6 NIKO - aktuell NIKO - aktuell 7 Stille teilen 20 Jahre Christliche Meditation an St. Nikolai, angefangen und <strong>bis</strong> heute getragen von Dr. Ekkehard Krüger. Eine Würdigung. Mittwochabend, 18 Uhr. Schon eine Weile ist Ekkehard Krüger in der Kirche. Er hat den Notenständer am Eingang aufgestellt, der einladend auf die »Abendkirche« hinweist. Er schaut durch die Bänke, ob er möglicherweise weitere DIN-A-5 Blätter auslegen will, mit Texten, die zur Besinnung führen. Er hat sie wieder sorgfältig ausgewählt. Nie langsam und träge, sondern beinahe immer beschwingten Schrittes wandert er die Orte ab, an denen es etwas vor zu bereiten gibt, Altarraum, Ausstellung ... Ohne Frage, Ekkehard Krüger fühlt sich in St. Nikolai ganz zu Hause. Seit 20 Jahren gestaltet er ja auch das geistliche Leben in diesem Kirchenraum mit. Geistliches Leben, das heißt in diesem Fall besonders das Anliegen der Offenen Kirche St. Nikolai in seinen Facetten. Man könnte sein Engagement mit einem Titel der Theologin Dorothee Sölle als »Mystik und Widerstand« treffend bezeichnen. Denn beides gehört grundlegend zur Identität der Offenen Kirche St. Nikolai. Das entspricht ihm voll und ganz. Und das kam so: Bereits in den 80-er und 90-er Jahren trafen sich das friedenspolitische Engagement der »Christen für die Abrüstung«, Friedensandachten während des Golfkriegs in Nikolai und sein Einsatz in einem kleinen Bildungshaus in Freienwill für Flüchtlinge aus Bosnien. In der Sache, im gemeinsamen Anliegen begann man zusammenzuarbeiten. Fast beiläufig lernte er, von der anthroposophischen Christenlehre her kommend, dadurch die Gottesdienstkultur an St. Nikolai kennen. Und stellte fest: »Hier wird gesungen. Das tut mir einfach gut.« Schlüsselmoment für diesen Menschen, der gern aktiv ist, wurde die Aufforderung, beim Abbau der Orgel mit Hand anzulegen. Starke Männer wurden gesucht und er war mit dabei. Manch einer konnte nicht verstehen, dass er das tat, obwohl er doch gar nicht »in der Kirche« war. So ein Zugehörigkeits-Check sollte später auf die No-Go-Liste der »Offenen Kirche« kommen. Jesus von Nazareth hätte so eben mit Sicherheit nicht gedacht und gefragt. Und dennoch, 1995 trat Ekkehard Krüger mit dem Umzug nach Flensburg auch in die Gemeinde ein. Dr. Ekkehard Krüger Widerstand und Mystik. Die Entwicklungen an Nikolai spiegeln ein Stück gesamtgesellschaftliche Wendungen. Um die Jahrtausendwende wuchs ein neues Interesse an Spiritualität und Meditation. Engagierte Christen, die sich für andere stark machten, für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, entdeckten, dass sie ihre »Batterie« auch auffüllen müssen. Und sie fragten sich: wie kann auch in Gebets- und Feierformen offene Teilhabe stattfinden, für Fremde, für Suchende, für Andersgläubige? Und wie kann man dabei dennoch seine christlichen Wurzeln nicht verleugnen, sondern pflegen? Krüger machte Erfahrungen mit der Meditation im tibetischen Buddhismus. Und er merkte, dass die tibetische Götterwelt nicht die seine war. Ein Buch des Dalai Lama »Das Herz aller Religionen ist eins« unterstrich das Anliegen, auf den Spuren der eigenen Tradition zu bleiben. Der Dalai Lama sprach in der »Weltgemeinschaft der christlichen Meditation« in London zu Evangelienstellen. »Das wollte ich kennenlernen«, sagte der stets suchende Ekkehard Krüger im Rückblick. Meditationsanleiter zu werden war gar nicht seine Absicht gewesen. Bei Laurence Freemann aber lernte er ab Sommer 1999 auch, christliche Meditation anzuleiten. Und fasste den Entschluss: »Wenn das so einfach ist! Das mache ich an Nikolai!« Heute noch ist Ekkehard Krüger dankbar für das Vertrauen, das ihm die Pastoren und der Kirchengemeinderat damals entgegenbrachten und damit in diesem <strong>November</strong> 20-jährige Meditationspraxis in der Mitte der Woche im Gotteshaus ermöglichten. »Bombastisch« nennt er das voller Glück in der Rückschau. Krüger wäre nicht Krüger, wenn er nicht immer auch etwas kritisch an zu merken hätte. Über den Aspekt der Offenheit in der meditativen Praxis müsse man streiten, sagt er. Was als »Meditation im Alltag« begann, wurde irgendwann zu »christlicher Meditation« umbenannt. Das behagt ihm nur halb. »Ich sage immer, das ist offen für jeden. Es muss auch Veranstaltungen geben, wo diese religiösen Umarmungsgesten nicht stattfinden.« Deswegen legt er großen Wert darauf, dass kein Vaterunser gebetet wird. Wenn einer sich entschuldigt, dass er so lange nicht da war, antwortet er: »Das ist doch ihre Sache!« So entschieden zu sein, so zugewandt und gleichzeitig so unabhängig, das sind Charaktermerkmale von Ekkehard Krüger. Sie machen die Christliche Meditation am Mittwoch zu dem, was sie ist: eine tragende geistliche Erscheinungsform der »Offenen Kirche St. Nikolai«. Auf dem Weg gab es immer Begleitende, die einmal mehr, einmal weniger intensiv mit eingestiegen sind, sich dann auch wieder verabschiedet haben. Krüger ist geblieben. 20 Jahre. Was treibt ihn an? Als ich ihn einmal anbot, ihn zu »entlasten«, antwortete er »Das mache ich doch für mich!« Einmal in der Woche »irgendwo im nirgendwo« zu sein, das helfe, seine Mitte zu finden. Und das ginge ganz einfach. »Aufrecht hinsetzen und Kopf in die göttliche Welt strecken. Es gibt hier keinen Guru, ich bin auch keiner. Jesus der Lehrer in Dir. Ich sitz hier an einem Ort, wo ich mich darauf verlassen kann: nicht ich steuere hier. Ich übe, loszulassen, damit Gott wirken kann.« Es gäbe noch viel zu schreiben, weil der Kunstgeschichtler Ekkehard Krüger viel zu sagen hat, über seine Kirchenführungen und den Hüterkreis, über Kunst und Gleichnis und die Welt da hinter. Hier soll jetzt nur noch eins gesagt sein: Herzlichen Dank für 20 Jahre segensreichen Wirkens durch Meditation in der offenen Kirche St. Nikolai! Übrigens: Am Mittwochabend um 18 Uhr wird man wieder im Altarraum im Kreis sitzen. Wie jeden Mittwoch für eine gute halbe Stunde. Es lohnt sich, einmal dabei zu sein. Oder mehr als einmal. Wie es weitergeht? Ekkehard Krüger ist im Gespräch in seiner und über seine Kirche fast immer enthusiastisch, positiv. Aber er sagt auch: »Ich werde in Zukunft mehr Unterstützung brauchen.« Und frei fügt er hinzu: »Es kann sich auch etwas verändern!« Auch das ist eben »offene Kirche«. ● Gemeindepraktikantin an St. Nikolai Inga Fischer stellt sich vor Moin, mein Name ist Inga Fischer! Ich bin die neue Gemeindepraktikantin von St. Nikolai. Ich bin 20 Jahre alt und studiere zur Zeit im 3. Semester Religionspädagogik und Gemeindediakonie in Freiburg im Breisgau. Ursprünglich komme ich aus einer 15.000 Einwohner starken Gemeinde in der Nähe von Bremen, dem wunderschönen Hude. Nach meiner Konfirmation und der anschließenden Jugendleiter-Schulung durfte ich schon viele unterschiedliche Projekte im Leitungsteam begleiten. Darunter einige Konfirmandenfreizeiten, Jugendleiter-Schulungen sowie ein Projekt für Jugendliche und junge Erwachsene, bei dem ein Wohnwagen zu einem Aushängeschild der Evangelischen Jugend Oldenburg umgestaltet und später für verschiedene Zwecke genutzt werden sollte. Außerdem habe ich schon Erfahrungen in Gremien sammeln dürfen. Nach meiner ehrenamtlichen Arbeit, die mich in meiner Jugendzeit stark geprägt hat, war mir klar, einen Beruf in dieser Richtung einzuschlagen und ich begann mein Studium. Nach zwei Semestern wichtiger, aber doch sehr trockener Theorie, freue ich mich nun auf die kommende Zeit hier in Ihrer Gemeinde! ● Inga Fischer hat extra ihr Praktikum früher begonnen, um das Konfi-Camp mitzuerleben.