Internationale Gluck-Festspiele 2019 - Festspielmagazin
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Für Elfriede Jelinek ist Eurydike zweifelsfrei mehr als „sein Echo“.<br />
Im Monolog Schatten (Eurydike sagt) ist sie Schriftstellerin, und<br />
so reflektiert sie über sich selbst und ihre Beziehung zu ihrem<br />
Mann, dem Sänger: „(…) Da dringt etwas ein, tut weh, irgendwas<br />
hat sich geöffnet in mir, was war das, ich bin ganz offen zu Ihnen:<br />
Ich weiß es nicht. Es ist in mich hineingeglitten, mir wird heiß,<br />
Moment, habe das Gefühl, ich muss etwas Ballast abwerfen, Kleidung?<br />
Da rinnt etwas… (…) Mein Schreiben, das rinnt wohl auch,<br />
so empfinde ich es, wissen Sie, mein Mann hingegen singt. Auf<br />
seinem eigenen Soundtrack eilt er dahin. Das hat ihn berühmt<br />
gemacht. Bevor er zu singen begonnen hat, war die Stille etwas<br />
Großes, etwas Heiliges, jetzt gibt es sie nicht mehr, mit seiner<br />
Stimme hat er die Stille vernichtet. Ich bin stiller geblieben. Ich<br />
schreibe, wen interessiert’s.“<br />
Und jetzt?<br />
Ja, viele Texte habe ich entdeckt und gelesen, verworfen oder<br />
ausgesucht. Jetzt freue ich mich auf das Ineinander- und Aneinanderfügen<br />
und auf die Musik! Natürlich wird <strong>Gluck</strong> dabeisein,<br />
aber auch anderes. Bei Ingeborg Bachmann assoziiere ich gerade<br />
einen Song von Tom Waits, und für Orpheus, der die Zeit zurückdrehen<br />
will, höre ich innerlich immer wieder Yesterday. Béatrice<br />
hat von Grönemeyer Ich dreh mich um… dich vorgeschlagen…<br />
Welche Songs und welche Texte tatsächlich in unserem Eurydike<br />
und Orpheus-Abend zu hören sein werden, das werden wir erst<br />
am Ende der Proben wissen.<br />
„Jemandem, der<br />
<strong>Gluck</strong> nicht kennt,<br />
würde ich die Anfangstakte<br />
von Che<br />
farò senza Euridice<br />
vorsingen und erzählen,<br />
in welcher Situation<br />
sich Orpheus<br />
befindet. Für mich<br />
als Schauspielerin, die<br />
immer die Zwischentöne<br />
sucht, ist diese<br />
Arie einfach grandios,<br />
denn im Moment der<br />
tiefsten Trauer und<br />
Verzweiflung entsteht<br />
eine unglaubliche Reibung<br />
durch so schöne<br />
Musik…“<br />
Elke Wollmann<br />
Elke Wollmann<br />
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