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Ottebächler 212 Mai 2019

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Die Mechanische Seidenstoffweberei Bodmer<br />

und Hürlimann in der New-York Times<br />

Zum Tag der offenen Tür im historischen Kleinkraftwerk<br />

Ottenbach am Schweizer Mühlentag, 1. Juni <strong>2019</strong><br />

Am 5. März 1887 erschien in der New<br />

York Times folgender Artikel:<br />

Collage H.G.<br />

oder zu Deutsch<br />

Die Seidenweber beklagen sich, dass<br />

die Lion Silk Company, at 518 West<br />

Thirty-fifth-street, Weber importieren<br />

und damit das Gesetz verletzen.<br />

Ein Mitglied der Company erklärte<br />

gestern, dass diese ein Ableger der<br />

Firma Bodmer & Hürlimann, Zürich,<br />

sei. Sie startete vor etwa einem Jahr,<br />

weil der Einfuhrzoll in verschiedenen<br />

Ländern die Fabrikation in der<br />

Schweiz beeinträchtigt, weshalb<br />

das Geschäft in dieses Land ausgeweitet<br />

wurde. Die Company konnte<br />

keine genügende Anzahl geschickter<br />

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Hände finden und konnte es sich<br />

auch nicht leisten, zu warten, bis<br />

Schulabgänger hier das Handwerk<br />

lernen konnten. Deshalb wurden<br />

ausgebildete Weber aus der Schweiz<br />

hierher gebracht und die Kosten für<br />

die Überfahrt, die die Firma bevorschusste,<br />

wurden von ihrem Lohn<br />

abgezogen. Einige der Weber wurden<br />

unzufrieden mit ihrem Lohn und<br />

kündigten den Arbeitsvertrag und<br />

die Firma erneuerte nun die Verträge<br />

nach der Ankunft neuer Weber.<br />

Doch nun der Reihe nach:<br />

Die Herren Bodmer und Hürlimann<br />

waren die Gründer der Mechanischen<br />

Seidenstoffweberei Zürich, mit Fabriken<br />

in Waiblingen (Deutschland), Fossano<br />

(Italien), New York, Richterswil, Ottenbach,<br />

Muri (AG) und später auch in Bäch.<br />

Der Standort Ottenbach war der wichtigste.<br />

Die vorhandene Wasserkraft<br />

und billige Arbeitskräfte, die früher<br />

die Textilweberei in Heimarbeit ausübten,<br />

waren wichtige Kriterien für die<br />

Wahl der Örtlichkeiten. Für die ausländischen<br />

Standorte waren jedoch ande-<br />

re Faktoren oft gewichtiger, so für<br />

die Wahl von New York die Nähe<br />

zum wichtigen nordamerikanischen<br />

Absatzmarkt und die Handelspolitik mit<br />

hohen Schutzzöllen, noch vor Donald<br />

Trump`s Zeiten.<br />

Mit dieser Strategie waren Bodmer<br />

und Hürlimann nicht alleine, denn<br />

insbesondere das Textilunternehmen<br />

Schwarzenbach aus Thalwil, brachte es<br />

in den USA zu weltweiter Bedeutung. Als<br />

Kuriosum sei erwähnt, dass Horgen als<br />

Sitz der Seidenweberei Stünzi & Söhne<br />

sogar über ein Amerikanisches Konsulat<br />

verfügte. Zu den international auftretenden<br />

Seide verarbeitenden Betriebe<br />

im Säuliamt zählten auch Stehli in<br />

Obfelden, Weisbrod-Zürrer in Hausen<br />

a.A. und Näf in Affoltern a.A. und<br />

Hedingen. Das Familienunternehmen<br />

Näf stammte ursprünglich aus Kappel<br />

a.A. und spaltete sich dann in 2 Firmen<br />

auf. Die eine der beiden, nämlich die<br />

Seidenstoffwebereien vormals Gebrüder<br />

Näf AG, gründete dann im<br />

nordamerikanischen Seidenindustrie-<br />

Center Paterson, New Jersey, unweit<br />

von New York eine Firma. Im Jahre<br />

1886 vereinbarten sie mit Johann<br />

Arnold Walter Bodmer und Jakob<br />

Gottfried Hürlimann, eine gemeinsame<br />

Fabrik in New York unter dem schönen<br />

Namen Lion Silk Company zu<br />

betreiben. Ob der namensgebende<br />

Löwe ein geschickter Werbetrick<br />

war um irreführend auf das französische<br />

Seidenzentrum Lyon hinzuweisen<br />

oder aber eher mit dem Zürcher<br />

Wappentier zu tun hatte? So abwegig<br />

dürfte dieser patriotische Gedanke<br />

nicht sein, denn aus der Heimat nahm<br />

an der Washington-Hundertjahrfeier in<br />

den USA 1889 auch eine Schweizer<br />

Gruppe am Festumzug teil. Ein Gustav<br />

Hürlimann leitete 1889 die Schweizer<br />

Abteilung des Schweizer Zuges.„Die<br />

Schweizer Gruppe gefiel sehr ...und<br />

fanden viele Leute, es sei die beste<br />

im ganzen Zuge gewesen... Die Arbeiterinnen<br />

in Schweizertracht machten<br />

sich ganz gut.» Voran ritt Hürlimann<br />

als Ritter des 13. Jahrhunderts, dessen<br />

Gaul an einer Kreuzung leider scheute<br />

und ihn abwarf“.Bei diesem Gustav<br />

Hürlimann handelte es sich um einen<br />

Neffen von Jakob Gottfried Hürlimann<br />

der bei der Lion Silk Company zeitweise<br />

in leitender Funktion war. Aus<br />

dem Familienzweig der Bodmer war<br />

Walter Bodmer-Hürlimann, er ein Sohn<br />

von Johann Arnold Walter Bodmer, in<br />

Amerika tätig, bevor er ins Zürcherische<br />

Stammhaus berufen wurde.<br />

Der eingangs zitierte Artikel in der New<br />

York Times zeigt auf, wie sich auch<br />

die damaligen Fabrikherren bereits<br />

mit der Macht der amerikanischen<br />

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