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DGP_Luftschadstoffe_Positionspapier_Aufl2

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Wirkorte der <strong>Luftschadstoffe</strong>: Glukosetoleranz und Diabetes<br />

Wirkorte der <strong>Luftschadstoffe</strong>: Neurodegenerative Erkrankungen und neurokognitive Entwicklung bei Kindern<br />

61<br />

s<br />

s<br />

Schwangerschaftsdiabetes<br />

In mehreren Studien konnte eine Assoziation zwischen der Luftschadstoffbelastung und der Inzidenz<br />

des Schwangerschaftsdiabetes beobachtet werden, wobei auch hier die meiste Evidenz für einen Zusammenhang<br />

mit Feinstaub oder mit spezifischen Feinstaubfraktionen wie z. B. Ruß vorliegt [345-348],<br />

aber auch Assoziationen mit Stickoxiden [349, 350] und Ozon [350] beobachtet wurden. So fand sich<br />

in Boston bzw. in ganz Massachusetts ein Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsdiabetes und<br />

der Verkehrs- sowie der PM 2.5<br />

-Belastung im 2. Trimester mit einem OR von 2,63 (95%KI: 1,15 – 6,01) für<br />

Neurodegenerative Erkrankungen<br />

und neurokognitive Entwicklung<br />

bei Kindern<br />

den Vergleich des höchsten gegenüber dem niedrigsten Quartil der PM 2.5<br />

-Belastung [49]. Auch wurde<br />

ein Zusammenhang mit Schwangerschaftsdiabetes bei jüngeren Schwangeren (OR 1,36 (95%KI: 1,08<br />

Barbara Hoffmann<br />

– 1,70) pro IQR der PM 2.5<br />

-Belastung beobachtet [50]. Bei einer Analyse administrativer Daten in Florida<br />

fanden sich ähnliche Assoziationen für die gesamte Schwangerschaftsdauer.<br />

Die Krankheitslast durch neurodegenerative Erkrankungen nimmt weltweit zu [351].<br />

Mit weltweit 35,6 Millionen Erkrankten in 2011 ist die Demenz häufigste neuro-<br />

degenerative Erkrankung. Sie stellt damit für Public Health eine erhebliche Heraus-<br />

ZUSAMMENFASSENDE BEURTEILUNG<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die vorliegende Evidenz einen Zusammenhang von langfristiger Belastung gegenüber<br />

verschiedenen Komponenten der Luftverschmutzung mit einem erhöhten Risiko einer Typ 2 Diabeteserkrankung nahelegt.<br />

Weitere Hinweise für eine kausale Rolle der Luftverschmutzung bei der Genese des Typ 2 Diabetes liefern Studien zu vorgelagerten<br />

Endpunkten wie der Glukoseregulation, der Insulinsensitivität und dem Eintreten eines Schwangerschaftsdiabetes. Experimentelle<br />

Studien unterstützen die in epidemiologischen Studien beobachteten Zusammenhänge und zeigen plausibel biologische Wirkungswege<br />

auf. Wegen der bestehenden Unsicherheiten sind weitere Untersuchungen, speziell mit Beachtung von multiplen<br />

gleichzeitigen Expositionen (Grünflächen, Lärm, multiple <strong>Luftschadstoffe</strong>), einer hochaufgelösten Expositionsmessung<br />

mit Berücksichtigung der Zusammensetzung des Feinstaubgemisches und mit einem prospektiven Design notwendig.<br />

forderung dar und wurde von der Weltgesundheitsorganisation mit höchster Priorität<br />

für Public Health eingestuft [352]. Demenz führt zu erheblichen Einschränkungen<br />

in der Lebensqualität sowohl der Betroffenen als auch der Familienangehörigen<br />

und zu hohen Kosten für die Patienten sowie für die Gesellschaft insgesamt [352, 353].<br />

Für Deutschland wird eine Verdopplung der Patientenzahl von 1,2 Millionen in<br />

2009 auf 2,5 Millionen in 2060 erwartet, was einem Anstieg der Prävalenz von<br />

1,5 % auf 3,8 % entspricht [354].<br />

Da es bisher keine effektiven kausalen Therapien gibt, hat die primäre Prävention der Demenz<br />

höchste Bedeutung. Die Identifizierung von modifizierbaren Risikofaktoren ist dafür die wichtigste<br />

Voraussetzung und umfasst individuelle, verhaltens- und verhältnisbezogene Risikofaktoren [355,<br />

356]. In diesem Zusammenhang wird in den letzten Jahren auch der Luftverschmutzung zunehmend<br />

Aufmerksamkeit gewidmet.<br />

Biologische Mechanismen<br />

Feinstaubpartikel, insbesondere ultrafeine Partikel, können das zentrale Nervensystem über zwei<br />

Wege erreichen: Sie können entweder nach Inhalation über den Blutkreislauf in das zentrale Nervensystem<br />

gelangen und dort die Blut-Hirn-Schranke passieren, oder sie können direkt von der Nase entlang<br />

des Nervus olfactorius in das Hirngewebe eindringen [357, 358]. Dort können sie oxidativen Stress,<br />

Entzündungen und eine Aktivierung der Mikroglia hervorrufen und schließlich zu einer beschleunigten<br />

Neurodegeneration führen [357, 359, 360]. In Gehirnen von Hunden aus Mexiko-Stadt, einer<br />

Region mit hoher Luftverschmutzung, mit PM 10<br />

-Jahresmittelwerten von 50–100 µg/m 3 [12], fanden<br />

sich Gewebeschäden, Amyloidablagerungen und DNA-Schäden vor allem im olfaktorischem Bulbus,<br />

im frontalen Kortex und im Hippocampus [361, 362]. Dies lässt darauf schließen, dass der Eintrittspfad<br />

über den Nervus olfactorius von großer Bedeutung ist, und steht im Einklang mit der Abnahme des<br />

Riechvermögens als ein frühes Symptom einer beginnenden Alzheimer-Erkrankung [363]. Partikel im<br />

ultrafeinen Bereich (Durchmesser

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