Internationale Gluck-Festspiele 2019 - Festspielmagazin
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vor allem in seinen Münchner Jahren etliche Opernpartien des<br />
Hofkapellmeisters Pietro Torri verkörpert. Auch das wirkt auf den<br />
ersten Blick eher untypisch, hängt der Aufstieg und Ruhm der<br />
Kastraten im 17. und 18. Jahrhundert doch maßgeblich mit ihrem<br />
Einsatz in der Oper zusammen. Dieser war jedoch zunächst ein<br />
purer Sachzwang: Anfang des 17. Jahrhunderts braucht man in<br />
Rom die Kastraten dringend auf der Opernbühne, weil Frauen<br />
hier verboten sind. Naheliegend also, zunächst weibliche Rollen<br />
durch Kastraten singen zu lassen. Die heute vor allem mit dem<br />
Fach assoziierten Partien, die großen männlichen Heldenrollen<br />
der Opera seria, sind dann vor allem eine Angelegenheit der<br />
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die Blütezeit der Opernkastraten<br />
– und die Erwachsenenjahre Balatris. Ab Anfang des 19.<br />
Jahrhunderts reduziert sich die Anzahl der Kastraten merklich.<br />
Die Heldenfiguren der aufkommenden romantischen Oper sind<br />
Tenöre – und auch die Kirche engagiert schon ab Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts immer weniger Kastraten. Im Zuge der Aufklärung<br />
gerät die Kastrationspraxis ohnehin immer weiter in Verruf, und<br />
andere Gesangsideale treten an die Stelle des hochartifiziellen<br />
Kastratentimbres. Filippo Balatri gerät in Vergessenheit und ist<br />
lange Zeit kaum mehr als eine Fußnote des Barock.<br />
Ein neuer Gegenstand der Forschung<br />
Erst in den 1990er Jahren beginnt man sich für den außergewöhnlichen<br />
Sänger und seine Biografie zu interessieren. In der<br />
Bayerischen Staatsbibliothek lagert das handschriftlich verfasste<br />
autobiographische Versepos Frutti del Mondo sowie sein Testament.<br />
Vita e Viaggi hingegen, ein weiteres autobiographisches<br />
Prosamanuskript in neun Bänden, ist fast genauso weit herumgekommen<br />
wie sein Autor: Von München führt der Weg der<br />
Bände nach England, dann über Italien nach Prag und Moskau.<br />
Christine Wunnicke, die Autorin der Nachtigall des Zaren, entdeckt<br />
die in Deutschland verloren geglaubten Bände von Vita e<br />
Viaggi schließlich in der russischen Staatsbibliothek in Moskau.<br />
Ihr Buch erscheint 2001, führt die Manuskripte erstmalig zusammen<br />
und ist für die Würdigung Filippo Balatris sicherlich<br />
nicht zu unterschätzen. Wunnicke erzählt nah an Balatris Originalmanuskripten.<br />
Sie ergänzt historische Zusammenhänge und<br />
strafft den Erzählfluss. Erstaunlicherweise ist die auf Deutsch<br />
erschienene Nachtigall des Zaren die einzige umfassende Biografie<br />
über Dionisio Filippo Balatri.<br />
ments widmet er sich vermehrt<br />
der Arbeit vor der Kamera.<br />
Einem breiten Publikum ist<br />
Bartl als Gerichtsmediziner<br />
Dr. Steinbrecher im München-<br />
Tatort bekannt. Er wurde mehrfach<br />
für seine Arbeit ausgezeichnet,<br />
beispielsweise mit dem<br />
Max-Reinhardt-Preis und dem<br />
Bayerischn Kunstförderpreis.<br />
Leandro Marziotte, der<br />
Countertenor aus Uruguay<br />
mit Wohnsitz in Barcelona,<br />
Gewinner des ersten Preises<br />
beim Händel-Wettbewerb der<br />
<strong>Internationale</strong>n Händel-<strong>Festspiele</strong><br />
Göttingen 2014, ist auf<br />
dem südamerikanischen Kontinent<br />
genauso präsent wie in<br />
Europa. Bei seinen Auftritten in<br />
Buenos Aires, São Paulo, Rio<br />
de Janeiro, Paris, in den Niederlanden,<br />
Italien oder Deutschland<br />
musiziert er mit wechselnden<br />
Ensembles Werke von Bach<br />
bis Benjamin Britten – und<br />
legte bereits zahlreiche Soloalben<br />
auf.<br />
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