Im laufenden Betrieb - GEWOBA Nord
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Geschichte und Kultur<br />
Hexenverfolgung als Spiegel der Gesellschaft<br />
Wie kam diese Hexenhysterie nun zustande? Die Forschung<br />
nennt mehrere Gründe. Einer davon ist die wirtschaftliche<br />
Krise des Landes. So stellte man eine zeitliche Verbindung zwischen<br />
den Hexenprozessen und der Entwicklung des Getreidepreises<br />
fest. Auch zu anderen Ereignissen lässt sich ein Zusammenhang<br />
herstellen: Einen ersten Höhepunkt der Hexenverfolgung<br />
gab es im Jahr 1604, als die Pest wütete. Während des 30-jährigen<br />
Krieges (1618 bis 1648) nahm die Flut an Prozessen stark<br />
ab. Nach Kriegsende stieg die Zahl der Anklagen jedoch wieder.<br />
Am schlimmsten ausgeprägt war die Hexenjagd in den östlichen<br />
Güterbezirken.<br />
Hier waren die Prozesse besonders häufig verbunden<br />
mit Auseinandersetzungen zwischen<br />
Gutsherren und Untertanen. Ursache für Streitigkeiten<br />
waren meist alltägliche Dinge wie Arbeitsleistungen<br />
und deren Bezahlung. Um ihre Interessen<br />
durchzusetzen, vermuteten die adligen Junker, die zugleich<br />
die Gerichtsherren waren, hinter jedem negativen<br />
Ereignis die Hexerei. Deshalb gelten die Urteile<br />
adliger Gerichte als die härtesten.<br />
Aber auch die einfache Bevölkerung nutzte die<br />
Hexenhysterie mitunter, um eigene Konflikte zu lösen.<br />
Anlass für Denunziationen waren beispielsweise<br />
Streitigkeiten über den Lohn oder<br />
die Frage nach der Ackergrenze<br />
zu den Nachbarn. Auch war es<br />
gefährlich, jemanden im Streit zu<br />
verfluchen, denn geschah dieser<br />
Person etwas – und sei es auch nur<br />
ein materieller Schaden –, wurde dies<br />
sofort auf Hexerei zurückgeführt.<br />
Ende des Hexenwahns<br />
Das letzte Todesurteil in Schleswig-Holstein wurde 1724<br />
vollstreckt und richtete sich gegen einen Mann aus Rendsburg.<br />
Die Frage nach dem Ende der Hexenverfolgung kann nicht<br />
genau beantwortet werden. Ein Grund für Schleswig und Holstein<br />
ist das Eingreifen des dänischen Königs Christian V., welcher beide<br />
Landesteile regierte. Aufgrund des Missbrauchs der Rechtssprechung<br />
während der Hexenprozesse durch einige Adlige, entzog er<br />
zwei Gutsherren die Gerichtsbarkeit und verurteilte sie zu hohen<br />
Geldstrafen und statuierte somit abschreckende Exempel.<br />
Darüber hinaus haben sich zum Ende der Verfolgungswelle hin<br />
immer mehr Angehörige für ihre Verwandten eingesetzt und sie<br />
mit gerichtlichen Mitteln unterstützt. Sie zogen beispielsweise<br />
professionelle Anwälte zu Rate. Hinzu kam, dass man andere Verhör-<br />
bzw. Ermittlungsmethoden anwandte: Man suchte vermehrt<br />
nach natürlichen Erklärungen für Krankheiten und ungewöhnliche<br />
Ereignisse.<br />
20 <strong>GEWOBA</strong> <strong>Nord</strong> · BlickWinkel · Januar 2012