Theaterzeitung Lampenfieber Ausgabe 67
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den, ob der Stoff an sich (wie manchen Parteiprogrammen zu entnehmen) zur<br />
Stärkung nationaler Identität beitragen kann. Zu diesem konsequenten Experiment<br />
entsteht wenige Monate später in ANTIFAUST ein diabolischer Kommentar. Was<br />
genau in dieser Stückentwicklung zu erleben sein wird, hängt davon ab, wie die vorausgegangene<br />
Auseinandersetzung auf die Beteiligten gewirkt hat. Ein Kräftemessen<br />
der Kunst mit der wachsenden Identitärpolitik.<br />
7. Dezember 2019 / 17. Januar 2020 / 13. März 2020 | Kammerbühne<br />
DER RISS Uraufführung<br />
Theaterserie eines Writers’ Rooms mit Studierenden des Deutschen Literaturins ti -<br />
tu tes Leipzig unter der Leitung von Lukas Pohlmann | Regie: Wiebke Rüter<br />
(Folge 1), Marian Joel Küster (Folge 2), Claudia Grönniger (Folge 3)<br />
Drei Folgen – drei Regisseur*innen: Mit Humor und Vergnügen begleitet die Serie<br />
eine deutsche Durchschnittsfamilie durch die Untiefen aktueller Gesell -<br />
schaftskonflikte. Durch einen genetischen Riss im System werden für die Familie<br />
German Ängste plötzlich Realität. Sie erweisen sich als Bereicherung oder<br />
Herausforderung, als Horrorkabinett oder Paradies. – Je nachdem wie sich die vier<br />
unerhört Durchschnittlichen, einig oder uneinig, dazu verhalten.<br />
16. Mai 2020 | Großes Haus<br />
DER WALD Uraufführung<br />
Wiebke Rüter und Gordon Kämmerer | Regie: Gordon Kämmerer<br />
So kontinuierlich sich das Motiv des Waldes durch die deutsche Kunst- und<br />
Kulturgeschichte zieht, so widersprüchlich sind die Zuschreibungen. Dadurch bietet<br />
diese schaurig schöne Welt voller Romantik und nationaler Mythen, märchenhafter<br />
Feen und teuflischer Gestalten eine spektrale, wuchernde Assoziationsfläche voller<br />
theatraler Figuren, auf der sich in der ersten Cottbuser Inszenierung des Regisseurs<br />
Gordon Kämmerer zugleich Fragen um die deutsche Identität untersuchen lassen.<br />
25. Juni 2020 | Kammerbühne<br />
FLUCHTPUNKT Uraufführung<br />
Rechercheprojekt von Michael von Bennigsen und Wiebke Rüter mit dem<br />
BürgerSprechChor des Staatstheaters Cottbus | Regie: Michael von Bennigsen<br />
Eine Spielzeit lang begeben sich die Chorist*innen mit ihrem Leitungsteam auf<br />
Forschungsreise rund um den Heimatbegriff und somit nach Positionen und<br />
Geschichten, die den Biografien und der Umgebung der Beteiligten entspringen.<br />
Daraus entsteht der erste eigene Theaterabend des BürgerSprechChores, dessen<br />
Heterogenität eine ideale Grundlage für Recherche und Ausdruck zur Verortung des<br />
Einzelnen in der Welt, zum Ankommen und Fliehen, zu Grenzen und<br />
Zukunftsvisionen des Zusammenlebens bildet.<br />
Ganzjährig. Eröffnung: 1. September 2019 | Kammerbühnenfoyer<br />
ANGSTBEFREITE ZONE (ABZ)<br />
Die Schauspiel-Bar für freigeistige Gegenwartsanalysen und performative Zu -<br />
kunftsvisionen | Gesamtleitung und Gestaltung: Wiebke Rüter & Lukas Pohlmann<br />
In regelmäßigen Abständen verwandelt sich das Kammerbühnenfoyer gestalterisch<br />
und inhaltlich in die ANGSTBEFREITE ZONE. Das Schauspiel schafft damit einen<br />
Ort, an dem die diskursiven Themen der Spielzeit ohne Angst vor Ressentiments und<br />
Scheuklappen lust- und respektvoll in unterschiedlichsten Formen verhandelt werden<br />
können. Ob Vorträge, Diskussionen, performative Aktionen des Schauspielensembles,<br />
das neue Einführungssoiree-Format „PremierenDemo“, Lesungen oder Party – das<br />
Demonstrierte ist immer nah an der Gegenwart und der Zukunft.<br />
2019 / 2020<br />
BALLETT<br />
Nach dem anhaltenden Erfolg von PETER PAN verwandelt Choreograf Manuel-<br />
Joël Mandon in dieser Spielzeit einen der bekanntesten Romane Jules Vernes in<br />
ein mitreißendes Ballett: DIE REISE ZUM MITTELPUNKT DER ERDE.<br />
Dabei wollen er und sein Librettist Michael Böhnisch sich nicht buchstabengetreu<br />
an Vernes Schilde rung halten, sondern orientieren sich an Motiven aus diesem<br />
Klassiker der fantastischen Abenteuerliteratur, die sich im Medium des<br />
Tanzes besonders gut umsetzen lassen. Im Zentrum des Balletts steht die actiongeladene<br />
und zugleich poetische Tanzsprache Man dons, der spannende, großangelegte<br />
Szenen ebenso zu gestalten weiß, wie er Beziehungen zwischen den<br />
Figuren einfühlsam zeichnen kann. Alle kleinen und großen Zuschauer sind ab<br />
No vember eingeladen, den Helden dieses Balletts auf ihrem abenteuerlichen<br />
Weg unter die Erdoberfläche zu folgen und Zeugen ihrer Erlebnisse zu werden.<br />
Ab März 2020 steht ein großer Strawinsky-Abend auf dem Spielplan. Eine<br />
Hommage an den wegweisenden Ballettkomponisten, wie der Titel STRA -<br />
W!NSKY unmissverständlich aus drückt. Die Musik wird live gespielt vom<br />
Philharmonischen Orchester des Staatstheaters unter der Leitung von Alexander<br />
Merzyn.<br />
Adriana Mortelliti stellt als Urauf führung eine Choreografie zu PETRU SCHKA<br />
vor, die sie mit dem Ballett des Staatstheaters entwickelt. Petruschka ist der Held<br />
des volkstümlichen russischen Puppentheaters, ein Spaßmacher. Das ursprüngliche<br />
Libretto des Balletts schilderte, wie Petruschka, die Ballerina und eine weitere<br />
Puppe auf einem Jahrmarkt lebendig werden. Petruschka verliebt sich<br />
unglücklich in die Ballerina und wird am Ende vor aller Augen von einem<br />
Nebenbuhler getötet. Den erschrockenen Zeugen der Tat demonstriert der<br />
Direktor des Puppentheaters, dass sie nur eine mit Sägespänen gefüllte Puppe<br />
gesehen haben. Heutige Choreografen entkleiden die Erzählung meist ihrer<br />
folkl oristischen Züge und lassen sich von der Dynamik und Tragik der<br />
Geschichte zu packendem Tanz inspirieren.<br />
LE SACRE DU PRINTEMPS (Das Frühlingsopfer) in der Choreografie von<br />
Nils Christe bildet den anderen Teil des Doppelabends. Mit den explodierenden<br />
Rhythmen und der eruptiven Klanggewalt des SACRE ließ Stra winsky die in<br />
vielen Teilen neuartige ausdrucksstarke Musik zu PETRU SCHKA weit hinter<br />
sich. Der Untertitel des SACRE lautet „Bilder aus dem heidnischen Russland“<br />
und verweist auf eine archaische Welt, in der die Wiederkehr des Frühlings und<br />
die Fruchtbarkeit der Erde durch ein Menschenopfer gesichert werden soll. Die<br />
Kraft dieser vorgestellten barbarischen Ära und die Wucht des russischen<br />
Frühlingsbeginns, die Stra winsky bei der Komposition gegenwärtig war, sollten<br />
nie durch die Fesseln einer traditionell erzählten Geschichte gebändigt werden.<br />
Sie regten Chore ografen seit jeher an, sich voll und ganz der musikalischen<br />
Energie anzuvertrauen.<br />
Adriana Mortelliti und Nils Christe haben als Choreografen am Staats theater<br />
bereits mehrfach große Erfolge gefeiert. bl