonie 28<br />

30.06. <strong>Gluck</strong> goes Bigband 50<br />

01.07. Im Reich der Schatten 52<br />

02.07. Gesucht: Iphigenie 56<br />

03.07. GLUCKVibration! 58<br />

04.07. Eurydike & Orpheus 62<br />

05.07., 06.07. Die andere Stimme 76<br />

05.07. Die Nachtigall des Zaren 67<br />

07.07. Im Gespräch: Die andere Stimme 76<br />

11., 12., 13.07. Don Juan Techno Club 70<br />

12.07. Von <strong>Gluck</strong> zu Mozart 36<br />

09.07. Philippe Jaroussky & Ensemble Artaserse 29<br />

10.07. Eurydike & Orpheus 62<br />

02.07. Das Geburtstagsfest 84<br />

13., 14.07. L’ombra dell’amore 42<br />

11


12


ZUM GELEIT<br />

Denique sit quodvis, simplex dumtaxat et unum.<br />

Horaz, epist. II, 3, V. 23<br />

Kurz, mache was du willst, nur, was du machst,<br />

sei mindestens eins und ganz!<br />

Paraphrase v. Chr. M. Wieland, 1782<br />

Werte Leserschaft, verehrtes Publikum!<br />

Wenn die siebente Ausgabe der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> Neue Klänge für Europa<br />

erschallen lässt, geschieht dies ganz in der Nachfolge des großen Tonschöpfers, nämlich<br />

„die Musik auf ihr wahres Amt zurückzuführen“. In einer Zeit immer rascher<br />

werdenden Wandels scheint die Besinnung auf das vielgestaltige Werk <strong>Gluck</strong>s, des<br />

großen Europäers, angezeigt – ist dieses doch in einer Phase sich anbahnender Umwälzungen<br />

entstanden und vermag uns Heutigen in seiner Ausrichtung allzu enge<br />

Blickwinkel derzeitiger Strömungen zu weiten. Treffend hat Joseph von Sonnenfels<br />

dies in seinem Eindruck von der Uraufführung der Alceste in Wien 1767 formuliert:<br />

„Seine Einbildungskraft ist ungeheuer: daher sind ihm die Schranken aller Nationalmusiken<br />

zu enge: er hat aus der wälschen, aus der französischen, aus den Musiken<br />

aller Völker eine Musik gemacht, die seine eigene ist: oder vielmehr: er hat in der<br />

Natur alle Töne des wahren Ausdrucks aufgesuchet, und sich derselben bemächtiget.“<br />

Mit seismographischem Feinsinn in Töne gesetzt, hat <strong>Gluck</strong> das Musiktheater in neue<br />

Bahnen gelenkt, wusste in der Schönheit des Augenblickes ästhetischer Erfahrung<br />

Sinn und Geist für das Überzeitliche empfänglich zu machen. Verbrieft ist diese<br />

Wirkung auf Friedrich Schiller, der im Jahre 1800 an Christian Gottfried Körner über<br />

die Iphigenia auf Tauris schrieb: „Noch nie hat mich eine Musik so rein und schön<br />

bewegt als diese, es ist eine Welt der Harmonie, die geradezu zur Seele dringt und in<br />

süßer hoher Wehmut auflöst.“<br />

Einem Paradigma gleich prangen die Worte des Horaz auf dem ersten Partiturdruck<br />

der Alceste – sie sollen sich in dieser Festspielzeit erfüllen: achtzehn Tage voller Kostbarkeiten<br />

aus dem Reich der Musik des 18. Jahrhunderts – sowohl im Originalklang als<br />

auch in aktueller Gestalt – übersetzt in frische, heutige musikalische Praxis. So mögen<br />

diese ewig neuen Klänge wie einst die Stimme des thrakischen Sängers Orpheus, die<br />

sogar Steine zu Tränen zu rühren vermochte, unsere Herzen erfreuen, betören und<br />

bewegen – nicht zuletzt für die Idee von Europa, die in <strong>Gluck</strong>s Humanitätston anklingt.<br />

Martin R. Handschuh<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />

der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-Opern-<strong>Festspiele</strong> gGmbH<br />

13


Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

es ist mir eine Ehre und Freude zugleich, die Schirmherrschaft<br />

über die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> zu übernehmen.<br />

Scheinbar passend zum Jahr der Wahl des Europäischen Parlamentes<br />

lautet das diesjährige Motto der <strong>Festspiele</strong> Neue Klänge<br />

für Europa. Tatsächlich ist dies jedoch ein wichtiger Beitrag zur<br />

Bewerbung Nürnbergs um den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt<br />

im Jahr 2025. Ein klares Bekenntnis zu Europa ist in Zeiten<br />

von antieuropäischen und populistischen Strömungen wichtiger denn je. Der aus<br />

der Oberpfalz stammende Komponist Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> gehört mit seiner<br />

völkerverbindenden Musik zu den großen Persönlichkeiten der Kulturgeschichte der<br />

Europäischen Metropolregion Nürnberg und zu den bedeutendsten Opernkomponisten<br />

der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.<br />

Vielen Dank für das großartige Engagement der zahlreichen Mitwirkenden vor und<br />

hinter der Bühne, ohne deren Mithilfe ein Ereignis dieser Größe undenkbar wäre.<br />

Denn nicht nur das Programm der <strong>Festspiele</strong> mit 30 Veranstaltungen, sondern auch<br />

die Veranstaltungsorte sind <strong>2019</strong> mit Nürnberg, Bayreuth, Berching, Erlangen, Fürth,<br />

Lauf und Neumarkt besonders breit gestreut. <strong>Gluck</strong>s Musik verbindet auf diese Weise<br />

Menschen über Stadt- und Landkreisgrenzen hinweg und entfaltet ihre internationale<br />

Strahlkraft auch über die Europäische Metropolregion Nürnberg hinaus.<br />

Deshalb zählt dieses Fest für Oper, Literatur, Jazz, Konzert und Wissenschaft zu den<br />

kulturellen Highlights in unserer bayerischen Heimat. Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong><br />

setzen sich achtzehn Tage lang mit den künstlerischen und kulturellen Visionen<br />

von <strong>Gluck</strong> auseinander. Die einzigartige Mischung aus Tradition und Fortschritt ist<br />

eine wichtige Stärke des Freistaats und kommt auch hier zum Ausdruck: So kann<br />

man nicht nur den Originalklang der Musik des 18. Jahrhunderts live bei Konzerten<br />

erleben, sondern <strong>Gluck</strong>s Hymnus Füllt mit Schalle jubelnd die Halle auch als eigens<br />

produzierten Klingelton für sein Smartphone herunterladen. Alt und Neu rufen bei<br />

uns in Bayern keine Dissonanz hervor, sondern bilden einen Gleichklang.<br />

Seit ihrer Gründung im Jahre 2005 begeistern die <strong>Festspiele</strong> mit ihrem abwechslungsreichen<br />

Programm, das eine weltweite <strong>Gluck</strong>-Renaissance initiiert hat und so<br />

die internationale Festival-Landschaft bereichert. Ich wünsche allen Gästen viel Spaß<br />

und besten Musikgenuss sowie den Mitwirkenden und Organisatoren erfolgreiche<br />

und besucherreiche Veranstaltungen bei den <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n <strong>2019</strong>.<br />

Ihr<br />

Albert Füracker, MdL<br />

Staatsminister der Finanzen und für Heimat<br />

14


Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

bekanntlich wird das künstlerische Wirken Christoph Willibald<br />

<strong>Gluck</strong>s als ein Wendepunkt in der Musikgeschichte definiert. Die<br />

barocke Opera seria, die „Nummernoper“ wird mit der Uraufführung<br />

der Azione teatrale Orfeo ed Euridice abgelöst und leitet eine<br />

neue Phase der Operngeschichte ein. Dem durchkomponierten<br />

Musikdrama, in dem „die Musik der Dichtung dient, ohne ihre<br />

Aktionen zu hemmen oder zu durchbrechen“ sollte die Zukunft<br />

gehören. Ihm werden Mozart, Beethoven und Berlioz ebenso folgen wie Verdi und<br />

Wagner. Jenseits der Frage nach dem unglaublichen Erfolg, der <strong>Gluck</strong> und seinen<br />

Werken aus der Umsetzung der Reformideen erwuchs, jenseits der Fachdiskussionen,<br />

die sich daran entzündeten, wirft seine Behauptung, dass das künstlerische Schaffen<br />

„einzig den Fortschritt der Kunst zum Ziele haben müsse“ Fragen auf, die in der<br />

Kunsttheorie, der Musik- und Kunstgeschichte bis heute kontrovers diskutiert werden.<br />

Wenn die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> unter dem Motto Neue Klänge für<br />

Europa stehen, fällt das Schlaglicht bei einem Musikfestival zuvorderst selbstverständlich<br />

auf die intellektuelle und künstlerische Leistung des Schöpfers. Darüber hinaus<br />

werden die Veränderung der künstlerischen Vermittlung oder die Rezeptionserwartungen<br />

im Mittelpunkt des Interesses stehen. Dennoch liegen bei diesem Thema<br />

auch die politischen, ja tagespolitischen Implikationen auf der Hand. Nicht nur, weil<br />

diese siebte Auflage der <strong>Festspiele</strong> weit in die Europäische Metropolregion Nürnberg<br />

strahlen wird, sondern auch deshalb, weil im politischen Europa, nicht nur in Anbetracht<br />

der Wahlen, die „neuen Klänge“ mehr als ernüchternd, ja bedrohlich sind. Wie<br />

wünschens- und erstrebenswert ist es, dass, was im Bereich der Kultur, manchmal<br />

durchaus auch mit „Theaterdonner“, zu neuen, zukunftsweisenden Entwicklungen<br />

führt, im politischen Bereich ebenso möglich wäre, dass Kultur die Gräben überbrücken<br />

könnte, die die Politik aufreißt.<br />

Wir dürfen uns jedenfalls erwartungsvoll auf wunderbare und beglückende <strong>Gluck</strong>-Tage<br />

im Kultursommer <strong>2019</strong> freuen. Mit einem dichten Programm werden Kennerinnen<br />

und Kenner, Neugierige und auch neue Besucherinnen und Besucher umworben,<br />

sich in die Welt dieser Musik locken zu lassen. Gedankt sei allen herzlich, die die<br />

<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> weit im Vorfeld, vor, auf und hinter der Bühne ermöglichen<br />

und mit deren finanzieller Unterstützung wesentlich dazu beigetragen wird, dass in<br />

jeder Hinsicht musikalische Brücken gebaut werden können.<br />

Prof. Dr. Julia Lehner<br />

Kulturreferentin der Stadt Nürnberg<br />

15


Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren,<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> (1714 - 1787) würde das heurige<br />

Programm der <strong>Festspiele</strong> Neue Klänge für Europa gefallen. Als<br />

Reformator der Oper hat er Musik zu neuer Ausdruckskraft gebracht.<br />

Seine großartigen Kompositionen begründeten ein neues<br />

Musikverständnis. Voraus gingen, wie in Europa üblich, Auseinandersetzungen<br />

mit Zeitgenossen. Viele seiner Nachkommen<br />

aber, so auch Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner und<br />

Richard Strauss, haben sich von <strong>Gluck</strong> inspirieren lassen. Der Begriff „Urheberrecht“<br />

war damals noch nicht geprägt: Kreative Aneignungen, schöpferische Bearbeitungen<br />

waren an der Tagesordnung und legen bis heute Zeugnis ab von Rezeption und Neu-Erfindungen<br />

im Geiste <strong>Gluck</strong>s. Sein bekanntestes und am meisten aufgeführtes Werk<br />

ist seine erste Reformoper: Orpheus und Eurydike, uraufgeführt in Wien. Es bildet die<br />

Grundlage für gleich zwei Neuinterpretationen im Rahmen der <strong>Festspiele</strong>.<br />

Unentwegt war <strong>Gluck</strong> auf Reisen zwischen Prag, Wien, Mailand, Venedig, Rom,<br />

London, Kopenhagen, Paris und vielen anderen Orten europäischer Musikkultur.<br />

Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> schlagen <strong>2019</strong> wieder einen großen Bogen von<br />

Nürnberg über Fürth, Erlangen, Lauf, Berching und Neumarkt nach Bayreuth. Die<br />

Festspielleitung hat bewusst verschiedene Spielorte aufgenommen, um den Musikinteressierten<br />

der Europäischen Metropolregion Nürnberg entgegenzukommen, und<br />

an Christoph Willibald <strong>Gluck</strong>s Reisefreudigkeit zu erinnern.<br />

Dreißig Aufführungen mit internationalen Stars vielfältiger Genres bieten ein<br />

großartiges Programm für verschiedenen Musikgeschmack, vom glamourösen<br />

Barock mit der deutschen Erstaufführung von Antigono bis hin zur elektrisierenden<br />

Uraufführung Don Juan Techno Club.<br />

Der Festspielleitung, allen Künstlerinnen und Künstlern, Mitwirkenden und Förderern<br />

danke ich dafür sehr herzlich.<br />

Ihnen als Besucherinnen und Besuchern der <strong>Festspiele</strong> wünsche ich erlebnisreiche<br />

Stunden im Kreise vieler Musikbegeisterter.<br />

Hans-Peter Schmidt<br />

Vorsitzender des Stiftungsrats<br />

Stiftung NÜRNBERGER Versicherung<br />

16


Info und Bestellung Ihrer<br />

Veranstaltungstickets unter:<br />

0911 / 216-2777<br />

Telefonische Servicezeiten:<br />

Mo.– Do.: 7.30 –18.00 Uhr<br />

Fr.: 7.30 –16.00 Uhr<br />

Sa.: 8.00 –12.00 Uhr<br />

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Region!<br />

... oder besuchen Sie uns vor Ort und<br />

profitieren Sie von unserer persönlichen Beratung:<br />

Nürnberger Nachrichten Mauthalle<br />

Hallplatz 2 · 90402 Nürnberg<br />

Mo.–Fr.: 9.00 –18.00 Uhr<br />

Sa.: 10.00–13.00 Uhr<br />

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Schwabacher Str. 106 · 90763 Fürth<br />

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Hauptstraße 38 · 91054 Erlangen<br />

Mo.–Do.: 8.00–18.00 Uhr<br />

Fr.: 8.00–16.00 Uhr<br />

Sa.: 8.00–12.00 Uhr<br />

Nordbayerische Nachrichten<br />

Herzogenaurach<br />

An der Schütt 26 · 91074 Herzogenaurach<br />

Mo.–Do.: 8.00–17.30 Uhr<br />

Fr.: 8.00–16.00 Uhr<br />

Sa.: 8.00–12.00 Uhr<br />

Nordbayerische Nachrichten<br />

Forchheim<br />

Hornschuchallee 7–9 · 91301 Forchheim<br />

Mo.–Do.: 8.00–18.00 Uhr<br />

Fr.: 8.00–16.00 Uhr<br />

Sa.: 8.00–12.00 Uhr<br />

Weitere Geschäftsstellen:<br />

Neumarkt: 0911/2162777· Altdorf: 09187/5128 · Ansbach: 0981/9500333 · Bad Windsheim:<br />

09841/9030 · Dinkelsbühl: 09851/582570 · Feucht: 09128/707229 · Gunzenhausen:<br />

09831/50080 · Hersbruck: 09151/73070 · Hilpoltstein: 09174/48566 · Lauf: 09123/175150<br />

Neustadt a. d. Aisch: 09161/88600 · Roth: 09171/970 · Rothenburg: 09861/400110<br />

Schwabach: 09122/93800 · Treuchtlingen: 09142/966110 · Weißenburg: 09141/859090<br />

<strong>2019</strong>-0016_0319_zm_jb<br />

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18


HISTORISCHE JUWELEN<br />

Seit 2005 haben die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> regelmäßig Kostbarkeiten<br />

angeboten, die den musikalischen Alltag – wenn es denn so etwas gibt – ein Stück<br />

weit hinter sich ließen. Interpretinnen und Interpreten von Weltrang brachten Glanz<br />

und Profil für Konzerte, Opern-Arienabende, Recitals und szenische Aufführungen.<br />

Auch bei den diesjährigen <strong>Festspiele</strong>n mangelt es nicht an großen Namen, wobei die<br />

Auswahl der Programme im Sommer <strong>2019</strong> eine deutlichere Konzentration auf Werk<br />

und Wirken des Meisters aus der Oberpfalz mit sich bringt.<br />

Wenn die Barocksopranistin Karina Gauvin und der Countertenor Max Emanuel<br />

Cencic gemeinsam mit dem Orchester Armonia Atenea unter George Petrou am<br />

Eröffnungsabend Große Gefühle, Glück und Verhängnis vor uns ausbreiten, wenn die<br />

Altistin Sonia Prina zwei Tage später mit dem Mailänder Ensemble LaBarocca Heroes<br />

in Love besingt, haben wir außergewöhnliche Erlebnisse klanglicher Schönheit zu<br />

erwarten: Konzerte, die zum Kennenlernen und Wiedererkennen der Farben und<br />

Facetten <strong>Gluck</strong>‘scher Musik einladen, im festlichen Rahmen der Nürnberger Staatsoper<br />

und des neobarocken Stadttheaters Fürth.<br />

Inmitten des Festspielkalenders erstrahlt im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth,<br />

2012 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhoben, der Glanz einer echten Rarität:<br />

die deutsche Erstaufführung einer <strong>Gluck</strong>-Oper aus dem Jahr 1756, die exemplarisch<br />

alle Qualitäten vereint, die der Komponist meisterhaft beherrschte und zu überhöhen<br />

verstand. Kolportagehafte Macht- und Ränkespiele, angetrieben von herzzerreißenden<br />

Leidenschaften – wie in Dampfkesseln aufgestaut entladen sich die Emotionen<br />

in ebenso zarten wie aufwühlenden, ja stürmischen Arien. Die Besetzung der sechs<br />

zentralen Figuren vereint die denkbar schönsten Stimmen, und mit dem Händelfestspielorchester<br />

Halle unter Michael Hofstetter musiziert ein renommiertes, auf<br />

Originalklang spezialisiertes Ensemble.<br />

Wenn an weiteren Abenden außerdem Weltstars wie Philippe Jaroussky oder Daniel<br />

Hope (Von <strong>Gluck</strong> zu Mozart) die Musik <strong>Gluck</strong>s, seiner Epoche, seiner Vorläufer und<br />

unmittelbaren Nachfolger anstimmen, dann dürften die <strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> ihre intensivsten<br />

Momente erleben – doch auch im Harmonie-Nachmittag des Kammermusikvereins<br />

Philharmonie Nürnberg und in der berühmten Berchinger Landpartie stecken<br />

überraschende, anrührende und bezaubernde Original-Klänge. Jeder einzelne dieser<br />

Abende und Konzerte verspricht inspirierte Vergegenwärtigung des historischen Ideals.<br />

„Ich betrachte die Musik nicht nur als eine Kunst,<br />

das Ohr zu ergötzen, sondern als eines der größten Mittel,<br />

das Herz zu bewegen und Empfindungen zu erregen.“<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

19


Max Emanuel Cencic<br />

20


GLUCK IST WIRKLICH GANZ WAS TOLLES<br />

Ein Gespräch mit Max Emanuel Cencic<br />

Wie kam es zu Ihrem Konzert-Programm, das ja eigens für die <strong>Internationale</strong>n<br />

<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> erarbeitet wurde?<br />

Ich habe mich ganz einfach auf die Opern fokussiert, die <strong>Gluck</strong><br />

für Altisten geschrieben hat, und dabei ist dieses Programm<br />

entstanden. Der Komponist ist ja ein treuer, wunderbarer Wegbegleiter<br />

meiner Laufbahn. Diese Erfahrungen sind natürlich<br />

auch eingeflossen.<br />

Weshalb ist die Barockoper bis hin zu <strong>Gluck</strong> zurzeit so stark in Mode?<br />

Nicht nur berühmte Festivals, große Opernhäuser, selbst kleinere stellen<br />

inzwischen diese Werke neu zur Diskussion.<br />

Die Barockoper ist für viele Musikliebhaber eine Neuigkeit, die<br />

sie zunächst einmal zu einer Entdeckungsreise einlädt. Dann – so<br />

denke ich zumindest – ist es wahrscheinlich relativ unaufwändig,<br />

Barockopern zu produzieren. Es gibt darin weniger Solisten als<br />

in der Oper des 19. Jahrhunderts zum Beispiel. Oft braucht es<br />

keinen Chor. Also ist es für viele Opernhäuser, vor allem auch für<br />

die kleineren, aufgrund der kammermusikalischen Besetzungen<br />

ziemlich attraktiv, Barockopern aufzuführen. Abgesehen von den<br />

herrlichen Klängen...<br />

Die Gewissensfrage nach historischer Aufführungspraxis spielt sicher<br />

eine Rolle bei der Auswahl des Orchesters. Der instrumentale Partner<br />

ist immer häufiger ein spezialisiertes Barockorchester. Bei Ihrem Konzert<br />

ist es das Orchester Armonia Atenea mit dem Dirigenten George<br />

Petrou, mit dem Sie immer wieder zusammenarbeiten...<br />

Ich arbeite mit einer ganzen Reihe von Orchestern zusammen,<br />

und es ist immer ein bisschen so wie ein Würfelspiel... Bestimmte<br />

Beziehungen werden mit der Zeit intensiver, wie beispielsweise<br />

die zur Armonia Atenea, der ich mich künstlerisch inzwischen<br />

stark verbunden fühle. Das hat sich so ergeben. Ich denke, im<br />

Leben kann man nicht alles selbst bestimmen, manches ist auch<br />

Schicksal. So ist es auch mit Orchestern, manchmal klappt es,<br />

manchmal nicht.<br />

Hier scheint es ja besonders gut zu klappen… Hat denn der Dirigent<br />

bei der Zusammenstellung des Programms ein Mitspracherecht? Oder<br />

darf er nur die orchestralen Nummern auswählen?<br />

Also ich würde das ungern so nennen: Mitspracherecht. Eine<br />

künstlerische Zusammenarbeit ist ja kein Parlament, wo verschiedene<br />

Fraktionen gegeneinander antreten. Musik hat so<br />

GROSSE GEFÜHLE,<br />

GLÜCK UND VERHÄNGNIS<br />

<strong>Gluck</strong>-Operngala mit Karina<br />

Gauvin, Max Emanuel Cencic<br />

und dem Orchester Armonia<br />

Atenea (GR),<br />

Leitung George Petrou<br />

Arien und Sinfonien aus<br />

Armide, Alceste, Ezio,<br />

Ifigenie en Aulide und Orfeo<br />

ed Euridice von Christoph<br />

Willibald <strong>Gluck</strong><br />

Do, 27. Juni, 19.30 Uhr,<br />

Staatstheater Nürnberg,<br />

Opernhaus<br />

Das Konzert wird<br />

aufgezeichnet von<br />

So, 14. Juli, 18.00 Uhr,<br />

Markgräfliches Opernhaus<br />

Bayreuth<br />

In Kooperation mit Musica<br />

Bayreuth<br />

Obwohl Karina Gauvin als<br />

Interpretin von Barockmusik<br />

bekannt wurde, umfasst ihr<br />

Repertoire auch Mozart und<br />

eine Reihe von Komponistinnen<br />

und Komponisten des 20.<br />

Jahrhunderts. Eine langjährige<br />

Zusammenarbeit verbindet die<br />

Sopranistin mit dem Theater<br />

an der Wien und Il Complesso<br />

Barocco unter Alan Curtis,<br />

mit dem sie auch auf weiteren<br />

bedeutenden europäischen Konzertpodien,<br />

wie dem Théâtre des<br />

Champs-Élysées in Paris, dem<br />

Barbican Centre in London und<br />

dem Concertgebouw in Amsterdam<br />

zu sehen und zu hören<br />

war. Gauvin wurde von zahlreichen<br />

Symphonieorchestern<br />

21


eine Art innere Wahrheit, und wenn man sich musikalisch gut<br />

versteht, dann muss man nicht viel reden. Dann musiziert man<br />

zusammen. Musik ist eine Frage des Gehörs und weniger des<br />

darüber Sprechens.<br />

Wie kam es denn zur Zusammenarbeit mit Karina Gauvin?<br />

Karina Gauvin ist eine hochgeschätzte Kollegin, mit der ich vor<br />

Jahren schon viel musiziert, CDs produziert und Konzerte gegeben<br />

habe. Karina war zum Glück frei – und da dachten wir,<br />

machen wir das Konzert doch zusammen! Das ist doch toll! Wir<br />

haben schon viel zu lange nicht mehr gemeinsam auf der Bühne<br />

gestanden, und ich freue mich darauf, dass wir uns bei <strong>Gluck</strong><br />

wieder treffen...<br />

Wie ist Ihr Verhältnis zu <strong>Gluck</strong> und zu seinem Opernschaffen grundsätzlich?<br />

Orfeo und Ezio sind definitiv meine Lieblingsopern von <strong>Gluck</strong>.<br />

Vor allem Ezio finde ich absolut fantastisch. Ich habe das Glück<br />

gehabt, dieses Werk zweimal aufnehmen und szenisch an der<br />

Frankfurter Oper singen zu dürfen, in unterschiedlichen Rollen,<br />

das erste Mal als Valentiniano und dann in der Wiederaufnahme<br />

als Ezio. Das heißt, ich kenne diese Oper wirklich in- und auswendig.<br />

Sie fasziniert mich einfach unglaublich, weil die Geschichte<br />

so spannend ist, weil sie so revolutionär ist für die Zeit. Aber ich<br />

liebe auch <strong>Gluck</strong>s Orfeo wegen seiner spirituellen Thematik. Ja,<br />

<strong>Gluck</strong> ist wirklich ganz was Tolles. Schade, dass er nicht viel mehr<br />

für Altisten geschrieben hat...<br />

Wenn Sie <strong>Gluck</strong> jetzt vor sich hätten, was würden Sie ihm gern sagen<br />

und was gern fragen?<br />

Warum hast du all deine frühen Opern bloß nicht drucken lassen?<br />

So vieles ist verloren. Schrecklich. Demofoonte ist unvollständig<br />

und so vieles sonst. Das ist wirklich wahnsinnig schade.<br />

Wenn <strong>Gluck</strong> eine Oper für Sie hätte komponieren sollen, welches Sujet<br />

hätten Sie ihm vorgeschlagen, weil es Sie besonders gereizt hätte?<br />

Definitiv eine Metastasio-Oper – Catone in Utica!<br />

Was ist für Sie an der Thematik Die andere Stimme (siehe S. 76 ff.)<br />

von Interesse? Welchen Aspekt der sich in weiblichen Stimmlagen bewegenden<br />

männlichen Gesangskunst sollte man näher untersuchen?<br />

unter Leitung so bedeutender<br />

Dirigenten wie Kent Nagano,<br />

Yannick Nézet-Séguin, Sir<br />

Roger Norrington oder Michael<br />

Tilson Thomas eingeladen.<br />

Auch war und ist sie in Opernpartien<br />

an bedeutenden Häusern<br />

zu hören: als Armide in<br />

der gleichnamigen Oper von<br />

<strong>Gluck</strong> an der Nederlandse Opera<br />

in Amsterdam, als Giunone<br />

und L‘Eternità in Cavallis La<br />

Calisto an der Bayerischen<br />

Staatsoper oder aktuell als<br />

Armida in Händels Rinaldo<br />

beim Glyndebourne Festival.<br />

Bereits mit sechs Jahren beeindruckte<br />

Max Emanuel Cencic<br />

das Publikum, als er in einer<br />

Fernsehshow die berühmt-berüchtigte<br />

Arie der Königin der<br />

Nacht sang. In Kroatien, seiner<br />

Heimat, wurde er daraufhin<br />

schnell ein Star. Cencic war<br />

Mitglied der Wiener Sängerknaben<br />

und singt seit Jahren weltweit<br />

an bedeutenden Opernhäusern<br />

wie der Wiener Staatsoper,<br />

dem Theater an der Wien, dem<br />

Opernhaus Zürich, der Bayerischen<br />

Staatsoper, der Staatsoper<br />

Unter den Linden Berlin und<br />

Barcelonas Gran Teatro del<br />

Liceu. Konzerte führten ihn<br />

unter anderem in die Laeiszhalle<br />

Hamburg, die Carnegie<br />

Hall (New York), das Barbican<br />

Center (London), Amsterdams<br />

Concertgebouw und den Wiener<br />

Musikverein. Er wurde bereits<br />

mit dem ECHO Klassik, dem<br />

Preis der deutschen Schallplattenkritik<br />

sowie dem Diapason<br />

d‘Or ausgezeichnet und zwei<br />

Mal für den Grammy nominiert.<br />

Inzwischen arbeitet Max<br />

Emanuel Cencic zunehmend<br />

auch als Regisseur.<br />

22


Kurz gesagt: Countertenor ist in etwa der Begriff für einen<br />

männlichen Sänger, der Falsett singt. Zunächst gibt es auch hier<br />

Stimmlagen wie bei den Frauen: Sopran, Mezzosopran, Alt. Und<br />

in der Zeit des Barock bis hin zu <strong>Gluck</strong>, im 18. Jahrhundert, lag<br />

auf dieser Kunststimme sozusagen das Hauptaugenmerk der<br />

italienischen Oper. Wobei sich <strong>Gluck</strong> in seinen späteren Werken<br />

zunehmend davon absetzte. Nicht, weil er generell keine Kastraten<br />

mochte, sondern weil seine Bestrebungen dahin gingen, den<br />

natürlichen Ausdruck zu suchen. Die Kastratensänger stilisierten<br />

die Oper damals aber mehr und mehr zu ihrem eigenen Zirkus,<br />

in dem sie sich selbst vokal präsentierten, in dem die eigentliche<br />

Handlung aber ins Abseits rückte. Das gilt natürlich nicht für alle<br />

Sänger. Es gab auch Kastraten, die sehr wohl einen starken und<br />

guten Ausdruck hatten und von den Opernreformatoren gern<br />

und weiterhin eingesetzt wurden.<br />

Für jeden Gesangsstudenten ist es schwer, den richtigen Lehrer zu<br />

finden. Gilt das für Ihren Bereich der anderen Stimme besonders, ist<br />

es da noch schwerer?<br />

Ja, ich denke, dass es für Countertenöre etwas komplizierter ist,<br />

weil es schwierig ist, eine Counterstimme zu unterrichten. Aber<br />

Gesangsunterricht ist generell etwas Kompliziertes. Es gibt kein<br />

fixes Lehrbuch dafür, wie man es macht, sondern es geht um<br />

Intuition, um individuelle Wahrnehmung. Und mancher Lehrer,<br />

der für einen selbst gut ist, ist für jemand anderen schlecht.<br />

Aufgrund dieser Diskrepanz, der man nicht wirklich Kriterien<br />

zuordnen kann, ist es besonders schwer, einen Gesangslehrer zu<br />

finden. Nicht nur für die andere Stimme übrigens…<br />

Es gibt eine Aufnahme von Anfang des 20. Jahrhunderts mit einem der<br />

letzten echten Kastraten: Hört man da als Fachmann einen Unterschied<br />

zwischen der in diesem Fall ja wirklich noch operativ erzeugten<br />

und einer durch Gesangstechnik erlangten hohen Männerstimme?<br />

Also meiner Meinung nach nicht. Als diese Aufnahme gemacht<br />

wurde, war der Kastrat Alesandro Moreschi bereits über 60<br />

Jahre alt. Und das vermittelt nicht wirklich einen erhellenden<br />

Eindruck davon, wie gut oder schlecht Kastraten waren. Was<br />

damals fasziniert hat und sicher von größerer Bedeutung war,<br />

ist das Material an sich, dieser Anschlag, dieser Ton, den sie<br />

produzierten. Das ist leider nicht so richtig nachvollziehbar auf<br />

dieser historischen Scheibe. Man kann Countertenöre nicht mit<br />

Kastraten vergleichen, man muss sich die gegenwärtig besten zehn<br />

Countertenöre aussuchen und die untereinander vergleichen. Die<br />

Der in Griechenland geborene<br />

George Petrou machte vor seiner<br />

internationalen Dirigentenlaufbahn<br />

bereits als Konzertpianist<br />

Karriere. Seit 2012 ist er Künstlerischer<br />

Leiter des renommierten<br />

Orchesters Armonia<br />

Atenea. Gemeinsam gehen sie<br />

regelmäßig auf Europatournee<br />

und gastieren unter anderem<br />

bei den Händelfestspielen Halle,<br />

der Opéra Royal Versailles,<br />

in der berühmten Wigmore<br />

Hall London und bei den<br />

Salzburger Pfingstfestspielen.<br />

Für seine Aufnahmen erhielt<br />

Petrou bereits den Gramophone<br />

Editor’s Choice, den Diapason<br />

d’Or und den ECHO Klassik.<br />

Ab der Saison 2021/22 wird er<br />

die Leitung der <strong>Internationale</strong>n<br />

Händel-<strong>Festspiele</strong> Göttingen<br />

übernehmen.<br />

Armonia Atenea wurde 1991<br />

von der „Gesellschaft der<br />

Freunde der Musik“ in Verbindung<br />

mit der Eröffnung der<br />

Athener Konzerthalle Megaron<br />

gegründet. Seitdem fungiert<br />

die Armonia Atenea als deren<br />

Hausorchester. Es setzt sich mit<br />

einem weitgefächerten Konzertrepertoire<br />

von der Barockmusik<br />

23


Karina Gauvin<br />

Tendenz geht heute dahin, dass wir viele Sänger haben, die in<br />

hohen Lagen singen können. Aber die sind nicht alle gut. Man<br />

kann ja auch nicht sagen, jede Sopranistin, die singt, sei toll. Es<br />

gibt schon viele tolle Sopranistinnen, aber auch viele schlechte.<br />

Bei Countertenören ist das nicht anders.<br />

Es gibt einige Hosenrollen in der Oper wie zum Beispiel Octavian<br />

(Strauss, Der Rosenkavalier). Da taucht oft die Frage auf, ob das<br />

nicht ein Mann singen sollte, der in dieser Stimmlage singt. Würde<br />

Sie das reizen? Wäre das überhaupt technisch möglich? Bei Strauss<br />

ist ja schon ein ganz anderes Orchester als im Barock vorhanden.<br />

bis hin zur zeitgenössischen<br />

Musik des 21. Jahrhunderts<br />

ernsthaft und erfolgreich auseinander,<br />

wie auch mit Opern<br />

und Balletten, und ist auf den<br />

berühmtesten Bühnen der Welt<br />

ein willkommener Gast, wie<br />

beispielsweise beim Wiener<br />

Musikverein, dem Théâtre des<br />

Champs-Élysées in Paris und<br />

bei den Innsbrucker Festwochen<br />

der Alten Musik.<br />

Technisch ist es möglich. Für mich nicht, aber vielleicht für andere<br />

Sänger. Ob das unbedingt sein muss, weiß ich nicht. Aber das ist<br />

diskutabel. Ich würde nicht grundsätzlich sagen, das muss so und<br />

nur so gemacht werden. Es ist wichtig, dass wir begreifen, dass<br />

die Musik, generell die Kultur, die uns umgibt, etwas ist, was im<br />

Moment entsteht. Immer nur traditionell, so funktioniert das nicht.<br />

Das Gespräch führte Anja Weigmann.<br />

24


DER HELD UND DIE LIEBE<br />

Heldenfiguren in der Oper des 17. bis 19. Jahrhunderts<br />

Im Kino der Gegenwart wimmelt es nur so von Superhelden wie<br />

den Fantastic Four, die mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet<br />

sind und diese einsetzen, um die Welt gegen die Machenschaften<br />

diverser Bösewichte zu verteidigen. Viele dieser Superhelden<br />

sehen im Kampf gegen dunkle Mächte den wesentlichen Sinn<br />

ihres Daseins. Für Liebesbeziehungen bleibt in ihrem Leben<br />

entweder kein Raum oder sie scheitern wie Spiderman daran,<br />

dass die Aufgabe, die zu erfüllen ein Held sich vorgenommen<br />

hat, eine geliebte Frau in Gefahr bringt, vor der selbst er sie nicht<br />

beschützen kann.<br />

Der eroe amante<br />

Helden früherer Zeiten waren ohne Beziehung zu einer Frau,<br />

die der Held liebt, beschützt und rettet, kaum vorstellbar. Zu<br />

James Bond gehört neben der coolen Attitüde, mit der er seine<br />

Aufträge erledigt, und den raffinierten Gadgets wie schießenden<br />

Kugelschreibern oder mit allerlei Sonderzubehör ausgestatteten<br />

Autos stets auch ein Bond-Girl. Geht man in der Geschichte etwas<br />

weiter zurück, trifft man im deutschsprachigen Theater auf<br />

das Rollenfach des „Jugendlichen Helden und Liebhabers“, in<br />

dem das Heroische und das Erotische ebenfalls zu einer Einheit<br />

verbunden sind.<br />

Auch in der Oper treten Helden auf. Von den Anfängen der<br />

Gattung im 17. Jahrhundert bis zum frühen 19. Jahrhundert bezogen<br />

die Textdichter zumal der italienischen Oper ihr Heldenpersonal<br />

oft aus dem Überlieferungsschatz der griechischen und<br />

römischen Antike wie Herakles (Ercole), Odysseus (Ulisse) oder<br />

Aeneas (Enea). Weitere wichtige Stoffe bot die antike Geschichte<br />

mit Figuren wie Julius Caesar (Giulio Cesare), dem Feldherrn<br />

Flavius Aëtius (Ezio) oder Alexander dem Großen (Alessandro).<br />

Die meisten Helden, die die Opernbühne betreten, sind Krieger,<br />

deren Heldenstatus bereits an heroischen Attributen wie Rüstungen<br />

oder Waffen zu erkennen ist. In einer Zeit, in der die<br />

mythologischen oder (pseudo-)historischen Figuren einer Oper<br />

den meisten Opernzuschauern vertraut waren, genügten ohnehin<br />

Andeutungen, um den Heldenrang eines Perseus oder eines<br />

Alexander auf dem Theater zu vergegenwärtigen. Heroisches<br />

Agieren auf offener Bühne, etwa in Gestalt eines Kampfes, ist<br />

gelegentlich Teil der Handlung, nie aber deren Hauptgegenstand.<br />

In allen Opern kommt hingegen dem Thema „Liebe“ eine große,<br />

in den meisten sogar eine zentrale Bedeutung zu. Der Held der<br />

italienischen Oper ist in der Regel noch bis Giacomo Puccini<br />

HEROES IN LOVE<br />

Arien und Sinfonien aus frühen<br />

Opern von Christoph Willibald<br />

<strong>Gluck</strong><br />

Konzert mit Sonia Prina und<br />

dem Orchester LaBarocca,<br />

Leitung Ruben Jais<br />

Mit freundlicher Unterstützung<br />

von Lotto Bayern.<br />

Sa, 29. Juni, 19.30 Uhr,<br />

Stadttheater Fürth<br />

Das Konzert wird<br />

aufgezeichnet von<br />

Die Italienerin Sonia Prina<br />

studierte am Konservatorium<br />

Giuseppe Verdi in Mailand<br />

Trompete und Gesang. Nachdem<br />

sie beides abgeschlossen<br />

hatte, widmete sie sich dem<br />

Gesang. Ihre große, bewegliche<br />

Altstimme erwies sich als<br />

ideal für das von ihr geliebte<br />

Barock-Repertoire. Heute gehört<br />

sie zu den führenden Interpretinnen<br />

auf diesem Gebiet, und<br />

sie gastiert an vielen internationalen<br />

Opern- und Konzertbühnen.<br />

Höhepunkte ihrer Karriere<br />

waren bisher die Titelrollen<br />

in Händels Rinaldo an der<br />

Mailänder Scala, Tamerlano<br />

an der Bayerischen Staatsoper<br />

München oder Mozarts Ascanio<br />

in Alba bei den Salzburger<br />

<strong>Festspiele</strong>n. Für die Einspielung<br />

des Ezio in der Vertonung von<br />

<strong>Gluck</strong> erhielt sie den ECHO<br />

Klassik.<br />

25


Sonia Prina<br />

26


ein eroe amante, ein liebender Held. Für den römischen Dichter<br />

Ovid zeigte sich in der Verführung der Deidamia durch Achilleus<br />

sogar, „dass ein Mann nur dann ein wahrer Held im Kampf sein<br />

könne, wenn er’s auch im Bett ist“ – drastischer lässt sich das<br />

Wesen eines hero in love kaum fassen.<br />

Hohe Heldenstimmen<br />

In der italienischen Oper wurden die Heldenpartien seit der<br />

Mitte des 17. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts überwiegend<br />

mit einem besonderen Sängertypus besetzt. Im heute geläufigen<br />

Ausdruck „Kastrat“ ist bereits eine körperliche Besonderheit<br />

dieser Sänger benannt. Voraussetzung für eine Laufbahn als<br />

Sängerkastrat war eine Operation, die vor Eintritt der Pubertät<br />

ausgeführt werden musste, um den Stimmwechsel zu verhindern.<br />

Über Art und Weise dieses Eingriffs kursieren unterschiedlichste<br />

Vermutungen und Hypothesen. Sicher ist lediglich, dass durch<br />

den chirurgischen Eingriff die Funktion der Keimdrüsen (Testikel),<br />

die für die Produktion des männlichen Sexualhormons<br />

Testosteron zuständig sind, außer Kraft gesetzt und damit unter<br />

anderem das für die Pubertät charakteristische Wachstum des<br />

Kehlkopfs stark eingeschränkt wurde. Anatomische Studien an<br />

einigen Kastraten belegen, dass deren Kehlköpfe ungefähr die<br />

Größe von jenen älterer Knaben oder von Jugendlichen in der<br />

Wachstumsperiode entsprachen, aber deutlich kleiner waren als<br />

die Kehlköpfe erwachsener Männer.<br />

Der Testosteronmangel wirkte sich auch auf andere Bereiche<br />

aus: Kastraten hatten keinen Bartwuchs, auch andere Partien<br />

des Körpers, mit Ausnahme des Schädels, blieben unbehaart, die<br />

Muskulatur entwickelte sich nicht in der für Männer typischen<br />

Weise. Für viele Kastraten sind zudem überlange Extremitäten<br />

belegt, was darauf zurückführen ist, dass sich bei ihnen im<br />

Unterschied zum normalen körperlichen Reifungsprozess die<br />

Wachstumsfugen nicht schlossen, so dass die Knochen länger<br />

als üblich weiterwachsen konnten.<br />

Der italienische Dirigent<br />

Ruben Jais absolvierte parallel<br />

zu seinem Medizinstudium ein<br />

Studium am Konservatorium<br />

Giuseppe Verdi in Mailand<br />

(Chormusik und Chorleitung,<br />

später Komposition und Orchesterdirigieren).<br />

Er war von 1998 bis 2007<br />

Leiter des Symphonischen<br />

Chores Giuseppe Verdi (Mailand).<br />

Im Jahr 2008 gründete<br />

er LaBarocca. Seit 2005 ist er<br />

außerdem künstlerischer Leiter<br />

der Mailänder Kantorei. Ruben<br />

Jais dirigiert Instrumental-,<br />

Chor- und symphonische Musik<br />

für verschiedene italienische<br />

und internationale Institutionen<br />

wie die Biennale di<br />

Venezia, die Mailänder Scala,<br />

das Teatro Real de Madrid und<br />

internationale Orgelfestivals.<br />

Woher die Faszination für Kastratenstimmen?<br />

Da die Kastration (mit Ausnahme von Eingriffen, die man als<br />

medizinisch notwendig erachtete) nach weltlichem Recht offiziell<br />

verboten und die Position kirchlicher Institutionen zur Kastration<br />

von Kindern ambivalent war, blieben Details der Operation im Ver-<br />

27


orgenen; auch aus Selbstzeugnissen von Kastraten ist nichts zu<br />

erfahren, was Aufschluss böte. Die Neigung zum Obskuren zeigt<br />

sich selbst auf der Ebene der Sprache: Seit dem 17. Jahrhundert<br />

waren „musico“ oder „virtuoso“ im öffentlichen Sprachgebrauch<br />

übliche Synonyme für „castrato“ oder „evirato“ (der Entmannte) –<br />

es war nicht schicklich, die Gewalt offen anzusprechen, die<br />

man Jungen antat, um ihre Knabenstimme zu erhalten und zu<br />

einem außerordentlichen Gesangsinstrument heranbilden zu<br />

können, in der Bezeichnung, die man in Gesellschaft für diese<br />

Sänger verwendete.<br />

Die Frage, warum es gerade die Sängerkastraten waren, die man<br />

über einen Zeitraum von anderthalb Jahrhunderten bevorzugt für<br />

die Darstellung der Heldenrollen in der italienischen Oper einsetzte,<br />

ist unterschiedlich beantwortet worden. Die einen suchen<br />

den Grund für die besondere Faszinationskraft der Kastraten,<br />

die sie zur Verkörperung von Heldenfiguren prädestinierte, vor<br />

allem im Bereich des Ästhetischen. Es sei „die Vorliebe des späten<br />

16., des 17. und 18. Jahrhunderts für rare, stilisierte, unwirkliche<br />

Klangfarben“ gewesen, meinte der Gesangshistoriker Rodolfo<br />

Celletti. Die Musikwissenschaftlerin Silke Leopold sieht dagegen<br />

in der hohen Stimmlage der Helden eine Parallele zu einem<br />

wichtigen Aspekt des aristokratischen Verhaltenskodex. Die hohe<br />

Stimme des Opernhelden ist als klangliche Entsprechung für<br />

die Annäherung des Mannes an die weiblich definierten Codes<br />

außerhalb männlich geprägter Kontexte wie insbesondere dem<br />

Schlachtfeld zu verstehen.<br />

LaBarocca ist ein italienisches<br />

Ensemble, das sich der Aufführung<br />

von barockem und<br />

klassischem Repertoire auf<br />

historischen Instrumenten<br />

widmet. LaBarocca wurde 2008<br />

von Luigi Corbani und Ruben<br />

Jais gegründet. Seit 2009 spielt<br />

LaBarocca fest im Auditorium<br />

di Milano. Zum Repertoire des<br />

Ensembles gehören geistliche<br />

Werke, wie die Kantaten von<br />

Johann Sebastian Bach, die<br />

Oratorien von Georg Friedrich<br />

Händel und zu Unrecht vergessene<br />

italienische Meisterwerke<br />

wie das Te Deum von Francesco<br />

Antonio Urio. Aber auch<br />

die Violinkonzerte von Antonio<br />

Vivaldi, die Brandenburgischen<br />

Konzerte und Suiten von<br />

Johann Sebastian Bach werden<br />

von LaBarocca aufgeführt.<br />

Die vielfach dokumentierte sinnliche, ja sexuelle Wirkung, die<br />

Kastraten auf Frauen, aber auch auf Männer hatten, beruhte auf<br />

einem Stimmspektrum, das Gegensätze in sich vereinigte: das<br />

Timbre eines Jugendlichen, das sich mit der künstlerischen Reife<br />

eines Erwachsenen verband, die Aura der Unschuld, die zugleich<br />

von stark sinnlicher Anziehungskraft war, sowie eine Klangin-<br />

28


tensität, die als akustische Entsprechung zu körperlicher Kraft<br />

verstanden werden konnte, die Möglichkeit zu zarter und intimer<br />

Tongebung aber einschloss. Mit anderen Worten: Die Stimme der<br />

Kastraten war eine vollkommene Klangchiffre des eroe amante.<br />

Frauen als Männer – Geschlechterrollen im Tausch<br />

Kritiker warfen den Kastraten zwar vor, sie würden sich über die<br />

Tatsache hinwegsetzen, dass Helden Männer sind und sich nach<br />

den Geboten von Vernunft und Erfahrung mit einer männlichen,<br />

das heißt tiefen, vielleicht auch lauten oder rauen Stimme äußern.<br />

Dass es zu den Eigenheiten der Gattung Oper gehört, die Realität<br />

mit Mitteln der Kunst zu überhöhen, wollten ihre Kritiker nicht<br />

akzeptieren. Von den Anhängern der italienischen Oper hingegen<br />

wurde die Besetzung der Heldenpartien mit Kastraten nicht in<br />

Frage gestellt, ja sie wurde nicht einmal als Problem thematisiert.<br />

Dass Kastraten in einer Tonlage sangen, die identisch mit jener<br />

von Altistinnen und Sopranistinnen war, machte es möglich,<br />

dass Frauen an die Stelle von Kastraten treten konnten. Seit den<br />

1670er Jahren sind Frauen in Männerrollen belegt; im 18. Jahrhundert<br />

gehörten Sängerinnen, die en travesti (in Verkleidung)<br />

oder da uomo (als Mann) agierten, zu den Selbstverständlichkeiten<br />

des Opernbetriebs. Ihre Kennzeichnung als männlicher Held<br />

erfolgte wie im Fall der Kastraten nicht über die Stimme, bzw.<br />

die Stimmlage, sondern über äußere Merkmale wie Kleidung,<br />

Requisiten (zum Beispiel Waffen) oder Gesten. Begünstigt wurde<br />

das Agieren von Frauen als Männer durch die Affinität der Oper<br />

zur Verkleidung, dem Annehmen anderer Rollen, wie sie auch<br />

für den Karneval typisch ist. In der künstlichen Welt der Oper<br />

konnte ein solcher Geschlechterrollentausch mühelos gelingen,<br />

da die Übereinstimmung von biologischem und dargestelltem<br />

Geschlecht noch ohne Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der<br />

Rolle war. In der Gegenwart gibt es für die Besetzung der ursprünglichen<br />

Kastratenpartien im Wesentlichen zwei Optionen:<br />

Countertenöre oder Sängerinnen. Die Besetzung mit Countertenören<br />

kann sich allerdings nicht auf historische Vorbilder berufen,<br />

da Sänger dieses Stimmtyps im 17. und 18. Jahrhundert<br />

nur in wenigen Ausnahmefällen führende Partien sangen. Frauen<br />

in Männerrollen entsprechen hingegen der vielfach belegten<br />

historischen Praxis.<br />

„Wenn ich mir von<br />

<strong>Gluck</strong> noch etwas<br />

wünschen könnte,<br />

dann wäre es eine<br />

Carmen... Ganz<br />

sinnlich mit einem<br />

herzzerreißenden<br />

Lamento am Schluss,<br />

wenn Don José<br />

sie tötet.“<br />

Sonia Prina<br />

„Wenn ich die Gelegenheit<br />

hätte, <strong>Gluck</strong><br />

etwas komponieren<br />

zu lassen, würde ich<br />

natürlich um ein Klarinetten-Solo<br />

bitten.“<br />

Norbert Nagel<br />

Thomas Seedorf<br />

29


BLÄSERKLANG UND KLOPSTOCK-ODEN<br />

Die Begeisterung für die Opernmusik brachte, da nicht immer<br />

ein volles Orchester zu haben oder zu finanzieren war und ein<br />

Opernhaus nicht überall zur Verfügung stand, noch zu Lebzeiten<br />

<strong>Gluck</strong>s ein ganz eigenes kammermusikalisches Genre hervor: die<br />

Harmoniemusik. Ensembles von bis zu zehn Bläsern entwickelten<br />

mit Neuarrangements beliebter Ouvertüren, Arien und Liedern<br />

ein neues, reizvolles Klangbild und spielten bei Serenaden in<br />

Parks und Ballsälen auf. So wurden die Werke des 17. und 18.<br />

Jahrhunderts auch außerhalb der Opernhäuser weiter verbreitet.<br />

Harmoniemusik-Konzerte trugen zur Popularisierung der Opern<br />

von <strong>Gluck</strong>, Mozart, Salieri und vieler anderer bei – lange bevor<br />

die Schallplatte erfunden wurde...<br />

Zu den <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n präsentiert der Kammermusikverein<br />

Philharmonie ein erlesenes Programm, das dem<br />

Namensgeber seines Konzertsaals gewidmet ist. Es erklingen<br />

Werke von <strong>Gluck</strong> und Mozart – wobei zum Beispiel hörbar wird,<br />

wie sich Mozart für seine Entführung aus dem Serail von <strong>Gluck</strong>s<br />

Die Pilger von Mekka inspirieren ließ. „Nur“ auf Blasinstrumenten<br />

gespielt, entfaltet auch Alceste einen ganz eigenen Reiz. Ein selten<br />

zu hörendes Kleinod bringen außerdem die Mezzosopranistin<br />

Ida Aldrian und die Pianistin Rita Kaufmann zur Aufführung,<br />

<strong>Gluck</strong>s Klopstock-Oden und Lieder beym Klavier zu singen…<br />

„Aber wenn Mozart mit seinem göttlichen musikalischen<br />

Genie und vielleicht sogar Piccini mit reicheren musikalischen<br />

Gaben ihn als Musiker überflügelt haben, wenn Mozart ihn<br />

sogar als Dichter überflügelt hat, so wäre es doch nur gerecht,<br />

<strong>Gluck</strong> für einen Teil ihres Genies dankbar zu sein, da sie seine<br />

Grundsätze angenommen und seine Beispiele befolgt haben.<br />

Und in einer Sache bleibt <strong>Gluck</strong> doch der größte: nicht nur<br />

einfach, weil er der erste war und ihnen den Weg gewiesen<br />

hat, sondern weil er der edelste war. Er ist der Dichter des<br />

Höchsten gewesen, was es im Leben gibt. Nein, auch weil er<br />

sich zu jenen fast unerreichbaren und unzugänglichen Höhen<br />

erhoben hat, wo man kaum noch atmen kann, heraus aus dem<br />

metaphysischen Traum und aus dem Glauben, in dem sich die<br />

Kunst Wagners gefällt. <strong>Gluck</strong>s Kunst ist tief menschlich. (…)<br />

Dadurch vor allem wird der Komponist den Menschen wertvoll<br />

sein, dadurch ist er wie Beethoven viel mehr als ein großer<br />

Musiker: er ist ein großer Mensch mit einem reinen Herzen.“<br />

Romain Rolland<br />

HARMONIE<br />

8. Kammerkonzert<br />

Werke von <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />

Ensemble des Kammermusikvereins<br />

Philharmonie Nürnberg<br />

Moderation Jörg Krämer<br />

So, 30. Juni, 15 Uhr,<br />

Staatstheater Nürnberg,<br />

<strong>Gluck</strong>-Saal<br />

In den Kammerkonzerten der<br />

Philharmonie präsentieren<br />

sich Musiker der Staatsphilharmonie<br />

abseits des großen<br />

Orchesterverbundes. Ausgesuchte<br />

Kammermusik auf hohem<br />

Niveau – das bieten<br />

die Konzerte, fernab vom normalen<br />

Orchesterdienst und in<br />

eigener künstlerischer Verantwortung<br />

der Musiker.<br />

Prof. Dr. Jörg Krämer ist studierter<br />

Musiker, Literatur- und<br />

Musikwissenschaftler. Seit 1986<br />

ist er Soloflötist der Staatsphilharmonie<br />

Nürnberg. Seit 2009<br />

ist er Professor an der FAU<br />

Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte<br />

liegen in<br />

der deutschen Literatur, Musik<br />

und Theaterkultur des 17. bis<br />

19. Jahrhunderts.<br />

30


PHILIPPE JAROUSSKY &<br />

ENSEMBLE ARTASERSE<br />

Di, 9. Juli, 20 Uhr,<br />

Reitstadel Neumarkt<br />

Philippe Jaroussky gilt als strahlender<br />

Stern am Firmament der<br />

Barockmusik – und tatsächlich<br />

wurde ein Asteroid nach ihm<br />

benannt! Sein Sonderkonzert<br />

im Neumarkter Reitstadel<br />

mit Arien und Sinfonien aus<br />

Opern von Francesco Cavalli,<br />

dem gleich nach Monteverdi<br />

prägenden Opernkomponisten<br />

des 17. Jahrhunderts, gehört zu<br />

den Highlights der <strong>Festspiele</strong><br />

<strong>2019</strong> – dank der Neumarkter<br />

Konzertfreunde e.V.<br />

31


VOM KAMPF UM MACHT, ERFOLG UND LIEBE<br />

<strong>Gluck</strong>s Antigono in Rom<br />

Eine Liebesbeziehung vor dem Hintergrund politischer Verwicklungen,<br />

Fürsten, die sich zwischen persönlichen Gefühlen<br />

und dazu im Widerspruch stehender Staatsraison entscheiden<br />

müssen, intrigante Widersacher, die konkurrierende Machtinteressen<br />

verfolgen – so präsentierte sich die italienische Opera seria<br />

des 18. Jahrhunderts. In ihr spiegeln sich die gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse der Zeit: Mit großer Opulenz führte man dem Publikum<br />

vor Augen, dass die auf der Bühne agierenden Kaiser und<br />

Potentaten der Antike immer zum Wohl des Staates handelten<br />

und private Interessen zurückstellten – ebenso, so die Botschaft,<br />

wie die absolutistisch regierenden Herrscher in ihrer eigenen Zeit.<br />

Das absolutistische System verlangte aber auch, dass am Ende des<br />

Dramas die gesellschaftliche Ordnung wiederhergestellt wurde.<br />

Ein obligatorisches Happy End führte die Liebenden schließlich<br />

zusammen, durch gütiges, staatstragendes Verzeihen oder auch<br />

durch göttliche Fügung. Mit einem komplizierten Handlungsgeflecht,<br />

durch raffiniert gesponnene Intrigen und mit einer<br />

klar geregelten dramaturgischen Struktur, die Anlass zu vielen<br />

schönen Arien und somit zur Entfaltung hochartifizieller Gesangskunst<br />

bot, eroberte die Opera seria die Bühnen Europas, von<br />

Kopenhagen bis Neapel, von Sankt Petersburg bis Lissabon. Für<br />

den Musikdramatiker <strong>Gluck</strong> bildete sie das Sprungbrett für eine<br />

Karriere, die in den großen Reformopern an den Hoftheatern in<br />

Wien und Paris gipfelte und <strong>Gluck</strong>s nachfolgende Rezeption als<br />

Reformator der Oper begründete.<br />

Alle Wege führen nach Rom...<br />

Als <strong>Gluck</strong> 1755 den Auftrag erhielt, eine Oper für das Teatro<br />

Argentina in Rom zu komponieren, hatte er bereits hinreichend<br />

unter Beweis gestellt, dass er das Opernhandwerk souverän beherrschte.<br />

Mit großem Erfolg hatte er etwa 1752 in Neapel das<br />

Dramma per musica La clemenza di Tito auf die Bühne gebracht.<br />

Schon damals fand er unkonventionelle Lösungen für seine Musik<br />

– besonderes Aufsehen erregte in diesem Fall die Arie des<br />

Sesto Se mai senti spirarti sul volto, die <strong>Gluck</strong> für den berühmten<br />

Kastraten Caffarelli geschrieben hatte. Wegen ihrer kühnen<br />

harmonischen Fortschreitungen und expressiven Dissonanzen,<br />

die als kompositorischer Regelverstoß betrachtet wurden, sorgte<br />

sie für lebhafte Diskussionen in der Musikszene vor Ort. Dass es<br />

zudem einem Komponisten nördlich der Alpen gelungen war, den<br />

großen Caffarelli mit einer maßgeschneiderten Arie zu bedienen,<br />

in der dieser das ganze Register seiner vokalen Ausdrucksqualitäten<br />

ziehen konnte, trug entscheidend zu <strong>Gluck</strong>s steigendem<br />

ANTIGONO<br />

Dramma per Musica in drei<br />

Akten von Pietro Metastasio<br />

Deutsche Erstaufführung der<br />

Oper von Christoph Willibald<br />

<strong>Gluck</strong> in konzertanter Form<br />

Mit Anna Kasyan, Francesca<br />

Lombardi Mazzulli, Samuel<br />

Marino, Mauro Peter, Valer<br />

Sabadus, Terry Wey und dem<br />

Händelfestspielorchester Halle,<br />

Leitung Michael Hofstetter<br />

In italienischer Sprache<br />

mit deutschsprachigen<br />

Erläuterungen<br />

Sa, 6. Juli, 19.30 Uhr,<br />

Markgräfliches Opernhaus<br />

Bayreuth<br />

Eine Produktion der <strong>Internationale</strong>n<br />

<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> mit<br />

freundlicher Unterstützung<br />

des Festspiel-Partners<br />

Musica Bayreuth.<br />

Das Konzert wird<br />

aufgezeichnet von<br />

„Wenn ich jemandem<br />

<strong>Gluck</strong>s Musik beschreiben<br />

müsste,<br />

der sie gar nicht<br />

kennt, würde ich<br />

sagen: schön traurig,<br />

traurig-schön…“<br />

Robert Joseph Bartl<br />

32


Renommee bei und eröffnete ihm neue Perspektiven – in Wien, das inzwischen sein<br />

Lebensmittelpunkt geworden war, aber auch erneut in Italien, unter anderem in Rom.<br />

Römisches Theaterleben<br />

Rom, geistliches Zentrum der katholischen Kirche und Hauptstadt des Kirchenstaates,<br />

der sich damals über ein großes Gebiet in Mittelitalien bis in die heutige Region<br />

Emilia-Romagna erstreckte, konnte zwar im Hinblick auf musikalische Exzellenz im<br />

Bereich der Oper nicht mit Neapel mithalten, bot aber dennoch ein vielfältiges theatrales<br />

Angebot. Für die Opera seria standen zwei Theater zur Verfügung: das Teatro<br />

Alibert sowie das Teatro Argentina, eines der größten und prächtigsten Opernhäuser<br />

der Zeit. Es verfügte über sechs Ränge mit je 31 Logen, die jeweils für die gesamte<br />

Saison im Voraus verkauft wurden, und bot der Elite der römischen Gesellschaft – weltlichen<br />

wie geistlichen Standes – standesgemäße Unterhaltung. Man ging häufig ins<br />

Theater, doch nicht immer stand der Kunstgenuss im engeren Sinne im Mittelpunkt.<br />

Vielmehr wurden die Logen auch als exklusive Begegnungsstätten genutzt, in denen<br />

Fürsten und Prälaten, Reisende aus dem Ausland, Damen und Herren kulinarischen<br />

Genüssen frönten sowie Konversation und Glücksspiel pflegten – obwohl letzteres<br />

offiziell verboten war.<br />

Hohe Erwartungen<br />

Der Opernbetrieb selbst beruhte in Rom, wie an vielen anderen Orten auch, auf dem<br />

Scrittura-Prinzip: Der Impresario eines Theaters vergab Kompositionsaufträge an<br />

zumeist renommierte Opernkomponisten aus Italien, von denen er sich erfolgreiche<br />

Produktionen und entsprechende Einnahmen versprach – was nicht immer gelang.<br />

Gerade zur Zeit der Verpflichtung <strong>Gluck</strong>s befand sich das Teatro Argentina in einer<br />

Krise, ausgelöst durch eine Serie von Misserfolgen. Dementsprechend stand der<br />

Impresario Carlo Francesco Mattei unter gewaltigem Erwartungsdruck im Hinblick<br />

auf die Premieren der kommenden Spielzeit, wollte er nicht den Verlust der Impresa<br />

und damit den finanziellen Ruin riskieren.<br />

Das Erfolgsrezept, das ihn aus der Krise führen sollte, war ebenso einfach wie riskant:<br />

Mattei setzte auf den Effekt des Neuen, Überraschenden und Unbekannten. Er entschied<br />

sich für Antigono, ein Drama des kaiserlichen Hofpoeten Pietro Metastasio, das<br />

in Rom noch nie zuvor gespielt worden war, und beauftragte einen vielversprechenden<br />

Komponisten aus dem fernen Wien mit der Vertonung, nämlich „den Herrn <strong>Gluck</strong>,<br />

einen jungen Mann von höchsten Fähigkeiten und feurigem Geist“, so Matteis Worte<br />

– in der Hoffnung, dass dieser dem Spielbetrieb des „unglücklichen Teatro Argentina“<br />

zu neuem Glanz verhelfen könne.<br />

Von Seiten der Intendanz waren die Erwartungen also hoch – kein leichtes Unterfangen<br />

für <strong>Gluck</strong>, zumal seine Verpflichtung nach Rom von gleich mehreren hoch-<br />

33


gestellten Persönlichkeiten in Rom und Wien unterstützt worden war, vor allem von<br />

Kardinal Alessandro Albani, dem Gesandten des Hauses Österreich beim Heiligen<br />

Stuhl, sowie dem österreichischen Staatskanzler Kaunitz. Erschwerend kam für <strong>Gluck</strong><br />

hinzu, dass ihm aufgrund vielfältiger Verpflichtungen in Wien nur wenig Zeit für die<br />

Komposition der Oper blieb – wohl ein Grund dafür, dass er bei Antigono besonders<br />

großzügig von der für seine Schaffensweise so charakteristischen Praxis der Entlehnung<br />

und Wiederverwendung schon vorhandener Musik Gebrauch machte: Rund<br />

ein Drittel der Musik des Antigono stammt aus früheren Kompositionen <strong>Gluck</strong>s. Sie<br />

mussten für den neuen Werkkontext und die institutionellen Gegebenheiten vor Ort<br />

adaptiert werden – vor allem aber für die ausführenden Sänger. Sie und ihre sängerischen<br />

Leistungen entschieden in allererster Linie über den Erfolg oder Misserfolg<br />

einer jeden Produktion, weshalb es für die Opernkomponisten des 18. Jahrhunderts<br />

selbstverständlich war, dass sie ihre Musik sorgfältig auf die individuellen stimmlichen<br />

Möglichkeiten ihrer Interpreten abstimmten. „Unmöglich kann ein Komponist<br />

eine Arie setzen, ohne an die Talente und Fähigkeiten des Sängers zu denken, der sie<br />

singen soll, und ohne sie nach seinem besonderen Kaliber zu formen“, so formulierte<br />

Charles Burney 1785 diesen Grundsatz, dem selbstverständlich auch der versierte<br />

Musikdramatiker <strong>Gluck</strong> verpflichtet war.<br />

Premiere mit Hindernissen<br />

<strong>Gluck</strong>s römisches Engagement allerdings stand in dieser Hinsicht unter keinem guten<br />

Stern, denn er musste sich in Rom mit einem Ensemble zufriedengeben, das sich,<br />

mit Ausnahme des Soprankastraten Ferdinando Mazzanti, aus eher zweitrangigen<br />

Sängern mit lediglich regionaler Reputation zusammensetzte. Mit keinem von ihnen<br />

hatte <strong>Gluck</strong> zuvor schon gearbeitet, und vor Ort in Rom blieb nur wenig Zeit, die<br />

Gesangspartien auf die jeweiligen Interpreten abzustimmen.<br />

Am 9. Februar 1756 fand die mit Spannung erwartete Premiere statt. Wie Mattei<br />

seinem Kollegen Gaetano Grossatesta in Neapel berichtete, „begab man sich ins<br />

Theater, das sich bald mit der Noblesse, den Bürgern füllte, um [<strong>Gluck</strong>s] Komposition<br />

zu hören, die alle in große Erwartung versetzt hatte.“ Dennoch blieb der von<br />

Mattei erhoffte Sensationserfolg des „feurigen Geistes“ <strong>Gluck</strong> insgesamt wohl aus,<br />

was allerdings weniger auf <strong>Gluck</strong>s Musik denn auf die allgemeine Stimmungslage<br />

im Publikum, die mäßigen Leistungen der Sänger und bühnentechnische Mängel<br />

zurückzuführen ist. <strong>Gluck</strong>s Antigono-Vertonung nämlich erweist sich als insgesamt<br />

routinierte Komposition eines aufstrebenden Musikdramatikers, aus der einige Nummern<br />

ihrer besonderen musikalisch-dramaturgische Qualitäten wegen herausragen.<br />

Dazu zählen das Duett des Protagonistenpaares Berenice und Demetrio am Schluss<br />

des zweiten Aktes (Non temer, non son più amante), besonders aber die Szenen 6 und<br />

7 im dritten Akt. Die Handlung strebt hier ihrem Kulminationspunkt zu: Demetrio<br />

ist bereit, für seine Liebe zu Berenice in den Tod zu gehen und nimmt in der Arie<br />

Già che morir degg’io Abschied von der Welt – sechs Jahre später wird <strong>Gluck</strong> einen Teil<br />

34


der ausdrucksstarken, berührenden Musik zu dieser Arie in seine erste Reformoper<br />

Orfeo ed Euridice übernehmen (Che puro ciel).<br />

Ritter vom Goldenen Sporn<br />

Spätestens Ende Februar 1756 kehrte <strong>Gluck</strong> nach Wien zurück. Trotz der geteilten<br />

Reaktionen auf seine Oper konnte er sein kurzes Intermezzo in der Ewigen Stadt als<br />

beruflichen Erfolg verbuchen, wurde ihm hier doch eine Ehre zuteil, die im Hinblick<br />

auf seinen weiteren Werdegang wohl höher eingeschätzt werden muss als die vergängliche<br />

Begeisterung eines verwöhnten Opernpublikums: Vermutlich auf Empfehlung<br />

Kardinal Albanis wurde <strong>Gluck</strong> zum Ritter vom Goldenen Sporn ernannt, eine ehrenvolle<br />

päpstliche Auszeichnung und ein Titel, den der Ritter <strong>Gluck</strong> fortan mit Stolz trug.<br />

Irene Brandenburg<br />

Händelfestspielorchester Halle<br />

35


Der gebürtige Münchner<br />

Michael Hofstetter begann seine<br />

Karriere an den Theatern in<br />

Wiesbaden (Kapellmeister) und<br />

Gießen (Generalmusikdirektor)<br />

und war außerdem Professor<br />

für Orchesterleitung und Alte<br />

Musik an der Universität Mainz.<br />

Als Chefdirigent prägte er von<br />

2005 bis 2012 die Ludwigsburger<br />

Schlossfestspiele, von 2006 bis<br />

2013 war er Chefdirigent des<br />

Stuttgarter Kammerorchesters.<br />

Seit Herbst 2012 ist er erneut<br />

Generalmusikdirektor des Stadttheaters<br />

Gießen. Er dirigiert an<br />

vielen renommierten Opernhäusern,<br />

bei Orchestern und Festivals:<br />

Dazu zählen unter anderem die<br />

Bayerische, die Hamburgische,<br />

die Stuttgarter und die Berliner<br />

Staatsoper, ferner die königliche<br />

Oper in Kopenhagen, das Gran<br />

Teatre del Liceu Barcelona und<br />

die Salzburger <strong>Festspiele</strong>. Im<br />

Fachmagazin Opernwelt wurde<br />

Michael Hofstetter in der jährlichen<br />

Kritikerbefragung mehrmals<br />

als Dirigent des Jahres<br />

nominiert. Für sein Engagement<br />

im Bereich Operette erhielt er<br />

die Robert-Stolz-Medaille, seine<br />

Arbeit bei den Ludwigsburger<br />

Schlossfestspielen wurde mit dem<br />

Horst-Stein-Preis gewürdigt.<br />

Die Sopranistin Anna Kasyan<br />

wurde in Georgien geboren. Nach<br />

ihrem Studium am Konservatorium<br />

in Tiflis (Violine und<br />

Gesang) führte sie ihr Weg ans<br />

Conservatoire de Paris, wo sie<br />

Meisterkurse unter anderem bei<br />

Tom Krause, Raina Kabaivanska<br />

und Nicolau de Figueiredo absolvierte.<br />

Inzwischen hat Anna<br />

Kaysan ein breites Repertoire in<br />

den Bereichen Oper und sakrale<br />

Musik sowie Kammermusik (von<br />

Barock bis zeitgenössisch). Einem<br />

breiteren Publikum wurde sie 2012<br />

bekannt, als sie in der Opernverfilmung<br />

La Cenerentola von<br />

Andrea Andermann die Rolle der<br />

Clorinda in sang; der Film wurde<br />

live in über 150 Länder übertragen<br />

und erschien auf DVD.<br />

Francesca Lombardi Mazzulli<br />

studierte Gesang am Konservatorium<br />

Giuseppe Verdi in Mailand<br />

und am Konservatorium Girola-<br />

mo Frescobaldi in Ferrara bei<br />

Mirella Freni. Sie absolvierte<br />

Meisterkurse bei Luciano Pavarotti,<br />

Alessandra Molinari und Sonia<br />

Prina. Sie sang bereits die Hauptrollen<br />

in zahlreichen Opern, darunter<br />

die Susanna in Le nozze<br />

di Figaro und Dido in Dido and<br />

Aeneas. Sie ist bereits bei vielen<br />

klassischen Festivals in Europa<br />

aufgetreten, unter anderem beim<br />

Festival d’Ambronay, beim Schleswig-Holstein<br />

Musik Festival, beim<br />

Viotti Festival in Vercelli und bei<br />

der Styriarte in Graz. Sie hat<br />

mit Dirigenten wie Alan Curtis,<br />

Ottavio Dantone, Christophe<br />

Coin und Claudio Osele gearbeitet<br />

sowie mit namhaften Ensembles<br />

wie beispielsweise der Accademia<br />

Bizantina, Il Complesso Barocco<br />

und La Venexiana.<br />

Samuel Marino, geboren in<br />

Caracas, Venezuela, absolvierte<br />

sein Studium an der Universidad<br />

Nacional Experimental de las<br />

Artes in Caracas und am Conservatoire<br />

Régional de Paris. In<br />

seiner Heimat erhielt er Klavierunterricht<br />

am Simón Bolívar<br />

National Conservatory, studierte<br />

Ballett am Teresa-Carreño-Theater<br />

und sang in mehreren Chören.<br />

Sein Interesse am Operngesang<br />

und seine Liebe zur Barockmusik<br />

entdeckte er als Mitglied der<br />

Camerata Barroca in Caracas.<br />

36


Dort sang Marino, der über eine<br />

natürliche Sopranstimme verfügt,<br />

erstmalig als Sopranist. Er<br />

konnte in zahlreichen Rollen in<br />

Opern von Monteverdi, Mozart<br />

und Händel Bühnenerfahrung<br />

sammeln. Seit er in Europa lebt,<br />

tritt er regelmäßig in Konzerten<br />

in Frankreich und Spanien auf<br />

und erhält Unterricht bei Nicole<br />

Fallien und Barbara Bonney.<br />

Der aus Luzern stammende Tenor<br />

Mauro Peter studierte Gesang<br />

an der Hochschule für Musik<br />

und Theater München bei Fenna<br />

Kügel-Seifried. 2012 gewann er<br />

den ersten Preis sowie den Publikumspreis<br />

beim <strong>Internationale</strong>n<br />

Robert-Schumann-Wettbewerb<br />

in Zwickau. Seit der Spielzeit<br />

2013/14 ist Mauro Peter Ensemblemitglied<br />

des Opernhauses Zürich.<br />

Darüber hinaus sang er an der<br />

Bayerischen Staatsoper München,<br />

am Royal Opera House Covent<br />

Garden, an der Opéra National<br />

de Paris, an der Komischen Oper<br />

Berlin und bei den Salzburger<br />

<strong>Festspiele</strong>n. In der Saison 2018/19<br />

arbeitet Mauro Peter im Konzertbereich<br />

unter anderem in Calgary<br />

mit Trevor Pinnock sowie mit<br />

Riccardo Muti an der Mailänder<br />

Scala. Er veröffentlichte mehrere<br />

Alben bei SONY Classical.<br />

Valer Sabadus hat 2003 mit<br />

siebzehn Jahren an der Münchner<br />

Hochschule für Musik und<br />

Theater einen Weg eingeschlagen,<br />

der ihn innerhalb von gut zehn<br />

Jahren an die Weltspitze des<br />

Countergesangs geführt hat.<br />

Nicht von Ungefähr gehörte er<br />

(wie auch Max Emanuel Cencic<br />

und Philippe Jaroussky) schon<br />

2011 zu dem furiosen Sängersextett,<br />

das mit Leonardo Vincis<br />

Oper Artaserse das europäische<br />

Barockpublikum zu Jubelstürmen<br />

hinriss. Es folgten Engagements<br />

unter anderem an die Deutsche<br />

Oper am Rhein, das Theater an<br />

der Wien und die Opéra National<br />

de Paris, und auch das Oratorien-<br />

und Konzertrepertoire liegt<br />

dem Countertenor am Herzen.<br />

Sabadus wurde mehrfach mit<br />

Schallplattenpreisen wie dem<br />

ECHO Klassik ausgezeichnet.<br />

Terry Wey hat bei den Wiener<br />

Sängerknaben begonnen – und es<br />

innerhalb weniger Jahre bis zum<br />

Prädikat „Einer der Besten seines<br />

Fachs“ gebracht (Fono Forum).<br />

Er ist auf diversen wichtigen<br />

Barockfestivals zuhause, arbeitet<br />

an bedeutenden Opernhäusern<br />

in ganz Europa. Aber er ist nicht<br />

allein auf Barockmusik festgelegt.<br />

Er singt auch Werke von Benjamin<br />

Britten und zeitgenössische<br />

Opernmusik. Letzteres führte ihn<br />

unlängst als ersten Countertenor<br />

überhaupt ins Programm der<br />

Bayreuther <strong>Festspiele</strong>: Er sang<br />

den Fremden in Klaus Langs<br />

Kammeroper Der verschwundene<br />

Hochzeiter. Im Februar 2017<br />

erschien seine erste Solo-CD Pace<br />

e Guerra mit dem Bach Consort<br />

Wien unter Rubén Dubrovsky.<br />

Das Händelfestspielorchester<br />

Halle musiziert seit 1993 auf historischen<br />

Instrumenten und hat<br />

in dieser Zeit das Musikleben in<br />

Halle mit Konzerten und Opernvorstellungen<br />

bereichert. Seine<br />

Zugehörigkeit zu einem auf modernen<br />

Instrumenten spielenden<br />

Konzert- und Opernorchester ist<br />

in der deutschen Musikszene einzigartig.<br />

Das Spezialensemble für<br />

Alte Musik setzt die Tradition der<br />

Händel-Pflege in Halle fort und<br />

repräsentiert die Stadt auf Gastspielreisen<br />

in der ganzen Welt.<br />

Seit 2007 ist Bernhard Forck dem<br />

Orchester als künstlerischer Leiter<br />

eng verbunden. Mehrere CD- und<br />

DVD-Einspielungen liegen vor.<br />

37


GLEICH UND UNGLEICH<br />

Die Zeitgenossen <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />

Von 1781 bis zu <strong>Gluck</strong>s Tod 1787 haben sie beide in Wien gewohnt.<br />

Die Stadt bot ein anregendes gesellschaftliches und musikalisches<br />

Leben, nicht zuletzt Posten und Aufträge. Wann sie sich<br />

kennengelernt haben, ist unklar – aber ihre Wege kreuzten sich<br />

verschiedentlich – und wohl nicht per Zufall. Natürlich kannte<br />

man sich. Der berühmte Hofkapellmeister Maria Theresias war<br />

nicht mehr der Jüngste, der Mittzwanziger Mozart nach zahlreichen<br />

Reisen, Erfolgen und Rückschlägen bereits arriviert und<br />

in aller Munde. In diese Jahre fielen die Uraufführungen von<br />

Mozarts Idomeneo, Die Entführung aus dem Serail und schließlich<br />

Le Nozze di Figaro – während „Papa <strong>Gluck</strong>“ als Persönlichkeit und<br />

mit seinem späten Repertoire absolut präsent – aber in seiner<br />

Gesundheit geschwächt war und keine Opern mehr schrieb...<br />

Was verbindet den „Herkules der Musik“ (wie Berlioz <strong>Gluck</strong><br />

später nannte) mit dem einer neuen Generation angehörenden<br />

Schöpfer eines musikalischen Kosmos, der das Werk des Opernreformators<br />

schließlich überstrahlte? Was trennt sie?<br />

VON GLUCK ZU MOZART<br />

Konzert mit Daniel Hope und<br />

dem Zürcher Kammerorchester<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong>:<br />

Furientanz und Reigen seliger<br />

Geister, Joseph Haydn: Violinkonzert<br />

G-Dur (Hob. VIIa: 4),<br />

Wolfgang Amadeus Mozart:<br />

Divertimento F-Dur (KV 138),<br />

Violinkonzert Nr. 3 G-Dur<br />

(KV 216), Sinfonie Nr. 29<br />

A-Dur (KV 201)<br />

Fr, 12. Juli, 19.30 Uhr<br />

Kleine Meistersingerhalle<br />

Nürnberg<br />

Gegenseitige Wertschätzung<br />

Am 7. August 1782 schrieb Mozart: „...Meine Oper ist gestern<br />

wieder und zwar auf Begehren des <strong>Gluck</strong>s gegeben worden.<br />

<strong>Gluck</strong> hat mir viele Complimente darüber gemacht. Morgen<br />

speise ich bey ihm...“ Man schätzte sich also ganz offensichtlich,<br />

was auch in Mozarts Kompositionsarbeit seinen Niederschlag<br />

fand. Für seinen Idomeneo beispielsweise ließ er sich von den<br />

französischen Musikdramen des gestandenen Meisters inspirieren.<br />

Und 1784 schrieb er zehn Variationen für Klavier über ein<br />

Thema von <strong>Gluck</strong> aus der komischen Oper Die Pilger von Mekka.<br />

Überhaupt war diese burleske Geschichte inspirierend für Mozart,<br />

zeigen sich doch – mehr als der damaligen Türkenopern-Mode<br />

geschuldete – motivische Verknüpfungen zu Die Entführung aus<br />

dem Serail. Niemand kann sagen, ob das erste Handlungsballett<br />

der Musiktheatergeschichte, das <strong>Gluck</strong> 1761 mit seinem Don Juan<br />

kreierte, Auslöser für Mozarts 23 Jahre später entstandenen Don<br />

Giovanni wurde. Allerdings kannte er die Musik sehr wohl, hat<br />

er doch daraus 1786 den Fandango für Le nozze di Figaro übernommen.<br />

Das Verhältnis der beiden war also von professioneller<br />

Nähe (Mozart besuchte Proben zu <strong>Gluck</strong>s Neueinrichtung der<br />

Iphigenie in Tauris in deutscher Sprache) und allem Anschein nach<br />

von Respekt, ja Wohlwollen geprägt. Übernahmen aus Werken<br />

anderer Komponisten waren damals nämlich an der Tagesordnung<br />

und keineswegs Plagiate im heutigen Sinn. Es mag <strong>Gluck</strong> sogar<br />

gefreut haben, von dem jungen musikalischen Tausendsassa in<br />

Mit vier Jahren begann der in<br />

Südafrika geborene Musiker,<br />

Autor und Orchesterleiter<br />

Daniel Hope das Violinspiel.<br />

Entdeckt und gefördert durch<br />

Yehudi Menuhin begann er<br />

eine Weltkarriere als Solist. Seit<br />

2004 ist er Associate Artistic<br />

Director des Savannah Music<br />

Festival in den USA. 2016 trat<br />

er sein Amt als Musikdirektor<br />

des Zürcher Kammerorchesters<br />

an. Seit September 2017 ist er<br />

zudem Artistic Partner des New<br />

Century Chamber Orchestras<br />

38


dieser Form wahrgenommen, geehrt zu werden. Beide trieb das<br />

Interesse an und um, in Zeiten geistiger, philosophischer, politischer<br />

Aufbrüche auch der Musik neue Perspektiven zu eröffnen<br />

– wenn auch ihr Leben und Wirken unterschiedliche Züge trug.<br />

Überwindung der Tradition<br />

<strong>Gluck</strong> war kein Wunderkind. Er hatte keinen Vater, der frühzeitig<br />

sein Talent erkannte und ihn als Kind schon fordernd voranbrachte<br />

wie Leopold Mozart seinen Sohn. Im Gegenteil war <strong>Gluck</strong> völlig<br />

auf sich allein gestellt. Er musste ausbrechen aus den engen väterlichen<br />

Grenzen, sich nach und nach finden und durchsetzen,<br />

schrieb erst mit 27 seine erste Oper. Beide zogen wie viele ihrer<br />

Zeitgenossen in jungen Jahren durch Italien, das gelobte Land<br />

der Opera seria, die das Ideal der hohen Unterhaltungskunst<br />

in ganz Europa vorgab. Mozart erlebte sie auf Konzertreisen,<br />

<strong>Gluck</strong> als Schüler bei Sammartini in Mailand, später im Dienst<br />

höfischer Auftraggeber für neue Produktionen. Beide knüpften<br />

an die Tradition der Opera seria an – und gewannen ihre größten<br />

Erfolge letztlich aus deren Überwindung. Der impulsivere Mozart<br />

mit genialer Sprunghaftigkeit, der beharrlich und reflektiert,<br />

bisweilen auch ungestüm konsequent agierende Pragmatiker<br />

<strong>Gluck</strong> aus seinem Unbehagen am betriebsamen Stillstand der<br />

Opernästhetik seiner Zeit.<br />

Unterschiedliche Perspektiven<br />

<strong>Gluck</strong> entdeckte für sich und die Welt einen Weg, der aus der<br />

zunehmend in virtuoser Künstlichkeit erstarrenden barocken<br />

Tradition herausführte, in dem er der Handlung, dem Wort, der<br />

Wahrhaftigkeit und den Charakteren seiner Opern mehr Gewicht<br />

beimaß, als das vor ihm je ein Komponist getan hatte: „Die wahre<br />

Aufgabe der Musik ist, der Dichtung zu dienen, ohne ihre Aktionen<br />

zu unterbrechen oder zu hemmen.“ Aus späteren Jahren wird<br />

sein Statement kolportiert, dass er nie wieder eine Note schreiben<br />

wolle, wenn sie nicht dem Fortgang der Handlung diene...<br />

Indem er es aufgab, Libretti des bis dahin Maßstäbe setzenden<br />

Pietro Metastasio zu vertonen und sich mit dem gleichaltrigen,<br />

umtriebigen Poeten Ranieri de’ Calzabigi zusammentat, setzte<br />

er entscheidende Schritte auf dem Weg zu einer neuen Form des<br />

musikalischen Dramas.<br />

in San Francisco. Als Musikvermittler<br />

baut Daniel Hope<br />

Brücken zwischen den verschiedenen<br />

künstlerischen Welten<br />

sowie zwischen Generationen,<br />

Nationen und Religionen.<br />

Ein wichtiges Anliegen ist ihm<br />

dabei das Musizieren gegen<br />

das Vergessen. So gab er Gedenkkonzerte<br />

für die Opfer des<br />

Holocaust und machte mit<br />

seiner Kampagne Tu was! gegen<br />

Rassismus mobil. 2015 wurde<br />

er für sein Engagement in der<br />

Dresdner Frauenkirche mit<br />

dem Europäischen Ehrenkreuz<br />

Pro Arte für Musik<br />

geehrt. 2017 wurde Hope das<br />

Verdienstkreuz am Bande der<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

verliehen.<br />

1945 durch Edmond de Stoutz<br />

gegründet zählt das Zürcher<br />

Kammerorchester heute zu den<br />

führenden Klangkörpern seiner<br />

Art. Regelmäßige Einladungen<br />

zu internationalen Festivals wie<br />

den BBC Proms in der Londoner<br />

Royal Albert Hall, Gastspiele<br />

in bedeutenden Musikzentren,<br />

Konzerttourneen durch<br />

europäische Länder, die USA,<br />

Asien und Südafrika sowie<br />

zahlreiche, von der Fachpresse<br />

gefeierte Tonträger belegen das<br />

weltweite Renommee des Orchesters.<br />

2017 wurde es für zwei<br />

CD-Produktionen mit dem<br />

ECHO Klassik in der Kategorie<br />

Klassik ohne Grenzen ausgezeichnet.<br />

Die Vermittlungsarbeit<br />

mit Kindern und Jugendlichen<br />

sowie die Förderung<br />

junger Instrumentalisten sind<br />

dem Zürcher Kammerorchester<br />

ebenso wichtig wie die kontinuierliche<br />

Zusammenarbeit mit<br />

weltweit gefeierten Solisten.<br />

39


Mozart hatte andere Vorstellungen: „Bey einer Opera muß schlechterdings<br />

die Poesie der Musick gehorsame Tochter seyn.“ Was ihn<br />

nicht hinderte – mit Beaumarchais und Da Ponte etwa – literarische<br />

Partnerschaften einzugehen, die seiner Musik entscheidende<br />

Impulse, inhaltlichen Zündstoff gaben. Mozarts Kreativität<br />

basierte auf fänomenaler Inspiration, auf Formbewusstsein und<br />

Gestaltungswillen bis ins Detail – womit er die zugleich planvollsten<br />

und phantastischsten Erfindungen machte. In einem<br />

Aufsatz zu <strong>Gluck</strong> und Mozart bringt es Gerhard Croll wie folgt<br />

auf den Punkt: „Intellekt und Gefühl, durchdachte Ordnung und<br />

fantasievolle Schöpfungskraft, sie sind in Mozarts Schaffen eine<br />

wunderbare Einheit. Bei <strong>Gluck</strong> obsiegte schließlich die Kraft des<br />

ordnenden, logisch-kritischen Verstandes. Alles, was im Plan,<br />

was gegenüber der Idee des Ganzen nebensächlich, was zufällig<br />

war, bleibt fort. Alles muss so und nicht anders sein, ist ganz auf<br />

die ‚Wahrhaftigkeit der Natur‘ aufgebaut.“ Insofern waren <strong>Gluck</strong><br />

und Mozart Wanderer in verschiedenen Welten.<br />

Verbindende Themen<br />

„<strong>Gluck</strong>s Botschaft ist<br />

sehr klar: Hier sind<br />

Menschen<br />

auf der Bühne, die<br />

einfach und ausdrucksstark<br />

singen,<br />

die man verstehen<br />

soll, die sich wie Menschen<br />

bewegen, voller<br />

extremer Emotion<br />

ohne jeglichen<br />

Manierismus.“<br />

Valer Sabadus<br />

Und doch agierten sie als Zeit- und Arbeitsgenossen in der<br />

europäischen Kulturszene des 18. Jahrhunderts, was manche<br />

Gemeinsamkeit und Übereinstimmung mit sich brachte: nicht<br />

ungewöhnlich, dass beide hier und da dieselben Texte vertont<br />

haben. <strong>Gluck</strong> hat zum Beispiel seine Oper La clemenza di Tito in<br />

Neapel herausgebracht, noch bevor Mozart zur Welt kam. Dieser<br />

griff nach demselben Libretto, als er seine letzte Oper schrieb.<br />

Schon eigenartiger: Beide schätzten ein heute fast vergessenes<br />

Instrument, die Glasharfe, auf der <strong>Gluck</strong> begeistert spielte, für<br />

die Mozart sogar speziell komponierte. Exklusiv geradezu: Beide<br />

wurden in Rom zum Ritter vom Goldenen Sporn ernannt, <strong>Gluck</strong><br />

in Mozarts Geburtsjahr 1756, schon 42 Jahre alt, Mozart als<br />

14-Jähriger 1770. <strong>Gluck</strong> trug den Titel mit Stolz – und wohl unter<br />

dem Gesichtspunkt seiner geschäftsfördernden Auswirkungen<br />

gerne auch öffentlich. Mozart war er offenbar einerlei, er machte<br />

jedenfalls keinen Gebrauch davon. Schließlich waren beide höchst<br />

erfolgreich auch im kommerziellen Sinn. <strong>Gluck</strong> gehörte zu den<br />

bestverdienenden Komponisten der Epoche. Und er verstand, mit<br />

seinen Mitteln zu haushalten – im Gegensatz zu Mozart. Nachdem<br />

<strong>Gluck</strong> 1787 seinem dritten Schlaganfall erlegen war, ernannte<br />

Kaiser Joseph II. wenig später Salieri zu seinem Nachfolger als<br />

königlicher Hofkapellmeister, Mozart wurde Hofkompositeur –<br />

bezeichnenderweise mit deutlich geringeren Bezügen...<br />

Rainer Mennicken<br />

40


VON GLUCK ZU MOZART...<br />

In der Zeit der Wiener Klassik begannen die Komponisten, bildenden<br />

Künstler und Intellektuellen, sich zu emanzipieren und<br />

aus den herrschenden hierarchischen Strukturen, dem Dienst<br />

bei Königen und Fürsten, auszubrechen. Der Stil der Klassik,<br />

der von den Regeln der Musik und in gewissem Maße auch der<br />

Etikette bestimmt war, wurde zu einem Lebensstil. Aus diesem<br />

Konzept heraus entstand die Vorstellung vom virtuosen Künstler,<br />

der Beginn der Art und Weise, wie wir heute über Musik denken.<br />

Die Verbindungen zwischen <strong>Gluck</strong>, Haydn und Mozart sind vielfältig:<br />

<strong>Gluck</strong> zum Beispiel lobte den bemerkenswerten jungen<br />

Komponisten und lud ihn zum Essen in seine Wiener Wohnung<br />

ein. Mozart sah in <strong>Gluck</strong>s Musik und Theorie den Beginn der<br />

modernen Bühnenmusik. <strong>Gluck</strong> galt, neben Händel, Rameau und<br />

Mozart, als der größte Opernkomponist des 18. Jahrhunderts. Sein<br />

Orpheus, <strong>Gluck</strong>s erste, 1762 in Wien uraufgeführte Reformoper,<br />

prägte zwar das Bild vom empfindsamen und letztlich harmlosen<br />

Komponisten. Aber damit konnte <strong>Gluck</strong> leben, seine Eignung<br />

fürs Heroische wurde gemeinhin nicht angezweifelt, die veristischen<br />

Schreie des Orpheus pflegten das Publikum genauso zu<br />

schockieren wie das Höllenspektakel im Ballett Don Juan oder<br />

die Furien in der Iphigénie en Tauride…<br />

„Ich würde <strong>Gluck</strong><br />

gerne mit in ein elektronisches<br />

Musikstudio<br />

nehmen.<br />

Die heutigen Möglichkeiten,<br />

Klänge zu erzeugen<br />

würden jeden<br />

klassischen Komponisten<br />

begeistern.“<br />

Frieder Nagel<br />

Daniel Hope<br />

41


Daniel Hope und das Zürcher Kammerorchester<br />

42


43


IN DEN WÄLDERN DER OBERPFALZ<br />

Orpheus und Eurydike in Berching<br />

Die Berchinger Landpartie, eine Musiktheaterwanderung um<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong>, den berühmten Sohn der Gemeinde,<br />

avancierte in den letzten Jahren zum Publikumsmagneten und<br />

stellt innerhalb der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> einen einzigartigen<br />

Programmpunkt dar. <strong>Gluck</strong> erleben, nicht in einem<br />

Opernhaus, sondern im lebendigen Wechselspiel zwischen<br />

Natur und seiner Musik, in der zauberhaften Umgebung seines<br />

Geburtsorts Erasbach. Hautnah sammelt der Besucher die Eindrücke,<br />

die <strong>Gluck</strong> selbst in früher Kindheit durch den Beruf des<br />

Vaters, der dort Förster war, in sich aufsog.<br />

Die Rückkehr zur Natur<br />

So verwundert es nicht, dass eben dieser <strong>Gluck</strong> sich als reifer<br />

Komponist zum Ausdruck der Natur hingezogen fühlte. Gemeinsam<br />

mit dem italienischen Dichter und Librettisten Ranieri de'<br />

Calzabigi (1714-1795), der als Geheimrat der niederländischen<br />

Rechnungskammer 1761 nach Wien kam und auf Empfehlung des<br />

Intendanten der Wiener Hofoper, des Grafen Giacomo Durazzo<br />

(1717-1794), Kontakt zu <strong>Gluck</strong> aufnahm, suchte er nach neuen<br />

Ausdrucksformen für seine Opern und verabschiedete sich mit<br />

Orfeo ed Euridice 1762 zunehmend von dem noch immer vorherrschenden<br />

barocken Manierismus.<br />

<strong>Gluck</strong> suchte Neues, das Natürliche im Menschen, das Natürliche<br />

in der Musik, und versuchte dies im Sinne des Gedankengutes<br />

der europäischen Aufklärung, dem Ideal der Einfachheit und der<br />

Natürlichkeit, des „retour à la nature“, in einer neuen, schlichten,<br />

aber klaren Weise zum Ausdruck zu bringen. So komponierte<br />

<strong>Gluck</strong> sich erstmals in diesem Werk nicht mehr von Arie zu Arie,<br />

unterbrochen von einzelnen Rezitativen, sondern schuf mit Orfeo<br />

ed Euridice einen neuen Kompositionsstil, der seinen Nimbus<br />

als Opernreformator begründete. Um den durchgehenden Fluss<br />

zwischen den „Nummern“ herzustellen, verband er die einzelnen<br />

Arien mit ausdrucksstarken und teilweise auskomponierten<br />

und emotionsgeladenen Rezitativen. Gleichzeitig entstand die<br />

einfache, quasi kunstlos-schnörkellose, ohne Koloraturen, ohne<br />

Wiederholungen (da capo), sich um das Wesentliche bemühende<br />

Arie, um die eigentlichen Emotionen des Dramas auszudrücken.<br />

Mit der Neubearbeitung des Opernstoffes von Orfeo ed Euridice<br />

suchte <strong>Gluck</strong> erstmals diesen neuen Weg, auf dem sich ihm, wie<br />

dem Wanderer im Walde, unterschiedlichste Sinneswelten und<br />

Stimmungen erschließen: das Eintauchen in die Schönheit des<br />

Einfachen, scheinbar immer Dagewesenen, des Meditativen,<br />

L’OMBRA DELL’AMORE –<br />

Orpheus und Eurydike<br />

Landpartie Berching<br />

Mit: Florian Neubauer (Orfeo),<br />

Anna Oswald (Euridice),<br />

Gertrud Demmler-Schwab<br />

(Amore), Marc Vogel (Feuerkünstler)<br />

und Chor<br />

Musikalische Bearbeitung<br />

und Leitung: Franz Killer<br />

Regie: Franz Killer und<br />

Florian Reichart Dramaturgie:<br />

Florian Reichart Technik:<br />

Stelian Pop, Max Mönch<br />

Orchester: Ensemble der<br />

Pocket Opera Company<br />

Sa, 13. Juli, 16 Uhr,<br />

Johannisbrücke 2<br />

So, 14. Juli, 11 Uhr,<br />

Johannisbrücke 2<br />

Der Tenor Florian Neubauer<br />

erhielt seine musikalische Ausbildung<br />

bei den Regensburger<br />

Domspatzen. Er erreichte 2010<br />

beim Bundeswettbewerb Gesang<br />

in Berlin die Finalrunden. Seit<br />

Herbst 2011 steht er regelmäßig<br />

bei Produktionen der POC auf<br />

der Opernbühne. Er arbeitete<br />

bereits mit namhaften Dirigenten<br />

und Orchestern wie den<br />

Bamberger Symphonikern<br />

zusammen.<br />

44


aber auch das Erleben des Abgründigen, des Unheimlichen,<br />

Unbekannten und Bedrohlichen der Schattenwelten, wie man<br />

sie in der Dämmerung im Walde erleben kann.<br />

Orpheus und Eurydike in den oberpfälzischen Wäldern<br />

Orpheus verliert seine geliebte Eurydike, die, auf der Flucht vor<br />

einem gewalttätigen Mann, von einer Schlange gebissen wird.<br />

Nur durch die übermenschliche Gabe seines Gesanges, mit der<br />

er Menschen und Tiere, aber auch Pflanzen, ja sogar Steine und<br />

Gewässer erreicht und beeinflusst, kann Orpheus seine Eurydike<br />

der Unterwelt entreißen. Auf dem Weg zum ersehnten Glück, zu<br />

neuem Leben, scheitern beide am eigenen Zweifel an ihrer Liebe.<br />

So erlebt man in <strong>Gluck</strong>s Oper nicht nur das Schicksal zweier<br />

Liebender, sondern übergeordnet die Welten der Lebenden und<br />

der Toten. Und genau diese Unterschiede finden sich im Wald<br />

für die Augen des Wanderers wieder. Der Zuschauer taucht mit<br />

den Protagonisten in ihre Schicksalswelten, gelangt mit ihnen auf<br />

engem Pfade, von lichter Höhe hinabsteigend, in die unbekannte<br />

Höhlenwelt des oberpfälzischen Juras. Mystische und mythische<br />

Orte beleben die Handlung und werden zur unvergesslichen<br />

Kulisse, bis man sich schließlich am Ende der Wanderung, zum<br />

erhofften Happy End, im kulinarischen Elysium der unvergleichlichen<br />

Oberpfälzer Küche wiederfindet...<br />

Schon während ihres Studiums,<br />

in den Fächern Gesangspädagogik<br />

und Oper in Hannover war<br />

Anna Oswald in verschiedenen<br />

Inszenierungen zu sehen, unter<br />

anderem als Drusilla in Monteverdis<br />

L’incoronazione di Poppea.<br />

Nach dem Studium sang<br />

sie an verschiedenen Theatern<br />

die unterschiedlichsten Partien,<br />

unter anderem die Pamina<br />

in Mozarts Zauberflöte. Seit<br />

2015 arbeitet sie regelmäßig für<br />

die POC und ist als Lied- und<br />

Konzertsängerin tätig.<br />

Eine langjährige Zusammenarbeit mit der POC<br />

Die Inszenierung von Orfeo ed Euridice für die Landpartie <strong>2019</strong><br />

übernimmt die Pocket Opera Company aus Nürnberg, die mit<br />

Fantasie, Leichtigkeit, einem gewissen Augenzwinkern und voller<br />

Überraschungen den tragischen Stoff neu aufbereiten wird. Die<br />

POC, Deutschlands ältestes und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnetes<br />

freies Musiktheater, bereichert seit 1974 die nationale<br />

und internationale Opernszene, stellt die traditionelle Oper auf<br />

den Prüfstand und ist gleichzeitig Innovationsmotor für dieses<br />

Genre. Von der „Soap-Opera“-Travestie in den Anfangsjahren, über<br />

Bearbeitungen der „Großen Oper“, der Neubelebung unbekannter<br />

Barockopern bis zu minimalistischen High-Tech-Musikstücken<br />

und zahlreichen zeitgenössischen Uraufführungen, bewegt die<br />

POC sich immer zwischen den Genres, bricht Grenzen auf und<br />

hat ihre eigene Ausdrucksform geschaffen: die Pocket Opera.<br />

Franz Killer<br />

Gertrud Demmler-Schwab<br />

studierte Gesang in Augsburg<br />

und Würzburg. Im Rahmen<br />

der internationalen Orgelwoche<br />

Nürnberg ist sie bereits<br />

mit den Bamberger und den<br />

Nürnberger Symphonikern<br />

aufgetreten. Seit 2003 ist sie<br />

Mitglied der POC. Uraufführungen<br />

zeitgenössischer Musik<br />

mit dem Neuen Musiktheater<br />

Erlangen, Konzerte alter Musik<br />

und ausgesuchte Lieder und<br />

Arienabende komplettieren ihr<br />

umfangreiches Repertoire.<br />

Franz Killer, siehe Seite 85<br />

45


WEITERDENKEN, WEITERSPIELEN ...<br />

Annäherungen und Ausflüge in der GLUCKWerkstatt<br />

In E.T.A. Hoffmanns Erzählung Ritter <strong>Gluck</strong> sind die Notenblätter, aus denen der<br />

geheimnisvolle Gast des Dichters am Klavier seine Oper Armide vorspielt, zwar mit<br />

Notenlinien versehen – aber ansonsten vollständig leer. Es ist keine Note auf ihnen<br />

zu finden… Nichtsdestotrotz spielt der geisterhafte <strong>Gluck</strong> sein Werk perfekt aus dem<br />

Gedächtnis. Oder doch nicht? Der Dichter stellt fest, dass er sich zunehmend vom<br />

Original entfernt und frappierende neue Wendungen für den ursprünglichen Gedanken<br />

findet, das Werk in eine „verjüngte Gestalt“ überführt...<br />

Die Fantasie des Komponisten macht nicht halt, sie bleibt nicht stehen, wenn sein<br />

Werk vollendet ist. Sie begegnet der eigenen Schöpfung kreativ. Wenn es sein muss,<br />

bricht sie aus der selbstgefügten Partitur aus. In der Vergegenwärtigung des Erreichten<br />

steckt der Keim zur Intensivierung und Erweiterung. Stets auf der Suche nach dem<br />

authentischen, berührenden, erfüllenden Erlebnis geht der wahre Künstler jeweils<br />

neue Wege – so sieht es der Romantiker E.T.A. Hoffmann. Seine Verehrung für<br />

den Ritter <strong>Gluck</strong> kam nicht von ungefähr – galt der doch als großer Reformator auf<br />

der Suche nach Wahrheit und Einfachheit. Das waren Schlüsselbegriffe des neuen<br />

Denkens zur Zeit der Aufklärung. <strong>Gluck</strong> war zudem bekannt dafür, dass er seine<br />

Musik ständig an die Produktionsbedingungen der Opernhäuser anpasste, die ihn<br />

aufführen wollten, dass er neue Ideen einarbeitete und sich von den Talenten seiner<br />

Sänger inspirieren ließ, zugleich aber unnachgiebig seine künstlerischen Forderungen<br />

durchsetzte. Vielleicht war er der erste Regisseur des Opern-Theaters, war ihm<br />

doch kein Aufwand zu groß, seinen Sängern abzuverlangen, lebendige Figuren darzustellen<br />

und deren Gefühle überzeugend zum Ausdruck zu bringen. Erstaunlich<br />

und ermutigend erscheint Hoffmanns Interesse an der Grenzüberschreitung durch<br />

Neu-Interpretation in geradezu magische Dimensionen – stehen wir doch auch heute<br />

noch im Spannungsfeld zwischen der originalklanglich orientierten „werkgetreuen“<br />

Aufführungspraxis und dem freieren Umgang mit dem Erbe – von der Nutzung<br />

moderner Stahlsaiten auf Streichinstrumenten bis zur freien Bearbeitung alter oder<br />

klassischer Musik in musikalischen Genres, die zu <strong>Gluck</strong>s und Hoffmanns Zeiten<br />

noch gar nicht erfunden waren...<br />

Folgerichtig und exemplarisch eröffnet das Fantasiestück Ritter <strong>Gluck</strong> revisited die<br />

GLUCKWerkstatt – in Gestalt einer freien Lesung mit Musik. Ein Schauspieler und<br />

ein Musiker besuchen gemeinsam den „Ritter vom Goldenen Sporn“, wie E.T.A.<br />

Hoffmann ihn geisterhaft beschrieben hat, allerdings mit ihren heutigen Mitteln und<br />

Möglichkeiten. Im Lauf der darauffolgenden Woche erlebt die GLUCKWerkstatt ein<br />

Bigband-Konzert und zwei speziell für junges Publikum entwickelte Annäherungen<br />

an <strong>Gluck</strong>-Opern-Geschichten. Es folgt ein Abend besonderer Hörerlebnisse durch die<br />

Kombination eines modernen Kammerensembles mit Vibraphon und der von <strong>Gluck</strong><br />

überaus geschätzten Glasharfe. Worauf sich der nächste Abend den Erlebnissen von<br />

Eurydike (nicht nur in der Unterwelt) widmet. Schließlich folgt eine szenisch-musikalische<br />

Reise auf den Spuren eines Gesangsstars, der in der ersten Hälfte des<br />

18. Jahrhunderts am Musik-Firmament glänzte: Die Nachtigall des Zaren – nach der<br />

Autobiografie des Kastraten Filippo Balatri.<br />

46


Und wer genauer wissen möchte, was es mit dem Stimmphänomen auf sich hat, das<br />

seit den Kirchengesängen des Mittelalters die Gemüter bezaubert, verwirrt oder aufregt,<br />

hat drei Tage lang die Chance, sich ein weiterführendes Bild zu machen. Unter<br />

dem Titel Die andere Stimme – Hohe Männerstimmen zwischen <strong>Gluck</strong> und Rock breiten<br />

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Erkenntnisse und Einschätzungen<br />

aus, gipfelnd in einer Matinee mit Fachleuten und dem Countertenor Valer Sabadus.<br />

Eine Woche lang nähern wir uns in der GLUCKWerkstatt den Klängen und Geschichten<br />

einer vergangenen Zeit. Sie werden hörbar und erlebbar in Beispielen<br />

möglichst originalgetreuer Wiedergabe – aber auch in experimenteller Aufbereitung<br />

voller Überraschungen. Sie lassen aufhorchen in der Erinnerung an Melodien und<br />

Themen, die uns vertraut sind. Sie lassen uns wiedererkennen, was uns nicht mehr<br />

präsent ist und Neues entdecken, das uns noch nicht vorstellbar war. Sie gehen uns<br />

an. In diesem Sinne ist <strong>Gluck</strong>s Musik Gegenwart.<br />

Um solche Erlebnisse zu teilen und zu feiern, laden die <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> allabendlich<br />

nach den Vorstellungen und Konzerten in die GLUCKLounge im Theatercafé<br />

der Tafelhalle ein.<br />

„Man muss einzig den Fortschritt der Kunst zum Ziele haben.“<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

47


FANTASIE UND KÜNSTLERDRAMA<br />

Ein Gespräch mit Dominique Horwitz und Norbert Nagel<br />

Ritter <strong>Gluck</strong> ist E.T.A. Hoffmanns allererste Erzählung, die er als<br />

33-Jähriger veröffentlichen konnte – 1809. <strong>Gluck</strong> war seit über 20<br />

Jahren tot – sein Werk aber lebendig und überall auf den Opernbühnen<br />

präsent. Das ist heute nicht mehr ganz so – was also macht für Sie<br />

den Reiz aus, sich mit dieser Erzählung zu beschäftigen?<br />

Dominique Horwitz: Beim ersten Lesen schon die tolle Sprache,<br />

die feine Ironie, mit der Hoffmann sein Künstlerschicksal schildert<br />

– zwischen Schaffensrausch und Scheitern. Ich finde seine<br />

Beschwörung romantischer Kreativitäts-Exzesse auch heute noch<br />

faszinierend, grotesk und anrührend zugleich. Kein Wunder,<br />

dass sich Hoffmann dabei an <strong>Gluck</strong> abarbeitete – den er ja nur<br />

anhand seiner Musik und vielleicht durch zeitgenössische Portraits<br />

gekannt haben kann –, in den er sich quasi hineinträumen<br />

musste, um seine eigenen Widersprüche auszudrücken. Denn<br />

natürlich spricht er von sich selbst, wenn er von <strong>Gluck</strong> spricht. Er<br />

war sein Idol. Er hatte es geschafft, aus einfachen Verhältnissen<br />

kommend, die Welt zu bewegen…<br />

RITTER GLUCK revisited<br />

Ein Fantasiestück nach<br />

E.T.A. Hoffmann<br />

Freie Lesung und Musik<br />

mit Dominique Horwitz<br />

und Norbert Nagel<br />

Fr, 28. Juni, 20 Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt, Theater<br />

Sa, 6. Juli, 20 Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt, Theater<br />

Was macht die Geschichte vom Ritter <strong>Gluck</strong> in den Augen eines<br />

Musikers besonders?<br />

Dominique Horwitz<br />

48


Norbert Nagel: Na ja, eine „Fantasy-Welt“, eine Erzählung? Eine<br />

Obsession? Die Zeitfenster verschieben sich. Ist es ein Traum?<br />

Geht es um Begegnungen in der Zwischenwelt? Im Jenseits? Sind<br />

es zwei Figuren, die da miteinander reden? Spricht da jemand<br />

mit sich selbst? Hat er zu viel Punsch getrunken? Der große Reiz<br />

liegt für mich darin, mit dem Stoff und Dominique ganz einfach<br />

auf die Reise zu gehen!<br />

Literatur und Musik. Genau diese Begegnung spiegelt sich in Ihrer<br />

beider Begegnung wider. Was ist für Sie das Anregende an dieser Zusammenkunft?<br />

NN: Für mich ist das Wort, die Literatur immer schon ein großes<br />

Thema gewesen. Ich war schon in jungen Jahren als Musiker und<br />

Komponist für verschiedene Schauspielproduktionen unterwegs.<br />

Als Partner von Schauspielern, Regisseuren. Mit Dominique ist es<br />

die erste Zusammenarbeit. Also sozusagen die zweite Premiere<br />

an diesem Abend.<br />

Wie werden Musik und Literatur an diesem Abend ineinandergreifen?<br />

Noch sind ja keine Proben – aber was wäre Ihr beider Wunsch?<br />

NN: Wir werden uns die Bälle zuspielen, denke ich. Manches<br />

wird für sich allein stehen. Dann wird es Duos geben. Überlappungen,<br />

Bewegungen nicht nur musikalisch und hoffentlich<br />

ganz viel Experimentelles.<br />

Dominique Horwitz wuchs in<br />

Paris auf, wo die Eltern einen<br />

Feinkostladen führten. 1977<br />

erhielt er seine erste Fernsehrolle<br />

in Eine Jugendliebe; die erste<br />

Kinorolle folgte ein Jahr darauf<br />

in Peter Lilienthals David.<br />

Anschließend war Horwitz<br />

am Zimmertheater Tübingen,<br />

am Bayerischen Staatsschauspiel<br />

in München und am<br />

Thalia Theater in Hamburg<br />

engagiert. Durch seine Rollen<br />

in Dieter Wedels Der große<br />

Bellheim (TV) und Joseph<br />

Vilsmaiers Stalingrad (Kinofilm)<br />

wurde Horwitz einem<br />

größeren Publikum bekannt.<br />

Als Sänger machte er sich einen<br />

Namen mit seinem Brecht/<br />

Weill-Programm und mit seiner<br />

Interpretation der Chansons<br />

von Jacques Brel. Bei den Bad<br />

Hersfelder <strong>Festspiele</strong>n im Juni<br />

2006 führte Horwitz erstmals<br />

Regie, und 2015 feierte er mit<br />

Tod in Weimar<br />

sein Debüt als Romanautor.<br />

DH: Rainer Mennicken hat in seiner Texteinrichtung hier und<br />

da angemerkt: „Dialog zwischen Hoffmann und Musiker“. Finde<br />

ich spannend. Das könnte bedeuten, dass sich die Grenzen verwischen<br />

und etwas Neues entsteht – auf lustvolle, überraschende<br />

und hoffentlich anarchische Weise.<br />

In der Novelle werden immer wieder Opern von <strong>Gluck</strong> angesprochen,<br />

darunter Iphigenie in Aulis und Armide. Werden Sie mit <strong>Gluck</strong>s<br />

Musik arbeiten? Wird anderes hinzukommen? Wie gehen Sie die<br />

Arrangements an?<br />

NN: Ganz klar werde ich Material aus Werken von <strong>Gluck</strong> bearbeiten...<br />

Vielleicht gehen wir aber auch weiter in die Romantik<br />

hinein und nehmen etwas aus den Nachtstücken von Schumann,<br />

die sich ja auf E.T.A. Hoffmann beziehen. Dazu kommen sicher<br />

eigene Kompositionen. Und da ich ein „Ein-Mann-Orchester“ bin,<br />

habe ich außerdem die Möglichkeit spontan auf Stimmungen<br />

zu reagieren...<br />

49


Hinter Hoffmanns Titel Ritter <strong>Gluck</strong> haben Sie den Begriff revisited<br />

(etwas wiederaufgreifen, auf etwas zurückkommen, etwas überdenken)<br />

gesetzt – was hat es damit auf sich?<br />

DH: Erst mal war das ein Reflex auf die Frage: Wollen wir einen<br />

herkömmlichen Abend nach dem Motto „Literatur und Jazz“ oder<br />

so? Nein, wollen wir nicht. Sowohl Hoffmann als auch <strong>Gluck</strong><br />

waren in gewisser Weise Radikal-Künstler, also sie wollten an<br />

die Wurzeln. Das muss man sich klar machen, da ging es nicht<br />

nur-beschaulich zu. Das wollen wir neu aufrollen.<br />

NN: Mit Vergnügen. Neu Überdenken ist das, was Künstler oder<br />

Menschen überhaupt ihr ganzes Leben machen sollten. Immer<br />

in Bewegung bleiben!?! Keine Angst vor Veränderungen haben.<br />

Auf dem finalen Höhepunkt der Erzählung beginnt der Unbekannte<br />

<strong>Gluck</strong>s Armide auf dem Klavier zu spielen, der Dichter soll während<br />

seines Spiels die Noten umblättern, aber die Seiten sind leer – Notenlinien<br />

ohne Noten. Entsetzt ruft er: „Was ist das? Wer sind Sie?“ und<br />

bekommt die Antwort „Ich bin der Ritter <strong>Gluck</strong>“. Wahnsinn? Fantasie?<br />

Wie lesen Sie diese Passage?<br />

NN: Vielleicht singen wir sie?!?<br />

DH: Da geht es ja in den Bereich des Phantastischen, der Magie.<br />

Das ist einerseits ein Bereich für den Wortzauberer Hoffmann.<br />

Andererseits steckt in der Unmöglichkeit der geschilderten<br />

Situation der Kern eines Kontrollverlusts. Ist vielleicht zu früh,<br />

dazu schon eine klare Aussage zu machen. Es interessiert mich,<br />

in der Geschichte die Spaltung, die Auflösung einer Persönlichkeit<br />

zu untersuchen...<br />

Der Abend wird als „freie Lesung“ bezeichnet – was kann sich der<br />

Zuschauer darunter vorstellen?<br />

DH: Wie gesagt: heraus aus der konventionellen Festform Lesung.<br />

Wohin uns das führt, werden wir sehen. Ein Tisch, zwei Stühle,<br />

ein Klavier, ein Saxophon, eine Klarinette und ein Mikrofon...<br />

Auffällig ist ja schon, dass die Erzählung passagenweise absolut<br />

dialogisch geschrieben ist. Dass sich die Gedanken nach innen<br />

und nach außen richten, dass sich da jemand verkriecht und<br />

dann wieder völlig aus sich herausgeht. Dass die Musik im Kopf<br />

ist und in der Luft. Reichhaltiges Futter für uns als Schauspieler<br />

und Musiker also. Das wollen wir schon transportieren.<br />

Norbert Nagel studierte Klarinette<br />

am Nürnberger Konservatorium<br />

und bildete sich an der<br />

Münchner Musikhochschule<br />

und im Jazz-Bereich an der<br />

Hochschule für Musik und<br />

Tanz Köln weiter. Seit 1992 ist<br />

Norbert Nagel Mitglied in der<br />

Thilo Wolf Big-Band, 1996<br />

wurde er für die RIAS Big<br />

Band als Lead-Altist verpflichtet.<br />

Norbert Nagel wird von<br />

verschiedenen Orchestern wie<br />

dem Deutschen Symphonie-<br />

Orchester Berlin, der Bayerischen<br />

Staatsoper München,<br />

den Berliner und Münchner<br />

Philharmonikern gebucht<br />

und arbeitet infolgedessen mit<br />

Dirigenten wie Christian<br />

Thielemann, Sir Simon Rattle<br />

oder Zubin Mehta. Mittlerweile<br />

ist Norbert Nagel als Studiomusiker<br />

auf mehr als 100 Tonträgern<br />

zu hören, unter anderem<br />

auf Hans Zimmers Das<br />

Geisterhaus und Lou Bega´s<br />

Mambo Nr. 5 und arbeitete mit<br />

internationalen Größen wie<br />

Till Brönner, Ricky Lawson,<br />

Dominic Miller und<br />

Al Martino.<br />

„<strong>Gluck</strong> zu singen ist<br />

wie eine Reise, eine<br />

Reise in die Tiefen<br />

der Seele.“<br />

Sonia Prina<br />

50


Norbert Nagel<br />

„Alles dieses, mein Herr, habe ich geschrieben, als ich aus dem Reich der Träume kam. Aber<br />

ich verriet Unheiligen das Heilige, und eine eiskalte Hand faßte in dies glühende Herz! Es<br />

brach nicht; da wurde ich verdammt, zu wandeln unter den Unheiligen wie ein abgeschiedener<br />

Geist...“ Hier spricht Hoffmann von der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit,<br />

zwischen Utopie der Kunst und Realität des Kunstgeschmacks. Kennen Sie als Künstler<br />

dieses Gefühl?<br />

NN: Ich werde als Musiker und Künstler immer wieder damit konfrontiert... oder<br />

besser: ich darf und muss mich in der Kluft, in den Zwischenräumen zwischen Utopie<br />

und Realität bewegen und schwingen!<br />

DH: Man muss das tun, was man tun muss. Natürlich handelt Ritter <strong>Gluck</strong> auch von<br />

der Einsamkeit, die jeder erfährt, der sich vor ein Publikum stellt, das Erwartungen<br />

mitbringt, manchmal mehr, manchmal weniger Sachverstand, manchmal Gleichgültigkeit<br />

und manchmal übergroße Begeisterung. Es wäre, glaube ich, zu kurz gegriffen,<br />

Ritter <strong>Gluck</strong> nur als Kritik am uninspirierten Opernbetriebsalltag in Berlin zu Zeiten<br />

Hoffmanns zu lesen. Der Text lotet tiefer. Er fordert uns direkt heraus. Deshalb ist er<br />

bis heute ein aktueller Klassiker.<br />

Das Gespräch führte Friederike Engel.<br />

51


GLUCK UND JAZZ?<br />

Auf die Anfrage, ob das Sunday Night Orchestra bei den <strong>Internationale</strong>n<br />

<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n <strong>2019</strong> mitwirken möchte, habe ich nach<br />

einem kurzen Gespräch, zugegeben leichtsinnigerweise und ohne<br />

groß nachzudenken, sofort mit einer gewissen Freude zugesagt.<br />

Jedoch auch ohne zu wissen, was damit auf das Orchester bzw.<br />

die Big Band zukommt. Ich bin (wieder einmal) einfach meinem<br />

Gefühl gefolgt, das mich vielleicht noch selten getäuscht, aber mir<br />

immer schon so manches an Arbeit eingebracht hat.Nachdem ich<br />

zwar Leiter des Ensembles, jedoch selbst kein Arrangeur bin, also<br />

keine Bearbeitungen beisteuern kann, musste ich diesbezüglich<br />

auf fachkundige Hilfe und Unterstützung zurückgreifen und<br />

die Arrangement-Aufträge auf mehrere Kollegen verteilen. Nach<br />

verschiedenen Anfragen und Rücksprache mit einigen Kollegen<br />

sowie Sichtung des musikalischen Grundmaterials wurde das<br />

Ausmaß an Arbeit, welches auf uns zukam, langsam ersichtlich.<br />

Trotzdem waren alle angefragten Bearbeiter begeistert, und<br />

es zeigte sich, dass es ein äußerst spannendes Projekt werden<br />

würde. Die einzige Vorgabe war, dass jedes an den <strong>Festspiele</strong>n<br />

beteiligte Ensemble Füllt mit Schalle jubelnd die Halle zur Aufführung<br />

bringen sollte, was sich quasi als „roter Faden“ durch<br />

das gesamte Festival ziehen wird. So weit, so gut. Dies sollte noch<br />

die am leichtesten zu lösende Aufgabe sein.<br />

Doch wie kann man Musik, die nun immerhin schon an die<br />

300 Jahre auf dem Buckel hat und mit Big Band und vor allem<br />

auch mit Jazz nicht sehr viel zu tun hat, so transformieren, dass<br />

sie in das moderne Gewand eines Jazzorchesters des 21. Jahrhunderts<br />

passt?<br />

GLUCK GOES BIGBAND<br />

Konzert mit dem<br />

Sunday Night Orchestra<br />

So, 30. Juni, 2o Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt, Theater<br />

Das Konzert wird<br />

aufgezeichnet von<br />

„<strong>Gluck</strong> war das pure<br />

Glück für die Musikgeschichte…<br />

Alles, was Hass,<br />

Liebe, Verzweiflung,<br />

Raserei in den stärksten<br />

Zügen ausdrücken<br />

kann, fasste<br />

er gewaltig in Töne<br />

zusammen!“<br />

Valer Sabadus<br />

Um ganz ehrlich zu sein: Ich habe nicht die geringste Ahnung!<br />

Was ich aber ganz sicher weiß: Das Sunday Night Orchestra hat<br />

in den 25 Jahren seines Bestehens schon so manche musikalische<br />

Herausforderung angenommen und hervorragend gemeistert.<br />

Und da wir auf einen Kreis von ebenso hervorragenden Arrangeuren<br />

wie Musikern zurückgreifen können, wird uns auch die<br />

Adaption der Musik von Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> nicht vor unlösbare<br />

Aufgaben stellen. Wenn sich preisgekrönte Arrangeure<br />

wie Steffen Schorn, Ralf Hesse, Christian Elsässer, Lutz Krajenski,<br />

Torsten Maass oder Michael Flügel (um nur einige zu nennen),<br />

allesamt Könner ihres Faches, an die Arbeit machen, <strong>Gluck</strong>s<br />

Musik in die Gegenwart zu hieven und „Big Band-kompatibel“ zu<br />

machen, dann kann ich mit Sicherheit sagen, dass das Ergebnis<br />

erstklassig, facetten- und farbenreich und darüber hinaus extrem<br />

verschiedenartig und spannend sein wird.<br />

52


Ob es nun die harmonisch weichen Klangwolken von Ralf Hesse,<br />

ein energiegeladenes, vertracktes Rhythmusgewitter Steffen<br />

Schorns, eine cool durcharrangierte Version von Christian Elsässer,<br />

eine von Torsten Maass humorvoll adaptierte Arie oder eine<br />

funky angehauchte Soulballade von Lutz Krajenski ist: Jeder der<br />

Bearbeiter kommt aus einer anderen Richtung, bringt seine ganz<br />

persönliche Erfahrung und Vorstellung mit, was das Gesamtprogramm<br />

sehr erfrischend vielseitig macht. Allen Arrangeuren<br />

wurde in ihrer Arbeit absolut freie Hand gelassen, da sie mein<br />

hundertprozentiges Vertrauen genießen in dem, was sie tun. Die<br />

einzige Vorgabe ist, dass alle Bearbeitungen ohne Dirigenten<br />

funktionieren müssen, da es diesen beim SNO nicht gibt.<br />

Das Sunday Night Orchestra<br />

ist eine Jazz-Big Band in Nürnberg.<br />

Das Orchester wurde 1994<br />

von Dejan Terzic und Sebastian<br />

Strempel als wöchentlich auftretendes<br />

Big Band-Ensemble<br />

gegründet, daher die Namensgebung<br />

in Anlehnung an The<br />

Monday Night Orchestra, New<br />

York.<br />

Weitere Gründungsmitglieder<br />

sind unter anderem Ralf Hesse,<br />

Jürgen Hahn, Edwin Göppel,<br />

Jürgen Neudert, Gerhard<br />

Gschlößl, Johannes Herrlich,<br />

Ralph Bauer, Oliver Leicht,<br />

Lutz Häfner, Norbert Emminger,<br />

Hubert Winter, Christian<br />

Weidner, Markus Schieferdecker<br />

und Bernhard Pichl. Die Band<br />

tritt einmal monatlich in der<br />

Nürnberger Tafelhalle auf.<br />

Anfang 2001 hatte Ed Partyka<br />

die musikalische Leitung des<br />

Orchesters übernommen, gefolgt<br />

von Jürgen Neudert 2009.<br />

Zusammen mit den Weltklassemusikern und -solisten des Sunday<br />

Night Orchestra wird es also am 30. Juni eine Überraschungsparty<br />

geben, die es in sich haben wird. Auf das Ergebnis bin ich selbst<br />

genauso gespannt wie das Publikum und freue mich enorm darauf.<br />

Jürgen Neudert<br />

53


GLUCKS TRAUM<br />

Der 6o-jährige Ritter <strong>Gluck</strong> hatte einen Traum. Von den Proben<br />

zu seinen Pariser Opernproduktionen und dem damit einhergehenden<br />

beständigen Kampf mit den Sängern und dem Orchester<br />

war er derart ausgelaugt, dass er sich gezwungen sah, sich auf<br />

das Krankenbett zurückzuziehen. Schon war das Gerücht aufgekommen,<br />

der Meister sei an einer heftigen Verdauungsstörung<br />

gestorben (und niemand hätte sich darüber ernsthaft gewundert,<br />

denn <strong>Gluck</strong> galt als ein starker Esser und Trinker, der durchaus in<br />

Momenten, in denen man dem Rest der Gesellschaft bereits den<br />

Nachtisch servierte, ein ganzes Rebhuhn mit einer reichlichen<br />

Portion Salat mit Genuss und Behagen verzehren konnte), aber<br />

seine Kraft war nicht gebrochen, sondern nur vorübergehend<br />

aufgehalten. Um ihn im Bett zurückzuhalten musste man ihm<br />

aus den Werken des verehrten Dichters Klopstock vorlesen, wobei<br />

die Frage erlaubt sein mag, ob diese Werke nicht einfach dafür<br />

gesorgt haben, dass der Komponist in einen höchst erholsamen<br />

Schlaf verfallen konnte.<br />

Dieser war wohl auch so verdient wie nötig, denn es erforderte<br />

ohne allen Zweifel eine gehörige Portion Kraft, der gefeiertsten<br />

Primadonna der Pariser Oper, nachdem sie sich beschwert hatte,<br />

„ihre Partie sei nur gesprochene Musik, sie aber wünsche große<br />

Arien zu singen“, vor dem versammelten Orchester ins Gesicht<br />

zu sagen: „Um größere Arien zu singen muss man erst singen<br />

können; daher, Mademoiselle, habe ich eine Ihnen und Ihren<br />

Kräften entsprechende Musik geschrieben. Versuchen Sie, gut<br />

zu sprechen, mehr verlange ich von Ihnen nicht, und denken Sie<br />

vor allem daran, daß Schreien nicht Singen heißt.“ Aber auch<br />

das Spiel der Instrumentalisten entsprach nicht im Geringsten<br />

<strong>Gluck</strong>s Vorstellungen. Ein Freund und Vertrauter <strong>Gluck</strong>s, der<br />

Maler Johann Christian Mannlich, aus dessen Erinnerungen hier<br />

zitiert wird, sah denn auch „des Öfteren im Geiste den Augenblick<br />

voraus, wo <strong>Gluck</strong> alle Geigen und anderen Instrumente an<br />

den Kopf fliegen würden.“<br />

Schöne Erinnerungen im Park von Saint-Cloud<br />

Als nun aber auch noch eben jenen guten Freund Mannlich eine<br />

schwermütige Stimmung erfasste, die ihn schließlich sorgfältig<br />

die Menschen und besonders Gesellschaften meiden ließ, verfiel<br />

Madame <strong>Gluck</strong>, treusorgende Gattin des Meisters, voll Güte und<br />

Teilnahme wie sie nun einmal war, auf den Gedanken, den Herren<br />

ein ländliches Mahl im Park von Saint-Cloud auszurichten. Man<br />

IM REICH DER SCHATTEN<br />

Erzählkonzert mit Corinna<br />

Schreiter, Martin Ellrodt,<br />

Yosemeh Adjei und der Neuen<br />

Nürnberger Ratsmusik , das<br />

Nürnberger Barockorchester<br />

(8+)<br />

So, 30. Juni, 17.00 Uhr,<br />

Redoutensaal Erlangen<br />

In Kooperation mit dem<br />

gVe Erlangen<br />

Mo, 1. Juli 10.00 und 11.45 Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt, Theater<br />

In Kooperation mit klasse.<br />

im.puls, FAU Erlangen-<br />

Nürnberg<br />

Der gebürtige Nürnberger mit<br />

ghanaischen Wurzeln Yosemeh<br />

Adjei, der als Bub im Windsbacher<br />

Knabenchor die Musik<br />

kennenlernte, die ihm den Weg<br />

weisen sollte, der von Thomas<br />

Quasthoff und Andreas Scholl<br />

wichtige Anregungen erfuhr,<br />

war verschiedentlich bei den<br />

<strong>Internationale</strong>n Händel-<br />

<strong>Festspiele</strong>n Göttingen, am<br />

Nationaltheater Mannheim,<br />

an der Oper Bonn (mit Händels<br />

Ezio) und bei der Ruhrtriennale<br />

erfolgreich.<br />

54


machte sich also im Kreis einiger Freunde, unter ihnen auch der<br />

berühmte Soprankastrat Millico und natürlich <strong>Gluck</strong>s Nichte und<br />

Adoptivtocher Maria Anna (Nanette) <strong>Gluck</strong> auf, und Mannlich<br />

berichtet: „Wir lagerten uns im Kreise um unsere ausgebreiteten<br />

Vorräte, ich hatte eine Flasche alten Rheinweins für Papa <strong>Gluck</strong> in<br />

die Tasche gesteckt. In trefflicher Laune und mit bestem Appetit<br />

aß und trank er. ‚Es lebe das einfache, unabhängige Leben, frei<br />

von jeglichem Zwange und aller Sorge!‘ rief er aus. ‚Ich habe es<br />

mir immer sehnlichst gewünscht und in meinem langen Leben<br />

nur vierzehn kurze Tage der Freiheit genossen, die ich niemals<br />

vergessen werde.‘“<br />

Diese vierzehn Tage der Freiheit, die der Erinnerung des 60-jährigen<br />

<strong>Gluck</strong> entspringen, begannen, so seine mutmaßlich eigenen<br />

Worte, „eines schönen Tages, als der Knabe, dem sein Vater zuvor<br />

die Instrumente weggeschlossen hatte, mit wenigen Groschen in<br />

der Tasche, heimlich das elterliche Haus verließ und in der Richtung<br />

nach Wien wanderte.“ Hier zeigt sich schon, wie sehr <strong>Gluck</strong>s<br />

oder auch Mannlichs Erinnerung verschoben oder verklärt war,<br />

denn er wanderte natürlich nach Prag, „unterwegs verschafften<br />

ihm die Lieder auf seiner Maultrommel bei Bauersleuten Nahrung<br />

und Nachtherberge“, zuweilen kommt er auch bei einem<br />

Pfarrherrn unter und gilt dort gar für einen ausgewachsenen<br />

Virtuosen. Am Ende ist er wohl in Prag angekommen, wo er<br />

sich offenbar bald dem geregelten Trott einer akademischen Ausbildung<br />

fügt. „Zuletzt“, um ihn wieder selbst zu Wort kommen<br />

zu lassen, „bin ich wohl zu dem geworden, was ich heute bin,<br />

aber noch immer schaue ich sehnsüchtig zurück auf die beiden<br />

Wochen, wo ich mittels meiner einfachen Maultrommel ein unabhängiges<br />

Leben führte.“<br />

Die Nürnbergerin Corinna<br />

Schreiter studierte Gesang am<br />

Meistersinger-Konservatorium<br />

ihrer Heimatstadt bei Manfred<br />

Capell und vervollständigte ihre<br />

Ausbildung bei Margot Gerdes<br />

an der Hochschule für Musik in<br />

München. Von 1989 bis 1991<br />

war sie an den Städtischen<br />

Bühnen Münster als lyrischer<br />

Sopran engagiert. Seit 1992<br />

vertieft sie ihr Repertoire als<br />

freischaffende Konzert- und<br />

Oratoriensängerin mit namhaften<br />

Dirigenten und Orchestern,<br />

zum Beispiel dem Barockorchester<br />

La Banda, den Nürnberger<br />

Symphonikern sowie den<br />

Bamberger Symphonikern.<br />

Der Traum von der Freiheit<br />

„Freude und jugendliches Feuer strahlte uns aus den Augen<br />

des sechzigjährigen Erzählers entgegen, an dessen Seele diese<br />

Bilder aus einer längst verklungenen Zeit wieder vorübergezogen<br />

waren. „‚Könnte ich doch,‘ so schloß er, ‚noch einmal diese<br />

köstlichen Tage trotz meinem Alter und Wirkungskreis wiedererstehen<br />

lassen!‘“ Sofort überschlagen sich <strong>Gluck</strong>s Freunde mit<br />

hilfreichen Anregungen, aber es war Mannlich, der die Idee hatte,<br />

„als fahrende Komödianten unter anderen Namen von Stadt zu<br />

Stadt zu ziehen und italienische Operetten aufzuführen. <strong>Gluck</strong><br />

55


ging voll Eifer auf diesen Gedanken ein und verteilte sogleich<br />

die Rollen. ‚Meine Tochter und Millico werden die Serva padrona<br />

aufführen, ich die Klavierbegleitung übernehmen, meine Frau<br />

an der Tür das Geld einsammeln. Fontenent und Sie spielen die<br />

erste und zweite Violine!‘“<br />

Der Traum von einer unbeschwerten Operntournee ohne den<br />

Ballast eines großen Orchesters und zu vieler lästiger Sänger<br />

hatte <strong>Gluck</strong> gepackt und ließ ihn auch in den nächsten Jahren<br />

nicht los, denn immer wieder kommt er in Gesprächen mit seinen<br />

Freunden darauf zurück. Natürlich ist mit dem genannten<br />

Stück Pergolesis La serva padrona gemeint, aber wäre es nicht<br />

auch denkbar, dass die Freunde auf einer solchen „komischen<br />

Tournee“, die <strong>Gluck</strong> „am liebsten im nämlichen Augenblicke angetreten<br />

hätte“, vor den Honoratioren eines kleinen Städtchens<br />

auch den Orfeo des Meisters zur Erbauung der Modegecken und<br />

des sonstigen gefälligen Publikums zum Besten gegeben hätten?<br />

Immerhin war schon vor der Premiere des Pariser Orphée einer<br />

gewählten Gesellschaft im Salon eines gewissen Abbé Morellet<br />

zweimal das große Vergnügen zuteilgeworden, einer Aufführung<br />

dieses Werkes beiwohnen zu dürfen, bei der <strong>Gluck</strong> am Cembalo<br />

das Orchester darstellte, während Millico den Orpheus sang und<br />

<strong>Gluck</strong>s Adoptivtochter Nanette sowohl die Rolle des Amor als<br />

auch die der Eurydike übernahm.<br />

Im Reich der Schatten<br />

Und so mag man sich in <strong>Gluck</strong>s Traum gerne vorstellen, wie ein<br />

begnadeter Sänger und eine beseelte Sängerin mit ihren Stimmen<br />

die drei Rollen der Oper lebendig werden lassen, während einige<br />

ausgewählte Freunde mit ihren Instrumenten die Vorstellung<br />

und Wirkung des Orchesters erwecken.<br />

Martin Ellrodt arbeitete für<br />

einige Jahre in der freien Theaterszene<br />

als Schauspieler und<br />

Puppenspieler, bevor er im Jahre<br />

1991 seine Leidenschaft für das<br />

freie Erzählen von Geschichten<br />

entdeckte. Martin Ellrodt<br />

erzählt Geschichten aus der<br />

mündlichen Überlieferung und<br />

aus der Weltliteratur; in seinem<br />

sich ständig erweiternden Repertoire<br />

befinden sich Sagen und Mythen,<br />

aber auch moderne Geschichten<br />

und Märchen – und dies in vier<br />

Sprachen (Deutsch, Englisch, Spanisch<br />

und Tschechisch)! Er schrieb<br />

ein Buch zum Unterrichten der<br />

Erzählkunst und lehrt diese auch<br />

an Universitäten und Fachhochschulen.<br />

„Als Fünfjähriger im Klavierunterricht bin ich <strong>Gluck</strong> zum ersten Mal<br />

begegnet. Meine Klavierlehrerin legte am Ende der Stunde immer kleine<br />

Portraits von Komponisten auf die Tastatur, die ich chronologisch nach<br />

Geburtsjahr anordnen sollte. Das freundliche Mondgesicht war mir<br />

damals schon sympathisch…“<br />

Alexander Moore<br />

56


Zu <strong>Gluck</strong>s Lebzeiten sollte sein Traum nicht mehr in Erfüllung<br />

gehen, denn viel zu eingespannt war der Meister, als dass er seine<br />

schönen Pläne hätte verwirklichen können. Aber vielleicht schaffen<br />

es ja die seinem Ideal nacheifernden Vorstellungen von Im Reich<br />

der Schatten bei den <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n <strong>2019</strong>...<br />

Um die Geschichte von Orpheus’ Abstieg in die Unterwelt<br />

auch Kindern vorzustellen und nahezubringen, arrangiert die<br />

Neue Nürnberger Ratsmusik in einer klein besetzten und doch<br />

farbigen Fassung die zentralen Musikstücke von <strong>Gluck</strong>s Oper.<br />

Die Aufführung orientiert sich hierbei gewissermaßen an jener<br />

Traum-Vorstellung eines charmant improvisierten Marktplatztheaters.<br />

Die eigentliche Hauptrolle spielt hierbei der Erzähler,<br />

denn er lässt in den Köpfen der Kinder und auch erwachsener<br />

Zuhörer abwechslungsreich und unterhaltsam das Bild einer<br />

Orfeo-Inszenierung erstehen, indem er nicht nur durch die<br />

Geschichte führt und dabei immer wieder humorvoll über Sinn<br />

und Unsinn des antiken Mythos spekuliert, sondern auch mit<br />

der bloßen Kraft seiner Worte die wunderbare Welt des Theaters<br />

zu <strong>Gluck</strong>s Zeit mit all seinen aufwendigen Bühnenbildern und<br />

Verwandlungen lebendig werden lässt.<br />

Anknüpfend an die Tradition der<br />

historischen Nürnberger Rathsmusik<br />

des 17. und 18. Jahrhunderts<br />

spielt die Neue Nürnberger<br />

Ratsmusik in der Besetzung einer<br />

typischen Hofkapelle der Barockzeit.<br />

Die professionellen Musiker<br />

sind Spezialisten für historische<br />

Aufführungspraxis, haben sich mit<br />

Spielweise und Instrumentarium<br />

jener Zeit intensiv befasst und<br />

bringen die „Alte Musik“ aufregend<br />

neu zum Klingen.<br />

Michael Kämmle<br />

57


DAS GEOPFERTE KIND<br />

Iphigenie ist eine Königstochter, stammt also aus höheren Kreisen<br />

und soll verheiratet werden. So glaubt sie und folgt dem Ruf<br />

ihres geliebten Vaters und obersten Heeresführers ins Lager der<br />

Kriegsflotte. Doch statt des Traualtars erblickt sie dort den Opferaltar<br />

und muss schmerzhaft erkennen, dass ihr eigener Vater sie<br />

in eine Falle gelockt hat: Sie selbst ist es, die geopfert werden soll,<br />

weil das Orakel es verlangt. Sonst gibt es keinen Wind, und die<br />

Flotte kann nicht in den Krieg gegen die Feinde segeln.<br />

Eine harte Geschichte, in der ein Kind für höhere, politische<br />

Zwecke geopfert werden soll. In unserer Werkstatt nehmen wir<br />

den Blickwinkel der Tochter ein. Den Handlungsstrang schneiden<br />

wir aus Euripides’ Iphigenie in Aulis heraus, der mit dieser<br />

Geschichte vor knapp 2500 Jahren einen Preis, eine Art Oscar<br />

für Stückeschreiber, gewonnen hat. Die schnellen Wendungen<br />

in der Originalgeschichte würden heutzutage gut für eine Soap<br />

oder eine Telenovela mit grotesk-komischen Zügen taugen. Und<br />

gleichzeitig verbergen sich spannende Fragen darin, die uns<br />

heute in ähnlicher Weise beschäftigen wie die Menschen damals:<br />

Fragen nach der Selbstbestimmung des eigenen Lebens, Fragen<br />

der Macht, Fragen der Sachzwänge und Fragen nach dem Verhältnis<br />

der Generationen. Denn Kinder werden auch heutzutage<br />

geopfert und für die Interessen der Erwachsenen missbraucht.<br />

Oder ihre Lebensgrundlage wird so sehr geschädigt, dass es einer<br />

Opferung gleichkommt.<br />

Was hat das mit Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> zu tun? Nun, seine erste<br />

Oper in Paris war Iphigenie in Aulis (1774), die dort schon während<br />

der Proben für großes Diskussionen sorgte, weil es Herr <strong>Gluck</strong><br />

wagte, Gesang, Darstellung und Orchester mit seiner offenen,<br />

kritischen Meinung zu konfrontieren und damit anscheinend<br />

viele Eitelkeiten verletzte.<br />

GESUCHT: IPHIGENIE<br />

Werkstatt-Projekt der pfütze<br />

jungeMET im Rahmen der<br />

<strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>.<br />

Für Jugendliche ab 12(+)<br />

und Erwachsene<br />

Solo für eine Schauspielerin<br />

mit dem Kammerensemble<br />

„ensemble fraktale“<br />

Mit: Elisa Merkens (Schauspiel),<br />

Miria Sailer (Geige),<br />

Marie Erndl (Blockflöte),<br />

Sophia Schulz (Violoncello),<br />

Christopher Kunz (Saxophon),<br />

Paul Bießmann (Electronics,<br />

Tropfenklavier), Dominik Vogl<br />

(Gitarre)<br />

Regie: Jürgen Decke<br />

Komposition und<br />

Arrangements: Dominik Vogl<br />

Bühne, Licht und Ausstattung:<br />

Andreas Wagner<br />

Ton: Florian Kenner<br />

Di, 2. Juli, 9.30, 11.30<br />

und 19.00 Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt, Theater<br />

„Als ich den<br />

Orpheus einmal in<br />

Salzburg gesehen<br />

habe, mein Vater war<br />

vorher verstorben,<br />

da dachte ich:<br />

Wenn das Elysium so<br />

klingt, habe ich keine<br />

Angst.“<br />

Robert Joseph Bartl<br />

58


Alter Geist und neue Klänge<br />

Für Gesucht: Iphigenie hat unser Komponist Dominik Vogl viel<br />

<strong>Gluck</strong>-Musik gehört, gelesen und analysiert, aber nicht um <strong>Gluck</strong>s<br />

Musik daraufhin für unser Projekt nur neu zu arrangieren oder<br />

modisch für die Gegenwart aufzuhübschen. Nein, von Anfang<br />

an war klar, es soll aus dem Geist des alten Meisters eine neue,<br />

eigenständige Musik entstehen. Seinem Ernst nachzuspüren,<br />

seiner musikalischen Fantasie, seinem zutiefst humanen Interesse<br />

am Schicksal der Iphigenie – all das wurde zur Voraussetzung<br />

dieser neuen Musik. Wie <strong>Gluck</strong> musikalisch mit Charakteren,<br />

deren Interaktion und mit dramatischen Situationen umging,<br />

welche Klangwelten den beteiligten Figuren zugeordnet sind,<br />

welches harmonische, melodische und rhythmische Material er<br />

für Iphigenie verwendete – vieles daran war neu und aufregend<br />

für seine Zeit und ermutigt auch uns, „den Fortschritt der Kunst<br />

zum Ziele“ zu haben. Die Nürnberger Iphigenie klingt nicht wie<br />

das, was wir von <strong>Gluck</strong> zu hören gewohnt sind, aber sie gründet<br />

sich auf ihn, reflektiert seine musikalischen Strukturen, atmet<br />

seinen Geist. Eine Gratwanderung zwischen dramatischer Handlung<br />

und konzertantem Klangerlebnis. Ein faszinierendes Netz,<br />

in dem sich Kopf, Bauch und Herz der Hörer verfangen dürfen.<br />

Das ensemble fraktale formierte<br />

sich 2016 in Nürnberg und setzt<br />

sich aus Studierenden der Hochschule<br />

für Musik Nürnberg sowie<br />

Künstlern aus den Bereichen<br />

Tanzperformance und digitaler<br />

Medien zusammen. Es ist dem<br />

Ensemble ein großes Anliegen,<br />

die Qualitäten und Aussagen<br />

verschiedener künstlerischer Ausdrucksweisen<br />

zu kombinieren,<br />

zum Beispiel der klassischen<br />

Musik, des Jazz und der Neuen<br />

Musik, der Komposition, des<br />

Tanzes, der Filmkunst und der<br />

elektronischen Musik. Damit werden<br />

grenzübergreifende Räume<br />

geschaffen, in denen die Künste<br />

jeweils in Interaktion treten und<br />

ein neues künstlerisches Ganzes<br />

ergeben.<br />

Sprache und Musik im Dialog<br />

Parallel zu den musikalischen Proben entwickelten wir die<br />

szenische Anordnung und modellierten den Werkstatt-Text. Im<br />

Probenprozess liefen viele Vorgänge nebeneinander und durften<br />

sich gegenseitig beeinflussen. So experimentierten wir immer<br />

wieder mit dem Verhältnis von Sprache und Musik: Wie lässt sich<br />

zum Beispiel ein nachvollziehbarer, direkter Dialog zwischen der<br />

Schauspielerin und dem Musikensemble gestalten? Funktioniert<br />

es, wenn auf der einen Seite die Wortsprache steht und auf der<br />

anderen Seite die Musik?<br />

Nach den sehr inspirierenden und konzentrierten Tagen in<br />

der Werkstatt freuen wir uns nun auf die Präsentation unserer<br />

Ergebnisse in den Aufführungen und sind gespannt auf ein<br />

generationenübergreifendes Werkstattpublikum. Im besten Fall<br />

öffnen sich Ohren und Geist, um eine alte, klassische Geschichte<br />

neu zu hören und zu entdecken.<br />

Elisa Merkens wurde in Stuttgart<br />

geboren, entschied sich nach<br />

einem Studienjahr im Grundschullehramt<br />

für ein Schauspielstudium<br />

an der Musik und Kunst<br />

Privatuniversität Wien (2012 bis<br />

2016). Seit 2016 ist sie Ensemblemitglied<br />

am Theater Pfütze e.V.<br />

in Nürnberg und dort zu sehen<br />

unter anderem in Cyrano,<br />

Heidi und Das Buch von<br />

allen Dingen.<br />

Jürgen Decke<br />

59


GLASKLANG ÜBER FÜNF OKTAVEN<br />

Ein Gespräch mit Anna Szafraniec von GlassDuo Danzig<br />

Gläser sind schön und zerbrechlich– so auch die klaren, glanzvollen<br />

Töne, die ihnen entlockt werden können. Bereits im Mittelalter<br />

wurden die eigentümlichen Klänge entdeckt, die man auf den<br />

nützlichen Alltagsgefäßen, sei es mit dem Finger oder einem<br />

Schlägel, erzeugen konnte – und die klangliche Variation, die<br />

sich durch den Füllstand dabei ergab. Im 18. Jahrhundert eroberte<br />

die Glasmusik die Konzertsäle, und vor allem in England feierte<br />

man das neue Klangerlebnis. So kam es, dass auch Christoph<br />

Willibald <strong>Gluck</strong>, der 1745 für zwei Kompositionsaufträge auf die<br />

Insel kam, die Glasharfe für sich entdeckte. Für den 23. April 1746<br />

kündigte er im General Advertiser an, „auf 26 mit Quellwasser<br />

gestimmten Gläsern alles auszuführen, was auf einer Violine<br />

oder einem Cembalo gespielt werden kann“. Das Konzert fand<br />

mit Begleitung eines Kammerorchesters im Londoner Haymarket<br />

Theatre statt und war ein großer Erfolg. 1749 wurde es in Kopenhagen<br />

wiederholt. Danach verliert sich die Glasmusik in <strong>Gluck</strong>s<br />

musikalischem Wirken. Musikgeschichtlich erlebt sie 1761 mit<br />

der Erfindung der Glasharmonika durch Benjamin Franklin (bei<br />

der die Klänge mit rotierenden Gläsern erzeugt werden) noch<br />

einmal einen Aufschwung – heute ist sie eine glanzvolle Rarität.<br />

Mit Anna und Arkadiusz Szafraniec, dem GlassDuo Danzig, begrüßen<br />

die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> zwei der wenigen<br />

professionellen Glasmusikerinnen und -musiker in Nürnberg.<br />

GLUCKVibration!<br />

Instrumentale Faszination<br />

seit 300 Jahren –<br />

MetropolMusik Nürnberg<br />

feat. GlassDuo Danzig &<br />

Izabella Effenberg<br />

Mi, 3. Juli, 20.00 Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt,<br />

Theater<br />

Das MetropolMusik Nürnberg<br />

Kollektiv hat es sich zur Aufgabe<br />

gemacht, die Musik der<br />

in der Metropolregion Nürnberg-Fürth-Erlangen-Schwabach<br />

beheimateten schöpferischen<br />

Musiker aufzuführen<br />

und zu verbreiten. Zeitgenössische<br />

Musik, aktuelle Klassik<br />

und Jazz sind für Konzerte<br />

des MetropolMusik e.V. ebenso<br />

interessant wie ambitionierte<br />

Popmusik, Rock, Folk oder<br />

GlassDuo Danzig<br />

60


Im Gepäck haben sie die aus 57 geschliffenen Gläsern bestehende<br />

größte Glasharfe der Welt. Auf ihr werden sie gemeinsam<br />

mit der Vibraphonistin Izabella Effenberg und Musikern der<br />

MetropolMusik Nürnberg <strong>Gluck</strong> zum Schwingen bringen…<br />

Wie kommt man dazu, ein so außergewöhnliches Instrument zu spielen?<br />

Arkadiusz und ich kennen uns aus dem Sinfonieorchester in<br />

Danzig, wo wir als Violinistin und Trompeter engagiert waren.<br />

Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, wurden Freunde<br />

und haben schlicht aus musikalischer Neugier angefangen, uns<br />

eine Glasharfe zu bauen – ohne wirklich ernsthaft über irgendeine<br />

professionelle Zukunft nachzudenken. Nachdem wir dann<br />

einige Wochen mit unserem Instrument herumexperimentiert<br />

hatten, wurde uns aber bewusst, dass es vielleicht doch mehr<br />

als ein musikalisches Spielzeug sein könnte. Der künstlerische<br />

Leiter unseres Orchesters bot uns dann an, ein Solokonzert mit<br />

Orchesterbegleitung auf unserer Glasharfe zu geben. Das war<br />

eine ganz grundlegende Erfahrung, die uns ermutigte, in diese<br />

Richtung weiterzudenken.<br />

Wie sind Sie zu Ihrer heutigen Glasharfe gekommen?<br />

Anfangs gab es tatsächlich keinen Glasharfenbauer, der fähig<br />

war, ein Konzertinstrument für uns zu entwerfen. Das Problem<br />

lag vor allem darin, dass es ein im Duo spielbares Exemplar sein<br />

musste. Es brauchte viel Zeit, bis wir die für uns beste Form<br />

und den geeigneten Tonumfang gefunden hatten. Fünf Oktaven<br />

umfasste es am Ende und ohne es zu bemerken, hatten wir uns<br />

die weltgrößte professionelle Glasharfe gebaut. Nach 20 Jahren<br />

Konzerterfahrung mit dem von uns entworfenen Instrument sind<br />

wir einen Schritt weitergegangen. 2018 haben wir mit G2 Glass<br />

Instrument Makers den einzigen Glasharfen-Vertrieb weltweit<br />

gegründet. Jeder kann bei uns jetzt ein Instrument bestellen und<br />

lernen, darauf zu spielen.<br />

Menschen lieben Anekdoten… Und wenn Sie regelmäßig mit so vielen<br />

Gläsern unterwegs sind – da gibt es sicher einiges zu erzählen, oder?<br />

Ja, es ist immer eine Zerreißprobe, mit einem so fragilen Instrument<br />

zu reisen. Dennoch haben wir es schon in rund 40<br />

verschiedene Länder dieser Welt geschafft, und glücklicherweise<br />

gab es bisher nur einen kleinen, nicht weiter aufregenden Unfall.<br />

Unsere Transportkoffer sind ziemlich gut – aber eben auch recht<br />

sperrig, und natürlich erleben wir da manchmal ganz lustige<br />

Experimentelles. Dieses Verwirklichen<br />

origineller Ideen in<br />

Überwindung der Beckmesserei<br />

hat ja gerade in Franken eine<br />

jahrhundertelange Tradition.<br />

Ausdrückliches Ziel ist es<br />

daher, besonders den kreativen<br />

Musikschaffenden ein gemeinsames<br />

Forum zu bieten, und so<br />

möglichst große Aufmerksamkeit<br />

auf dieses charakteristische<br />

regionale Potenzial zu lenken.<br />

Anna und Arkadiusz Szafraniec<br />

sind das GlassDuo<br />

Danzig. Verzaubert vom Klang<br />

der Gläser, verließen sie das<br />

Sinfonieorchester in Danzig<br />

und begannen, die Glasharfe<br />

im Duo zu spielen. Sie<br />

haben erfolgreich mit Streichquartetten<br />

und verschiedenen<br />

Kammerensembles zusammengearbeitet<br />

und mit den meisten<br />

polnischen Orchestern gespielt,<br />

darunter die Warschauer Nationalphilharmonie<br />

und die Sinfonia<br />

Varsovia, sowie auch mit<br />

Orchestern außerhalb Polens.<br />

Sie sind die einzige Glasmusikgruppe<br />

in Polen und eines<br />

der wenigen professionellen<br />

Ensembles weltweit. GlassDuo<br />

konnte bereits mehrere eigens<br />

für sie komponierte Musikwerke<br />

uraufführen und machte zahlreiche<br />

Aufnahmen für Radio<br />

und Fernsehen, unter anderem<br />

mit Arte TV und der BBC. Das<br />

Duo wurde bereits zu vielen<br />

Musik- und Kulturfestivals auf<br />

der ganzen Welt eingeladen.<br />

61


Dinge. Einmal zum Beispiel waren wir auf dem Weg nach Mexiko<br />

und mussten aufgrund eines Lufthansa-Streiks eine andere<br />

Route nehmen als geplant. Es war alles furchtbar stressig, und wir<br />

wurden erst in allerletzter Minute als Passagiere für den Ersatzflug<br />

zugelassen. Als wir am Gate ankamen, stand nur leider kein<br />

Flugzeug mehr da. Wir beschwerten uns daraufhin umgehend im<br />

Büro der Airline und tatsächlich:Der Flieger kehrte für uns um!<br />

Als wir dann mit unseren einschüchternd großen Silberkoffern<br />

an Bord der Maschine gingen, blickten wir in die erstaunten, teilweise<br />

ängstlichen Augen unserer Mitreisenden. Für wen mussten<br />

sie uns halten? Wir haben uns wie düstere Geheimagenten, wie<br />

zwielichtige Charaktere aus einem Actionfilm gefühlt.<br />

Kommen wir auf die Musik zu sprechen. Was macht sie in Ihren<br />

Augen so besonders?<br />

Glasmusik ist heute leider nicht besonders populär – wir leben<br />

schließlich im Zeitalter der Mikrofone und Lautsprecher! Die<br />

Freude an Glasmusik ist also für manche Leute überhaupt nicht<br />

nachvollziehbar. Sie ist ihnen viel zu zart, zu ätherisch… Die<br />

meisten empfinden diese Musik außerdem anfangs als äußerst<br />

irritierend, was vermutlich an ihrer Einzigartigkeit liegt. Der<br />

Zuhörer denkt sich: „Wonach klingt das?“, denn der Mensch ist<br />

darauf gepolt, Dinge zu vergleichen und nach Ähnlichkeiten zu<br />

suchen – aber er findet keine. Man muss anders hören. Glasmusik<br />

entspannt und beruhigt. Sie muss nicht laut sein – sie berührt<br />

direkt die Seele. Und das Schöne ist, wir haben es wortwörtlich in<br />

der Hand. Unsere Technik als professionelle Musiker entscheidet<br />

über die Feinheit des Klangs.<br />

Zunächst studierte Izabella<br />

Effenberg klassisches Schlagzeug<br />

in Polen. Anschließend<br />

begann sie ein Jazzstudium bei<br />

Bill Molenhof und absolvierte<br />

2012 den Masterstudiengang<br />

Jazz Mallets bei Roland Neffe<br />

an der Musikhochschule Nürnberg.<br />

Sie spielt in verschiedenen<br />

Formationen und hat bereits<br />

zahlreiche Preise gewonnen,<br />

unter anderem beim Pinneberger<br />

Summer Jazz Festival,<br />

beim Kammermusikwettbewerb<br />

des Mozartvereins 1829 e.V.<br />

in Nürnberg und beim Bruno<br />

Rother Jazzwettbewerb in<br />

Nürnberg. Im November 2013<br />

hat Izabella Effenberg ihre<br />

Debü-CD Cuentame beim<br />

Bayerischen Rundfunk aufgenommen.<br />

Außerdem organisiert<br />

sie zusammen mit Volker<br />

Heuken das Festival Vibraphonissimo<br />

in Nürnberg/Fürth.<br />

Sie ist Kulturpreisträgerin<br />

der Stadt Nürnberg 2018.<br />

Und <strong>Gluck</strong>?<br />

<strong>Gluck</strong> und Pockridge (irischer Musiker 1695-1759) waren ja so etwas<br />

wie Pioniere auf der Glasharfe oder Engelsorgel, wie Pockridge<br />

sie nannte. Leider wissen wir wenig über <strong>Gluck</strong>s Beziehung zu<br />

diesem Instrument, und auch aus den Konzerten in London und<br />

Kopenhagen ist so gut wie nichts überliefert. Hat er jemals für<br />

die Glasharfe komponiert? Vermutlich nicht. Aber nichtsdestotrotz<br />

können wir <strong>Gluck</strong>s Werke ja, wie er selbst es getan hat, auf<br />

Instrumenten interpretieren, die von ihm ursprünglich nicht<br />

vorgesehen waren, also auch auf der Glasharfe. Und wir sind<br />

uns ziemlich sicher, dass ihm das gefallen würde!<br />

Das Gespräch führte und übersetzte<br />

aus dem Englischen Friederike Engel.<br />

62


Izabella Effenberg<br />

63


VON DER ANDEREN SEITE GESEHEN<br />

Als mich Rainer Mennicken vor einem Jahr fragte, ob ich Lust<br />

hätte, für die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> ein Projekt über<br />

Eurydike und Orpheus zu machen, also eigentlich eher über Eurydike<br />

als über Orpheus, habe ich spontan „Ja“ gesagt, ohne zu<br />

wissen, worauf ich mich einlasse... Der Rahmen stand schnell fest:<br />

ein literarisch-musikalischer Abend. Béatrice Kahl, die Pianistin,<br />

mit der ich seit ein paar Jahren erfolgreich zusammenarbeite,<br />

war auch sofort im Boot, und unsere gemeinsame Reise begann.<br />

Annäherung an den Mythos<br />

Ich kannte die Oper von <strong>Gluck</strong>, den Film Orfeu Negro von Marcel<br />

Camus, die Operette Orpheus in der Unterwelt von Jacques<br />

Offenbach, ich erinnerte mich an die betreffende Stelle in den<br />

Metamorphosen des Ovid und an ein paar Gedichte, die Eurydike<br />

und Orpheus zum Thema haben. Doch schon bevor ich anfing,<br />

tiefer in die Thematik einzudringen, spukte mir immer wieder<br />

eine Frage im Kopf herum: Warum hat Orpheus sich umgedreht?<br />

Obwohl er wusste, was passieren würde, hat er sich nach ihr umgedreht!!!<br />

WARUM? Ist es wirklich nur der „Blick voll Liebe und<br />

Verlangen“? Angelo Poliziano lässt in seinem 1480 geschriebenen<br />

Drama Die Tragödie des Orpheus den Helden sagen: „Wer ist’s, von<br />

dem die Liebenden Gesetz empfangen?/Muß nicht Vergebung<br />

kommen/für einen Blick voll Liebe und Verlangen?/Nachdem<br />

mir meine Freude nun genommen,/in Schmerz sich kehrte, muß<br />

ich es denn wagen,/den Tod ein zweites Mal um sie zu fragen.“<br />

EURYDIKE & ORPHEUS<br />

Ein literarisch-musikalischer<br />

Abend mit Elke Wollmann<br />

und Béatrice Kahl<br />

Do, 4. Juli, 20 Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt, Theatercafé<br />

So, 7. Juli, 19.30 Uhr,<br />

Wenzelschloss Lauf, Kaisersaal<br />

Mi, 10. Juli, 19.30 Uhr,<br />

Aula des Willibald-<strong>Gluck</strong><br />

Gymnasiums Neumarkt<br />

Orpheus will also bei Poliziano die Götter zum zweiten Mal „fragen“,<br />

ob Eurydike nicht ins Leben zurückkehren könne. Warum<br />

folgt er ihr nicht einfach? Wenn er wirklich nicht ohne sie leben<br />

kann, könnte er sich doch für den Selbstmord entscheiden…<br />

Warum ist das für ihn keine Alternative? Diese Fragen stellte ich<br />

mir, als ich das Symposion von Platon entdeckte. In seinem Werk<br />

in Dialogform lässt Platon die Orpheus-Geschichte durch Phaidros<br />

kommentieren: „Den Orpheus aber, den Sohn des Diagros,<br />

schickten sie unverrichteter Sache aus der Unterwelt zurück, indem<br />

sie nur die Erscheinung der Frau ihm zeigten, um deretwillen er<br />

gekommen war, nicht aber sie selbst ihm gaben, weil er ihnen zu<br />

weichlich zu sein schien wie ein Spielmann und nicht das Herz<br />

zu haben, der Liebe wegen zu sterben wie Alcestis, sondern sich<br />

lieber ausgedacht hatte, lebend in die Unterwelt einzugehen.“<br />

Ein 2400 Jahre alter Text gab mir eine einfache Antwort! Aber<br />

war Orpheus für eine so folgenschwere Entscheidung tatsäch-<br />

64


Béatrice Kahl und Elke Wollmann<br />

65


lich zu „weichlich“? Nur Jean Anouilh, einer der vielen Dichter,<br />

der neben Jean Cocteau, Oskar Kokoschka und Caldéron de la<br />

Barca seine Sicht auf den Stoff in die Form eines Theaterstückes<br />

brachte – nur er stellt seinen Orpheus vor die Wahl, zu sterben<br />

oder ohne Eurydike weiterzuleben. Anouilh ist auch der einzige,<br />

der Eurydike ins Zentrum stellt, denn sein Stück heißt Eurydike!<br />

Eurydike ist Schauspielerin und Orpheus Musiker, der am Ende<br />

seiner geliebten Eurydike in den Tod folgen wird. Die meisten<br />

Schriftsteller haben sich über alle Zeiten hinweg auf Orpheus<br />

konzentriert. Shakespeare, Rilke, Dante, Boccaccio haben Hymnen<br />

auf Orpheus, den Sänger, den Künstler geschrieben! Vielleicht hat<br />

er sich ja auch umgedreht, weil er weiterhin der große Künstler<br />

bleiben wollte...? Kreativität entsteht oft genug aus dem Leiden,<br />

der Leidenschaft und der Verzweiflung. Ist die erfüllte Liebe<br />

genauso inspirierend? Hat Orpheus sich einfach für die Kunst<br />

entschieden? Interessieren und interessierten sich deshalb so<br />

viele Schriftsteller und Philosophen für ihn?<br />

Doch was ist eigentlich mit Eurydike?<br />

Bereits 29 v. Chr. erwähnt Vergil sie in seiner Georgica, aber insgesamt<br />

ist über sie in der Literatur viel weniger zu finden. Meist<br />

bleibt Eurydike das Objekt, und nur wenige Schriftsteller lassen<br />

sie zum Subjekt werden. Was ist ihre Sichtweise? Wie sieht es<br />

mit ihren Gefühlen aus? Will sie wirklich in ihr altes Leben<br />

zurück, was Orpheus ja in den meisten Fassungen voraussetzt?<br />

Könnte der Tod für sie fast eine „Erlösung“ sein? In Offenbachs<br />

Orpheus in der Unterwelt scheint er ihr geradezu willkommen zu<br />

sein: „Der Tod will mir als Freund erscheinen, mit wahrer Lust<br />

begrüß ich ihn / ich lächle nur, anstatt zu weinen, so komm, o Tod,<br />

und nimm mich hin! / Du machst mein Herz vor Freude beben,<br />

nicht fühl ich deine kalte Hand. / Es scheint, mir ward ein neues<br />

Leben, statt dass ich heut ein Ende fand. / Leb wohl, leb wohl!“<br />

Die Schauspielerin Elke Wollmann<br />

war 32 Jahre in festen<br />

Schauspielensembles engagiert<br />

– von 2002 bis 2018 am Staatstheater<br />

Nürnberg. Sie spielte die<br />

Piaf, die Nora, die Medea, Maria<br />

Callas in der Meisterklasse,<br />

Klytaimnestra in der Orestie,<br />

Elisabeth in Maria Stuart, um<br />

nur einige ihrer vielen Rollen<br />

zu nennen. Im Jahr 2000<br />

erhielt sie den Fehling-Förderpreis<br />

der Stadt Lübeck, als beste<br />

Schauspielerin bekam sie 2002<br />

den Theater-Ocar der Rheinischen<br />

Post. 2008 wurde sie mit<br />

dem Nürnberger Theaterpreis<br />

ausgezeichnet. Neben dem<br />

Schauspiel gehört ihre Leidenschaft<br />

der Musik. Als Sängerin<br />

liebt sie den Jazz, das Chanson,<br />

Brecht in allen Vertonungen,<br />

aber auch Rock, Funk, Pop<br />

und der Tango gehören in ihr<br />

Repertoire. Seit 2013 findet<br />

sie ihre eigene Handschrift in<br />

musikalischen Projekten, in<br />

denen sie ihre Liebe zur Musik,<br />

zum Menschen, zum Leben,<br />

zur Literatur vereint.<br />

Margaret Atwood, die ja auch der Penelope, der Gattin des Odysseus<br />

in ihrer Penelopiade ein Eigenleben schenkte, lässt Eurydike<br />

in ihrem Gedicht Orpheus zu selbigem sagen: „vor deinen Augen<br />

hieltest du Dir stets/das Bild, von dem du wolltest,/daß ich es<br />

würde: wenn ich wieder lebte./Und deine Hoffnung nur ließ<br />

mich dir folgen./So war ich deine Halluzination, dir lauschend,/<br />

geschmückt mit Blumen, du besangst mich;/(...) Du konntest<br />

niemals glauben, daß ich mehr war als dein Echo.“<br />

66


Für Elfriede Jelinek ist Eurydike zweifelsfrei mehr als „sein Echo“.<br />

Im Monolog Schatten (Eurydike sagt) ist sie Schriftstellerin, und<br />

so reflektiert sie über sich selbst und ihre Beziehung zu ihrem<br />

Mann, dem Sänger: „(…) Da dringt etwas ein, tut weh, irgendwas<br />

hat sich geöffnet in mir, was war das, ich bin ganz offen zu Ihnen:<br />

Ich weiß es nicht. Es ist in mich hineingeglitten, mir wird heiß,<br />

Moment, habe das Gefühl, ich muss etwas Ballast abwerfen, Kleidung?<br />

Da rinnt etwas… (…) Mein Schreiben, das rinnt wohl auch,<br />

so empfinde ich es, wissen Sie, mein Mann hingegen singt. Auf<br />

seinem eigenen Soundtrack eilt er dahin. Das hat ihn berühmt<br />

gemacht. Bevor er zu singen begonnen hat, war die Stille etwas<br />

Großes, etwas Heiliges, jetzt gibt es sie nicht mehr, mit seiner<br />

Stimme hat er die Stille vernichtet. Ich bin stiller geblieben. Ich<br />

schreibe, wen interessiert’s.“<br />

Und jetzt?<br />

Ja, viele Texte habe ich entdeckt und gelesen, verworfen oder<br />

ausgesucht. Jetzt freue ich mich auf das Ineinander- und Aneinanderfügen<br />

und auf die Musik! Natürlich wird <strong>Gluck</strong> dabeisein,<br />

aber auch anderes. Bei Ingeborg Bachmann assoziiere ich gerade<br />

einen Song von Tom Waits, und für Orpheus, der die Zeit zurückdrehen<br />

will, höre ich innerlich immer wieder Yesterday. Béatrice<br />

hat von Grönemeyer Ich dreh mich um… dich vorgeschlagen…<br />

Welche Songs und welche Texte tatsächlich in unserem Eurydike<br />

und Orpheus-Abend zu hören sein werden, das werden wir erst<br />

am Ende der Proben wissen.<br />

„Jemandem, der<br />

<strong>Gluck</strong> nicht kennt,<br />

würde ich die Anfangstakte<br />

von Che<br />

farò senza Euridice<br />

vorsingen und erzählen,<br />

in welcher Situation<br />

sich Orpheus<br />

befindet. Für mich<br />

als Schauspielerin, die<br />

immer die Zwischentöne<br />

sucht, ist diese<br />

Arie einfach grandios,<br />

denn im Moment der<br />

tiefsten Trauer und<br />

Verzweiflung entsteht<br />

eine unglaubliche Reibung<br />

durch so schöne<br />

Musik…“<br />

Elke Wollmann<br />

Elke Wollmann<br />

67


Und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen einer<br />

Schauspielerin/Sängerin und einer Musikerin?<br />

Zunächst gilt das Sprichwort „Schuster, bleib bei deinen Leisten“,<br />

was so viel heißt wie: dass wir uns nicht gegenseitig reinreden,<br />

sondern erst mal die andere in ihrem Thema machen lassen. Wir<br />

treffen uns zum „Brainstormen“ – Elke hat den großen Blick für<br />

den Abend, übernimmt Dramaturgie und Inszenierung, ich verschaffe<br />

mir einen Überblick über die Musik von <strong>Gluck</strong>, schaue,<br />

was mich musikalisch inspiriert, bespreche mit Elke, was zum<br />

Thema passt. Zwischendurch bringen wir uns immer mal wieder<br />

auf den neuesten Stand. Wenn sich Fragen aufwerfen, besprechen<br />

wir sie gemeinsam.<br />

Als Jazz-Pop-Soul-Pianistin höre ich Musik, egal ob Klassik oder<br />

Jazz, stets im harmonischen Kontext, und so kamen mir oft schon<br />

beim ersten Hören von <strong>Gluck</strong>s Musik Ideen, wie ich seine Musik<br />

in meinem persönlichen Stil interpretieren/arrangieren könnte.<br />

Die Feinarbeit ist aufwendig, ich transkribiere seine Musik zumeist<br />

selber, anstatt auf gekauftes Notenmaterial zurückzugreifen,<br />

so bin ich tiefer in der Musik und freier im Arrangieren. Wenn<br />

jede von uns genug Material zusammen hat, treffen wir uns<br />

wieder und feilen an Details: welche Musik passt unter welchen<br />

Text. Elke kann als Schauspielerin eindrucksvoll erklären, welche<br />

Stimmung sie sich wünscht, und mittlerweile sind wir gut „eingegroovt“,<br />

das heißt, ich verstehe (fast) immer, was sie meint<br />

und kann es musikalisch schnell umsetzen. Wir probieren viel<br />

aus, verwerfen, probieren etwas Anderes, verwerfen es wieder<br />

usw. Drei erfolgreiche Programme haben wir so gemeinsam auf<br />

die Bühne gebracht, Eurydike und Orpheus ist also unser viertes,<br />

und ich würde uns als bestens eingespieltes Team bezeichnen.<br />

Die Pianistin Béatrice Kahl<br />

beschäftigt sich seit vielen<br />

Jahren hauptberuflich mit<br />

Jazz, Latin-Jazz, Soul- und<br />

Popmusik. Neben Auftragseinspielungen<br />

für die Thilo Wolf<br />

Big Band, John Davis, Melva<br />

Houston, Marquess, Joo Kraus<br />

und andere spielt sie gern und<br />

viel live (unter anderem mit<br />

Thomas Quasthoff, Emma<br />

Lanford, Max Mutzke, Joan<br />

Faulkner, David A. Tobin, Mola<br />

Adebisi). Tourneen führten sie<br />

in die USA, in die Schweiz und<br />

nach Frankreich, wo sie mehrfach<br />

mit dem Projekt NDW<br />

meets Jazz auftrat. Seit 2000<br />

ist Béatrice Kahl als Pianistin,<br />

Korrepetitorin und Vertretung<br />

des Musikalischen Leiters für<br />

verschiedene Theaterproduktionen<br />

am Staatsschauspiel<br />

Hannover, am Theater für<br />

Niedersachsen, am Stadttheater<br />

Fürth und am Thalia Theater<br />

in Hamburg sowie für das<br />

Staatsschauspiel in Nürnberg<br />

tätig. In ihrer eigenen Band b.<br />

groovy vereint sie die ihr wichtigsten<br />

musikalischen Einflüsse<br />

von Pop bis Jazz.<br />

Damit sich keine von uns verbiegen muss, bleiben wir uns und<br />

unserem Stil, zu spielen und zu singen stets treu. So sind wir<br />

authentisch und werden uns an den <strong>Gluck</strong>-Abenden sicher etwas<br />

weiter vorwagen: Die Thematik von Orpheus und Eurydike werden<br />

wir weiterspinnen, indem wir auch Songs von zeitgenössischen<br />

Künstlern adaptieren.<br />

Béatrice Kahl<br />

68


DAS LEBEN DES FILIPPO BALATRI<br />

Die Geschichte der sagenumwobenen Sängerkastraten beginnt<br />

nicht, wie man vermuten könnte, in der Oper, sondern in der<br />

Kirchenmusik Roms. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts sind sie<br />

nachzuweisen; von einem Massenphänomen ist allerdings noch<br />

nicht zu sprechen. Papst Sixtus V. verbietet 1587 die Kastration zu<br />

künstlerischen Zwecken – und im sogenannten Impotenzdekret<br />

auch die Heirat Zeugungsunfähiger. Erledigt hat sich die brutale<br />

Praxis damit nicht. Kastriert wird weiterhin, juristisch sind die<br />

Kastraten nun aber entmündigt. Der Klerus setzt stattdessen<br />

die 1562 verbotene Praxis des Engagements von Kastraten sogar<br />

derart konsequent fort, dass im päpstlichen Chor die bis dato<br />

bevorzugten Falsettisten mit der Zeit durch Kastraten verdrängt<br />

werden. Ihr Aufstieg hängt also unmittelbar mit der Institution<br />

Kirche zusammen, veranschaulicht die gesellschaftliche Doppelmoral<br />

dieser Zeit – und zeigt, wie wenig man sich für die<br />

körperliche Selbstbestimmung Heranwachsender interessierte.<br />

Für viele Familien ist eine mögliche Anstellung bei der Kirche<br />

sogar der eine, zentrale Grund für die Kastration eines sängerisch<br />

talentierten Knaben.<br />

Wer war Filippo Balatri?<br />

Filippo Balatris Biografie ist in vielen Bereichen untypisch für<br />

einen Kastraten. Er stammt aus eher wohlhabenden Verhältnissen,<br />

wirtschaftliche Gründe können für seine Kastration keine Rolle<br />

gespielt haben – und eigentlich ist sie bis ins Letzte auch nicht<br />

nachvollziehbar. „Die Operation ist lebensgefährlich, und das<br />

Risiko, dass der verschnittene Junge kein guter Sänger, sondern<br />

ein trauriger Eunuch wird, ist beträchtlich.“ (Christine Wunnicke)<br />

Entsprechend ist die bewundernswerte Selbstbestimmung des<br />

Sopranisten auch kein Zufall.<br />

Balatri ist, obwohl er nie nach dem Weltruhm eines Farinelli trachtet,<br />

eben nicht irgendein Kastrat, sondern ein gebildeter Mann mit<br />

genug Reflexionsvermögen, um seine Situation aktiv zu gestalten.<br />

Typisch dürfte hingegen sein Hadern mit Liebe und Sexualität<br />

am Hof Peters des Großen gewesen sein, das er sich in späteren<br />

Jahren vehement verbietet, da er ja nur „bellen, aber nicht beißen“<br />

kann. Eine rigorose, aber verständliche Entscheidung. Die barocke<br />

Gesellschaft mystifiziert Kastraten zu sexuellen Kuriositäten und<br />

zerreißt sich nur allzu gern das Maul über sie. Kein Wunder, dass<br />

Balatri die Welt immer wieder als „mondo porco“, als Schweinewelt<br />

verflucht. Als Opernsänger sieht sich Balatri nie, obgleich er<br />

Die Nachtigall des Zaren<br />

Inszenierte Lesung mit Arien<br />

der Barockzeit<br />

Mit: Robert Joseph Bartl<br />

(Erzähler), Leandro Marziotte<br />

(Countertenor), Tibor Kovacs<br />

und Lewin Stedtler (Knabensoprane;<br />

in Kooperation mit dem<br />

Stadtsingechor zu Halle)<br />

Musikalische Leitung:<br />

Katrin Wittrisch<br />

Regie: Veit Güssow<br />

Bühne, Kostüm und Projektionen:<br />

Stefan Oppenländer<br />

Videoanimation: Meike Ebert<br />

Fr, 5. Juli, 20 Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt, Theater<br />

Projektionen<br />

Meike Ebert (Videoanimation)<br />

Stefan Oppenländer<br />

Fr 5. Juli, 20 Uhr<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

<strong>Gluck</strong>Werkstatt, Theater<br />

Robert Joseph Bartl wurde<br />

am renommierten Max-Reinhardt-Seminar<br />

in Wien zum<br />

Schauspieler ausgebildet. Bereits<br />

während seines Studiums<br />

trat er am Wiener Burgtheater<br />

und bei den Wiener Festwochen<br />

auf. Weitere Stationen waren<br />

das Düsseldorfer Schauspielhaus,<br />

das Schauspiel Frankfurt<br />

und schließlich das Bayerische<br />

Staatsschauspiel unter Dieter<br />

Dorn. Seit 2011 arbeitet Bartl<br />

als freischaffender Schauspieler.<br />

Neben seinen Bühnenengage-<br />

69


vor allem in seinen Münchner Jahren etliche Opernpartien des<br />

Hofkapellmeisters Pietro Torri verkörpert. Auch das wirkt auf den<br />

ersten Blick eher untypisch, hängt der Aufstieg und Ruhm der<br />

Kastraten im 17. und 18. Jahrhundert doch maßgeblich mit ihrem<br />

Einsatz in der Oper zusammen. Dieser war jedoch zunächst ein<br />

purer Sachzwang: Anfang des 17. Jahrhunderts braucht man in<br />

Rom die Kastraten dringend auf der Opernbühne, weil Frauen<br />

hier verboten sind. Naheliegend also, zunächst weibliche Rollen<br />

durch Kastraten singen zu lassen. Die heute vor allem mit dem<br />

Fach assoziierten Partien, die großen männlichen Heldenrollen<br />

der Opera seria, sind dann vor allem eine Angelegenheit der<br />

ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die Blütezeit der Opernkastraten<br />

– und die Erwachsenenjahre Balatris. Ab Anfang des 19.<br />

Jahrhunderts reduziert sich die Anzahl der Kastraten merklich.<br />

Die Heldenfiguren der aufkommenden romantischen Oper sind<br />

Tenöre – und auch die Kirche engagiert schon ab Mitte des 18.<br />

Jahrhunderts immer weniger Kastraten. Im Zuge der Aufklärung<br />

gerät die Kastrationspraxis ohnehin immer weiter in Verruf, und<br />

andere Gesangsideale treten an die Stelle des hochartifiziellen<br />

Kastratentimbres. Filippo Balatri gerät in Vergessenheit und ist<br />

lange Zeit kaum mehr als eine Fußnote des Barock.<br />

Ein neuer Gegenstand der Forschung<br />

Erst in den 1990er Jahren beginnt man sich für den außergewöhnlichen<br />

Sänger und seine Biografie zu interessieren. In der<br />

Bayerischen Staatsbibliothek lagert das handschriftlich verfasste<br />

autobiographische Versepos Frutti del Mondo sowie sein Testament.<br />

Vita e Viaggi hingegen, ein weiteres autobiographisches<br />

Prosamanuskript in neun Bänden, ist fast genauso weit herumgekommen<br />

wie sein Autor: Von München führt der Weg der<br />

Bände nach England, dann über Italien nach Prag und Moskau.<br />

Christine Wunnicke, die Autorin der Nachtigall des Zaren, entdeckt<br />

die in Deutschland verloren geglaubten Bände von Vita e<br />

Viaggi schließlich in der russischen Staatsbibliothek in Moskau.<br />

Ihr Buch erscheint 2001, führt die Manuskripte erstmalig zusammen<br />

und ist für die Würdigung Filippo Balatris sicherlich<br />

nicht zu unterschätzen. Wunnicke erzählt nah an Balatris Originalmanuskripten.<br />

Sie ergänzt historische Zusammenhänge und<br />

strafft den Erzählfluss. Erstaunlicherweise ist die auf Deutsch<br />

erschienene Nachtigall des Zaren die einzige umfassende Biografie<br />

über Dionisio Filippo Balatri.<br />

ments widmet er sich vermehrt<br />

der Arbeit vor der Kamera.<br />

Einem breiten Publikum ist<br />

Bartl als Gerichtsmediziner<br />

Dr. Steinbrecher im München-<br />

Tatort bekannt. Er wurde mehrfach<br />

für seine Arbeit ausgezeichnet,<br />

beispielsweise mit dem<br />

Max-Reinhardt-Preis und dem<br />

Bayerischn Kunstförderpreis.<br />

Leandro Marziotte, der<br />

Countertenor aus Uruguay<br />

mit Wohnsitz in Barcelona,<br />

Gewinner des ersten Preises<br />

beim Händel-Wettbewerb der<br />

<strong>Internationale</strong>n Händel-<strong>Festspiele</strong><br />

Göttingen 2014, ist auf<br />

dem südamerikanischen Kontinent<br />

genauso präsent wie in<br />

Europa. Bei seinen Auftritten in<br />

Buenos Aires, São Paulo, Rio<br />

de Janeiro, Paris, in den Niederlanden,<br />

Italien oder Deutschland<br />

musiziert er mit wechselnden<br />

Ensembles Werke von Bach<br />

bis Benjamin Britten – und<br />

legte bereits zahlreiche Soloalben<br />

auf.<br />

70


Die Nachtigall des Zaren auf der Bühne<br />

In der inszenierten Lesung wird der faszinierende Kastrat durch<br />

den Schauspieler Robert Joseph Bartl und den Countertenor Leandro<br />

Marziotte zum Leben erweckt. Begleitet von Musikern des<br />

Händelfestspielorchesters Halle auf historischen Instrumenten<br />

werden Arien von Georg Friedrich Händel und anderen Komponisten<br />

der Barockzeit dargeboten, die auch aus Balatris Repertoire<br />

stammen könnten.<br />

Kornelius Paede<br />

„Ich hatte in London<br />

eine Nachtigall in<br />

meinem Zimmer,<br />

und ich verliebte<br />

mich dort so in ihren<br />

Gesang, dass ich, zunächst<br />

nur zum Spaß,<br />

ihre Strophen zu studieren<br />

begann, bis ich<br />

sie dann eines Tages<br />

wirklich nachsingen<br />

konnte.“<br />

Filippo Balatri<br />

Leandro Marziotte<br />

71


DER GOTT DES ENTFESSELTEN LEBENS<br />

Er bereut nichts und bleibt uns ein Rätsel – der faszinierende Don<br />

Juan, Verführer und Verbrecher, Archetyp des Machos, der seit<br />

Jahrhunderten die Welt beschäftigt. Ein Mythos, mit dem wir noch<br />

lange nicht fertig sind – trotz Aufklärung, Rechtsstaatlichkeit und<br />

MeToo. Während er für sein wildes Treiben, seine Missachtung<br />

von Recht und Moral in <strong>Gluck</strong>s epochemachendem Ballett Don<br />

Juan (1761) und Mozarts Oper aller Opern Don Giovanni (1787)<br />

von Teufeln gepeinigt zur Hölle fahren musste, scheint er sich<br />

in unserer konsumorientierten, neo-hedonistischen Welt bestens<br />

behaupten zu können – ethische Bedenken? Fehlanzeige! Wie<br />

ein weitläufiger Spielplatz für Genussorgien, Laissez-faire und<br />

Ausschweifung wirkt die gewinnorientierte westliche Welt im 21.<br />

Jahrhundert. Während man sich über die Exzessliteratur eines<br />

Dylan Thomas, Charles Bukowski oder Henry Miller bis vor 50<br />

Jahren noch echauffiert hat, jagen uns heute Berichte wie etwa<br />

aus dem legendären Berliner Club Berghain, die der Blogger<br />

Airen einem größeren Publikum zugänglich machte, höchstens<br />

noch kurze Schauer über den Rücken. Für größere Irritationen<br />

reichen sie kaum mehr. Zu sehr sind Rücksichtslosigkeit und<br />

unstillbare Gier, Don Juans Triebfedern, scheinbar zur Normalität<br />

geworden. Imperative wie „You only live once! (Yolo)“<br />

und „Nimm, was du kriegen kannst!“ feiern hemmungslos das<br />

Immer-Mehr im Hier und Jetzt. Warum auch verzichten, wenn<br />

man alles haben kann? Warum den Don Juan in uns zügeln,<br />

wenn er es ist, der zunehmend Bewunderung und Anerkennung<br />

erfährt? Das klingt übertrieben? Gut, vielleicht müssen wir nicht<br />

augenblicklich die allumfassende „Juanisierung“ unserer Gesellschaft<br />

befürchten, aber der Trend lässt sich nicht leugnen – die<br />

alljährlichen Berichte zum exzessiven Verhalten enthemmter<br />

Menschen auf Großveranstaltungen wie dem Oktoberfest oder<br />

die ernüchternden Aussagen junger Menschen über ihre destruktiven<br />

Erfahrungen mit Dating-Apps wie Tinder seien hier<br />

nur als bescheidenes Indiz angeführt.<br />

Der Mythos im Hier und Jetzt<br />

Was verbirgt sich hinter dem Konzept der Juan’schen Selbstermächtigung?<br />

Der unendlichen Transgression des Egos? Ist<br />

die Kehrseite der Medaille nicht die existenzielle Krise von Menschen,<br />

die kein wirkliches Gegenüber, keine Gemeinschaft, keine<br />

Sicherheit mehr finden oder finden zu können glauben in einer<br />

Welt der Enthemmung und Entgrenzung? Die Traurigkeit der<br />

Figur, wie sie schon bei Ödön von Horváth oder Peter Handke<br />

DON JUAN TECHNO CLUB<br />

Elektronische Tanz-Opern-<br />

Nacht nach <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />

Musik von und mit Daniel<br />

Brandt und Frieder Nagel<br />

Choreografie: Fukiko Takase<br />

Kostüme und Masken: N.N.<br />

Lichtdesign: Tim Vermeulen<br />

Mit: Aika Tsuchida, Sara Enrich<br />

Bertran, Martin Angiuli,<br />

Stephen Quildan, Thomas<br />

Rohe, Fukiko Takase<br />

Do, 11.7. bis Sa 13.7.,<br />

20.30 bis 22.15 Uhr,<br />

St. Katharina Open Air<br />

Eine Kooperation der <strong>Internationale</strong>n<br />

<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong><br />

mit St. Katharina Open Air<br />

im KunstKulturQuartier.<br />

Fukiko Takase wurde in New<br />

York geboren und wuchs in<br />

Japan auf. Sie tanzt seit ihrem<br />

zweiten Lebensjahr und absolvierte<br />

ihre erste Tanzausbildung<br />

bei ihrer Mutter Takako Takase<br />

und bei Katsuko Oritas. Sie erhielt<br />

ein Kulturstipendium der<br />

japanischen Regierung, studierte<br />

an der Codarts Rotterdam<br />

Dance Academy und an der<br />

Contemporary Dance School in<br />

London. Als Tänzerin arbeitete<br />

sie von 2006 bis 2010 für die<br />

Henri Oguike Dance Company,<br />

2010 für Russell Maliphant und<br />

von 2011 bis 2018 für Wayne<br />

McGregor. Fukiko Takase realisierte<br />

bereits zahlreiche eigene<br />

Choreografien wie zum Beispiel<br />

Autumn Hunch im New<br />

National Theatre Tokyo, und<br />

End of Line auf dem Frieze Art<br />

Fare, Manchester.<br />

72


Fukiko Takase<br />

73


geschildert wird, ist längst ein Topos in der Beschäftigung mit<br />

dem schillernden Antihelden. Außerdem: Wie viel Don Juan<br />

steckt in den Menschen des anderen Geschlechts? Don Juan<br />

Techno Club geht solchen Themen und Fragen nach – soweit dies<br />

mit musikalischen und tänzerischen Mitteln denkbar ist. Auf der<br />

Basis der Handlung, wie wir sie aus Molières Komödie oder Da<br />

Pontes Libretto zu Don Giovanni kennen, erarbeitet das Team<br />

um Tänzerin und Choreografin Fukiko Takase und die Musiker<br />

Daniel Brandt und Frieder Nagel einen aktuellen Entwurf des<br />

Don Juan. Sechs der Figuren, verkörpert von Tänzerinnen und<br />

Tänzern aus fünf verschiedenen Nationen, finden sich in einem<br />

heutigen Techno-Club wieder. Wer sind Juan, Anna, Leporello,<br />

Elvira, Masetto und Zerlina im 21. Jahrhundert? Eine bewegte und<br />

bewegende Allegorie – verortet in der Partykultur unserer Tage.<br />

Die Musik von <strong>Gluck</strong> und Mozart wird in Don Juan Techno Club<br />

zum Auslöser für packende, bebende Beats und Rhythmen aus<br />

dem elektronisch-akustischen Instrumentarium von Daniel Brandt<br />

und Frieder Nagel – ein treibender Sound, ein raffiniert gewebter<br />

Klangteppich, auf dem das entfesselte Leben tanzt.<br />

Das Ende<br />

Als <strong>Gluck</strong>s Ballettmusik in der Choreografie von Gasparo Angiolini<br />

(seinerseits ein „Ballett-Reformer“) 1761 im Wiener Burgtheater<br />

uraufgeführt wurde, schrieb ein Augenzeuge: „Plötzlich erscheint<br />

die Hölle. Die Furien tanzen mit brennenden Fackeln und quälen<br />

Don Juan. Im Hintergrund sieht man ein schönes Feuerwerk,<br />

das die Flammen der Hölle darstellt. Man sieht Teufel umherfliegen<br />

(...) Schließlich schleppen die Teufel Don Juan davon und<br />

stürzen sich mit ihm in den Feuerstrudel (...)“ Welches Ende die<br />

Geschichte <strong>2019</strong> nimmt, welche spektakulären finalen Effekte in<br />

St. Katharina unter dem offenen Sommerhimmel stattfinden, ist<br />

ab 11. Juli zu erleben...<br />

Friederike Engel/Rainer Mennicken<br />

Daniel Brandt ist Komponist,<br />

Musikproduzent und Videoregisseur.<br />

Er ist Mitbegründer des<br />

elektroakustischen Ensembles<br />

Brandt Brauer Frick, die seit<br />

2009 fünf Alben veröffentlicht<br />

und mehr als 300 Konzerte<br />

in 45 Ländern unter anderem<br />

im Berliner Berghain, Lincoln<br />

Center New York, Southbank<br />

Center London und dem Sonar<br />

Festival Barcelona gegeben<br />

haben. Seit 2017 veröffentlichte<br />

er zudem zwei Solo-Alben auf<br />

dem Londoner Label Erased<br />

Tapes und ist seitdem auch mit<br />

diesem Projekt international<br />

auf Tour.<br />

Als Videoregisseur kreiert er<br />

Videoclips und Kurzfilme, die<br />

auf zahlreichen internationalen<br />

Festivals präsentiert und mit<br />

Preisen ausgezeichnet wurden.<br />

2017 gründete er zusammen<br />

mit Max Dax (ehemaliger<br />

Chefredakteur der Spex) den<br />

Online-Fernsehsender STRRR<br />

TV (www.strrr.tv). Brandt ist<br />

außerdem Mitglied in dem von<br />

Gregor Schwellenbach gegründeten<br />

sechsköpfigen Klavierensemble<br />

Six Pianos, mit dem er<br />

bereits in der Kölner Philharmonie<br />

und der Elbphilharmonie<br />

Hamburg gastierte.<br />

74


„Mein Name ist Juan.<br />

Ich bin der Gott des entfesselten Lebens.<br />

Ich reiße den Himmel ein, verachte die Regeln.<br />

Dahinter klafft nur Langeweile.<br />

Rücksicht und Moral sind bloß fade.<br />

Der Mensch ist ein Raubtier,<br />

des Menschen größter Feind.<br />

Wir sind ein Volk von Affen, nichts weiter.<br />

Ja, wir! Ihr alle!<br />

Und ich bin eure Seele.<br />

Ihr wollt wie ich die Freiheit ohne Grenzen.<br />

Den Kick, das Glück, den Triumph des Reichtums.<br />

Gebt doch zu, dass ihr euch nach mir sehnt,<br />

weil ich die Wahrheit sage.<br />

Weil ich euch Lust bereite,<br />

glühende Gedanken, höchsten Genuss.<br />

Und wenn ihr mir, aufstöhnend vor dem Höhepunkt,<br />

in die Augen schaut, seht ihr...<br />

Was seht Ihr da? Was? Mich?<br />

Mein Innerstes? Das Absolute, die Gewissheit??<br />

Das Nichts seht ihr,<br />

das absolute Nichts, ein glasiges Gallert,<br />

und ihr spürt eure ganze Verlorenheit!<br />

Genau wie ich sie spüre.<br />

Denn mehr ist es nicht.<br />

Was soll hinter dem Höhepunkt sein?<br />

Außer dem nächsten Höhepunkt?<br />

Feiert das Leben!<br />

Es dauert so lange es dauert.<br />

Der Tod ist die einzige Grenze.<br />

Bis dahin nehmt, was ihr kriegen könnt.<br />

Ich zeige es euch!<br />

Kommt her, ihr schönen, ihr geilen Geschöpfe – tanzt mit mir!<br />

Nehmt euch was ihr kriegen könnt!<br />

Das Einzige ist das Nichts,<br />

das Viele ist das Einzige,<br />

die Ausschweifung Erlösung...!<br />

Ich bin der Gott des entfesselten Lebens!“<br />

Vom NDR als einer der<br />

interessantesten Künstler der<br />

zeitgenössischen Musik bezeichnet,<br />

war Frieder Nagel<br />

zunächst viele Jahre hinter der<br />

Bühne aktiv. Als Produzent<br />

arbeitete er für Theater-, Clubund<br />

Theaterevents, realisierte<br />

zahlreiche Projekte mit<br />

Künstlern wie David August,<br />

La Boum Fatale und Daniel<br />

Brandt. Erst 2016 stand der<br />

Autodidakt im Radialsystem<br />

V in Berlin gemeinsam mit<br />

dem Deutschen Symphonie-Orchester<br />

erstmals selbst auf der<br />

Bühne. Das Konzert wurde von<br />

der internationalen Underground-Plattform<br />

Boiler Room<br />

gestreamt und führte zu einem<br />

weiterführenden Projekt an der<br />

Philharmonie Essen und der<br />

Eröffnung einer Klassik-Bühne<br />

auf dem Hamburger Reeperbahn<br />

Festival. 2018 veröffentlichte<br />

der Klangkünstler seine<br />

erste EP Distract Robots beim<br />

Pariser Label Infiné.<br />

Auszug aus Don Juan Techno Club<br />

75


76


DIE ANDERE STIMME<br />

Schöne Stimmen bezaubern. Hohe, schöne und kraftvolle Stimmen beeindrucken.<br />

Männerstimmen oberhalb der regulären Tenorlage erzeugen offenbar starke Empfindungen<br />

– bisweilen auch ganz unterschiedliche: hier Begeisterung bis zum Überschwang,<br />

dort Skepsis bis zum Unbehagen. Was machen die Gesänge der höhensicheren<br />

Pop-Größen von Paul McCartney bis zu Michael Jackson, von Freddy Mercury bis zu<br />

Ed Sheeran mit ihrem Publikum? Was versetzt die Massen an den Lautsprechern<br />

und in den Konzertarenen in Glückszustände oder lässt sie gar außer sich geraten?<br />

Was bereitet den Besuchern von Barockkonzerten und -opern Entzücken und wohlige<br />

Schauer? Und was veranlasst andererseits Menschen, vor solchen Klängen ihre Ohren<br />

zu verschließen?<br />

Zur Barockzeit war die Oper als Ort gesanglicher Höchstleistungen zunächst ein Theater<br />

der Stimmen (Thomas Seedorf). Und die höchsten männlichen Stimmen – die der<br />

Kastraten – wurden den Heldenfiguren zugeordnet. Das Barockzeitalter empfand ihren<br />

Klang als jugendlich, strahlend, männlich. Einerseits ist die damalige Klang-Realität<br />

heute nicht mehr überprüfbar, andererseits wissen wir, dass die höchsten Töne für das<br />

Klangempfinden der Gegenwart eher der weiblichen Stimme „gehören“ – oder doch<br />

nicht? Gibt es gesangliche Dimensionen, in denen Geschlechtsidentität nachrangig<br />

wird? Seit ein paar Jahren gerät so manche Sicherheit ins Wanken...<br />

Abgesehen vom ästhetischen Genuss beim Hören von Countergesang: Wenn diese<br />

Art des Singens Männer für heutige Ohren nicht wirklich männlich klingen lässt –<br />

dann wird das offenbar von immer mehr Hörerinnen und Hörern als faszinierende,<br />

weiterführende Qualität, als neue Erlebnisdimension wahrgenommen – jenseits<br />

der hinterfragungswürdigen Konvention, die da besagt, dass Männer männlich und<br />

Frauen weiblich zu klingen haben...<br />

Der zurzeit wohl prominenteste Künstler dieses Fachs, Philippe Jaroussky, versucht<br />

die enormen Erfolge, die er und seine Kollegen feiern, so zu umreißen: „Für mich<br />

ist diese Stimmlage einfach eine Gesangstechnik, für viele bleibt sie aber ein Mysterium<br />

– und für einen Countertenor ist dies ein Teil des Erfolgs. Die Stimme führt<br />

das Publikum zurück in die Vergangenheit – mit all den Geschichten über Kastraten.<br />

Die Leute begeben sich auf eine Reise ins Imaginäre. Ich glaube, das ist es, warum<br />

es so viele Anhänger gibt.“ Sein Konzert, das am 9. Juli im Reitstadel Neumarkt stattfindet,<br />

ist ausverkauft.<br />

Aber die <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> haben das Thema aufgegriffen und sechs weitere<br />

außerordentliche, international erfolgreiche Repräsentanten des Stimmfachs eingeladen.<br />

Ein Fest der Countertenöre ergibt sich daraus: musikalische Genüsse im<br />

Überfluss in insgesamt neun Konzerten. Und wer dem Phänomen weiter auf den<br />

Grund gehen und mehr erfahren will, hat die einmalige Chance, sich beim <strong>Internationale</strong>n<br />

Symposium der <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle der Universität Salzburg in der<br />

Tafelhalle die neuesten Forschungserkenntnisse zum Thema Hohe Männerstimmen<br />

zwischen <strong>Gluck</strong> und Rock erläutern zu lassen!<br />

77


VON STIMMEN, MODEN UND GLUCKS SÄNGERN<br />

Ein Gespräch über hohe Männerstimmen im Wandel der Zeit mit Thomas Seedorf<br />

Am 9. Februar 1756 fand in Roms Teatro Argentina die Uraufführung<br />

von Christoph Willibald <strong>Gluck</strong>s Antigono statt. Das<br />

Dramma per musica in drei Akten von Pietro Metastasio wurde<br />

ab 1743 von zahlreichen Komponisten vertont, darunter Hasse,<br />

Jommelli, Galuppi und Sammartini. Als <strong>Gluck</strong> den Auftrag in<br />

Rom annahm, komponierte er fünf der sechs Partien für hohe<br />

Stimmen. Entsprechend der konservativen Praxis der päpstlichen<br />

Metropole, die ausschließlich männliche Darsteller auf der Bühne<br />

erlaubte, wurden diese fünf Partien von Kastraten gesungen.<br />

Nach der Uraufführung verschwand <strong>Gluck</strong>s Antigono aus den<br />

Spielplänen und gilt seither als Opernrarität.<br />

Im Rahmen der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> in Nürnberg<br />

findet vom 5. bis 7. Juli <strong>2019</strong> unter dem Titel Die andere Stimme:<br />

Hohe Männerstimmen zwischen <strong>Gluck</strong> und Rock ein internationales<br />

Symposium statt, das sich aktuellen Forschungsfragen zur Bedeutung,<br />

Verwendung, Ästhetik und Rezeption hoher Männerstimmen<br />

widmen soll, vom Musiktheater des 18. Jahrhunderts<br />

bis hin zu zeitgenössischer Musik und Pop. Thomas Seedorf,<br />

Professor für Musikwissenschaft in Karlsruhe, ist Experte für<br />

historische Aufführungspraxis und Gesang.<br />

Vor etwa 30 Jahren beschäftigten sich Musikwissenschaftlerinnen und<br />

-wissenschaftler hauptsächlich mit kritischen Ausgaben von Noten,<br />

Komponisten-Biografien und ästhetischen Fragen. Heute gibt es viele<br />

verschiedene Projekte über Interpretations- und Stimmforschung. Wie<br />

und warum ergab sich der verstärkte Fokus der Musikwissenschaft auf<br />

„Performativität“?<br />

Thomas Seedorf: Man spricht von einem „performative turn“ in<br />

den Kulturwissenschaften, die sich in den letzten Jahrzehnten<br />

von der Fixierung auf Texte gelöst und den unterschiedlichsten<br />

Aspekten der Aufführung von Kunst zugewandt haben. Dieser<br />

Ansatz ist für die Musikwissenschaft von besonderer Bedeutung,<br />

da Musik, die nicht rein mündlich überliefert ist oder improvisiert<br />

wird, eine Doppelexistenz besitzt: als weitgehend unveränderlicher<br />

Notentext und als Aufführung, die jedes Mal anders ausfällt. Wie<br />

stark sich die Auffassungen über eine angemessene Interpretation<br />

eines Werks im Laufe der Zeit verändern, lässt sich leicht<br />

an Schallplattenaufnahmen nachvollziehen. Zwischen der Art<br />

und Weise, wie die britische Altistin Kathleen Ferrier 1951 die<br />

männliche Titelrolle in <strong>Gluck</strong>s Orfeo ed Euridice sang, und dem<br />

Interpretationsansatz aktueller Countertenöre wie Franco Fagioli<br />

oder Bejun Mehta liegen Welten.<br />

DIE ANDERE STIMME<br />

Hohe Männerstimmen<br />

zwischen <strong>Gluck</strong> und Rock<br />

<strong>Internationale</strong>s Symposium<br />

der <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle an<br />

der Paris-Lodron-Universität<br />

Salzburg<br />

Fr, 5. Juli, 15.45 - 18.00 Uhr<br />

und<br />

Sa, 6. Juli, 9.30 - 16.00 Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt<br />

Theatercafé<br />

Eintritt frei<br />

IM GESPRÄCH:<br />

DIE ANDERE STIMME<br />

Round-Table mit<br />

Valer Sabadus (Köln),<br />

Kordula Knaus (Bayreuth),<br />

Thomas Seedorf (Karlsruhe)<br />

Gesprächsleitung<br />

Alexander Moore (Wien)<br />

So, 7. Juli, 11 Uhr,<br />

Tafelhalle Nürnberg<br />

GLUCKWerkstatt<br />

Theatercafé<br />

78


Valer Sabadus<br />

79


Welche Vorteile bringt diese neue Perspektive innerhalb des Fachdiskurses?<br />

Sie erweitert den Blick auf die Werke, deren Partituren ja in der Regel nicht nur einem<br />

Spezialistenkreis vorbehalten, sondern Ausgangspunkt einer klanglichen Realisierung<br />

sein sollen. Unser Verhältnis zur komponierten Musik verändert sich mit der Veränderung<br />

der Interpretation dieser Musik.<br />

Denken Sie an bestimmte Beispiele?<br />

Ja. Vor 50 Jahren hätte sich kaum jemand vorstellen können, dass die Opern Händels,<br />

die es ungestrichen leicht mit der Aufführungsdauer einer Wagner-Oper aufnehmen<br />

können, ein großes Publikum begeistern und die Theater füllen könnten.<br />

Die „Historische Aufführungspraxis“ und ihre farbige, affektbetonte, rhetorische<br />

Zugangsweise erwies sich als Glücksfall für die Musik Händels, aber auch <strong>Gluck</strong>s<br />

und vieler andererKomponisten, deren Vielfalt und emotionaler Reichtum in diesem<br />

Interpretationsansatz viel stärker zur Geltung kommen konnte als in traditionellen<br />

Arten des Musizierens.<br />

Was versteht man unter den Anführungszeichen im Titel des Symposiums, um das Wort<br />

die „andere“ Stimme?<br />

Das „Andere“ hat verschiedene Facetten. Zum einen verweist der Begriff darauf, dass<br />

Männern grundsätzlich mehrere Stimmen zur Verfügung stehen: eine „normale“,<br />

die sie instinktiv im Alltag und beim umgangsmäßigen Singen verwenden, und eine<br />

„andere“, die sie bewusst einsetzen können. Die erste Art der Stimme nennt man<br />

Brust- oder Modalstimme, und sie ist in der Höhe begrenzt. Will ein Mann höher singen,<br />

als die Bruststimme zulässt, kann er in die „andere“ Stimme, in das sogenannte<br />

Falsettregister umschalten. Das ist jene Art der Stimmgebung, mit der Countertenöre<br />

singen. Sie steht im Prinzip jedem Mann zur Verfügung, bedarf aber eines besonderen<br />

Trainings, um in künstlerischer Weise eingesetzt zu werden. „Anders“ ist diese<br />

Stimme aber auch deshalb, weil sie lange Zeit als fremd, eigenartig, ja verstörend<br />

empfunden wurde. Alfred Deller, der Pionier des modernen Countertenor-Gesangs,<br />

begann seine Karriere kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Publikum und Kritik<br />

reagierten gespalten auf seine Art des Singens, denn das biologische Geschlecht des<br />

Sängers und die Stimme, mit der er sang, schienen nicht zusammenzupassen. Heute,<br />

einige Jahrzehnte später, wird die Fremdheit, die man früher mit der Falsettstimme<br />

verband, kaum noch empfunden. Countertenöre gehören zu den Stars des Musiklebens.<br />

Auch in der Popmusik ist der Gebrauch des Falsetts weitverbreitet, und das<br />

in den verschiedensten Ausprägungen – vom Ausdruck intimer Zärtlichkeit bis zum<br />

ekstatischen Schrei.<br />

Es ist doch überraschend, dass die männliche Stimme einen extrem großen Tonumfang<br />

besitzt. Farinellis Stimme zum Beispiel reichte von G bis c’’’. Ist die männliche Stimme<br />

elastischer als die weibliche?<br />

80


Das lässt sich in dieser Verallgemeinerung nicht sagen. Es gibt Sängerinnen, die ihre<br />

Stimme weit in die Tiefe führen können. Vivaldi hat, um ein historisches Beispiel<br />

zu nennen, mit Bassistinnen gearbeitet. Schon im 18. Jahrhundert erweiterten viele<br />

Sopranistinnen ihren Tonumfang in die Höhe. Mozarts Königin der Nacht in der<br />

Zauberflöte ist dafür nur eines von vielen Beispielen. Einige Vokalistinnen der Neuen<br />

Musik unserer Zeit haben diese Grenzen noch viel weiter gezogen. Das gilt für<br />

Männerstimmen in gleicher Weise. Stimmumfänge von mehreren Oktaven können<br />

von Singenden beiderlei Geschlechts erreicht werden.<br />

Aber zurück zu <strong>Gluck</strong>. Er musste sich bei der Besetzung des Antigono nur auf männliche<br />

Sänger beschränken. Wie war sein Verhältnis zu den Kastraten seiner Zeit?<br />

In der ersten Phase seiner Karriere war <strong>Gluck</strong> ein Komponist, der im Produktionssystem<br />

der italienischen Opera seria arbeitete. Sängerkastraten waren selbstverständlicher Teil<br />

dieses Systems, denn sie standen in der Ensemblehierachie als Darsteller der Heldenpartien<br />

an oberer Stelle. Aber auch in seiner späteren Schaffensphase, die mit Orfeo<br />

ed Euridice begann, arbeitete <strong>Gluck</strong> mit Kastraten zusammen. Gaetano Guadagni, der<br />

erste Orfeo, war nicht nur ein sehr guter Sänger, sondern auch ein hervorragender<br />

Darsteller. Später übernahm der Soprankastrat Giuseppe Millico die Partie des Orfeo,<br />

er war auch der männliche Hauptdarsteller in <strong>Gluck</strong>s Oper Paride ed Elena.<br />

Heutzutage sind hohe Männerstimmen wichtig für die populäre Musik. Für Vertreter des<br />

Glam Metal der 1980er Jahre (zum Beispiel Cinderella, Poison oder Bon Jovi) ist die hohe<br />

Männerstimme ein zentraler Teil ihrer Marke und Identität. Wann begann der Trend von<br />

hohen Männerstimmen in Pop und Rock?<br />

Falsettgesang war in der populären Musik beliebt und verbreitet, lange bevor die Countertenöre<br />

diese Art des Singens zu einer neuen Selbstverständlichkeit machten. Der<br />

erste Sänger der Comedian Harmonists beherrschte die Kunst, mit leichter Stimme in<br />

die Höhe zu singen ebenso wie der Tenor Richard Tauber, der mit seinen Falsett-Tönen<br />

bezauberte. Aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks entwickelten Soul-Sänger<br />

oder Crooner wie Rudy Vallee oder Bing Crosby Formen des Falsettgesangs, die von<br />

einem großen Publikum begeistert aufgenommen wurden.<br />

Kann die hohe Männerstimme von einem Komponisten eigentlich auch parodistisch<br />

behandelt werden?<br />

81


Ja, und das ist sogar häufig geschehen. Als die Kastraten um die Mitte des 17. Jahrhunderts<br />

zunehmend die männlichen Hauptrollen in der italienischen Oper übernahmen,<br />

wurden sie von Librettisten und Komponisten nicht als jene strahlenden Helden<br />

dargestellt, wie man sie aus der Oper des 18. Jahrhunderts kennt, sondern häufig als<br />

verweichlichte Kerle, die man immer wieder an ihre Rolle als Held erinnern muss.<br />

Hohe Tenöre traten in dieser Zeit oft in der Rolle von Ammen auf – ein ironisches<br />

Spiel mit Geschlechteridentitäten, das vom Publikum genossen wurde und sich auch<br />

heute großer Beliebtheit erfreut.<br />

Das Gespräch führte Matthew Werley<br />

(<strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle, Universität Salzburg).<br />

DIE VORTRÄGE<br />

Zehn Referentinnen und Referenten aus der ganzen Welt, von Ohio bis Zagreb, versammeln<br />

sich Anfang Juli <strong>2019</strong> in Nürnberg, um dieses vielseitige Thema zu diskutieren<br />

und ihre Forschungsergebnisse vor einem breiten Publikum zu präsentieren.<br />

Tanja Gölz (<strong>Gluck</strong> Gesamtausgabe Mainz) spricht über <strong>Gluck</strong> und die Sänger der<br />

Opera seria. Welche Interpreten der Komponist vorgesehen hat und welche seinen<br />

musikalischen Stil beeinflusst haben, sind wichtige Fragen, die bisher nur marginal<br />

von der Forschung betrachtet wurden. Irene Brandenburg (Salzburg) wird über <strong>Gluck</strong>s<br />

Antigono sprechen. Brandenburgs Vortrag fasst den aktuellen Forschungsstand über<br />

<strong>Gluck</strong> und dessen berühmtes, aber völlig verschwundenes Werk zusammen und wirkt<br />

gleichzeitig als Einleitung für die Wiederaufführung der Oper nur wenige Stunden<br />

später in Bayreuths Markgräflichem Opernhaus. Das Symposium wirft auch einen<br />

Blick auf einen anderen Komponisten des 18. Jahrhunderts, nämlich Georg Friedrich<br />

Händel. In seinem Vortrag Cross-dressing und Stimmen: Auswechselbarkeit<br />

der weiblichen und männlichen Partien der Opera seria des 18. Jahrhunderts (auf<br />

Englisch), nimmt Ivan Curkovic (Zagreb) Genderkonzepte von männlichen Partien<br />

Händel‘scher Opern genau unter die Lupe. Je nach historischem Umfeld unterscheiden<br />

das spanische Team Miguel Aguilar-Rancel und Teresa Cascudo Zwischen Soprankastraten<br />

und ,geänderten‘ Sopranen. Hier wird eine Vielzahl von Beispielen, vom<br />

Venedig des frühen 17. Jahrhunderts bis zu Berlioz im 19. Jahrhundert, analysiert,<br />

um musikalisch-ästhetische Unterschiede der hohen Männerstimmen aufzuzeigen.<br />

Ein Sprung zur zeitgenössischen Oper des 20. und 21. Jahrhunderts folgt mit Sarvenaz<br />

Safari (Weimar), die einen Vortrag Zur Semantik der hohen Männerstimmen in<br />

Bernhard Langs ‚Das Theater des Wiederholungen‘ (2003) hält. Langs Bühnenstück,<br />

das die Wiederkehr der Gewalt in der Menschheitsgeschichte thematisiert, besetzt<br />

neben zwei Sopranen und Bässen auch zwei Countertenöre. Den interdisziplinären<br />

Übergang zwischen Film und intermedialen Bühnenstücken spricht Elisabeth van<br />

82


Treeck (Bochum) in ihrem Vortrag Countertenöre in Olga Neuwirths Musiktheater<br />

an. Sie stellt die Frage, inwiefern die hohe Stimmlage ein „Anderes“ in Neuwirths<br />

Bühnenwerken seit den 1990er Jahren repräsentiert.<br />

Dass die Ausbreitung von hohen Männerstimmen keineswegs nur auf das klassische<br />

Musiktheater beschränkt ist, sondern auch in der populären Musik stark vertreten ist,<br />

zeigt Philip Lambert aus New York mit seinem Vortrag in englischer Sprache Himmlischer<br />

Kontrapunkt und Gekreische im Falsett: Brian Wilson und die Stimmkunst<br />

der Beach Boys. Der kalifornische Surf-Sound ist einzigartig und weltweit bekannt.<br />

Lamberts Vortrag fügt sich nahtlos an den Vortrag Der Aufstieg des Falsetts im Zeitalter<br />

der Disco-Dekade (auf Englisch) von Mark Perry aus Ohio an. Perry verdeutlicht<br />

darin die Verbindungen zwischen Stimmklang und der sexuellen Revolution der<br />

1970er Jahre.<br />

Die ästhetisch-musikalischen Zusammenhänge von Händel bis Neuwirth werden<br />

sowohl aus einer historischen als auch aus einer ästhetischen Perspektive zusammengefasst.<br />

Freya Jarman aus Liverpool fokussiert sich in Die, andere‘ Welt der<br />

‚anderen‘ Stimmen: Von himmlischen und dämonischen hohen Männerstimmen<br />

(auf Englisch) auf die Ästhetik der hohen Männerstimme von Händel bis <strong>Gluck</strong>. Das<br />

große historische Panorama wird dann in Thomas Seedorfs (Karlsruhe) Keynote-Vortrag<br />

zusammengefasst. Am Sonntag folgt ein Podiumsgespräch rund um die Frage<br />

Woher der Counter-Boom? mit dem Countertenor Valer Sabadus, Moderator Alexander<br />

Moore, der Musikwissenschaftlerin Kordula Knaus und Thomas Seedorf. Wir freuen<br />

uns auf spannende Diskussion und reges Publikumsinteresse.<br />

„Ich bin <strong>Gluck</strong> schon sehr früh begegnet, denn eine der ersten<br />

Opern, die ich in meiner Kindheit am Stadttheater Bern gesehen<br />

habe, war Orfeo ed Euridice. In der Inszenierung musste der Titelheld<br />

seine berühmte Arie Che farò senza Euridice flach auf dem Rücken<br />

liegend singen. Ich war fünf Jahre alt und wusste noch nichts über<br />

die Verschiedenheit von Inszenierungen und dachte also, diese Arie<br />

MÜSSE stets auf dem Rücken liegend gesungen werden... und habe<br />

mich dann zu Hause auch immer auf den Boden gelegt, um diese<br />

Arie zu imitieren.“<br />

Terry Wey<br />

83


84


FREIER HIMMEL – FREIER EINTRITT<br />

<strong>Gluck</strong> für alle<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> war der Sohn eines Försters, und die Verbindung des Menschen zur<br />

Natur spielte Zeit seines Lebens eine große Rolle für ihn. Besonders auf dem Höhepunkt seines<br />

Schaffens, der Zeit der großen Reformopern in Paris, wurde sein Bestreben, dem Operngesang<br />

seine natürliche Empfindsamkeit zurückzugeben, über die Maße gefeiert. Marie-Antoinette,<br />

ihrerseits glühende Anhängerin der Naturphilosophie von Jean-Jacques Rousseau, der seinerseits<br />

wiederum ein großer Verehrer <strong>Gluck</strong>s war, schrieb nach der Premiere von Iphigénie en Aulide<br />

1774 an ihre Schwester: „Ich hatte Herrn <strong>Gluck</strong> noch vor den Proben sehen wollen, und er hat<br />

mir selbst den Plan seiner Ideen entwickelt, den ‚wahren Charakter der theatralischen Musik‘,<br />

wie er es nennt, wieder ins Natürliche zurückzuführen; und so wie ich es empfunden habe, ist<br />

ihm das über alles Erwarten gut gelungen.“ <strong>Gluck</strong> hatte die Verbindung zwischen Kultur und<br />

Natur zu Musik werden lassen…<br />

Was könnte es Schöneres geben, als zur lauen Sommerzeit unter freiem Himmel nicht nur den<br />

Gesang der Vögel, sondern auch die Musik von <strong>Gluck</strong> zu genießen – und das zum Nulltarif!?<br />

Die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> freuen sich, ihrem Publikum gleich drei Veranstaltungen<br />

dieser Art zum Geschenk machen zu können…<br />

Bei freiem Eintritt und hoffentlich schönstem Sonnenschein möchten wir alle Musikfreunde der<br />

Metropolregion dazu einladen, am 2. Juli den Geburtstag von Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> mit uns<br />

in Berching zu feiern, sich am 6. Juli beim Open Air Konzert der Jungen Fürther Streichhölzer<br />

im Südstadtpark Fürth davon zu überzeugen, wie gut <strong>Gluck</strong> nach Hollywood passt, und sich am<br />

14. Juli, dem letzten Tag der <strong>Festspiele</strong>, auf eine <strong>Gluck</strong>liche Reise in den Schlossgarten Erlangen<br />

zu begeben, wo es mit sieben Bläsern einmal quer über den europäischen Kontinent geht. Für<br />

diese Veranstaltungen werden keinerlei Karten benötigt. Sie können einfach vorbeikommen und<br />

das sommerliche Festival-Flair genießen…<br />

Zur Einstimmung auf unsere vielseitigen Veranstaltungen unter freiem Himmel bei freiem<br />

Eintritt erhalten Sie auf den folgenden Seiten aufschlussreiche Einblicke in die Aktivitäten der<br />

<strong>Gluck</strong>stadt Berching, die wir mit Hilfe des ehemaligen Bürgermeisters Rudolf Eineder erkunden<br />

durften. Bernd Müller, der Dirigent und Leiter der Jungen Fürther Streichhölzer, hat uns zu sich<br />

in die Musikschule Fürth eingeladen und uns aus seinem Alltag erzählt. Und einen Routenplaner<br />

zur Vorbereitung auf die <strong>Gluck</strong>liche Reise haben wir Ihnen auch zusammengestellt…<br />

„Ich glaube, die Musik müsse für die Poesie dasjenige sein, was die<br />

Lebhaftigkeit der Farben und eine glückliche Mischung von Schatten<br />

und Licht für eine fehlerfreie und wohlgeordnete Zeichnung sind,<br />

indem sie nur dazu dienen, die Figuren zu beleben, ohne die<br />

Umrisse zu zerstören.“<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

85


GLUCK IN BERCHING<br />

Ein Gespräch mit Rudolf Eineder<br />

Es ist Adventszeit, klirrend kalt, die ersten Schneeflocken könnten<br />

bald fallen. In Berching ist es ruhig an diesem Montag im<br />

Dezember. Im Café Plank, der alteingesessenen Bäckerei und<br />

Konditorei im Herzen der Stadt am Pettenkoferplatz, wartet<br />

Rudolf Eineder – langjähriger Bürgermeister und ausgemachter<br />

<strong>Gluck</strong>freund. Seit vielen Jahren pflegt er mit einem engagierten<br />

Kreis das Image der <strong>Gluck</strong>stadt und verschafft dem Komponisten<br />

einen festen Platz im Bewusstsein ihrer Bürger.<br />

Ein Erlebnis in Wien<br />

Die erste Begegnung mit <strong>Gluck</strong>? Daran kann sich Eineder noch<br />

gut erinnern. Es war im Jahr 1987, als er vom Kulturreferenten der<br />

Stadt Wien in die Staatsoper eingeladen wurde: „Da ich in einem<br />

kleinen Dorf in Niederbayern aufgewachsen bin, hatte ich mit<br />

<strong>Gluck</strong> bis dato eigentlich nichts zu tun. Aber diese Aufführung<br />

von Iphigenie in Wien war ein unvergessliches Erlebnis. Diese<br />

Musik und die Staatsoper… wann erlebt man so etwas schon als<br />

junger Lehrer?“ Die Beschäftigung mit dem Komponisten sollte<br />

schon bald zu einer seiner Lebensaufgaben werden. Denn 1990<br />

wurde Eineder in den Stadtrat der Gemeinde Berching gewählt, in<br />

deren Ortsteil Erasbach Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> 1714 geboren<br />

wurde, und gleich für das Amt des zweiten Bürgermeisters vorgeschlagen.<br />

Von nun an hatte er sich um die kulturellen Belange<br />

der Gemeinde zu kümmern – eine Aufgabe, die ihn bis heute<br />

nicht losgelassen hat.<br />

Wie Berching zur <strong>Gluck</strong>stadt wurde<br />

Aber immer der Reihe nach. „Eine der ersten Aufgaben zu meiner<br />

Amtszeit als zweiter Bürgermeister war die Gestaltung der<br />

Eröffnungsfeierlichkeiten des Main-Donau-Kanals 1992. Zwei<br />

Wochen dauerten sie. Musik – natürlich auch die von <strong>Gluck</strong> –<br />

spielte eine wichtige Rolle. <strong>Gluck</strong> zum Sommerkonzert – daraus<br />

sollte Tradition werden. Alles im Freien, wobei uns der Wettergott<br />

nicht immer gnädig war. Aber den Leuten gefiel es. <strong>Gluck</strong>s<br />

Musik gewann immer größere Aufmerksamkeit. Als ich 1996<br />

zum ersten Bürgermeister gewählt wurde, stand für mich längst<br />

fest, dass man für <strong>Gluck</strong> noch viel mehr machen muss!“<br />

DAS GEBURTSTAGSFEST<br />

Gastgeber sind der Freundeskreis<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

e.V. und die Stadt Berching<br />

in Kooperation mit der Pocket<br />

Opera Company (künstlerische<br />

und musikalische Leitung<br />

Franz Killer), dem Gymnasium<br />

Beilngries mit Chor (Leitung<br />

Patricia Lanz) und Orchester<br />

(Leitung Dr. Bernhard Strunz)<br />

sowie der Mittelschule und<br />

Realschule Berching.<br />

Weitere Mitwirkende: Gertrud<br />

Demmler-Schwab (Sopran),<br />

Stephanie Altmann (Mezzosopran),<br />

Robert Eller (Bariton)<br />

und Klaus Meile (Schauspieler),<br />

das Orchester der<br />

Pocket Opera Company, der<br />

Motetten-Chor-Nürnberg und<br />

Philharmenka<br />

Di, 2. Juli, 17.00 Uhr,<br />

Hans-Kuffer-Park, Berching<br />

Eintritt frei<br />

„Deine Musik wird<br />

immer lebendig<br />

bleiben, Christoph<br />

Willibald <strong>Gluck</strong>!“<br />

Leandro Marziotte<br />

Was brachte Eineder zu dieser Überzeugung? „<strong>Gluck</strong> war einer<br />

der großen Reisenden des 18. Jahrhunderts. Von Prag über Wien,<br />

86


Mailand, Rom, London, Paris bis Kopenhagen. <strong>Gluck</strong> hat seinen<br />

eigenen europäischen Gedanken schon im 18. Jahrhundert gelebt.<br />

Und für die Musikgeschichte Europas war er ein Pionier, brachte<br />

Musik und Handlung in der Oper als erster wirklich zusammen.<br />

Und dieser Komponist ist hier geboren! Jede Stadt braucht ein<br />

Markenzeichen, und wir haben diesen wunderbaren Musiker –<br />

ein Geschenk des Himmels!“Es ging also an die Arbeit. Gerhard<br />

Croll, der wohl bedeutendste <strong>Gluck</strong>-Forscher der Gegenwart, stand<br />

Eineder zur Seite, und gemeinsam formten sie das Image der<br />

<strong>Gluck</strong>stadt Berching. „Nach den Sommerkonzerten wagten wir<br />

uns an kleine Opern, die am Pettenkoferplatz zur Aufführung<br />

kamen, dann wurde im Erdgeschoss des Heimatmuseums das<br />

<strong>Gluck</strong>museum eröffnet. Überhaupt ließen wir keine Gelegenheit<br />

aus, <strong>Gluck</strong> stärker ins Interesse der Stadt zu rücken.“<br />

Als Nachfolger Gerhard Crolls übernahm Rudolf Eineder 2008<br />

den Vorsitz der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-Gesellschaft. Doch neben<br />

diesem überregionalen Engagement sollte auch in Berching weiterhin<br />

mehr getan werden, zumal 2013/14 die Saison mit <strong>Gluck</strong>s<br />

300. Geburtstag anstand. Das war der rechte Zeitpunkt, die <strong>Gluck</strong>freunde<br />

Berching e.V. ins Leben zu rufen – ein zunächst kleiner<br />

Kreis aus gluckbegeisterten Persönlichkeiten der Stadt und von<br />

außerhalb, der sich über die Jahre kontinuierlich vergrößerte.<br />

300 Jahre <strong>Gluck</strong> und die Entdeckung der Landpartie<br />

Mit voller Kraft machte man sich an die Planung des Jubiläumsjahres.<br />

„Wir haben den 300. Geburtstag eigentlich über zwei Jahre<br />

hinweg gefeiert. Die größte Erfindung zu diesem Anlass war die<br />

Landpartie. Unter dem Motto des Dreiklangs von Kultur, Natur<br />

und Musik haben wir Wanderungen in der Geburtsregion <strong>Gluck</strong>s<br />

bzw. im Jagdgebiet des Oberförsters Alexander <strong>Gluck</strong>, dem Vater<br />

des Komponisten, entwickelt. In den ersten Jahren drehte sich die<br />

Landpartie meist um <strong>Gluck</strong>s Leben und Werdegang. Seit zwei,<br />

drei Jahren bieten wir kleine Opern in regelmäßiger Zusammenarbeit<br />

mit der Pocket Opera Company unter der musikalischen<br />

und künstlerischen Leitung von Franz Killer.“ Rudolf Eineder<br />

gerät ins Schwärmen. „Es ist ein großartiges Erlebnis, wenn 150<br />

Menschen sich gemeinsam in den Wald aufmachen, begleitet<br />

von Ortskundigen in historischen Gewändern, überrascht von<br />

Schauspielern, begrüßt von Musikern. Und was wir dem Publikum<br />

nicht schon alles geboten haben: Pferdekutschen, ein Treidelschiff,<br />

ein Floß – immer eine ganz besondere Erfahrung!“ Natürlich<br />

Franz Killer dirigierte zahlreiche<br />

Ur- und Erstaufführungen<br />

mit namhaften Orchestern<br />

und Ensembles verbunden<br />

mit Rundfunkproduktionen<br />

und setzt sich über Jahrzehnte<br />

hinweg für die Aufführung von<br />

unbekannten Kammeropern ein<br />

wie zum Beispiel Das Tagebuch<br />

der Anne Frank (DE<br />

/ 1994) von Grigori Frid und<br />

Jason und Medea von Volker<br />

Blumenthaler (UA / 1996).<br />

Seit 1982 leitet er den Motetten-Chor-Nürnberg<br />

mit dem<br />

er zahlreiche Auftritte im Inund<br />

Ausland realisierte. 2003<br />

übernahm er die musikalische<br />

Leitung der Pocket Opera<br />

Company Nürnberg. Im August<br />

2007 wurde ihm die künstlerische<br />

Leitung dieser überregional<br />

bekannten Musiktheatertruppe<br />

übertragen. Nebst seinem Engagement<br />

als Dirigent, komponierte<br />

Franz Killer für zahlreiche<br />

Bühnen: unter anderem vollendete<br />

er im Wagner-Jahr 2013<br />

das Opernfragment Männerlist<br />

größer als Frauenlist oder Die<br />

glückliche Bärenfamilie von<br />

Richard Wagner, das im selben<br />

Jahr in Nürnberg die vielbeachtete<br />

Uraufführung erlebte.<br />

87


ist jede Landpartie ein Mammutprojekt für die Gemeinde: „Dahinter steht jeweils<br />

ein organisatorischer Masterplan. Für Darsteller und Techniker muss ja eine andere<br />

Route gefunden werden, damit alles rechtzeitig steht. Da sind viele helfende Hände<br />

nötig. Aber der Aufwand lohnt sich jedes Mal.“ Die kleinen Wanderungen umfassen<br />

meist eine Tour von fünf bis sechs Kilometern und starten beim <strong>Gluck</strong>museum an<br />

der Johannisbrücke 2 – in diesem Jahr mit einer kleinen Variante von Orpheus und<br />

Eurydike (siehe Artikel S. 42 f.) „Natürlich veranstalten wir hier keine Weltstadt-Oper<br />

wie in Wien (er lacht). Wir machen Oper zum Anfassen – dafür kommen aber auch<br />

Leute hierher, die sonst nicht ohne weiteres in die Oper gehen würden. Und das ist<br />

etwas Wunderbares!“<br />

Eine Zukunft für <strong>Gluck</strong><br />

An den Jubiläumsfeierlichkeiten 2013/14 waren sehr viele Bürgerinnen und Bürger<br />

beteiligt – von ortsansässigen Musikerinnen und Musikern, über Schülerinnen und<br />

Schüler bis hin zu einem integrativen Projekt, das Menschen mit Behinderung in das<br />

Geschehen einband. Diese Erfahrungen haben <strong>Gluck</strong> der Stadt noch mal ein ganzes<br />

Stück nähergebracht: „Mich hat immer interessiert, wie viel <strong>Gluck</strong> die Stadt Berching<br />

verträgt. Das versuchten wir auszuloten. Und wenn es zu einem Diskussionsforum<br />

über <strong>Gluck</strong> mit Musik am Vormittag Weißwürste geben soll, dann machen wir das.<br />

Aber die Leute kommen dann auch, und einen Zusammenhalt gibt es hier sowieso<br />

immer. Ein spontanes Premierenessen für 60 Personen? Kein Problem für unseren<br />

Griechen. 50 Notenständer für ein Konzert? Da wird einfach schnell die Schule aufgeschlossen,<br />

und schon hat man die Sachen. Das ist das Schöne hier auf dem Land.“<br />

Auch wenn Christoph Willibald <strong>Gluck</strong> heute für viele in Berching schon dazugehört,<br />

ist sich Eineder sicher: „Man muss dranbleiben. Eine Landpartie pro Jahr reicht nicht.<br />

So etwas wie der <strong>Gluck</strong>-Wanderweg, das <strong>Gluck</strong>museum, da muss man findig bleiben –<br />

nicht nur Veranstaltungen machen, sondern Erlebnisse schaffen und vor allem...“,<br />

Eineder wird jetzt ernst und klar: „...müssen wir mehr junge Leute begeistern. Die<br />

sollen uns Silberhaarige langsam ruhig ablösen. Bei den <strong>Gluck</strong>freunden haben wir<br />

schon eine Verjüngung hinbekommen, aber es muss noch mehr passieren.“ Eineder<br />

hat hierzu auch schon die passende Idee: „Mit der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-Gesellschaft<br />

arbeiten wir schon länger daran, Materialien für den Schulunterricht zu entwickeln.<br />

Da muss man ansetzen.“ Aber <strong>Gluck</strong> neben Bach, Haydn und Mozart in der Schule?<br />

Das ist noch Zukunftsmusik.<br />

88


Das Geburtstagsfest <strong>2019</strong><br />

In diesem Sommer wird erst einmal wieder <strong>Gluck</strong>s Geburtstag gefeiert, und zwar der<br />

305. Am 2. Juli auf dem Reichenauplatz. „Um diesen Geburtstag gibt es in Berching<br />

ja einen riesigen Streit, wissen Sie das? Die einen behaupten tatsächlich noch immer,<br />

<strong>Gluck</strong> sei am 4. Juli 1714 im Ortsteil Weidenwang geboren, dabei gibt es Beweise,<br />

dass es am 2. Juli in Erasbach war, und es die Taufe war, die zwei Tage später in Weidenwang<br />

stattgefunden hat. Aber das darf man hier nicht überall laut sagen. Dafür<br />

wurden mir im Bierzelt auch schon mal Prügel angedroht.“ Er lacht und fährt fort:<br />

„Klar, einen letztgültigen Beweis, so etwas wie eine Geburtsurkunde gibt es nicht. Viele<br />

Dokumente aus <strong>Gluck</strong>s Nachlass sind 1807 bei einem Großbrand in Wien dem Feuer<br />

zum Opfer gefallen. Dennoch ist ein sogenanntes ‚Lebenszeichen‘ aus den Pariser<br />

Jahren erhalten. <strong>Gluck</strong> musste so etwas in regelmäßigen Abständen unterzeichnen,<br />

um sein stattliches Gehalt aus Frankreich zu beziehen. Auf diesem Papier ist der 2.<br />

Juli 1714 als sein Geburtstag vermerkt. Außerdem gibt es den Nachweis für eine im<br />

Zweiten Weltkrieg verbrannte Immatrikulationsbescheinigung von 1732 aus Prag,<br />

in der <strong>Gluck</strong> sich mit „aus dem pfälzischen Erasbach kommend“ einträgt. <strong>Gluck</strong> ist<br />

in seiner Kindheit und Jugend häufig umgezogen. Warum sollte er gerade Erasbach<br />

aus diesen Stationen herausgreifen, wenn es nicht sein Geburtsort war? Wir feiern<br />

jedenfalls am 2. Juli.“<br />

Und was wird bei diesem Geburtstagsfest geboten? „Es soll ein Fest voller Überraschungen<br />

werden, mit vielen unterschiedlichen, teilweise hochkarätigen Gratulanten,<br />

die dem Jubilar ihre Geschenke übergeben werden. Ein bereits durch die letzte Landpartie<br />

bekannter Zeitgenosse <strong>Gluck</strong>s wird durch das Programm führen: der aus Wien<br />

angereiste Graf Giacomo Durazzo. Er wird aus dem Leben <strong>Gluck</strong>s erzählen, aber<br />

auch von Begegnungen mit dem berühmten Reiseschriftsteller Charles Burney, der<br />

<strong>Gluck</strong> in Wien aufgesucht hatte und so manches aus dem „Nähkästchen“ des großen<br />

Meisters verrät. Virtuose Bläserklänge, dargeboten von dem Orchester Philharmenka,<br />

atemberaubende Koloraturarien präsentiert von Ensemblemitgliedern der Pocket<br />

Opera Company im Wechselspiel mit dem Motetten Chor Nürnberg, träumerische<br />

Instrumental- und Vokalstücke dargeboten von Schülerinnen und Schülern des Beilngrieser<br />

Gymnasiums unter der Leitung von Bernhard Strunz. Den Rahmen bildet<br />

ein Werk <strong>Gluck</strong>s, das für alle eine Entdeckung werden wird: Le feste d’Apollo – exakt<br />

vor 250 Jahren in Parma uraufgeführt, erklingt in Auszügen erstmals in Berching.<br />

Und nicht nur an den Ohrenschmaus ist gedacht: Aber das ist eine Überraschung.“<br />

Rudolf Eineder verharrt kurz in seinen Gedanken und fügt hinzu: „Sogar unser Volksfestverantwortlicher<br />

wird kommen, obwohl er mit <strong>Gluck</strong> relativ wenig am Hut hat.<br />

Warum? Na, wegen dem Auftritt von Philharmenka... Also <strong>Gluck</strong> als Blasmusik, das<br />

interessiert ihn dann doch. Sehen Sie, Berching ist einfach begeisterungsfähig – man<br />

muss nur wissen wie!“<br />

Das Gespräch führte Friederike Engel.<br />

89


GLUCK IN HOLLYWOOD<br />

Ein Gespräch mit Bernd Müller<br />

<strong>Gluck</strong>s Sinfonie in G-Dur war das allererste Stück, das Bernd<br />

Müller selbst als Jugendlicher im Schulorchester einstudieren<br />

durfte. „Das war keine leichte Aufgabe… Ich spiele ja Geige und<br />

musste in diesem Falle eine umgeschriebene Bratschenstimme<br />

spielen“, erinnert sich der Musiker. Es war eine Begegnung mit<br />

Folgen, denn das Schulorchester war nur der Anfang für den Violinisten<br />

und gebürtigen Fürther. Von dort aus ging es für Bernd<br />

Müller direkt zu den Jungen Fürther Streichhölzern, deren Leiter<br />

er heute ist. Begeistert beschreibt er, wie hier engagiert mit jungen<br />

Menschen Musik gemacht wird. Vom Vororchester, in dem die<br />

Acht- bis Neunjährigen anfangen, über das Nachwuchsorchester,<br />

das Kammerorchester bis zum Sinfonieorchester, in dem die 15- bis<br />

18-Jährigen spielen, wird hier gemeinsam musiziert. Ihn selbst<br />

hat seine Zeit bei den Streichhölzern dazu gebracht, Profimusiker<br />

zu werden. „Das machen aber nicht viele. Die meisten erhalten<br />

sich die Musik als Hobby, was vermutlich auch ganz gut ist. Der<br />

Markt ist ja doch ziemlich übersättigt, und außerdem…“, Bernd<br />

Müller schmunzelt, „ist ja allgemein bekannt, dass der wesentliche<br />

Unterschied zwischen einem Jugend- und einem Profiorchester<br />

darin besteht, dass es im Jugendorchester Spaß macht...“<br />

Vom seltenen Gebrauch des Veto-Rechts<br />

Während seines Studiums war der Violinist unter anderem als<br />

Konzertmeister in der Jungen Deutschen Philharmonie tätig,<br />

später als erster Geiger der Staatsphilharmonie Nürnberg. 1997<br />

gründete er das Orchester KlangLust!, in dem ehemalige und<br />

derzeit aktive Streichhölzer, Musikstudierende und Profimusiker*innen<br />

zusammenkommen. Eine Formation, die Bernd Müller<br />

auch neben seiner Haupttätigkeit bis heute am Herzen liegt. Es<br />

war dann 2004, als der endgültige Ruf zurück zu den Wurzeln<br />

kam: „Das Telefon klingelte. Die Cellistin Christel Opp, die die<br />

Jungen Fürther Streichhölzer Anfang der Achtziger gegründet<br />

hatte, war am Apparat und fragte mich direkt heraus, ob ich mir<br />

vorstellen könnte, die Leitung des Orchesters zu übernehmen. Sie<br />

wollte sich nach 20 Jahren anderen Aufgaben zuwenden. Ich habe<br />

mich natürlich sehr geschmeichelt gefühlt und gerne zugesagt.“<br />

Bernd Müller strahlt. Es wird deutlich, welch große Freude es<br />

für ihn gewesen sein muss, diese Aufgabe zu übernehmen und<br />

fortan junge Menschen für Musik zu begeistern.<br />

CLASSIC GOES<br />

HOLLYWOOD 3<br />

Die Jungen Fürther<br />

Streichhölzer<br />

Sa, 6. Juli, 19.30 Uhr,<br />

Südstadtpark Fürth<br />

Eintritt frei<br />

Die Jungen Fürther Streichhölzer,<br />

das Jugendsymphonieorchester<br />

der Stadt Fürth, zählt<br />

in insgesamt vier Orchestern<br />

zusammen etwa 170 aktive<br />

Mitglieder, die sich – aus dem<br />

gesamten Großraum Fürth -<br />

Nürnberg - Erlangen kommend<br />

– einmal wöchentlich zum Proben<br />

treffen. Vor über 30 Jahren<br />

gegründet hat es sich zu einem<br />

außergewöhnlichen Klangkörper<br />

in der deutschen Jugendorchesterlandschaft<br />

entwickelt.<br />

Seit 2004 ist Bernd Müller für<br />

die Jungen Fürther Streichhölzer<br />

künstlerisch verantwortlich.<br />

Er war selbst langjähriges<br />

Orchestermitglied und Konzertmeister<br />

des Orchesters.<br />

90


Seine Tätigkeit als Leiter und Dirigent der Jungen Fürther Streichhölzer ist äußerst vielseitig.<br />

Immerhin umfasst der Verbund der Orchester für die verschiedenen Altersgruppen um die 170<br />

aktive Mitglieder. Konzerte, Konzertreisen und die dazugehörigen Proben müssen organisiert,<br />

die musikalischen Programme zusammengestellt und einstudiert werden. Hier entscheidet<br />

Bernd Müller allerdings nicht allein. „Es gibt einen Orchestervorstand, der sich aus Mitgliedern<br />

der verschiedenen Instrumentengruppen zusammensetzt. In dieser Runde setzen wir uns drei<br />

bis vier Mal im Jahr zusammen, um Programmvorschläge zu diskutieren. Aber ich habe natürlich<br />

ein Veto-Recht.“ Er lacht und fügt hinzu: „Von dem ich selten Gebrauch machen muss.“<br />

Insgesamt stehen für die Fürther Streichhölzer vier große Konzerte und eine Konzertreise im<br />

Jahreskalender, zwei der Konzerte finden im Stadttheater Fürth statt, und eines ist jeweils das<br />

sommerliche Open Air im Südstadtpark.<br />

Endlich einmal <strong>Gluck</strong>!<br />

„Als ich dem Orchestervorstand von der Möglichkeit erzählt habe, mit den <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n<br />

zu kooperieren, stieß das sofort auf Begeisterung. Da <strong>Gluck</strong> nicht allzu viele Instrumentalwerke<br />

komponiert hat, hatten wir uns bisher nicht viel mit ihm beschäftigt. Eine kleinere Formation<br />

hatte einmal die Gelegenheit gehabt, einen Orpheus zu begleiten, aber sonst kam es bisher nie<br />

dazu.“ Durch den Zeitrahmen der <strong>Festspiele</strong> war schnell klar, dass die Zusammenarbeit das<br />

Open-Air-Konzert im Südstadtpark betreffen würde. Und auch dass es ein Programm mit Filmmusik<br />

werden würde, stand bald fest.<br />

„Diese Art von Musik passt einfach perfekt für ein Open Air. Sie kommt emotional so gut auf den<br />

Punkt, hat eine direkte, klare Wirkung. Wir haben damit schon gute Erfahrungen unter freiem<br />

Himmel gemacht.“ Aber was hat nun <strong>Gluck</strong> mit Filmmusik zu tun? „Ich war ganz fasziniert, wie<br />

häufig Kompositionen von <strong>Gluck</strong> schon als Soundtrack verwendet wurden.“ Und tatsächlich: Wirft<br />

man einen Blick in die große Filmdatenbank unter www.imdb.com, staunt man, wie viele Titel<br />

dort zu <strong>Gluck</strong> gelistet werden. Vom Western aus den 1930er Jahren, über Gefährliche Liebschaften<br />

mit Glenn Close und John Malkovich bis hin zum 2009 mit acht Oscars ausgezeichneten Film<br />

Slumdog Millionär. „Meist sind es Nummern aus Orfeo ed Euridice, berichtet Müller. „Vermutlich<br />

kein Wunder, denn gerade in diesem Werk entfaltete <strong>Gluck</strong> ja erstmals die ganze emotionale<br />

Wirkungskraft seiner Musik, und genau hierin besteht ja auch die Aufgabe von Filmmusik.“<br />

Aus diesem Anlass werden auch der Reigen seliger Geister, der Furientanz und vielleicht die Ouvertüre<br />

des Orpheus beim Open-Air-Konzert erklingen – im vollen Kino-Sound! „Das ist absolut<br />

das Richtige für einen Sommertag im Park, obwohl es sicher noch viele, vielleicht auch aufregendere,<br />

entdeckungswürdige Werke von <strong>Gluck</strong> gibt.“ In jedem Fall freut sich Bernd Müller<br />

auf seine überraschende Wiederbegegnung mit dem Komponisten: „Bei hoffentlich schönem<br />

Wetter“ am Samstag, den 6. Juli im Südstadtpark...<br />

Das Gespräch führte Friederike Engel.<br />

91


Philharmenka<br />

92


93


UNTERWEGS MIT GLUCK<br />

Wir Musikanten<br />

Kurt Gäble<br />

Arrangement Christian Wissel<br />

Ouvertüre zu Ezio<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

Gruß an Böhmen<br />

Vackar Vaclav<br />

Ausschnitt aus La clemenza di Tito<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

Vierteljahrhundert Dreiviertler<br />

Herbert Pixner<br />

Arrangement Georg Birner<br />

Mars der Medici<br />

Johann Wichers<br />

Arrangement Paul Meiler<br />

Ouvertüre zu Iphigénie en Aulide<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

Paris<br />

Cellini Intrada<br />

Christian Wissel<br />

Ouvertüre zu Orpheus und Eurydike<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

Wien bleibt Wien<br />

Johann Schrammel<br />

Ouvertüre zu La contesa dei Numi<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

Fnugg Blue<br />

Oystein Baadsvik<br />

Arrangement Christian Wissel<br />

94


GLUCKLICHE REISE<br />

Ein Komponist zieht<br />

durch Europa<br />

Kopenhagen<br />

Schlossgartenkonzert mit<br />

dem Ensemble Philharmenka<br />

So, 14. Juli, 11 Uhr,<br />

Schlossgarten Erlangen<br />

(vor der Orangerie)<br />

Bei schlechtem Wetter<br />

im Redoutensaal<br />

Eintritt frei<br />

Prag<br />

Wien<br />

Neapel<br />

Seit 2010 spielen die sieben<br />

sympathischen Musiker von<br />

Philharmenka, die sich von der<br />

Staatsphilharmonie Nürnberg<br />

kennen, Blasmusik auf höchstem<br />

Niveau – bei minimaler<br />

Besetzung. Den Grundstock<br />

bildet die böhmische Blasmusik,<br />

mit der die Sieben in ihren<br />

Heimatkapellen aufgewachsen<br />

sind und nach der sie sich nach<br />

Studium und Opernalltag sehnten.<br />

Die traditionellen Stücke<br />

arrangieren sie größtenteils<br />

selbst für sich oder schreiben<br />

gleich neue. Erweitert wird das<br />

Repertoire um moderne und<br />

jazzige Eigenarrangements.<br />

Philharmenka, das sind: Niko<br />

Keller, Bernhard Holzmann,<br />

Holger Pfeuffer, Georg Birner,<br />

Fabian Kerber, Paul Meiler<br />

und Matthias Raggl. Für die<br />

<strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> <strong>2019</strong> stellen die<br />

Sieben ein spezielles Programm<br />

zusammen, das wichtige<br />

Stationen des reisefreudigen<br />

Europäers <strong>Gluck</strong> musikalisch<br />

veranschaulicht.<br />

95


„ ... dann fegt die letzte<br />

brillante Klavierphrase alle<br />

Schatten von der Tastatur.“<br />

JETZT<br />

im<br />

Buchhandel<br />

Mathias Husmann - Präludien fürs Publikum II<br />

99 weitere Konzert- und Operneinführungen in aller Kürze<br />

Mit künstlerischen Pressezeichnungen aus Oper und Tanz<br />

€ 14,90 (D) • ISBN: 978-3-9818481-1-3<br />

96


SPIELPLAN<br />

DO, 27. Juni 19.30 Uhr Staatstheater Nürnberg, Opernhaus<br />

Festliche Eröffnung<br />

GROSSE GEFÜHLE, GLÜCK UND VERHÄNGNIS<br />

<strong>Gluck</strong>-Operngala mit Karina Gauvin, Max Emanuel Cencic und dem<br />

Orchester Armonia Atenea (Athen), Leitung George Petrou<br />

Das Konzert wird aufgezeichnet von BR Klassik.<br />

Vorverkauf (VVK) 60/50/42/34/26 € (-25%) /<br />

Abendkasse (AK) 68/57/48/39/30 € (-25%) ZAC-Rabatt!<br />

FR, 28. Juni 20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

Premiere RITTER GLUCK revisited<br />

Ein Fantasiestück nach E.T.A. Hoffmann<br />

Freie Lesung und Musik<br />

mit Dominique Horwitz und Norbert Nagel<br />

VVK 19 (12) € / AK 22 (14) € ZAC-Rabatt!<br />

SA, 29. Juni 19.30 Uhr Stadttheater Fürth<br />

HEROES IN LOVE<br />

Konzertabend mit Sonia Prina<br />

und dem Orchester LaBarocca (Mailand), Leitung Ruben Jais<br />

Das Konzert wird aufgezeichnet von BR Klassik.<br />

50/46/38/28/11 € ZAC-Rabatt!<br />

SO, 30. Juni 15.00 Uhr Staatstheater Nürnberg,<br />

<strong>Gluck</strong>-Saal im Opernhaus<br />

HARMONIE<br />

Werke von <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />

Ensemble des Kammermusikvereins Philharmonie Nürnberg, Solistinnen: Ida<br />

Aldrian (Gesang) und Rita Kaufmann (Klavier), Moderation Jörg Krämer<br />

18,70 (8,80) €<br />

17.00 Uhr Redoutensaal Erlangen<br />

IM REICH DER SCHATTEN<br />

Orpheus und Eurydike als Erzähl-Konzert (8+)<br />

mit Corinna Schreiter, Yosemeh Adjej, Martin Ellrodt (Erzähler)<br />

und der Neuen Nürnberger Ratsmusik<br />

16 (8) €<br />

20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

GLUCK GOES BIGBAND<br />

Sunday Night Orchestra<br />

Das Konzert wird aufgezeichnet von BR Klassik.<br />

VVK 19 (12) € / AK 22 (14) € ZAC-Rabatt!<br />

97


MO, 1. Juli<br />

10.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

IM REICH DER SCHATTEN<br />

Orpheus und Eurydike als Erzähl-Konzert (8+)mit Corinna Schreiter,<br />

Yosemeh Adjej, Martin Ellrodt (Erzähler)<br />

und der Neuen Nürnberger Ratsmusik<br />

VVK 10 (6) € / AK 13 (8), € / Gruppenpreis 5,50 €<br />

Bestellung über tafelhalle@stadt.nuernberg.de oder 0911 231 14005<br />

11.45 Uhr, Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

IM REICH DER SCHATTEN<br />

Orpheus und Eurydike als Erzähl-Konzert (8+)<br />

mit Corinna Schreiter, Yosemeh Adjej, Martin Ellrodt (Erzähler)<br />

und der Neuen Nürnberger Ratsmusik<br />

DI, 2. Juli<br />

09.30 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

GESUCHT: IPHIGENIE<br />

Ein <strong>Gluck</strong>-Spiel mit Musik (12+)<br />

Werkstatt-Projekt der pfütze jungeMET<br />

mit experimentellem Charakter<br />

VVK 10 (6) € / AK 13 (8), € / Gruppenpreis 5,50 €<br />

Bestellung über tafelhalle@stadt.nuernberg.de oder 0911 231 14005<br />

11.30 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

GESUCHT: IPHIGENIE<br />

Ein <strong>Gluck</strong>-Spiel mit Musik (12+)<br />

Werkstatt-Projekt der pfütze jungeMET<br />

mit experimentellem Charakter<br />

17.00 Uhr Hans-Kuffer-Park Berching<br />

DAS GEBURTSTAGSFEST<br />

<strong>Gluck</strong> wird 305!<br />

Eintritt frei<br />

19.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

GESUCHT: IPHIGENIE<br />

Ein <strong>Gluck</strong>-Spiel mit Musik (12+)<br />

Werkstatt-Projekt der pfütze jungeMET<br />

mit experimentellem Charakter<br />

MI, 3. Juli<br />

20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

GLUCKVibration!<br />

Instrumentale Faszination seit 300 Jahren –<br />

MetropolMusik Nürnberg feat. GlassDuo Danzig & Izabella Effenberg<br />

VVK 19 (12) € / AK22 (14) € ZAC-Rabatt!<br />

98


DO, 4. Juli<br />

FR, 5. Juli<br />

20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theatercafé<br />

Premiere<br />

EURYDIKE & ORPHEUS<br />

Ein literarisch-musikalischer Abend<br />

mit Elke Wollmann und Béatrice Kahl<br />

VVK 16 (10) € / AK (12) € ZAC-Rabatt!<br />

15.45 bis 18 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theatercafé<br />

<strong>Internationale</strong>s Symposium der <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle Salzburg<br />

DIE ANDERE STIMME<br />

HOHE MÄNNERSTIMMEN ZWISCHEN GLUCK UND ROCK<br />

Eintritt frei<br />

20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

Gastspiel Bühnen Halle/Saale<br />

DIE NACHTIGALL DES ZAREN<br />

Inszenierte Lesung mit Arien der Barockzeit<br />

Mit Robert Joseph Bartl, Leandro Marziotte, Tibor Kovacs, Lewin Stedtler<br />

und dem Händelfestspielorchester Halle<br />

unter der Leitung von Katrin Wittrisch<br />

VVK 22(14) € / AK 25 (16) € ZAC-Rabatt!<br />

SA, 6. Juli<br />

09.30 bis 16.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt,<br />

Theatercafé<br />

<strong>Internationale</strong>s Symposium der <strong>Gluck</strong>-Forschungsstelle Salzburg<br />

DIE ANDERE STIMME<br />

HOHE MÄNNERSTIMMEN ZWISCHEN GLUCK UND ROCK<br />

Eintritt frei<br />

19.30 Uhr Markgräfliches Opernhaus zu Bayreuth<br />

Deutsche Erstaufführung in konzertanter Form<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

ANTIGONO<br />

Dramma per musica in drei Akten von Pietro Metastasio. Mit Anna<br />

Kasyan, Francesca Lombardi Mazzulli, Samuel Marino, Mauro Peter,<br />

Valer Sabadus, Terry Wey und dem Händelfestspielorchester Halle, Leitung<br />

Michael Hofstetter<br />

Das Konzert wird aufgezeichnet von BR Klassik.<br />

Mit freundlicher Unterstützung des Festspiel-Partners Musica Bayreuth<br />

VVK 86/70/54/38 € (-25%) / AK 96/79/61/43 € (-25%)<br />

99


19.30 Uhr Südstadtpark Fürth<br />

CLASSIC GOES HOLLYWOOD 3<br />

Die Jungen Fürther Streichhölzer, open air<br />

Eintritt frei<br />

20.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theater<br />

RITTER GLUCK revisited<br />

Ein Fantasiestück nach E.T.A. Hoffmann<br />

Freie Lesung und Musik mit Dominique Horwitz und Norbert Nagel<br />

VVK 19 (12) € / AK 22 (14) € ZAC-Rabatt!<br />

SO, 7. Juli<br />

11.00 Uhr Tafelhalle Nürnberg GLUCKWerkstatt, Theatercafé<br />

IM GESPRÄCH: DIE ANDERE STIMME<br />

Round-Table mit Valer Sabadus, Kordula Knaus (Bayreuth), Thomas<br />

Seedorf (Karlsruhe) – Gesprächsleitung Alexander Moore (Wien)<br />

VVK 7 € / AK 10 €<br />

19.30 Uhr Wenzelschloss Lauf, Kaisersaal<br />

EURYDIKE & ORPHEUS<br />

Literarisch-musikalischer Abend mit Elke Wollmann und Béatrice Kahl<br />

VVK 16 (10) € / AK (12) € ZAC-Rabatt!<br />

DI, 9. Juli<br />

MI, 10. Juli<br />

DO, 11. Juli<br />

20.00 Uhr Reitstadel in Neumarkt, Sonderkonzert<br />

Neumarkter Konzertfreunde e.V. in Zusammenarbeit mit den<br />

<strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong>n<br />

PHILIPPE JAROUSSKY & ENSEMBLE ARTASERSE (Barcelona)<br />

Konzert mit Arien und Werken von Francesco Cavalli<br />

65/49/35 €<br />

Ausverkauft!<br />

19.30 Uhr Aula des Willibald-<strong>Gluck</strong>-Gymnasiums Neumarkt<br />

EURYDIKE & ORPHEUS<br />

Literarisch-musikalischer Abend mit Elke Wollmann und Béatrice Kahl<br />

VVK 13 (8) € / AK 16 (10) € ZAC-Rabatt!<br />

20.30– 22.15 Uhr St. Katharina Open Air Nürnberg<br />

Premiere Uraufführung<br />

DON JUAN TECHNO CLUB<br />

Elektronische Tanz-Opern-Nacht nach <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />

von und mit Daniel Brandt, Frieder Nagel, Fukiko Takase und Ensemble<br />

In Kooperation mit St. Katharina Open Air im KunstkulturQuartier<br />

VVK 22(14) € / AK 25 (16) € ZAC-Rabatt!<br />

100


FR, 12. Juli<br />

19.30 Uhr Kleine Meistersingerhalle Nürnberg<br />

VON GLUCK ZU MOZART<br />

Daniel Hope und das Zürcher Kammerorchester<br />

VVK 54/46/38 € (-25%) / AK 62/53/44 € (-25%) ZAC-Rabatt!<br />

20.30 – 22.15 Uhr St. Katharina Open Air Nürnberg<br />

DON JUAN TECHNO CLUB<br />

Elektronische Tanz-Opern-Nacht nach <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />

VVK 22(14) € / AK 25 (16) € ZAC-Rabatt!<br />

SA, 13. Juli 16.00 Uhr Landpartie Berching, Start Johannisbrücke 2<br />

Premiere Pocket Opera Company<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

L’OMBRA DELL’AMORE – Orpheus und Eurydike<br />

Oper in drei Akten<br />

38 €<br />

20.30 – 22.15 Uhr St. Katharina Open Air Nürnberg<br />

DON JUAN TECHNO CLUB<br />

Elektronische Tanz-Opern-Nacht nach <strong>Gluck</strong> und Mozart<br />

VVK 22 (14) € / AK 25 (16) € ZAC-Rabatt!<br />

SO, 14. Juli 11.00 Uhr Landpartie Berching, Start Johannisbrücke 2<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

L’OMBRA DELL’AMORE – Orpheus und Eurydike<br />

Oper in drei Akten<br />

38 €<br />

11.00 Vor der Orangerie im Schlossgarten Erlangen<br />

GLUCKLICHE REISE – Ein Komponist zieht durch Europa<br />

Schlossgartenkonzert mit dem Ensemble Philharmenka<br />

Eintritt frei – bei Regen im Redoutensaal<br />

18.00 Uhr Markgräfliches Opernhaus zu Bayreuth<br />

Festlicher Ausklang<br />

GROSSE GEFÜHLE, GLÜCK UND VERHÄNGNIS<br />

<strong>Gluck</strong>-Operngala mit Karina Gauvin, Max Emanuel Cencic<br />

und dem Orchester Armonia Atenea (Athen), Leitung George Petrou<br />

Zweitkonzert zum Abschluss der <strong>Festspiele</strong>, veranstaltet vom<br />

Festspiel-Partner Musica Bayreuth<br />

125/95/65/39 € (-25%)<br />

101


KARTEN<br />

Tickets<br />

Direktverkauf und telefonische Reservierungen<br />

Kultur Information<br />

Königstraße 93, 90402 Nürnberg<br />

E-Mail kulturinfo@stadt.nuernberg.de<br />

+49 (0) 911 231 - 4000<br />

Mo-Fr 9 bis 19 Uhr, Sa 9 bis 16 Uhr<br />

Online Tickets<br />

www.gluck-festspiele.de<br />

www.kunstkulturquartier.de/kultur-information<br />

www.eventim.de<br />

Für print@home-Tickets ist ein Ausweis zur Einlasskontrolle erforderlich.<br />

Vorverkaufsstellen<br />

Alle Vorverkaufsstellen in der Metropolregion mit CTS Eventim-Anbindung helfen gerne<br />

weiter. Für die Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit Musica Bayreuth (Ticketportal<br />

www.ticketmaster.de und angeschlossene Vorverkaufsstellen), dem gVe, dem<br />

Freundeskreis Willibald <strong>Gluck</strong> e.V. Berching, im Stadttheater Fürth, im Wenzelschloss<br />

Lauf sowie im Willibald-<strong>Gluck</strong>-Gymnasium Neumarkt nutzen Sie bitte auch den Vorverkauf<br />

vor Ort. Preisangaben verstehen sich plus Vorverkaufs- und Bearbeitungsgebühr<br />

– wo nicht anders angegeben. Ermäßigungen unter den am jeweiligen Ort<br />

üblichen Bedingungen in Klammern.<br />

Der ZAC-Rabatt ist gültig für Besitzer der ZACAbo-Card + max. 1 Begleitperson und<br />

ausschließlich in den Vorverkaufs- bzw. Geschäftsstellen der Nürnberger Nachrichten<br />

und den angeschlossen Heimatzeitungen verfügbar, sowie im Internet unter nn-ticketcorner.de.<br />

Abendkassen<br />

Die Kassen an den Spielstätten öffnen eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn.<br />

Dort sind ausschließlich Tickets für die jeweilige Veranstaltung erhältlich. Für die<br />

Veranstaltungen in der Tafelhalle und in St. Katharina, in der Meistersingerhalle, im<br />

Staatstheater Nürnberg und im Stadttheater Fürth berechtigt die Eintrittskarte ihren<br />

Besitzer 4 Stunden vor Beginn der Veranstaltung und bis 3 Uhr des darauffolgenden<br />

Tages im Tarifbereich der VGN deren Verkehrsmittel zu benutzen.<br />

102


BAYERISCHE<br />

STAATS0PER<br />

CHRISTOPH<br />

WILLIBALD GLUCK<br />

ALCESTE<br />

26. MAI <strong>2019</strong> PREMIERE<br />

29. MAI <strong>2019</strong><br />

01. JUNI <strong>2019</strong><br />

06. JUNI <strong>2019</strong><br />

10. JUNI <strong>2019</strong><br />

13. JUNI <strong>2019</strong><br />

REGIE UND<br />

CHOREOGRAPHIE<br />

SIDI LARBI<br />

CHERKAOUI<br />

MUSIKALISCHE<br />

MIT CHARLES<br />

LEITUNG<br />

CASTRONOVO<br />

ANTONELLO<br />

UND DOROTHEA<br />

MANACORDA<br />

RÖSCHMANN<br />

INFOS/KARTEN<br />

WWW.STAATSOPER.DE<br />

103


DIE INTERNATIONALEN GLUCK-FESTSPIELE<br />

2005 auf Anregung des Aufsichtsratsvorsitzenden des Hauptsponsors NÜRNBERGER<br />

Versicherung, Hans-Peter Schmidt, und des Staatsintendanten Prof. Dr. Wulf Konold<br />

gegründet, finden die <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong> in zwei- bis dreijährigem<br />

Rhythmus an verschiedenen Spielstätten der Europäischen Metropolregion Nürnberg<br />

statt. Seitdem haben die <strong>Festspiele</strong> durch vielbeachtete Auftritte internationaler<br />

Künstlerpersönlichkeiten wie Mireille Delunsch, Michi Gaigg, Véronique Gens, Anne<br />

Sofie von Otter, Elína Garanča, Reinhard Göbel, Michael Hofstetter, Hervé Niquet,<br />

Marc Minkowski, Valer Sabadus oder Daniel Behle eine Renaissance von <strong>Gluck</strong>-Aufführungen<br />

initiiert.<br />

Seit 2013 wird das Festival von der <strong>Internationale</strong>n <strong>Gluck</strong>-Opern-<strong>Festspiele</strong> gGmbH<br />

veranstaltet, welche regional, national und international mit Künstlerinnen, Künstlern<br />

und Institutionen verschiedenster Ausrichtung kooperiert. Für die aktuelle Neuauflage<br />

der <strong>Festspiele</strong> zeichnet Intendant und Festival-Manager Rainer Mennicken<br />

verantwortlich, der seit 2017 mit der künstlerischen Leitung und Geschäftsführung<br />

betraut ist.<br />

„Der Erfolg hat meine Grundsätze gerechtfertigt und die<br />

allgemeine Bildung in einer so erlauchten Stadt hat deutlich<br />

gezeigt, dass Einfachheit, Wahrheit, Natürlichkeit in den<br />

großen Ursprüngen des Schönen und in allen Äußerungen<br />

der Kunst sind.“<br />

Christoph Willibald <strong>Gluck</strong><br />

104


DER AUFSICHTSRAT<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrates:<br />

Martin R. Handschuh<br />

Akademierektor und Rechtsanwalt<br />

Mitglieder des Aufsichtsrates:<br />

Rudolf Eineder (Stellvertretender Vorsitzender)<br />

Erster Bürgermeister a.D.<br />

Dr. Daniel Brandenburg<br />

Privatdozent für Musiktheaterwissenschaft<br />

Ursula Lindl<br />

Vorstand der Sagaflor AG<br />

Dipl.-Kfm. Gunther Oschmann<br />

Verleger<br />

Dipl.-Kfm. Hans-Peter Schmidt<br />

Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats der NÜRNBERGER Versicherung<br />

Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung NÜRNBERGER Versicherung<br />

Ass. iur. Dipl.-Vw. Thomas A. H. Schöck<br />

Universitätskanzler a. D.<br />

Hannelore Wünsche<br />

Vorsitzende der Geschäftsführung der Stiftung NÜRNBERGER Versicherung<br />

105


DAS TEAM<br />

Rainer Mennicken<br />

Intendant und Geschäftsführer<br />

Friederike Engel<br />

Referentin für künstlerisches Management, Presse und Medien<br />

Anja Weigmann<br />

Dramaturgische Mitarbeiterin<br />

Prof. Michael Hofstetter<br />

Musikalischer Berater<br />

Dr. Irene Brandenburg<br />

Wissenschaftliche Beraterin<br />

Kathleen Draeger-Ostermeier<br />

Mitarbeiterin der Festspielleitung<br />

Frieder Grindler<br />

Gestaltungskonzept<br />

Kulturidee GmbH, Nürnberg<br />

Kampagne<br />

„An wen <strong>Gluck</strong> wohl gedacht hat<br />

als er das Elysium komponierte?“<br />

Robert Joseph Bartl<br />

106


DANKE<br />

Außer allen unmittelbar Mitwirkenden, den Förderern, den Unterstützern in Ämtern und Behörden,<br />

sei auch all denen herzlich gedankt, die für Ideen und Projekte der <strong>Gluck</strong>-<strong>Festspiele</strong><br />

aufgeschlossen waren, die Tipps und Hinweise gegeben, sich persönlich und professionell<br />

eingebracht oder Vorschläge gemacht haben – auch wenn sich daraus nicht immer ein<br />

Programmbeitrag ergeben oder ein geplanter Beitrag sich letztlich zerschlagen hat:<br />

Remsi Al Khalisi, Bamberg<br />

Mathias Ank, Nürnberg<br />

Michael Bader, Nürnberg<br />

Anna Barry, Lübeck<br />

Dr. Clemens Birnbaum, Halle<br />

Sharon Carty, Galway<br />

Prof. Dr. Gerhard Croll, Salzburg<br />

Prof. Dr. Sibylle Dahms, Salzburg<br />

Hans von Draminski, Nürnberg<br />

Daniel Engstfeld, Bielefeld<br />

Andrea Erl, Nürnberg<br />

Erfahrungsfeld zur entfaltung der<br />

Sinne Nürnberg und Förderverein<br />

Erfahrungsfeld e.V.<br />

Dr. Ulrich Etscheit, Kassel<br />

Birgit Faehse, Berlin<br />

Prof. Peter Gahn, Nürnberg<br />

Geschäftsstellenteam der<br />

Altstadtfreude Nürnberg e.V.<br />

Sebastian Groß, Nürnberg<br />

Dr. Dirk Olaf Hanke, München<br />

Lucius Hemmer, Nürnberg<br />

Dr. Klaus Herzig, Nürnberg<br />

Peter Jones, Beckenham, GB<br />

Dr. Andrea Kluxen, Ansbach<br />

Christine Knoll, Nürnberg<br />

Michael Köhlmeier, Hohenems<br />

Katharina Kost-Tolmein, Lübeck<br />

Prof. Dr. Jörg Krämer, Erlangen<br />

Georg Lang, Wien<br />

Dr. Bernhard Loges, Coburg<br />

Dr. Clemens Lukas, Bayreuth<br />

Carl Philip von Maldeghem, Salzburg<br />

Prof. Wolfgang Manz, Nürnberg<br />

Ulla Meckler, Lauf an der Pegnitz<br />

Prof. Johann Mösenbichler, Linz, Österreich<br />

Bernd Müller, Fürth<br />

Werner Müller, Fürth<br />

Jens Neundorff von Enzberg, Regensburg<br />

Andreas Paetzold, Nürnberg<br />

Ernst-Herbert Pfleiderer, Neumarkt<br />

Johannes Reitmeier, Innsbruck<br />

Wolfgang Riedelbauch, Dehnberg<br />

Gabriele Röhler, Bayreuth<br />

Stefan Rosinski, Halle an der Saale<br />

Prof. Guido J. Rumstadt, Nürnberg<br />

Prof. Dr. Thomas Seedorf, Karlsruhe<br />

Dr. Stefan Specht, Bayreuth<br />

Anke Steinert-Neuwirth, Erlangen<br />

Friedrich Schirmer, Esslingen<br />

Susanne Schulz, Ansbach<br />

Cornelia Schiffel, Nürnberg<br />

Fergus Sheil, Dublin<br />

Ingunn Sighvatsdottir, Berlin<br />

Marton Terts, Hamburg<br />

Dr. Julian Tölle, Ansbach<br />

Tristan Vogt, Nürnberg<br />

Johannes Volkmann, Nürnberg<br />

Johanna Weisser, Nürnberg<br />

Tobias Wolff, Göttingen<br />

Maren Zimmermann, Nürnberg<br />

107


IMPRESSUM<br />

Verantwortlicher Herausgeber<br />

<strong>Internationale</strong> <strong>Gluck</strong>-Opern-<strong>Festspiele</strong> gGmbH<br />

Ostendstraße 100<br />

90482 Nürnberg<br />

info@gluck-festspiele.de<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrates: Martin R. Handschuh<br />

Intendant und Geschäftsführer: Rainer Mennicken<br />

Sitz und Registergericht: Nürnberg HRB 29652<br />

Verantwortlich für den Inhalt nach § 5 TMG:<br />

Intendant Rainer Mennicken<br />

Redaktion: Friederike Engel, Mitarbeit: Rainer Mennicken, Anja Weigmann<br />

Textbeiträge von: Irene Brandenburg, Jürgen Decke, Friederike Engel, Daniel Hope,<br />

Béatrice Kahl, Michael Kämmle, Franz Killer, Rainer Mennicken, Jürgen Neudert,<br />

Kornelius Paede, Thomas Seedorf, Anja Weigmann, Matthew Werley, Elke Wollmann<br />

Gestaltungskonzept: Frieder Grindler<br />

Grafik: Christof Mühlberger<br />

Druck: Europadruckerei.de<br />

Bildnachweise:<br />

Max Emanuel Cencic © Parnassus Arts Productions<br />

George Petrou © Parnassus Arts Productions<br />

Karina Gauvin © Michael Slobodian<br />

Sonia Prina © Javier del Real<br />

Ruben Jais © Nora Roitberg<br />

Jörg Krämer © Glasow, Erlangen<br />

Philippe Jaroussky © Simon Fowler Erato<br />

Händelfestspielorchester © Gert Kiermeyer<br />

Michael Hofstetter © Werner Kmetitsch<br />

Anna Kaysan © Barbara Ledda<br />

Francesca Lombardi Mazzulli © Giaccomo Miglierna<br />

Samuel Marino © Agentur<br />

Mauro Peter © Christian Felber<br />

Valer Sabadus © schneiderphotography<br />

Terry Wey © Paris Mexis<br />

Daniel Hope © Tibor Bozi<br />

Daniel Hope und ZKO © Thomas Entzeroth<br />

Gertrud Demmler-Schwab © Glasow, Erlangen<br />

Florian Neubauer © Michael Vogl<br />

Anna Oswald © www.pocket-opera.de<br />

Dominique Horwitz © Ralf Brinkhoff<br />

Norbert Nagel © Christoph Hellhake<br />

Sunday Night Orchestra © Lukas Diller<br />

Corinna Schreiter © Gerd Grimm<br />

Yosemeh Adjei © www.yosemehadjei.de<br />

Martin Ellrodt © Märchenland e.V<br />

Elisa Merkens © Michael Giefing<br />

GlassDuo Danzig © GlassDuo Danzig<br />

Izabella Effenberg © Michael Striegel<br />

Béatrice Kahl, Elke Wollmann © Ludwig Olah<br />

Robert Joseph Bartl © Luisz Kuhn<br />

Leandro Marziotte © Stephan Walzl<br />

Fukiko Takase © Little Shao<br />

Daniel Brandt © Andreas Waldschuetz<br />

Frieder Nagel © Moritz Hüttner<br />

Bernd Müller © Paul Yates<br />

Franz Killer © Günther Schmidt<br />

Philharmenka © Philharmenka<br />

Redaktionsschluss: 28. März <strong>2019</strong><br />

Änderungen vorbehalten<br />

www.gluck-festspiele.de<br />

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www.gluck-festspiele.de

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