Internationale Gluck-Festspiele 2019 - Festspielmagazin
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machte sich also im Kreis einiger Freunde, unter ihnen auch der<br />
berühmte Soprankastrat Millico und natürlich <strong>Gluck</strong>s Nichte und<br />
Adoptivtocher Maria Anna (Nanette) <strong>Gluck</strong> auf, und Mannlich<br />
berichtet: „Wir lagerten uns im Kreise um unsere ausgebreiteten<br />
Vorräte, ich hatte eine Flasche alten Rheinweins für Papa <strong>Gluck</strong> in<br />
die Tasche gesteckt. In trefflicher Laune und mit bestem Appetit<br />
aß und trank er. ‚Es lebe das einfache, unabhängige Leben, frei<br />
von jeglichem Zwange und aller Sorge!‘ rief er aus. ‚Ich habe es<br />
mir immer sehnlichst gewünscht und in meinem langen Leben<br />
nur vierzehn kurze Tage der Freiheit genossen, die ich niemals<br />
vergessen werde.‘“<br />
Diese vierzehn Tage der Freiheit, die der Erinnerung des 60-jährigen<br />
<strong>Gluck</strong> entspringen, begannen, so seine mutmaßlich eigenen<br />
Worte, „eines schönen Tages, als der Knabe, dem sein Vater zuvor<br />
die Instrumente weggeschlossen hatte, mit wenigen Groschen in<br />
der Tasche, heimlich das elterliche Haus verließ und in der Richtung<br />
nach Wien wanderte.“ Hier zeigt sich schon, wie sehr <strong>Gluck</strong>s<br />
oder auch Mannlichs Erinnerung verschoben oder verklärt war,<br />
denn er wanderte natürlich nach Prag, „unterwegs verschafften<br />
ihm die Lieder auf seiner Maultrommel bei Bauersleuten Nahrung<br />
und Nachtherberge“, zuweilen kommt er auch bei einem<br />
Pfarrherrn unter und gilt dort gar für einen ausgewachsenen<br />
Virtuosen. Am Ende ist er wohl in Prag angekommen, wo er<br />
sich offenbar bald dem geregelten Trott einer akademischen Ausbildung<br />
fügt. „Zuletzt“, um ihn wieder selbst zu Wort kommen<br />
zu lassen, „bin ich wohl zu dem geworden, was ich heute bin,<br />
aber noch immer schaue ich sehnsüchtig zurück auf die beiden<br />
Wochen, wo ich mittels meiner einfachen Maultrommel ein unabhängiges<br />
Leben führte.“<br />
Die Nürnbergerin Corinna<br />
Schreiter studierte Gesang am<br />
Meistersinger-Konservatorium<br />
ihrer Heimatstadt bei Manfred<br />
Capell und vervollständigte ihre<br />
Ausbildung bei Margot Gerdes<br />
an der Hochschule für Musik in<br />
München. Von 1989 bis 1991<br />
war sie an den Städtischen<br />
Bühnen Münster als lyrischer<br />
Sopran engagiert. Seit 1992<br />
vertieft sie ihr Repertoire als<br />
freischaffende Konzert- und<br />
Oratoriensängerin mit namhaften<br />
Dirigenten und Orchestern,<br />
zum Beispiel dem Barockorchester<br />
La Banda, den Nürnberger<br />
Symphonikern sowie den<br />
Bamberger Symphonikern.<br />
Der Traum von der Freiheit<br />
„Freude und jugendliches Feuer strahlte uns aus den Augen<br />
des sechzigjährigen Erzählers entgegen, an dessen Seele diese<br />
Bilder aus einer längst verklungenen Zeit wieder vorübergezogen<br />
waren. „‚Könnte ich doch,‘ so schloß er, ‚noch einmal diese<br />
köstlichen Tage trotz meinem Alter und Wirkungskreis wiedererstehen<br />
lassen!‘“ Sofort überschlagen sich <strong>Gluck</strong>s Freunde mit<br />
hilfreichen Anregungen, aber es war Mannlich, der die Idee hatte,<br />
„als fahrende Komödianten unter anderen Namen von Stadt zu<br />
Stadt zu ziehen und italienische Operetten aufzuführen. <strong>Gluck</strong><br />
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