STADTMAGAZIN Bremen September 2019
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WAS MACHT EIGENTLICH ...<br />
„Dieter, das können Sie nicht. Lassen Sie das!“<br />
Europameister, Europapokalsieger, DFB-Pokalsieger und Deutscher Meister: Dieter Eilts im Interview<br />
Der defensive Mittelfeldspieler Dieter Eilts schonte weder sich noch den Gegner. Heute arbeitet er an einer Schule mit Kindern. <br />
Fotos: Stoss (2), Mär<br />
22<br />
hat Alemao, wir haben<br />
unseren Ostfriesen-Alemao“, hatte<br />
Trainer Otto Rehhagel nach<br />
„Neapel<br />
dem spektakulären 3:2-Auswärtserfolg im<br />
Europapokal beim mit Weltstars gespicktem<br />
SSC Neapel 1989 gesagt. Und schon<br />
hatte der in Upgant-Schott geborene Dieter<br />
Eilts seinen Spitznamen weg. Der defensive<br />
Mittelfeldspieler prägte das Bremer Spiel<br />
über 17 Jahre, wurde ins All-Star-Team der<br />
EM 1996 gewählt, feierte zahlreiche Titel<br />
und war so etwas wie der Vorreiter des modernen<br />
Sechsers. Was er heute macht und<br />
warum er in knapp 400 Spielen für Werder<br />
nur sieben Tore erzielte, erklärte er dem<br />
<strong>STADTMAGAZIN</strong> im Interview.<br />
Herr Eilts, Sie geht es Ihnen zurzeit?<br />
Mir geht es gut, momentan ist ja auch noch<br />
schulfreie Zeit (lacht).<br />
Warum spielt die schulfreie Zeit für Sie<br />
eine Rolle?<br />
Ich bin in der Freien Evangelischen Bekenntnisschule<br />
(Febb) in der offenen Ganztagsbetreuung<br />
angestellt. Dort betreue<br />
ich Grundschüler in der Nachmittagsbetreuung.<br />
Das heißt, ich gehe mit ihnen in<br />
die Mensa, helfe bei den Hausaufgaben<br />
und kümmere mich anschließend um das<br />
Nachmittagsprogramm. Ich baue dann<br />
beispielsweise eine Bewegungslandschaft<br />
oder oder biete verschiedene Spiele in der<br />
Turnhalle an.<br />
Sie haben bis vor einem Jahr die Fußballschule<br />
bei Werder <strong>Bremen</strong> geleitet, wie<br />
ist es zu Ihrem aktuellen Engagement gekommen?<br />
Nach fast sieben Jahren Fußballschule wollte<br />
ich etwas anderes machen. Ich habe dann<br />
davon erfahren, dass an der Febb noch ein<br />
Mitarbeiter für den Offenen Ganztag gesucht<br />
wird, mich auf die Stelle beworben<br />
und letztendlich das Glück gehabt.<br />
Wie hat man von Seiten der Schule reagiert,<br />
als Sie sich beworben haben?<br />
Ganz normal mit einem Vorstellungsgespräch,<br />
bei dem auch Schulleitung und Betriebsrat<br />
zugegen waren.<br />
Sie haben einige Jahre als Fußballtrainer<br />
gearbeitet, sich unter anderem mit<br />
der U21-Nationalmannschaft für die<br />
EM-Endrunde 2009 qualifiziert sowie<br />
den Zweitligisten Hansa Rostock und die<br />
Werder-A-Jugend trainiert. Anschließend<br />
leiteten Sie sieben Jahre die Werder Fußballschule.<br />
Hätten Sie nicht Lust, wieder<br />
als Trainer zu arbeiten?<br />
Nein, momentan absolut nicht. Es ist einfach<br />
an der Zeit gewesen, etwas anderes<br />
zu machen. Ich kann mir momentan auch<br />
nicht vorstellen, irgendwann einmal wieder<br />
als Trainer zu arbeiten – egal ob im<br />
Profi- oder Nachwuchsbereich. Dort, wo<br />
ich bin, bin ich glücklich und zufrieden und<br />
möchte das erst einmal genießen.<br />
Wenn Sie auf Ihre Karriere mit dem<br />
Europameistertitel 1996, zwei deutschen<br />
Meisterschaften, einem Europapoka-Triumph<br />
und drei DFB-Pokalerfolgen<br />
zurückblicken: Würden Sie sagen, Sie<br />
haben alles richtig gemacht oder würden<br />
Sie sich heute für einen anderen Weg entscheiden?<br />
Fußball war mein Hobby und ich hatte das<br />
Privileg, mein Hobby zum Beruf zu machen.<br />
Da gibt es eigentlich nichts Schöneres, und<br />
ich würde es heute noch einmal genauso<br />
machen. Sicherlich würde ich mit dem<br />
Wissen von heute mich in der einen oder<br />
anderen Situation etwas anders verhalten.<br />
Sie spielten auf der Position, die heute als<br />
Sechser bezeichnet wird und die mittlerweile<br />
als eine der wichtigsten im modernen<br />
Fußball gilt. Zu Ihrer Zeit stand der<br />
defensive Mittelfeldspieler klar im Schatten<br />
des Spielmachers. Hätten Sie sich<br />
damals ein wenig mehr Aufmerksamkeit<br />
gewünscht?<br />
Ich finde, dass im Zuge der Europameisterschaft<br />
1996 die Position schon damals sehr<br />
an Bedeutung gewonnen hat. Didier Deschamps<br />
oder Marcel Desailly waren dafür<br />
sehr gute Beispiele.<br />
In insgesamt 390 Spielen für Werder gelangen<br />
Ihnen gerade einmal sieben Tore.<br />
Warum hat es nicht zu mehr Toren gereicht?<br />
Sicherlich hätte ich gerne öfter getroffen<br />
und es gab auch einige Möglichkeiten Tore<br />
zu erzeilen, doch dann ist bei mir immer<br />
die Torschusspanik ausgebrochen. Aber<br />
vielleicht habe ich zu sehr auf unseren Trainer<br />
Otto Rehhagel gehört, der immer sagte:<br />
„Dieter, das können Sie nicht. Lassen<br />
Sie das.“ Vielleicht hätte ich ihn an dieser<br />
Stelle einfach mal ignorieren sollen. Wenn<br />
man es aber mal von meiner Position aus<br />
betrachtet, habe ich zwar nicht gerade viele<br />
Tore geschossen, dafür aber sicherlich 387<br />
Großchancen des Gegners vereitelt. (MÄR)