Internationale Gluck-Festspiele 2019 - Festspielmagazin
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ging voll Eifer auf diesen Gedanken ein und verteilte sogleich<br />
die Rollen. ‚Meine Tochter und Millico werden die Serva padrona<br />
aufführen, ich die Klavierbegleitung übernehmen, meine Frau<br />
an der Tür das Geld einsammeln. Fontenent und Sie spielen die<br />
erste und zweite Violine!‘“<br />
Der Traum von einer unbeschwerten Operntournee ohne den<br />
Ballast eines großen Orchesters und zu vieler lästiger Sänger<br />
hatte <strong>Gluck</strong> gepackt und ließ ihn auch in den nächsten Jahren<br />
nicht los, denn immer wieder kommt er in Gesprächen mit seinen<br />
Freunden darauf zurück. Natürlich ist mit dem genannten<br />
Stück Pergolesis La serva padrona gemeint, aber wäre es nicht<br />
auch denkbar, dass die Freunde auf einer solchen „komischen<br />
Tournee“, die <strong>Gluck</strong> „am liebsten im nämlichen Augenblicke angetreten<br />
hätte“, vor den Honoratioren eines kleinen Städtchens<br />
auch den Orfeo des Meisters zur Erbauung der Modegecken und<br />
des sonstigen gefälligen Publikums zum Besten gegeben hätten?<br />
Immerhin war schon vor der Premiere des Pariser Orphée einer<br />
gewählten Gesellschaft im Salon eines gewissen Abbé Morellet<br />
zweimal das große Vergnügen zuteilgeworden, einer Aufführung<br />
dieses Werkes beiwohnen zu dürfen, bei der <strong>Gluck</strong> am Cembalo<br />
das Orchester darstellte, während Millico den Orpheus sang und<br />
<strong>Gluck</strong>s Adoptivtochter Nanette sowohl die Rolle des Amor als<br />
auch die der Eurydike übernahm.<br />
Im Reich der Schatten<br />
Und so mag man sich in <strong>Gluck</strong>s Traum gerne vorstellen, wie ein<br />
begnadeter Sänger und eine beseelte Sängerin mit ihren Stimmen<br />
die drei Rollen der Oper lebendig werden lassen, während einige<br />
ausgewählte Freunde mit ihren Instrumenten die Vorstellung<br />
und Wirkung des Orchesters erwecken.<br />
Martin Ellrodt arbeitete für<br />
einige Jahre in der freien Theaterszene<br />
als Schauspieler und<br />
Puppenspieler, bevor er im Jahre<br />
1991 seine Leidenschaft für das<br />
freie Erzählen von Geschichten<br />
entdeckte. Martin Ellrodt<br />
erzählt Geschichten aus der<br />
mündlichen Überlieferung und<br />
aus der Weltliteratur; in seinem<br />
sich ständig erweiternden Repertoire<br />
befinden sich Sagen und Mythen,<br />
aber auch moderne Geschichten<br />
und Märchen – und dies in vier<br />
Sprachen (Deutsch, Englisch, Spanisch<br />
und Tschechisch)! Er schrieb<br />
ein Buch zum Unterrichten der<br />
Erzählkunst und lehrt diese auch<br />
an Universitäten und Fachhochschulen.<br />
„Als Fünfjähriger im Klavierunterricht bin ich <strong>Gluck</strong> zum ersten Mal<br />
begegnet. Meine Klavierlehrerin legte am Ende der Stunde immer kleine<br />
Portraits von Komponisten auf die Tastatur, die ich chronologisch nach<br />
Geburtsjahr anordnen sollte. Das freundliche Mondgesicht war mir<br />
damals schon sympathisch…“<br />
Alexander Moore<br />
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