29.04.2019 Aufrufe

Internationale Gluck-Festspiele 2019 - Festspielmagazin

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ein eroe amante, ein liebender Held. Für den römischen Dichter<br />

Ovid zeigte sich in der Verführung der Deidamia durch Achilleus<br />

sogar, „dass ein Mann nur dann ein wahrer Held im Kampf sein<br />

könne, wenn er’s auch im Bett ist“ – drastischer lässt sich das<br />

Wesen eines hero in love kaum fassen.<br />

Hohe Heldenstimmen<br />

In der italienischen Oper wurden die Heldenpartien seit der<br />

Mitte des 17. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts überwiegend<br />

mit einem besonderen Sängertypus besetzt. Im heute geläufigen<br />

Ausdruck „Kastrat“ ist bereits eine körperliche Besonderheit<br />

dieser Sänger benannt. Voraussetzung für eine Laufbahn als<br />

Sängerkastrat war eine Operation, die vor Eintritt der Pubertät<br />

ausgeführt werden musste, um den Stimmwechsel zu verhindern.<br />

Über Art und Weise dieses Eingriffs kursieren unterschiedlichste<br />

Vermutungen und Hypothesen. Sicher ist lediglich, dass durch<br />

den chirurgischen Eingriff die Funktion der Keimdrüsen (Testikel),<br />

die für die Produktion des männlichen Sexualhormons<br />

Testosteron zuständig sind, außer Kraft gesetzt und damit unter<br />

anderem das für die Pubertät charakteristische Wachstum des<br />

Kehlkopfs stark eingeschränkt wurde. Anatomische Studien an<br />

einigen Kastraten belegen, dass deren Kehlköpfe ungefähr die<br />

Größe von jenen älterer Knaben oder von Jugendlichen in der<br />

Wachstumsperiode entsprachen, aber deutlich kleiner waren als<br />

die Kehlköpfe erwachsener Männer.<br />

Der Testosteronmangel wirkte sich auch auf andere Bereiche<br />

aus: Kastraten hatten keinen Bartwuchs, auch andere Partien<br />

des Körpers, mit Ausnahme des Schädels, blieben unbehaart, die<br />

Muskulatur entwickelte sich nicht in der für Männer typischen<br />

Weise. Für viele Kastraten sind zudem überlange Extremitäten<br />

belegt, was darauf zurückführen ist, dass sich bei ihnen im<br />

Unterschied zum normalen körperlichen Reifungsprozess die<br />

Wachstumsfugen nicht schlossen, so dass die Knochen länger<br />

als üblich weiterwachsen konnten.<br />

Der italienische Dirigent<br />

Ruben Jais absolvierte parallel<br />

zu seinem Medizinstudium ein<br />

Studium am Konservatorium<br />

Giuseppe Verdi in Mailand<br />

(Chormusik und Chorleitung,<br />

später Komposition und Orchesterdirigieren).<br />

Er war von 1998 bis 2007<br />

Leiter des Symphonischen<br />

Chores Giuseppe Verdi (Mailand).<br />

Im Jahr 2008 gründete<br />

er LaBarocca. Seit 2005 ist er<br />

außerdem künstlerischer Leiter<br />

der Mailänder Kantorei. Ruben<br />

Jais dirigiert Instrumental-,<br />

Chor- und symphonische Musik<br />

für verschiedene italienische<br />

und internationale Institutionen<br />

wie die Biennale di<br />

Venezia, die Mailänder Scala,<br />

das Teatro Real de Madrid und<br />

internationale Orgelfestivals.<br />

Woher die Faszination für Kastratenstimmen?<br />

Da die Kastration (mit Ausnahme von Eingriffen, die man als<br />

medizinisch notwendig erachtete) nach weltlichem Recht offiziell<br />

verboten und die Position kirchlicher Institutionen zur Kastration<br />

von Kindern ambivalent war, blieben Details der Operation im Ver-<br />

27

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!